Post on 21-Jan-2020
„fit für 100“
Das Programm „fit für 100“
Ein Bewegungsangebot für
Ältere und Hochaltrige
Prof. Dr. Heinz Mechling
Gerontologisches Forum Bonn
12. März 2018
14:30 – 17:00 Uhr
LVR-Klinik Bonn
„fit für 100“
Sport - Sportwissenschaft und Hochaltrige
?
„fit für 100“
„fit für 100“
„Beweglichkeit“
„fit für 100“
Prognose 1969
„Es wird der Tag kommen, wo man eine
Gesellschaft nicht an der Zahl ihrer Olympiasiege,
sondern an der Fitness seiner Greise messen
wird.“
Willi Daume
„fit für 100“
Lebensqualität
Sinnerfahrung
Gesundheit Zufriedenheit
Alltagskompetenz Teilhabe Selbständigkeit Mobilität
Selbstvertrauen Selbstwirksamkeit
Wohlbefinden
„fit für 100“
„fit für 100“
Die Lebenserwartung - für Frauen im Jahr 2060 100 Jahre!
„Wohlbefindens Paradox des Alterns“ (Staudinger 2000)
100 Jahre 100 Jahre
„fit für 100“
Übersicht
• Vorstellung DIfaS
• Vorstellung „fit für 100“
• Verbreitung – Partner – Hintergrund - Auszeichnung
• „fit für 100“ – Das Programm auch für demenziell erkrankte
Menschen (NADiA)
• Anmerkungen zur Demenz
„fit für 100“
Steckbrief DIfaS e.V.
Deutsches Institut für angewandte Sportgerontologie
• Funktion: Management „fit für 100“
Schulungen, Fortbildungen
Neuinstallation von Gruppen
Kooperationen
Qualitätsmanagement
„fit für 100“
Team DIfaS e.V. - „fit für 100“
Vereinsvorsitzender
Prof. Dr. Heinz
Mechling
stellv.
Vereinsvorsitzender
Dr. Michael Brach
Geschäftsführerin
Antje Baron
Freier Mitarbeiter
Thomas OrthenEhrenamtliche
Mitarbeiterin
Ute Heiderich
Freie Mitarbeiterin
Ulrike KrausReferentin
Verena LinossierFreie Mitarbeiterin
Katharina GangelReferentin
Sandra Heckel
Referentin
Meike Kretzer
„fit für 100“
„fit für 100“ – Gruppen
• In Köln ca. 50 „fit für 100“- Gruppen in den
Stadtteilen
• Deutschlandweit über 180 Gruppen
• Über 300 ausgebildete „fit für 100“-TrainerInnen
• Österreich, Belgien, Luxemburg, Lanzarote
„fit für 100“
• Gesundheitsamt Stadt Köln
• Deutsche Sporthochschule Köln
• StadtSportBund Köln
• Ministerium für Innovation, Wissenschaft und
Forschung (NRW)
• Körber Stiftung Hamburg
• Kneipp Akademie Österreich
• WHOLE – Institut für Sportwissenschaft Münster
Partner
„fit für 100“
„fit für 100“
Projektbeginn 2005 (MAGS-NRW)
• Vernachlässigte Zielgruppe: „Das vierte Alter“
• Gruppe der 80-Jährigen ist die am schnellsten
wachsende Altersgruppe in Deutschland
• Wenig gesichertes Wissen über Bewegungsangebote
mit Menschen des vierten Alters
• Wenig gesichertes Wissen über Bewegungsangebote
bei Menschen mit Demenz
Das Projekt „fit für 100“ - Hintergrund
„fit für 100“
Quelle: Institut für Gesundheits-System-Forschung, 2007
„Szenario 2050“ (für Deutschland) !
„fit für 100“
Prognose der Demenzfälle in Deutschland bis
zum Jahr 2050
Quelle: Max Planck Institut für demografische Forschung, Demografische Forschung, Aus erster Hand, Nr.3, Jahrgang 7, 2010
S 1 bei konstanter Lebenserwartung und Prävalenz
S 2.1 Basisannahme Lebenserwartung entsprechend
11. koordinierter Vorausberechnung stat.
Bundesamt und konstante Prävalenz
S 2.2 Basisannahme Lebenserwartung entsprechend
11. koordinierter Vorausberechnung stat.
Bundesamt und sinkende Prävalenz
S 3.1 Basisannahme Lebenserwartung plus 3,5 Jahre
und konstante Prävalenz
S 3.2 Basisannahme Lebenserwartung plus 3,5 Jahre
und sinkende Prävalenz
„fit für 100“
Hundertjährige in Deutschland
Quelle: Uno, 2017, Profiles of Ageing; Grafik: „fit für 100“
0
14
26
56
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1950 2017 2030 2050
„fit für 100“
Sarkopenie und Demenz
Alternsbedingte körperliche Herausforderungen
Demenz und Sarkopenie
„fit für 100“
Sarkopenie: Definition
…nicht beabsichtigter, altersbedingter Verlust von
Skelettmuskulatur und damit verbundene Abnahme an
Körperkraft (Evans 2004; Rosenberg 1997)
…Muskelatrophie ab dem 65. Lebensjahr (Ianuzzi-Sucich et al. 2001)
Stürze/Jahr Ab 65 - 30% 1 Sturz/Jahr
Ab 80 – 50% 1 Sturz/Jahr
„fit für 100“
Demenz (ICD-10-Code F100-F03)
• Syndrom als Folge chronischer oder fortschreitender Krankheit des Gehirns
• Störung höherer kortikaler Funktionen (Gedächnis, Denken, Orientierung, Auffassung,
Rechnen, Sprache, Urteils- Entscheidungsvermögen
• Sinne und Bewusstsein kaum eingeschränkt
• Veränderungen (Emotionale Kontrolle, Sozialverhalten, Motivation, Motorik kaum
eingeschränkt
• Formen und Ursachen
• Vaskuläre Demenz – ca. 20% (Infarkt, Läsionen)
• Degenerative Demenz (Alzheimer Demenz) - ca. 50-60%
„fit für 100“
Demenz in Deutschland –
Häufigkeit von Demenzen in Abhängigkeit vom Alter
Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz. 2016; Grafik: „fit für 100“
„fit für 100“
Pflegebedürftigkeit in DeutschlandZahl in Millionen
Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen BiB. 2017; Grafik: „fit für 100“
„fit für 100“
Alter
• 80plus
• “unter 80“
Wohnsituation
• Häuslichkeit
• teil- oder vollstationäre Versorgung
Hilfebedarf
• ohne
• Hilfebedarf ohne Pflegestufe
• Pflegestufen I bis II
Orientierung
• orientiert
• demenziell erkrankt
Zielgruppe
“fit für 100”
„fit für 100“
Individuelle Voraussetzungen der
Teilnehmenden
• Zustimmung des Hausarztes
• Stehfähigkeit
(Gehfähigkeit nicht erforderlich)
• Gruppenfähigkeit
• Rollstuhlfahrer sowie demenziell
Erkrankte lassen sich in eine
Gruppe integrieren.
„fit für 100“
- Methode
- Training in der Gruppe, 2 x wöchentlich je 60 Minuten
- Individuelle Förderung
- Inhalte
- Muskelaufbautraining - 10 Kraftübungen je 10 Wdh.
– individuell steigerbare freie Gewichte
– mittlere Belastungsintensität
(gem. subjektivem Belastungsempfinden)
- Balancetraining
- koordinative und sensomotorische Übungen
- Trainingsergänzungen
– Musik – Spiele - Kommunikation
Methode und Inhalte
„fit für 100“
„fit für 100“
„fit für 100“
„fit für 100“
Verbesserung der Handkraft:
• Festhalten am Treppengeländer, Löffeln einer Suppe,
Aufstützen mit den Händen z.B. beim Aufstehen,
Öffnen einer Flasche
Verbesserung der Schulterbeweglichkeit:
• Frisieren, Ankleiden, Erreichen von Oberschränken
Verbesserung der Beinkraft:
• Aufstehen vom Stuhl, Bettkante, Treppen steigen
Was bewirkt „fit für 100?“
Praktische Beispiele:
„fit für 100“
Erhöhung der Handkraft um 53 %
Handkraft
151,6
118,4
182,1 181,5
0
50
100
150
200
250
300
1 2 3 4
Testung
Ha
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kra
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]
„fit für 100“
Was bewirkt „fit für 100?“
Praktische Beispiele:
Verbesserung des Gleichgewichts!!!
• Bessere Standfestigkeit
• Aufrechter Gang
• Gehen auf unebenen Untergründen
• Vorbeugung von Stürzen –
• Sturzprophylaxe!
„fit für 100“
Standsicherheit
1 2 3 4
57% 57%63%
80%
43% 43%37%
20%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Teilnehm
er
%
Testung
nicht bestanden bestanden
„fit für 100“
Positive Erlebnisse
• „Ich kann sicherer gehen.“
• „Ich kann mich wieder alleine waschen.“
• „Ich bin ein Stück unabhängiger.“
Steigerung des Selbstwertgefühls
„fit für 100“
Fazit • Regelmäßige körperliche Aktivität
erhöht die körperliche
Leistungsfähigkeit und kann das
Eintreten einer
Demenzerkrankung verschieben
und den Verlauf verzögern
• Sport ist auch bei
Demenzen des
leichten und mittleren
Stadiums effektiv und
durchführbar
„fit für 100“
Auszug aus den
„fit für 100“-Ergebnissen der LSS
„fit für 100“
Psychisch-kognitive Fähigkeit
16,9
27,927,7 27,2 27,6
17,816,2 16,5
0
5
10
15
20
25
30
35
1 2 3 4
Testung
Min
i-M
enta
l-S
tatu
s
MMST >24 MMST <=24
„fit für 100“
„fit für 100“ – auch ein
Bewegungsprogramm für
Demenzkranke
„fit für 100“
Ergebnisse der Pilotstudie – „fit für 100“ bei Demenz
• gezieltes Training mit Demenzkranken ist möglich
• die Übungen des Programms werden gelernt
• ein Trainingsumfang von 60 Minuten ist durchführbar
• das Erleben der Leistungsfähigkeit führt zu Stolz und Wohlbefinden
• die Zuwendung ruft Freude hervor
„fit für 100“
„Die Übungen stärken meine allgemeine Beweglichkeit. Das hilft mir besonders
beim Gehen und Tragen.“(pflegender Angehöriger eines dementen Teilnehmers)
„Ich kann wieder freihändig die
Treppe runter laufen.“(dementer Teilnehmer)
„Die Muskelstärkung hilft mir, die
Anstrengung der Betreuung
meines Mannes zu verkraften.“(pflegende Angehörige eines dementen Teilnehmers)
„Die „Anstrengung“ in der
Gruppe wirkt auf mich
aufmunternd.“(pflegende Angehörige eines dementen
Teilnehmers)
„Du darfst bei der Übungen die Arme nur bis hier nehmen.
Das ist zu hoch“(dementer Teilnehmer zu seiner pflegenden
Angehörigen)
„Endlich konnten wir unseren Sohn mit seiner
Familie besuchen. Da waren wir zwei Jahre nicht,
weil mein Mann es nicht bis in den 2.Stock
geschafft hat“(pflegende Angehörige eines dementen Teilnehmers)
Aussagen von Teilnehmenden aus NADiA
Gruppen in Köln
„fit für 100“
Demenz –
Ursachen, Erkenntnisse und körperliche
Aktivität
„fit für 100“
Demenz (AD)
Ursachen:• Verlust von Nervenzellen
• Verlust von Nervenzellkontakten
• Verlust erworbener geistiger Fähigkeiten (Gedächtnis)
• Erhöhtes ApoE 4 (Eiweiß)
Folgen:
• Veränderungen in: • Orientierung
• Emotionale Kontrolle
• Sozialverhalten
• Motivation
Therapie? – bisher eher mäßige Erfolge!
„fit für 100“
Weltweiter Konsens über Präventionsfaktoren (AD)Ein Drittel aller Fälle ist abhängig von 7 beeinflussbaren Faktoren (RR)
5 davon physisch beeinflussbar
1. Depression (1.90)
2. Körperliche Inaktivität (1.82)
3. Bluthochdruck und Übergewicht im mittleren Alter (1.61)
4. Rauchen (1.59)
5. Geistige Inaktivität oder Bildungsniveau (1.59)
6. Diabetes (1.39)
(Ngandu T. et al. FINGER - www.thelancet.com Published online March 12, 2015 http;
Norton S. et al. 2014. Lancet Neurol.;
Barnes DE et al. 2011. Lancet Neurol.)
„fit für 100“
Kausalbeziehungen: körperliche
Aktivität – kognitive Leistungsfähigkeit
Direkt: Körperliches Training schützt durch verbesserte
Sauerstoffversorgung und Transmittermetabolismus
Indirekt: Körperliches Training reduziert Risiken, die
Kognition beeinträchtigen (Blutdruck, Diabetes…)
„fit für 100“
Bewegung – Ortsveränderung in Raum und Zeit
Körperliche Aktivität aktiviert im Hippocampus:
• Ortszellen und Zeitzellen - sind die Basis des deklarativen Gedächtnisses damit des
„Erfahrungsschatzes“(Jacobs J et al. 2013 Nature Neuroscience)
• AD-bedingter Zelluntergang führt zu
• Zeitlich räumlicher Desorientierung
• Wortfindungsstörungen
Körperliche Aktivität produziert BDNF (Motorcortex und Muskeln)
• Sichert Überleben von Nervenzellen
• Sichert Wachstum, Umbau von synapt. Kontakten (Plastizität)(Rothman SF & Mattson MP 2013. Neuroscience)
• Reduziert Amyloidablagerung
• Führt zu Biomarkerprofil von Gesunden(Liang KY et al. 2010. Ann. Neurol.)
„fit für 100“
Risikominderung durch körperliche AktivitätRisikominderung für AD Mortalität• 26-50 % bei 65 – 80 Jährigen
• 26 % bei leichter KA
• 50 % bei starker KA(Rosness TA et al. 2014. DementGeriatrDisorder)
Musik bewusst hören und Tanzen wirkt auf PMA und SMA• Beide wirken auf Muskulatur
• Mentales Training (Carpenter Effekt)(Chen JL et al. 2008. Cerebr. Cortex)
Gemeinsames Musizieren Erkrankungsrate AD (649 VP)• 27 % AD ohne Musizieren
• 18 % mit Musizieren (mehrfach die Woche)(Verghese J et al. 2003. New Engl. J. Med.)
„fit für 100“
Demenz – Regel oder Ausnahme?
• Nur ca. 4% - über 70 Jahre haben eine Demenz
• Nur ca 20% - über 80 Jahre haben eine Demenz
• D.h. 80% - über 80 Jahre haben keine Demenz
• Nur ca. 30% - über 90 Jahre haben eine Demenz
• Perspektive: Gesunde Alte!
• Alterserscheinungen:
• Sensorik-Wahrnehmung
• Langsamkeit
Demenz ist die Ausnahme – in jedem Alter!
„fit für 100“
Stellenwert von
körperlicher Aktivität und Sport
Notwendige Ergänzung
bei vielen Maßnahmen und Aktivitäten!
Kein Versprechen auf:
• dauerhafte Gesundheit
• direkte Heilung
• Lebensverlängerung
ABER
Realistische Erwartungen:
• Ressourcen stärken
• Krankheitsbeginn
hinauszögern
• Krankheitsverlauf mildern
• Pflege erleichtern
„fit für 100“
Demenz?
Selbst bei Demenz kann Spaß und
Freude erhalten bleiben!
„fit für 100“
„fit für 100“
Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre
Aufmerksamkeit!
Prof. (i.R.) Dr. Heinz Mechling
Institut für Bewegungs- und
Sportgerontologie (IBUSG)
DSHS Köln
<mechling@dshs-koeln.de>