Post on 17-Jan-2016
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Soziale Identität, kulturelle Distinktion und Gewalt in Jugendcliquen
Am Beispiel jugendlicher Fussballfans in Babelsberg
Übersicht
1 Vorstellung des Textes
2 Beispiel: Ultràs Babelsberg
3 Kritikpunkte und Thesen
4 Literatur
Art des Textes
Text ist in einer Festschrift anlässlich des 65. Geburtstages Friedhelm Neidhardts erschienen
Zusammenfassung einer qualitativen Studie
Zentrale Fragestellung
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Bildung von adoleszenten Peergroups und der Ausübung von Gewalt?
Hypothese
Gewalt und Gewaltdrohung sind spezifische Distinktionsstrategien, deren Rationalität sich aus den jeweiligen lebensweltlichen Kontexten der Jugendlichen entspringt.
Theoretische Ausgangspunkte
Theorie sozialer Identität nach Tajfel und Turner
Habitustheorie Pierre Bourdieus
Soziale Gruppe als Ort der Erzeugung von Emotionen
Kontrastschärfe der Abgrenzung
Eher dichotom eher plural
(„schwarz-weiß Sicht“) („Grautöne“)
Generalisierung des Gesltungsanspruches
verabsolutiert situativ
Typen der Abgrenzung
„Distanz halten“: räumliche Abgrenzung, Vermeidung von Kontakten
„Rivalität“: Abgrenzung gegenüber ähnlich gelagerten Gruppen, stilistische Abgrenzung, Abwertung von Mitläufern und „Möchtegerns“
„Feindschaft“: offene Konfrontation, teilweise gewalttätige Auseinandersetzung
Gruppenprozesse und Abgrenzungsverhalten
„Homogenisierung“: Prozess der Angleichung innerhalb der Gruppen; je klarer die eigene Selbstdefinition um so schärfer die Abgrenzung nach aussen
„Reduzierung der Aussenbeziehungen“: bei einigen Gruppen reduzieren sich die Aussenbeziehungen auf ein Minimum; je geringer die Aussenkontakte, umso wichtiger das positive Bild der eigenen Gruppe
Beispiel: Ultràs Babelsberg
Aufklebermotiv, 2004
Charakteristiken der Gruppe
35 – 40 Mitglieder Alter: 16 – 28 Jahre Heterogene soziale Zusammensetzung (Schüler,
Azubis, Studierende, Arbeiter, Erwerbslose) Überwiegend männlich (2 junge Frauen) Diverse individuelle Stile (HipHopper, Punks,
Autonome, Skinheads, Mods)
Kurze Geschichte der Gruppe
95 / 96: erster Fanclub FC Munke (benannt nach Potsdamer Arbeiterviertel)
99 / 00: Gründung des „Filmstadt Inferno `99“ als Zusammenschluss mehrer kleiner Fangruppen
Seit dem Konsolidierung der Gruppe und Herausbildung einer bestimmten kollektiven Identität
Kollektive Identität der Babelsberger Ultràs
Definiert sich nicht über ein zentrales Merkmal
Mindestens drei zentrale identitäre Bezugspunkte, die sich gegenseitig beeinflussen
kollektive Identität der Babelsberger Ultràs ist hybrid (patch-work-identity)
Weltanschauung / Ideologie
Antifaschistisch Antirassistisch Antisexistisch
Logos der Babelsberger Ultràs
Fussballfan-Sein
Insbesondere die Selbstdefinition als Ultràs Abgrenzung zu „Kutten“ und „Kommerzfans“ Kreative und intensive Unterstützung des
Vereins
Fussballfan - Sein
Fussballfan - Sein
Abgrenzung zu „Kutten“ als Thema eines Aufklebers
Babelsberger – Sein / lokale Identität
Bezug auf den Stadtteil in dem der Verein beheimatet ist
Bezug auch auf den Status Babelsberges als „alternativem Kiez“
Verständnis Babelsberges als eigene „Homezone“, keine Akzeptanz von rechten Jugendlichen im Kiez
Kennzeichnung der Raumes
Sprühschablonenmotive in Babelsberg
Sprache
„Noi siamo la curva nord!“
„Döner, Falafel – wir kommen von der Havel!“
„Knieht nieder ihr Bauern, die Babelsberger sind da.“
Zusammenfassung
Die kollektive Identität der Babelsberger Ultràs setzt sich verschiedenen Komponenten zusammen, welche an und für sich in keinem offensichtlichen Zusammenhang stehen.
Zusammenfassung
Das zentrale Distinktionsmerkmal besteht gerade der Verbindung dieser Komponenten (linke Ideologie, Ultrà-Sein, lokale Identität, individuelle subkulturelle Stile).
Zusammenfassung
Links - SeinLinks - Sein
Babelsberger - SeinBabelsberger - SeinFussballfan - SeinFussballfan - Sein
Ultrà
Zusammenfassung
Je nach Identitätsmerkmal lässt sich eine spezifische Form der Aushandlung / Entstehung innerhalb der Gruppe ausmachen.
Ein allgemeines, gleichbleibendes Schema ist dabei nicht erkennbar.
Zusammenfassung
Je nach Merkmal handelt es sich um Kombinationen von generalisierten, dichotomen, situativen und eher spezialisierten Abgrenzungsmustern – abhängig von der jeweiligen Referenzgruppe.
Fragen / Kritikpunkte
Lassen sich Jugendgruppen heute noch in ausreichendem Maße durch subkulturelle Stile beschreiben / einordnen?
Besteht nicht viel mehr ein Merkmal gerade auch in gruppeninterner Pluralität?
Fragen / Kritikpunkte
Die Studie behandelt die unterschiedlichen Jugendgruppen relativ undifferenziert. Können „Anarchoveganer“ und „rechte Skinheads“ wirklich gleichgesetzt werden?
Oder werden hier relevante Unterschiede unzulässigerweise ausgeklammert?
Fragen / Kritikpunkte
Lassen sich die schematischen Abgrenzungsmuster auf die Babelsberger Ultràs anwenden?