Universum aus dem Koffer - Eichstätter Kurier 22.11.2011

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Die israelische Sängerin Nizza Thobi bietet im Spiegelsaal ein vielschichtiges Programm mit vielen Brüchen LOKALES Seite 21, DK Nr. 269, Dienstag, 22. November 2011 Von Josef Bartenschlager

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LOKALES Seite 21, DK Nr. 269, Dienstag, 22. November 2011

Universumaus dem Koffer

Die israelische Sängerin Nizza Thobi bietet im Spiegelsaalein vielschichtiges Programm mit vielen Brüchen

Von Josef Bartenschlager

Eichstätt (EK) Es war keineleichte Kost, die Nizza Thobi amSamstag im Spiegelsaal der ehe-maligen Eichstätter Residenzservierte. Die israelische Künst-lerin, die seit über 30 Jahren inDeutschland lebt, hatte einenKoffer voller Lieder, Geschich-ten und Bilder dabei.

Folgerichtig heißt ihr Pro-gramm „Ein Koffer spricht“ undträgt damit denselben Titel wieihre aktuelle CD. Mehrdeutig-keit ist dabei erwünscht. „EinKoffer spricht“ ist ein Gedichtder 1944 im KZ Auschwitz er-mordeten Dichterin und Kin-derbuchautorin Ilse Weberüberschrieben, das von NizzaThobi vertont wurde. Gleich-zeitig ist der Koffer das Sinnbildeiner Schatztruhe, aber auchdas Symbol des Reisens, desUnterwegs-Seins, des Nicht-Zuhause-Seins. Für die Künst-lerin dient der Koffer vor allemals Gepäckstück, mit dem sieden Holocaust und das einstreiche und von den Nazis zer-störte jüdische Leben in Europa

transportiert. Kurz: Der Kofferist ein Universum für sich.Nizza Thobi bedient sich da-

raus, zeigt, dass der vorder-gründige Blick nicht reicht, umetwas in seiner ganzen Tiefe zuerreichen. Im abgedunkeltenSpiegelsaal zieht eine Szenenach der anderen vorbei, undes stellt sich heraus: Alles istmiteinander verwoben und dasLeben voller Brüche. Die inMünchen und Jerusalem le-bende Künstlerin erweist sichals begnadete Geschichtener-zählerin. Zu jedem Lied, zu je-dem Autor, zu jedem Lichtbild,das sie zeigt, kennt sie die da-zugehörige Geschichte. Sie be-dient sich verschiedener Spra-chen – auch sie sperrig und vonlyrischer Schönheit gleichzeitig:Jiddisch, Hebräisch, Ladino,Griechisch und, ja, auchDeutsch. Dass sie einst klassi-sche Gitarre studiert hat, de-monstrierte sie eindrucksvoll.Ihr Publikum bezieht sie ein,

nutzt die intime Atmosphäreund tritt in direkte Interaktionmit den Gästen, stellt Fragen,bittet um Anregungen undscheut sich nicht, während ei-

nes gesanglichen Vortrags ihrenbeiden kongenialen Musikern –Peter Wegele am Flügel und Ni-ki Kampa an der Violine – rechtenergisch Anweisungen zu ge-ben. Dabei bringt Kampa dasakrobatische Kunststück fertig,mit einem Fuß das Glocken-spiel zu bedienen, während ergleichzeitig fiedelt. In diesesgeschlossene Gesamtkunstwerkscheint sogar der zeitweiligeKampf mit den Tücken derTontechnik zu gehören.Nizza Thobis Geschichten

drehen sich um den Holocaustund die Mahnung, nicht zu ver-gessen. Sie tut dies ohne erho-benen Zeigefinger. Das istüberhaupt nicht nötig, denn dieTexte sind beklemmend genugund beziehen ihre Intensitätnicht zuletzt durch ihre heite-ren, mitunter beschwingtenMelodien, mit denen sie ver-tont wurden. Der kleine ausge-plünderte, kaputte Koffer suchtseinen Herrn, einen alten blin-den Mann. Jehuda Amichai, dergroße israelische Dichter, sin-niert über seine nach wie vorinnige Beziehung zu seiner„Sandkastenliebe“ Ruth Hano-ver, auch sie in Sobibor ermor-det – „verbrannt“, wie das NizzaThobi nüchtern vermeldet.Ein Text von Petr Ginz, einem

begabten Zeichner und Poeten,als 16-Jähriger „verbrannt“ inAuschwitz, beschäftigt sich inironisch-bitterer Weise mit denVerboten, denen Juden in Pragwährend des Nazi-Terrors un-terliegen.Als der erste israelische Ast-

ronaut Ilan Ramon im Januar2003 die Raumfähre „Colum-bia“ bestieg, trug er die Kopieeiner Zeichnung von Petr Ginz,betitelt „Mondlandschaft“, mitsich. Die „Columbia“ verglühtemit allen sieben Astronauten anBord am 1. Februar, dem Ge-burtstag von Petr Ginz. Wie einroter Faden zog sich aber auchdie Hoffnung, eine positive Le-benseinstellung durch das ge-

samte Repertoire. Die kleineKünstlerin mit der großenStimme interpretiert auch einLied von Mikis Theodorakisoder ein ladinisches Stück ausdem 13. Jahrhundert.Der Abend war lang – etwa

dreieinhalb Stunden – und dasRepertoire erheischte die volle

Aufmerksamkeit – ein harmlo-ses Folklorestück befand sichnicht in Thobis Koffer.Aber wer sich darauf einließ,

ging mit reichen Eindrücken,nicht zuletzt über die reiche jü-dische Kultur und die kluge is-raelische Geisteshaltung, nachHause.

Es war kein eingängiges Programm, das die israelische KünstlerinNizza Thobi in Eichstätt präsentierte – aber gewinnbringend für je-den, der sich darauf einließ. Fotos: baj

Der Koffer als Metapher. Dieses Leitmotiv hielt den Abend zusam-men und tauchte in verschiedenen Stücken immer wieder auf.

Strukturen in Schwarz-WeißBeatrix Eitel stellt in der Galerie Günter Lang Zeichnungen aus

Eichstätt (mkh) Die Eich-stätterGalerieGünter Lang zeigtin den kommenden Wochenwieder eine sehenswerte Bil-derschau. Diesmal stellt dieKünstlerin Beatrix Eitel unterdem Titel „schwarz/weiss“ ei-ne Auswahl von Zeichnungenaus, die im vergangenen Jahr-zehnt entstanden sind. IsabellaKreim, langjährige VorsitzendedesKunstvereins IngolstadtundMacherin des dort ansässigenKulturkanals, brachte nun beider Vernissage die Künstlerinund deren Arbeiten zahlrei-chen Besuchern in einem kurz-weiligen Künstlergespräch nä-her.Eitel, in Rumänien geboren

und in Büttelbronn bei Gun-zenhausenwohnhaft, hat in denvergangenen Jahren viel miteinfachen Materialien wieSektkorken, Teebeutel undDraht gearbeitet, aus denen sieObjekte oft seriellen Charak-ters formte. Diese zeigte sie inzahlreichen Ausstellungen imIn- und Ausland. Auch in Eich-stätt stellte Eitel bereits Teiledieser Alltagsobjekte aus. Ne-benbei sind jedoch immer auchZeichnungen entstanden, dieaktuell sogar im Zentrum ihreskünstlerischen Interesses ste-hen. Dies sei vor allem den be-grenzten räumlichen Bege-benheiten geschuldet, unterdenen sie derzeit arbeite, be-richtete Eitel.In Bildern wie der jüngst ent-

standenen Serie„schwarz/weiss“ (Acryl aufSpanplatte) wisse sie zu Beginnoft nicht, sagte Eitel, wo die Ar-beit sie hinführe. Zwar fließeder Zufall mit ein, doch ent-

stünden letztlich immer wiederstark strukturell geprägteZeichnungen, an denen sie biszu acht Stunden täglich arbei-tet. Anfangs seien es Stoppel-felder gewesen, die sie inspi-riert hätten, erklärte Eitel wei-ter. Diese führten sie zu immerdichteren Strukturen. Als Kindspielte die Künstlerin mitKnöpfen, schichtete diese auf.In ihrer Arbeit wirke ein ähnli-ches Prinzip. Sie schafft zu-nächst Grundraster, zieht Li-nien, und dann fließen dieStrukturen ineinander. „DasAltebleibt stehen,dasNeuegehtdarüber, aber nicht vollstän-dig“, meinte Eitel. Dadurchwirken ihre Bilder lebendig undnicht wie mit dem Lineal ge-zogen. Manchmal wird dieStruktur auch unterbrochen.

Doch meist geschehe das „inder Mitte des Bildes“, sagte dieKünstlerin. Dem ornamentalenCharakter ihrer Arbeiten scha-det es nicht, vielmehr macht esgerade deren besonderen Reizaus. Und da dienen als Anre-gungen, neben den bereits er-wähnten Stoppelfeldern, aucheinmal Regenpfützen.„Andere reihen Noten anei-

nander, bei mir sind es For-men und Linien“, so Eitel. Unddiese lassen den Betrachter, beiall ihrer Einfachheit, immerwieder Neues entdecken.Die Ausstellung

„schwarz/weiss“ läuft noch biszum 4. Dezember in der GalerieGünter Lang, Am Salzstadel,täglich von 10 bis 13 Uhr sowiemontags bis freitags zusätzlichvon 15 bis 18 Uhr.

Gute Stimmung bei der Vernissage im Atelierhaus Am Salzstadel: Be-atrix Eitel, Isabella Kreim und Günter Lang (von links) . Foto: mkh

Die Sauglockn läutenMusikkabarett am Sonntag im Wirtshaus Zum Gutmann

Eichstätt (EK) „Wegwärts”geht es imneuen ProgrammdesMusikkabarett-Trios Sau-glockn-Läutn am kommendenSonntag, 27. November, um 19Uhr im Eichstätter WirtshausZum Gutmann.Die Wege der Hallertauer Ka-

barettisten und Volksmusi-kanten Peter Röckl (Gitarre),Ritsch Ermeier (Quetschn) undWalter Zinkl (Bass) führen inihrem neuen Programm „Weg-wärts“ in jedem Fall immer aufdie Bühne, wo sie die ver-schiedenen Wege, die die Men-schen so einschlagen, analy-sieren. Ob sie am Ende denrichtigen Weg einschlagen? Dasmuss das Publikum für sichentscheiden, denn, „die Wegeder drei Herren sind unbe-greiflich“. Karten gibt es für16,50 Euro im Vorverkauf imGutmann, bei Musik Gottsteinund beim EICHSTÄTTER KU-RIER. Einlass ist um 18 Uhr. Sauglockn-Läutn tritt am Sonntag im Gutmann auf. Foto: oh

„AugenBlicke“im Advent

Eichstätt/Fiegenstall (pde)Eine Auswahl von Geschichtenrund um Menschsein, Mensch-lichkeit und Menschwerdungpräsentiert die Eichstätter Me-dienzentrale bei einem Kurz-filmabend. Unter dem Titel„AugenBlicke im Advent“ wol-len die Filme Anstöße zumNachdenken geben, wasMenschsein ausmacht. In Ge-sprächen gibt es die Möglich-keit zum Austausch bei Leb-kuchen, Plätzchen und Glüh-wein. Referent ist Dr. ThomasHenke, Leiter der Medienzent-rale Eichstätt. Zwei Terminestehen zur Wahl: am 1. De-zember um 19.30 Uhr im KLJB-Bildungshaus Fiegenstall undam 9. Dezember um 18.30 Uhrin der Medienzentrale in Eich-stätt. Hierfür ist Anmeldungunter Telefon (0 84 21) 50-651,E-Mail: medienzentrale@bis-tum-eichstaett.de, erforderlich.Der Eintritt ist frei.

Konzert wirdverschoben

Eichstätt (EK) Das in einigenProgrammheften der Katholi-schen Erwachsenenbildung(KEB) für den 24. Novemberangekündigte Konzert mit derBerliner Kantorin Jalda Rebling„Schir Ha Schirim - Das Liedder Lieder“ verschiebt sich aufMittwoch, 18. April 2012. Ortbleibt der Spiegelsaal im Land-ratsamt.

Tage neuer KirchenmusikEichstätt (pde) Zur Teilnah-

me an den Tagen neuer Kir-chenmusik 2012 lädt das Amtfür Kirchenmusik der DiözeseEichstätt ein. Unter dem Leit-wort „Offenbarungen“ werdenin allen sieben Diözesen Bay-erns und der Erzdiözese Salz-burg zeitgenössische Werke zurAufführung kommen und so-mit wertvolle Schätze der Ge-genwart „offenbart“. In der Zeitvom 29. September bis 14. Ok-tober 2012 soll in katholischenPfarreien Musik des 20. und 21.Jahrhunderts erklingen. Gele-

genheit dafür bieten alle Got-tesdienstformen (Eucharistie-feier, Morgenlob, Abendlob,Andacht), aber auch geistlicheKonzerte, in denen neue Musikbis hin zum Neuen GeistlichenLiedgut durch die verschiede-nen Ensembles (Chor, Jugend-chor, Kinderchor, Schola, Inst-rumentalgruppen) zur Dar-stellung kommt. Auch die Or-gelmusik kann einen bedeu-tenden Beitrag leisten. Beson-ders empfohlen werden fernerGesprächskonzerte. Ebensosind Ausstellungen, Vorträge

und Gespräche zum ThemaKirche und zeitgenössischeKunst möglich. Besondere Ak-zente können die Tage neuerKirchenmusik 2012 durch Ur-aufführungen erhalten.Ab sofort können die Beiträ-

ge auf entsprechenden Form-blättern benannt und ange-meldet werden, die im Amt fürKirchenmusik in Eichstätt (Tel.08421/50-931) erhältlich sindoder unter „www.bistum-eich-staett.de/kirchenmusik“ zumDownload bereitstehen. Ein-sendeschluss ist der 4.Mai 2012.

Renaissanceder ÄsthetikEichstätt (EK) Eine Gemein-

schaftsschau veranstaltet der inRieshofen (Gemeinde Walting)lebende Künstler Ernst ArnoldBauer ab kommendem Don-nerstag, 24. November, in sei-ner Galerie Art Pure an der Os-tenstraße in Eichstätt. Gezeigtwerden Werke von Ernst Ar-nold Bauer, Andrea Bolley (To-ronto, Canada), Elisabeth An-drade (Bermuda), Res von Red-witz, Brian Jakob und FriedrichMichael Kräck. Die Schau trägtden Titel „Renaissance der Äs-thetik“. Beginn ist um19.30Uhr.