Vertragsstörungen im Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis/ Reform des AÜG Ass. jur. Cordula...

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Vertragsstörungen im Arbeitnehmerüberlassungsverh ältnis/ Reform des AÜG Ass. jur. Cordula Glatthaar Referat Arbeits- und Tarifrecht Rechtsnatur und Inhalt des AÜV Leistungsstörungen im AÜV Insbes. Auswahlverschulden Schriftformerfordernis Vermittlungsprovision Verbotene AÜ Abgrenzung AÜV zu ähnlichen Vertragsarten Reform des AÜG

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Vertragsstörungen im Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis/ Reform des AÜG

Ass. jur. Cordula GlatthaarReferat Arbeits- und Tarifrecht

Rechtsnatur und Inhalt des AÜV Leistungsstörungen im AÜV Insbes. Auswahlverschulden Schriftformerfordernis Vermittlungsprovision Verbotene AÜ Abgrenzung AÜV zu ähnlichen Vertragsarten Reform des AÜG

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Rechtsverhältnisse

Zeitarbeitnehmer

Entleiher Verleiher

Direktionsrecht,

§ 106 GewO

Arbeits

vertr

ag,

§

611 B

GB, § 11

AÜG

Arbeitnehmerüberlassungs-vertrag, § 12 AÜG

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Rechtliche Einordnung des AÜV

Verhältnis zwischen Verleiher und Zeitarbeitnehmer: arbeitsrechtliche Natur

Verhältnis zw. Entleiher und Zeitarbeitnehmer: arbeitsrechtliche Natur

Verhältnis zw. Verleiher und Entleiher: allgemein zivilrechtliche/schuldrechtliche Natur

AÜV = Vertrag eigener Art Grundsätzlich keine Einschränkung bzgl. Gestaltungsfreiheit und

Haftung für Pflichtverletzungen

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Der Arbeitnehmerüberlassungs-vertrag – Gesetzliche Vorgaben

Der Entleiher hat gem. § 12 Abs. 1 S. 3 AÜG anzugeben:

1. dass er die Erlaubnis zur AÜ besitzt, erteilt durch RD XY am XX.XX.20XX2. welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer

vorgesehene Tätigkeit hat3. welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist4. Kein Zitiergebot bzgl. der wesentlichen Arbeitsbedingungen im

Entleiherbetrieb für dem ZAN vergleichbare AN des Entleihers

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Inhalt des AÜV (1)

Festlegung einer best. Anzahl von Zeitarbeitnehmern mit einer best. Qualifikation o d e r namentlich genannte Personen (dann ggf. Austauschrecht)

Festlegung des Beginns und der Laufzeit des Vertrages bzw. Abschluss auf unbestimmte Dauer; Kündigungsfristen

Entgelt/Verrechnungssatz und Fälligkeit, Zurückbehaltungsrecht bzgl. Überlassung bei Zahlungsrückstand

Preisanpassungsklauseln bei Tariferhöhungen Auswechslungsrecht des Entleihers: Bedingungen, Zeitraum Festlegung der Arbeitszeit der Zeitarbeitnehmer, evtl. Festlegung, ob

Entleiher Überstunden anordnen darf (ohne Vereinbarung kein Anordnungsrecht des Entleihers!)

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Inhalt des AÜV (2)

Übertragung des Direktionsrechts bzw. Konkretisierung des übertragenen Direktionsrechts „ Der Entleiher darf die überlassenen Arbeitnehmer mit den in diesem Vertrag vereinbarten Tätigkeiten beschäftigen“

Anforderungen an die Qualifikation des ZAN muss nicht identisch sein mit Rahmen des übertragenen Direktionsrechtes

Eingeschränkte Inhaltskontrolle, weil Vertragsparteien jeweils Unternehmer: §§ 310 Abs. 1, 307 Abs. 1 und 2 BGBInsbes. Prüfung, ob Vereinbarungen wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, dass Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist

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Rahmenverträge

Sinnvoll bei langfristigen Geschäftsbeziehungen Allgemeine Vereinbarungen zw. Verleiher und Entleiher Modalitäten über Anforderung der einzelnen Arbeitnehmer z.B.: - wöchentliche Arbeitszeit

- Zuschläge - Haftungsvereinbarungen- Austausch und Ersatz von Zeitarbeitnehmern- Kündigungsmodalitäten

! Entbehren nicht, dass bei jeder einzelnen AÜ zusätzlich AÜ-Verträge geschlossen werden müssen!

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Rechtliche Wirkungen des AÜV

Überlassungspflicht beschränkt sich auf die Überlassung eines für die vorgesehene Aufgabe geeigneten Arbeitnehmers, sog. Gattungsschuld; auch keine Konkretisierung durch tatsächliche Erstüberlassung eines Mitarbeitersanders: namentliche Benennung der zu überlassenden Mitarbeiter

Beschaffungsrisiko, d.h. Ausfallrisiko beim Verleiher Keine Haftung bei Schlechtleistung des ZAN und Schadensverursachung

durch ZAN, sofern nicht auf Auswahlverschulden zurückzuführen

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Einwand des Entleihers, überlassener AN entspreche nicht den Anforderungen

Beweislast für vertragsgemäße Erfüllung trägt Verleiher Beweislast gem. § 363 BGB beim Entleiher, wenn der überlassene

Mitarbeiter bereits einen oder mehrere Tage gearbeitet hat, Beweislastumkehr greift auch bei Schlechtleistung

Tipp: Austauschrecht/Zurückweisungsrecht im AÜ-Vertrag vereinbaren Qualifikationsmerkmale genau definieren

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Das Auswahlverschulden

Arbeitnehmer (AN) verursacht Schaden im Entleiherbetrieb Nur Haftung für Auswahlverschulden, ansonsten keine Haftung für

Fehlverhalten des AN im Entleiherbetrieb Auswahlfehler: keine dem Einsatz entsprechende Ausbildung,

Erfahrung, Qualifikation Polizeiliches Führungszeugnis verlangen, wenn besondere

Vertrauensstellung (Einsatz als Buchhalter), ansonsten Zulässigkeit str. In der Praxis:

Kundenunternehmen weigert sich zu zahlen; Eingreifen der Kundenhaftpflicht fraglich; AN kann nicht zahlen

Betriebshaftpflicht des Zeitarbeitsunternehmens zahlt nicht Zeitarbeitsunternehmen beteiligt sich aus Kulanz

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Ausschluss der Überlassungspflicht

Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 BGBAbgrenzung zum Verzug: Nachholbarkeit der Leistung idR absolute Fixschuld, daher Unmöglichkeit Unzumutbarkeit; § 275 Abs. 2 BGB: idR nicht gegeben, da

weite Einstandspflicht wg. Gattungsschuld

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Vertragliche Haftung auf Schadensersatz

Schadensersatz statt der Leistung bei anfänglichem Leistungshindernis: § 311a Abs. 2 BGB→ Voraussetzungen: Wirksamer Vertrag, keine Kenntnis von

Unmöglichkeit Schadensersatz statt der Leistung: §§ 280 Abs. 1 und 3 iVm

281 ff. BGB Umfang des SE: Erfüllungsinteresse, z.B. entgangener Gewinn,

Kosten der Einstellung einer Ersatzkraft, Mehrarbeitsvergütungen

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Haftung des Verleihers

Schadensersatz allgemein

§ 280 BGB§ 823 ff BGB§ 311a Abs. 2 BGB wenn Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorlag

Verzögerung

Schlechtleistung

Verletzung von SchutzpflichtenNichtleistung

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Arten des Schadensersatzes

Schadensersatz statt der Leistung

Ersatz von Integritätsschäden

Schadensersatz wg. Verspätung

Arten des Schadensersatzes

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Schadensersatz statt der Leistung

Nachträgliche Unmöglichkeit

SchlechtleistungNichtleistung trotz

Möglichkeit

Schadensersatz statt der Leistung

Nebenpflicht-verletzungen

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Schlechtleistung

Ordnungsgemäße Arbeitsleistung ist nicht Inhalt des AÜV ZAN ist nicht Erfüllungsgehilfe des Verleihers Genaue Profilbeschreibung im AÜV wichtig Erwartungen, die Entleiher an Arbeitsleistung der ZAN stellen darf, sind

die gleichen wie gegenüber seiner Stammbelegschaft daher Maßstab bzgl. Schlechtleistung wie bei eigenen Mitarbeitern idR 1/3 unter Durchschnittsleistung

Rechtsfolge: ggf. außerordentliche Kündigung des AÜV, wenn für schlechtleistenden ZAN zu Recht geforderter Ersatz nicht gestellt wird

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Austausch von ZAN

Fälle eines Austauschrechts sollten im AÜV konkret benannt werden Sowohl für Entleiher als auch für Verleiher Erfordernis langer Einarbeitung bei Austauschrecht bedenken Ersatzrecht des Verleihers für Fälle von Krankheit, Urlaub (Gründe in der

Person des ZAN) muss vereinbart werden; vereinbart werden kann aber auch, dass Verleiher in diesen Fällen von der Pflicht zur Überlassung frei wird

Qualifikationsanforderungen können als Anlagen zum AÜV gefasst werden: ermöglicht Kündbarkeit unabhängig vom AÜV an sich

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Haftung des Entleihers

Verwendungs-risiko

Abwerbung, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG

Verletzung des ZAN, § 11 Abs. 6 AÜG

Haupt-leistungspflichten

Nebenpflichten

Haftung für Zahlungsverzug auch ohne Verschulden

Anordnung von Mehrarbeit

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Unwirksame AÜ-Verträge und Vereinbarungen

Fehlende Erlaubnis zur AN-Überlassung: AÜV unwirksam, § 9 Nr. 1 AÜG- Rechtsfolge: fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer, § 10

Abs. 1 AÜG

Schlechtere Arbeitsbedingungen für Leih-AN als für vergleichbare AN des Entleihers, § 9 Nr. 2 AÜG – Ausnahme: TV anwendbar

- Rechtsfolge: Leih-AN kann Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen inkl. Arbeitsentgelt wie für Stamm-AN des Entleihers verlangen: § 10 Abs. 4 AÜG

Verbot für Entleiher, Leih- AN selbst einzustellen: § 9 Nr. 3 AÜG- Rechtsfolge: AV zw. Entleiher und Leih- AN kann jederzeit geschlossen werden

Verbot an Leih-AN, AV mit Entleiher zu schließen: § 9 Nr. 4 AÜG- Rechtsfolge: AV zw. Leih- An und Entleiher kann jederzeit geschlossen werden

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Schriftformerfordernis (1)

= eigenhändige Unterschrift, § 126 BGB oder elektronische Signatur, § 126a BGB

auch Änderungs- und Verlängerungsvertrag vom Schriftformerfordernis erfasst

Rechtsfolge bei fehlender Schriftform: Nichtigkeit des Vertrages, § 125 Satz 1 BGB

Bereicherungsrechtliche Ansprüche gem. § 812 ff. BGBP: Wert der Bereicherung

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Schriftformerfordernis (2)

OLG München, Urteil vom 08.12.2010 (Az. 7 U 3874/10)Entleiher kann sich nach Grundsätzen von Treu & Glauben nicht auf Formmangel berufen, wenn er:1. mündlich die Vertragsannahme erklärt hat2. Arbeitsleistung entgegennimmt3. Tätigkeitsnachweise unterzeichnet4. Vergütung zusagt5. Unterzeichnung des Vertrags ankündigt

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Vermittlungsprovision (1)- Voraussetzungen

Gesetzliche Zulässigkeit: § 9 Nr. 3, 2. HS AÜG Vermittlungsprovision darf Übernahme nicht übermäßig erschweren,

daher: Angemessenheit der Vermittlungsprovision erforderlich Hier existiert keine Formel, maßgebliche Kriterien:

Dauer des vorangegangenen Verleihs (Amortisationsgedanke) Höhe der vom Entleiher bereits gezahlten Entgelts Aufwand für die Gewinnung eines vergleichbaren Arbeitnehmers

Ausgangshöhe empfohlen: Bei Helfern maximal 1000 € Nicht mehr als 2-3 Bruttomonatsgehälter

Degressive Ausgestaltung erforderlich

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Vermittlungsprovision (2)- Gestaltung in der Praxis

2- 3 Bruttomonatsgehälter od. 200-facher Stundenverrechnungssatz als Obergrenze (Empfehlung Stundenverrechnungssatz, da Entleiher keine Kenntnis vom Monatsgehalt hat)

Kürzung um 1/12 je unmittelbar vorangegangenem Überlassungsmonat Anspruch entsteht mit Abschluss eines AV zw. Entleiher und

Leih-AN Regelungen gelten entsprechend bei Übernahme durch

Schwester-/Tochterunternehmen des Entleihers (sehr str., daher auf jeden Fall diese Vereinbarung in gesondertem Absatz wg. „blue-pencil-Test“)

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Vermittlungsprovision (3)-Rechtliche Probleme

Problem: Ursächlichkeit der Vermittlung für Abschluss des AV Kausalzusammenhang bejaht:

bei AV-Abschluss noch während der laufenden Überlassung

bei AV-Abschluss nach Eigenkündigung des AN

Kausalitätsvermutung str. bei engem zeitlichen Zusammenhang zw. Ende der Überlassung und AV-Abschluss (zumindest wichtiges Indiz, wenn innerhalb von sechs Monaten)

Wie lange nach Beendigung der Überlassung darf Provision noch verlangt/vereinbart werden, um Ursächlichkeit bejahen zu können?

Empfehlung: Nicht mehr als sechs Monate

Achtung: Aktives Abwerben kann ggf. Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG darstellen

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Verbotene Arbeitnehmerüberlassung

Bauhaupt-gewerbe

Kettenverleih

Werkverkehr

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Bauhauptgewerbe (1)

Warum das Verbot?Verhinderung illegaler Praktiken in der BaubrancheFinanzierung der Sozialkassen der Bauwirtschaft sicherstellen

Wo gilt das VerbotTerritorialitätsprinzip: Verleih innerhalb Deutschlands und Verleih vom Ausland nach Deutschland

Was gehört zum Bauhauptgewerbe? Baubetriebeverordnung Anfrage bei der Agentur für Arbeit (erhält Betrieb

Winterbauförderung/Saisonkurzarbeitergeld?) Anfrage bei der SOKA-Bau (www.soka-bau.de)

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Bauhauptgewerbe (2)

Für wen gilt das Verbot?Kein Verbot der Überlassung von „Nicht-Arbeitern“, also z.B. kaufmännisches Personal

Tätigkeit oder Betriebsart maßgeblich?Entscheidend ist nicht Tätigkeit, sondern ob Betrieb dem Bauhauptgewerbe zuzuordnen ist

ÜberwiegensprinzipBetrieb muss überwiegend, d.h. mehr als 50 % Bauleistungen erbringen, die dem Bauhauptgewerbe zuzuordnen sind

Ausweg Werkvertrag?

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Verbot des KettenverleihsVerbot ergibt sich aus § 1 Abs. 1 AÜG: Arbeitnehmer dürfen nur zur „Arbeitsleistung“, nicht zum weiteren Verleih überlassen werden

AÜV AÜV

AÜV Werkvertrag

o d e r Werkvertrag AÜV

Verleiher Entleiher Einsatz-betrieb

Verleiher Entleiher Einsatz-betrieb

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Werkverkehr

Hier AÜ nur:- als Krankheitsvertretung- Für maximal 4 Wochen (§ 1 II Nr. 3 GüKG)- Einschränkung gilt nicht für Speditionen, sondern nur dann, wenn

Transport von Gütern für das Gesamtunternehmen Nebensache ist

Verbot muss aufgehoben werden bis 14.12.2011

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Arten des Fremdpersonaleinsatzes

Fremdpersonaleinsatz

Dienst-verschaffungs-

vertrag

WerkvertragArbeitnehmer-überlassung

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Werkvertrag, § 631 BGB

§ 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmen zur Herstellung des versprochene Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet

(2) Gegenstand des Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein

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Charakteristische Merkmale beim Werkvertrag

Die Vereinbarung und Erstellung eines dem Werkunternehmer zurechenbaren Werkes

Eigenverantwortliche Herstellung durch den Werkunternehmer bzw. seinem Personal, wobei das Personal ausschließlich seinem Weisungsrecht untersteht

Erfolgsbezogene Entgeltregelung, so dass Risiko des Misslingens beim Werkunternehmer liegt

Gewährleistungsansprüche des Werkbestellers bei Fehlerhaftigkeit des Werkes bzw. Fehlen der zugesicherten Eigenschaften

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AbgrenzungAÜV – Werkvertrag

WerkvertragAÜV

bloßes Zurverfügungstellengeeigneter Arbeitskräfte

Herstellen eines Werkes

Weisungsrecht beim Entleiher (Auftraggeber)

Weisungsrecht beim Auftragnehmer

Haftung nur für Bereitstellung und korrekte Auswahl von

Arbeitskräften

Haftung für den Erfolg

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Charakteristische Merkmale beim Dienstverschaffungsvertrag

Dienstverschaffungsvertrag: selbstständige Dienstleistung eines Dritten geschuldet

Die Erbringung der vereinbarten Dienstleistungen erfolgt , wie beim Werkvertrag, in eigener Verantwortung des Auftragnehmers

Keine Erfolgsgarantie für die Dienstleistung (anders: Werkvertrag!) Das Entgelt ist nicht an einen bestimmten Erfolg, sondern nur an die

ordnungsgemäße Erbringung der Dienstleistung geknüpft Keine Eingliederung des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation

des Auftraggebers Keine Weisungsbefugnis des Auftraggebers gegenüber den Mitarbeitern

des Auftragnehmers

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Abgrenzung AÜV- Dienstverschaffungsvertrag

AÜV

Keine Haftung für fehlerhafte Tätigkeiten

Risiko der fehlerhaften Ausführung beim Auftragnehmer

Dienstverschaffungs-vertrag

Planung der Arbeiten/Weisungsrecht beim

Entleiher/Auftraggeber

Planung der Arbeiten/Weisungsrecht beim

„Verleiher“/Auftragnehmer

Ausstattung mit Werkzeug etc. durch Entleiher

Ausstattung mit Werkzeug etc. durch Auftragnehmer

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Arbeitnehmerüberlassung undfreie Mitarbeit

Anwendbarkeit des AÜG setzt voraus, dass Arbeitnehmer überlassen werden

Beim Einsatz von freien Mitarbeitern ist das AÜG nicht anwendbar ACHTUNG: Mitarbeiter muss tatsächlich freie Mitarbeiter sein, da sonst

verdeckte Arbeitnehmerüberlassung ( „Equal Pay“ und „Equal Treatment“)

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Reform des AÜG

Drehtürklausel Lohnuntergrenze Konzerninterne Überlassung Kriterium der vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung Pflichten des Entleihers:

- Information über freie Arbeitsplätze im Entleiherbetrieb- Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten

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Warum Reform?

Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie bis spätestens 5. Dezember 2011

Missbrauchsfälle (u.a. Schlecker)

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Drehtürklausel/ Modell Schlecker

Entlassung und nahtlose Wiedereinstellung als Leiharbeitnehmer (zu schlechteren Bedingungen)

Seit 01. Mai 2011: Keine tarifvertragliche Abweichung von „Equal Pay“, wenn Leiharbeitnehmern in den letzten 6 Monaten ein Arbeitsverhältnis hatte mit:- dem Entleiher o d e r- einem mit dem Entleiher im Konzernverbund stehenden Betrieb

Achtung Falle: Erneute Kontrolle bei Austausch des Zeitarbeitnehmers Wichtig: Betrifft alle Arbeitsverhältnisse, die seit dem 15.12.2010 begründet

wurden Wenn Drehtürmodell vorliegt, muss „Equal Pay“ für gesamte Dauer des

Arbeitsverhältnisses geleistet werden

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Lohnuntergrenze, § 3a AÜG

Hintergrund: AN-Freizügigkeit auch bzgl. MOE-Staaten Niedrige Löhne nach Haustarifverträgen, Absenkungsmöglichkeiten in

Tarifverträgen (nicht iGZ) Ab 01. Mai: 2011: BMAS kann durch Verordnung verbindliche Lohnuntergrenze

festlegen Voraussetzung: Vorschlagsberechtigte Tarifparteien haben Grenze zuvor

ausgehandelt und BMAS vorgeschlagen (Vorschlag steht derzeit kurz vor dem Abschluss)

Voraussichtliche Lohnuntergrenze demnach: - 7,79 € (West)- 6,89 € (Ost)

Lohnuntergrenze gilt auch für im Ausland ansässige Verleiher, § 2 Nr. 4 AEntG

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Konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung

Konzerneigene Personalgesellschaft verleiht ihre Mitarbeiter intern an andere Konzerngesellschaften

Privilegierung bisher und immer noch:AÜG im Wesentlichen nicht anwendbar, mithin auch keine Geltung des „Equal Pay“, sofern Überlassung nur „vorübergehend“

Ab 01. Dezember 2011: Grundsatz des „Equal Pay“, wenn AN zum Zweck der (konzerninternen) Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird

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Merkmal „vorübergehend“

Ab 1.12.2011: § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG Neu:„Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend“

Definition „vorübergehend“:- Gesetzesbegründung: Soll als flexible Zeitkomponente verstanden werden, Verzicht

auf Höchstüberlassungsfristen- dient der Klarstellung, dass das dt. Modell der AÜ der europäischen

Leiharbeitsrichtlinie entspricht, die die Überlassung als vorübergehend definiert- Lit.: Zwei Jahre, vgl. Teilzeit- und Befristungsgesetz- Zuletzt durch Job-AQTIV-Gesetz Höchstdauer 24 Monate, Entfallen der

Höchstüberlassungsdauer durch Erstes Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz-Gesetze“)

- Rechtsfolge bei Verstoß nicht geregelt

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Zugang der Zeitarbeitnehmer zu Gemeinschaftseinrichtungen und - diensten des Entleihers, § 13b AÜG neu

Regelungszweck: Zeitarbeitnehmer sollen nicht zum Verzicht auf derartige Leistungen bewogen werden; Wettbewerb unter den Verleihern soll über Qualität der Dienstleistung, nicht über die Arbeitsbedingungen der Zeitarbeitnehmer geführt werden

Wichtig: Gleiche Voraussetzungen (insbes. Kosten) wie bei Stammmitarbeitern und in gleicher WeiseAusnahme: sachlicher Grund (z.B. unverhältnismäßiger Organisations- bzw. Verwaltungsaufwand) rechtfertigt unterschiedliche Behandlung

Tipp: Verpflichtung des Entleihers vereinbaren, zu welchen Einrichtungen der Mitarbeiter Zugang hat und welche Sachleistungen dabei erbracht werden (Steuerrecht!)

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Information über freie Arbeitsplätzeim Unternehmen des Entleihers,§ 13a AÜG neu

Regelungszweck: Übernahme in Stammbelegschaft des Entleihers soll unterstützt werden

Information durch allgemeine Bekanntgabe an geeigneter Stelle

Vgl. § 18 TzBfG

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen-iGZ e.V. Erphostraße 5648145 MünsterTel: 0251 98112-0www.ig-zeitarbeit.de