Post on 05-Oct-2020
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Sozialpolitik im internationalen Vergleich:
Pflege im Wohlfahrtsstaat
Antje Eichler M.A.Universität Trier
Vorlesung Universität TrierWS 2011/12 31.01.2012
2
Ankündigung
Das Thema der kommenden Woche entfällt!Dafür behandeln wir rückblickend Fragen zur Vorlesung.Außerdem werden Fragen bzgl. der Klausur beantwortet.
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„Japans Bevölkerung wird in den kommenden Jahren massiv schrumpfen und rasant altern -
das besagt eine Schätzung der Regierung in Tokio. Bis zum Jahr 2060 werde
das Land fast ein Drittel seiner Einwohnerzahl verlieren. Die Sozialsysteme geraten schon jetzt unter Druck.“
(Spiegel Online, 30.01.2012)
„Rudi Assauer
–
Alzheimer-Drama! Sorge um den größten Macho der
Bundesliga. (Bild Online, 31.01.2012)
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5
6Universität Trier Antje Eichler 631.1.2012
Gliederung der heutigen Sitzung
1. Einführung2. Rahmenbedingungen3. Pflegepolitik in Europa4. Beispiel Deutschland5. Klausur
„ (...) Care - is the most important social issue that faces us as a society (...)“ (Federal Minister for
Labour, Social
and Consumerism
Affairs
Erwin Buchinger
2007)
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Einführung
Pflegebedürftigkeit als ‚modernes‘ ProblemFrüher --> Alter und Pflegebedürftigkeit = Armut; Siechen- und Armenhäuser
Demografischer WandelRückläufige Bevölkerung im FamiliengründungsalterLanglebigkeit/Hochaltrigkeit (Multimorbidität)Konzentration von Krankheit und Pflegebedarf auf die letzten (hohen) LebensjahreAusdifferenzierung der Lebensphasen (Stichwort: „junge Alte“)
Entscheidend besonders die Anzahl der HochaltrigenAnteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung variiert zwischen den einzelnen Wohlfahrtsstaaten
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Bevölkerungsentwicklung –
Anteil der über 65- Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Prozent
1960 1980 2000 2030 2050
Dänemark 10,6 14,4 14,8 21,3 22,2
Germany 11,5 15,6 16,4 26,3 29,6
UK 11,7 14,9 15,8 22,5 25,3
USA 9,2 11,3 12,4 19,6 20,6
Japan 5,7 9,1 17,3 31,8 39,6
Türkei 3,4 4,6 5,5 10,1 17,0
OECD 8,5 10,8 13,0 21,1 25,2
Quelle: OECD Demographic
and Labour Force Database (July
2006).
10
31% 48% 30% 18% 32% 26% 23% 23% 6% 20% 21% 20% 15% 11% 3% 4%
42%22%
26%34%
19% 25% 28% 28%
45%28% 25% 25% 28%
28%36% 32%
27% 30%44% 48% 49% 49% 50% 50% 50% 52% 54% 55% 57% 61% 62% 64%
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0-64 65-79 80+
Source: OECD Health Data 2010 and additional Australian and Swedish data.
LTC recipients by age, 2008
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Bevölkerungsstruktur von OECD-Ländern (80jährige und ältere)
Land 2000 20402000-40
Wachstum in %
Dänemark 4,0 6,9 72,5
Deutschland 3,7 8,7 135,1
Japan 3,8 14,1 271,1
UK 4,0 7,3 82,5
USA 3,3 6,9 109,1
Durchschnitt OECD
3,1 7,7 148,4
Quelle: OECD
12
Einführung
•
Betreuungs-
und Pflegebedürftigkeit als Rückkoppelungseffekt
des Wohlfahrtsstaates•
Geburtenrückgang = kleine und mittlerer Generationen Töchterpflegepotenzial schrumpft
•
Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Arbeitsplätze, medizinischer Fortschritt
•
Pflegebedarf als Kehrseite allgemein erwünschter Ziele, wie Gesundheit, Autonomie, Langlebigkeit und Individualisierung
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Familiale
Netzwerke in der Veränderung (Deutschland)
Merkmal der Hauptpflegeperson 1992 und 2002 Anteil in % 1992 Anteil in % 2002
Geschlecht
Weiblich 80 73
Männlich 20 27
Beziehung zur Pflegebedürftigen Person
(Ehe-)Partner 24 28
Mutter 14 12
Vater 00 01
Tochter 26 26
Sohn 03 10
Schwiegertochter 09 06
Sonstige Verwandte 06 07
Nachbar/Bekannte 04 08
Wohnform
Alleinlebend 22 31
Gemeinsamer Haushalt 78 69
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung (2012)
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Einführung
„Pflegebedürftig sind Personen, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit und Behinderung, für regelmäßige Verrichtungen des täglichen Lebens auf Dauer der Hilfe bedürfen.“Keine einheitliche Definition von ‚Pflegebedürftigkeit‘ in EuropaPflegebedürftigkeit = altersassoziiertes LebensrisikoIndividuelle Pflegebedürftigkeit
Fast die Hälfte der im Jahr 2007 Verstorbenen bezog im letzten Lebensjahr Leistungen der Pflegeversicherung (Deutschland)Fast jeder zweite wird Pflegebedürftig seinPflegebedürftigkeit = allgemeines Lebensrisiko
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Einführung
Einstellungen zur Betreuung älterer MenschenEinstellungen zu öffentlicher und familiärer Verantwortung
Nord-Süd-Gefälle in europäischen GesellschaftenNordeuropa = Gesellschaft; Südeuropa = Familie
Herausbildung von Carer-Regimen
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Wohlfahrtsstaatliche Einbettung
In welcher Form unterscheidet sich die Pflegeversorgung in den einzelnen Wohlfahrtsstaaten? Welche Rückschlüsse lassen sich in Bezug auf die einzelnen Wohlfahrtsstaatstypologie ziehen?Überwindung Geschlechter- und Klassenverhältnisse?
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Wohlfahrtsstaatliche Einbettung
Wohlfahrtsregimenationale Wohlfahrtsregime beinhalten Regulierungen für die Zuständigkeit sowie die Art und den Umfang von FürsorgetätigkeitenIn Rekurs auf Esping-Andersen wurde die Wohlfahrtsstaatstypologie ergänzt um die Geschlechterkategorie.Frage: In welcher Weise reproduziert der Wohlfahrtsstaat Geschlechterungleichheiten
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Typen des WohlfahrtsregimesLiberal Konservativ Sozialdemokratisch Postautoritär/rudime
ntär
Kommodifi-
zierung
Hohe Re-
Kommodifizierung
Mittlere De-
Kommofizierung
(für Familienernährer)
Hohe De-
Kommodifizierung
Mischsystem zw. Arbeits-
und Bürgerorientierung, zunehmend Deregulierung der Beschäftigungsformen
Privatisierung Hohe private Ausgaben für Alter und Gesundheit
Niedrig-mittel, Zwangssozialversicherung
Niedrig –
mittel, Soziale Grundsicherung
Ausgehend von privater hin zu öffentlicher Verantwortung
Familialisierung Marginale Bedeutung Zentrale Familienorientierung
Marginale Bedeutung Einerseits individuumszentriert, andererseits familienzentral
Konzeption von Gerechtigkeit
Hohe Ungleichheit, Leistungsgerechtigkeit
Stabile soziale Ungleichheit, Bedarfsgerechtigkeit
Geringe soziale Ungleichheit, Verteilungsgerechtigkeit
Modernität, Umverteilung
Länder Schweiz, USA Deutschland, Frankreich, Italien
Dänemark, Schweden, Finnland
Spanien
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Wohlfahrtsstaatliche Einbettung
GenderregimeBedingungen des Zugangs von Frauen zum Arbeitsmarkt, Entbindung von Frauen von der Fürsorge- und Haushaltsarbeit (Gleichberechtigung)Fürsorge „ist beeinflusst von sozialen Machtverhältnissen und unterliegt formellen und informellen Regeln, Gewohnheiten und Interpretationen, sie ist weitreichend verbunden mit der Geschlechterordnung und mit den Deutungen und Bewertungen nach Geschlechterstereotypen“ (Eckard 2004: 28)
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Table 2: Socio-economic data for selected countries (1*
Labour force participationrate
Women aged 15-64 yearsin %
Labour force participationrate
Persons aged 15-64 yearsin %
Part-Timeemploymentof women
in % (2*
Gender wage gap (%)
1994 2009 1994 2009 2009 1998 2008Germany 60,9 70,4 70,5 76,4 38,1 22 25Austria 61,3 69,6 71,0 75,3 32,2 23 21
UK 67,1 70,2 76,0 76,6 38,8 26 21US 69,4 69,0 76,7 74,6 19,2 24 20
Denmark 73,8 77,3 78,8 80,7 24,8 15 12Sweden 77,0 76,4 79,2 78,9 19,8 17 15OECD 57,5 61,3 69,4 70,7 26,1 21 16
Sources: (1*OECD (2010): OECD Employment Outlook – Moving Beyond the Job Crisis, Statistical Annex.Additional comment: (2* Part-Time employment as a proportion of total employment.
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Typologie personenbezogener sozialer Dienstleistungen
Dienstbotenmodell Familienmixmodell Dienstleistungsmodell
Kommodifi-
zierungHohe Frauenbeschäftigung
Disemployment-
Strategie/niedrige
Frauenbeschäftigung
Hohe Frauenbeschäftigung v.a. im Dienstleistungsbereich
Privatisierung Anstieg marktförmiger Dienstleistungen im Niedriglohnsektor
rel. hoher Anteil familialisierter, sozialstaatlicher Leistungen, qua Steuerpolitik und Transferzahlungen, mittleres Maß
an Niedriglohnarbeit im Sorgebereich
Ausgebaute öffentliche Dienste, professionelle Sorgearbeit
Konzeption von Gerechtigkeit
Hohe Ungleichheit Relativ hohes durchschnittliches Niveau des Lebensstandards, hohe Transfer-
und Versicherungsleistungen
Geringe soziale Ungleichheit bei hoher Steuerquote und Bürokratisierung
Länder Italien, Frankreich, Spanien
Deutschland, Region Emilia-
Romagna
(Italien)Schweiz, Belgien, Dänemark, Finnland
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Wohlfahrtsstaatliche Einbettung
CareregimeCare = Gesamtheit von Sorgearbeit als Teil der wirtschaftlichen und sozialen LeistungserbringungSorge/Care wird bezogen auf Arbeit in Haushalten und personenbezogenen DienstleistungsberufenUnterschiede in der Form der Leistungen (Pflegegeld oder Dienstleistungen)
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Pflegepolitik in Europa
Sozialdemokratisch Liberal Konservativ Mediterran
Ort der Wohlfahrts-
produktionStaat Markt Familie / Privater
HaushaltFamilie / Privater
Haushalt
Umfang und Form der Leistungen
Umfangreiche bedarfsdeckend
und substituierende
DienstleistungenDienstleistungen
Keine Transfers
Eingeschränkte Leistungen; dienen der
Unterstützung des familiären
Betreuungspotenz
ialsPflegegeld
Eingeschränkte Leistungen,
werden subsidiär geleistet, wenn
Familien nicht in der Lage sind Betreuung zu übernehmen
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Hohe Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Kaum Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Kaum Vereinbarkeit von Familie und Beruf
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Organisation of care in welfare state regimes
Regime type Idea of social care policy1)/legalresponse to support elderly2)
Relationship of welfare state, family andmarket in providing care – care provider
Scandinavian WelfareStates
(Denmark)
Response to the welfare state-
No
Substitutional Model
Welfare State as an substitute for family care
Conservative WelfareStates
(Austria, Germany)
Response to the family-
Yes
Supplementary Model
Family, Welfare State and the Marketcomplement each other
Mediterranean WelfareStates(Italy)
Response to the family-
Yes
Subsidiarity Model
Family first, if no provision by the family ispossible, the welfare state will step in
Liberal Welfare States(U.S.)
Response to thefamily/individuum
-No
‚Substitutional’ Model
Market (and welfare organisations) as asubstitute for family care
Source: 1) Anttonen/Sipilä (2005); 2) Szydlik/Haberkern (2008).
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Pflegepolitik in Europa
Liberale Staaten präferieren Märkte für Pflegedienstleistungen und bieten diese nur wenig selbst an. Ein geringer sozialer Lohnmacht niedrige Löhne auch für Pflegedienstleistungen möglich. Die Beschäftigung von Migrantinnen in Privathaushalten für Pflege und Versorgung gehört zu dessen Logik.
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Pflegepolitik in Europa
Im sozialdemokratischen Regime bietet der Staat selbst Pflegedienstleistungen an. Die dort relativ gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen sind finanzierbar, weil den Bürgern wiederum die Finanzierung eines hohen Sozialbudgets zugemutet wird. Die ausgebauten öffentlichen Pflegedienste machen das Ausweichen auf halb- und illegale Pflegearbeit unnötig.
27
Pflegepolitik in Europa
Die Pflegepolitik konservativer Länder hingegen verfolgt eine Mischung aus mehr Markt, mehr formellen Dienstleistungen und mehr Familie. Das öffentliche Dienstleistungsangebot ist eher teuer und knapp, ‚self-servicing’ durch die Familie dominiert, auch wegen des Familialismus dieser Länder. Pflegepolitische Reformen schienen angesichts des demografischen Wandels unumgänglich. Die Ausweitung der Pflegedienstleistungen sollte aber mit mehr Markt gelingen. Das Zulassen privater Anbieter sollte für mehr und bedarfsgerechtere Angebote sorgen. Wegen familialistischer Leitbilder, die konservative und mediterrane Länder prägen, war zugleich eine Kommodifizierung der Pflege unerwünscht.
28
Pflegepolitik in Europa
In mediterranen Ländern wirkt die Pflegepolitik noch stärker als im konservativen care-regime in Richtung informeller Beschaffung von care: Wenig öffentliche Pflegedienstleistungen, Familialismus und frei einsetzbare staatliche Geldleistungen setzen Anreize für die Beschäftigung von Migrantinnen als nicht deklarierte Pflegearbeiterin. Eine traditionell tolerierte Schattenwirtschaft und entsprechende Migrationspraktikenstärken diese Tendenz noch.
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Pflegepolitik in Europa
Im internationalen Vergleich variiert das ...AusgabenvolumenFinanzierungsmix (öffentlich vs. privat)
... für Pflegeleistungen erheblich
Ausgabenniveau wird bestimmt durch ...Problemdruck (Zunahme über 80-Jähriger)institutionelle Faktoren
30
0,1 0,2 0,2 0,3 0,3 0,4
0,81,0 1,0 1,1
1,3 1,3 1,4 1,4 1,5 1,5 1,6 1,7 1,72,0 2,0 2,1 2,2 2,2
3,5 3,6
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
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% GDP public LTC expenditure private LTC expenditure
Source: OECD Health Data 2010.
Public and total spending on LTC in OECD countries, share of GDP, 2008
31
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1
2
3
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Health LTC Social LTC% of GDP
Source: OECD Health Data 2011.
Long-term care public expenditure (health and social components), as share of GDP, 2009
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Pflegepolitik in Europa
Optionen zur Finanzierung von Pflegeleistungen1. Freiwillige private Vorsorge2. Obligatorische Privatversicherung3. Sozialversicherung (aber, demografieanfällig im Umlageverfahren)4. Steuerfinanzierte Leistungsgesetze (aber hohe Abgabenwiderstände)
33
0%
20%
40%
60%
80%
100%
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government revenue social security private insurance out-of-pocket other
Source: OECD Health System Accounts, 2010.
Long-term care expenditures by source of funding, 2007
34
8,0 8,7 9,3 9,8 10,3 10,7 10,8 11,0 11,2 11,4 12,0 12,114,6 15,2 15,3 16,2
11,7
0
5
10
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Sweden
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OECD
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in Italy
%
Source: OECD estimates based on the 2005-2007 HILDA survey for Australia, the 2007 BHPS survey for the United Kingdom and the 2004-2006 SHARE survey for other European countries.
Population aged 50 and over reporting to be informal carers, around 2007
35
0
10
20
30
40
50
60
70
80
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Australia
United KingdomAustriaOECD
Belgium
Czech Republic ItalyPoland
Greece
United StatesSpain
Korea
% of carers 0-9 hours 10-19 hours 20+ hours
Source: OECD estimates based on the 2005-2007 HILDA survey for Australia, the 2007 BHPS survey for the United Kingdom, the 2004-2006 SHARE survey for other European countries, the 2005 KLoSA
survey for Korea and the 2006 HRS survey for the United States.
Weekly hours of care provided by informal carers, around 2007
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Pflegepolitik in Europa
Verteilung der Pflegearbeit ist abhängig von ....... Normen, Werte und Einstellungen... Wie Pflegedienstleistungen im Wohlfahrtsstaat bereit gestellt werden können (privat oder öffentlich).... Ausmaß der materiellen Absicherung... Betonung von Geld- und Sachleistungen... Bedeutung der informellen Betreuung
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Deutschland
Gründe für die Einführung der PflegeversicherungHohe Sozialhilfeabhängigkeit unter PflegebedürftigenAusgabenanstieg in der GKV durch Versorgung von Pflegebedürftigen in KrankenhäusernÜberforderung Angehöriger durch Pflege
ZieleEigenständige Absicherung des PflegebedürftigkeitsrisikosVerminderung der Abhängigkeit Pflegebedürftiger von der SozialhilfeAusbau einer bedarfsgerechten PflegeinfrastrukturVerbesserung der Pflegequalität
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Deutschland
Chronologie01.01.1995 Einführung der sozialen Pflegeversicherung01.04.1995 Leistungen im Bereich der häuslichen Pflege01.07.1995 Finanzielle Unterstützungen bei der stationären PflegeSGB XI5. Säule des dt. Sozialversicherungssystems
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Pflegepolitik in Europa
GeldleistungssystemWahlfreiheit und AutonomieFörderung der Betreuung im häuslichen UmfeldFörderung der Beschäftigung im Pflegebereich (durch Pflegegeld)Unterstützung der informellen PflegeKosten-Effektivität
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Pflegepolitik in Europa
Geldleistungssysteme – Bsp. DeutschlandSoziale PflegeversicherungWahlmöglichkeiten zwischen Geld- und Sachleistungen4 PflegestufenGedeckelte Leistungen --> Teilkaskosversicherung
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Pflegepolitik in Europa
Pflegegeld und informelle BetreuungPflegegeld als Beitrag zur Erhöhung der Kaufkraft betroffener HaushalteFörderung informeller Betreuung
Pflegegeld als finanzielle AnerkennungErleichterung informeller ArrangementsAusbau sozialen Dienstleistungssektor ( Aber, zunehmend Abwanderung in den Grauen Pflegemarkt)
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Stufen der PflegebedürftigkeitDefinition Leistungsempfänger Häuslicher Pflegeaufwand
Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität ...
im wöchentlichen Tagesdurchschnitt
Pflegestufe 0 ... Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, die noch nicht die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Pflegestufe I erfüllen.
Pflegestufe 1 ... für wenigstens zwei Verrichtungen mind. einmal täglich der Hilfe bedürfen und mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen
... mind. 90 Min., davon mehr als 45 Min. Grundpflege
Pflegestufe 2 ... mind. 3x täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen
... mind. drei Stunden; davon mind. zwei Stunden Grundpflege
Pflegestufe 3 ... täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen
... mind. 5 Stunden; davon mind. vier Stunden Grundpflege
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Leistungen und Wirkung der Pflegeversicherung
Sach- und Geldleistungen für vier PflegestufenPflegegeld doppelte Wirkung erwartet
Entlohnung der Pflegeleistungen für die FamilienAusbau des sozialen Dienstleistungssektors
Pflegegeldentspricht Familialismus der deutschen PflegepolitikEntlastungswirkung und Wahlfreiheitneue Formen informeller Arbeit (Herausbildung: Grauer Pflegemärkte)
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Leistungen und Wirkung der Pflegeversicherung
Trend zu Vermarktlichung: ‚Idee der Politik‘Stärkung der Konsumentenmacht/KundensouveränitätKonsument, der wählt, erzielt bedarfsgerechte AngeboteWahlfreiheitneue Pflegearrangements Mix aus informeller und formeller Pflege
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Leistungen und Wirkung der Pflegeversicherung
Individuelle PräferenzenBevorzugung von PflegegeldBelohnung informeller BetreuungspersonenAbneigung gegen Pflege durch FremdeMehr Wahlfreiheit
Wahlfreiheit ist nicht allein von individuellen Präferenzen abhängig
Wahlfreiheit zwischen Pflegen und Nicht-Pflegen (Es gibt kein Recht Nicht-zu-pflegen)Reproduktion von Geschlechter- und Klassenverhältnissen
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Deutschland
LeistungenPflegegeld (je nach Pflegestufe)Pflegesachleistungen (je nach Pflegestufe)Urlaubsvertretung für PflegepersonenEinbeziehung häuslicher Pflegekräfte in den Renten- und Unfallversicherung
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Pflegebedürftigkeit und pflegerische Versorgung 2009
2,34 Mio. Pflegebedürftige
1,62 Mio. Personen = 69,2 %zu Hause versorgt
0,72 Mio. Personen = 30,8%in Heimen versorgt
1,07 Mio
Personen ausschließlich durch Angehörige
0,56 Mio. Personen ergänzend durch Pflegedienste
12.026 Pflegedienste mit 268.819 Beschäftigten
11.634 Pflegeheime mit 621.392 Beschäftigten
48
LeistungsempfängerInnen
der Pflegeversicherung 1998-2009 (nach Leistungen)
1998 2002 2006 2009
Gesamt 1.794.664 1.971.638 2.020.802 2.271.445
Pflegegeld 962.669 (53,6%) 977.327 (49,6%) 976.362 (48,3%) 1.034.561 (45,5%)
Pflegesachleistungen 133.895 (7,5%) 165.679 (8,4%) 178.132 (8,8%) 179.795 (7,9%)
Vollstationäre Pflege 452.750 (25,2%) 532.278 (27,0%) 542.382 (26,8%) 613.746 (27,0%)
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (2010) Statistiken zur Pflegeversicherung.
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Deutschland
OrganisationTräger = PflegekassenAngliederung an die GKV, jede Krankenkasse hat eine eigene PflegekasseVersorgungsverträge und Vergütungsvereinbarungen zwischen Pflegekassen und Produzenten von PflegeleistungenPrüfung von Leistungsansprüchen und Qualitätssicherung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK)
50
Deutschland
FinanzierungUmlageverfahrenBeiträge durch Arbeitnehmer und ArbeitsgeberBeitragssatz (1,95% + 0,25 für Kinderlose)Beitragssatz wird durch den Gesetzgeber festgelegtseit 01.04.2004 müssen Rentner den vollen Beitragssatz zur PV zahlenLänder übernehmen die Investitionskosten im stationären Bereich der Pflege
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Deutschland
KritikFinanzierung über das Umlageverfahren (Finanzierungsprobleme, Gerechtigkeitsprobleme)starke Erwerbszentrierung der PVLeistungen im ambulanten Bereich wesentlich niedriger als im stationären Bereichunzureichende Anreize zu effizientem VerhaltenAnreize zu adversem Verhalten Abwanderung in die Schattenwirtschaft
52
Fragen zur Klausur
Anmerkung:Wenn Sie die Aufgabenblätter bearbeiten, dann sind Sie gut auf die Klausur vorbereitet.Klausurrelevant ist auch nur das, was wir in der Vorlesung behandelt haben.Nutzen Sie die Gelegenheit Fragen zu stellen! Verlassen Sie sich nicht auf die anderen, dass diese das machen. Es gibt keine dummen Fragen. Am besten ist es, wenn Sie mir die Fragen vorab per E-Mail zu senden, dann werde ich Sie in der kommenden Stunde beantworten.