Post on 30-Dec-2020
Semiotik
Seminararbeit von Alexandra Figl (mk171011)
Bachelorstudiengang Media- und Kommunikationsberatung
LV: Methoden und Instrumente der Markt- und Mediaforschung III
LV-Leiter: FH-Prof. Mag. Helmut Kammerzelt, MAS
St. Pölten, am 17.06.2019
I
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .......................................................................................................................... 1
2 Allgemeines über die Semiotik .......................................................................................... 2
2.1 Zeichen ...................................................................................................................... 2
2.2 Bedeutung der Semiotik ............................................................................................ 2
2.3 Herkunft und Zweiseitigkeit der Semiotik ................................................................... 3
3 Anwendungsfelder ............................................................................................................ 4
3.1 Semiotik am Markt ..................................................................................................... 4
3.2 Semiotik in der Werbung ........................................................................................... 5
3.2.1 Verpackungen .................................................................................................... 6
3.2.2 Aktuelle Anwendung in der Werbung ................................................................. 6
4 Interpretative Semiotik ...................................................................................................... 7
4.1 Mündliche und schriftliche Kommunikation ................................................................ 7
4.2 FACS und Semiotik ................................................................................................... 7
5 Bilder als Kommunikationsinstrument ............................................................................... 8
5.1 Semiotische Bildanalyse ............................................................................................ 9
6 Fazit ................................................................................................................................ 10
1
1 Einleitung
Man kommuniziert immer, überall und unabhängig davon, ob die vermittelten Informationen
beabsichtigt und bewusst oder unbewusst und ungewollt weitergebeben werden. Das ist zum
Teil die Basis für die Semiotik. Folglich wird auch jede Information, die wir aufnehmen, von
uns interpretiert. Das tun wir, damit es für uns Sinn ergibt.1 Es gilt auch zu beachten, dass die
Semiotik nicht genau abgrenzbar ist, da auch ihre zwei Begründer (Peirce und Saussure) keine
gemeinsame Ansicht teilen.2 Grob gesagt beschäftigt sich die Semiotik mit Zeichen und deren
Prozessen.3 Diese Wissenschaft ist insofern sehr relevant, da uns Zeichen im täglichen Leben
ununterbrochen begegnen. Meist sogar, ohne dass wir es merken oder uns genauer damit
auseinandersetzen.4
Im Marketing und in der Werbekommunikation hat die Semiotik mittlerweile eine
Schlüsselfunktion eingenommen. Sie kann über Erfolg oder Misserfolg einer Marke
entscheiden. Eingesetzt werden können verbale, visuelle und performative Elemente. Bei
Letzterem handelt es sich um Tätigkeiten der RezipientInnen. Beispiele für solche Bestandteile
sind Logos, Farben und Texte.5 Vor allem aber hat die Semiotik eine bedeutende Rolle für die
Analyse in der Werbung. Der Fokus liegt dabei auf der Untersuchung der transportierten
Botschaft.6 Diese Arbeit konzentriert sich auf den Anwendungsbereich der Semiotik im
Marketing und der Werbung.
1 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.5 2 Vgl. Eco, Einführung in die Semiotik, 2002, S.28 3 Vgl. DGS, Was ist Semiotik?, o.J., o.S. 4 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.35 5 Vgl. Faizan, The Role of Semiotics in Advertising, 2019, S.138 6 Vgl. Nöth, Handbuch der Semiotik, 2000, S.508f.
2
2 Allgemeines über die Semiotik
Die Semiotik, welche auch Semiologie genannt wird, ist laut der Deutschen Gesellschaft für
Semiotik (DGS) jene Wissenschaft, welche sich mit Zeichenprozessen beschäftigt, die in
Kulturen und der Natur vorkommen.7 Anders gesagt setzt sich die Semiotik mit Zeichen und
deren Sinn auseinander und beschäftigt sich generell mit den Themen rund um
Kommunikation. 8 Die einfachste Übersetzung für Semiotik ist also die „Lehre der Zeichen“.9
2.1 Zeichen
Als Zeichen gelten beispielsweise Bilder und Wörter, aber auch eine Geste oder ein Geruch
zählen dazu. Produkte selbst werden auch als Zeichen angesehen.10 Die Gemeinsamkeit
dieser Begriffe liegt darin, dass Informationen durch sie vermittelt werden können.11 Zeichen
stehen in engem Zusammenhang mit Kultur. Ihre Entstehung passiert durch kulturelle
Übereinstimmungen. Daraus haben sich Zeichenregeln ergeben, die ständiger
Weiterentwicklung ausgesetzt sind.12
2.2 Bedeutung der Semiotik
Zeichenprozesse, auch als Semiosen bekannt, haben die Aufgabe Zeichen zu bilden,
herzustellen, zu verbreiten und zu rezipieren. „Ohne Semiose wären Kognition,
Kommunikation und kulturelle Bedeutungen nicht möglich.“13
Die WissenschaftlerInnen der Semiotik beschäftigen sich mit der Frage, was alles als Zeichen
gelten kann. Dabei halten sie sich an das Regelwerk von Zeichensystemen. Außerdem werden
die Zeichen unterschieden nach „den verschiedenen Funktionen und Gebrauchsweisen von
Zeichen, nach ihrer Materialität, Medialität, Performativität und Ästhetik sowie nach den
Beziehungen zwischen verschiedenen Zeichensystemen und Medien.“14
Der Besitz von gewissen Gegenständen, das Tragen von bestimmter Kleidung und das
Konsumieren von Speisen – all dies kann, beziehungsweise wird, als zeichenhaft angesehen
und hat eine sofortige Interpretation zufolge. Denn es macht einen Unterschied ob jemand ein
Auto besitzt oder nicht, ob jemand einen Anzug oder eine Jeans trägt oder ob jemand
Meeresfrüchte oder Fast Food isst. Allein während eines Gesprächs werden unzählige
Zeichen über Mimik, Gestik oder die Körperhaltung gesendet.15 Zeichen begegnen uns also
7 Vgl. DGS, Was ist Semiotik?, o.J., o.S. 8 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.1 9 Müller/Sottong, Der symbolische Rausch, 1993, S.10 10 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.47 11 Vgl. DGS, Was ist Semiotik?, o.J., o.S. 12 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.47 13 DGS, Was ist Semiotik?, o.J., o.S. 14 Ebd., o.S. 15 Vgl. Titzmann, Vorwort in Probleme der Semiotik, 1993, o.S.
3
im Alltag ununterbrochen, aber nur selten nehmen wir sie bewusst wahr. Trotzdem wird jedes
Zeichen interpretiert.16
Die Semiotik beschränkt sich aber nicht auf die Kommunikation und Kultur von Menschen. Sie
behandelt zum Beispiel auch die Interaktion innerhalb der Natur, sprich von Tieren und
Pflanzen. Ebenso wird die Informationsverarbeitung in Maschinen von der Semiologie
umfasst. Aufgrund dieser Vielfalt und dem langen Bestehen der Semiotik, gilt sie als
interdisziplinäres Instrument, um andere Wissenschaften, Disziplinen und Kulturen zu
analysieren und zu vergleichen.17
2.3 Herkunft und Zweiseitigkeit der Semiotik
Semiotik ist keineswegs eine neue Thematik, sondern eher das Gegenteil. Man befasste sich
auch schon früher mit Zeichen und Sprache.18 Schon in der abendländischen Philosophie
wurde über dieses Thema nachgedacht.19 Dasselbe taten beispielsweise auch bereits
Aristoteles oder die Stoiker.20
Semiotik als Wissenschaft gibt es zirka seit Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Zu dieser Zeit wurde sie in zwei unterschiedliche Richtungen gedeutet:
• Semiotik „als Mutterdisziplin der Sprachwissenschaften und Teil der
‚Sozialpsychologie‘“21 laut Ferdinand de Saussure (Linguist aus Europa)
• Semiotik „als eine dem Wesen nach philosophische Disziplin (…) und (…) der Logik
sowie der Phänomenologie (…)“22 zugehörig laut Charles Sanders Peirce (Philosoph aus
Amerika)
Aus dieser parallelen Zweiseitigkeit entwickelten sich die heutigen Richtungen der Semiotik.
Man unterscheidet zwischen der strukturellen/generativen Ausprägung, die von der Ansicht
Saussures ausgeht, und der interpretativen Ausrichtung, die auf den Erkenntnissen von Peirce
basiert. Ebenso zweiseitig ist die Zuordnung der Semiotik zu einem fachspezifischen Gebiet.
Einerseits soll sie eben der Philosophie zugehörig sein, andererseits ist sie aber als
Humanwissenschaft definiert.23 Die Semiotik und die ihr zugehörigen Begriffe, wie zum
Beispiel ‚Zeichen‘ sind bis heute keiner einheitlichen Definition zuzuordnen. Das liegt unter
16 Vgl. Keller, Zeichentheorie, 2018, S.19 17 Vgl. DGS, Was ist Semiotik?, o.J., o.S. 18 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.1 19 Vgl. DGS, Was ist Semiotik?, o.J., o.S. 20 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.1 21 Ebd., S.1 22 Ebd., S.1 23 Vgl. Ebd., S.1f.
4
anderem auch daran, dass die vorher erwähnten Ansätze der Semiotik zu unterschiedlich sind,
um zu einem Konsens kommen zu können.24
3 Anwendungsfelder
Semiotik ist ein sehr breit gefächertes Gebiet. In der Forschung hat man sich vor allem auf
verschiedene Künste, sprich Literatur, Musik, Malerei und Theater, konzentriert. Das kommt
daher, dass all diese künstlerischen Richtungen auf sprachlichem Ausdruck basieren.25
Mittlerweile sind aber andere Bereiche in den Vordergrund gerückt. In den vergangenen
Jahren hat man sich vermehrt mit der visuellen Kommunikation und der
Massenkommunikation im Sinne der Semiotik beschäftigt.26 Die Marketingsemiotik ermöglicht
uns die Untersuchung der Kommunikation und der dahinter liegenden Bedeutung. Außerdem
verfügt der Markt dadurch über die notwendigen Instrumente, um neue Konzepte und
Botschaften für die Werbung zu erstellen. Möglich ist das durch den sinnvollen Einsatz von
Symbolen und Zeichen.27
3.1 Semiotik am Markt
Zeichen an sich sind aber vor allem im Marketingbereich unumgänglich. Denn durch Zeichen
soll potenziellen KundInnen vermittelt werden, dass dies das passende Produkt für sie ist. Die
Zeichen, die dem Produkt gegeben werden, müssen also eine gewisse Botschaft und
Bedeutung an die Personen übermitteln.28 Durch den richtigen Einsatz können Unternehmen
ihre Reichweite bei KundInnen steigern. Zum Beispiel können Metaphern effektiv eingesetzt
werden, da sie in einer Zielgruppe meist allgemein verständlich sind. Verwendet man den
Ausdruck, dass das Glas halb voll ist, so zeigt das von Optimismus und hat eine positive
Wirkung.29 Das gewählte Zeichen muss das Produkt von anderen unterscheidbar machen und
KonsumentInnen müssen dies erkennen und als Vorteil betrachten, was schließlich zur
positiven Kaufentscheidung führt. Aus Sicht der Semiotik findet auf dem Markt ein Prozess
statt, in dem Zeichen ständig gesucht und gegeben werden. Das trifft vor allem auf die
Produktentwicklung zu. Der Einsatz von Zeichen benötigt große Sorgfalt, denn wenn eines
falsch kommuniziert, wird die Wahrnehmung der KonsumentInnen gestört. Deswegen ist es
wichtig, dass das Zeichenverständnis von der Produktentwicklung bis zur Werbeabteilung
einheitlich vorhanden ist.30
24 Vgl. Müller/Sottong, Der symbolische Rausch, 1993, S.10f. 25 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.321 26 Vgl. Eco, Einführung in die Semiotik, 2002, S.24f. 27 Vgl. Faizan, The Role of Semiotics in Advertising, 2019, S.135 28 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.35 29 Vgl. Faizan, The Role of Semiotics in Advertising, 2019, S.138 30 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.35f.
5
Das richtige Zeichen für ein Produkt ist jenes, das die Werte kommuniziert, die das Produkt
ausmachen. Außerdem müssen sie kulturell angepasst werden. Ein Beispiel: Die Automarke
Maybach vom Hersteller Mercedes hat in der Gesellschaft einen bestimmten Stellenwert,
welcher im Normalfall sehr hoch ist. Damit das auch so bleibt, muss er entsprechend wertvoll
präsentiert werden, was sich im Design und in der Kommunikation wiederspiegelt. Die Zeichen
für einen Maybach müssen also in der jeweiligen Kultur als wertvoll und nicht als
durchschnittlich oder normal angesehen werden. Das heißt, dass einem Maybach eine Art
bessere oder höher Bedeutung zugewiesen wird und somit hat er „einen semantischen
Mehrwert (…): er ist mehr wert, weil er mehr bedeutet.“31
Eine Marke setzt sich also aus mehreren einzelnen Zeichen zusammen und gilt deshalb als
Zeichensystem. Dieses sollte natürlich zusammenhängend und schlüssig sein. Dazu gehört
neben der grafischen Darstellung und dem Werbeauftritt auch alles, was nach außen hin
kommuniziert wird, wie zum Beispiel durch MitarbeiterInnen.32 Ein Gespräch mit KundInnen
wird schon durch Mimik und Gestik beeinflusst, auch, wenn diese gar nicht bewusst eingesetzt
werden.33 Erst Zeichenprozesse verleihen einer Marke ihre Einzigartigkeit.34
Zukünftige Erfolge am Markt werden in immer stärkerem Zusammenhang mit semiotischem
Wissen stehen. Zeichensysteme und -prozesse müssen verstanden und entwickelt werden
können, um als Marke am Markt bestehen zu können.35
3.2 Semiotik in der Werbung
Es ist nicht ganz klar, ab wann die Disziplinen Semiotik und Werbung gemeinsam erforscht
wurden. Einerseits sagt man, die Werbekommunikation begann in den siebziger Jahren für die
semiotische Forschung interessant zu werden.36 Andererseits heißt es, dass der Ursprung
schon etwas früher in den 1960er Jahren liegt.37 Der Fokus lag damals hauptsächlich auf der
sprachlichen Ebene der Werbung. Nicht viel später wurde damit begonnen, die Werbung, mit
all ihren Bestandteilen umfassender und komplexer zu analysieren. Ziel war es, den
strategischen Gedanken hinter der Werbemaßnahme zu erkennen. Meist basiert eine
Werbung entweder auf der Erzähltheorie oder der gestalterischen Aufmachung. Betrachtet
man die narrative Richtung, so ist schnell ein Muster zu erkennen. Besonders beliebt sind in
der Werbung nämlich Vergleiche mit Konkurrenzprodukten, die den eigenen
Produktnutzenvorteil unterstreichen sollen. Genauso oft werden Paradoxa angewandt, was
heißt, dass ein unlösbares Problem aufgezeigt wird, wofür das beworbene Produkt dann
31 Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.45 32 Vgl. Hager, Semiotische Betrachtung, 2015, o.S. 33 Vgl. Comrecon, Macht der Symbolik, o.J., o.S. 34 Vgl. Hager, Semiotische Betrachtung, 2015, o.S. 35 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.39 36 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.308 37 Vgl. Nöth, Handbuch der Semiotik, 2000, S.508
6
schließlich die ideale Lösung darstellt. Die Aufgabe der Semiotik hierbei ist, die hinter den
Texten liegenden Philosophien herauszufinden und sie im besten Fall zu Typologien zu
entwickeln. Bezogen auf die visuelle Gestaltung von Werbung, beschäftigt sich die Semiotik
hier mit der Analyse von den eingesetzten Elementen. Bei einem Sujet betrifft das die
Platzierung von Überschrift und Text und dem Verhältnis zum Bild. In einem Werbespot
konzentriert man sich auf die gewählten Bildausschnitte und die Montage. Generell wird vor
allem auf die Verwendung von Farben und Formen geachtet. Geht man noch einen Schritt
weiter, können sogar Verhaltensformen oder einfache Handelswaren darunterfallen. Diese
weitreichende Dimension macht die visuelle Gestaltung zu einem der spannendsten Bereiche
der Semiotik.38
3.2.1 Verpackungen
Die visuelle Analyse umfasst aber auch das Verpackungsdesign, sowie die Gestaltung des
Logos.39 Dabei muss beachtet werden, dass Verpackungen ein Bestandteil der Werbung und
des Kommunikationsauftritts sind. Die Gestaltung des Packaging muss von allen
RezipientInnen verstanden werden können. Daher ist es wichtig, dass kulturelle Werte und
gesellschaftliche Normen beachtet werden. Der kulturelle Aspekt von Verpackungen in
Zusammenhang mit Raum und Zeit darf bei der semiotischen Interpretation nicht außen
vorgelassen werden. „Verpackungen sind nicht als ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ lesbar.“40 Man muss bei
der Gestaltung und der Auswahl der Zeichen auf Nachvollziehbarkeit achten. Wenn
beispielsweise eine exotische Frucht auf der Verpackung eines Shampoos abgebildet ist, dann
werden KonsumentInnen den Inhalt mit dieser Frucht in Verbindung bringen. Ob das positive
oder negative Assoziationen sind und ob dadurch ein Kauf zustande kommt, ist unklar. Es ist
auch nicht sicher, dass der Inhalt ein Shampoo ist, das nach exotischem Obst riecht, obwohl
das die meisten Personen annehmen werden. Um diese Annahme überhaupt treffen zu
können, sind aber einheitliche Codes nötig. Wenn jemand diese exotische Frucht und deren
Duft nicht kennt, dann wird diese Person auch andere Assoziationen damit haben und die
Botschaft anders verstehen. In diesem Fall stimmt das kulturelle Verständnis nicht überein.41
3.2.2 Aktuelle Anwendung in der Werbung
Heute hat die Semiotik für die Werbung vor allem eine Optimierungsfunktion. Wenn eine
Werbung nicht so erfolgreich ist wie erwartet, kann der Fehler möglicherweise durch eine
semiotische Analyse gefunden und behoben werden. Besser ist es natürlich, die
Werbekampagne schon vorab semiotisch zu überprüfen. Der Fokus liegt dabei auf den
38 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.308 – 312 39 Vgl. Ebd., S.311 40 Kerschensteiner, Verpackungssemiotik, 2017, S.76 41 Vgl. Ebd., S.74 – 76
7
verwendeten Zeichen und was diese aussagen und bedeuten. Wie Bild und Text,
beziehungsweise Ton, angeordnet sind und in welcher Reihenfolge diese auftreten, muss
auch berücksichtigt und analysiert werden. Mit der Semiotik wird also überprüft, ob die
beabsichtigte Botschaft auch so bei den RezipientInnen aufgefasst wird.42
4 Interpretative Semiotik
Jeder Text muss laut der interpretativen Semiotik mit dem eigenen Wissen der LeserInnen
verknüpft werden, damit er auch verstanden werden kann. Nur so bekommt man auch alle
Informationen aus einem Werk. Der jeweilige Satz oder Absatz steht immer im Kontext zum
restlichen Text. Das muss beim Lesen beachtet werden. Müsste man all diese logischen
Zusammenhänge im Text schriftlich festhalten, würde ein Werk doppelt bis dreifach so lang
werden. AutorInnen gehen davon aus, dass LeserInnen über ein bestimmtes Wissen verfügen,
um ihre Texte sinngemäß zu verstehen.
4.1 Mündliche und schriftliche Kommunikation
Dieses System gilt auch für Gespräche, wobei es hierbei natürlich einfacher ist den
Wissensstand des Gegenübers während des Gesprächs zu erkennen und sich dem laufend
anzupassen. Das Problem bei der schriftlichen Kommunikation ist, dass die
Kommunikationspartner eine räumliche und/oder zeitliche Distanz überwinden müssen. Hier
basiert viel auf Annahmen und Vermutungen, was sich folglich auch negativ auswirken kann.
In der Werbung funktioniert es so, dass der Absender seine Zielgruppe im Vorhinein genau
analysiert. Man will über Kaufgewohnheiten, Verhaltens- und Sprechweisen, sowie psycho-
soziale Fakten Bescheid wissen. Denn hinter der Werbung steht immer eine strategische
Absicht, seine Zielgruppe zu einem bestimmten Verhalten zu überzeugen.43
4.2 FACS und Semiotik
FACS steht für Facial Action Coding System und „ist ein Instrument zur Klassifikation
menschlicher Gesichtsausdrücke.“44 Sobald ein Gesichtsausdruck auftritt, wird dieser visuell
durch ein Bild oder Video aufgenommen und gespeichert. Durch deren Analyse stellt man
Emotionen fest. Das funktioniert dadurch, dass die jeweiligen Bewegungen im Gesicht zu
‚Action Units‘ zugeordnet werden. Beispiele dafür sind das Rümpfen der Nase oder das
Hochziehen der Augenbrauen. Das System basiert auf sieben Grundemotionen, die durch
Paul Ekman definiert wurden: Furcht, Überraschung, Verachtung, Trauer, Wut, Ekel und
42 Vgl. Comrecon, Markenkommunikation, o.J., o.S. 43 Vgl. Volli, Semiotik, 2002, S.161f. 44 Hager, FACS und Semiotik, 2015, o.S.
8
Freude. Jede Emotion lässt sich durch bestimmte Muskelbewegungen im Gesicht erkennen,
die man nicht verstecken beziehungsweise kontrollieren kann.45
Die digitale Version des FACS sind sozusagen Emoticons. Der Unterschied liegt jedoch darin,
dass Emotionen in der face-to-face Kommunikation nicht bewusst gesteuert werden können
und unkontrolliert ausgedrückt werden. Emoticons werden aber ganz bewusst verwendet und
sind meistens etwas überspitzt dargestellt. Vor allem in der Online-Kommunikation spielen
Emoticons eine signifikante Rolle.46 Smileys, die als Gruppe der Emoticons gelten, sind von
den Basisemotionen nach Ekman abgeleitet. Bereits die einfachen Emoticons, bestehend aus
Doppelpunkt, Klammer, etc. basieren auf der Theorie des FACSs. Den bekannten Smileys mit
den gelben Gesichtern wurden weitere und umfassendere Musekelbewegungen hinzugefügt.
Mittlerweile wurde die Mimik der sozusagen menschlichen Emoticons auch auf Tierköpfe oder
Gegenstände übertragen, um als Smileys zu fungieren.47
Das FACS entstand, um menschliche Schmerzen genauer erforschen zu können. Auch in der
Verhaltensforschung findet dieses Verfahren Anwendung. In der qualitativen Marktforschung
verwendet man das FACS um Personen genauer analysieren zu können. Man konzentriert
sich dabei auf das Entschlüsseln von Mimik und Emotionen, um beispielsweise Ergebnisse
zum menschlichen Verhalten zu bekommen. Mit dem FACS können Eigenschaften einer
Person unterschiedlichen Ursprungs analysiert werden. Für die Marktforschung sind vor allem
die Eigenschaften der Person selbst und die der Situation besonders wichtig. Damit kann man
erforschen, welchen situativen Einfluss werbliche Botschaften und Strategien auf jemanden
haben und welche Reaktionen dadurch entstehen.
Kombiniert man also das Facial Action Coding System mit der Semiotik, so erhält man
Antworten auf die Frage: „Was in der Werbebotschaft löst Emotionen aus (FACS) und welche
Elemente in der Botschaft (Semiotik) sind dafür verantwortlich?“48 Angewandt werden kann
diese Methodik auf Bilder und Videos. Ein großer Vorteil ist, dass dadurch noch objektiver und
genauer gearbeitet werden kann.49
5 Bilder als Kommunikationsinstrument
Durch Bilder können Informationen schneller transportiert werden, als es durch Worte möglich
ist. Außerdem können Tatsachen von RezipientInnen leichter begriffen werden, wenn sie
grafisch abgebildet sind. Daher neigen Printmedien mittlerweile dazu mehr Grafiken in ihren
Artikeln zu verwenden. Auch die Größe der Abbildungen steigt. Dieses Phänomen entdeckte
45 Vgl. Hager, FACS und Semiotik, 2015, o.S. 46 Vgl. Trautsch/Wu, Emotikons im WWW, 2012, S.55 47 Vgl. Ebd., S.60 48 Hager, FACS und Semiotik, 2015, o.S. 49 Vgl. Ebd., o.S.
9
1985 schon eine US-amerikanische Zeitung ‚USA Today‘. 32% des Mediums bestand aus
Bildern, was der Zeitung zur Marktführerschaft verhalf. Durch den Einsatz von Bewegtbild hat
das Fernsehen als Medium an Bedeutung zugenommen. Vor allem die Möglichkeit der
passiven Informationsaufnahme war ausschlaggebend dafür. Am stärksten sind Bilder aber
online vertreten. Im Internet ist die Lesebereitschaft besonders gering. NutzerInnen wollen
eine übersichtliche und simple Darstellung, damit Informationen so einfach wie möglich
rezipiert werden können.50
Bilder können für Marken und Produkte ein wichtiger Teil des Erfolgs sein, vorausgesetzt sie
werden richtig eingesetzt.51 Unter ‚richtig einsetzen‘ versteht man, dass das Bild die
Erwartungen der RezipientInnen erfüllt. Ansonsten wird das Gesehene nicht wahrgenommen,
sondern übersehen.52 Der grafische Auftritt einer Marke kann als Unterscheidungsmerkmal
dienen, wenn das beworbene Produkt nicht objektiv abgrenzbar ist. Problematisch ist dabei
nur, dass Werbegrafiken immer mehr mit redaktionellen Bildern konkurrieren müssen. 53
5.1 Semiotische Bildanalyse
Syntax, Semantik und Pragmatik sind die Ebenen, die die semiotische Bildanalyse betrachtet.
Syntax ist die Ebene, welche sich mit dem Einsatz von Gestaltungsmitteln beschäftigt. Damit
soll herausgefunden werden, welche Elemente verwendet wurden und warum. Mit der
Semantik wird die enthaltene Information qualitativ und quantitativ analysiert. Man will die
Botschaft, die das Bild transportiert, erkennen. Durch die pragmatische Ebene soll erfasst
werden, in welchem Zusammenhang und aus welchem Grund ein Bild veröffentlicht wurden.
Damit ist gemeint, ob es beispielsweise der Kunst zuzuordnen ist oder werblichen Zwecken
dient.54
50 Vgl. Ender, Hampel, Wachholder, Bedeutungsmanagement, 2005, S.191f. 51 Vgl. Ebd., S.194 52 Vgl. Ebd., S.198 53 Vgl. Ebd., S.193f. 54 Vgl. Ebd., S.200f.
10
6 Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Semiotik ein sehr spannendes, interessantes
und vor allem ein sehr weitreichendes Themengebiet ist. Dabei ist anzumerken, dass die
Semiotik mit vielen wissenschaftlichen Disziplinen kombiniert werden kann. Auch gibt es
unterschiedliche Definitionen und Ausrichtungen der Semiotik, was vor allem auf die
historische Entwicklung und die differenten Ansichten der Begründer zurückzuführen ist.
In der Werbe- und Markenkommunikation hat die Semiotik in den vergangenen Jahren stark
an Bedeutung zugenommen. Zeichen sind die Grundlage jeglicher Kommunikation und
müssen daher sorgfältig ausgewählt und eingesetzt werden. Das betrifft das Produkt selbst,
die Verpackung, sowie die gesamte Werbung. Gemeinsam mit moderner Technologie ist die
Semiotik ein wichtiger Bestandteil heutiger Werbegestaltung und -optimierung. Durch den
verstärkten Einsatz von Bildern und Grafiken in der Kommunikation, muss man als Absender
jede mögliche Interpretation davon abklären. Nur so kann garantiert werden, dass die
Botschaft von den RezipientInnen richtig decodiert wird.
Abschließend muss man festhalten, dass, obwohl die Semiotik schon eine lange
Vergangenheit hat, sie aber trotzdem ein Zukunftsthema sein wird. Jedes Unternehmen, das
am Markt bestehen bleiben will, wird sich früher oder später mit Semiotik und ihrer Bedeutung
für die Marketing- und Werbekommunikation auseinandersetzen müssen.
11
Literaturverzeichnis
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