Post on 21-Sep-2020
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Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz: Motor der Schweiz für Wachstum und Reformen
EIN DISKUSSIONSBEITRAG
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Inhaltsverzeichnis
Denkanstoss zum Bündeln der Synergien in der Nordschweiz 4
Willkommen in der Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz 5
Die Bedeutung der Nordschweiz: wirtschaftlich, infrastrukturell und politisch 6
Die Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz im Vergleich 6
Höchste Bevölkerungsdichte 7
Stärkste Wirtschaftskraft 7
Am meisten Exporthandel 7
Ausgezeichnete Standortqualität 7
Niedrige Steuerbelastung 8
Fazit: Ein Leistungsträger im Dienste der ganzen Schweiz 8
Die Chance der Nordschweiz im globalisierten Umfeld 9
Anforderungen an Wirtschaftsstandorte werden komplexer 9
Starre Kantonsgrenzen als Wachstumshemmer 9
Strategien �0
Strategie �: Wirtschaftliches Gewicht in die Politik einbringen �0
Strategie 2: Mit wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen das Wachstum fördern ��
Handlungsbedarf und Lösungsvorschläge ��
Metropolregion Nordschweiz – der richtige Weg zu einem starken Wirtschaftsraum ��
Auf einen Blick �4
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Die Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz deckt in
ihrem Kernraum den funktionalen Raum zwischen den
Achsen Winterthur–Zürich–Baden–Basel und Schaffhau-
sen–Zürich ab. Die Achsen verbinden und durchmessen
damit nicht weniger als sechs eigenständige Kantone. Wie
eng diese Kantone trotz politischer Grenzen verbunden
sind, wird zum einen an physischen Indikatoren wie
Pendlerströmen sichtbar, zum anderen an den wirtschaft-
lichen Verflechtungen von Unternehmen. Der Ausstrahlungs-
raum der Metropolregion Nordschweiz reicht im Norden bis
nach Südbaden und im Süden bis nach Luzern.
In der Schweiz haben für die Standortattraktivität nur zwei
Metropolregionen internationale Bedeutung: Eine davon
ist die Nordschweiz, die andere ist der Arc Lémanique.
Ausländische Investoren interessieren sich nicht für starre
Kantons- oder Gebietsgrenzen, sondern für einen starken
grossräumigen Wirtschaftsraum mit bester Anbindung ans
Verkehrs- und Bildungsnetz mit qualifizierten Arbeitneh-
mern. Mit dieser Broschüre wird der Ansatz zur Bildung
der Metropolregion Nordschweiz aufgegriffen. Er soll dazu
dienen, die geografische Verbindung der Nordschweizer
Kantone politisch und wirtschaftlich zu festigen, so dass sie
sich als Metropolregion Nordschweiz positionieren können.
Die Nordschweizer Kantone sind heute der wichtigste
Wirtschaftsmotor der Schweiz. So ist beispielsweise das
Pro-Kopf-Einkommen in der Nordschweiz am höchsten.
Weiter verfügt die Nordschweiz über die meisten Ausfuhren.
Und ein Grossteil des Volkseinkommens der Schweiz wird
in der Nordschweiz erwirtschaftet. Die Nordschweizer
Kantone sind wirtschaftlich und physisch eng verflochten
und spielen eine zentrale Rolle für die internationale Wettbe-
werbsfähigkeit der Schweiz. Mit anderen Worten: Die Wirt-
schaftsregion Nordschweiz ist bereits heute eine Realität.
Wenn wir die Dynamik und die Bedeutung dieser Region für
unser Land nutzen und stärken wollen, so ist die kantons-
übergreifende Zusammenarbeit eine zentrale Voraussetzung.
Sie ist der Schlüssel für die wirtschaftliche Entwicklung und
die Mobilität der Bevölkerung in der Nordschweiz und damit
eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre. Die Metropolre-
gion Nordschweiz soll darum in allen wichtigen Politikberei-
chen aufgebaut, verstärkt und laufend verbessert werden.
Zudem soll sich die Nordschweiz auf der nationalen Bühne
durch eine verstärkte Interessenvertretung für ihre gemein-
samen Anliegen einsetzen und international als attraktiver
Standort positionieren.
In diesem Sinne ist diese Broschüre ein Weckruf: Die
heutigen Anstrengungen auf politischer Ebene werden der
wirtschaftlichen Realität nicht gerecht. Im Sinne eines
nachhaltigen Wirtschaftswachstums und der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes ist es notwendig,
dass die Kantone der Nordschweiz gemeinsam auf die
Stärkung ihres Wirtschaftsraumes hinarbeiten.
Denkanstoss zum Bündeln der Synergien in der Nordschweiz
Ziel dieser Broschüre ist es, den Anstoss zum
Bündeln der Synergien der Nordschweizer Kantone
zu geben. Die im internationalen Vergleich kleinen
Player (Kantone und Ballungszentren) sollen sich von
Konkurrenzräumen zu Komplementärräumen
entwickeln und gemeinsam als «Metropolregion
Nordschweiz» auftreten.
Quelle: Thierstein, Kruse, Glanzmann, Gabi, Grillon 2006
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Von Konkurrenzräumen zu KomplementärräumenEine verbesserte wirtschaftspolitische Zusammenarbeit der
Kantone der Nordschweiz ist im Sinne der ganzen Schweiz:
Sie fördert die unternehmerische Innovation und Leistungs-
fähigkeit in der Region, stärkt die Marketingchancen und
bewirkt mittelfristig ein grösseres Wirtschaftswachstum für
die ganze Schweiz. Denn von besseren Chancen der
Industrie, des Finanzplatzes und der Chemie profitieren alle.
Hauptstossrichtungen nach innen und nach aussenNach innen: Die Nordschweiz muss innerhalb der poli-
tischen Schweiz auch das ihrer Potenz entsprechende
Gewicht erhalten. Dies gelingt nur, indem in wesentlichen
Bereichen die Politik – beispielsweise in der Infrastruktur –
abgestimmt wird. Durch vermehrtes Abstimmen der Politik
der Regierungen und Parlamente sollen das heute unein-
heitliche Auftreten gegenüber andern Kantonen und der
Eidgenossenschaft überwunden und die Voraussetzungen
dafür geschaffen werden, dass wichtige Anliegen national
und international vermehrt durchgesetzt werden können.
«Investoren interessieren sich nicht für Kantons- oder Gebietsgrenzen, sondern für eine starke, grenzüberschreitende Wirtschaftsregion.»Jasmin Staiblin, Vorsitzende der Geschäftsleitung ABB Schweiz
Nach aussen: Die Kleinräumigkeit der Region Nordschweiz
ist bei der Vermarktung von Regionen als Denk- und
Werkplatz im internationalen Kontext mehr Hindernis als
Vorteil. Heute sind Kantonsgrenzen künstliche Hindernisse,
welche die Entwicklung einer globalisierten Wirtschaft
hemmen und bremsen. Zudem sind die Interessen der
Kantone im Raum Nordschweiz teilweise heterogen. Durch
die Bündelung ihrer Kräfte und eine gemeinsame politische
und wirtschaftliche Strategie können die Kantone der
Metropolregion Nordschweiz demonstrieren, dass sie im
internationalen Kontext ein ernstzunehmender Wirtschafts-
raum sind. Gefragt sind Massnahmen, welche die Nord-
schweiz national und international als fortschrittlichen
Standort mit guten Rahmenbedingungen positionieren.
Zum Nutzen der ganzen SchweizEine bessere Zusammenarbeit der Nordschweizer Kantone
auf wirtschaftspolitischem Gebiet über die Kantonsgrenzen
hinaus wird unserem Land neue positive Impulse geben!
Willkommen in der Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz
MetropolregionUnter Metropolregionen werden weiträumige Ver-
flechtungen in den Bereichen Wirtschaft, Arbeiten,
Wohnen, Freizeit und Mobilität verstanden. Für die
Herausbildung einer Metropolregion sind die fol-
genden Hauptfaktoren verantwortlich: die internatio-
nale wirtschaftliche Vernetzung und das Ansiedeln
von Unternehmenssitzen; die Einbindung in das
internationale Verkehrsnetz (Gateway); die Wettbe-
werbsfähigkeit in Forschung und Bildung (Innova-
tion), die politische Steuerung im funktionalen Raum
sowie die Anziehungskraft des Kulturangebots.
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Die Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz im VergleichDie Schweiz ist verglichen mit der Europäischen Union ein
geographisch kleiner Wirtschaftsplayer. Auch unsere Kan-
tone beziehungsweise städtischen Ballungszentren sind im
Vergleich mit europäischen Regionen klein. Die Vorausset-
zungen für den Konkurrenzkampf auf internationaler Ebene
mit Metropolregionen wie Mailand, Greater London oder
Rhein-Ruhr (mit über ��,5 Mio. Einwohnern) sind noch
geringer. Im Alleingang können Kantone diesen Konkurrenz-
kampf nicht bestehen. Hier wird deutlich, wie wichtig die
Metropolregion Nordschweiz nicht nur für die beteiligten
Kantone, sondern für die ganze Schweiz ist. Sie gibt der
Region und unserem Land einen wichtigen wirtschaftlichen
Impuls und ist international konkurrenzfähig.
Basel und Zürich erreichen je für sich allein nicht die kri-
tische Grösse für einen im internationalen Vergleich konkur-
renzfähigen Denk- und Werkplatz. Sie sind zu klein, um
eigenständig alle metropolitanen Funktionen bewältigen zu
können. Mit der gemeinsamen Plattform Metropolregion
Nordschweiz können sie – den Ausstrahlungsraum einge-
rechnet – die kritische Grösse von über drei Millionen
Einwohnern erreichen. Damit erreicht die Metropolregion
Nordschweiz eine Grössenordnung, die mit europäischen
Metropolregionen vergleichbar ist.
Die Bedeutung der Nordschweiz: wirtschaftlich, infrastrukturell und politisch
Metropolregion Staaten Kantone Gemeinden Einwohner Fläche in km2
Stuttgart D 270 �,464 Mio > 5000
Zürich CH, D Teile von ZH, AG, LU, 222 �,678 Mio 2’�04 ZG,SZ,SH,TGundSG
Basel CH, D, F BS, Teile von BL, AG, �27 0,7�� Mio 48� JU und SO
Arc Lémanique CH, F GE sowie Teile von 225 �,24� Mio �’0�4 VD und VS
Nordschweiz CH BS, BL, AG, ZH, SO, SH 646 2,668 Mio 4’777(Kernraum)
In der Schweiz gibt es mehrere Ballungszentren, aber nur
die zwei erwähnten Metropolregionen Arc Lémanique und
Nordschweiz sind im europäischen Kontext von Bedeutung.
Zürich und die Region Basel bilden das Rückgrat der
Metropolregion Nordschweiz, die sich durch ihre Wirt-
schaftskraft, Verkehrsverbindungen und Bevölkerungs-
grösse auszeichnet. Trotz ihrer herausragenden volkswirt-
schaftlichen Bedeutung für die Schweiz kommt ihr Gewicht
auf eidgenössischer Ebene noch zu wenig zur Geltung.
«Die Wirtschaftsregion Nordschweiz ist ein dynamisches Gebilde, das weit über seinen Kernraum hinaus die wirtschaftliche Entwicklung ankurbelt.»Christoph Mäder, Präsident SGCI Chemie Pharma Schweiz, Konzernleitung Syngenta International AG
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Höchste BevölkerungsdichteDie Nordschweiz weist eine hohe Bevölkerungsdichte aus.
Im Kernraum der Metropolregion Nordschweiz mit seinen
sechs Kantonen leben auf nur ��,5 Prozent der Fläche der
Schweiz rund �5% ihrer Bevölkerung.
BevölkerungszahlenKernraum Nordschweiz 2’668’268
Schweiz 7’593’494Quelle: Bundesamt für Statistik (2007)
Bevölkerungsdichte je km2
Kernraum Nordschweiz 559
Schweiz 184Quelle: Bundesamt für Statistik (2007)
Stärkste WirtschaftskraftNicht nur bevölkerungsmässig steht die Metropolregion
Nordschweiz an der Spitze, auch wirtschaftlich gesehen ist
sie die wichtigste Region der Schweiz. Im Jahr 2005
erwirtschaftete die Nordschweiz über 40 Prozent des
Schweizer Volkseinkommens. Dieser Wert ist einerseits auf
die hohe Erwerbsquote zurückzuführen, anderseits auf die
vielen Unternehmen aus hoch produktiven Branchen, die in
der Region angesiedelt sind. Dazu zählen der Finanzsektor
in Zürich und die Pharmaindustrie im Raum Basel, aber
auch die prosperierende Industrie in den Kantonen Solo-
thurn, Aargau und Schaffhausen.
Volkseinkommen (in Millionen Franken)Kernraum Nordschweiz 168’597
Schweiz 405’300Quelle: Bundesamt für Statistik (2005)
Die wirtschaftliche Leistung wird in der Metropolregion
Nordschweiz nicht nur von der lokalen Bevölkerung
erbracht. Einen wichtigen Beitrag leisten auch die Pendler.
Ihre Zahl nimmt seit Jahren stetig zu. Gute Verkehrsanbin-
dungen beim individuellen und öffentlichen Verkehr werden
deshalb immer wichtiger.
Volkseinkommen (pro Einwohner in Franken)Kernraum Nordschweiz 63’447
Schweiz 53’628Quelle: Bundesamt für Statistik (2005)
Am meisten ExporthandelDie wirtschaftsstarke Nordschweiz hat einen grossen Anteil
am Handel mit dem Ausland. Der Anteil der Metropolregion
Nordschweiz am schweizerischen Exporthandel betrug
2007 rund 45 Prozent:
Exporte (in Millionen Franken)Kernraum Nordschweiz 90’400
Schweiz 202’000Quelle: Bundesamt für Statistik (2007)
Die Exportzahlen (2007) sprechen für sich: Die Ausfuhren
der Nordschweiz hatten pro Kopf einen höheren Wert als
diejenige der übrigen Schweiz.
Ausfuhren (pro Kopf in Franken)Kernraum Nordschweiz 33’880
Schweiz 26’602Quelle: Bundesamt für Statistik (2007)
Ausgezeichnete Standortqualität Die Standortqualität ist in der Region Nordschweiz über-
durchschnittlich gut. Das zeigt der Standortqualitätsindika-
tor von 2008 der Credit Suisse. Sämtliche Nordschweizer
Kantone reihen sich über dem Schweizer Durchschnitt ein.
Unter den Top �0 befinden sich nicht weniger als vier
Nordschweizer Kantone. Faktoren für die Bemessung der
8
Standortqualität sind die Steuerbelastung, der Ausbildungs-
stand der Bevölkerung, die Verfügbarkeit von hochqualifi-
zierten Arbeitskräften und die verkehrstechnische Erreich-
barkeit.
Quelle: Credit Suisse Economic Research 2008
Niedrige SteuerbelastungDie Steuerbelastung (2007) in der Wirtschafts- und Metro-
polregion Nordschweiz ist im schweizweiten Vergleich
moderat bis durchschnittlich. Unter den acht steuergüns-
tigsten Kantonen befinden sich nicht weniger als drei
Nordschweizer Kantone.
Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung 2007 (Gesamtindex)
Fazit: Ein Leistungsträger im Dienste der ganzen SchweizDie Wirtschafts- und Metropolregion Nordschweiz
– liefert der ganzen Schweiz Energie: Die Region ist
Standort von vier der fünf Kernenergieanlagen und liefert
so einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung.
– erwirtschaftet schweizweit am meisten: Die wichtigs-
ten Industrien/Branchen (Finanzplatz, Chemie-Cluster, Life
Sciences, Maschinenindustrie und Logistik) haben ihr
Schwergewicht im Raum Nordschweiz.
– ist eine Verkehrsdrehscheibe: Der einzige HUB der
Schweiz steht in der Nordschweiz, Rheinschifffahrt und
Euroairport komplettieren die internationale Anbindung;
die wichtigsten Bahn- und Strassenachsen durchqueren
den Raum, ihre Leistungsfähigkeit ist für das Funktionie-
ren der Wirtschaft zentral.
– ist ein führender Denkplatz: Führende Universitäten
und Fachhochschulen, darunter die ETH Zürich, aber
auch Forschungsinstitute wie das Paul Scherrer Institut
sowie private Forschungsabteilungen etwa der chemisch-
pharmazeutischen Industrie sind in der Nordschweiz
angesiedelt.
– bietet ein vielfältiges Kulturangebot: Renommierte
Musikhäuser (z. B. Opernhaus, Tonhalle) sind in der
Metropolregion Nordschweiz ebenso angesiedelt wie
bedeutende Museen, Kunsthäuser und Kunstsamm-
lungen, Festivals mit internationaler Ausstrahlung (Street
Parade, AVO-Sessions) und kulturhistorische Bauten.
– verfügt über ein hochklassiges Sportangebot: In der
Metropolregion Nordschweiz gibt es für Breiten- und
Spitzensportler unzählige Angebote und Veranstaltungen.
Weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind etwa
das Leichtathletikmeeting «Weltklasse Zürich», die
Tennisturniere Swiss Indoors Basel» und «Zurich Open»
und der Ironman in Zürich.
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Die Chance der Nordschweiz im globalisierten Umfeld
Anforderungen an Wirtschaftsstandorte werden komplexerDie Wirtschaft der Schweiz im Allgemeinen und der
Nordschweiz im Speziellen steht vor grossen Herausforde-
rungen. Wir stehen in Konkurrenz zur USA, zu Japan und
der EU, und es kommen weitere boomende Wachstums-
märkte wie Indien und China dazu – der Wettbewerb wird
noch härter werden.
Das wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben
spielt sich heute in funktionalen Räumen ab, die über
Kantons- und Landesgrenzen hinaus reichen. Interkantonale
und internationale Beziehungen werden für die wirtschaft-
liche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Nord-
schweiz immer wichtiger. In den Metropolräumen konzent-
rieren sich branchenspezifisches, hochwertiges Wissen und
an dieses Wissen anknüpfende Austauschbeziehungen. Sie
werden dadurch zu Motoren wirtschaftlicher und räumlicher
Dynamik.
Heute beschafft sich der Grossteil wissensintensiver Unter-
nehmen das spezielle Wissen in der grossräumigen Metro-
polregion Nordschweiz. Die Ballungszentren Zürich und
Basel erreichen nicht die kritische Grösse für eine im inter-
nationalen Vergleich konkurrenzfähige Wissensproduktion.
Das sukzessive Heranbilden einer politisch engeren, kan-
tonsübergreifenden Zusammenarbeit in der Nordschweiz ist
deshalb eine zentrale politische Aufgabe der nächsten Jahre
und damit einer der wichtigsten Faktoren für die wirtschaft-
liche Entwicklung der gesamten Schweiz.
Starre Kantonsgrenzen als WachstumshemmerDie Chancen einer starken Metropolregion Nordschweiz
könnten dadurch gehemmt werden, dass einzelne Kantone
oder Regionen Vorbehalte gegenüber den dominanten
Akteuren Zürich und Basel haben. Im Hinblick auf den
Nutzen eines gemeinsamen Vorgehens sollten aber derlei
Animositäten dringend hintenan gestellt werden. Denn von
einem vereinten Engagement profitieren nicht nur einzelne
grosse Akteure, sondern sämtliche involvierten Kantone und
indirekt die ganze Schweiz.
Heute verfolgen Zürich mit der Metropolitankonferenz und
der Standortmarketing-Organisation Greater Zurich Area
sowie Basel im Rahmen des Trinationalen Eurodistricts
Basel oder der Verein metrobasel je eigene Ziele.
Um im internationalen Wettbewerb um zentrale
Steuerungsfunktionen mitspielen zu können, braucht
es eine ausreichende Dichte bezüglich Bevölkerung
und Beschäftigung.
Quelle: nach Thierstein, Kruse, Glanzmann, Gabi, Grillon 2006
Anzahl firmeninterner Vernetzungen zu nationalen und internationalenWirtschaftszentren
hoch
niedrig
�0
Die Nordschweiz ist eine für den Wohlstand der Schweiz
zentrale Wirtschaftregion, die allen Beteiligten – Finanzplatz
Zürich, Pharma-Cluster Basel, Industriekantone Aargau,
Schaffhausen und Solothurn – zum Vorteil gereicht. Nun gilt
es die damit verbundenen Chancen besser zu nutzen und
das Potenzial noch besser auszuschöpfen.
StrategienStrategie 1: Wirtschaftliches Gewicht in die Politik einbringenDie Nordschweiz ist der wichtigste Wirtschaftsmotor der
Schweiz. Entsprechend spielt sie für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des Landes eine zentrale Rolle. Ihr
Potential ist aber noch nicht ausgeschöpft.
Langfristiges Ziel muss es deshalb sein, die Durchsetzungs-
kraft der für den Wohlstand der Schweiz wichtigsten Wirt-
schaftsregion in der Eidgenossenschaft zu stärken. Es soll
ein Raum entstehen, der im europäischen und globalen
Wettbewerb konkurrenzfähig ist. Dazu gilt es die Zusam-
menarbeit der wirtschaftsstarken Nordschweizer Kantone in
allen wichtigen Politikfeldern zu optimieren und bestehende
Hemmnisse abzubauen. Nur so können die wirtschaftliche
Entwicklung in den einzelnen Kantonen angekurbelt und
das Gewicht der Nordschweiz in der Schweizer Bundes-
politik generell gestärkt werden.
«Die Nordschweiz spielt eine zentrale Rolle für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.» Andreas Burckhardt, Direktor Handelskammer beider Basel
Konkrete Handlungsfelder der Metropolregion
Nordschweiz sind:
– Der Wirtschaftsmotor braucht finanzielle Ressourcen und
Investitionen, deshalb sind Infrastrukturgelder vorab in der
Metropolregion Nordschweiz zu investieren, wo sie einen
Gewinn für die gesamte Schweiz bringen.
– Auf politischer Ebene sollen die Kantone der Nordschweiz
verstärkt als eine kantonsübergreifende Interesseneinheit
auftreten. Dadurch können sie auf eidgenössischer Ebene
in gemeinsamem Interesse dafür plädieren, dass der
Fokus auf Projekte in der Nordschweiz gerichtet wird, weil
diese für die Wirtschaft des ganzen Landes wichtig sind.
– Für die Region und Schweiz wichtige (Verkehrs-)Projekte
gilt es gemeinsam in «Bundesbern» durchzusetzen. Dazu
zählen etwa die Projekte Durchgangsbahnhof Zürich,
Wiesenbergtunnel oder Zimmerbergtunnel sowie die
Lösung dringlicher Agglomerationsverkehrsprobleme in
den Ballungsräumen der Nordschweiz.
– Die Wirtschaftspolitik soll zukunftsgerichtet sein: wettbe-
werbsverzerrende Regulierungen und kantonale Schran-
ken für die freie Berufsausübung sollen fallen; kantonale
Monopolunternehmen sollen möglichst «entstaatlicht»
werden.
– Erste erfolgreiche Kooperationen – etwa im Bildungsbe-
reich (Fachhochschule Nordwestschweiz – Kantone AG,
BS, BL, SO) – sind gute Beispiele, was erreichbar ist und
sollten auf weitere Bereiche ausgedehnt werden.
– Die beiden Ballungszentren Zürich und Basel sind nicht
als Konkurrenzräume zu verstehen; sie sollen sich
innerhalb der Metropolregion Nordschweiz ergänzen.
Ein starkes Wirtschaftswachstum sowie Wohlstand
und hohe Lebensqualität für die Bevölkerung sollen
die Metropolregion Nordschweiz im internationalen
Vergleich an die Spitze führen.
��
Strategie 2: Mit wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen das Wachstum fördernEin markantes und kontinuierliches Wirtschaftswachstum
setzt zukunftsweisende staatliche Rahmenbedingungen
voraus. Die Wettbewerbssituation der Kantone Aargau,
Basel-Stadt, Basel-Land, Schaffhausen, Solothurn und
Zürich soll mit den folgenden Massnahmen verbessert
werden:
– Administrative Hürden und unnötige Bewilligungen
auf kantonaler Ebene abbauen.
– Positive Wirtschaftsimpulse geben durch liberale
Rahmenbedingungen.
– Wettbewerbsverzerrende Regulierungen abbauen und
aufheben, zum Beispiel die ungerechtfertigte Bevorzu-
gung von einzelnen Wirtschaftsbetrieben durch steuer-
liche Massnahmen.
– Die Steuerbelastung im vordersten Drittel der Kantone
situieren.
– Die sukzessive Entflechtung von Politik und Unternehmer-
tum und damit die Liberalisierung von Monopolbetrieben
vorantreiben.
Handlungsbedarf und LösungsvorschlägeFinanzpolitik (Staatsfinanzen und Steuern; Wettbewerb)Die Metropolregion Nordschweiz zeichnet sich durch
vergleichsweise tiefe Steuern aus. Sie begrüsst den
Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen und setzt sich
für ein langfristig günstiges Umfeld ein. Die Nordschweiz
trägt überdurchschnittliche Lasten (Energie, Verkehr etc.),
wodurch die Infrastrukturinvestitionen hoch sind. Im
Gegenzug profitiert die Metropolregion Nordschweiz heute
jedoch unterdurchschnittlich von den Bundessubventionen.
EnergiepolitikDie Versorgungssicherheit hat im Zeichen der Energiever-
knappung erste Priorität. Mit Blick auf die Konkurrenzfähig-
keit soll eine gewisse Entstaatlichung von Kantons- und
Gemeindewerken voran getrieben werden. Im Hinblick auf
den Neubau oder Ersatz von Kernkraftwerken gilt es die Ab-
geltung der Nordschweizer Kantone zu diskutieren.
«Die Nordschweiz bildet das Zentrum der Schweizer Wirtschaft – sie ist der Wirtschaftsmotor der Schweiz.»Otto H. Suhner, Präsident Suhner Holding AG, Präsident VSU (Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland)
GesundheitspolitikDie Kantone sind auch hier eine zu kleine Einheit. Deshalb
ist die Bildung der interkantonalen Gesundheits- und
Spitalregion Nordschweiz voranzutreiben. Der Fokus soll
sich weg verschieben von der innerkantonalen Spitalstand-
ortkonkurrenz hin zur interkantonalen, grossflächigeren
Abstimmung der Gesundheitspolitik.
BildungspolitikDas Fachhochschulwesen soll gestrafft werden: Portfoliobe-
reinigungen und Clusterbildung helfen mit, international
schlagkräftige Bildungsinstitutionen zu schaffen. Ausserdem
ist mit Blick auf international konkurrenzfähige Studienab-
gänger auf eine Verkürzung der Gesamtschuldauer hinzuar-
beiten.
Ziel ist es, die interkantonale Zusammenarbeit der
Kantone der Nordschweiz zu stärken und einen
bedeutenden, international hoch wettbewerbsfä-
higen Wirtschaftsraum zu schaffen.
�2
Von Agrarwirtschaft zu ForschungspolitikDie Subventionen sollen mittelfristig am OECD-Niveau
ausgerichtet werden. Die frei werdenden Mittel sollen in
staatliche Spitzentechnologieforschung an Eidgenössischen
Technischen Hochschulen – auf Nordschweizer Territorium
ETHZ, PSI Würenlingen – investiert werden.
StaatsstrukturenDie kantonalen Regierungskonferenzen sollen neu geglie-
dert werden. Wünschenswert ist die mittelfristige Schaffung
einer Metropolkonferenz Nordschweiz.
«Die Metropolregion Nordschweiz ermöglicht ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum.»Corina Eichenberger-Walther, Verwaltungsratspräsidentin der Zofinger Tagblatt AG, Vorstandsmitglied der Handelskammer beider Basel
WettbewerbsstrukturenDer Wettbewerb soll gestärkt werden. Daher ist der Markt
durch die Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips zu
öffnen. Die Öffnung hat Vorteile für die Wirtschaft, insbeson-
dere die Exportwirtschaft, steigert indirekt die Konkurrenzfä-
higkeit der binnenmarktorientierten Unternehmen und hat
Vorteile für Konsumenten dank einem in der Folge teilweise
tieferen Preisniveau.
Verkehrspolitik (Raumplanung und Infrastrukturen)Die prioritär zu lösenden Verkehrsengpässe befinden sich in
unseren Agglomerationen und Ballungsräumen, so auch auf
dem Gebiet der Nordschweiz. Die finanziellen Mittel für
Verkehrsinfrastrukturvorhaben müssen in diesen Ballungs-
gebieten investiert werden, da sie hier den grössten
verkehrspolitischen und wirtschaftlichen Nutzen bringen.
Der Ausbau dringender Verkehrsinfrastrukturprojekte in den
Kantonen der Nordschweiz bringt einen Mehrwert für die
gesamte Schweiz.
��
Ein mächtiger Wirtschaftsraum …Der Kernraum der Metropolregion Nordschweiz mit den
Kantonen Aargau, Basel-Land, Basel-Stadt, Schaffhausen,
Solothurn und Zürich ist das Herz des schweizerischen
Wirtschaftsgebietes: Auf dem Finanzplatz Zürich, im
Pharma-Cluster Basel und in den Industriekantonen Aargau,
Schaffhausen und Solothurn wird ein Grossteil des schwei-
zerischen Bruttoinland-Produktes (BIP) erwirtschaftet.
Die Metropolregion Nordschweiz besteht aus einem
Kernraum und einem Ausstrahlungsraum. Zum Kernraum
gehören mindestens Basel und Baselland, Solothurn,
Zürich, Schaffhausen und der Aargau, der Ausstrahlungs-
raum deckt die angrenzenden Gebiete ab.
… mit schwachen institutionellen Bindungen
Die wirtschaftliche Bedeutung der Nordschweiz spiegelt
sich in der aktuellen politischen Situation nicht wieder.
Dies ist eines der zentralen Probleme der Metropolregion
Nordschweiz: Zwischen den beiden Grossräumen Zürich
und Basel, denen die kritische Grösse für eine international
konkurrenzfähige Wirtschafts- und Wissensproduktion
fehlt, ist eine verstärkte Zusammenarbeit notwendig. Alle
Kantone verfügen über wichtige Forschungs- und Ausbil-
dungsinstitutionen. Eine Zusammenarbeit der beiden
wichtigsten Städte Zürich und Basel im Nordschweizer
Wirtschaftsraum käme darum einem Paradigmenwechsel
gleich: Von Konkurrenzräumen entwickeln sie sich in
Richtung Komplementärräume.
Notwendig wäre dieser Schritt allemal: Erst die enge
Zusammenarbeit ermöglicht das Entstehen eines Raumes
mit der kritischen Masse, die für die internationale Wett-
bewerbsfähigkeit notwendig ist.
Viele Unternehmen, die stark vom Knowhow ihrer Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter abhängig sind, finden in Basel
oder Zürich zu wenige qualifizierte Partner für die Weiter-
entwicklung ihres Unternehmens. Ein grosser Teil dieser
Unternehmen beschafft sich das Expertenwissen heute in
der Metropolregion Nordschweiz.
«Die Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen der Nordschweiz hinaus gibt der ganzen Schweiz positive Impulse.»Marcel Rohner, CEO UBS AG
Nur zusammen geht es!Die führende Rolle des Wirtschaftsraums Nordschweiz
soll mit Blick auf die internationale Konkurrenzfähigkeit
ausgebaut und gestärkt werden. Dazu sind Mass-
nahmen nötig, welche die Zusammenarbeit der invol-
vierten Kantone verbessern und die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen laufend optimieren. Ziel muss sein,
die Bedeutung und Durchsetzungskraft der Nordschweiz
zum Wohle der ganzen Schweiz zu stärken sowie die
internationale Standortqualität zu erhöhen.
Metropolregion Nordschweiz – der richtige Weg zu einem starken Wirtschaftsraum
�4
Unser ZielDen Wirtschaftsraum Nordschweiz stärken und das
politische Gewicht der Metropolregion Nordschweiz als
wichtigsten Wirtschaftsraum der Schweiz in «Bundesbern»
erhöhen.
Unser WegDie Wirtschaftspolitik in der Metropolregion Nordschweiz
verstärkt aufeinander abstimmen. Die heutigen Konkurrenz-
räume zu Komplementärräumen entwickeln, um als Einheit
auf gemeinsame Ziele hinzuarbeiten.
Unser VerständnisBeziehungsnetze über die Kantonsgrenzen hinaus aufzu-
bauen und zu pflegen ist Bedingung für eine florierende
Zusammenarbeit. Die verstärkte internationale Standortkon-
kurrenz und die zunehmende Dynamik der wirtschaftspoli-
tischen Aktivitäten der einzelnen Kantone und die damit
ebenfalls zunehmende Konkurrenz unter den Kantonen
bedingt zusätzlich eine erweiterte Entwicklung der Aussen-
und Wirtschaftsbeziehungen. Hier setzt die Idee der
«Metropolregion Nordschweiz» ein. Der Wirtschaftsraum
Nordschweiz soll durch verbesserte wirtschaftliche
Rahmenbedingungen und intensivierte interkantonale
Zusammenarbeit gestärkt werden und unter dem Dach
Metropolregion Nordschweiz agieren.
ImpressumDepartement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, 500� Aarau
Bilder: Copyright KEYSTONE
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