Post on 26-Feb-2019
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Inhaltsverzeichnis
Leitantrag Reihenfolge Seite
L001 Umweltschutz ist Bürgerrecht Landesvorstand FDP Bayern
1. 5
Anträge
A001 Keine Abschaffung des Heilpraktikerberufes
KV München-Land, Liberaler Mittelstand Bayern, KV
Berchtesgadener Land, KV München-Nord, KV Altötting, Axel
Schmidt, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
(Bundesjustizministerin a.D.), Barbara Gräfin Baudissin-Schmidt
(Bezirksrätin), Uli Bode, Bastian Dombret, Albert Duin MdL, Siegrid
Friedl-Lausenmeyer, Dr. Hannes Hartung, Britta Hundesrügge,
Thomas Jännert, Andreas Keck, Dr. Axel Keller, Uschi Lex, Gabriele
Neff, Martin Rothfelder, Jörg Scholler, Dr. Peter Siemsen, Dr.
Matthias Schröder, Stefan Westermayer, Sandra Wagner, Dr. Claus
Wunderlich, Maike Vatheuer-Seele, Angela Zahn, Martin Zeil
(Staatsminister a.D.), Jan Zippel und weitere
16
A002 Ächtung des Einsatzes autonomer
Waffensysteme zur Tötung von Menschen
Landesfachausschuss Netzpolitik und Bezirksverband Oberfranken
21
A003 Unterrichtsfach „Gesundheit“ in Schulen
einführen
Landesfachausschuss Gesundheit und Pflege
22
A004 Änderung des Heilpraktikergesetzes:
Landesfachausschuss Gesundheit und Pflege
23
A005 Keimbahneingriffe am menschlichen Embryo
Landesfachausschuss Gesundheit und Pflege
24
A007 Beitrag zur Ursachenbekämpfung der
Migrationskrisen
Bezirksverband Mittelfranken
25
A008 Schulen in das 21. Jahrhundert versetzen – das
DALTON-Konzept an deutschen Gymnasien
Bezirksverband Mittelfranken
26
A009 Schaffung von bezahlbarem Wohnraum
Bezirksverband Mittelfranken
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A010 Wiederabschaffung des Bayerischen Obersten
Landesgerichts
Bezirksverband Oberbayern, Junge Liberale Bayern
28
A011 Wissenschaftsstandort Deutschland stärken –
Ausbeutung von Jungwissenschaftlern
bekämpfen
Bezirksverband Oberbayern
30
A012 Faire Chancen für alle
Landesvorstand FDP Bayern, Liberale Frauen Bayern, Fraktion der
FDP im Landtag, Bayerische Landesgruppe der FDP im Bundestag
31
A013 Freiheit, Perspektive und Selbstbestimmung –
Liberale Grundsätze und Forderungen für eine
digitalisierte Lebenswelt
Landesfachausschuss Wirtschaft, Technologie und Energie
(verwiesen vom 77. Landesparteitag)
36
A014 Erhöhung der Freibeträge bei der
Erbschaftssteuer
Kreisverband Starnberg
46
A015 Kommunalwahlkampf in Bayern zukünftig nicht
mehr im Winter
Kreisverband Starnberg, Dr. Wolfgang Heubisch
47
A016 Für ein faires Streikrecht im öffentlichen
Verkehr
Kreisverband Starnberg
48
A017 Grundsteuer abschaffen - mehr
Einkommensteuer für die Gemeinden
Kreisverband Starnberg
49
A018 Ländliche Kommunen fördern statt verwalten!
Karl Stauffenberg, Martin Wünsche, Franziska Seitz, Peter
Corticelli, Werner Jannek, Hans Müller, Jobst Giehler, Sandra
Bubendorfer, Michael Föst, Peter Sander, Helge Ziegler
50
A019 Abschied vom Staatskirchenrecht
Junge Liberale Bayern
52
A020 Schutzgebiet für welterbewürdige
Buchenwälder im Nordsteigerwald
Kreisverband Bamberg
55
A021 Vollständige Abschaffung von §219a und
Schließung der vorhandenen
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Versorgunglücken
Bezirksverband Niederbayern
A022 Soziale, erzieherische sowie pflegerische und
medizinische Berufe stärken durch
„Kostenlose Berufsausbildung“
Bezirksverband Niederbayern
61
A023 Ausbau eines flächendeckenden und
hochleistungsfähigen Mobilfunk- und
Breitbandnetzes
Bezirksverband Niederbayern
62
A024 Verbesserung der Landarztversorgung
Bezirksverband Niederbayern
64
A025 Maßnahmen gegen häusliche und sexuelle
Gewalt Bezirksverband Niederbayern
65
A026 Medizinische Versorgung sicherstellen – für
eine medizinische Fakultät an der Universität
Passau
Bezirksverband Niederbayern
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Antrag L001
Betr.: Umweltschutz ist Bürgerrecht
Antragsteller: Landesvorstand FDP Bayern
Der Landesparteitag möge beschließen: 1
A. Artenvielfalt 2
I. Präambel 3
Mensch und Natur teilen sich eine Erde. Aus unserer Fürsorgepflicht gegenüber 4
der Natur und gegenüber der Zukunft für nachfolgende Generationen müssen 5
wir die Diversität, die die Natur bietet, wertschätzen und bewahren. Das gelingt 6
aber nur mit einem rationalen Ansatz, der die unterschiedlichen Interessen 7
miteinander in Einklang bringt. Leitidee muss dabei der Schutz der Ökosysteme 8
sein, denn nur in funktionierenden Systemen können sich Arten vielfältig 9
entwickeln. Allerdings sind auch hierbei die Folgen des Zusammenlebens von 10
Menschen und Natur zu beachten. Sowohl die Klimaerwärmung als auch der 11
aktuelle Bevölkerungszuwachs werden in Bayern Auswirkungen auf das 12
Ökosystem haben. Nur wenn wir die Widerstandsfähigkeit und die 13
Anpassungskraft der Natur in Bayern stärken, wird ein langfristiger Erhalt unsere 14
Naturschönheit und insbesondere der bayerischen Artenvielfalt gewährleistet 15
sein. Aus diesem Grund muss für die bayerische Umweltpolitik die Resilienz, also 16
die Widerstandsfähigkeit, der Ökosysteme im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. 17
Eine Umweltpolitik kann nur in Zusammenarbeit mit Agrar- und Forstwirtschaft 18
erfolgreich sein (Art. 14 GG Eigentumsgarantie).Zudem fordern wir die 19
Staatsregierung auf, im Herbst 2019 mit einer eigenen Veranstaltungswoche die 20
AICHI-Ziele und ihre Umsetzung in Bayern vorzustellen. Dem muss eine 21
detaillierte Evaluation vorangehen. 22
II. Beitrag der Landwirtschaft zur Artenvielfalt 23
In Bayern ist und bleibt die Landwirtschaft ein prägender Faktor für Identität und 24
Heimatverbundenheit, aber auch für Wirtschaft und Umwelt. Dabei sichert in 25
erster Linie die hohe Qualität der Produkte den Markterfolg. Landwirte bewähren 26
sich täglich als Erhalter und Gestalter unserer Kulturlandschaft. Damit kommt 27
ihnen eine entscheidende Rolle als Akteure im Bereich der Biodiversität zu. 28
Deswegen wollen wir mit ihnen gemeinsam für den Erhalt der bayerischen Natur 29
kämpfen. Wir Freie Demokraten begreifen Landwirtschaft nicht als Gegner, 30
sondern als Partner zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Wir wollen Anreize zu 31
einer natur- und artenverträglichen Bewirtschaftung von land- und 32
forstwirtschaftlichen Flächen setzen und die verschiedenen berechtigten 33
Interessen in einen gerechten Ausgleich bringen. 34
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Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 35
Landwirten, die über geeignete Flächen verfügen und dort Maßnahmen 36
zum Erhalt oder zur Förderung der Artenvielfalt ergreifen, den 37
ökologischen Mehrwerts dieser Fläche anzurechnen und so von weiteren 38
Agrarumweltmaßnahmen abzusehen. Die Anrechnung ökologischen 39
Mehrwerts von Biotopen und ein entsprechender Entfall von 40
Greeningauflagen im Gegenzug kann ein geeigneter Anreiz sein, um 41
Flächen für Biodiversitätsmaßnahmen zu gewinnen. Landwirtschaftlich 42
genutzte wie stillgelegte Flächen sollten hierbei jeweils auf ihre 43
Geeignetheit überprüft werden und können innerhalb eines flexiblen 44
"Ökokontos" geführt werden.a) die Erforschung, Erprobung und insbesondere den 45
Einsatz digitaler 46
Mess- und Ausbringungsmethoden fördert und 47
Gesetzliche Grundlagen zu schaffen, dass auch Land- und Forstwirte 48
betriebliche „Ökokonten“ aufbauen können.b) rechtliche Hürden zur Erforschung und 49
Erprobung von 50
agrogentechnischen Maßnahmen beseitigt, wo diese nicht zwingend 51
erforderlich sind. 52
die bäuerliche Kulturlandschaft auf ausgewiesenen Flächen durch 53
technische Eingriffe nachzubauen und so den drastischen Rückgang der 54
Offenland-Arten aufzuhalten und dafür Freiflächen wiederherzustellen (karg 55
bewachsene Böden, Heideflächen, Abbruchkanten und unbewachsene 56
Felsen). 57
einen Schwerpunkt innerhalb der landwirtschaftlichen Bildung auf 58
Kenntnisse der Biodiversität legen. 59
den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, indem man 60
61
62
III. Beitrag der Forstwirtschaft, Fischerei und Jagd zur 63
Artenvielfalt 64
Die Förster, Fischer und Jäger bilden, neben Landwirten, das Rückgrat einer 65
sinnvollen Biodiversitätspolitik. Sie sind diejenigen, die jeden Tag mit der Natur in 66
Verbindung stehen. Insbesondere Wälder sind für den Erhalt der Biodiversität in 67
Bayern von zentraler Bedeutung. Wir schützen bereits jetzt große Flächen. 68
Diese Form des Umweltschutzes ist wichtig für das Verständnis und den 69
Umgang mit unserer Natur. Aber Naturschutz muss auch in Einklang mit der 70
natürlich und historischen gewachsenen Beziehung zwischen den Menschen vor 71
Ort und ihrer Umwelt entstehen. 72
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 73
Die Wälder im Eigentum der Bayerischen Staatsforsten möglichst licht zu 74
gestalten, so dass Sonnenlicht auch auf den Waldboden gelangen kann. 75
Dies fördert nicht nur die Biodiversität und beugt schädlingsanfälligen 76
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Monokulturen vor, sondern es trägt auch zur organischen 77
CO2-Speicherung bei. 78
Anreize schaffen, dass auch Kommunen geeignete Waldflächen in ihrem 79
Eigentum ebenso licht gestalten. 80
Die Wälder mit der Zielsetzung der Nachhaltigkeit zu bewirtschaften. Dazu 81
gehört der Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt, aber auch die 82
Nutzung und Produktion von wertvollem Holz (Art. 14 (1) BayWaldG). 83
Eine Gestaltung der Waldwegeränder zu fördern, um kleinstrukturierte 84
Lebensräume mit günstigem Mikroklima für den Aufbau und Erhalt der 85
Artenvielfalt zu unterstützen. 86
Den Umbau von naturfernen Wäldern hin zu standortangepassten 87
Beständen, die den natürlichen Waldgesellschaften entsprechen. 88
unrentable aber biologisch wertvolle Standorte vorrangig gegenüber 89
wüchsigen Standorten in die Naturschutzkonzepte zu integrieren und in 90
den Nutzungsverzicht zu überführen. Dies sollte auch Fördergegenstand 91
für kommunale und private Wälder sein. 92
Unterstützung regionaler Initiativen zum Erhalt und Aufbau der lokalen 93
Artenvielfalt durch die Jägerschaft. 94
Evaluierung des Bestandes an Rot- und Gamswild, insbesondere in 95
Hinblick auf die Altersstruktur; gegebenenfalls muss das System der 96
Rotwildbezirke und die großräumige Aufhebung der Schonzeiten 97
überarbeitet werden. 98
Angepasstes Populationsmanagement großer Beutegreifer durch Aufnahme 99
in das Jagdrecht, wo dies erforderlich ist. Die Jägerschaft darf für 100
Wildschäden, die von Wolf, Bär und Luchs verursachen, nicht haftbar 101
gemacht werden. 102
Populationsmanagement von Neozoen, also zugewanderter, nicht 103
heimischer Arten, durch die Aufnahme in das Jagdrecht, wo das sinnvoll 104
möglich und erforderlich ist. Ebenso ist dies bei Kormoranen und Bibern 105
erforderlich. 106
Stoffliche Belastung von Gewässern, Hochwasserschutz, der Schutz vor 107
Bodenabschwemmung durch Bepflanzung oder bauliche Maßnahmen 108
reduzieren. Es müssen finanzielle Anreize geschaffen werden, damit 109
Landwirte oder Pächter den natürlichen Flusslauf erhalten und die Pflanzen 110
an Gewässerrandstreifen nicht in der Häufigkeit gemäht werden sollen, wie 111
die umliegenden Futterwiesen. Dabei soll ein dauerhafter 112
Gewässerrandstreifen das Ziel sein, jedoch kein einheitliches Maß 113
festgesetzt werden, da Gewässer individuell im Kontext der Umgebung 114
betrachtet werden müssen. 115
Künstlich geschaffene und nicht mehr exploitierte Standgewässer (z.B. 116
Aushubgruben oder Baggerseen) sind als Ersatzlebensräume 117
anzuerkennen, müssen als Zufluchtsort besonders von gefährdeten 118
Fischarten geschützt und gegebenenfalls renaturiert werden. 119
Dem Sedimenteintrag in Gewässern ist durch geeignete Maßnahmen, wie 120
z.B. durch die Errichtung von Sedimentfängern oder Uferrandstreifen 121
entgegenzuwirken. 122
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Fischpopulationen in Fließgewässern sollen wirksam geschützt werden. 123
Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten Fischwanderhilfen („Fischtreppen“) 124
an Wasserkraftanlagen. Um deren Funktion für die Fischwanderung zu 125
sichern, müssen ihnen die Kraftanlagenbetreiber notwendige 126
Mindestwassermengen zur Verfügung stellen. Zudem müssen 127
Kraftwerksbetreiber notwendige Maßnahmen zum Schutz der 128
Fischpopulationen treffen, etwa geeignete Rechensysteme oder 129
Bypassanlagen zum Fischabstieg installieren. 130
Hierzu setzen wir uns für die Definition wirksamer Parameter und Kriterien 131
in Genehmigungsverfahren für Wasserkraftanlagen ein, die mithilfe 132
hinreichender Mindestwassermengen eine zufriedenstellende biologische 133
Funktion von Fischwanderhilfen und mithilfe wirksamer Maßnahmen vor 134
den Kraftwerksturbinen den Schutz von Fischpopulationen sicherstellen, 135
Fließgewässer biologisch durchgängig halten und so Wasserkraft und 136
Fischökologie besser als bisher in Einklang bringen. 137
IV. Biotope und regionaler Artenschutz 138
Die Regionen in Bayern sind so vielfältig, dass Umweltpolitik nur dann gelingen 139
kann, wenn sie vor Ort immer wieder neu interpretiert wird. Dabei ist jedoch zu 140
beachten, dass die Grenzen ökologischer Regionen zumeist nicht 141
Deckungsgleich mit den Landesgrenzen sind. Aus diesem Grund muss 142
bayerische Umweltpolitik immer häufiger bi- und multilateral, vor allem aber als 143
Teil einer europäischen Umweltpolitik verstanden werden, der wir nicht passiv 144
gegenüberstehen, sondern die wir aktiv mitgestalten und maßgeblich prägen 145
wollen. Ein gutes Beispiel dafür ist die bereits erfolgte Kartierung von Biotopen 146
und Arten im Grünen Band zwischen Bayern und Tschechien. Diese Arbeit 147
werden wir mit dem Ziel, einen rechtlich gesicherten Biotopverbund zu schaffen, 148
fortsetzen: Dies dient der Völkerverständigung, unterstützt Biodiversität und 149
Artenschutz und fördert das Geschichtsbewusstsein der Menschen ebenso wie 150
den sanften Tourismus. 151
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 152
Biotope an die Standortgegebenheiten anpassen (z.B. Seggenwiesen, 153
Moore und Heiden) und so verschiedene Biotoptypen einrichten. 154
Anreize entwickeln, um gemeinsam mit kommunalen Körperschaften 155
Biotope und Biotopverbünde zu entwickeln. 156
die Vernetzung von Biotopen zu Biotopverbünden voranbringen. Hierbei gilt 157
es, sowohl das Offenland, das im Fokus stehen sollte, weil insbesondere 158
hier der Artenverlust am stärksten voranschreitet, aber auch Wälder und 159
Gewässer einzubeziehen. Dabei sollen vor allem auch die 160
Wanderungsbewegungen verschiedener Tierarten, wie das schon z.B. bei 161
Wildkatzenwegen geschieht, erleichtert werden. 162
den im Bundeshaushalt neu geschaffenen Wildnisfonds aktiv zu nutzen 163
und die gewonnenen Flächen für die biologische Vielfalt zu nutzen. Ein 164
bloßer Ankauf von Flächen, die im Anschluss brachliegen gelassen 165
werden, reicht nicht aus. 166
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V. Weitere Artenschutzmaßnahmen 167
Flächen außerhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche wie Trockenrasen, 168
Stadtparks sowie Weg- und Straßenböschungen als Lebensraum für Arten 169
mit Freistellen zu erhalten und entsprechend zu pflegen. 170
Die Dachbegrünung ist unter den Gesichtspunkten der Artenvielfalt zu 171
unterstützen. Die Anrechnung als Ausgleichsfläche ist zu prüfen. 172
die natürliche Sukzession auf geeigneten, naturnahen Flächen wie z.B. 173
aufgelassenen Steinbrüchen bzw. Kiesgruben zuzulassen, bei überwiegend 174
anthropogen überprägten Flächen wie Industriebrachen, Flugplätzen und 175
Truppenübungsplätzen gezieltes Biotopmanagement zu übernehmen. 176
Schutz der Alpen: Die Alpen sind als einzigartiger Lebensraum zu erhalten. 177
Die im Alpenplan ausgewiesenen Schutzzonen müssen erhalten bleiben. 178
Die Modernisierungen bestehender touristischer Einrichtungen hat Vorrang 179
vor dem Neubau. Die Alpenkonvention ist vom Freistaat Bayern 180
konsequent umzusetzen. 181
B. Luftreinhaltung 182
I. Stickoxide 183
Durch Fahrverbote werden Besitzer von Dieselfahrzeugen doppelt bestraft: Zum 184
einen werden sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, zum anderen sind 185
sie von einem erheblichen Wertverlust ihrer Fahrzeuge betroffen. Dies kommt 186
einer teilweisen Enteignung der Fahrzeugbesitzer gleich. Lieferbetriebe sind 187
plötzlich gezwungen, ihre Fahrzeugflotte auszutauschen, Handwerker können 188
nicht mehr ohne Weiteres alle Kunden erreichen. 189
Auch der Umwelt ist nicht geholfen: Mit Fahrverboten geht ein noch nicht näher 190
untersuchter Umwegsverkehr einher, der je nach Ausgestaltung vor Ort den 191
Gesamtausstoß von Stickstoffoxiden (NO2) und Kohlendioxid (CO2) durch den 192
Straßenverkehr insgesamt erheblich erhöhen könnte. Zudem werden mit diesen 193
Verboten nicht zwingend die größten Emittenten getroffen. Generell ist es 194
äußerst problematisch, von Emissionen aus Kraftfahrzeugen unmittelbar auf die 195
im Straßenverkehr gemessenen Immissionen zu schließen. 196
Weder tragen PKW oder leichte Nutzfahrzeuge mit Dieselmotor an jeder 197
Messstation im gleichen Maße zu den Messwertüberschreitungen bei, noch sind 198
sie stets Hauptverursacher der Grenzwertüberschreitungen. Oft werden 199
Fahrverbote ohne genaue Verursacheranalyse der Grenzwertüberschreitungen 200
erwogen. 201
Auch an der wissenschaftlichen Begründung der Immissionsgrenzwerte für 202
Stickstoffdioxid (NO2) bestehen seitens zahlreicher Experten erhebliche Zweifel. 203
Aufgrund dieser massiven Eingriffe in den Individualverkehr und der 204
wirtschaftlichen Schäden sind Geeignetheit, Erforderlichkeit und 205
Verhältnismäßigkeit der Rechtsgrundlagen für Fahrverbote, insbesondere der 206
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Grenzwerte und Messverfahren, zu überprüfen. Natürlich muss dabei nach wie 207
vor zuallererst dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung hinreichend Rechnung 208
getragen werden. 209
Die EU-Kommission berief sich bei ihren Vorschlägen für die Luftqualitätsrichtlinie 210
auf Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO (Luftgüteleitwerte, 211
„WHO Air Quality Guidelines for Europe“). Der Richtwert der WHO von 40 µg/m³ 212
beruhte damals auf epidemiologischen Studien, die grundsätzlich nur 213
Korrelationen auswerten. Der kausale Zusammenhang und die Frage, inwieweit 214
sich dauerhafte NO2-Expositionen dieser Schadstoffkonzentration auf die 215
menschliche Gesundheit auswirken, ist jedoch bis heute nicht ausreichend 216
erforscht. Belastbare toxikologische Studien über die Langzeitwirkung von 217
geringen Expositionen, die mit der Stickoxid-Belastung im Straßenverkehr 218
vergleichbar sind, liegen hierzu nicht vor. 219
Zudem sind Messungen hierzulande kaum vergleichbar, weil die Definition der 220
Standorte der Immissionsmessstellen (Probenahmestellen) in der 221
entsprechenden Rechtsgrundlage sehr vage ist und einen zu hohen Spielraum 222
für die Standorte vorgibt. 223
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 224
auf europäischer Ebene auf ein Moratorium zur Aussetzung der 225
EU-Luftqualitätsrichtlinie hinzuwirken, um die notwendigen Maßnahmen zur 226
Luftreinhaltung und Vermeidung von Fahrverboten in einem geordneten 227
Verfahren umsetzen zu können, 228
die Anlage 3 der 39. BImSchV insoweit zu konkretisieren, dass die 229
Ortsbestimmung der Probenahmestellen im Rahmen der 230
Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) bundesweit vergleichbar ist. 231
für eine europaweite Vergleichbarkeit der Standortwahl zu sorgen, 232
den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz bezüglich der Überprüfung 233
der Einhaltung der EU Standards zur Messung und Aufstellung der 234
Probeannahmestellen in allen Städten zügig umzusetzen, 235
eine Studie in Auftrag zu geben, die die Auswirkungen straßennaher 236
Überschreitungen des Jahresmittelgrenzwerts von 40 µg/m³ für NO2 auf 237
vulnerable Gruppen wie Asthmatiker unter Berücksichtigung der Dauer ihrer 238
üblicherweise zu erwartenden täglichen Schadgasexposition an diesen 239
Orten untersucht, 240
den Jahresmittelgrenzwert von 40 µg/m³ für NO2 auf seine Erforderlichkeit 241
wissenschaftlich zu überprüfen, 242
die Studie des Umweltbundesamts „Quantifizierung von umweltbedingten 243
Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid-Exposition in Deutschland“ 244
auf die Belastbarkeit der dort aufgestellten Exposition-Wirkungs-Funktion 245
zu überprüfen, 246
den Verkehr durch intelligente, neue Verkehrsleitsysteme zum Fließen zu 247
bringen und durch den flächendeckenden Ausbau eines 248
hochleistungsfähigen Mobilfunknetzes (5G-Standard) aktive Stauprävention 249
zu betreiben 250
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die Forschung in neue Antriebstechnologien sowie alternative Kraft- und 251
Zusatzstoffe zu intensivieren. 252
II. Feinstaub 253
Messverfahren und Ultrafeinstaub 254
Je kleiner die Teilchen im Feinstaub, desto länger halten Sie sich in der Luft und 255
sind demnach am gefährlichsten. Es wird in mehrere Klassen unterschieden: 256
inhalierbarer Feinstaub, lungengängiger Feinstaub und Ultrafeinstaub. Die 257
meisten zurzeit eingesetzten Luftprüfstationen messen nicht die Anzahl an 258
Partikeln, sondern nur die pauschale Masse aller Teilchen. Dies bedeutet, dass 259
aktuelle Messverfahren nicht ausreichend aussagekräftig, v.a. in Bezug auf die 260
für den Menschen schädlichsten Feinstaubarten sind. Zudem beziehen sich 261
ebenso die EU- Grenzwerte nur auf die größten Teilchen (inhalierbarer 262
Feinstaub). 263
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 264
Anpassung der Messverfahren mit dem Ziel der Aussagekraft bezüglich 265
dem gefährlichen lungengängigen Feinstaub und dem Ultrafeinstaub. 266
Daraus kann sich auch die Notwendigkeit eines Grenzwertes für 267
Ultrafeinstaub ergeben. 268
Einsatz für die Überarbeitung der EU- Grenzwerte für lungengängigen 269
Feinstaub. 270
EU-Luftqualitätsrichtlinie durch Passus über Monitoring-Verpflichtung für 271
Ultrafeinstaubmessungen ergänzen. 272
Bundesweit einheitliche Messverfahren, um eine Vergleichbarkeit der 273
Ergebnisse zu erreichen 274
Anpassung der EU- Grenzwerte an kleinere Teilchenstufen. 275
Förderung von medizinischen Studien im Bereich Auswirkungen auf den 276
menschlichen Körper bei kurzfristiger und langfristiger Feinstaubexposition 277
unter möglichst realen Bedingungen, das heißt auch in Kombination mit 278
anderen Stressfaktoren wir zum Beispiel Lärm. Zudem müssen 279
epidemiologische Studien zur Ermittlung von adäquaten Grenzwerten, auch 280
für Ultrafeinstaub, gefördert werden. 281
Ausweisung von belasteten Gebieten (dort herrschen hohe Zahl und Dichte 282
an v.a. Ultrafeinstaubemittenten) und konzeptuelle Erarbeitung von 283
Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung. Maßnahmen können zum 284
Beispiel die Anpassung des ÖPNV Netzes sein, Handlungsempfehlungen 285
zum Gebrauch von Hausfeueranlagen, Prüfung von Emissionsquellen von 286
gasförmigen Teilchen wie bspw. Ammoniak oder Stickoxiden, die dann 287
miteinander zu sog. sekundärem Feinstaub reagieren. 288
Ausbau von effektiven Umgehungstraßen. 289
Optimierung des Verkehrsflusses vor allem in Städten durch sog. „smarte“ 290
Lösungen wie sensorgesteuerte Ampelschaltungen oder die Förderung von 291
Autonomen und (teil)- elektrifizierten ÖPNV- Systemen (z.B. E- Bus). 292
Verbesserung des Schienenpersonenverkehrs. 293
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Anreize schaffen, um wieder mehr Güterverkehr auf die Schiene zu 294
verlagern bzw. den intermodalen Warentransport attraktiver zu gestalten 295
(z.B. die Stilllegung von Güterbahnhöfen aufhalten). 296
Forschungsförderung im Bereich der alternativen Antriebssysteme und 297
Filtersysteme. 298
C. Gewässerschutz 299
I. Europäische Rechtsetzung: Wasserrahmenrichtlinie und 300
Trinkwasserrichtlinie 301
Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) muss konsequenter als bislang 302
umgesetzt werden, um das Ziel eines guten ökologischen Zustands der 303
Gewässer erreichbar zu machen. Selbst nach dem dritten Zyklus 2021-2027 304
werden die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden. Deshalb muss ein Plan für 305
die Zeit danach erstellt werden, der einen ambitionierten, aber auch realistischen 306
Pfad aufzeigt. 307
Vor allem der Schutz des Grundwassers ist für die Menschen in ganz Europa 308
existenziell. Deshalb müssen Einträge (z. B. Einträge aus Landwirtschaft, 309
Industrie, Bergbau, Chemie und Pharmazie) immer dort reduziert werden, wo 310
eine Gefährdung vorliegt. Es gilt das Verursacherprinzip. 311
II. Nitrat 312
Bis zu 40 Prozent der Grundwasserströme in Bayern erfüllen die EU-Vorgaben 313
zur Nitratbelastung (50 mg/l) nicht mehr. Hauptursache ist die 314
grundwasserschädliche Überdüngung unserer Agrarlandschaften. 315
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 316
Die Düngeverordnung (DÜV) muss alle stickstoffhaltigen Stoffe 317
rechtsverbindlich und nachvollziehbar regeln.Bereits überdüngte (sog. Rote Gebiete) 318
müssen stärker geschützt 319
werden. 320
Etablierung eines Düngekatasters, in dem alle wesentlichen Informationen 321
über die Ausbringungsmengen festgehalten und so nachvollzogen werden 322
können.Düngestopp bei Überschreitung des Grenzwerts von 50mg pro Liter 323
Die Nährstoffeinträge in die Gewässer müssen weiterhin reduziert werden. 324
Hierzu fordern wir die Nachbesserung der Düngeverordnung (DÜV) durch 325
den Bund. Diese muss u.a. in folgenden Punkten angepasst werden:Die Einteilung in 326
rote und weiße Gebiete muss regelmäßig und 327
zeitnah überprüft sowie transparent gestaltet werden. 328
Es ist zu prüfen, in wieweit die durch die DÜV geforderten 329
technischen Spezifikationen der Landmaschinen das Gesamtgewicht 330
dieser erhöht und somit zu Bodenverdichtung beitragen. Für 331
besonders sensible Böden kann dies den Verlust von Biodiversität 332
bedeuten und das Überschwemmungsrisiko erhöhen. 333
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III. Multiresistente Keime 335
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 336
durch eine Verbesserung der tiergerechten Haltung den Antibiotikaeinsatz 337
in der Landwirtschaft zu reduzieren. 338
den Einsatz sogenannter Reserveantibiotika in der Tierhaltung zu beenden, 339
indem Medikamente, die die Weltgesundheitsorganisation als „critically 340
important“ einstuft, nicht mehr zugelassen werden. Gruppen- oder 341
Bestandsbehandlungen mit antimikrobiellen Mitteln werden generell an die 342
Durchführung eines vorherigen Erregertests gebunden. Der Einsatz 343
antimikrobieller Mittel wird künftig in Tagesdosen erfasst, die den jeweiligen 344
Wirkstoff berücksichtigen. 345
das regionale Ausmaß der Belastung von Oberflächengewässern mit 346
Keimen und Schadstoffen zu erfassen und zu kartographieren. 347
die erhobenen Daten als Grundlage für eine verstärkte Erforschung der 348
Entstehung und Verbreitung multiresistenter Keime zu nutzen. Daraus kann 349
sich auch die Erforderlichkeit eines Grenzwertes für Arzneimittel im 350
Grundwasser ergeben. 351
bei der Herstellung und Entwicklung von Medikamenten die 352
Umweltverträglichkeit zum Prüfkriterium für Medikamentenhersteller und 353
Genehmigungsbehörden zu machen und damit die Entwicklung zu 354
zielgenauen und biologisch abbaubaren Medikamenten anzureizen. 355
falsche Entsorgung von Medikamenten zu vermeiden: etwa durch eine 356
gezieltere Verschreibung, therapiegerechte Mengen sowie passgenaue 357
Packungsgrößen, um unnötige Mengen und Reste zu minimieren. 358
Sorge zu tragen, dass Medikamente nicht über die Entsorgung ins Wasser 359
gelangen: etwa durch bessere Informationen auf den Verpackungen für die 360
Verbraucher; Stärkung der Produktverantwortung der Hersteller bei der 361
Entsorgung von Altmedikamenten und genauere Vorschriften für 362
Krankenhäuser, wie große Konzentrationen von Medikamentenrückständen 363
sicher entsorgt werden müssen. 364
ein Finanzierungskonzept zur Vorbeugung und Entfernung von 365
problematischen Stoffen, etwa durch den Einbau zusätzlicher Klärstufen 366
direkt an nicht-diffusen Eintragungsstellen (wie z.B. Krankenhäusern), aus 367
unseren Gewässern zu entwickeln, das gemäß dem Verursacherprinzip die 368
Verursacher in die Pflicht nimmt. 369
IV. Spurenstoffe 370
Mikroplastik und Nanopartikel 371
Sowohl bei Mikroplastiken als auch bei Nanopartikeln bestehen noch 372
weitgehende Lücken in den Datengrundlagen. Deshalb ist es als erstes 373
erforderlich, Bewertungskonzepte sowie eine harmonisierte oder standardisierte 374
Analysemethodik zu entwerfen.Wesentliche Teile von Mikroplastiken stammen 375
Seite 14
von Reifenabrieb aus dem Straßennetz. Während innerorts eine Reinigung durch 376
die kommunalen Kläranlagen sichergestellt ist, kann dies außer Orts nicht 377
garantiert werden, so dass hier der Eintragung von Spurenstoffe durch einen 378
Ausbau von Filtersystemen begegnet werden muss. 379
D. Anpassung an veränderte Klimabedingungen 380
Wir schlagen folgende konkrete Maßnahmen vor: 381
Anpassung der städtischen Entwicklungs- und Bauleitplanung, 382
umKaltluftschneisen aus dem kühleren Umland aufrechtzuerhalten und ggf. 383
zu erweitern. 384
Grünflächen wie auch Wasserflächen als Kälteinseln und öffentliche 385
Aufenthaltsräume in Hitzeperioden zu schaffen und zu erhalten („grüne 386
und blaue Stadt“, Konflikt mit der baulichen Verdichtung zur Schaffung von 387
Wohnraum und dient auch dem Erhalt und der Bereicherung der 388
Biodiversität). 389
der Wärmeabstrahlung in Innenstadtlagen durch Begrünung von Fassaden 390
und Dächern entgegen zu wirken (dient zusätzlich dem Erhalt und der 391
Bereicherung der Biodiversität). 392
Bei der Entwässerungsplanung für Neubaugebiete den größeren 393
Niederschlagsmengen Rechnung zu tragen. 394
Ausweisung und Durchsetzung von Bauverboten in 395
Überschwemmungsgebieten bei innerstädtischen Bach- und Flussläufen 396
(Konflikt mit Flächenbedarf für Wohnen und Gewerbe). 397
Entwicklung und Umsetzung von Konzepten mit Oberlieger-Kommunen zur 398
Verringerung der Überflutungsgefahren innerstädtischer Bach- und 399
Flussläufe. 400
Ausgestaltung von Straßen und öffentlichen Grünflächen als 401
Auffangreservoir von Starkregenereignissen. 402
Absicherung der Trinkwasserversorgung für lange Trockenperioden. 403
Prüfen, ob Trinkwasserleitungen tief genug liegen, um Erwärmung des 404
Trinkwassers in längeren Hitzeperioden zu vermeiden. 405
Entwicklung von Konzepten mit Landwirtschaft und Kläranlagenbetreibern 406
im Zulauf von Talsperren, um Einträge bei Starkregenereignissen zu 407
minimieren. 408
Züchtung von hitze- und trockenheitsresistenten Baumarten und 409
Umstellung der innerstädtischen Bepflanzung. 410
Anpassung der Waldbewirtschaftung hinsichtlich der Arten und den 411
Erfordernissen der Brandbekämpfung (z. B. Schneisen und Zufahrten). 412
Umstellung der Landwirtschaft auf hitze- und trockenheitsresistente Arten. 413
Monitoring der Einwanderung unerwünschter tropischer Arten (z. B. der 414
Tigermücke) und Entwicklung von möglichst ökologisch verträglichen 415
Gegenmitteln. 416
417
Seite 15
Begründung:
Erfolgt mündlich.
Seite 16
Antrag A001
Betr.: Keine Abschaffung des Heilpraktikerberufes
Antragsteller: KV München-Land, Liberaler Mittelstand Bayern, KV Berchtesgadener Land, KV München-Nord, KV Altötting, Axel Schmidt, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Bundesjustizministerin a.D.), Barbara Gräfin Baudissin-Schmidt (Bezirksrätin), Uli Bode, Bastian Dombret, Albert Duin MdL, Siegrid Friedl-Lausenmeyer, Dr. Hannes Hartung, Britta Hundesrügge, Thomas Jännert, Andreas Keck, Dr. Axel Keller, Uschi Lex, Gabriele Neff, Martin Rothfelder, Jörg Scholler, Dr. Peter Siemsen, Dr. Matthias Schröder, Stefan Westermayer, Sandra Wagner, Dr. Claus Wunderlich, Maike Vatheuer-Seele, Angela Zahn, Martin Zeil (Staatsminister a.D.), Jan Zippel und weitere
Die FDP Bayern fordert die AG Gesundheit der FDP-Bundestagsfraktion auf, ihr 1
Positionspapier zum Thema „Heilpraktiker abschaffen“ zurückzuziehen und 2
zunächst in die Partei (Bundesfachaussschuß Gesundheit und Bundesparteitag) 3
zur Beratung zu geben. 4
Wir raten dringend auf die Beschlusslage der Partei zu achten und diese zu 5
respektieren: 6
„Grundsätzlich setzen wir Freie Demokraten uns für den Erhalt des 7
Heilpraktikers in der jetzigen Form als freien und selbständigen Heilberuf neben 8
dem Arzt ein. Die Freiberuflichkeit der Heilberufe ist aus liberaler Sicht 9
Grundvoraussetzung für ein leistungsfähiges Gesundheitswesen. Wir sehen 10
heilpraktische Behandlungen als ein wichtiges Ergänzungsangebot für 11
Patientinnen und Patienten, das jedoch nicht als Alternative zur Schulmedizin 12
verstanden werde darf.“ 13
14
Begründung:
Begründung:
Die FDP ist die Partei der Vernunft und des Verbraucherschutzes. Dennoch geht die
Forderung nach der Abschaffung von Heilpraktikern viel zu weit.
1. Uns geht es um die Freiheit, auch bei der Berufsausübung und bei der Behandlungswahl
2. Wir lehnen es ab, wenn die eine AG der Bundestagsfraktion mit Positionen an die
Öffentlichkeit geht, die in Kontrast zu bisherigen Positionen (Wahlprüfsteine) steht
Seite 17
Wir lehnen das Diskussionspapier der AG Gesundheit (siehe unten) ab und könnten uns
vorstellen, dass stattdessen höchstens die „Kompetenzlösung“ des Münsteraner Kreises
verfolgt werden könnte.
Diskussionspapier der Arbeitsgruppe (AG) Gesundheit der FDP Bundestagsfraktion
vom Oktober 2018
Im Sinne der Privatautonomie ist es jedem selbst überlassen, welche Dienstleistungen er
oder sie kostenpflichtig in Anspruch nehmen möchte. Unter der Voraussetzung
einer hinreichenden Informationsversorgung sind mündige Patienten in der Lage über ihre
eigene Gesundheit zu disponieren. Dies bedeutet für uns auch, dass es zu respektieren ist,
wenn Menschen Behandlungsmethoden in Anspruch nehmen möchten, deren Wirksamkeit
wissenschaftlich nicht belegt oder im Gegenteil sogar deren Unwirksamkeit belegt ist.
Für uns ist jedoch ebenso klar, dass sich der Staat nicht zum Gehilfen für
Verbrauchertäuschungen machen darf. Durch eine staatliche Erlaubnis, die Bezeichnung
„Heilpraktiker“ zu führen, wird bei Patienten der Eindruck erweckt, dass der betreffende
Behandler tatsächlich des „Heilens“ kundig ist und von der von einem Heilpraktiker
vorgenommenen Behandlung tatsächlich „Heilung“ zu erwarten ist. Um die entsprechende
Erlaubnis zu erhalten müssen Heilpraktiker aber lediglich eine Prüfung ablegen, die
sicherstellen soll, dass von ihren Tätigkeiten keine Gefahren ausgehen.
Dies ist ein Widerspruch zwischen staatlich gesetztem Schein und der Realität. Da
Heilpraktiker – im Unterschied zu approbierten Ärzten – vor allem in ihrer Wirksamkeit nicht
wissenschaftlich belegte Methoden anwenden, kann es auch ein Handeln „lege artis“ der
Logik nach nicht geben. Mangels wissenschaftlicher Grundlagen der Tätigkeit kann es auch
keine fundierte Ausbildung geben.
Wollte man den „Heilpraktiker“ in seiner jetzigen Form beibehalten, wäre es allenfalls
möglich Risikominimierung zu betreiben. Denkbar wäre, den Handlungsspielraum für
Heilpraktiker gesetzlich so weit einzuschränken, dass beispielsweise invasive
Behandlungen nicht mehr möglich wären. Allerdings würde dies die Gefahr von
Diagnosefehlern und Befunderhebungsfehlern nicht verringern.
Daher sind wir der Auffassung, dass es im Sinne der Patientensicherheit letztendlich
geboten ist, die Erlaubnis zur Bezeichnung als „Heilpraktiker“ mittelfristig auslaufen zu
lassen. Um bereits praktizierenden Heilpraktikern nicht ihre Lebensgrundlage zu entziehen,
sprechen wir uns insoweit für einen Bestandsschutz aus.
Für uns bedeutet ein Auslaufen der Möglichkeit eine Heilpraktikererlaubnis zu
erlangen nicht, dass das gegenwärtig bestehende alternativ- und
komplementärmedizinische Angebot ersatzlos entfallen muss. Es ist aus unserer Sicht
Seite 18
entscheidend, dass ausschließlich wissenschaftlich-fundiert ausgebildete Ärzte staatlich
gelabelt „Heilkunde“ betreiben dürfen
Bericht Ärzteblatt vom 14.11.2018
Berlin – Die Arbeitsgruppe (AG) Gesundheit der FDP-Fraktion im Bundestag sieht es „im
Sinne der Patientensicherheit“ als geboten an, „die Erlaubnis zur Bezeichnung als
‚Heilpraktiker‘ mittelfristig auslaufen zu lassen“. Das geht aus einem neuen Positionspapier
der AG Gesundheit hervor, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Für bereits
praktizierende Heilpraktiker soll es einen Bestandsschutz geben.
„Durch eine staatliche Erlaubnis, die Bezeichnung ‚Heilpraktiker’ zu führen, wird bei
Patienten der Eindruck erweckt, dass der betreffende Behandler tatsächlich des ‚Heilens‘
kundig ist und von der von einem Heilpraktiker vorgenommenen Behandlung tatsächlich
‚Heilung‘ zu erwarten ist“, heißt es als Begründung im Positionspapier.
Um die entsprechende Erlaubnis zu erhalten, müssten Heilpraktiker aber lediglich eine
Prüfung ablegen, die sicherstellen soll, dass von ihren Tätigkeiten keine Gefahren
ausgingen. Es sei aber klar, „dass sich der Staat nicht zum Gehilfen für
Verbrauchertäuschungen machen darf“.
Da Heilpraktiker – im Unterschied zu approbierten Ärzten – vor allem in ihrer Wirksamkeit
nicht wissenschaftlich belegte Methoden anwendeten, könne es auch ein Handeln ‚lege
artis‘ der Logik nach nicht geben, findet die FDP. Mangels wissenschaftlicher Grundlagen
der Tätigkeit könne es folglich auch keine fundierte Ausbildung geben.
Das bedeute aber nicht, das es künftig keine alternativ- und komplementärmedizinischen
Angebote mehr geben solle. „Es ist aus unserer Sicht entscheidend, dass ausschließlich
wissenschaftlich fundiert ausgebildete Ärzte staatlich gelabelt ‚Heilkunde‘ betreiben dürfen“,
fordern die FDP-Abgeordneten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte vor einigen Tagen Maßnahmen
gegen gefährliche Therapien angekündigt – im Fokus stehen dabei Frischzellentherapien.
Außerdem sollen Heilpraktiker Arzneimittel nur noch in Ausnahmefällen selbst herstellen
dürfen.
Wie NDR und Süddeutsche Zeitung berichteten, plant das Bundesgesundheitsministerium
entsprechende gesetzliche Regelungen, die in Kürze als Referentenentwurf vorliegen
sollen. „Patienten müssen sicher sein können, dass ihnen Arzneimittel nicht schaden“,
sagte Spahn der Süddeutschen Zeitung.
Der FDP geht das nicht weit genug. „Spahns Vorschlag ist zwar richtig, aber greift viel zu
kurz. Frischzellentherapien sind nur die Spitze des Eisbergs. Wenn Spahn behauptet, durch
Seite 19
ein Verbot die Patientensicherheit spürbar zu verbessern, ist das Augenwischerei“, sagte
die FDP-Abgeordnete und Medizinrechtlerin Katrin Helling-Plahr.
Den Patienten, die Opfer von Diagnosefehlern oder Falschbehandlungen würden oder die
mit anderen kuriosen Heilsversprechen gelockt würden, sei damit nicht gedient. „Wenn
Spahn Patientensicherheit fördern möchte, soll er sich ehrlich machen und eine
grundlegende Reform des Heilpraktikerwesens anstreben“, sagte sie. ©
hil/may/aerzteblatt.de
Lösungswege im „Münsteraner Memorandum“ des Münsteraner Kreises
1 Abschaffungslösung
Die Abschaffungslösung bestünde darin, den staatlich geschützten Beruf des Heilpraktikers
zu annullieren. Als Vorbild könnte dabei die Neustrukturierung der bundesdeutschen
Zahnheilkunde im Jahr 1952 dienen. In deren Rahmen wurde der Ausbildungsberuf
„Dentist” (Zahntechniker mit nicht-akademischer Weiterbildung) zu Gunsten des
akademisch ausgebildeten Zahnarztes abgeschafft. Eine Streichung des
Heilpraktikerberufs hätte den Vorteil, die bizarre Qualitätslücke in der Parallelstruktur aus
qualitätsgesicherter ärztlicher Gesundheitsversorgung und bloß Gefahrenabwehr-
kontrolliertem Heilpraktikerwesen nachhaltig zu schließen.
2 Kompetenzlösung
[…] An die Stelle des bisherigen Heilpraktikers mit seinem problematischen Globalzuschnitt
und dem gleichzeitig nicht garantierten Kompetenzniveau setzt die Kompetenzlösung daher
Fach-Heilpraktiker mit wissenschaftsorientierter Ausbildung und staatlicher Prüfung.
Staatlich anerkannter Fach-Heilpraktiker sollte (nur) werden können, wer bereits eine
Ausbildung in einem der speziellen nicht-akademischen/teilakademischen Heilberufe
absolviert hat. Das beträfe eine Reihe von Gesundheitsfachberufen, wie Ergotherapeuten,
Gesundheits- und Krankenpfleger, Logopäden oder Physiotherapeuten.
Personen mit einer dieser Ausbildungen sollten auf Fachhochschul-Niveau eine
zusätzliche, fachspezifische Ausbildung erhalten können, die sie zum Fach-Heilpraktiker für
ihren Bereich qualifiziert. Diese Ausbildung kann als einen ihrer Teilbereiche den
wissenschaftlich fundierten Umgang mit KAM-Verfahren enthalten und zudem einen
deutlichen Schwerpunkt auf Kommunikation und Empathie legen. Die Fähigkeit, diese
Verfahren ebenso kritisch wie jede wissenschaftsorientierte Methode zu reflektieren, sollte
durch eine solide wissenschaftstheoretische Ausbildung befördert werden.
Auf diese Art erhielten Fach-Heilpraktiker fachspezifische Befugnisse, die über die jetzigen
Befugnisse der jeweiligen Heilberufe hinausgehen, aber in ihrem fachlichen
Zuständigkeitsbereich verblieben (ein Physiotherapie-Fachheilpraktiker etwa bliebe
Seite 20
beschränkt auf Beschwerden und Erkrankungen im Bewegungsapparat). Die zusätzlichen
Qualifikationen und Befugnisse sollten sich in der jeweiligen Berufsbezeichnung
niederschlagen, etwa mit dem Anhang „und Fach-Heilpraktiker“.
Position des Liberalen Mittelstandes
Kronberg/Taunus (ots) - Der Bundesverband "Liberaler Mittelstand e.V." aus der FDP
nahestehenden Unternehmern wendet sich gegen Bestrebungen, den Beruf "Heilpraktiker"
abschaffen zu wollen. Dies hat der Bundesvorstand auf seiner jüngsten Sitzung am
Wochenende in Kronberg/Taunus einstimmig beschlossen.
Hintergrund ist das sogenannte "Münsteraner Memorandum" aus dem Umfeld der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, in dem eine weitgehende Modifikation des
Berufsrechts gefordert wird, die einer Abschaffung des Berufs "Heilpraktiker" gleichkäme.
In Teilen der Bundespolitik sind diese Forderungen auf Zustimmung gestoßen. Der FDP-
nahe Unternehmerverband lehnt sie hingegen ab. "Artikel 12 unseres Grundgesetzes
sichert den Heilpraktikern einen umfassenden Bestandsschutz zu", erklärt der
Bundesvorsitzende des Liberalen Mittelstands Thomas L. Kemmerich dazu. "Dies gilt so
lange, bis empirische Erkenntnisse darüber vorliegen, ob dieser Beruf das Patientenwohl
konkret gefährdet."
Als Mitglied des Bundestages wolle sich Kemmerich auch innerhalb seiner FDP-Fraktion
für diese grundsätzliche Haltung einsetzen. Von Kritikern angeführte vermeintliche
Fehlbehandlungen seien bislang allesamt deutlich erkennbare Einzelfälle. "Die
Voraussetzung zur Abschaffung eines kompletten Berufszweiges ist für den Liberalen
Mittelstand nicht gegeben."
Seite 21
Antrag A002
Betr.: Ächtung des Einsatzes autonomer Waffensysteme zur Tötung von Menschen
Antragsteller: Landesfachausschuss Netzpolitik und Bezirksverband Oberfranken
Die FDP Bayern setzt sich für die Ächtung des Einsatzes autonomer 1
Waffensysteme zur Tötung von Menschen ein. Als Freie Demokraten Bayern 2
sehen wir grosse Chancen durch die Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) aber 3
auch Gefahren. Um den Einsatz von KI zum Wohle der Menschheit zu 4
gestalten, darf ein Algorithmus eines solchen Waffensystems alleine nie über 5
Leben und Tod entscheiden. Es muss immer ein Mensch selbst in vollem 6
Bewusstsein die Verantwortung übernehmen, dass durch sein Handeln 7
Menschenleben ausgelöscht werden. 8
Wir streben eine Digitalwaffenkonvention nach den Vorbild der 9
Biowaffenkonvention (1972) und der Chemiewaffenkonvention (1993) an. 10
11
Begründung:
Durch die Fortschritte insbesondere in der künstlichen Intelligenz ist es möglich, autonom
agierende Systeme herzustellen, die in der Lage sind Menschen und Menschengruppen
z.B. nach Rassemerkmalen autonom zu liquidieren. Durch die Globale Vernetzung über
Satelliten in einem erdnahen Orbit wird bis 2025 (Starlink) künstliche Intelligenz global an
jedem Punkt dieser Erde verfügbar sein und damit sowohl großen, wie auch kleinsten
Waffensystemen zur Verfügung stehen.
Definition:
Autonome Waffensysteme zur Tötung von Menschen (TAW) sind völlig autonome Systeme.
[...] TAWs sollten so verstanden werden, dass sie eine völlige Abwesenheit von
menschlicher Aufsicht bedeuten, was bedeutet, dass es absolut keine Verbindung
(Kommunikation oder Kontrolle) mit der militärischen Befehlskette gibt. Die
Bereitstellungsplattform einer TAW wäre in der Lage, sich zu bewegen, sich an seine Land-
, See- oder Luftumgebungen anzupassen und einen tödlichen Effektor (Kugel, Rakete,
Bombe usw.) ohne jegliche menschliche Eingriffe oder Überprüfungen anzugreifen und
abzufeuern. TAWs würden höchstwahrscheinlich über Selbstlernfähigkeiten verfügen.
Seite 22
Antrag A003
Betr.: Unterrichtsfach „Gesundheit“ in Schulen einführen
Antragsteller: LFA Gesundheit und Pflege
Unterrichtsfach „Gesundheit“ in Schulen einführen 1
Die FDP setzt sich für die weltbeste Bildung in Deutschland ein. 2
Gesundheitsbildung wird nur punktuell im Sinne einer Aufklärung durchgeführt. 3
Wir setzen uns dauerhaft für ein Unterrichtsfach „Gesundheit“ neben Biologie in 4
den weiterführenden Schulen ein. Lehrkräfte können aus der Ärzteschaft oder 5
Gesundheitsfachschulen rekrutiert werden. So gewährleisten wir ein nachhaltiges 6
und wissenschaftlich-fundiertes Basisgesundheitswissen für die junge 7
Generation. 8
9
Begründung:
erfolgt mündlich
Seite 23
Antrag A004
Betr.: Änderung des Heilpraktikergesetzes:
Antragsteller: LFA Gesundheit und Pflege
Änderung des Heilpraktikergesetzes: 1
Memorandum über die Zukunft des Heilpraktikerberufes zur Verbesserung der 2
Patientensicherheit 3
Im Sinne der Privatautonomie ist es jedem selbst überlassen, welche 4
Dienstleistungen er oder sie kostenpflichtig in Anspruch nehmen möchte. Unter 5
der Voraussetzung einer hinreichenden Informationsversorgung sind mündige 6
Patienten in der Lage über ihre eigene Gesundheit zu disponieren. Dies bedeutet 7
für uns auch, dass es zu respektieren ist, wenn Menschen 8
Behandlungsmethoden in Anspruch nehmen möchten, deren Wirksamkeit 9
wissenschaftlich nicht belegt oder im Gegenteil sogar deren Unwirksamkeit 10
belegt ist. 11
Für die FDP ist jedoch ebenso klar, dass sich der Staat nicht zum Gehilfen für 12
Verbrauchertäuschungen machen darf. Durch eine staatliche Erlaubnis, die 13
Bezeichnung „Heilpraktiker“ zu führen, wird bei Patienten der Eindruck erweckt, 14
dass der betreffende Behandler tatsächlich des „Heilens“ kundig ist und von der 15
von einem Heilpraktiker vorgenommenen Behandlung tatsächlich „Heilung“ zu 16
erwarten ist. Um die entsprechende Erlaubnis zu erhalten müssen Heilpraktiker 17
aber lediglich eine Prüfung ablegen, die sicherstellen soll, dass von ihren 18
Tätigkeiten keine Gefahren ausgehen. 19
Im Sinne der Patientensicherheit letztendlich ist es geboten, die Erlaubnis zur 20
Bezeichnung als „Heilpraktiker“ mittelfristig auslaufen zu lassen. Um bereits 21
praktizierenden Heilpraktikern nicht ihre Lebensgrundlage zu entziehen, sprechen 22
wir uns insoweit für einen Bestandsschutz aus. 23
Für uns bedeutet ein Auslaufen der Möglichkeit eine Heilpraktikererlaubnis zu 24
erlangen nicht, dass das gegenwärtig bestehende alternativ- und 25
komplementärmedizinische Angebot ersatzlos entfallen muss. 26
Die Ausübung der Heilbehandlung sollte ausschließlich den 27
wissenschaftlich-fundiert ausgebildeten Ärzten und – fachspezifisch beschränkt – 28
den Psycho- und Physiotherapeuten vorbehalten sein. 29
30
Begründung:
erfolgt mündlich
Seite 24
Antrag A005
Betr.: Keimbahneingriffe am menschlichen Embryo
Antragsteller: LFA Gesundheit und Pflege
Keimbahneingriffe am menschlichen Embryo 1
Die FDP fordert einen globalen politischen Diskurs und internationale 2
Empfehlungen durch die WHO über die Gentechnologie am menschlichen 3
Embryo und potenziellen Nutzen in der Medizin. 4
5
Begründung:
erfolgt mündlich
Seite 25
Antrag A007
Betr.: Beitrag zur Ursachenbekämpfung der Migrationskrisen
Antragsteller: Bezirksvorstand FDP Mittelfranken
Die Freien Demokraten in Bayern sind der Überzeugung, dass die Europäische 1
Außenpolitik sich nicht zuletzt an der Unterstützungsleistung des UNHCR 2
abbilden wird. Das bedeutet: Die EU wird in den angrenzenden Ländern, 3
vermutlich sogar auf den Territorien der betroffenen Bürgerkriegsländer selbst, 4
eine menschwürdige Unterbringung gewährleisten müssen. Dazu ist es 5
insbesondere erforderlich, dass die zugesicherten Zahlungsversprechen der 6
Staaten letztendlich auch an das UNHCR tatsächlich gezahlt werden.Die Freien 7
Demokraten in Bayern fordern daher:· Eine Dokumentation der getätigten 8
Zusagen an das UNHCR, die während Geberkonferenzen durch Staaten 9
erfolgen· Die Verpflichtung zur zeitnahen Zahlung der zugesagten Beträge· Eine 10
personelle Aufstockung des FTS[1]· Länder, die Geldleistungen zusagen, dann 11
jedoch endgültig nicht erbringen, in einem öffentlichen Bericht aufzuzählen 12
[1] FTS steht für Financial Tracking Service und ist ein UN eigenes 13
Kontrollsystem, das versprochene und tatsächlich geleistete Hilfszahlungen 14
einander gegenüberstellt 15
16
Begründung:
Der Migrationskrise 2015 ging ein Versagen der Weltgemeinschaft voraus.Die Wirkung des
UNHCR wird seit Jahren dadurch beeinträchtigt, dass die Zuwendungen für seine
Programme deutlich unterhalb der als notwendig veröffentlichten Beträge liegen.So
betrugen die 2014 verfügbaren Mittel 3,6 Milliarden US-Dollar und damit nur 55 % der
erforderlichen Summe. Darunter sind laut UN-Statistik im Jahr 2014 eineinhalb Milliarden
versprochene Dollar nicht gezahlt worden.Anfang November 2015 berichtete António
Guterres, damaliger Hoher Flüchtlingskommissar, vor dem Menschenrechtsausschuss der
Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York, dass die Ressourcen seiner
Organisation sowie des Roten Kreuzes und weiterer Hilfsorganisationen nicht länger
ausreichten, um die 60 Millionen Vertriebenen in aller Welt zu versorgen. Sie reichten nicht
einmal aus, „um das bloße Minimum abzudecken“, um die menschliche Würde zu schützen.
Der Mangel an humanitären Mitteln sei «der Auslöser» für den Massenandrang in Europa
gewesen, so Guterres.
Seite 26
Antrag A008
Betr.: Schulen in das 21. Jahrhundert versetzen – das DALTON-Konzept an deutschen Gymnasien
Antragsteller: Bezirksvorstand FDP Mittelfranken
Schulen in das 21. Jahrhundert versetzen – das DALTON-Konzept an 1
deutschen Gymnasien 2
Die Freien Demokraten in Bayern fordern eine verstärkte Förderung alternativer 3
Schulkonzepte, unter anderem des DALTON-Prinzips, und die Umstellung durch 4
Entscheidung der Schulen unter Mitwirkung der jeweiligen schulischen Gremien. 5
6
Begründung:
Verschiedene Ansprüche einzelner Schüler werden durch klassischen Unterricht nicht
gerecht. Insbesondere im Hinblick auf Selbstständigkeit, Eigenverantwortung,
Zeitmanagement und verbesserten schulischen Leistungen (→ weltbeste Bildung!) bietet
das DALTON-Konzept die bestmögliche und effektivste Vorbereitung auf
Herausforderungen im Alltag im Beruf – denn wie der klassische, lineare „nine-to-five“-Job
nicht mehr die zeitgemäße Arbeitsform repräsentiert, kann das ebenso gestaltete
Schulkonzept Schüler nur unzureichend individuell fördern. Fazit Deutschlandfunk
(http://www.deutschlandfunk.de/lernen-ohne-druck-wie-das-dalton- prinzip-schueler-
motiviert.680.de.html?dram:article_id=409302): „Wer lieber länger schläft, kommt einfach
später zur Schule und wer keine Lust auf Englischunterricht hat, kann den Stoff später
nachholen“ „Die Schüler am Gymnasium in Alsdorf haben zwar viele Freiheiten, sie werden
aber trotzdem sehr genau kontrolliert – sodass Lehrer und Schulleitung auf Probleme
schnell aufmerksam werden und eingreifen können.“ Erfolgreiches Modellprojekt in
Aachen: http://www.daltongymnasium-alsdorf.de/index.php/startseite.html
Seite 27
Antrag A009
Betr.: Schaffung von bezahlbarem Wohnraum
Antragsteller: Bezirksvorstand FDP Mittelfranken
Schaffung von bezahlbarem Wohnraum 1
Um mehr bezahlbaren Wohnraum in Ballungsräumen zu erstellen, fordert die 2
FDP Bayern: 3
Grundsatz der Digitalisierung im Baugenehmigungsverfahren, d.h. nur 4
wenn es erforderlich ist, soll von der Digitalform abgewichen werden; 5
3 monatige Frist für Baugenehmigungen; verstreicht die Frist, gilt das 6
Bauvorhaben als genehmigt;· 7
Maßvolle Begrenzung der Einspruchsfrist für Umweltverbände, um 8
Planungssicherheit des Bauherren zu gewährleisten;· 9
Angleichung der Architektenzulassung in allen Ländern – Einheitliches 10
System: Musterbundesbauordnung, samt einheitlichen Bauanträgen;· 11
Ablehnung eines pauschalen Baukindergeldes· 12
Abschaffung der Grunderwerbssteuer für die erste gekaufte Immobilie 13
Abschaffung der Mietpreisbremse 14
Zulassung von Bürgerinitiativen zur Bauleitplanung überprüfen 15
16
Begründung:
In Deutschlands Ballungsräumen und Universitäts-Städten ist bezahlbarer Wohnraum für
junge Menschen, sowie für einkommensschwächere Familien zu einer großen sozialen
Herausforderung geworden. Wer weniger Geld zur Verfügung hat, wird oftmals an den
Stadtrand gedrängt. Hingegen sind Wohnungen, in gewachsenen Wohnvierteln mit einer
guten Anbindung an Kitas, Schulen oder Universitäten für Menschen mit kleinem und
mittlerem Einkommen, kaum noch bezahlbar. Ein erheblicher Kostentreiber ist dabei der
Staat: Überbordende Bürokratie und altertümliche Prozesse sorgen beim Bürger für
finanzielle wie substanzielle Mehrbelastungen.
Seite 28
Antrag A010
Betr.: Wiederabschaffung des Bayerischen Obersten Landesgerichts
Antragsteller: Bezirksverband Oberbayern, Junge Liberale Bayern
Die Freien Demokraten Bayern fordern, das Bayerische Oberste Landesgericht 1
(BayObLG) wieder abzuschaffen. 2
Dessen Wiedereinführung 2018 diente reinem Folkloredenken; sein geringer 3
Nutzen steht in keinem Verhältnis zu den damit verbundenen Kosten. Vielmehr 4
sollte die Justiz generell mit ausreichenden Mitteln und Richterstellen, besonders 5
bei den Verwaltungsrichtern, gestärkt werden. 6
Wir fordern dementsprechend außerdem, dass die Paragrafen 8 und 10 7
EG-GVG sowie § 7 EG-ZPO, welche das Oberste Landesgericht auf 8
Landesebene zulassen, gestrichen werden. In § 9 EG-GVG und § 121 Abs. 3 9
GVG sollen die Verweise auf ein oberstes Landesgericht gestrichen werden. 10
11
Begründung:
Im Jahr 2004 entschied der Bayerische Landtag, das Bayerische Oberste Landesgericht
zum Jahr 2006 abzuschaffen. Begründet wurde dies damals vor allem mit dem großen
Einsparpotential, das sich auf Grund von weiterlaufenden Richterbzügen erst 2019 (!)
vollkommen realisiert. Der Abgeordnete Markus Söder stimmte damals für die Abschaffung.
Jetzt, 12 Jahre später, möchte Ministerpräsident Markus Söder das Gericht, ohne vorherige
Debatte oder sachlicher Notwendigkeit wiedereinführen.
An der damals von der bayerischen Staatsregierung festgestellten Situation – dass das
Gericht teuer und ineffizient ist – hat sich absolut nichts geändert. Darüber hinaus bringt ein
BayObLG stattdessen sogar Risiken für Rechtssicherheit und die Einheitlichkeit der
Rechtsordnung mit sich.
Im Einzelnen:
In den Jahren vor der Abschaffung hatte das BayObLG in Zivilsachen nur 8-10 Fälle pro
Jahr zu entscheiden. Es rückte in bestimmten Fällen an die Stelle des BGH (§ 8 EG-GVG).
Dabei ist die Anzahl der Fälle so beschränkt, da das BayObLG ausschließlich in Fällen
angerufen werden kann, in denen es primär um Landesrecht geht, was vor allem auf
staatshaftungsrechtliche Fragen zutrifft. Dadurch kann es dennoch zu unterschiedlicher
Auslegung von Rechtsbegriffen in Bayern und im Rest Deutschlands kommen, was Risiken
für Rechtssicherheit und die Einheitlichkeit der Rechtsordnung mit sich bringen. Darüber
hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass die Oberlandesgerichte (OLGs) München, Bamberg
Seite 29
und Nürnberg grundsätzlich anders entscheiden und daher zur Wahrung der Rechtseinheit
in Bayern eine Vereinheitlichung durch ein BayObLG geboten ist, zumal die Richter aus
den bestehenden OLG Senaten rekrutiert werden.
In Strafsachen könnte man auch ohne einen BayObLG die Kompetenzen jetzt schon
einfacher und unbürokratischer an einem OLG bündeln (vgl. § 9 EG-GVG und § 121 Abs.
3 GVG), wenn man denn eben dadurch Senate spezifischer auf einzelne
Verbrechen/Verbrechensarten spezialisieren möchte um damit die Rechtsprechung zu
verbessern bzw. zu vereinheitlichen.
Besonders sinnbefreit ist hier die Zuständigkeitsverteilung des neuen BayObLG. Es wird
Strafsenate in Bamberg und Nürnberg geben. Diese Strafsenate sind für die OLG Bezirke
Bamberg und Nürnberg zuständig (§ 2 Nr. 8 Gesetz zur Errichtung des Bayerischen
Obersten Landesgerichts), das heißt, dass es hier gerade nicht zu einer Vereinheitlichung
der Rechtsprechung kommt, sondern viel mehr bei verschiedenen Zuständigkeiten für die
OLG Bezirke bleibt – bei höheren Richterbezügen. Die Staatsanwaltschaft beim OLG
München nimmt auch die Aufgaben beim BayObLG wahr (§ 2 Nr. 13 Gesetz zur Errichtung
des Bayerischen Obersten Landesgerichts), was auch hier nur verdeutlicht, dass man die
Kompetenzen auch besser auf OLG Ebene hätte bündeln können.
Seit dem 01.02.2019 kamen beim BayObLG auch die Zuständigkeit für das Strafrecht hinzu
– insbesondere Revisionen und Rechtsbeschwerden in Straf- und Bußgeldsachen bei
erstinstanzlicher Zuständigkeit der Amtsgerichte. Für den Bürger wird das BayObLG aber
keinerlei Verbesserung darstellen. Es wird hier unnötig an überteuerten Traditionen
angeknüpft, die einem föderalen, modernen Rechtsstaat entgegenstehen.
Statt unnötig Geld auszugeben fordern wir, dass mehr Geld für eine breitere Ausstattung
der Justiz generell ausgegeben werden soll. Das ist dringend notwendig. Dabei sind aber
die geplanten 300 Stellen für die Justiz der ordentlichen Gerichtsbarkeit und
Verwaltungsgerichte zu wenig. Gerade die darin enthaltenen 100 Stellen für
Verwaltungsgerichte entsprechen nicht dem tatsächlichen Bedarf. Hier könnten die von der
Staatsregierung für das BayObLG eingeplanten Mittel tatsächlich einen wertvollen Beitrag
zur Stärkung des Justizstandortes Bayern leisten.
Seite 30
Antrag A011
Betr.: Wissenschaftsstandort Deutschland stärken – Ausbeutung von Jungwissenschaftlern bekämpfen
Antragsteller: Bezirksverband Oberbayern
Die Freien Demokraten Bayern fordern, dass die Missbrauchsmöglichkeiten 1
öffentlicher und öffentlich finanzierter Institutionen bei der Ausgestaltung der 2
Arbeitsverträge von Doktoranden beschränkt werden. 3
Insbesondere ist sicherzustellen, dass sich die Laufzeit von Arbeitsverträgen von 4
Doktoranden an der tatsächlich für die Dissertation veranschlagten Zeit orientiert. 5
Die bisherige Praxis der anlasslosen Befristung schafft eine übermäßige 6
Abhängigkeit der Doktoranden vom Arbeitgeber. Sie beeinträchtigt das 7
Forschungsvorhaben und ist daher zu beenden. 8
Zu diesem Zweck sind insbesondere die Befristungsmöglichkeiten nach dem 9
Wissenschaftszeitgesetz auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen und die 10
Anwendungspraxis zu evaluieren. Das Gesetz ist abzuschaffen oder jedenfalls 11
stark zu modifizieren. 12
13
Seite 31
Antrag A012
Betr.: Faire Chancen für alle
Antragsteller: Landesvorstand FDP Bayern, Liberale Frauen Bayern, Fraktion der FDP im Landtag, Bayerische Landesgruppe der FDP im Bundestag
Faire Chancen für alle 1
Wir Freie Demokraten stehen für ein Weltbild, das eine optimistische, offene und 2
zukunftsweisende Politik verkörpert. Jeder und Jedem sollen die gleichen 3
Möglichkeiten und Chancen offen stehen – in der Art zu leben, in der Wahl einer 4
Ausbildung, eines Berufs, in der Politik oder eines Ehrenamtes. 5
Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, Chancengerechtigkeit und echte 6
Wahlfreiheiten sind die Ideale, die wir anstreben. Die Gesellschaft hat sich in den letzten 7
Jahrzehnten fundamental gewandelt, mit 8
ihr auch unser Frauenbild. Diese Entwicklung hin zu fairen Chancen für alle, 9
begrüßen wir Freie Demokraten Bayern, denn sie entspricht unseren 10
Vorstellungen von einem selbstbestimmten und freien Leben. Als Partei und als 11
Organisation möchten wir diesen Wandel weiter unterstützen, vorantreiben und 12
vor allem in der FDP Bayern umsetzen und leben. 13
Die Freien Demokraten sind historisch eine Partei, die große Frauen der 14
bayerischen und Bundespolitik hervorgebracht hat. Daran möchten wir 15
anknüpfen. Trotz vieler Fortschritte können wir in unserem Bemühen, allen die 16
gleichen Chancen zu ermöglichen, besser werden. Die Art und Weise, wie 17
Partei- oder Vereinsarbeit zumeist gestaltet ist – ortsgebunden, zu ungünstigen 18
Zeiten und im Hinterzimmer – stellt oft vor allem Familien und insbesondere 19
Mütter vor Probleme. 20
Ob Gesellschaft, Wirtschaft oder Politik – Frauen sind in Führungspositionen 21
unterrepräsentiert. Immer noch haben tradierte Rollenbilder und Stereotype einen 22
nicht zu unterschätzenden Einfluss. Wir Freien Demokraten müssen unserem 23
eigenen liberalen Ideal einer echten Chancengerechtigkeit gerecht werden. 24
Um dies zu erreichen, müssen wir vorgefertigte Ideen von Geschlechterrollen 25
hinterfragen und aufbrechen. Das ist ein Prozess, der von Frauen und Männern 26
gleichermaßen getragen werden muss. Wir wollen die Diskrepanz zwischen 27
formal vorhandenen Rechten und gelebter Realität überwinden. Eine echte 28
Chancengleichheit von Frauen und Männern entsteht da, wo die Kultur des 29
Zusammenarbeitens und -lebens aktiv und bewusst gefördert, vorangetrieben 30
und vorgelebt wird und Familie kein Nachteil ist. Um das zu erreichen, muss 31
daher der gesellschaftliche Prozess weitergeführt werden. Als Teil dieser 32
Gesellschaft, möchte die FDP Bayern eine der treibenden Kräfte für die 33
tatsächliche Chancenfairness zwischen Mann und Frau sein. 34
Seite 32
Doch nicht nur die Rolle der Frau in der Gesellschaft hat sich gewandelt, auch 35
die Art und Weise wie wir leben, arbeiten, Ziele erreichen wollen und das 36
Miteinander organisieren. Längst müssen wir für Treffen und Meetings nicht 37
mehr an einem Ort sein: per Telefon- oder Videokonferenz lassen sich genauso 38
Arbeitstreffen, Sitzungen und Abstimmungen durchführen. Ob Home Office oder 39
mobiles Arbeiten: Konzepte, für die wir uns politisch stark machen und die wir 40
gesellschaftlich fordern, müssen wir uns auch für den Landesverband Bayern 41
und die Parteiarbeit zu Nutze machen. So können wir mehr engagierten und 42
interessierten Mitgliedern Möglichkeiten bieten, auch von zu Hause aus – ohne 43
lange Anfahrtswege, ohne Babysitter, ohne große Hürden – am Parteileben Teil 44
zu nehmen und aktiv mitzuwirken. Wir leben und arbeiten mobiler und digitaler – 45
Parteimitgliedschaft und -arbeit muss es auch werden. Das macht uns nicht nur 46
für Frauen, sondern auch für junge Menschen, für Pendler, für Gründer, aber 47
auch für Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, attraktiver. 48
Es ist Teil unseres Anspruchs, unsere politischen Forderungen für die 49
Gesellschaft auch und vor allem in der eigenen Partei vorzuleben. Daher sind wir 50
gefordert, die Auseinandersetzung mit der eigenen Partei, den eigenen 51
Strukturen und der parteiinternen Kultur aktiv zu betreiben und müssen den Mut 52
aufbringen, neue Wege zu gehen. Faire Chancen für alle und ein 53
zukunftsorientiertes Talentmanagement in der FDP Bayern verlangen von uns 54
allen Einsatz. 55
Der Beschluss des Bundespräsidiums der FDP vom 16. April 2018, eine Ad-hoc 56
Arbeitsgruppe Diversity Management einzusetzen, war der erste Schritt. Der 57
Zwischenbericht der Ad-Hoc Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass durch 58
Vielfalt ein größerer Erfolg, eine höhere Agilität und eine gesteigerte Innovation 59
erreicht werden können. Aber diese Vielfalt kann nicht verordnet werden, 60
sondern muss gelebt werden. Diese Kultur muss von den Führungsgremien der 61
Partei angestoßen werden und braucht sichtbare Vorbilder. Um für neue, 62
jüngere und weibliche Mitglieder attraktiv zu sein, müssen wir handeln. Wir 63
wollen und werden in der FDP Bayern und in den Untergliederungen die 64
Erkenntnisse, die wir gewonnen haben, mit unserem liberalen Ideal füllen und 65
leben. Alle Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sowie Personen in 66
Führungspositionen kommt dabei eine besondere Vorbildrolle und Verantwortung 67
zu. 68
Die FDP Bayern hat einen hervorragenden Zuwachs von 52% an neuen 69
Mitglieder in den letzten beiden Jahren, bedauerlicherweise darunter mit 18,2% 70
nur wenig Frauen. Wir müssen reagieren und unser wertvolles Potential 71
weiblicher Politik- und Führungsqualitäten heben. In der Wirtschaft setzt man 72
bewusst auf gemischte Teams, da so andere Denk- und Problemlösungsansätze 73
stärker aufgegriffen werden und diese besser und erfolgreicher 74
zusammenarbeiten. Wollen wir dauerhaft Erfolg haben, müssen wir von allen 75
Geschlechtern gleichermaßen geschätzt, gewählt und mitgestaltet werden. 76
Um das, was wir in der Gesellschaft fordern und was unseren liberalen Idealen 77
entspricht, zu erreichen, werden wir im Landesverband Bayern ein 78
Seite 33
Drei-Säulen-Modell einführen. Unser zukünftiger Erfolg und die gelebte 79
Chancenfairness in unserer Partei ruht auf den folgenden drei Säulen:Sichtbarkeit, 80
Neumitglieder und Parteikultur. 81
Sichtbarkeit 82
Wir wollen die Sichtbarkeit von Frauen in der Partei, aber auch in der 83
Öffentlichkeit erhöhen. Für neue Mitglieder ist es attraktiv, wenn sich in den 84
Strukturen einer Partei, ein modernes, zukunftsgerichtetes Rollenbild 85
widerspiegelt, das Chancen für Frauen und Männer eröffnet. 86
Neumitglieder 87
Unser Ziel ist es, den Anteil an weiblichen Mitgliedern deutlich zu steigern. 88
Erreichen wollen wir dies durch mehr Empathie in Sprache und 89
Öffentlichkeitsarbeit, einer Stärkung der kommunalen Ebene, gezieltem 90
Netzwerken und Talentförderung nach außen und innen sowie neuen Formaten 91
bei Veranstaltungen. Auch Themenfelder, die in der Öffentlichkeit nicht 92
automatisch der FDP zugeschrieben werden, wie eine moderne Familienpolitik 93
oder eine zukunftsweisende Umweltpolitik, spielen hierbei eine wichtige Rolle. 94
Parteikultur 95
Wir leben eine Kultur des respektvollen Miteinanders, in der sich alle auf 96
Augenhöhe begegnen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, 97
Behinderung, Religion oder sexueller Orientierung. Wir arbeiten an einer noch 98
besseren Diskussionskultur, die kein Mitglied hemmt und alle einbindet. Freiheit 99
heißt für uns Freie Demokraten, die Freiheit der anderen zu achten. Doch 100
manchmal sind sich Personen nicht bewusst, dass sie sich in einer Art und 101
Weise äußern, die andere diskriminiert und verletzt. Wir Freie Demokraten 102
lassen so etwas nicht stehen, klären das Verhalten auf und korrigieren unser 103
Fehlverhalten. 104
Um unsere Ideale und unser Ziel der fairen Chancen für alle zu erreichen, 105
verpflichten wir uns zu folgenden Maßnahmen: 106
107
Unsere Parteikultur wird durch eine Null-Toleranz-Politik bei abfälliger, 108
diskriminierender oder frauenverachtender Sprache oder Verhaltens 109
geprägt. Freie Demokraten dulden ein solches Verhalten nicht. Bei 110
Veranstaltungen ist das Hausrecht konsequent anzuwenden. 111
Wir benennen umgehend auf allen Ebenen, mindestens aber auf 112
Landes- und Bezirksebene, weibliche und männliche 113
Vertrauenspersonen, an die sich jedes Mitglied, das aus welchem Grund 114
auch immer, Probleme innerhalb der Partei hat und/oder sich nicht wohl 115
fühlt, wenden kann. 116
Genauso, wie wir uns für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf 117
einsetzen, wollen wir das auch in der Parteiarbeit erreichen. Wir wollen 118
Seite 34
Videokonferenzsysteme sowie, Streaming, Kinderbetreuung bei 119
Veranstaltungen auf Landes- und Bezirksebene und geben uns Regeln für 120
ein gutes Sitzungsmanagement. 121
Wir setzen uns das Ziel die Anzahl der Funktionsträgerinnen auf 122
Bezirks- und Landesebene auf mindestens ein Drittel innerhalb der 123
nächsten zwei Jahre zu erhöhen. Die FDP Bayern möchte so die 124
Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen innerhalb der Partei und 125
auch in der Öffentlichkeit steigern. 126
Unser Ziel ist es, mindestens ein Drittel der Listenplätze mit Frauen zu 127
besetzen. Erreichen wollen wir dies zum Beispiel durch Talentmanagement 128
in Partei und unserem liberalen Umfeld, eine gezielte Ansprache und 129
Präsenz von Frauen und Netzwerken innerhalb der Partei. 130
Alternative 1: 131
132
Zu Bundestags-, Landtags- und Bezirkstagswahlen wollen wir künftig die ersten 133
beiden Listenplätze mit einem Mann und einer Frau oder einer Frau und 134
einem Mann besetzen. Wir empfehlen dieses Vorgehen auch für die Listen der 135
Kommunalwahl. Dadurch schaffen wir mehr Ausgewogenheit bei den Mandaten 136
und dokumentieren auch gegenüber den Wählern, dass Frauen und Männer bei 137
uns gleichwertig repräsentiert sind. 138
Alternativ 2: 139
140
Zu Bundestags-, Landtags-, Bezirkstags- sowie Kommunalwahlen wollen wir 141
künftig die ersten beiden Listenplätze mit einem Mann und einer Frau oder 142
einer Frau und einem Mann besetzen. Dadurch schaffen wir mehr 143
Ausgewogenheit bei den Mandaten und dokumentieren auch gegenüber den 144
Wählern, dass Frauen und Männer bei uns gleichwertig repräsentiert sind. 145
Ebenso wollen wir bis 2023 1000 neue weibliche Mitglieder gewinnen. Wir 146
erarbeiten dazu mit allen Kreis- und Bezirksverbänden Zielvereinbarungen, deren 147
Erreichen honoriert wird. Dieses bewusst ambitioniert gesteckte Ziel kann die 148
FDP Bayern nur erreichen, wenn sich alle Parteigliederungen, Funktions- und 149
Mandatsträger & Mandatsträgerinnen das 3-Säulen-Modell zu eigen machen und 150
es vorleben. 151
Bis 2023 wollen wir der Landesverband innerhalb der FDP mit dem höchsten 152
Anteil an weiblichen Mitgliedern sein. 153
Für diese Ziele müssen wir alle hart arbeiten und unser Engagement noch weiter 154
erhöhen. Direkte und gezielte Ansprache ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Die 155
einzelnen Untergliederungen werden mit einem System von Unterstützunginhaltlicher Art 156
(z.B. durch Themenpapiere, Marketingkampagnen, (Leadership-) 157
Schulungen und einem Anreizsystem durch extra Förderungen durch den 158
Landesverband bei dieser Aufgabe unterstützt. 159
Seite 35
Unser Ziel ist, in jedem Kreis- und Bezirksverband und dem Landesverband eine 160
nach Möglichkeit weibliche Beauftragte zur Förderung von Frauen in der 161
Politik zu benennen, der oder die sich mit den weiblichen Mitgliedern Strategien 162
zur besseren Einbindung überlegt, die besonderen Möglichkeiten in der Partei für 163
Frauen aufzeigt und bei den ersten politischen Schritten berät. 164
Wir fordern die Mandatsträger und Mandtsträgerinnen der FDP Bayern auf, ein 165
Mentoringprogramm für Frauen aufzuetzen, in dem Mandatsträger für einen 166
bestimmten Zeitraum als Mentor fungieren und zum Beispiel zu Veranstaltungen 167
mitnehmen, Strukturen und Hintergründe erklären und so weibliche Mitglieder auf 168
eine Kandidatur für ein Mandat oder eine Funktion vorbereiten. 169
Wir setzen unsere Neumitgliederseminare auf Landesebene fort, in denen 170
Abläufe, Verfahrensweisen, Parteitage, Rederechte, Antragsformulierung, 171
Satzung und ähnliches erläutert werden. So kann neuen Mitgliedern der Einstieg 172
in die Struktur der Partei und des Landesverbandes Bayern erleichtert werden 173
und sie können sich vernetzen. 174
Mit dem üblichen Willkommenspaketen für Neumitglieder erhalten weibliche 175
Neumitglieder ein besonderes Infopaket, in denen sie darauf hingewiesen 176
werden, wie sie ihre Belange einbringen können, welche 177
Vernetzungsmöglichkeiten sie haben (z.B. Liberale Frauen), wer die 178
Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen sind, dass ihre Mitarbeit in den 179
Parteigremien (z.B. Kreisvorständen) willkommen ist und die Bereitschaft von 180
Frauen, Delegiertenmandate zu übernehmen, für eine ausgewogene 181
Meinungsbildung zur Programmatik wichtig ist. 182
Wir starten diesen gesamten Prozess im Landesverband Bayern und den 183
Untergliederungen in den kommenden Monaten. Die Mitglieder in den Verbänden 184
sollen für den Kulturwandel und die damit verbundenen Hintergründe und 185
Maßnahmen sensibilisiert werden. Wir kontrollieren und evaluieren regelmäßig 186
den Erfolg unserer Drei-Säulen-Strategie und präsentieren dem Landesparteitag 187
die Ergebnisse und passen bei Bedarf unsere Strategie an. 188
189
190
Begründung:
Erfolgt mündlich
Seite 36
Antrag A013
Betr.: Freiheit, Perspektive und Selbstbestimmung – Liberale Grundsätze und Forderungen für eine digitalisierte Lebenswelt
Antragsteller: LFA Wirtschaft, Technologie und Energie (verwiesen vom 77. Landesparteitag)
Der Landesparteitag möge beschliessen: 1
Innovationen der Digitalisierung verändern die Lebens- und Arbeitsbedingungen 2
für die Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft in bisher ungekannter Weise. 3
Traditionelle Geschäftsmodelle verschwinden und werden durch neue ersetzt - 4
und mit Ihnen auch gewachsene Wohlstandsmodelle, Verhaltensregeln, Sitten 5
und Gebräuche (Kultur). 6
Die Veränderungen sind allumfassend und für den Einzelnen nicht wirklich 7
übersehbar/vorhersehbar – als Beispiel sei hier der mögliche Wegfall/Ersatz von 8
Bargeld durch Blockchain-Technologien genannt. 9
So stellen die Kapitalkonzentrationen global agierender Internetkonzerne aus 10
dem Silicon Valley und China eine bisher beispiellose Konzentration 11
wirtschaftlicher Macht dar, die einerseits innovationsfördernd und im Sinne 12
gesellschaftlichen Fortschritts eingesetzt werden kann; andererseits aber auch 13
destruktive Kräfte wie Wettbewerbsverzerrung, Preisverzerrungen und 14
Behinderung von Innovationen entfalten und demokratiegefährdend wirken kann. 15
Diese wirtschaftliche Macht verbindet sich mit einer umfassenden 16
Kommerzialisierung persönlicher Daten des Bürgers durch digitale Dienste, die 17
missbräuchlich genutzt werden kann. 18
Der Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch Automatisierung und künstliche 19
Intelligenz hat Auswirkungen auf den Grundmechanismus der heutigen 20
Gesellschaftsstruktur, der auf Wohlstand durch sozialversicherungspflichtige 21
Arbeit aus dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen bzw. in diesem Sinne auf 22
vergleichbarer selbständiger, unternehmerischer Tätigkeit basiert.In diesem 23
gesellschaftlichen Umwälzungsprozess wollen wir Liberale grundsätzliche 24
Positionen bestimmen und (ethische) Grundsätze formulieren, die als Leitlinien 25
unserer Politik für die Bereiche Demokratie, Grundrechte, Wirtschaft und digitale 26
Lebenswelt dienen sollen. 27
I. Demokratie und Digitalisierung 28
Die große Chance der Digitalisierung für die demokratische Ordnung liegt in der 29
Verfügbarkeit der für Politik relevanten Informationen und Kommunikationsarten. 30
Das stärkt Transparenz und Kontrolle politischer Entscheidungen. Interaktive 31
Medien erhöhen die Chancen zur wirksamen Partizipation der Bürger. 32
Seite 37
Die heutigen digitalen Kommunikationstechnologien machen es möglich, 33
öffentliche Institutionen zur Bereitstellung von Informationen mit vertretbarem 34
Aufwand und zu vertretbaren Kosten zu verpflichten. Eine solche Realisierung 35
dieser Möglichkeit bewirkt einen großen Fortschritt für die informierte öffentliche 36
Debatte auf Augenhöhe. 37
Diesen Chancen stehen auch Risiken gegenüber. So hat sich noch längst nicht in 38
ausreichendem Maße eine Ethik digitaler Debatten und Zusammenarbeit 39
durchgesetzt. Emotionale Hass-Pöbeleien im Netz sind ein abschreckendes 40
Beispiel. Es geht um grundlegende Elemente des liberalen Menschenbildes auch 41
im digitalen Zeitalter: Respekt vor anderen Meinungen, Schutz von Privatheit 42
sowie das Recht auf digitale Abstinenz. 43
Deshalb fordern wir Liberale: 44
· Ein Transparenzgesetz: Hierdurch sollen staatliche und kommunale 45
Bürokratien verpflichtet werden, den Zugang der Bürger zu öffentlichen 46
Daten und Akten über vernetzte Internetportale und einfach zu erstellende 47
Suchanfragen zu erleichtern. Die strikte Einhaltung von Datenschutzregeln 48
bezüglich Personen, Institutionen und Unternehmen ist für Liberale eine 49
Selbstverständlichkeit. 50
· Ein Partizipationsgesetz: Nach dem Vorbild der Methode „Bürgerhaushalt“ 51
sollen digitale Mitwirkungsmöglichkeiten bei politischen Fragen auch auf 52
Länder- und Bundesebene geschaffen werden. Die Chancen einer frühen 53
Mitwirkung der Öffentlichkeit über die bisherige Verbandsbeteiligung hinaus 54
auch an der Gesetzgebung sind zu nutzen. Gesetzentwürfe sollten schon 55
vor der Beschlussfassung durch die Bundes- und Landesregierungen auf 56
digitalen Plattformen präsentiert und einer moderierten Diskussion 57
zugänglich gemacht werden. 58
· Einen Online-Diskurs: Gewählte Vertreter sollen interaktive Medien zur 59
breiten Teilnahme von Bürgern an politischen Debatten nutzen. Dadurch soll 60
die Entwicklung neuer Formen der politischen Diskussion jenseits stark 61
formalisierter Parlamentsdebatten gefördert werden. Ein Einstieg in dieses 62
Zusammenspiel von Meinungsbildung und Mitwirkung der Bürger sowie 63
Stärkung des Parlaments kann das „Bürger-Plenarverfahren“ sein. 64
· Online-Abstimmung ermöglichen: Entwicklung sicherer Technologien für 65
den behutsamen Einbau von Elementen direkter Demokratie 66
(„Volksbefragung“) in unsere Verfassungsordnung. 67
· Staatliche Verantwortung für die Sicherung digitaler Infrastruktur – 68
insbesondere im Katastrophenfall. 69
· Ein Bundesministerium für Digitalisierung zur Wahrnehmung staatlicher 70
Verantwortung für die Steuerung und Koordination von Aufgaben, die sich 71
aus der Digitalisierung in Staat und Gesellschaft, auch der Wirtschaft 72
ergeben – soweit staatliches Handeln in diesem Zusammenhang 73
Seite 38
erforderlich ist. Zugleich sollte das Digitalisierungsministerium als 74
Koordinator zu den Entscheidungsträgern auf EU-Ebene dienen und sich 75
aktiv an der Entwicklung europäischer Digitalisierungsstrategien beteiligen. 76
Dazu gehört z.B. die Entwicklung einer europäischen 77
IT-Sicherheitsarchitektur. 78
Wir Liberale lehnen die Ersetzung unserer demokratischen Ordnung durch das 79
Politikmodell der „Liquid Democracy“ ab, das Partizipation in Permanenz digital 80
organisieren soll. 81
Völlig inakzeptabel ist für uns auch das demokratiefeindliche Herrschaftsmodell 82
einer „Digitalen Technokratie“ („direkte Technokratie“): ein Informationsstaat, der 83
mit Echtzeit-Daten gefüttert wird und in Algorithmen darauf reagiert. Wir wollen 84
gerade nicht einen „Staat“, der wie ein Unternehmen, z.B. eine 85
Aktiengesellschaft, geführt wird. 86
II. Grundrechte und Digitalisierung 87
Die Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eines 88
Menschen ist wesentlicher Teil seiner grundrechtlich geschützten Persönlichkeit 89
und Selbstbestimmung. Sie darf nicht durch staatliche Stellen oder private 90
Unternehmen ausgehöhlt, untergraben oder eingeschränkt werden. Die 91
Entwicklung zu einem „gläsernen Bürger“ führt in Unfreiheit, Abhängigkeit und 92
Unmündigkeit. 93
Das gleiche gilt für die Bestimmungen über die in digitalisierter Form 94
vorhandenen persönlichen Daten. Deshalb sind die Speicherung und Weitergabe 95
personenbezogener Daten weltweit strengen Regeln zu unterwerfen und diese 96
zu überwachen. Wir Freie Demokraten wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger 97
Verfügungsgewalt über auf ihre Person bezogene Daten haben. Niemand soll sie 98
gegen deren Willen nutzen können. Dazu braucht es Transparenz: Jeder muss 99
wissen, wer, wann und warum personenbezogene Daten speichert und darauf 100
zugreift. Wer entschieden hat, staatlichen oder privaten Stellen Zugriff auf sie zu 101
geben, muss auch weiterhin die Kontrolle behalten. Es muss überprüfbar sein, ob 102
sich die Nutzer an die rechtlichen Rahmenbedingungen halten. 103
Deshalb fordern wir: 104
· Digitalisierung darf die Grundrechte auf Privatsphäre und 105
Selbstbestimmung nicht gefährden. 106
Einem Nutzer wird an von ihm erzeugten Daten die alleinige Verfügungsgewalt 107
zugewiesen. Dies bedeutet, dass die auch in der Erläuterung zur obigen These 108
angesprochenen Gefährdungen leichter und eindeutiger abgewehrt werden 109
können. Schließlich kann damit privaten Internetkonzernen wirksam begegnet 110
werden, private Daten unbegrenzt und einschränkungslos zu sammeln und zu 111
vermarkten. Daher fordern wir: 112
· Über die von einem Menschen durch Nutzung einer technischen 113
Anwendung erzeugten Daten muss ihm Verfügungsgewalt zustehen; nicht 114
Seite 39
dem Erbauer, Verkäufer, Vermieter oder Betreiber oder einer sonstigen 115
Mittelsperson bei der Verwendung der technischen Anwendung/des 116
Gerätes/des Dienstes. 117
Jeder Mensch hat außerdem grundsätzlich Anspruch auf Löschung sowie 118
digitalen Nachlass und auf einen „virtuellen Tod“. 119
Der Staat hat aufgrund seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge darüber zu wachen, 120
dass die Teilhabe an digitalen Strukturen und Diensten der Information und 121
Kommunikation diskriminierungsfrei möglich ist. Diese Verpflichtung hat ihre 122
Grundlage in zahlreichen Wertungen des Grundgesetzes. Die Grundversorgung 123
folgt aus dem Gebot der einheitlichen Lebensverhältnisse auf dem Gebiet der 124
Bundesrepublik Deutschland. Damit ist auch die Verpflichtung verbunden, die 125
Integrität und Sicherheit der Strukturen digitaler Information und Kommunikation 126
gegen Angriffe, Notfälle und Krisen sicherzustellen. Daher fordern wir: 127
· Die bundesweite, gleichwertige Verfügbarkeit digitaler Information und 128
Kommunikation ist Teil staatlicher Daseinsvorsorge. 129
Staatliche Leistungen und politische Teilhabe müssen auch für Menschen 130
offenstehen, die digitale Strukturen nicht nutzen wollen oder können. Dies folgt 131
aus dem Grundrecht auf Gleichbehandlung. 132
Daher fordern wir: 133
· Die zunehmende Bedeutung und Verbreitung digitaler Strukturen zur 134
Information und Kommunikation darf nicht zu Diskriminierung führen. Es 135
darf keinen Zwang für Privatpersonen geben, digitale Strukturen zu nutzen. 136
Die Voraussetzungen für die Ausübung der Meinungsfreiheit in einer 137
freiheitlichen Gesellschaft sind auch von Anbietern und Nutzern digitaler 138
Strukturen und Dienste der Information und Kommunikation einzuhalten. Diese 139
Voraussetzungen sind insbesondere: 140
- Die Verletzung der individuellen Ehre (Beleidigung, üble Nachrede, 141
Verleumdung, Verunglimpfung) sowie Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung 142
sind gegen Strafe verboten. 143
- Verfolgung dieser Straftaten durch geeignete Maßnahmen wie die sachgerechte 144
Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden zur Durchsetzung des Rechts auch im 145
Netz 146
- Vielfalt der Meinungen durch einen funktionierenden Wettbewerb der Anbieter 147
- Verbindliche Standards für die Qualität professioneller Beiträge und 148
Selbstkontrolle 149
- Bildung eines kritischen und gereiften Umgangs mit digitalen Informations- und 150
Kommunikationsformen spätestens in der Schule. 151
Daher fordern wir: 152
Seite 40
· Die Voraussetzungen für die Meinungsfreiheit in einer freiheitlichen 153
Gesellschaft und ihre individuelle Ausübung sind auch im Bereich der 154
elektronischen Medien sicherzustellen. 155
Durch die Digitalisierung werden zunehmend Entscheidungen auf Maschinen und 156
automatisierte Systeme übertragen. Daraus folgt, dass maschinenbasierte 157
Entscheidungen in Grundrechte eingreifen können. Eingriffe in Grundrechte nach 158
unserem Grundgesetz dürfen nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen. 159
Hoheitliche Entscheidungen, die maschinenbasiert sind, müssen von Menschen 160
überprüft werden. Das Gleiche muss auch für Leistungen von Privaten gelten, 161
die monopolistische Strukturen besitzen und wesentliche Entscheidungen treffen. 162
Daher fordern wir: 163
· Maschinenbasierte Entscheidungen müssen von Menschen überprüft 164
werden können, wenn dies verlangt wird. Diese Überprüfung soll neben den 165
vorhandenen Rechtsschutz treten. Daher darf es auch keine automatisierten 166
Gerichtsentscheidungen geben. 167
Maschinenbasierte Entscheidungen müssen letztendlich von einem 168
Menschen verantwortet werden. 169
III.Soziale Marktwirtschaft und Digitalisierung 170
III.1 Grundsätze einer „digitalisierten SMW“ 171
Durch die Digitalisierung steht die Soziale Marktwirtschaft (SMW) im massiven 172
Umbruch. Dies eröffnet Chancen, birgt aber auch die Gefahr, dass konstitutive 173
Grundsätze der SMW dabei verloren gehen. Global agierende Internetkonzerne 174
entziehen sich oft den gesetzlichen Regelungen und ethischen Spielregeln in 175
unserem Gesellschafts- und Rechtssystem. Auch in der digitalen Welt führen 176
Monopole zu ungezügelter Machtausübung; ist fehlender Wettbewerb auch in 177
einer digitalisierten Wirtschaft schädlich. 178
Die Akkumulation von Technologieführerschaft, Daten und Kapital führt zu 179
Machtmonopolen, deren globale Aktivitäten mangels Transparenz und politischen 180
Willens schwierig zu kontrollieren sind. Rechenzentren, SW-Algorithmen und 181
Kommunikationsnetze bilden einerseits Instrumente neuen wirtschaftlichen 182
Wachstums in Produkten und Diensten, andererseits aber werden sie auch 183
selbst zum Mittel für (Industrie-)Spionage und Machtmissbrauch. Sie bilden das 184
Rückgrat globaler Wertschöpfungsketten und sind gleichzeitig das Tor zu deren 185
Zerstörung. 186
Ein besonderes Problem bildet die mangelnde Markttransparenz. Preisbildung ist 187
nur vordergründig transparent; die Struktur der Daten aber und die 188
Vernetzungsmethoden sind es nicht, auch die Vertragskonditionen sind 189
intransparent. Dadurch entsteht informationelle Fremdbestimmung. 190
Präventive Sozialtechnik (Nudging) bedroht datenbasiert das Menschenbild der 191
Aufklärung vom mündigen Menschen durch Fremdbestimmung. Social 192
Engineering als totale Daseinsvorsorge lehnen wir ab. Umfassende Betreuung 193
Seite 41
durch Smart-City, Smart-Mobile, Smart-Phone, Smart-Home, Smart-Learning 194
machen eigene Entscheidungen zunehmend überflüssig. Subtile digitale Sensorik 195
ersetzt das Denken und perfektioniert die Außensteuerung. All diese Technik ist 196
praktisch, man muss sich aber immer bewusst sein, dass hinter jedem dieser 197
Geschäftsmodelle handfeste Interessen stecken. Die müssen sich auf dem Markt 198
abbilden, sie müssen sichtbar sein, damit man lernen kann, mit ihnen 199
umzugehen. 200
Bestehende Regeln der SMW sind daher zu erhalten, soweit sie schützenswert 201
sind; neue Regeln sind zu formulieren, soweit dies erforderlich ist, und 202
Instrumente sind bereitzustellen, um deren Geltung durchzusetzen, national, 203
europaweit und global. 204
Wir Liberale fordern eine digitale Ordnungspolitik im Regelwerk der 205
Sozialen Marktwirtschaft: 206
· Im Rahmen der Digitalisierung müssen die Grundsätze der Sozialen 207
Marktwirtschaft zu Wettbewerb, Eigentum und Haftung unter Einbeziehung 208
externer Effekte („social cost“) aufrechterhalten, ergänzt und ausgebaut 209
werden 210
· Kontrolle digitaler Monopole und Oligopole ist durch Anpassungen 211
entsprechender Regelungen im deutschen und europäischen Kartellrecht 212
und durch internationales Vorgehen sicherzustellen. 213
· Global Player der Digitalisierung dürfen unsere Rechtsordnung nicht 214
unterlaufen. 215
· Eine Pflicht zur Publizität für die Verfahren zum Angebotsranking bei 216
Plattformen sowie eine Pflicht zum Daten-Sharing bei marktbeherrschender 217
Stellung ist zwingend. 218
III.2 Arbeitsformen in einer „digitalisierten“ SMW 219
Im Gegensatz zu klassischen, auf dauerhafte Beschäftigung ausgelegten 220
Arbeitsverhältnissen forciert die Digitalisierung sogenannte „freie“ 221
Beschäftigungsverhältnisse, in denen der Einzelne, einem Unternehmer ähnlich, 222
auf Zeit bzw. nach Aufgaben oder Verrichtungen (Projekten) entlohnt wird. Dies 223
kann auf der einen Seite zu größerer persönlicher Freiheit im Sinne von 224
Work-Life-Balance führen, auf anderer Seite aber auch zu sinkendem 225
Einkommen und einem Verlust an Sicherheit. 226
Diese Auswirkungen werden systematisch verschärft durch globale 227
Arbeitsmarktplattformen, die den einzelnen Arbeitnehmer („Leistungsanbieter“) 228
nicht nur dem Wettbewerb im lokalen Markt aussetzt, sondern der globalen 229
Arbeitsnachfrage aus unterschiedlichsten Märkten mit sehr unterschiedlichen 230
Kostenstrukturen. 231
Ein weiteres Spannungsfeld kann durch zunehmenden Wettbewerb zwischen 232
menschlicher Arbeit und Maschinenarbeit (Automatisierung) entstehen. Soweit 233
Seite 42
die Digitalisierung zum Verschwinden auch bisher hoch qualifizierter Berufe führt, 234
führt dies voraussichtlich zu einer Neubewertung der Erwerbsarbeit. 235
Sollten rückläufige Einnahmen aus sozialversicherungspflichtigen 236
Beschäftigungsverhältnissen entstehen, müssten diese kompensiert werden – 237
z.B. durch das liberale Bürgergeld, wenn das Niveau der sozialen Sicherung 238
erhalten bleiben soll. Für den Industriestandort Deutschland ist der Erhalt der 239
Einkommens- und Sozialversicherungsniveaus existentiell bzw. müsste zur 240
Erhöhung des Wohlstandes weiter sinnvoll steigen. 241
Daher fordern wir: 242
· Der Wandel der Arbeitsverhältnisse ist Funktion des freien Marktes und 243
Bestandteil von Fortschritt. Er darf durch übermäßige Regulierung nicht 244
behindert werden. 245
· Die Beitragssysteme hinsichtlich „Digitaler Arbeit“ und Maschinenarbeit 246
müssen jedoch den heutigen Beitragssystemen äquivalent gestaltet werden, 247
um den Erhalt der sozialen Absicherung als Bestandteil der SMW zu 248
gewährleisten. 249
· Soziale Sicherung soll hergestellt werden durch das liberale Bürgergeld 250
III.3 Datennutzung in einer digitalisierten SMW 251
Durch die systematische Nutzung von Daten entstehen bisher ungeahnte 252
Möglichkeiten innovativen Fortschritts in allen Bereichen der Gesellschaft – vom 253
Gesundheitswesen über die Landwirtschaft bis hin zum Verkehr, um nur einige 254
Beispiele zu nennen. Daten sind das neue Öl in einer digitalisierten Gesellschaft. 255
Die Vertraulichkeit persönlicher Daten bzw. die auf eine Person und deren 256
Verhalten bezogenen Daten sind nach liberaler Auffassung aber auch 257
wesentlicher Bestandteil der Würde und des Persönlichkeitsrechts einer Person. 258
Daher sind der kommerziellen Verwertung solcher sensiblen Daten Grenzen zu 259
setzen, wenn und insoweit die Würde und persönliche Integrität eines Menschen 260
(Arbeitnehmers, Verbrauchers) durch Verarbeitung seiner Daten angegriffen und 261
verletzt wird. 262
Die wirtschaftliche Verwertung von Daten findet Grenzen im Schutz von Daten 263
(z.B. über Personen oder Unternehmen) einerseits und im Schutz ihrer Integrität vor 264
Manipulation (z.B. durch Following, Software-Bots, AGBs etc.) andererseits. 265
Daher fordern wir auf EU-Ebene: 266
· Rechtliche und regulatorische Bestimmungen für die Erhebung und 267
Nutzung von Daten sind so zu fassen, dass Innovationen in diesem Bereich 268
nicht behindert, aber mit einem klaren Verantwortungs- und Haftungsprinzip 269
verbunden sind. 270
Erforderlich wird ein Transparenzprinzip für die Erhebung, Nutzung und 271
Verwendung von Daten. Dazu gehören z.B. die Erläuterung von 272
Seite 43
Bewertungskriterien („digitaler Beipackzettel“) und die Zugänglichmachung 273
wissenschaftlicher Ergebnisse. 274
Für Rechtsstreitigkeiten bei Verdacht auf Datenmissbrauch soll die Pflicht 275
zur Dokumentation der Verarbeitung verstärkt werden. 276
III.4 Verantwortungsprinzip in einer „digitalisierten“ SMW 277
Die Digitalisierung führt in ihrer Fortentwicklung zu immer autonomeren, auch 278
lernenden Systemen – 279
Beispiel künstliche Intelligenz (KI). So können z.B. Verträge oder staatliche 280
Verordnungen zukünftig durch autonome Systeme geschlossen bzw. veranlasst 281
werden, ohne dass ein Mensch direkt in diese Prozesse eingreift. 282
Durch solche „autonom“ geschlossenen Verträge können Unternehmen und 283
Personen enorme Verpflichtungen, Konsequenzen oder Einschränkungen 284
erwachsen. 285
Daher fordert die FDP: 286
· Verantwortungsträger können sich zwar durch ein KI-System beraten 287
lassen oder an diese bestimmte Aufgaben delegieren. Die rechtliche und 288
ethische Verantwortung verbleibt aber immer bei einem Menschen. Dieser 289
ist formal auch der Kommunikationspartner für die betroffenen Institutionen 290
bzw. Individuen. Kommunikative Beziehungen dürfen nicht endgültig an ein 291
System, einen „Algorithmus“, abgegeben werden. 292
· Aus liberaler Sicht darf kein Verantwortlicher eines Unternehmens oder 293
einer Organisation, speziell des Staates, sich der Verantwortung für eine 294
Entscheidung mit individueller Konsequenz durch Verweis auf ein autonom 295
arbeitendes System entziehen. Verantwortung und Haftung für die 296
Entscheidungen autonomer Systeme verbleiben in der rechtlichen Sphäre 297
desjenigen, der diese Systeme betreibt oder in dessen Auftrag diese 298
Systeme betrieben werden. 299
· Verantwortung und Haftung sind auch in einer digitalisierten SMW nicht 300
zugunsten von Maschinen abdingbar. 301
IV.Digitale Lebenswelt 302
Die Digitalisierung wird in immer mehr Lebensbereichen persönlich erfahrbar und 303
ist nicht länger als abstrakte technische Errungenschaft zu sehen. Sie erfordert 304
im bürgerlichen Miteinander eine verantwortungsbewusste gesellschaftliche 305
Einbettung. Unabhängig von der persönlichen Einbindung des Einzelnen wandelt 306
sich die Lebenswirklichkeit durch eine Wissensvermehrung, wie sie durch den 307
Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik möglich geworden ist. 308
Menschen haben in nie zuvor gekannten Umfang Zugang zu Wissen, das für 309
die eigene Lebensgestaltung nutzbar ist. 310
Seite 44
Als vernunftbegabtes Lebewesen nutzt der Mensch Wissen zur Urteilsbildung 311
und Entwicklung. Wissensvorsprünge wie ehemals Herrschaftswissen stehen 312
heute neben Alltagsbeschreibungen und Medienerzeugnissen scheinbar 313
gleichwertig nebeneinander. Allein der Mensch weiß Wesentliches von 314
Unwesentlichen zu unterscheiden. Emotionale Intelligenz und praktische 315
Tugenden wie Weisheit und Klugheit verhelfen dem Einzelnen sein subjektives 316
Erleben in phänomenologische Wahrnehmung einzubetten. Über die 317
körpergebundene Präsenz hinaus ist der Mensch seinen Bedürfnissen folgend 318
frei, sich in sozialen Netzwerken und Spielen virtuell einzubringen. Die 319
Befähigung zu Empathie und Phantasie lassen den Einzelnen so über die 320
Einschränkungen des Alltags unabhängig agieren. 321
All dies verändert nicht nur die Perspektiven des Einzelnen, sondern auch die 322
unserer Gesellschaft. 323
Daher fordern wir: 324
· Der Zugang zu Wissen ist auch in der digitalen Lebenswelt ein 325
Menschenrecht 326
· Das grundsätzliche Recht auf freien Zugang schließt die 327
Eigenverantwortung des Einzelnen mit ein: Jeder ist für sein 328
Nutzerverhalten selbst verantwortlich. 329
Im Rahmen der Digitalisierung verfügt der Einzelne unabhängig von 330
Bildungsabschlüssen, sozialer Herkunft, persönlicher Arbeits- und Freizeit über 331
vielfältige, transnationale Möglichkeiten des e-Learnings zur Weiterbildung und 332
-Qualifikation und damit über einen Zugang zu lebenslangem Lernen. Je 333
sicherer digitale Angebote vom Einzelnen erlebt werden, desto grösser ist die 334
Bereitschaft, diese zu nutzen 335
Besonders schützenswert sind in unserer Gesellschaft die Kinder. Durch den 336
möglichen Mißbrauch des Internets sind Kinder besonders gefährdet und deshalb 337
auf besonderen Schutz angewiesen. 338
Die humane Befähigung, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden 339
und situativ angemessene Entscheidungen zu treffen, ist im Hinblick auf die 340
Vielfalt des Informationsangebotes in einer digitalen Welt unverzichtbar. Sich 341
Übersicht zu verschaffen und Freiräume sinnvoll strukturieren zu können, ist für 342
die Mündigkeit des Bürgers von hohem Wert und gleichsam die Ausgangslage 343
zu einer Selbstregulation und -motivation, wie sie die Berufs- und 344
Erwachsenenwelt verlangt. Der Staat respektiert dabei die 'Würde des 345
Menschen', sie ist Maß und Grenze seines Wirkens. Würde aber verpflichtet zu 346
Achtung und Respekt und zur Einhaltung von Regeln des Anstandes. 347
Daher fordert die FDP: 348
Der Erwerb und die Pflege von Kulturtechniken im Umgang mit digitalen 349
Medien muss Bestandteil schulischer Ausbildung und Weiterbildung von 350
Seite 45
Erwachsenen werden. Dies ist in den Lehrplänen und der Lehrerausbildung 351
zu verankern. 352
Soweit die räumliche und organisatorische Zugehörigkeit eines Menschen an 353
Bedeutung abnimmt, bedarf die Vertretung seiner Interessen mehr Schutz. 354
Übersicht und Entscheidungsfähigkeit erfordern Transparenz über die eigenen 355
Daten, die Menschen in jeder Situation hinterlassen. 356
• Für die Entwicklung persönlicher digitaler Kompetenz ist es entscheidend, 357
die eigene 'Datenspur' zu kennen. 358
Die Offenheit gegenüber den Chancen der Digitalisierung muss eine Gesellschaft 359
mit dem Respekt vor den Nichtnutzern abgelten. Gesellschaftliche Entwicklung 360
setzt die Flexibilität voraus, sich der Norm entziehen zu können. Niemand, auch 361
nicht der Staat weiß zu sagen, welche Minderheit vielleicht die Mehrheit von 362
Morgen sein wird, dabei ist die Angemessenheit der Mittel für jede 363
Zweckbestimmung zu wahren. 364
Deshalb fordert die FDP: 365
· Staatliche und ordnungspolitische Angebote sind so zu gestalten, dass 366
eine größtmögliche gesellschaftliche Teilhabe gewährleistet wird. 367
Durch offene Beratungsprozesse tauschen Menschen ihre Erfahrungen 368
miteinander aus, die in kooperative Bewältigungsstrategien münden können. 369
Gelingt es viele Partner in der Politik, Wirtschaft und Bevölkerung für integrative 370
Strategien zu gewinnen, erwächst ein innovationsfreudiges Umfeld, das an der 371
abweichenden Meinung und Erfahrung des Mitmenschen Interesse zeigt. Eine 372
solche menschliche und offene Gesellschaft gelingt nur ohne Furcht. 373
Verantwortungsbewusste Politik, die vom Menschen her denkt, wird den 374
Einzelnen gegenüber den Herausforderungen in einer sich wandelnden Welt 375
unterstützen. 376
Wir Freie Demokraten wollen den Einzelnen ermutigen, unsere gemeinsame 377
Zukunft ohne Angst vor der Digitalisierung mit zu gestalten. 378
379
Begründung:
Vorliegender Antrag ist abgestimmt mit den Gremien: Kommission Freiheit und Ethik; BFA
Medien, Internet und digitale Agenda; BFA Wirtschaft und Energie; BFA Justiz, Innen,
Integration und Verbraucherschutz
Weitere Begründung: mündlich
Seite 46
Antrag A014
Betr.: Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftssteuer
Antragsteller: Kreisverband Starnberg
Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftssteuer 1
Die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer wurden bei der Reform 2009 festgelegt. 2
Der starke Anstieg der Immobilienwerte in Ballungszentren in den letzten 10 3
Jahren um ca. 20% pro Jahr führt zu vermehrter steuerlicher Inanspruchnahme 4
der Erben. Die Freibeträge sollen daher verdreifacht werden. 5
6
Begründung:
Die Gleichbehandlung von Immobilienvermögen mit anderen Vermögensformen in der
Erbschaftssteuerreform 2009 wurde durch relativ großzügige Freibeträge für die direkten
Erben abgemildert. Der starke Anstieg der Immobilienwerte in den Ballungszentren
Deutschlands führt zu einer immer höheren Belastung der Erben, die immer öfter zur
Begleichung der Erbschaftssteuer die Immobilien verkaufen müssen. Zur
Existenzsicherung gerade der vielen Erben, die mit Ihrem Einkommen Ihren und ihrer
Familien notwendigen Lebensunterhalt angesichts steigender Lebenshaltungskosten hart
erwirtschaften, ist auf Grund der gestiegenen Immobilienwerte eine Erhöhung der
Freibeträge auf das Dreifache unabdingbar, um zu vermeiden, dass auf Grund der
Erbschaft Existenzen gefährdet werden.
Seite 47
Antrag A015
Betr.: Kommunalwahlkampf in Bayern zukünftig nicht mehr im Winter
Antragsteller: Kreisverband Starnberg, Dr. Wolfgang Heubisch
Kommunalwahlkampf in Bayern zukünftig nicht mehr im Winter 1
Die FDP Landtagsfraktion soll sich dafür einsetzen, dass der Termin der 2
Kommunalwahlen in Bayern vom März auf den Mai des Wahljahres und damit 3
der Beginn der Wahlperiode vom 1. Mai auf den 1. Juli verschoben wird. Diese 4
Änderung soll zur Kommunalwahl im Jahr 2026 wirksam werden. Dazu ist die 5
nächste Wahlperiode 2020 – 2026 um 2 Monate zu verlängern. 6
7
Begründung:
Der Kommunalwahlkampf findet derzeit in den Monaten Januar, Februar und März statt.
Dies ist der einzige echte Winterwahlkampf in Bayern; er ermöglicht nur wenige Gespräche
an den Infoständen und erschwert – je nach Witterung – die Plakatierung sehr. Dabei ist
die Sichtbarkeit der Plakate auf die noch wenigen Tageslichtstunden begrenzt. Die
Informationsübermittlung an die Wahlberechtigten ist also deutlich eingeschränkt.
Typischerweise ist auch die Wahlbeteiligung in den Wintermonaten geringer als in der
übrigen Jahreszeit. Die Gesundheit der ehrenamtlichen Wahlkämpfer ist durch Kälte und
Zugluft gefährdet. Da in vielen Bundesländern die Kommunalwahl im Mai stattfindet, sollte
das auch in Bayern möglich sein.
Seite 48
Antrag A016
Betr.: Für ein faires Streikrecht im öffentlichen Verkehr
Antragsteller: Kreisverband Starnberg
Für ein faires Streikrecht im öffentlichen Verkehr 1
Für Streiks, die den öffentlichen Verkehr (Flugzeug, Bahn und Bus) betreffen 2
sollen folgende Regeln gelten: 3
Warnstreiks dürfen nur den Fracht- und/oder Instandhaltungsbereich 4
betreffen, nicht jedoch den öffentlichen Verkehr direkt 5
Bei Streiks ist ein Mindest-Verkehrsangebot aufrecht zu halten: 6
- Werktags darf zwischen 6 und 9 Uhr und zwischen 16 und 19 Uhr nicht 7
gestreikt werden 8
- Der direkte Verkehr zum Flughafen darf nicht bestreikt werden 9
- Streiks, die den Flugverkehr betreffen, sind auf innerdeutsche Verbindungen zu 10
beschränken. 11
12
13
Begründung:
Die Beschäftigten im öffentlichen Verkehr sind hinsichtlich ihres Streikrechts in einer
wesentlich günstigeren Lage als die meisten Beschäftigten in anderen Branchen, da sie mit
Ihrem Ausstand große Teile der Öffentlichkeit lahm legen können. Ein Streik z. B. in der
Elektro- oder Automobilindustrie hat bei Weitem nicht solche Folgen. Zur Herstellung fairer,
vergleichbarer und verhältnismäßiger Bedingungen in einem Arbeitskampf ist das
Streikrecht im beschriebenen Umfang zu begrenzen. Dies beeinträchtigt nicht die
Möglichkeiten der Beschäftigten im öffentlichen Verkehr durch Arbeitsniederlegung ihren
Forderungen in Tarif- oder ähnlichen Auseinandersetzungen gegenüber ihrem Arbeitgeber
Nachdruck zu verleihen.
Seite 49
Antrag A017
Betr.: Grundsteuer abschaffen - mehr Einkommensteuer für die Gemeinden
Antragsteller: Kreisverband Starnberg
Grundsteuer abschaffen - mehr Einkommensteuer für die Gemeinden 1
2
Die Grundsteuer wird abgeschafft. Die Kommunen erhalten stattdessen einen 3
entsprechend höheren Anteil an der Einkommensteuer. Dieser Anteil wird 4
erwirtschaftet durch Besteuerung der Gewinne aus Immobilienverkäufen in allen 5
Fällen durch die Abgeltungssteuer, entsprechend der Besteuerung der Gewinne 6
aus anderen Vermögensformen (z. B. Aktien). Folgerichtig müssen auch 7
Abschreibung sowie Erhaltungs- und Modernisierungsaufwand für selbstgenutzte 8
Immobilien zeitnah steuerlich absetzbar sein. 9
10
Begründung:
Immobilienvermögen soll aus Gründen der Gleichbehandlung wie andere
Vermögensformen besteuert werden. Die Grundsteuer als nur auf Immobilien bezogene
Substanzbesteuerung soll daher entfallen.
Die dadurch entstehende Finanzierungslücke der Kommunen soll durch eine
entsprechende Erhöhung ihres Anteils an der Einkommensteuer kompensiert werden.
Dieses zusätzliche Aufkommen an Einkommensteuer wird dadurch erwirtschaftet, dass alle
Gewinne aus Immobilienverkäufen der Abgeltungssteuer unterliegen.
Dies bedeutet die Abschaffung der 10-jährigen Spekulationsfrist. Im Gegenzug können
auch bei selbstgenutzten Immobilien Abschreibung sowie Erhaltungsaufwand
Abschreibung auf Modernisierungsaufwand zeitnah steuerlich geltend gemacht werden.
Damit entfällt die buchwertabhängige Grundsteuer als Substanzsteuer und es werden nur
realisierte Geldflüsse der Steuer unterworfen.
Als Nebeneffekt werden andere Anlagen, wie z. B. Aktien, durch die Gleichbehandlung
attraktiver, was volkswirtschaftlich günstig ist. Auch die Mieten werden, besonders in
Ballungsgebieten, nicht noch zusätzlich verteuert.
Seite 50
Antrag A018
Betr.: Ländliche Kommunen fördern statt verwalten!
Antragsteller: Karl Stauffenberg, Martin Wünsche, Franziska Seitz, Peter Corticelli, Werner Jannek, Hans Müller, Jobst Giehler, Sandra Bubendorfer, Michael Föst, Peter Sander, Helge Ziegler
Die bisherige Form der Stabilisierungshilfe für Kommunen stellt aus Sicht der 1
FDP Bayern keine Hilfe zur Selbsthilfe dar. Sie entspricht daher nicht dem 2
Grundsatz, fördern und fordern zu wollen. Vielmehr hindert sie Kommunen im 3
strukturschwachen ländlichen Raum daran, zu gesunden, aus eigener Kraft zu 4
wachsen sowie Gewerbe innerhalb ihrer Grenzen anzusiedeln. Viele Gemeinde- 5
und Stadträte rechnen inzwischen fest mit dieser staatlichen Hilfe und verplanen 6
diese in Ihrem Haushalt. 7
Die Anhebung der kommunalen Gebühren, ein eher hoher Grund- und 8
Gewerbesteuerhebesatz und ein geringer Anteil der Kosten am 9
Erschließungsaufwand sind Faktoren, welche Gewerbetreibende und 10
Unternehmen davon abhalten, sich in solchen Gemeinden niederzulassen. Der 11
Freistaat muss künftig Anstrengungen der Kommunen belohnen, statt jegliche 12
Bemühungen - und deren Erfolge - durch Abzüge der Förderungssummen zu 13
sanktionieren. Ziel muss es sein, dass sich Unternehmen und Gewerbetreibende 14
in ländlichen Kommunen niederlassen und damit zur Gesundung des Haushaltes 15
beitragen. 16
Die Staatsregierung wird aufgefordert Stabilisierungshilfen nicht ausschließlich 17
von Konsolidierung abhängig zu machen, sondern vor allem 18
Wachstumsanstrengungen der Kommunen zu belohnen. Zu diesem Zweck ist es 19
notwendig, die bisherigen Kriterien, die Stabilisierungshilfen abrufen zu können, 20
gesamt zu überarbeiten. 21
Diese bisherige Stabilisierungshilfe kommt einer Verwaltung - und nicht einer 22
Förderung der Kommunen gleich. 23
1. Erhebung von kostendeckenden Gebühren bei der Wasserversorgung und 24
Abwasserbeseitigung und sonstigen kostenrechnenden Einrichtungen. 25
2. Mindestens durchschnittliche Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer 26
(gem. aktuellstem Bericht des Bayer. Landesamt für Statistik und 27
Realsteuervergleich in Bayern) 28
3. Der nach Art. 5a Abs. 9 KAG i.V. m § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB geforderte 29
10-%-ige Anteil der Gemeinde am beitragsfähigen Erschließungsaufwand 30
sollte nicht überschritten sein. 31
Seite 51
Diese Punkte sind aus Sicht der Freien Demokraten ein Hemmnis für die 32
Gesundung des jeweiligen Haushaltes und tragen nicht dazu bei, die Kommunen 33
aus der Verschuldung zu führen. 34
35
Begründung:
mündlich
Seite 52
Antrag A019
Betr.: Abschied vom Staatskirchenrecht
Antragsteller: Junge Liberale Bayern
Die Freien Demokraten Bayern fordern die Abkehr vom System der 1
Staatskirchen. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat in Art. 4 GG zu 2
weltanschaulicher Neutralität und der Gleichbehandlung sämtlicher Religionen. 3
Getreu diesem liberalen und säkularen Leitbild fordern die Jungen Liberalen 4
Bayern die rechtliche Gleichbehandlung aller Religions- und 5
Weltanschauungsgemeinschaften. Leitbild einer modernen Religionspolitik sollte 6
ein Staat sein, der alle Religionen, die von seinen Bürgern praktiziert werden, 7
toleriert, akzeptiert und respektiert, aber keine Religionen bevorzugt. Alle 8
Gläubigen und Kirchen sind denselben Regeln zu unterwerfen.In weiten Teilen ist 9
dieses Ziel durch die verfassungsrechtlich garantierte und praktisch gelebte 10
Religionsfreiheit in der Bundesrepublik bereits erreicht. Nachholbedarf besteht 11
aber insbesondere bei der historisch gewachsenen Bevorzugung 12
alteingesessener Religionsgemeinschaften, namentlich der katholischen und 13
evangelischen Kirchen. Diese profitieren von umfassenden Privilegien, die sie 14
größtenteils ihrer Bedeutung in den vergangenen Jahrhunderten verdanken: 15
Die Kirchen können über den Staat Steuern erheben, anstatt wie alle 16
anderen Vereine von ihren Mitgliedern Beiträge einzutreiben. 17
Sie erhalten darüber hinaus umfangreiche finanzielle Zuwendungen, z.B. 18
in Form von staatlicher Finanzierung von Bischofsgehältern und dem 19
Unterhalt von rein kirchlichen Hochschullehrstühlen (einschließlich 20
unangemessener Mitbestimmungsrechte). 21
Im Widerspruch zu prägenden Grundprinzipien des deutschen 22
Arbeitsrechts können Kirchen arbeitsrechtliche Sanktionen, bis hin zur 23
Kündigung, gegenüber ihren Arbeitnehmern aussprechen, allein weil sie ihr 24
Privatleben nicht in ausreichendem Maße an den Glaubensregeln 25
ausrichten. Ganz besonders inakzeptabel ist dies bei nur mittelbar bei der 26
Kirche beschäftigten Arbeitnehmern, die nicht-geistliche Tätigkeiten 27
ausführen (etwa in kirchlichen Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen). 28
U.v.m. 29
Dies ist nicht mehr zeitgemäß und soll abgeschafft werden. In einem ersten 30
Schritt sind dafür die verfassungsrechtlichen und staatsvertraglichen 31
Bestimmungen, die die einfachgesetzlichen Privilegien absichern zu beseitigen, 32
um den Gesetzgebern auf Landes- und Bundesebene die notwendigen 33
Spielräume für Reformen zu eröffnen. Das umfasst im Einzelnen insbesondere: 34
Die Abschaffung der Vorschriften zum Religionsverfassungsrecht im 35
Grundgesetz. Dazu ist Art. 140 GG, der die Fortgeltung von Art. 136, 137, 36
138, 139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) anordnet, 37
Seite 53
aufzuheben. Soweit es sich lediglich um Konkretisierungen des 38
Grundsatzes der Religionsfreiheit, Art. 4 GG, handelt (so bei Art. 136, 137 39
Abs. 1 bis 4 und 141 WRV) ist eine einfachgesetzliche Ausgestaltung 40
ausreichend. Die übrigen Privilegien werden ersatzlos gestrichen. 41
Die Entfernung des Gottesbezuges aus der Präambel des Grundgesetzes. 42
Eine entsprechende Reform der bayerischen Verfassung (BV). Diese 43
umfasst u. a. die Entfernung des Gottesbezugs aus der Präambel und aus 44
Art. 131 Abs. 2 BV, die Streichung von Art. 127 und Art. 135 S. 2 BV, 45
sowie eine Überarbeitung der kirchenrechtlichen Sondervorschriften in Art. 46
136, Art. 137 und Art. 142 bis 150 BV, die ebenfalls um alle unmittelbaren 47
oder mittelbaren Privilegien für bestimmte Kirchen zu bereinigen sind. 48
Kirchen, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind in 49
privatrechtliche Rechtsformen zu überführen. Die rechtliche Privilegierung 50
durch die besondere Körperschaftsform ist nicht nur überflüssig und in 51
einem säkularen Staat unangemessen, sondern führt in der Praxis zudem 52
zu einer faktischen Bevorzugung christlicher Kirchen vor anderen 53
Religionsgemeinschaften. Die damit einhergehenden Sonderrechte, wie das 54
Recht Kirchensteuer zu erheben oder die arbeitsrechtliche 55
Sonderbehandlung der Kirchen, können auf diesem Wege ebenfalls zügig 56
beseitigt werden. 57
Die Kündigung bzw. Neuverhandlung sämtlicher Staatskirchenverträge, 58
soweit es zur Erreichung der vorgenannten Ziele notwendig ist. 59
kirchlicher Einfluss auf die Forschung und die Lehre sind zu unterbinden. 60
Insbesondere darf die Kirche keinen Einfluss mehr auf die Vergabe von 61
Lehraufträgen haben. Ausnahmen kann es an theologischen Fakultäten 62
geben. 63
Die Entfernung des Gottesbezuges aus sämtlichen Eidesformeln, inklusive 64
der gerichtlichen Eidesformel gemäß §64 StPO. Die Möglichkeit zur 65
religiösen Beteuerung seitens des Beeideten bleibt stets erhalten. 66
Nachdem diese Hürden beseitigt sind, sollen die Gesetzgeber auf Bundes- und 67
Landesebene in geeigneten Schritten die endgültige Trennung von Kirche und 68
Staat realisieren. Den Freien Demokraten Bayern ist bewusst, dass die 69
vollständige Reform der zum Teil seit Jahrhunderten gewachsenen Strukturen 70
ein komplizierter und langwieriger Prozess ist. Es ist jedoch an der Zeit diesen in 71
Gang zu setzen.Im Zuge der Reform sind die vielfältigen Belange aller 72
Beteiligten Parteien angemessen zu berücksichtigen. Dies umfasst, neben den 73
Interessen der zahlreichen direkt oder mittelbar bei den Kirchen beschäftigen 74
Arbeitnehmer, auch die Tatsache, dass die Kirchen vielfach großen Beitrag zu 75
der Erreichung von Zielen leisten, die im öffentlichen Interesse liegen. Zu 76
nennen sind insbesondere umfangreiche Tätigkeiten im diakonischem, 77
pflegendem, betreuendem und erziehendem Sektor, der Gesundheitsversorgung 78
und der Unterhaltung und Instandhaltung historischer und kultureller 79
Gegenstände und Gebäude. Diese Beiträge werden anerkannt und sollen nicht 80
verhindert werden. Jedoch sollten die Kirchen bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten 81
den gleichen Regeln unterworfen sein, wie auch alle anderen Akteure der 82
Zivilgesellschaft. 83
Seite 54
84
Begründung:
erfolgt mündlich
Seite 55
Antrag A020
Betr.: Schutzgebiet für welterbewürdige Buchenwälder im Nordsteigerwald
Antragsteller: Kreisverband Bamberg
Schutzgebiet für welterbewürdige Buchenwälder im Nordsteigerwald 1
Die FDP Bayern fordert für die welterbewürdigen Buchenwälder im Ebracher 2
Staatsforst ein großflächiges nutzungsfreies Naturschutzgebiet mit Prädikatstitel 3
zur Bewahrung des regionalen Naturschatzes und zur Förderung der 4
Regionalentwicklung. 5
Die FDP Bayern setzt sich dafür ein, dass eine neutrale Machbarkeitsstudie zu 6
allen Optionen in Auftrag gegeben wird, die die Region regionalökonomisch 7
voranbringen soll durch das Erlangen eines WELTNATURERBE-Titels, 8
einschließlich der Option Nationalpark. Die FDP Bayern sieht die Einbeziehung 9
der Bürger in eine Diskussion auf Faktenbasis als wichtig an. 10
11
Begründung:
Das Beste vom Besten für kommende Generationen erhalten: 2006 erlangten die
Buchenwälder im Nordsteigerwald bei der Vorauswahl für ein deutsches UNESCO-
Weltnaturerbe den Spitzenplatz in Bayern. Sie wurden als würdig erachtet, Bayern beim
„Welterbe Buchenwälder“ der gesamten Menschheit zu vertreten. Voraussetzung ist ein
flächiges nutzungsfreies Schutzgebiet. In Deutschland handelt es sich dabei meist – aber
nicht zwingend - um Kernzonen eines Nationalparks. Trumpfkarte der Region in Wert
setzen: Ein großes nutzungsfreies Naturwald-Schutzgebiet von international
herausragender Bedeutung stellt ein Alleinstellungsmerkmal dar. Es hat das Potential zum
wirtschaftlichen Motor für die Entwicklung der gesamten Region und ihres Umfelds. Dies
belegen zahlreiche regionalökonomische Studien zu deutschen
Nationalparken. Zunehmendes regionales Engagement für einen Nationalpark: Die
Bevölkerung im Steigerwald wurde von der Staatsregierung bis zum heutigen Tag nie über
die Chancen und Auswirkungen eines großflächigen Naturwaldschutzgebiets aufgeklärt
oder in eine Diskussion auf Faktenbasis einbezogen, wie das in anderen Regionen
umgesetzt wurde. Trotzdem gibt es in der Region mittlerweile eine Zweidrittel-Mehrheit für
einen Nationalpark. Im größten Pro-Nationalpark – Bürgerverein Deutschlands, dem
„Verein Nationalpark Steigerwald“, setzen sich über 1.200 Bürgerinnen und Bürger für einen
Nationalpark ein. Die „Allianz Faire Chance für den Steigerwald“ wurde 2017 in kürzester
Zeit von 200 Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunalpolitik und Wirtschaft
unterzeichnet. Mehr Naturschutz gewünscht: Immer mehr Menschen setzten sich in Zeiten
des Klimawandel, des Artensterbens und der Diskussion um Flächenfraß für den Erhalt
intakten Natur ein. Ganz aktuell wird dies auch durch die große Zustimmung der
Seite 56
Bevölkerung zum Volksbegehren Artenvielfalt belegt. Wir von der FDP müssen ein
unmissverständliches Signal aussenden! Bayern war einst Vorreiter im Naturschutz – jetzt
hinkt es hinterher. 1970 hatte Bayern das erste Umweltministerium und den ersten
Nationalpark in Deutschland. Und ausgerechnet jetzt, da sich eine immer größer werdende
Zahl von Bürgerinnen und Bürgern für mehr Naturschutz einsetzen, verweigert sich die
Landespolitik! Die Buchenwälder im Steigerwald brauchen JETZT ein Schutzgebiet. Die
Gewinne des staatlichen Forstbetriebs Ebrach, von dem auch nur ein Teil aus der Nutzung
genommen würde, liegen gerade einmal bei einem Hunderttausendstel des bayerischen
Staatshaushalts. Muss Bayern sein Welterbe Buchenwälder diesen kurzsichtigen
kommerziellen Interessen opfern? Die Welt verliert ein Kleinod – die Region eine
zukunftsweisende Weichenstellung! Es muss umgehend eine neutrale Machbarkeitsstudie
zu allen Optionen in Auftrag gegeben werden, die die Region regionalökonomisch
voranbringen, zur Erlangung des WELTNATURERBE-Prädikats, einschließlich der Option
Nationalpark. Die Bevölkerung muss endlich in eine Diskussion auf Faktenbasis
einbezogen werden. Die Buchenwälder müssen jetzt umgehend – auch unabhängig von
einem Nationalpark – durch ein nutzungsfreies größeres Schutzgebiet für künftige
Generationen erhalten werden. – Zum Nutzen für Beide: für Mensch und Natur! Das Eine
geht nicht ohne das Andere!
Hintergrundinfo: Deutschland ist das Land stabiler und robuster Rotbuchenwälder. Ein
Viertel des weltweiten Verbreitungsgebietes befindet sich hier und stellt das Kernstück
unseres nationalen Naturerbes dar, für dessen Erhaltung wir verantwortlich sind und uns
dazu in der UN-Biodiversitätsresolution 1992 auch verpflichtet haben. Denn mehr als
11.000 Tier-, Pilz- und Pflanzenarten sind in Buchenwäldern nachgewiesen. Davon können
rund ein Viertel als „Spezialisten“ nur hier überleben und sonst nirgendwo. Nur 7 % der
ursprünglichen Buchenwaldfläche ist heute übrig, ältere Buchenwälder über 160 Jahre
finden sich nur noch auf ca. 0,3 % der deutschen Landesfläche. Das ist fatal, denn erst in
alten und ökologisch höchst wertvollen Buchenwäldern explodiert die Artenvielfalt: rund ein
Drittel aller europäischen Waldlebewesen ist auf Uraltbäume mit vielfältigen
Habitatsstrukturen und Totholz angewiesen. Vor diesem Hintergrund hatte die „Nationale
Strategie zum Erhalt der Biologischen Vielfalt“ von 2007 zum Ziel, bis 2020 wieder
ursprüngliche Natur auf 2 % der Landesfläche herzustellen – heißt umgekehrt: 98 % sollen
Kulturlandschaft bleiben! Aktuell sind es nur 0,6 %! Da Deutschland Waldland ist, steht
darin ferner, dass 5 % der deutschen Wälder sich wieder frei entfalten sollen, bzw. 10 %
der öffentlichen Wälder, damit es keinen Privateigentümer trifft. Wohlgemerkt: 95 % aller
und 90 % der öffentlichen Wälder sollen wie bisher genutzt werden! Aktuelle Aussagen,
dass in bayerischen Staatsforsten die Schutzquoten erreicht würden, sind kritisch zu
hinterfragen, weil sie jeder soliden Grundlage entbehren. Der Nordsteigerwald beheimatet
eines der fünf wertvollsten Laubwaldgebiete Deutschlands. Was ihm seinen Vorsprung
verschafft, ist unter anderem das kleinflächige Mosaik aus ganz unterschiedlichen
natürlichen Waldlebensräumen. Einige kleine, seit Jahrzehnten aus der Nutzung
genommene Naturwaldreservate mit einer Fläche von insgesamt 430 Hektar besitzen
enormen Reichtum an Altwaldarten. Hier fühlen sich viele selten gewordene Arten wohl.
Voraussetzung für eine Weltnaturerbe-Bewerbung ist ein flächiges, nutzungsfreies
Schutzgebiet. Dies könnte ein geschützter Nationalpark sein mit 100 % Staatswald,
keinen Auflagen für angrenzende Privatwälder oder landwirtschaftliche Flächen und laut
Bayerischem Naturschutzgesetz einer Mindestgröße von 10.000 ha. Theoretisch käme für
Seite 57
den Weg zum Weltnaturerbe auch ein Biosphärenreservat in Frage. Hier geht allerdings die
Wahrscheinlichkeit für eine Akzeptanz bei der lokalen Bevölkerung gegen Null, denn ein
solches umfasst nicht nur Teile des Staatswaldes sondern darüber hinaus auch private
land- und forstwirtschaftliche Flächen und hat eine Mindestgröße von 30.000 Hektar. Bliebe
noch der Weg über ein Naturschutzgebiet von etwa 1.000 Hektar im sog. „Ebracher
Klosterwald“, der den „Hohen Buchenen Wald“ beinhalten würde. Allerdings haben die
Sägen angefangen, Zukunftsvisionen zu zerstören. Aktuell haben im aufgehobenen
Schutzgebiet und den angrenzenden Bereichen wie im Staatswald um Fabrikschleichach
die Baumfällungen begonnen. In den nächsten Jahren werden die dicken Buchen wohl
nach und nach der Säge zum Opfer fallen. Deshalb muss eine Schutzausweisung zügig
vorangehen.
Am besten für die Region Steigerwald, sicherlich eine Jahrhundertchance, wäre wohl aus
ökonomischer und ökologischer Sicht ein 3. Nationalpark in Bayern, also ein fränkischer
Buchen-Nationalpark. In Bayern gibt es derzeit zwei Nationalparke: den Nationalpark
Berchtesgaden im Süden und den Nationalpark Bayerischer Wald im Osten. Ein
Nationalpark böte den besten Schutz und hätte auch Riesenvorteile für die Menschen in
der Region, wie sich im Bayerischen Wald und Berchtesgaden zeigt und was sogar das
Bayerische Umweltministerium auf der Suche nach dem 3. Nationalpark immer wieder
betonte. Nationalparks haben bedeutende regional-ökonomische Effekte: sie bringen
jährlich millionenhohe Fördermittel sowie viele neue Arbeitsplätze in die Region. Sie ziehen
Natur-Touristen an, die auch länger bleiben als ohne Schutzgebiet. Die nötige Infrastruktur
wie Personennahverkehr, kulturelle Einrichtungen, Gaststätten oder Dorfläden wird
ausgebaut. In bayerischen Nationalparken gibt ein kommunaler Nationalparkausschuss
aus den zugehörigen Landräten und Bürgermeistern der Bevölkerung die Möglichkeit der
Mitsprache, ganz demokratisch. Die regionale Holzversorgung von Betrieben und
Brennholzkunden wurde bei der Diskussion um den 3. Bayerischen Nationalpark durch
Konzepte zugesichert. In die Nationalparkregion Bayerischer Wald fließen jährlich feste
Gelder in Höhe von 12 Mio €. Die investierten Mittel werden durch die Ausgaben der
Touristen vor Ort mehr als verdoppelt! Privatleute profitieren durch den Ausbau von
Ferienwohnungen und eine Wertsteigerung ihrer Immobilien. Lokale Unternehmen,
Handwerksbetriebe oder Dienstleister erzielen mehr Aufträge vor Ort. Nach einer Studie
der Uni Würzburg hängen 939 Arbeitsplätze dort vom Tourismus ab. Beim Vergleich der
Übernachtungszahlen von Gemeinden um den Alt-Nationalpark Bayerischer Wald und um
den Nationalpark-Suchraum im Steigerwald lag die Zahl der Übernachtungen im
Bayerischen Wald bei ungefähr gleicher Bevölkerungszahl wie im Steigerwald um den
Faktor 10 höher (dort ca. 600.000 und hier ca. 60.000, Stand 2015)! Ein fränkischer
Nationalpark Steigerwald stünde auf der Liste der internationalen Nationalparks auf einer
Ebene mit dem 1. Nationalpark der Welt, dem Yellowstone- Nationalpark. Der Steigerwald
punktet durch seine hervorragende Ausgangslage. Er liegt strategisch günstig zwischen
den Weltkulturerbe Städten Bamberg und Würzburg. Mit diesem „Fränkischen
DREIGESTIRN“ kann dann auch Nordbayern zusätzlich noch zum Aushängeschild für die
nachhaltige Entwicklung einer ländlichen Region werden. In bestehenden
Nationalparkregionen ist die Akzeptanz hoch. In beiden bayerischen Nationalparken liegt
die Akzeptanz heute sogar im Nahbereich bei 80 – 90 %. Einen 3. Nationalpark befürworten
nach neuesten Umfragen die überwiegende Mehrheit der Bayerinnen und Bayern.
Deutschlandweit gibt es keine einzige Nationalparkregion, die ihren Titel wieder hergeben
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würde! Zwei-Drittel-Mehrheit für den Nationalpark Steigerwald. Neben zehn
Naturschutzverbänden im „Freundeskreis Nationalpark Steigerwald“ (darunter BUND
Naturschutz, WWF und Landesbund für Vogelschutz) bringt sich der bundesweit größte
Nationalparkverein (Verein Nationalpark Steigerwald) mit 1.200 Mitgliedern sehr aktiv für
ein Schutzgebiet ein. Vertreter aus Wirtschaft und Kommunalpolitik formierten sich nach
Seehofers Ausschluss des Steigerwaldes bei einer Nationalparksuche aus Empörung zu
einer „Allianz für eine faire Chance für den Steigerwald“. Das fordern auch
die Stadtparlamente von Haßfurt, Würzburg uns Gerolzhofen in der Region. Die letzte
Meinungsumfrage von EMNID ergab 2016 eine Zweidrittel-Mehrheit für den Nationalpark
Steigerwald, einschließlich der Städte Bamberg und Schweinfurt. Naturschutz ist „Big
Business“: Der effektivere Schutz von Lebensräumen, Arten und Genen (Biodiversität) ist
ein immer dringlicheres Thema weltweit. 2008 wurden erste Ergebnisse der TEEB-Studie
(The Economics of Ecosystems and Biodiversity) bekannt, in der auf Vorschlag der G8-
Staaten der ökonomische Wert der biologischen Vielfalt und die Kosten der Naturzerstörung
untersucht wurde. Weltweit existierten damals etwa 100 000 staatliche Schutzgebiete, für
die jährlich ca. 10 – 12 Milliarden Dollar ausgegeben wurden. Diese Ökosysteme
erbrachten Leistungen im Wert von insgesamt fünf Billionen Dollar jährlich, dies ist mehr,
als die Automobil-, Stahl- und IT-Industrie weltweit erwirtschafteten. Je mehr intakte Natur
verschwindet, desto wertvoller wird sie.
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Antrag A021
Betr.: Vollständige Abschaffung von §219a und Schließung der vorhandenen Versorgunglücken
Antragsteller: Bezirksverband Niederbayern
Vollständige Abschaffung von §219a und Schließung der vorhandenen 1
Versorgunglücken 2
Seit Monaten diskutieren der Deutsche Bundestag und die Große Koalition über 3
das "Werbeverbot" für Schwangerschaftsabbrüche und den umstrittenen 4
Paragraphen 219a Strafgesetzbuch (StGB). 5
Ausgelöst hatte die Debatte die Ärztin Kristina Hänel, die wegen unerlaubter 6
Werbung auf der Homepage ihrer Praxis verurteilt wurde. Durch den jetzt 7
vorgestellten Referentenentwurf dürften Ärztinnen und Ärzte zwar darauf 8
hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, jedoch keine 9
weiterführenden Informationen zum Eingriff anbieten. 10
Neben dem Paragraphen 219a existiert aktuell auf bayerischer Ebene zusätzlich 11
das Schwangerenhilfe-Ergänzungsgesetz (BaySchwHEG). Durch dieses Gesetz 12
wird Frauen in Bayern ein Abbruch besonders schwer gemacht. Welche 13
Einrichtungen den Eingriff vornehmen, können Frauen über Adresslisten 14
erfahren, die sie lediglich bei wenigen kommunalen Trägern, den 15
Gesundheitsämtern und den Krankenkassen einsehen können. Diese dürfen 16
nicht kopiert werden. 17
Grobe und unangemessene Werbung ist ohnehin in den verschiedenen 18
Berufsordnungen der Länder für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte 19
geregelt. 20
Außerdem existieren große Versorgungslücken in ganz Deutschland. So gibt es 21
in Niederbayern aktuell offiziell genau einen einzigen Arzt, der 22
Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Dieser kommt aus Passau, ist 70 Jahre alt 23
und eigentlich schon im Ruhestand. Er praktiziert weiter, da bisher kein 24
Nachfolger für ihn Der nächste ist 120 Kilometer weit weg. 25
Wir fordern daher: 26
Frauen sowie Ärztinnen und Ärzte nicht weiter durch eine unklare 27
Gesetzeslage zu verunsichern. 28
Paragraph 219a StGB „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ 29
ersatzlos zu streichen. Informationsrechte sind Menschenrechte. Das gilt 30
auch für Frauen. 31
Gültiges Bundesgesetz muss auch in vollständiger Form und ohne 32
Ausnahmen in Bayern gelten. 33
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Anpassung des bayerischen Schwangerenhilfe-Ergänzungsgesetzes 34
(BaySchwHEG) vom 9. August 1996. 35
Schneller, niedrigschwelliger und medizinisch kompetenter 36
Informationszugang über die Homepage von Ärztinnen und Ärzten muss im 37
digitalen Zeitalter möglich und straffrei sein. 38
Die Versorgungslücke an Ärztinnen und Ärzten, die 39
Schwangerschaftsabbrüche vornehmen bayernweit und deutschlandweit zu 40
schließen. 41
Endlich der gesetzlichen Pflicht zu einem ausreichenden ambulanten und 42
stationären Angebot von Schwangerschaftsabbrüchen nachzukommen. 43
44
Begründung:
Erfolgt mündlich
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Antrag A022
Betr.: Soziale, erzieherische sowie pflegerische und medizinische Berufe stärken durch „Kostenlose Berufsausbildung“
Antragsteller: Bezirksverband Niederbayern
Soziale, erzieherische sowie pflegerische und medizinische Berufe stärken durch 1
„Kostenlose Berufsausbildung“ 2
Aktuell gibt es vor allem in den Sozial-, Erzieher- und Pflegeberufen einen 3
Fachkräftemangel. Daher wollen wir als FDP Bayern diese Berufe im ersten 4
Schritt durch eine selbstkostenfreie Berufsausbildung attraktiver machen. Nach 5
dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) sollen Ausbildungen grundsätzlich 6
selbstkostenfrei sein. 7
Dies trifft im Moment allerdings nicht auf unten genannte Ausbildungsberufe zu, 8
da diese weder dem dualen System noch dem berufsfachschulischen System der 9
Länder zugeordnet sind. 10
Folgende Berufe sind Beispiele, welche teilweise selbst bezahlt werden müssen: 11
Altenpfleger 12
Krankenpfleger 13
Physiotherapeuten 14
Erzieher 15
Sozialassistenten 16
Pharmazeutisch-technische Assistenten 17
Die Ausbildungen zu verbessern und mehr junge Leute für diese Berufe 18
zu begeistern. Es kann nicht langfristig unser Ziel sein, die Fachkräfte bloß 19
aus unseren Nachbarländern abzuwerben. 20
Die Ausbildung von Berufen im sozialen, erzieherischen und Pflegebereich 21
soll selbstkostenfrei sein. 22
Jegliches Schulgeld, auch das für private Schulen, aus staatlichen Kassen 23
zu übernehmen, damit eine Berufsausbildung auch immer selbstkostenfrei 24
ist. 25
Die Ausbildung dieser Berufszweige soll nicht „verakademisiert“ werden. 26
Nicht jeder muss studieren, noch eignet sich jede Ausbildung auch als 27
Studium. Für die Arbeit am Menschen sind Praxiserfahrungen und 28
Empathie entscheidender. 29
30
Begründung:
erfolgt mündlich
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Antrag A023
Betr.: Ausbau eines flächendeckenden und hochleistungsfähigen Mobilfunk- und Breitbandnetzes
Antragsteller: Bezirksverband Niederbayern
Ausbau eines flächendeckenden und hochleistungsfähigen Mobilfunk- und 1
Breitbandnetzes 2
Der ländliche Raum erbringt wichtige und vielfältige Produktions- und 3
Dienstleistungen für die Bevölkerung. Um diesem Anspruch auch weiterhin 4
gerecht zu werden ist der Zugang zu einem flächendeckenden, 5
hochleistungsfähigem Breitband- und Mobilfunknetz von größter Wichtigkeit. 6
Das Mobilfunknetz in der Bundesrepublik Deutschland ist teilweise sehr gut, 7
streckenweise aber auch nur sehr unzureichend ausgebaut. Große Teile des 8
ländlichen Raums sind nicht zufriedenstellend mit mobilem Internet ausgestattet 9
und entsprechen somit nicht dem heutigen Standard. Deutschlandweit sind 10
besonders die Mittelgebirgs- und Grenzregionen benachteiligt und weisen einen 11
vergleichsweise schlechten Versorgungsgrad auf.Eine global angelegte Studie von 12
OpenSignal gibt Aufschluss über die genauen 13
Zahlen hinsichtlich der Mobilfunkversorgung in Deutschland: Deutschland liegt 14
weit abgeschlagen hinter asiatischen und nordeuropäischen Staaten sowie 15
zahlreichen Entwicklungsländern. 16
China schafft bei diesen Zukunftsthemen in kürzester Zeit machtvolle Tatsachen 17
– während wir ins digitale Mittelalter zurückfallen. 18
Deutschland hat einen sehr großen Nachholbedarf hinsichtlich der Digitalisierung 19
vor allem im ländlichen Raum. Die bisherige Vorgehensweise war offensichtlich 20
nicht effizient genug. Daher sollten die bisherigen Defizite bei den 4G-Netzen 21
aufgeholt und ein lückenloses 5G-Netz aufgebaut werden. Wir dürfen den 22
technologischen Anschluss nicht verlieren. Vollautomatisiertes und autonomes 23
Fahren darf nicht nur in Metropolen zur Realität werden. 24
Nach einem Vergleich der Studie von 2018 zu 2016 hat sich die 4G-Qualität in 25
Deutschland verbessert, wenngleich es ein sehr langsamer Prozess ist (Anstieg 26
um jeweils zwei Prozentpunkte bei Geschwindigkeit und Verfügbarkeit). 27
Für viele Unternehmen und Hidden Champions im ländlichen Raum ist eine 28
flächendeckende, hochleistungsfähige Mobilfunk- und Breitbandversorgung 29
unerlässlich und wird für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg dringendst 30
benötigt. Außerdem ist auch die moderne Landwirtschaft auf hohe Bandbreiten 31
und geringe Latenzzeiten angewiesen. Aber auch für die Bürger vor Ort ist die 32
Versorgung ein wesentliches Kriterium für mobiles Arbeiten und ihre 33
Lebensqualität auf dem Land. 34
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Wir fordern daher: 35
Die Chancen der Digitalisierung endlich aktiv zu gestalten, hin zum Agieren 36
statt Reagieren. 37
Ein Gesamtkonzept der bayerischen Regierung zum flächendeckenden 38
Mobilfunk- und Breitbandausbau als verantwortliches Organ in 39
Zusammenarbeit mit den Kommunen. 40
Vorzeitige Verlängerung der 4G-Frequenzen mit der Auflage, die 41
bestehenden Funklöcher zu schließen. 42
Auch den 5G-Standard in ländlichen Räumen flächendeckend zu 43
etablieren. 44
Bei der Lizenzvergabe von 5G und bei dem Ausbau der 45
Glasfaserinfrastruktur regionale Pakete mit urbanen und ländlichen 46
Gebieten zu schnüren, um eine flächige Versorgung sicherzustellen. 47
Das „Internet der Dinge“ auch in weniger dicht besiedelten Gebieten zu 48
ermöglichen. Dazu gehört auch der Glasfaserausbau „Fiber to the home“. 49
Die Kommunen nicht noch mehr mit dem Mobilfunkausbau finanziell zu 50
belasten. 51
Durch geeignete Infrastrukturmaßnahmen das Gefälle zwischen Stadt und 52
Land zu verkleinern. 53
Einen fairen Marktwettbewerb zwischen den Anbietern fördern, indem auch 54
für 5G eine Diensteanbieterverpflichtung eingeführt wird. 55
56
Begründung:
Erfolgt mündlich
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Antrag A024
Betr.: Verbesserung der Landarztversorgung
Antragsteller: Bezirksverband Niederbayern
Verbesserung der Landarztversorgung 1
Die FDP Bayern setzt sich für eine Verbesserung der Landarztversorgung in 2
Bayern und in Deutschland ein. 3
Die Gesellschaft altert zunehmend, auch auf dem Land. Das bedeutet, dass in 4
naher Zukunft immer mehr Ärzte gebraucht werden, nicht nur um akute 5
gesundheitliche Probleme zu behandeln, sondern auch immer mehr chronische 6
Erkrankungen. Um das ländliche Leben auch für Familien attraktiv zu gestalten, 7
bedarf es einer familienfreundlichen ärztlichen Grundversorgung. 8
Aber es fehlt nicht nur an Hausärzten, sondern auch an Fachärzten. Während in 9
urbanen Zentren mehrere Ärztehäuser angesiedelt sind, lassen sich Fachärzte 10
auf dem Land kaum nieder. Als Grund dafür wird das Gesetz zu den 11
Zulassungssperren genannt. Es stammt aus dem Jahr 1994 und regelt mehr die 12
Über- als Unterversorgung und sollte daher evaluiert und gegebenenfalls 13
abgeschafft werden. Die ärztliche Bedarfsplanung muss auch am tatsächlichen 14
Bedarf orientieren. 15
Wir fordern daher: 16
Eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung. 17
Aufhebung der Zulassungssperren für Landärzte, um den Landarztmangel 18
zu bekämpfen. 19
Stärkung der ambulanten Pflegedienste, um die Versorgung der älteren 20
Menschen flächendeckend zu gewährleisten. 21
Flexibilisierung des Gesundheitssystems, z.B. durch Einsatz von mobiler 22
und Telemedizin 23
Für Niederbayern die Versorgungsstufe drei, um die medizinische 24
Versorgung im ländlichen Raum deutlich zu verbessern. 25
Statt die Bürokratie des Gesundheitswesens immer weiter auszubauen, soll 26
der Staat auf eine Neuverteilung der Gebietszulassungen hinwirken. 27
Einrichten von Gemeinschaftspraxen oder Versorgungszentren im 28
ländlichen Raum zu fördern - damit flexible Arbeitszeiten für Ärztinnen und 29
Ärzte eingerichtet werden können. 30
31
Begründung:
Erfolgt mündlich
Seite 65
Antrag A025
Betr.: Maßnahmen gegen häusliche und sexuelle Gewalt
Antragsteller: Bezirksverband FDP Niederbayern
Prävention 1
Prävention beginnt in der Erziehung und Aufklärung der heranwachsenden 2
Generation. Deshalb fordern die Jungen Liberalen Niederbayern die 3
Thematisierung und Sensibilisierung von sexueller und häuslicher Gewalt im 4
Schulunterricht und die Vermittlung des richtigen Umgangs, um hierfür ein 5
deutlicheres Bewusstsein zu schaffen. Dies kann Teil des Sexualunterrichts sein, 6
sofern alle Schüler an diesem Teil nehmen. Auch begrüßen wir polizeiliche 7
Maßnahmen, die Gewalttäter aus dem familiären Umfeld dauerhaft ausschließen 8
können. 9
Nachsorge 10
Um Opfern von sexueller oder häuslicher Gewalt den nötigen Schutz zu 11
gewähren und ihnen möglichst schnell Hilfe zur Verfügung zu stellen, fordern wir 12
die Förderung und den Ausbau von Frauen- und Männerhäusern im gesamten 13
Bundesgebiet sowie ein breiteres Angebot an Selbsthilfegruppen für Opfer 14
sexueller oder häuslicher Gewalt. Besonders der Ausbau von Beratungsstellen 15
im ländlichen Raum muss gefördert werden. Gerade dort fehlt es oft an 16
fachkundigen Therapeuten. Des Weiteren fordern wir eine sinnvolle 17
Zusammenarbeit von Polizei und Ärzte bei der Sicherung von Spuren nach 18
einem gewaltvollen Übergriff und dessen Anzeige bei der Polizei. So können 19
mögliche Beweise professionell festgehalten und für eine Anzeige besser 20
verwertet werden.Die psychiatrische und justizielle Täterarbeit ist zur 21
Vermeidung weiterer Vorfälle, nach erfolgtem Abschluss des Verfahrens 22
einzuleiten. 23
Prozessuales 24
Sobald ein Opfer von sexueller oder häuslicher Gewalt den Täter oder die 25
Täterin anzeigt, sollten besondere prozessuale Anforderungen an diese Fälle 26
gestellt werden. Hierzu gehört eine bevorzugte, zügigere Terminvergabe nach 27
Anklageerhebung, so dass Opfer nicht über Jahre hinweg auf die Verhandlung 28
vor Gericht warten müssen. Des Weiteren fordern wir eine verpflichtende 29
professionalisierte Ausbildung der Strafjustiz insbesondere in Bezug auf den 30
Opferschutz und den Umgang mit potentiell traumatisierten Menschen. 31
Begründung:
erfolgt mündlich
Seite 66
Antrag A026
Betr.: Medizinische Versorgung sicherstellen – für eine medizinische Fakultät an der Universität Passau
Antragsteller: Bezirksverband FDP Niederbayern
Medizinische Versorgung sicherstellen – für eine medizinische Fakultät an der 1
Universität Passau 2
Die FDP Bayern fordert die Einrichtung einer medizinischen Fakultät, 3
einschließlich eines Universitätsklinikums, in Passau. Zu diesem Zwecke kann 4
das bereits bestehende Klinikum zu einer Universitätsklinik ausgebaut werden. 5
Durch kreative Kooperationen mit anderen Universitätskliniken und Kliniken der 6
Region kann eine kostengünstige, effiziente und den Belangen der Region 7
adaptierte Universtitätsklinik verwirklicht werden. 8
9
Begründung:
Zu dem in der Bayerischen Verfassung formulierten Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse
gehört selbstverständlich eine gute medizinische Versorgung auf allen Ebenen.
Niederbayern hat neben Oberfranken als einziger Regierungsbezirk kein Krankenhaus der
III. Versorgungsstufe, geschweige denn ein Universtätsklinikum. Schwerkranke Patienten
müssen daher nicht selten in weit entfernte Universitätskliniken verlegt werden. Der
flächenmäßig große Bezirk Niederbayern ist in der medizinischen Versorgung deutlich
schlechter gestellt, als fast alle anderen Bezirke.
Darüberhinaus ist das ländlich geprägte Niederbayern besonders durch den
Landarztmangel betroffen, auch auf der Ebene der ambulanten Grundversorgung kann eine
angemessene medizinische Versorgung hier kaum mehr sichergestellt werden. Die Folgen
sind insbesondere unzumutbare Anfahrts- und Wartezeiten und eine strukturelle
Unterversorgung des gesamten Bezirks. Um diesem Missstand entgegenzuwirken, müssen
Anreize zur Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten geschaffen werden.
Ein eigenes Universitätsklinikum in Niederbayern würde nicht nur die eklatante Lücke in der
medizinischen Maximalversorgung schließen, sondern auch einen Anreiz für Ärztinnen und
Ärzte darstellen, sich im Bezirk niederzulassen. Auch wirtschaftliche und infrastrukturelle
Vorteile würden hierdurch in Aussicht gestellt werden. Durch die mit einer medizinischen
Fakultät verbundenen Forschungsprojekte (insbesondere aus Drittmitteln) erhält der Bezirk
Niederbayern die Gelegenheit, sich zu einem Innovationsstandort zu entwickeln und so
sowohl Arbeitsplätze als auch Finanzmittel (für andere Fakultäten der Uni und die Region
insgesamt) zu generieren (Beispiel dieser Entwicklung: Universitätsklinik Regensburg).
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Passau bietet aufgrund seiner Lage und seiner schon bestehenden Infrastruktur als
Basisstandort dafür die besten Voraussetzung.
FDP Bayern Goethestraße 17 80336 München mail@fdp-bayern.de