Quo vadis Zeitarbeit: Reform des AÜG und Auswirkungen für die...

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Quo vadis Zeitarbeit: Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis

1. Branchentreff - Zeitarbeit München, 17. November 2016

Inhalt

1. Wesentliche Änderungen im AÜG2. Änderungen im BetrVG3. Änderungen im BGB4. Ausblick

Dr.Alexander BisselsPartner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Arbeitsrechtliche "Großprojekte" von Schwarz-Rot

ü Gesetzlicher Mindestlohn ü Rente mit 63ü Tarifeinheitsgesetz ü Geschlechterquote

Ø OFFEN: Regulierung von ANÜ und Werkverträgen

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- Koalitionsvertrag der "GroKo" vom 16.12.2013:• Ankündigung einer AÜG-Reform zur stärkeren Regulierung der ANÜ.• Ziel: "Leiharbeit soll auf ihre Kernfunktionen zurückgeführt werden."• Verhinderung des Missbrauchs von Werkvertragsgestaltungen und der

verdeckten ANÜ.- Gesetzesentwurf des BMAS vom 16.11.2015/17.02.2016:

• Wesentliche Änderungen im AÜG, BGB und BetrVG.• BMAS zielt auf eine deutlich restriktivere Ausgestaltung der ANÜ und

geht in vielen Punkten über den Koalitionsvertrag hinaus.- Koalitionsausschuss vom 13.04.2016 mit Kabinettsbeschluss

vom 02.06.2016:• Überarbeiteter Gesetzesentwurf der Bundesregierung.

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Überblick (I)

- Referentenentwurf mit Einleitung des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens (BT-Drucksache 18/9232 vom 20.07.2016).• Zustimmung des Bundestages am 21.10.2016 auf Grundlage der

Beschlussempfehlung (BT-Drucksache 18/10064 vom 19.10.2016).• Befassung und Zustimmung des Bundesrates am 25.11.2016.

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Überblick (II)

Zusammenfassung (I)

- Überlassungshöchstdauer grds. 18 Monate mit Abweichungsoption für TV der Einsatzbranche.

- Zwingendes equal pay grds. nach 9 Monaten mit Abweichungs-option für Tarifverträge der Zeitarbeit.

- Kennzeichnungs-/Konkretisierungs-/Informationspflicht und Sanktionierung der "verdeckten" ANÜ.

- Legaldefinition der ANÜ.- Erweiterung der Bereichsausausnahme für die Anwendung des

AÜG, insbesondere für eine Personalgestellung nach Maßgabe des TVöD.

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Zusammenfassung (II)

- Keine "Kettenüberlassung".- Kein Einsatz von ZAN als "Streikbrecher".- Berücksichtigung von ZAN bei Schwellenwerten der

Betriebsverfassung und Unternehmensmitbestimmung.- Definition des "Arbeitsvertrags" im BGB.

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- Grundsätzliche Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten(§ 1 I 4, Ib AÜG):• Arbeitnehmer- und nicht arbeitsplatzbezogen zu bestimmen.• Bei Verstoß: Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags zwischen ZAU und

ZAN sowie Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Kunden und ZAN(§§ 9 I 1b, 10 I AÜG).

• Grundsätzliche Anrechnung von Voreinsatzzeiten bei dem jeweiligen Kunden.

• Ausschluss des "Verleiher-Rondells" (Ausnahme: Zwischen den Einsätzen liegen mehr als 3 Monate).

• "Entleiher-Rondell" weiterhin möglich (auch und gerade im Konzern).

Höchstüberlassungsdauer (I)

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- Abweichungsmöglichkeiten tarifgebundener Kunde(§ 1 Ib 3, 5 AÜG):• TV der Einsatzbranche (nicht TV der Zeitarbeit!) kann abweichende

Überlassungshöchstdauer festlegen.• Die Abweichung (nach oben und nach unten) ist zeitlich unbeschränkt

möglich.• Wichtig: TV der Einsatzbranche muss bestimmte Überlassungs-

höchstdauer festlegen.• Weitere Regelung im TV der Einsatzbranche möglich: u. a.

Übernahmeangebote, Differenzierungen nach Einsatzzwecken/-bereichen.• TV der Einsatzbranche kann Öffnungsklauseln für eine Abweichung von

der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer durch BV vorsehen (Folge: eigener Gestaltungsrahmen für Betriebspartner = Delegation nach "unten").

Höchstüberlassungsdauer (II)

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- Abweichungsmöglichkeiten nicht tarifgebundener Kunde(§ 1 Ib 4, 6 AÜG):• Im Geltungsbereich eines TV der Einsatzbranche, der eine Abweichung

von der Überlassungshöchstdauer vorsieht, kann diese durch BV auch im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Kunden inhaltsgleichübernommen werden.

• Im Falle einer Öffnungsklausel im TV der Einsatzbranche: Auch im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Kunden im Geltungsbereich des TV der Einsatzbranche kann eine Abweichung durch BV geregelt werden.

• Bindung der Betriebspartner an die Vorgaben aus dem TV der Einsatzbranche sowie eine Obergrenze der Höchstüberlassungsdauer bei 24 Monaten.

• Ausnahme: Keine Begrenzung auf 24 Monate, wenn der TV der Einsatzbranche selbst eine abweichende Höchstüberlassungsdauer für BV aufgrund der Öffnungsklausel festlegt.

• Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf TV reicht nicht!

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Höchstüberlassungsdauer (III)

- Widerspruchslösung bei Überschreitung der Höchstüber-lassungsdauer vorgesehen: • Schriftliche "Festhaltenserklärung" des ZAN gegenüber ZAU oder

Kunden möglich (§ 9 I 1b, letzter Halbsatz AÜG).• Festhaltenserklärung ist unwirksam (§ 9 II AÜG), wenn

- der ZAN die Festhaltenserklärung vor ihrer Abgabe bei dem ZAU oder Kunden persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,

- die Agentur für Arbeit die abzugebende Festhaltenserklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des ZAN festgestellt hat, und

- die Festhaltenserklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem ZAU oder dem Kunden zugeht.

Höchstüberlassungsdauer (IV)

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• Achtung: Keine vorsorgliche "Festhaltenserklärung" möglich(§ 9 III 1 AÜG).

• Bei Fortsetzung eines rechtswidrigen Einsatzes bleibt bzw. wird Arbeitsvertrag zwischen ZAU und ZAN unwirksam; eine erneute Festhaltenserklärung ist ebenfalls unwirksam (§ 9 III 2, 3 AÜG).

Höchstüberlassungsdauer (V)

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- Übergangsregelung:• Keine Berücksichtigung von Überlassungszeiten vor dem 01.04.2017.• Erreichen der Höchstüberlassungsdauer frühestens ab dem

01.10.2018.- Rechtsfolgen bei einem Verstoß: "Drei- bzw. Vierklang":

• Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Kunden (§§ 9 Nr. 1b, 10 I 1 AÜG).

• Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis 30.000 EUR (§ 16 I Nr. 1d AÜG).• Versagung der Erlaubnis wegen fehlender Zuverlässigkeit

(§ 3 I Nr. 1b AÜG).• Wohl auch: Zustimmungsverweigerungsrecht des Kundenbetriebsrates.

Höchstüberlassungsdauer (VI)

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- Kritik:• Zeitliche Begrenzung der Überlassung ist nach den Vorgaben der

Zeitarbeitsrichtlinie nicht erforderlich.• Verfassungsrechtlich bedenklich, die Regelungskompetenz

ausschließlich den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche zuzuweisen und umgekehrt der Zeitarbeit auszuschließen.

• Begünstigung von tarifgebundenen Unternehmen (Verstoß gegen Koalitionsfreiheit?).

• Abweichung von gesetzlicher Höchstüberlassungsdauer bei betriebsratslosen Kundenbetrieben ausgeschlossen.

1.4 Höchstüberlassungsdauer (VII)

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- Gleichstellungsgrundsatz (§ 8 AÜG):• Abweichung von equal pay durch TV der Zeitarbeit nur in den ersten

9 Monaten der Überlassung möglich.• Danach zwingende Gleichstellung hinsichtlich equal pay mit

vergleichbaren Stammbeschäftigten des Kunden.• Widerlegbare Vermutung für Gleichstellung, wenn ZAN

tarifvertragliches Arbeitsentgelt eines vergleichbaren Stammbeschäftigten des Kunden erhält.

• Wertausgleich für Sachbezüge.• Abweichung von equal pay über 9 Monate hinaus möglich, wenn

spätestens nach 15 Monaten ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das dem vergleichbarer AN in der Einsatzbranche gleichwertig ist, und nach einer Einarbeitungszeit von längstens 6 Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.

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Zwingendes equal pay (I)

- Gleichstellungsgrundsatz (§ 8 AÜG):• Auch nach 15 Monaten ist dann Abweichung von equal pay möglich.• Tarifvertragsvertragsparteien der Zeitarbeit können eine Vergütung

festlegen, das in dem TV als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt des Stammbeschäftigten festgelegt wird(= Unterschreitung des Vergleichsentgelts m.E. möglich; "equalpay light").

• Hinweis: Bisherige Branchenzuschlags TV'e müssen noch angepasst werden, um Abweichung vom equal pay-Grundsatz über 9 Monate hinaus zu ermöglichen.

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Zwingendes equal pay (II)

- Gleichstellungsgrundsatz (§ 8 AÜG):• Fristberechnung – wie bei der Höchstüberlassungsdauer: Nur bei einer

Unterbrechungszeit von mehr als 3 Monaten wird die Frist neu berechnet (ansonsten Anrechnung).

• Übergangsregelung:- Keine Berücksichtigung von Überlassungszeiten vor dem 01.04.2017.- Frühestens ab dem 01.01.2018 greift zwingendes equal pay.

• Rechtsfolge bei Verstoß: - Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis 500.000 EUR (§ 16 I Nr. 7a, 7b AÜG).- Versagung der Erlaubnis wegen fehlender Zuverlässigkeit (§ 3 I Nr. 3 AÜG).

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Zwingendes equal pay (III)

- Kritik:• Erhebliche Rechtsunsicherheit, wie equal pay zu bestimmen ist.• Erheblicher zeitlich-organisatorischer Aufwand bei ZAU, um

maßgebliches Vergleichsentgelt bei den Kunden abzufragen und dieses zu dokumentieren.

• Kombination von Höchstüberlassungsdauer und zwingendem equal paykann für ZAN nachteilig sein.

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Zwingendes equal pay (IV)

- Bisher keine gesetzliche Regelung.- Neue gesetzliche Regelung:

• Bezeichnungs- und Konkretisierungspflicht (§ 1 I 5, 6 AÜG):- ANÜ muss im ANÜ-Vertrag vor Einsatz ausdrücklich als solche bezeichnet

und die Person des Zeitarbeitnehmers konkretisiert werden.- Achtung: nach wohl h.M. ist Schriftform einzuhalten (§ 12 I AÜG).- "Vorratserlaubnis" bei Abschluss eines Scheinwerk-/-dienstvertrages hilft

nicht mehr: keine "Fallschirmlösung" mehr, die die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Kunden verhindert, vgl. LAG BW v. 07.05.2015 – 6 Sa 78/14; LAG BW v. 18.12.2014 – 3 Sa 33/14; aber a.A.: LAG BW v. 03.12.2014 – 4 Sa 41/14; die h.M. ist inzwischen vom BAG bestätigt worden: Urt. v. 12.06.2016 - 9 AZR 352/15).

• Informationspflicht des ZAU, dass dieser den Mitarbeiter als ZAN einsetzt (§ 11 II 4 AÜG).

Ausdrückliche Kennzeichnung (I)

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- Rechtsfolgen einer "verdeckten" ANÜ:• Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen ZAN und Kunden

(§ 10 I 1 AÜG).• Widerspruchsrecht des ZAN durch schriftliche "Festhaltenserklärung"

gegen Fiktion des Arbeitsverhältnisses mit Kunden (§ 9 I Nr. 1a AÜG).• Achtung: Vorherige Einbindung der Agentur für Arbeit erforderlich

(§ 9 II AÜG)• Achtung: Keine vorsorgliche "Festhaltenserklärung" möglich

(§ 9 III 1 AÜG).• Bei rechtswidriger Fortführung Einsatzes bleibt bzw. wird Arbeitsvertrag

zwischen ZAU und ZAN unwirksam; eine erneute Festhaltenserklärung ist ebenfalls unwirksam (§ 9 III 2, 3 AÜG).

• Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis 30.000 EUR bei Verstoß gegen Offenlegungs- oder Konkretisierungspflicht (§ 16 I Nr. 1c, 1d AÜG).

• Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis 1.000 EUR bei Verstoß gegen Informationspflicht (§ 16 I Nr. 8 AÜG).

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Ausdrückliche Kennzeichnung (II)

- Hinweis: • Erhebliche Rechtsunsicherheit in "Grenzbereichen": Wann liegt noch

ein Werk-/Dienstvertrag, wann schon eine ANÜ vor?• Die neuen Pflichten dürften für "reine" ZAU regelmäßig keinen

(erheblichen) Mehraufwand bedeuten.• Betroffen sind in erster Linie Werkvertrags- oder "Mischunternehmen",

die teilweise Fremdpersonal nach Maßgabe des AÜG oder aufgrund von Werk-/Dienstverträgen einsetzen.

• Optimierung des "Vertragsmanagements" erforderlich, um zu gewährleisten, dass die entsprechenden Verträge unter Beachtung der gesetzlichen Pflichten vor dem Einsatz des ZAN von den Parteien unterzeichnet werden.

Ausdrückliche Kennzeichnung (III)

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- Beschäftigungsverbot von ZAN:• Grundsatz: Beschäftigungsverbot für ZAN, wenn der Betrieb des

Kunden unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist (§ 11 V 1 AÜG).

• Gilt für ZAN, die bei Beginn des Arbeitskampfes schon im Einsatz sind oder die als "Streikbrecher" erst eingesetzt werden sollen.

• Ausnahme: Verbot gilt nicht, wenn Kunde sicherstellt, dass ZAN keine Tätigkeiten übernehmen, die von AN erledigt wurden, die sich im Arbeitskampf befinden oder die von solchen "in Kette" übernommen wurden (§ 11 V 2 AÜG).

• Zusätzlich: ZAN können weiterhin Leistungsverweigerungsrecht geltend machen (§ 11 V 3, 4 AÜG).

• Rechtsfolge: Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis 500.000 EUR(16 I Nr. 8a AÜG).

Verbot des Einsatzes von Streikbrechern

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- Bisher keine gesetzliche Regelung, aber Tendenz in der Rspr., ZAN bei betriebsverfassungsrechtlich relevanten Schwellenwerten mitzuzählen (bisher: ZAN wählen, zählen aber nicht).

- Neue gesetzliche Regelung:• ZAN zählen bei sämtlichen Schwellenwerten des BetrVG

(Ausnahme: § 112a BetrVG) und des EBRG mit (§ 14 II 4 AÜG).• ZAN zählen bei auch bei Schwellenwerten der

Unternehmensmitbestimmung mit, u.a. MitbestG, DrittelbG, SEBG, MgVG (§ 14 II 5 AÜG), für die Eingangsschwellenwerte zur Anwendung der Gesetzes aber nur, wenn die Einsatzdauer 6 Monate übersteigt(§ 14 II 6 AÜG).

Berücksichtigung bei Schwellenwerten (I)

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- Rechtsfolgen:• BetrVG: Änderungen beim Kunden insbesondere bei Größe des

Betriebsrates, Freistellungen, Beteiligungsrechte möglich.• Unternehmensmitbestimmung: Änderungen beim Kunden

insbesondere bei der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat, Größe des Aufsichtsrats, Wahlverfahren möglich.

• Keine Änderungen beim aktiven und passiven Wahlrecht.• Keine Regelungen zur Einbeziehung in das Kündigungsrecht.

Berücksichtigung bei Schwellenwerten (II)

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 24

- Kritik:• Regelung geht weit über Koalitionsvertrag hinaus.• Widerspruch zwischen Gesetzesbegründung ("Berücksichtigung nur,

wenn dies dem Sinn und Zweck der jeweiligen Norm entspricht") und Gesetzestext (keine entsprechende Differenzierung).

• Rechtsunsicherheit: Kommt es bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitraumes von 6 Monaten auf eine Prognose oder eine faktische Überschreitung an?

Berücksichtigung bei Schwellenwerten (III)

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 25

- Bisher keine gesetzliche Regelung, aber nach Rspr.: Vorlage des ANÜ-Vertrages kann vom Betriebsrat verlangt werden.

- Neue gesetzliche Regelung:• Informationsrechte des BR auch in Bezug auf "Drittpersonal"

(§§ 80 II 2, 92 I BetrVG):- Die personellen Maßnahmen, die der Arbeitgeber plant und über die er den

Betriebsrat vorzeitig informieren muss, sollen zukünftig auch Personen umfassen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen.

- Bezüglich solcher Personen sind dem Betriebsrat sodann die vorgesehenen Arbeitsaufgaben, der zeitliche Umfang und der Einsatzort vorab mitzuteilen und die relevanten Verträge vorzulegen.

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 26

Erweiterung der Informationsrechte des BR (I)

- Hinweis: • Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung.• Grundsätzlich keine (erheblichen) Auswirkungen für die Praxis,

insbesondere keine Veränderung bei Einstellung und Outsourcing(§§ 99, 111, 112 BetrVG) und im Arbeitsschutz (einschließlich BetriebssicherheitsVO).

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 27

Erweiterung der Informationsrechte des BR (II)

- Regelung im Referentenentwurf vom 20.07.2016:• Definition eines "Arbeitnehmers" (§ 611a BGB-E).• Wortlaut der geplanten Neuregelung:

"Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeiten gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an."

Abgrenzung ANÜ – Werk-/Dienstvertrag (I)

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- Drei Kriterien maßgeblich für Arbeitnehmereigenschaft: Weisungsgebundenheit, Fremdbestimmtheit und persönliche Abhängigkeit, aber:• § 611a 2 BGB-E: Weisungsrecht ≠ Definition in § 106 GewO.• § 611a 3 HS. 2 BGB-E: Merkmal der persönlichen Abhängigkeit

ungenau definiert.• Gesetzestext beschränkt sich auf wörtliche Wiedergabe inhaltlicher

Erwägungen des BAG (vgl. BAG v. 14.03.2007 – 5 AZR 499/06; BAG v. 20.05.2009 – 5 AZR 31/08).

- Kritik:• Kein Mehrwert dieser Regelung.• Grundsätzlich unschädlich, aber auch überflüssig!

Abgrenzung ANÜ – Werk-/Dienstvertrag (II)

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 29

- Neue gesetzliche Regelung: • Definition eines "Arbeitsvertrags" (§ 611a BGB).• Wortlaut der geplanten Neuregelung:

"(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet."

Abgrenzung ANÜ – Werk-/Dienstvertrag (III)

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- Bewertung:• Im Wesentlichen sprachliche Straffung und Klarstellung der

Regelung im Vergleich zur Fassung vom 20.07.2016.• Merkmal "Dauer" fällt weg (in Übereinstimmung mit § 106 GewO).• Ansonsten keine inhaltlichen Änderungen bezweckt.

Abgrenzung ANÜ – Werk-/Dienstvertrag (IV)

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 31

- "Praxisfremd, hochbürokratisch, in der Sache unsinnig und undurchführbar" (Kramer, BDA).

- Überdehnung des Koalitionsvertrages: keine wortgetreue Umsetzung!

- Termine für des Gesetzgebungsverfahrens:• 22.09.2016: 1. Lesung im Bundestag (bereits erfolgt).• 17.10.2016: Anhörung vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales

(bereits erfolgt).• 20./21.10.2016: 2./3. Lesung und Abstimmung im Bundestag

(bereits erfolgt).• Voraussichtlich am 25.11.2016: Beteiligung des Bundesrates.

Wie geht es weiter? (I)

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 32

- Inkrafttreten des Gesetzes am 01.04.2017.- Unternehmen müssen sich bereits auf Änderungen einstellen und

eine Bestandsaufnahme machen – und zwar schon vor dem 01.04.2017!

Wie geht es weiter? (II)

Dr. Alexander Bissels | Reform des AÜG und Auswirkungen für die Praxis | 17.11.2016 33

Dr. Alexander BisselsPartner | Rechtsanwalt und Fachanwalt

für Arbeitsrecht

CMS Hasche SigleKranhaus 1 / Im Zollhafen 18 50678 Köln

T +49 221 7716 317F +49 221 7716 337E alexander.bissels@cms-hs.com

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