080605 Schlussbericht Erlebnisqualität · 2015. 9. 17. · Erlebniskompass naturnaher Tourismus...

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Erlebniskompass Optimierung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus Rapperswil, 31. Mai 2008

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  • Erlebniskompass

    Optimierung der Erlebnisqualität

    im naturnahen Tourismus

    Rapperswil, 31. Mai 2008

  • Erlebniskompass naturnaher Tourismus FTL-HSR

    Impressum

    Auftraggeber: seco Staatssekretariat für Wirtschaft Prof. Dr. Peter Keller Dr. Karl Koch

    Studienverfasser: FTL-HSR Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus und Landschaft ILF Institut für Landschaft und Freiraum Hochschule für Technik Rapperswil Oberseestrasse 10 8640 Rapperswil Tel: +41 55 222 47 91 Fax: +41 55 222 44 00

    Dr. Dominik Siegrist (Projektleitung) Dipl. geogr. Karin Wasem (wissenschaftliche Bearbeitung) Dipl. Ing. FH Landschaftsarchitektin Sophia Iten (Layout und Grafik)

    Interviewpartner: Christine Neff, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz; Werner Hoch-rein, Buchautor; Rudolf Küntzel, Kulturingenieur; Markus Isenmann, ruinaTrail; Peter Luder, Langsamreisen; Bruno Fläcklin, Sörenberg Flühli Tourismus; Hans Wiesner, Baumeler Reisen; Jöri Schwärzel, AlpenbüroNetz Klosters; Ernst Flütsch, Berghaus Sulzfluh St. Antö-nien; Florian Kern, Toggenburg Tourismus; Tino Kunz, Schweiz Tou-rismus; Thomas Hausheer, Arcatour; François Margot, Association pour le Dévelopment du Pays-d‘Enhaut; Daniel Anker, Reisejourna-list; Monika Suter, Heimatschutz Schweiz; Beatrice Jost, Bergasthaus Golderli Kiental; Bruno Lüthi, Hüttenverantwortlicher SAC; Albert Kruker, Savognin Tourismus; Marco Marcozzi, Regionalmanagement Malcantone; Bruno Zwyssig, Wasserwelten Göschenen, Stefan Fors-ter, Center da Capricorns Wergenstein/Hochschule Wädenswil.

    Dank: Wir danken allen Interviewpartnern dafür, dass sie ihr Fachwissen für die vorliegende Studie zur Verfügung gestellt haben. Ebenso geht unser Dank an Dr. Gilbert Thélin und Dr. Matthias Stremlow für die kritische Begleitung der vorliegenden Studie.

  • Erlebniskompass naturnaher Tourismus FTL-HSR

    Inhaltsverzeichnis

    Kurzfassung .................................................................................................................... 1

    1 Einleitung ............................................................................................................... 3

    1.1 Ausgangslage ................................................................................................. 3

    1.2 Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus ........................................................ 6 1.2.1 Erlebnisökonomie – eine neue Art des Wettbewerbs ....................................... 6 1.2.2 Erlebnisse im Tourismus................................................................................ 8 1.2.3 Authentizität im Tourismus...........................................................................10 1.2.4 Inszenierung im Tourismus ..........................................................................10

    1.3 Fragestellung und Vorgehen ...........................................................................11

    2 Kriterien zur Bewertung der Erlebnisqualität.............................................................13

    2.1 Methodisches Vorgehen..................................................................................13

    2.2 Erlebnisbereiche, Erlebnisdimensionen und Bewertungskriterien........................14 2.2.2 Erlebnisbereich Attraktive und intakte Landschaft ..........................................15 2.2.3 Erlebnisbereich Authentizität und Eigenart.....................................................17 2.2.4 Erlebnisbereich Ganzheitlichkeit ....................................................................21 2.2.5 Erlebnisbereich Information und Interpretation..............................................24 2.2.6 Erlebnisbereich Aktive Natur- und Kulturaneignung........................................26

    3 Ergebnisse der Angebotsbewertung.........................................................................29

    3.1 Methode ........................................................................................................29 3.1.1 Der „Erlebniskompass naturnaher Tourismus“ als Bewertungsinstrument ........29 3.1.2 Bewertungsmethodik ...................................................................................30 3.1.3 Vorgehen ....................................................................................................31

    3.2 Semi-quantitative Analyse von 31 Angeboten...................................................31

    3.3 Qualitative Bewertung von ausgewählten Fallbeispielen ....................................36 3.3.1 Vorbemerkung.............................................................................................36 3.3.2 Darstellung der Fallbeispiele .........................................................................37 3.3.3 Stärken, Schwächen und Verbesserungsmöglichkeiten ...................................48

    4 Erfolgsfaktoren und Beispiele von Erlebnisangeboten im naturnahen Tourismus.........53

    4.1 Wozu Erfolgsfaktoren?....................................................................................53

    4.2 Erfolgsfaktoren im Tourismus und im naturnahen Tourismus ............................53

    4.3 Erfolgsfaktoren bezüglich Erlebnisqualität des naturnahen Tourismus................56

    5 Fazit und Empfehlungen .........................................................................................57

    5.1 Fazit ..............................................................................................................57

    5.2 Empfehlungen................................................................................................59

    6 Literatur- und Quellenverzeichnis ............................................................................63

  • Erlebniskompass naturnaher Tourismus FTL-HSR

    Anhang

    Anhang 1: Gesprächs-Leitfaden.......................................................................................68

    Anhang 2: Beurteilungsbogen .........................................................................................69

    Abbildungsverzeichnis

    Abb. 1: Erlebniskompass naturnaher Tourismus...........................................................14 Abb. 2: Dreistufiger Aufbau des Erlebniskompasses naturnaher Tourismus....................29 Abb. 3: Gesamtbewertung Erlebnisbereiche.................................................................33 Abb. 4: Bewertung Erlebnisbereich Aktive Natur- und Kulturaneignung .........................33 Abb. 5: Bewertung Erlebnisbereich Ganzheitlichkeit .....................................................34 Abb. 6: Bewertung Erlebnisbereich Information und Interpretation ...............................34 Abb. 7: Bewertung Erlebnisbereich Attraktive und intakte Landschaft............................35 Abb. 8: Bewertung Erlebnisbereich Authentizität und Eigenart ......................................35 Abb. 9: Geographische Lage der 11 Fallbeispiele..........................................................36 Abb. 10: Erfolgsfaktoren der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus ..........................55

    Tabellenverzeichnis

    Tab. 1: Merkmale von Erlebnisangeboten im naturnahen Tourismus und in künstlichen Erlebniswelten ................................................................................................ 7

    Tab. 2: Mittelwerte der Erlebnisbereiche und Erlebnisdimensionen................................32

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    Kurzfassung

    Der naturnahe Tourismus fällt seit einigen Jahren durch eine frische Dynamik auf. Neue An-bieter und Kooperationen tauchen auf und bringen ihre Angebote auf den Markt. Doch oft bekunden die neuen Initiativen Probleme mit der Qualität ihrer Produkte und sind allein nicht in der Lage, diese so zu gestalten, dass sie für ein breiteres Publikum sichtbar werden. Hier kann eine authentische und originelle Angebotsgestaltung einen wichtigen Beitrag leisten und eine verbesserte Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus bewirken. Dadurch gewinnen die Angebote an Attraktivität, erhalten eine grössere Beachtung und erreichen eine bessere Nachfrage auf den touristischen Märkten.

    In der vorliegenden Studie wird eine vertiefte Analyse der Potenziale für eine Optimierung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus unternommen. Aus den empirischen Ergebnissen einer semi-quantitativen und einer qualitativen Angebotsbewertung werden Erfolgsfaktoren sowie Empfehlungen abgeleitet. Daneben besteht das Produkt der Studie im neuen Bewertungstool „Erlebniskompass naturnaher Tourismus“. Mit diesem Erlebniskompass sollen Anbieter und weitere Akteure in die Lage versetzt werden, die Erlebnisqualität von Angeboten im naturnahen Tourismus selbständig zu bewerten.

    Die Erlebnisorientierung besitzt im naturnahen Tourismus einen hohen Stellenwert. In unse-rer hedonistisch orientierten Erlebnisgesellschaft sind heute auch naturnahe Gäste auf der Suche nach spezifischen Erlebnisangeboten. Diese sind in ihrem Charakter allerdings in ver-schiedener Hinsicht nicht gleich wie andere Erlebnisangebote im Tourismus.

    Naturnahe Angebote basieren auf der Ästhetik von Natur, Landschaft und Kultur. Erlebnisan-gebote im naturnahen Tourismus bewegen emotional, prägen sich im Gedächtnis ein und sprechen die Wünsche in den Köpfen der Gäste an. Sie unterscheiden sich von anderen tou-ristischen Angeboten hauptsächlich durch ihren authentischen Charakter und in ihrer hand-lungsorientierten, aktiven Ausrichtung.

    Erlebnisangebote im naturnahen Tourismus orientieren sich an den natürlichen, landschaftli-chen und kulturellen Besonderheiten des besuchten Ortes. Sie sind in das regionale gesell-schaftliche Umfeld integriert und streben den Austausch zwischen der lokalen Bevölkerung und den Gästen an. Solche Angebote zeichnen sich nicht zuletzt durch den Anspruch aus, gesellschaftliche Fassaden, Kulissen oder Inszenierungen zu durchdringen und das reale Le-ben der bereisten Gebiete in die Feriengestaltung mit einzuschliessen.

    Erlebnisangebote im naturnahen Tourismus kommen ohne überzogene Inszenierungen aus und benötigen keine lückenlos abgestimmte Erlebniskette. Vielmehr kommt in der Angebots-gestaltung den räumlichen und zeitlichen Nischen, dem Nicht-Berechenbaren und dem Un-vorhergesehenen eine grosse Bedeutung zu. Wichtig ist, dass die natürlichen, landschaftli-

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    chen und kulturellen Werte und Qualitäten eines Gebietes für die Gäste wahrnehmbar und erlebbar gemacht werden. Naturnahe Angebote besitzen darüber hinaus eine mehr oder we-niger stark ausgeprägte ethische Komponente: Den Gästen ist ihr Beitrag an die regionale Wertschöpfung, die Rücksichtnahme auf sensible Landschaften und Lebensräume, auf Bevöl-kerung und Kultur sowie die Sorge um Umwelt und Klima wichtig. Naturnahe Touristen schätzen gerade auch deshalb kompetente Informations- und Interpretationsangebote.

    Die Schweiz verfügt mit ihren attraktiven Kulturlandschaften und intakten Naturräumen über eine sehr gute Basis für den naturnahen Tourismus. Eine Schwäche liegt aber im oftmals fehlenden Rückhalt in der lokalen Bevölkerung für den Natur- und Landschaftsschutz. Vor dem Hintergrund der von den Gästen verlangten Authentizität und Eigenart liegen die Defizi-te in der mangelhaften Berücksichtigung von regionaltypischen Produkten und Spezialitäten. Sodann darf die kulturelle Komponente als eine wesentliche Erlebnisdimension nicht verges-sen werden.

    Überall in der schweizer Bevölkerung sind viele Kenntnisse über Natur und Kultur der eige-nen Regionen vorhanden. Dieses Potenzial wird aber zuwenig genutzt, weil solche Informati-onen einerseits schlecht zugänglich und andererseits zuwenig angebotsorientiert aufbereitet sind. Defizite bestehen weiter bezüglich der Kombination von Aktivitäten mit unterschiedli-chen Erlebnisformen. Für den heutigen multioptional agierenden (naturnahen) Gast ist oft eine Kombination von mehreren Aktivitäten attraktiv.

    Aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Studie wird eine Reihe von Empfehlungen zuhan-den von Akteuren des naturnahen Tourismus ausgesprochen. Angesprochen sind insbeson-dere touristische Leistungsträger, Fachstellen des Bundes und der Kantone, Regionen und Gemeinden, Planung und Beratung sowie Institutionen in den Bereichen Natur, Landschaft. Diese Empfehlungen betreffen folgende Handlungsfelder:

    - Stärkere Förderung von Erlebnisangeboten im naturnahen Tourismus;

    - Fokussierung der Angebotsentwicklung auf die Stärken Natur, Landschaft und Kultur;

    - Förderung von spezifischen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten;

    - Schaffung von regionalen Enabler-Netzwerken und von lokalen Kooperationen;

    - Qualitätssicherung im naturnahen Tourismus unter Berücksichtigung von Erlebniskri-terien;

    - Stärkung der sanften Mobilität als eigenständige Erlebnisdimension;

    - Förderung von Erlebnisangeboten in der Landwirtschaft;

    - Stärkung der Vermarktungsstrukturen des naturnahen Tourismus.

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    1 Einleitung

    1.1 Ausgangslage

    Der naturnahe Tourismus – also besonders eng an Natur und Landschaft orientierte Touris-musformen - besitzt in der Schweiz eine lange Tradition und bietet vielfältige Chancen für den ländlichen Raum (SECO 2002)1. Zahlreiche Initiativen beweisen dies in den letzten Jah-ren. Bisher handelte es sich in der Regel um Nischenangebote mit einer beschränkten Sicht-barkeit im touristischen Markt. Neue gesetzliche Grundlagen auf der Ebene des Bundes und der Kantone schaffen ein positives Umfeld für die Entwicklung naturnaher touristischer An-gebote von regionaler und nationaler Ausstrahlung. Die damit zu erzielende Wertschöpfung fördert den Rückhalt für die Pflege und Erhaltung von Natur und Landschaft in der Bevölke-rung.

    Der naturnahe Tourismus erlebt in der Schweiz seit einigen Jahren einen deutlichen Auf-schwung. So ist ein breites Spektrum von Einzelangeboten und Produkten entstanden. Grös-sere Projekte bildeten beispielsweise der Wettbewerb SCHWEIZ PUR2 von Schweiz Tourismus, die Strategie „KLEIN&FEIN“3 von Graubünden Ferien sowie das Projekt „KULTURWEGE DER SCHWEIZ“4 der Organisation VIA STORIA, die aus dem INVENTAR DER HISTORISCHEN VERKEHRSWE-GE DER SCHWEIZ (IVS) hervorgegangen ist. Solche grösseren und eine steigende Zahl von kleinen Einzelinitiativen stehen allerdings weitgehend ohne Vernetzung nebeneinander und versuchen jeweils individuell, ihre Marktnischen zu bearbeiten.

    In diesem Zusammenhang wird die Funktion von regionalen „Enabler-Netzwerken“ immer wichtiger. Solche Netzwerke bringen Wissensträger aus den Themenfeldern Natur, Land-schaft und Kultur mit den touristischen Leistungserbringern zusammen. Die aus diesem Wis-senstransfer resultierenden Kompetenzen können vermehrt für die Entwicklung von Erlebnis-angeboten im naturnahen Tourismus genutzt werden. In diesem Sinne soll beispielsweise im Kanton Graubünden eine professionelle Struktur aufgebaut werden, welche die touristischen Akteure (v.a. die Anbieter), weitere Institutionen (Verbände, Verwaltung, Bildung, etc.), Wis-sensträger (Natur-, Landschafts- und Kulturwerte) und weitere Anspruchsgruppen (KMU, Be-rater, Planer, etc.) miteinander vernetzt (FORSTER ET AL. 2007, 35).

    Eine neue Ausgangslage ergibt sich mit der Teilrevision des Natur- und Heimatschutzgeset-zes (NHG)5. Damit wird in der Schweiz die Schaffung von weiteren Nationalpärken, von Re-gionalen Naturpärken und von Naturerlebnispärken möglich. Mit diesen neuen Instrumenten können künftig die Synergiepotenziale zwischen dem Natur- und Landschaftsschutz und der

    1 Die vorliegende Studie stützt sich auf folgende Definition des naturnahen Tourismus, die im Rahmen des UNO-Jahres der Berge und des Ökotourismus 2002 erarbeitet wurde: „Naturnaher Tourismus ist ein verantwortungs-bewusster Aufenthalt in Naturgebieten und naturnahen Kulturlandschaften, dessen Organisation und Realisierung sich aus den regionalen Bedürfnissen über die Mitbestimmung der Beteiligten heraus entwickelt und dabei die Umwelt, die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten achtet sowie nachhaltig schützt, fördert und finanziert. Im naturnahen Tourismus wird dem Gast das Erleben von Natur und Kultur aktiv und mit allen Sinnen ermöglicht.“ (SECO 2002). 2 www.myswitzerland.com/de/navpage-CHpur.html 3 http://ferien.graubuenden.ch/de/navpage.cfm?category=KuFGR 4 www.viastoria.ch/D/Kulturwege/Via.htm 5 www.admin.ch/ch/d/as/2007/5241.pdf

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    ländlichen Regionalentwicklung besser ausgeschöpft werden. Die neuen Pärke schaffen die Voraussetzung dafür, dass in der Schweiz der Parktourismus, der sich lange Zeit auf den Schweizerischen Nationalpark und seit einigen Jahren auch auf die UNESCO-Biosphäre Entle-buch und die drei UNESCO Weltnaturerbegebiete Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn, Monte San Giorgio und Lavaux beschränkte, frisch lanciert werden kann. Allerdings sind erhebliche An-strengungen nötig, um das touristische Angebot der angehenden Pärke so zu entwickeln, zu differenzieren und zu positionieren, dass dadurch das von den lokalen Stakeholdern gesteck-te Ziel eines wirtschaftlichen Mehrwerts für die betreffenden Regionen erreicht werden kann.

    Die Landwirtschaft bildet eine weitere wichtige Branche, die in einem an Natur- und Land-schaftswerten orientierten touristischen Markt künftig eine aktive Rolle spielen dürfte. Mit Hil-fe einer für alle Pärke geplanten Dachmarke sollen regionale Qualitätsprodukte und -dienstleistungen künftig qualitativ abgesichert und besser vermarktet werden. Verstärkte regionale Kooperationen zwischen der Landwirtschaft und dem Tourismus werden bestehen-de Angebote stärken bzw. neue hervorbringen. In manchen strukturschwachen Randgebie-ten der Schweiz dürfte den Pärken so künftig auch aufgrund von neuen Synergien zwischen Landwirtschaft und Tourismus eine relevante wirtschaftliche Bedeutung zukommen.6

    Eine steigende Besucherzahl kann aber auch zu einem zunehmenden Nutzungsdruck auf sensible Natur- und Landschaftsräume führen. So gibt es aktuell Konflikte zwischen den wachsenden Natursportaktivitäten und den Bedürfnissen bestimmter Wildtiere an ihre Le-bensräume. Hier besteht die Herausforderung darin, für die naturnahen touristischen Aktivi-täten ein professionelles Besuchermanagement aufzubauen, mit welchem derartige Konflikte verhindert bzw. auf ein Minimum reduziert werden können. Hierzu werden gegenwärtig In-strumente und Werkzeuge entwickelt, mit denen einerseits die notwendige Sensibilisierung unter den betroffenen Akteurgruppen gefördert und andererseits die Lenkung der touristi-schen Aktivitäten unterstützt wird.7

    Obwohl Gästebefragungen immer wieder hohe Potenziale ausweisen, hält sich die durch den naturnahen Tourismus tatsächlich erzielte regionale Wertschöpfung bisher in Grenzen. Eine Kurzevaluation des Schweiz Tourismus-Wettbewerbs SCHWEIZ PUR ergab, dass mit diesem Projekt bisher nur geringe wirtschaftliche Effekte ausgelöst werden konnten. Dennoch mes-sen die beteiligten Anbieterinnen und Anbieter Projekten wie SCHWEIZ PUR eine wichtige Funktion zu, weil diese starke Motivations- und Identifikationseffekte besitzen und die Ver-netzung unter den Leistungsträgern fördern.8

    Es gibt mehrere Gründe dafür, dass die wirtschaftlichen Potenziale des naturnahen Touris-mus bisher zu wenig zum Tragen gekommen sind (SIEGRIST, STREMLOW & WITTWER 2007, 3f; MAYER & WASEM ET AL. 2008):

    6 vgl. beco 2006 7 vgl. http://natursportinfo.de; www.wsl.ch/mmv-3/call/MMV3_proceedings.pdf 8 vgl. www.ilf.hsr.ch/fileadmin/user_upload/ilf.hsr.ch/4_Projekte/Schweiz_pur/060628_20Kurzevaluation_ 20 Schweiz_20pur.pdf

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    Fehlende Professionalität in der Angebotsentwicklung

    Auf der Ebene der einzelnen Anbieter liegt das Problem in der ungenügenden Zusammenar-beit und in der Verzettelung der Angebote. Viele Angebote entsprechen nicht der tatsächli-chen Nachfrage und verschwinden nach kurzer Zeit wieder vom Markt. In der fehlenden Pro-fessionalität bei der Angebotsentwicklung liegt eine der Hauptursachen für den bislang rela-tiv geringen wirtschaftlichen Erfolg des naturnahen Tourismus. Hier scheint nicht zuletzt auch ein spezifisches Ausbildungsdefizit vorzuliegen.

    Schwache Kommunikation und Vermarktung

    Ein weiteres Problem liegt in der Kommunikation und Vermarktung des naturnahen Touris-mus. Da die vergleichsweise umsatzschwachen Leistungsträger über geringe finanzielle Res-sourcen verfügen, gelingt es ihnen nicht, den benötigten Marktdruck zu erzielen. Zusammen mit der oft ungenügenden Positionierung führt dies dazu, dass sie von ihren eigentlichen Zielgruppen zu wenig wahrgenommen werden können. Wegen der geringen regionalen oder thematischen Vernetzung unter den naturnahen Anbietern werden interessante und attrakti-ve Produkte in den nationalen und internationalen Schaufenstern des Schweizer Tourismus kaum sichtbar.

    Defizite in der Erlebnisqualität

    Trotz eines breit vorhandenen ursprünglichen Angebotes an Natur-, Landschafts- und Kul-turwerten weist das abgeleitete touristische Angebot in punkto Erlebnisqualität Mängel auf. Vielen naturnahen Produkten fehlt es an speziellen Erlebnisqualitäten, da das für die Ange-botsentwicklung nötige Knowhow bei den Anbietern zu wenig vorhanden ist und die finan-ziellen Ressourcen fehlen. Ein Problem stellen dabei auch die in vielen Fällen veralteten tou-ristischen Infrastrukturen dar. Meist fehlt es an Kapital für Erneuerungen, die über das Not-wendige hinausgehen.

    Die Probleme der fehlenden Professionalität in der Angebotsentwicklung und die Schwächen bezüglich Kommunikation und Vermarktung wurden bereits verschiedentlich thematisiert (SECO 2002; MAYER & WASEM ET AL. 2008). Die sich daraus ergebenden Erfordernisse wurden im Rahmen von einschlägigen Förderprogrammen (z.B. Bundesprogramme wie Innotour und Regio plus) vermehrt umgesetzt. Um die geforderte Professionalisierung zu ermöglichen, beteiligen sich touristische Dachorganisationen an Schlüsselprojekten des naturnahen Tou-rismus. So trägt der Schweizer Tourismus-Verband Projekte wie Veloland Schweiz9 und Schweiz mobil10 aktiv mit. Aber auch regionale Tourismusorganisationen entwickeln eigen-ständige touristische Angebote im naturnahen Segment. Schweiz Tourismus betreibt seit Jahren die stark vom naturnahen Tourismus inspirierte Kampagne Bergsommer und führt

    9 www.veloland.ch 10 www.schweizmobil.ch

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    das Projekt Schweiz pur. Für 2009 plant Schweiz Tourismus darüber hinaus unter eine breite Neulancierung naturnaher Tourismusprodukte.

    Das Problem der ungenügenden Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus wurde bisher kaum thematisiert. So besitzen viele Tourismusdestinationen in der Schweiz grosse auf Natur und Landschaft basierende Erlebnispotenziale, welche zuwenig genutzt werden:

    - Tiere und Pflanzen in der Natur, historische und aktuelle Spuren in der naturnahen Kulturlandschaft;

    - authentische und originelle Übernachtungsmöglichkeiten in Verbindung mit regiona-len und ökologischen Speisekarten;

    - in der Bevölkerung vorhandenes und gelebtes Wissen über die regionale Kultur und Geschichte;

    - Wissen über moderne Informations- und Interpretationsmöglichkeiten zu Natur- und Kulturwerten;

    - Bedürfnis der Gäste nach Möglichkeiten einer aktiven Aneignung von Natur und Kul-tur.

    Gleichzeitig bergen Erlebnisinszenierungen die Tendenz der Oberflächlichkeit und der Bevor-mundung der Gäste. Dies gilt gerade auch bezüglich der naturnahen touristischen Zielgrup-pen mit ihrem ausgeprägten Bedürfnis nach Individualität und Authentizität. Hier ist es wich-tig, dass eigenständige und individuelle Formen des Erlebens ermöglicht werden, dass also die Gäste die Chance erhalten, die Erlebnisse ‚aus sich selbst’ heraus zu entwickeln.

    1.2 Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus

    1.2.1 Erlebnisökonomie – eine neue Art des Wettbewerbs

    Seit längerer Zeit hat der Begriff „Erlebnisgesellschaft“ in unser Vokabular Eingang gefunden. Dieser Begriff bezeichnet eine auf Glückseligkeit und Genuss ausgerichtete Lebenshaltung, die zunehmend auf traditionelle Tugenden wie Solidarität, Anstrengung, Geduld und Askese verzichtet. Im Rahmen der durch die Soziologie geprägten Debatte über die Erlebnisgesell-schaft erhielt in den 1990er-Jahren auch der Begriff der Individualisierung neue Aktualität. Das zentrale Thema bildet dabei die Veränderung des Verhältnisses zwischen dem „Ich“ und der „Welt“. Passte sich früher das Ich der Welt an, so ist heute das Gegenteil feststellbar und die Welt scheint sich dem Ich anzupassen. Damit einher geht die Hinwendung zu hedonisti-schen Lebensstilen, wobei über breite Gesellschaftsschichten hinweg zunehmend die Erleb-nisorientierung in den Vordergrund gestellt wird (MÜLLER & SCHEURER 2004a).

    Diese gesellschaftliche Entwicklung hat entscheidende Auswirkungen auf den Tourismus, wobei auch mit dem naturnahen Tourismus enge Wechselwirkungen bestehen. Hier stellt sich die Frage, was beim Gast eigentlich die Lust auf Landschaft weckt. Tragen spezifisch na-turnahe Formen der Erlebnisqualität dazu bei, im Tourismus neue Besucher zu gewinnen? Es wurde ja immer wieder betont, dass dem Landschaftserlebnis im Tourismus ein hoher Stel-

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    lenwert zufällt. Nicht zuletzt deshalb wurde Landschaft immer wieder als „Kapital des Tou-rismus“ bezeichnet. Schöne Landschaften allein genügen jedoch nicht, um erlebnisreiche touristische Angebote zu generieren. Diese Erkenntnis gilt nicht nur für den Tourismus im Allgemeinen, sondern im Besonderen auch für den naturnahen Tourismus.

    Erlebnisse gehören zu den Kernelementen der postmodernen Freizeitgestaltung. Der Urlaub gilt insbesondere dann als gelungen, wenn die Erlebnisqualität stimmt. Wichtige diesbezügli-che Begriffe in der touristischen Angebotsforschung sind „Erlebnisökonomie“, „Erlebnis-Setting“ und „Attraktion“ (vgl. KELLER 2006, MÜLLER & SCHEURER 2004b). Erlebnisse sind dabei als bewusst oder unbewusst wahrgenommene, subjektbestimmte, unwillkürliche innere Ge-fühle zu verstehen, welche erst durch Reflexion und Verarbeitung zu Erfahrungen werden. (SCHEURER 2003). Erlebnisse werden also durch Sinnesreize und die Interaktion mit Men-schen ausgelöst. Ausgehend von den wachsenden Erlebnisbedürfnissen unserer Gesellschaft haben PINE & GILMORE das Konzept der „Erlebnisökonomie“ entwickelt. Sie gehen davon aus, dass zunehmend eine neue Art des Wettbewerbs entsteht, in welcher neben Waren und Dienstleistungen Erlebnisse angeboten werden. Die Vermittlung des Erlebniswerts dieser Wa-ren und Dienstleistungen basiert auf deren Inszenierung. Für die touristische Angebotsge-staltung heisst das, dass ein spezifischer Schauplatz geschaffen wird, welcher Erlebnisse er-möglicht, das sog. „Erlebnis-Setting“. Der dramaturgische Gesamtablauf eines Angebotes wird dabei sichergestellt, indem jedes Element der touristischen Dienstleistungskette auf Er-lebnisse ausgerichtet wird. (PINE & GILMORE 1999, 2007).

    Charakteristisch für Erlebnisangebote im naturnahen Tourismus ist, dass diese ausschliesslich in Naturgebieten und Kulturlandschaften stattfinden. Die natürlichen und kulturellen Werte des Erlebnisraumes bilden dabei das ursprüngliche Angebot und damit die zentrale Grundla-ge. Solche Erlebnisangebote besitzen eine hohe Authentizität und ermöglichen den Gästen, natürliche und kulturelle Attraktionen aktiv und mit allen Sinnen zu erleben. Sie fördern die Fortbewegung mit eigener Körperkraft, unterstützen die regionale Wertschöpfung und neh-men Rücksicht auf sensible Gebiete, Umwelt und Klima.

    Die nachstehende Tabelle zeigt einige wichtige Unterschiede der Erlebnisqualität im naturna-hen Tourismus und in künstlichen Erlebniswelten (wo die Inszenierung touristischer Erlebnis-angebote in ihrer konsequentesten und extremsten Form stattfindet) auf:

    Tab. 1: Merkmale von Erlebnisangeboten im naturnahen Tourismus und in künstlichen Erlebniswelten

    Merkmale von Erlebnisangeboten im na-turnahen Tourismus

    Merkmale von Erlebnisangeboten in künst-lichen Erlebniswelten

    Gäste

    Zeitintensive Erlebnisse von oft längerer Dauer, tiefere Kosten pro Zeiteinheit.

    Zeitlich oft sehr kurze Erlebnisse, hohe Kosten pro Zeiteinheit.

    Langfristigkeit und relative Trendrobustheit der ursprünglichen und abgeleiteten Angebote.

    Kurzfristigkeit und starke Trendabhängigkeit der inszenierten Erlebniswelten.

    Inszenierungen werden von den Besuchern nicht als solche wahrgenommen bzw. eher abgelehnt.

    Die Inszenierung der Erlebnisse ist klar erkenn-bar und wird vom Besucher gewünscht.

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    Aktive Auseinandersetzung der Gäste mit Natur, Landschaft und Kultur.

    Konsumorientiertes Erleben einer kommerziali-sierten Freizeitwelt.

    Eigene Anstrengungen, Aktivitäten und Leistun-gen des Besuchers.

    Geringe eigene mentale und physische Anstren-gungen der Besucher.

    Angebote

    Kostenloser Zugang zum Erlebnis, Beschrän-kung durch natürliche Ausstattung.

    Eintrittsgebühr als Zutrittsberechtigung für Erleb-nisangebote, Beschränkung durch Infrastruktur.

    Erlebnisse entstehen unmittelbar aus Wechsel-beziehungen mit Natur, Landschaft und Kultur.

    Überhöhte Inszenierung mit phantastischen und virtuellen Elementen als Kontrast zur Alltagswelt.

    Langsamkeit als Qualität, mit Freiräumen und Ni-schen für eigene Betrachtungen und Aktivitäten.

    In kurzer Zeit möglichst viele Erlebnisse, lücken-lose Erlebniskette.

    Erlebnisse mit einem grob planbaren Ablauf, un-erwartete Ereignisse sind Teil des Angebots.

    Durchgeplante, standardisierte Erlebniskette mit berechenbaren Emotionen und Eindrücken.

    Geringe Dichte an Menschen, Berücksichtung sozialer/ökologischer Tragfähigkeitsgrenzen.

    Hohe Dichte an Menschen durch performativ-interaktive Ereignisse (z.B. Events).

    Umfeld, räumliche Umgebung

    Integration der Angebote in das regionale gesell-schaftliche Umfeld ist wichtig.

    Interaktion der Angebote mit der weiteren Umge-bung ist nicht notwendig.

    Äusseren Einflüssen (Klima, Wetter, Jahreszei-ten, etc.) ausgesetzt sein.

    Die äusseren Bedingungen sind über das ganze Jahr gleich oder werden künstlich gesteuert.

    Angebote sind an spezifische, landschaftlich und kulturell attraktive Standorte gebunden.

    Angebote sind nicht an bestimmte Standorte ge-bunden, Attraktionen werden künstlich erzeugt.

    1.2.2 Erlebnisse im Tourismus

    Erlebnisse gelten gemeinhin als stark gefühlsbetontes und unmittelbares Ergriffenwerden an-lässlich eines Ereignisses oder einer Begegnung. In der Psychologie stellt ein Erlebnis eine Teilkomponente des Oberbegriffs Emotion dar. Emotionen bestehen danach aus den drei Teilen „Erlebnis“ (Gefühl), „Ausdruck“ (Lachen, Weinen) sowie „körperliche Veränderung“ (Puls, Blutdruck usw.) (SCHMIDT-ATZERT 1996, 21). Als wichtige Quellen emotionaler Erlebnis-se gelten (vgl. MÜLLER & SCHEURER 2004a):

    - Beziehungen und Begegnungen mit anderen Menschen;

    - Flow-Erlebnisse (durch Imagination und hormonelle Veränderungen);

    - naturbezogene Umweltreize, z.B. Farben, Töne, Gerüche;

    - Hör-, Tast-, Geruchs-, Muskel- und Gleichgewichtssinne;

    - grösster Teil der Wahrnehmung über das Auge.

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    Neben diesen Faktoren haben auch indirekte Faktoren, wie zum Beispiel Images, Assoziatio-nen (BACKHAUS, REICHLER & STREMLOW 2007), Vorstellungen und Erwartungen einen Einfluss auf die Wahrnehmung der externen Umwelt. Erlebnisse werden vorrangig vom Erlebenden selbst als besonders empfunden, wobei der Erlebende selber an der Konstruktion des Erleb-nisses beteiligt ist.

    Der verwandte Begriff „Naturerlebnis“ (oft synonym verwendet mit „Natur erleben“, „Natur erfahren“, „Naturerfahrung“) wird unterschiedlich definiert. Einerseits wird darunter ein di-daktisches Prinzip bzw. eine pädagogische Kategorie verstanden, welche zum Ziel hat, den Menschen für Natur(erleben) zu sensibilisieren. Dabei steht das Bewusstsein für die Natur und damit die für Wertschätzung der Natur als Basis von naturschutzorientiertem Handeln im Zentrum. Dies kann verschiedene Angebote betreffen, z.B. Naturerlebnispfade, Museen oder Naturschutzzentren, naturkundliche Führungen oder Exkursionen, Spiele in und mit Natur, Naturerlebnisräume/Naturerfahrungsräume, Unterricht in Waldschulen, Steinzeitcamp, Land Art, Seminare, ökologische Reisen, Naturerlebnisbauernhöfe, Diavorträge/Filme über Natur etc.) (vgl. CIPRA DEUTSCHLAND 2003; EDER & ARNBERGER 2007).

    Zum anderen beinhaltet der Begriff Naturerlebnis auch Aspekte ausserhalb pädagogischer Konzepte, wie z.B. Erholung in der Natur (Spazieren, Wandern), Sport in der Natur (Out-doorsport), Urlaub in intakter Natur, Tiere pflegen und versorgen, Pflanzen anbauen (Nut-zung der Natur), Naturschutzarbeit leisten, umweltbewusste Ernährung sowie Kauf regiona-ler Produkte (SPRINGER 2006, 13).

    In Verwandtschaft zum naturnahen Tourismus lassen sich Naturerlebnisangebote z.B. durch folgende Eigenschaften charakterisieren (DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND 2005):

    - durch Emotionen auslösende Eigenschaften wie Sonnenuntergang am Meer, blühen-de Almwiesen, Formationsflüge von Wildgänsen, bizzare Felsformationen);

    - durch einen mit Vielfalt, Eigenart und Schönheit ausgezeichneten Naturraum;

    - durch das ästhetische Erleben der Natur (kleinräumig strukturierte, abwechslungsrei-che, unverbaute Landschaften sowie naturnahe Gewässer, Waldränder, Lichtungen);

    - durch markante, eintönige und einzigartige Landschaften (wie z.B. Seen, weite Ebe-nen, Hochgebirge, Gletscher).

    - Durch ungezügelte Natur, Wildnis (für Angebote mit Abenteuer-Charakter).

    Wichtig ist die Feststellung, dass die Erlebnisse und Erfahrungen selbst subjekt-spezifisch und somit nicht inszenierbar sind. Hingegen können Ereignisse und Erkenntnisse mit Hilfe vielfältiger Inszenierungs-Instrumente angeregt werden, indem Rahmenbedingungen und Si-tuationen geschaffen werden, welche das Erleben und Reflektieren von Erlebnissen begüns-tigen.

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    1.2.3 Authentizität im Tourismus

    Erlebnisse sind als „authentisch“ zu bezeichnen, wenn diese einen engen Bezug zu den na-türlichen, landschaftlichen und kulturellen Werten sowie zu den aktuellen Gegebenheiten ei-nes Ortes bzw. einer Region aufweisen. Neben bewahrenden und erhaltenden Aspekten ent-hält der Begriff „Authentizität“ auch eine dynamische Komponente der Veränderung, des Wandels, der Anpassung und der Innovation (so kann auch gute moderne Architektur au-thentisch sein). Im naturnahen Tourismus zeichnen sich authentische Erlebnisse zusätzlich durch den Anspruch aus, gesellschaftliche Fassaden, Kulissen oder Inszenierungen zu durch-dringen und das reale Leben der bereisten Gebiete mit einzuschliessen.

    Grundsätzlich ist es allerdings problematisch, im Tourismus einen eindimensionalen Gegen-satz zwischen authentisch und künstlich zu konstruieren. Auch Angebote im naturnahen Tou-rismus und in traditionellen Tourismusdestinationen sind manchmal zumindest teilweise in-szeniert und „künstlich“. Scheurer (2003) benutzt in diesem Zusammenhang die Unterschei-dung zwischen den Begriffen „gewachsene Erlebniswelten“ (d.h. historisch entstandenen Er-lebniswelten) und „künstliche Erlebniswelten“ (d.h. radikale, konsequente Fortentwicklung neuer geplanter Anlagen, z.B. Freizeitparks).

    Aus der Perspektive der individuellen Erwartungen und Erfahrungen der Reisenden können sich authentische Angebote von unverfälschten, unbeeinflussten „Wildnis“-Angeboten (z.B. für erfahrene und emanzipierte Reisende die das Abenteuer suchen) bis hin zu Angeboten in gebauter Kultur, die mit Informations- und Interpretationsmöglichkeiten versehen sind (z.B. für kulturinteressierte Reisende) erstrecken.

    1.2.4 Inszenierung im Tourismus

    Unter „Inszenierung“ wird ein meist öffentliches zur Schau stellen von Werken, Taten oder Handlungen verstanden. Etwas wird „in die Szene gesetzt“, d.h. an einem bestimmten Ort zur Anschauung gebracht. Verschiedene Mittel und Medien, wie z.B. Bauten, Materialien, Ob-jekte, Musik, Film oder Licht werden dabei effektvoll aufeinander abgestimmt und zueinander in Beziehung gebracht, sodass ein ganzheitliches Erleben möglich wird. Dabei ist darauf zu achten, dass besonders viele Sinne angesprochen, Emotionen geweckt und lebensnahe Situ-ationen geschaffen werden. Dadurch können bei den Gästen positive und aussergewöhnliche Gefühle entstehen, die sich vom alltäglichen Erleben unterscheiden. Der Raum einer Insze-nierung kann beispielsweise eine Bühne, eine Landschaft, aber auch ein Zelt oder eine Hütte sein. Für die touristische Angebotsgestaltung bedeutet dies, dass spezifische Schauplätze ge-schaffen werden, welche Erlebnisse ermöglichen, das „Erlebnis-Setting“. Unter „Setting“ ist die Gesamtheit der Umgebungsmerkmale zu verstehen, in deren Rahmen bestimmte Erleb-nisse stattfinden (SCHEURER 2003, 13).

    Bei der Inszenierung natürlicher Attraktionen werden Natur- und Kulturlandschaften in Szene gesetzt. Beispiele sind die Bereitstellung einer Infrastruktur für Outdoor-Freizeitaktivitäten wie Spazieren, Wandern oder Mountainbiken. Insbesondere Erlebniswege erfreuen sich seit einigen Jahren besonderer Beliebtheit und den zu inszenierenden Themen sind dabei kaum Grenzen gesetzt (z.B. Wasserwege, Kräuterwege, historische Wege, Meditationswege etc) (EDER & ARNBERGER 2007). Die Herausforderung bei der Inszenierung natürlicher Attraktionen

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    besteht darin, die Landschaft nicht mit einem Überangebot an Informations- und Wissens-vermittlung auszustatten und dabei zu „möblieren“. Vorbehalte gegenüber einer Inszenie-rung der Natur liegen vor allem im Bereich der Verplanung und Verschilderung der Natur: „Optimale Inszenierung, die die Natur nicht vergewaltigt oder entfremdet, ist noch sehr sel-ten“ (ROMEISS-STRACKE 2006, 42).

    Auch im naturnahen Tourismus stellt die Erlebnisorientierung zunehmend einen zentralen Er-folgsfaktor dar. Dies vor dem Hintergrund, dass wettbewerbsfähige naturnahe Angebote heute genauso auf einem internationalen Markt bestehen müssen. Ein wichtiger Unterschied zu anderen Angeboten im Tourismus liegt im naturnahen Tourismus in der besonderen Qua-lität der auf natürliche, landschaftliche und kulturelle Attraktionen bezogenen Erlebnisse. Diese kommen ohne starke Inszenierungen aus und benötigen keine lückenlos abgestimmte Erlebniskette. Vielmehr kommt im naturnahen Tourismus den räumlichen und zeitlichen Ni-schen, der Chance auf das Erleben von Nicht-Berechenbarem und Unvorhergesehenem eine grosse Bedeutung zu. Dies ist ein Aspekt, der in der Diskussion über die erlebnisorientierte Angebotsentwicklung bisher zu wenig berücksichtigt worden ist (vgl. MÜLLER & SCHEURER 2004b).

    1.3 Fragestellung und Vorgehen

    In der vorliegenden Studie wird die vertiefte Analyse der Potenziale einer Optimierung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus unternommen. Aus den empirischen Ergebnissen der Angebotsbewertung werden Erfolgsfaktoren sowie Empfehlungen für die touristischen Leistungsträger auf den verschiedenen Ebenen abgeleitet. Das praktische Resultat besteht im neuen Bewertungstool „Erlebniskompass naturnaher Tourismus“.

    Die übergeordnete Frage der vorliegenden Untersuchung lautet: Wie kann die Erlebnisquali-tät der naturnahen Tourismusangebote optimiert werden, ohne dass dadurch eine Beein-trächtigung von Natur und Landschaft eintritt?

    Daraus leiten sich folgende Teilfragen ab:

    - Welchen Stellenwert besitzt die Erlebnisorientierung im naturnahen Tourismus? Wie unterscheidet sich dies von anderen Tourismusangeboten in der Schweiz?

    - Sucht der naturnahe Gast überhaupt Erlebnisangebote bzw. inwiefern gehört ein Na-turerlebnis zu einem Aufenthalt in der Schweiz?

    - Welche zukünftigen Potenziale liegen in einer Optimierung der Erlebnisqualität im na-turnahen Tourismus und wie sollen diese umgesetzt werden?

    - Wie kann erreicht werden, dass durch die Optimierung der Erlebnisqualität naturna-her Angebote keine Beeinträchtigung von Natur und Landschaft entsteht?

    - Welche Empfehlungen können zu Handen der touristischen Leistungsträger auf den verschiedenen Ebenen abgeleitet werden?

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    Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir die Untersuchung und den Bericht in vier Teile gegliedert:

    Teil 1: Einleitende Aufarbeitung der Grundlagen Erarbeitung und Recherche der theoretischen und praktischen Grundlagen.

    Teil 2: Bewertungssystem bezüglich Erlebnisqualität von naturnahen Tourismusangeboten Auf Basis einer einleitenden Aufarbeitung der Grundlagen wurde ein Bewertungssystem (Er-lebniskompass) für die Beurteilung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus erarbeitet. Die empirische Basis bildeten telefonische Leitfaden-Interviews mit 22 naturnahen Anbiete-rinnen und Anbietern aus unterschiedlichen Regionen und Sektoren in der ganzen Schweiz.

    Teil 3: Beurteilung der Erlebnisqualität ausgewählter naturnaher Tourismusangebote Im nächsten Schritt erfolgte die Bewertung von 31 ausgewählten Angeboten des naturnahen Tourismus hinsichtlich deren Erlebnisqualität. Zusätzlich wurden Verbesserungsvorschläge gemacht.

    Teil 4: Fazit, Erfolgsfaktoren und Empfehlungen In einem abschliessenden vierten Schritt werden Erfolgsfaktoren, Fazit und Empfehlungen zur Optimierung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus formuliert.

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    2 Kriterien zur Bewertung der Erlebnisqualität

    2.1 Methodisches Vorgehen

    Für die Ausarbeitung von aussagekräftigen Kriterien für die Beurteilung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus kam eine Kombination verschiedener Analysemethoden zur An-wendung:

    Literaturanalyse:

    Zur Ermittlung des aktuellen Forschungsstandes wurde eine Literaturanalyse zu wichtigen Themenbereichen wie Freizeitgesellschaft, Erlebnistheorie, Erlebnisökonomie und Attrakti-onslehre durchgeführt.

    Explorative Befragung per e-mail:

    Eine explorative Befragung von 11 zufällig ausgewählten Personen per e-mail diente dazu, ein breites Spektrum unterschiedlicher Einstellungen und Ansichten zu erhalten. Die Ergeb-nisse dienten einer ersten Eingrenzung des Themas.

    Dokumentenanalyse:

    Während der gesamten Dauer des Projektes wurden Prospektmaterial sowie Internet-Informationen zu naturnahen Tourismusangeboten systematisch gesammelt und ausgewer-tet.

    Qualitative Telefonbefragung von Expertinnen und Experten:

    Kernelement der Analyse war die Durchführung von qualitativen Interviews mit einem Pool von 22 Anbieterinnen und Anbietern des naturnahen Tourismus. Diese Befragung diente da-zu, die Bewertungskriterien der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus zu ermitteln und positive Beispiele zu sammeln.

    Bei der Auswahl der Anbieterinnen und Anbieter für die qualitative Befragung wurde Wert darauf gelegt, dass diese aus allen Landesteilen der Schweiz stammen und einen engen Be-zug zu unterschiedlichen Bereichen des naturnahen Tourismus aufweisen. Befragt wurden Vertreter von nationalen, regionalen und lokalen Tourismusorganisationen, einschlägige An-bieter des naturnahen Tourismus aus Hotellerie und von Tour Operators, ein Wanderbuchau-tor sowie Mitglieder der Jury von Schweiz Pur.

    Als Leitfaden für die telefonische Befragung erhielten die Teilnehmenden im Voraus einen of-fenen Frageleitfaden zu folgenden Themenfeldern (vgl. Anhang):

    - Zentrale Merkmale der Erlebnisorientierung im naturnahen Tourismus, optimale Be-rücksichtigung dieser Erkenntnisse bei der Angebotsentwicklung.

    - Spezifische Werkzeuge der erlebnisorientierten Inszenierung im naturnahen Touris-mus, Nutzung dieser Werkzeuge bei der konkreten Gestaltung von naturnahen An-geboten.

    - Wirtschaftliche Potenziale einer Verbesserung der Erlebnisqualität im naturnahen Tourismus.

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    Die telefonischen Interviews dauerten jeweils rund 30 bis 45 Minuten. Sie wurden hand-schriftlich festgehalten und die Antworten wurden tabellarisch dokumentiert.

    2.2 Erlebnisbereiche, Erlebnisdimensionen und Bewertungskriterien

    Als Basis für das Beurteilungstool „Erlebniskompass naturnaher Tourismus“ wurden in der vorliegenden Untersuchung 5 Erlebnisbereiche (B1 bis B5) und 17 Erlebnisdimensionen (D1 – D17) identifiziert. Für die konkrete Analyse wurden 41 Bewertungskriterien entwickelt.

    In den folgenden Abschnitten werden die erarbeitenden Erlebnisbereiche, Erlebnisdimensio-nen und Bewertungskriterien detailliert beschrieben.

    Abb. 1: Erlebniskompass naturnaher Tourismus

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    „Sehr eindrücklich sind für mich weite Land-

    schaften, spezielle Felsformationen, eine farbige

    Wüste oder Steine, ein Sternenhimmel in den

    Bergen im Winter oder duftende Gärten am Mit-

    telmeer während des Sonnenuntergangs.“

    Philosophin (50)

    „Je weiter man sich von der Zivilisation entfernt,

    desto näher fühlt man sich der Natur: Keine Ge-

    bäude, kein Abfall, keine Menschen ausser uns –

    die Weite und das Gefühl, nur von Sanddünen

    umgeben zu sein.“

    Landschaftsarchitektin (26)

    2.2.2 Erlebnisbereich Attraktive und intakte Landschaft

    Allgemeine Beschreibung

    Das Vorhandensein von attraktiven und intakten Landschaftskammern bildet die Basis von Erlebnisangeboten im naturnahen Tourismus. Attraktive Landschaften sind durch den Wechsel von Natur und Kultur geprägt, wobei Kontrastreichtum auf kleinem Raum sowie natur- und kulturräumliche Vielfalt von grosser Bedeutung sind. Der Erhalt der landschaftlichen und kulturellen Schönheiten soll durch ein nachhaltiges Natur- und Land-schaftsmanagement (z.B. Massnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Aufwertung von Na-tur und Landschaft) sichergestellt werden.

    Erlebnisdimension Natur und Landschaft

    Die natürlichen Attraktionen zählen zu den grundlegenden Voraussetzungen eines Erlebnis-angebotes im naturnahen Tourismus. Schöne und besondere Naturlandschaften sowie eine

    attraktive Fauna und Flora bilden die zentralen Anziehungspunkte, welche Menschen dazu motivieren, eine bestimmte Region aufzusuchen. Beispiele für wertvolle Naturelemente sind stehende und fliessende Gewässer, Biotope, Geotope oder Gebirgsformationen. Auch die Vielfalt einer Landschaft trägt massgeblich zu deren

    Attraktivität bei. Eine Landschaft ist aus der Sicht des Besuchers vielfältig, wenn sie ver-schiedenartige Landschaftselemente und Landschaftsstrukturen (z.B. Kulturland, Seen, Fluss-landschaften, Waldgebiete, Wiesen und Offenland), Artenvielfalt (Fauna und Flora), eine ab-wechslungsreiche Topographie sowie verschiedenartige Naturphänomene (z.B. Karsthöhlen, Gletscher, Schluchten) aufweist (MÖNNECKE ET AL. 2006; NOHL 2001; MAYER & WASEM ET AL. 2008).

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Natur und Landschaft

    1.1. Das Angebot baut auf einzigartigen Landschaften und/oder Naturphänomenen auf.

    Beispiele: Aussergewöhnliche Berggipfel, Täler, Schluchten, Gletscher, Wasserfälle, Höh-

    len, BLN-Gebiete.

    1.2. Das Angebot bietet die Möglichkeit, interessante Tierarten zu erleben.

    Beispiele: Inventarobjekte (Amphibienlaichgebiete, Wasser- und Zugvogelreservate), er-

    lebbare Tierarten wie Steinbock, Gämse, Adler, Biber, Vorkommen seltener Tiere.

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    1.3. Das Angebot bietet die Möglichkeit, interessante Pflanzenarten zu erleben.

    Beispiele: Inventarobjekte (Auengebiete, Moorgebiete, Trockenwiesen und -weiden), Lär-

    chenwälder, Vorkommen seltener Pflanzen.

    Erlebnisdimension Kultur

    Neben natürlichen Attraktionen haben die kulturellen Besonderheiten einer Region einen zentralen Einfluss auf die Erlebnisqualität. Zu den wesentlichen Kulturattraktionen, welche die Erlebnispotenziale von Landschaften ausmachen, gehören bemerkenswerte historische oder auch moderne Bauten, schützenswerte Ortsbilder sowie Relikte traditioneller Bewirt-schaftungsformen (z.B. alte Terrassenlandschaften). Kulturelle Veranstaltungen führen zu ei-ner Bereicherung des Angebotes.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Kultur

    1.4. Das Angebot basiert auf besonderem Brauchtum bzw. geschichtsträchtigen Gegebenhei-

    ten.

    Beispiele: Zeremonien, Rituale, Volksfeste, religiöse Feste, Bräuche der Berufe und Stän-

    de, Überlieferungen, Sagen, altes Handwerk (z.B. Köhlerei, Alpkäserei, Wildheuen, Natur-

    jodel).

    1.5. Im Angebot sind bemerkenswerte historische bzw. moderne Bauten oder Objekte enthal-

    ten.

    Beispiele: Museen, Kirchen, Brücken, Verkehrswege, Klöster, Denkmäler, Hospizbauten,

    Napoleonstrasse.

    1.6. Das Angebot wird durch zeitlich begrenzte Attraktionen bereichert.

    Beispiele: Sonderveranstaltungen und Ausstellungen (z.B. Kunstvernissagen, Sommerfes-

    te, Märkte, Musikfestspiele, Filmvorführungen, Dichterlesungen, Liederabende, Podiums-

    diskussionen).

    1.7. Die Kulturlandschaft ist durch traditionelle Bewirtschaftungsformen geprägt.

    Beispiele: Terrassenlandschaften; Kastanienselven, Rebberge, sichtbare kulturhistorische

    Entwicklung in der Landschaft (Häuserruinen in ehem. Kastanienselven, Friedhöfe).

    Erlebnisdimension Schutz und Pflege

    Einer intakten Umwelt kommt für das Natur- und Landschaftserlebnis eine wichtige Bedeu-tung zu. Für den Landschaftsgenuss wesentlich sind unzerschnittene naturnahe Räume mit unverbauten Ausblicken. Wichtig sind Landschaften, in denen die Eigenentwicklung der Natur sichtbar wird (z.B. mäandrierende Flüsse, nicht oder extensiv bewirtschaftete Wälder), lärm-freie Gebiete sowie gute Luft und sauberes Wasser. Dem Landschaftsbild und dem ästheti-schen Landschaftserlebnis abträglich sind hingegen grosse Infrastrukturen wie breite Auto-strassen, grosse Parkplätze, ausgedehnte Skigebiete und Hochspannungsleitungen.

    Um eine intakte Umwelt sicher zu stellen, sind geeignete Massnahmen zu treffen, um die Le-bensräume von Tier- und Pflanzenarten sowie die kulturellen Attraktionen zu schützen, zu erhalten und aufzuwerten. Ein entsprechendes nachhaltiges Natur- und Landschaftsmana-

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    gement kann beispielsweise durch das Einrichten von Pärken gemäss NHG, Biosphärenreser-vaten oder durch die Aufwertung von BLN-Gebieten und mit Hilfe von Landschaftsentwick-lungskonzepten erfolgen.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Schutz und Pflege

    1.8. Das Angebot findet in einer intakten Landschaft ohne grossräumige Beeinträchtigungen

    statt.

    Beispiele: Unverbaute Ausblicke, Absenz grosser Infrastrukturen, Ruhe, Stille, Abgeschie-

    denheit, Schadstofffreiheit.

    1.9. Es bestehen Massnahmen zum Schutz von Kultur und Landschaft.

    Beispiel: Das Gebiet liegt in nationalen, kantonalen oder kommunalen Schutzgebieten

    (BLN-Objekte, Pärke, Biosphärenreservate, UNESCO Weltnaturerbe).

    1.10. Es bestehen Massnahmen zur Erhaltung, Pflege und Aufwertung von Kultur und Land-

    schaft.

    Beispiele: Renovation wertvoller Gebäude, Bau von Trockenmauern, Pflege von Kasta-

    nienselven, Unterhalt von alten Säumerpfaden, Rückbau von nicht mehr genutzten Infra-

    strukturen (z.B. Skilifte), Renaturierungsmassnahmen.

    2.2.3 Erlebnisbereich Authentizität und Eigenart

    Allgemeine Beschreibung

    Authentische Angebote weisen einen engen Bezug zu den natürlichen, landschaftlichen und kulturellen Werten sowie zu den aktuellen Gegebenheiten eines Ortes bzw. einer Region auf. Sie unterstreichen die Unverwechselbarkeit und Eigenart eines Ortes bzw. einer Region. Au-thentische Angebote streben einen engen Kontakt mit der lokalen Bevölkerung an und haben den Anspruch, gesellschaftliche Fassaden, Kulissen oder Inszenierungen zu durchdringen und die realen gesellschaftlichen Verhältnisse der besuchten Gebiete mit einzuschliessen. Das Angebot weist besondere Angebotselemente auf. Dazu gehören auch die Erzeugung und Vermarktung regionstypischer Produkte und Dienstleistungen.

    Erlebnisdimension Regionale und lokale Anbindung

    Erlebnisangebote zeichnen sich durch eine starke regionale Anbindung aus, indem sie die vorhandenen natürlichen, kulturellen und historischen Besonderheiten einer Region aufgrei-fen und integrieren. So weist beispielsweise der Kastanienpfad im Malcantone/TI einen en-gen Bezug zur Kultur und zur Geschichte der Region auf, weil die Bewohner dieser Region über Jahrhunderte hauptsächlich von der Kastanie lebten. Wanderungen entlang von alten Bewässerungssystemen vermitteln den Besucherinnen und Besuchern, wie die Menschen früher (und zum Teil auch heute noch) das Problem der Wasserknappheit lösten und wie sie die Wasserleitungen unter z.T. schwierigsten Bedingungen (z.B. Steilhänge, Naturgefahren) errichten und unterhalten mussten. Ein Bad im Holzzuber auf der Alp stellt den direkten Be-

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    zug zur natürlichen Umgebung her. Dies umso mehr, wenn als Badezusatz ein Heublumenex-trakt verwendet wird, welches direkt von der Wiese nebenan stammt. Eine mehrtägige Passwanderung auf alten Saumpfaden mit Übernachtung in historischen Gebäuden macht die Verkehrsgeschichte alter Handelsrouten für die Gäste lebendig und erlebbar.

    Eine authentische Landschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie durch traditionelle Nut-zungsformen zur Kulturlandschaft geprägt wurde oder überhaupt nur in geringem Masse durch menschliche Nutzungen beeinflusst worden ist. Dadurch besitzt diese Landschaft bis heute ihren eigenständigen und unverwechselbaren Charakter (vgl. KIANICKA ET AL. 2004).

    Sofern das Ausüben eines bestimmten Brauchtums tatsächlich noch Bestandteil der vor Ort gelebten Volkskultur ist, erhöht dies die Authentizität eines Angebotes. Davon zu unterschei-den sind bezahlte öffentliche Rituale, Zeremonien oder Kunsthandwerke, welche auf die Be-dürfnisse und den Geschmack eines externen Publikums ausgerichtet sind und die ursprüng-liche Kultur entsprechend verändert haben. Als authentisch sind auch Angebote zu bewerten, welche einen Blick hinter die touristischen Kulissen gewähren und den Besucherinnen und Besuchern die Lebensweise und den Alltag der besuchten Region direkt zu vermitteln ver-mögen.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Regionale und lokale Anbindung

    2.1. Das Angebot ist eng an den Ort bzw. an die Region gebunden (nicht austauschbar).

    Beispiele: Naturjodel, Gletscherpfad, Steinpfade, Suonen.

    2.2. Die Landschaft besitzt einen unverwechselbaren, eigenständigen Charakter (authentische

    Landschaft).

    Beispiele: naturnahe Kulturlandschaften mit extensiver Nutzung (z.B. extensive Landwirt-

    schaft, naturnaher Tourismus).

    2.3. Das Brauchtum ist Teil der vor Ort gelebten Volkskultur.

    Beispiele: Alpabzug nicht nur für Touristen, Musikfestival für lokale Bevölkerung, Alpkäse-

    rei nicht nur zu Vorführungszwecken.

    2.4. Das Angebot bietet Einblick in die lokale Lebensweise bzw. den Alltag der ansässigen Be-

    völkerung.

    Beispiele: Übernachten mit Bauernfamilie auf der Alp, Hirtenwoche mit Schutzhunden in

    den Alpen, Bergheuerferienwochen.

    Erlebnisdimension Rückhalt in der Bevölkerung

    Um die Besonderheiten naturnaher Erlebnisangebote (wie z.B. intakte Landschaft und geleb-te Kultur) besser vermitteln zu können, sollten regionale und lokale Partner aus den Berei-chen Tourismus, Natur- und Umweltschutz sowie Kultur verstärkt zusammenarbeiten.

    Indem die Bevölkerung an der Entwicklung des Angebotes beteiligt oder direkt darin einge-bunden ist, entsteht für die Besucherinnen und Besucher ein erkennbarer Mehrwert. So stellt

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    ein mit den lokalen Verhältnissen vertrauter Reiseleiter ein wichtiges Bindeglied zwischen den Gästen und der regionalen Kultur dar. Durch ein gutes Beziehungsnetz in der Region können Reiseleiter exklusive Erlebnismöglichkeiten, wie z.B. eine Exkursion mit dem Wildhü-ter, ein Treffen mit der Gemeindepräsidentin oder den Besuch eines für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Betriebes ermöglichen.

    Nicht zu unterschätzen sind die Potenziale, die in der Kommunikation zwischen der lokalen Bevölkerung und den Besuchern liegen. Dies kann vom ungezwungenen Gespräch, über lo-kale Feste bis zur aktiven Tätigkeit des Gastes gehen (z.B. Mithilfe beim Verrichten traditio-neller landwirtschaftlicher Tätigkeiten wie Bergheuen). Als interessante Gesprächspartner erweisen sich häufig ältere Einheimische, welche Zeit zum Plaudern haben und viel über ihre Region zu berichten wissen.

    Der Gast wird eher als willkommener Besucher empfangen, wenn mit dem Angebot gleich-zeitig die Interessen der Bevölkerung berücksichtigt werden. Der Rückhalt eines Angebots in der Bevölkerung wächst, wenn damit Beschäftigungsmöglichkeiten für möglichst viele lokale Anbieter verbunden sind.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Rückhalt in der Bevölkerung

    2.5.

    Im Angebot sind lokale/regionale Partner aus Natur- und Umweltschutz und Kultur einge-

    bunden.

    Beispiele: Lokaler Wildhüter, lokale Musiker/Schriftsteller, lokale Naturschutzorganisation.

    2.6.

    Die lokale Bevölkerung trägt das Angebot mit.

    Beispiele: Durch Einsatz persönlicher Beziehungsnetze, Ermöglichung des Zugangs zu be-

    sonderen Anlässen, Originale aus dem Dorf, Geschichtenerzähler, Schriftsteller.

    2.7.

    Das Angebot fördert den gegenseitigen Austausch zwischen der lokalen Bevölkerung und

    den Besuchern.

    Beispiele: Information über die Region durch den Postautochauffeur, Gespräche mit Wild-

    hüter, Austausch mit Vertretern der Behörden.

    2.8. Die Angebotspartner bestehen aus mindestens einem lokalen Anbieter.

    Beispiele: Reiseleitung, Landwirtschaftsbetrieb, Käserei, Transportunternehmen.

    Erlebnisdimension Eigenart

    Der Eigenart der einzelnen Angebotselemente kommt eine wesentliche Bedeutung für die Er-lebnisqualität zu. Zu denken ist an besondere Übernachtungsmöglichkeiten (z.B. Schlafen im Planwagen oder in einer ehemaligen Festung) und Verpflegungsmöglichkeiten (z.B. Brunch auf dem Bauernhof, Apéro auf dem Markt) ebenso wie an besondere Verkehrswege (z.B. Hängebrücken, Baumwipfelpfade, steile Postautostrecken).

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    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Eigenart

    2.9. Die Unterkunft ist von besonderer Eigenart.

    Beispiele: Übernachten im Baudenkmal, urchige oder moderne SAC-Hütten, Übernachten

    im Planwagen, Übernachten im Gefängnis, Übernachten in ehemaliger Festung, Baum-

    haus, Hotel als Kunstmuseum.

    2.10. Das Angebot weist besondere Verkehrswege auf.

    Beispiele: Hängebrücke, Baumwipfelpfad, Kistenbahn, Wanderwege entlang von Suonen,

    in Fels gehauene Wege, mit Stahlseilen versehene Wege, steile Postautostrecke, steile

    Standseilbahn.

    2.11. Im Angebot sind kreative Verpflegungsmöglichkeiten enthalten.

    Beispiele: Menus mit lokalen Spezialitäten, besondere Räumlichkeiten (z.B. Essen in der

    Scheune, im Felsenkeller, hinter einem Wasserfall), Picknick mit Bewirtung durch Bäuerin,

    Zwischenverpflegung auf dem Markt.

    Erlebnisdimension Regionstypische Produkte und Dienstleistungen

    Regionstypische Produkte und Dienstleistungen leisten einen grossen Beitrag an die Erleb-nisqualität naturnaher Angebote. Dabei handelt es sich in der Regel um Waren oder Dienst-leistungen, die in der Region und unter Verwendung eines möglichst hohen Anteils regionaler Ressourcen erstellt worden sind. Der Erwerb solcher Erzeugnisse stellt für den Gast ein be-sonderes Konsumerlebnis dar, das einen persönlichen Bezug zum besuchten Ort schafft. Dies insbesondere dann, wenn das Einkaufen mit einem Gespräch mit dem Produzenten oder mit einer Besichtigung der Produktionsstätte (z.B. Käserei, Bauernbetrieb) einhergeht.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Regionstypische Produkte und Dienstleis-tungen

    2.12. Das Angebot nutzt die Vielfalt und Vorzüge regional erzeugter Lebensmittel, Produkte und

    Dienstleistungen.

    Beispiele: Landwirtschaftliche Produkte (z.B. Käse, Wurst, Honig, Kastanienbier, Erdbeer-

    wein, Filzmatten, Wolle), forstwirtschaftliche Produkte (z.B. Holzmöbel), Erzeugnisse des

    lokalen Gewerbes (z.B. Uhren, Sackmesser, gewobene Stoffe, Steinvasen), saisongerechte

    Speisekarte (z.B. saisonale Gemüse und Früchte, Produkte aus ökologischer Landwirt-

    schaft, regionale Speisen und Getränke, alternativ auch als Vollwertküche bzw. vegetari-

    sche Variante).

    2.13. Es sind attraktive Verkaufsstellen resp. Läden für den Erwerb von regionstypischen Pro-

    dukten vorhanden.

    Beispiele: Burelädeli, Direktverkauf ab Bauernhof, Tisch mit Geschenkartikeln, Einkaufen

    am Wegrand, Einkehren im Bauernhof.

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    „Eindrücklich war die nächtliche Schneeschuhtour

    für mich, weil wir weit entfernt von der Zivilisation

    waren, die Kraft der Natur in einer stürmischen

    Nacht erlebten und wir unseren Orientierungssinn

    einsetzen mussten, um den Rückweg zu finden.“

    Forstwirt (30)

    „Eindrücklich sind Naturerlebnisse, die unter die

    Haut gehen. Zeit und Termine rücken vollständig

    in den Hintergrund. Obwohl ich in dieser Situation

    Hunger hatte, müde war und manchmal sogar

    Angst hatte, wird mir dieses Erlebnis ewig in Erin-

    nerung bleiben.“

    Hotelfachassistentin (33)

    2.2.4 Erlebnisbereich Ganzheitlichkeit

    Allgemeine Beschreibung

    Um intensive und ganzheitliche Erfahrungen zu ermöglichen, braucht es ausreichend zeitliche und räumliche Nischen. Langsamkeit, Unorganisiertheit und Flexibilität gehören zu den zentralen Aspekten eines erlebnisreichen naturnahen Angebotes. Die Gestaltung eines Angebotes berücksichtigt die natürlichen, landschaftlichen und kulturellen Gegeben-heiten. Die Architektur neuerer Bauten zeugt von einer aktiven Auseinandersetzung mit Raum und Zeit und strebt eine Symbiose zwischen Lokalem und Fremdem, zwischen Traditi-on und Innovation an. Das Angebot ermöglicht unterschiedliche Erlebnisformen (z.B. aktive, kontemplative und kognitive Erlebnisse) und erlaubt den Besuchern den Einbezug der ver-schiedenen Sinne. Ein wesentlicher Aspekt ganzheitlicher Erlebnisse ist die Möglichkeit, im gleichen Angebot verschiedene Elemente von Natur und Kultur intensiv und direkt erleben zu können.

    Erlebnisdimension Nischen in Raum und Zeit

    Damit Erlebnisangebote im naturnahen Tourismus intensiv und ganzheitlich erlebt werden können, benötigen diese ausreichende Freiräume (unverplante Zeitabschnitte, lange Pausen, langsame Fortbewegung). Sehr wichtig ist die Gestaltung von offenen Situationen. Solche Erlebnisse zeichnen sich oft durch Zufälligkeit, Nicht-Berechenbares und Unvorhergesehenes aus. Flexibilität und

    Anpassungsvermögen an sich ändernde Umstände (z.B. Leistungsvermögen der Teilnehmen-den, Witterungsverhältnisse, zufällige Begegnungen mit Einheimischen oder das Entdecken von Wildtieren) zählen zu wesentlichen Merkmalen von Erlebnisangeboten.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Nischen in Raum und Zeit

    3.1. Das Angebot bietet genügend zeitliche und räumliche Nischen für ungeplante und unvor-

    hersehbare Erlebnisse.

    Beispiele: Freie Zeit zwischen festen Programmteilen, langsame Fortbewegungsart, Zeit

    für Gespräche die auf zufälligen Begegnungen beruhen, Möglichkeit der Naturaneignung,

    Möglichkeit abseits vorgegebener Pfade und Wege ein Gebiet zu entdecken.

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    „Ein eindrückliches Naturerlebnis durfte ich im

    Tessin erleben. Wir sind von Ronchini (Valle Mag-

    gia) nach Auressio durch einen Meter tiefe Blät-

    teransammlungen in Leichtigkeit gewatet.“

    Landschaftsarchitekt (30)

    Erlebnisdimension Gestaltung

    Die Gestaltung des Angebotes erfolgt unter Einbezug der vorhandenen natürlichen, land-schaftlichen und kulturellen Gegebenheiten eines Ortes und berücksichtigt die Anforderun-gen besonders sensibler Gebiete. Die Architektur neuerer Bauten zeugt von einer aktiven Auseinandersetzung mit Raum und Zeit und stellt eine Symbiose zwischen Lokalem und Fremden, zwischen Tradition und Innovation dar (CAMINADA 2007, 5).

    Beschilderungen mit Informationen zu Kultur und Natur sollten dabei sparsam und in kon-zentrierter Form an zentralen Schlüsselstellen und Ausgangspunkten (wie z.B. Informations-zentren, ÖV-Stationen/Parkplätze, Gasthäuser, grössere Infrastrukturen) eingesetzt werden, damit einer unerwünschten Mikromöblierung der Landschaft entgegengewirkt werden kann (EDER & ARNBERGER 2007).

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Gestaltung

    3.2. Für das Angebot notwendige Einrichtungen und Bauten werden unter Berücksichtigung

    der natürlichen, landschaftlichen und baulichen Gegebenheiten erstellt.

    Beispiele: Berücksichtigung des Ortsbildes, der Geländeformen, Erstellung von Neubauten

    in Anlehnung an regionale Baustile und unter Verwendung regionaltypischer Materialien,

    Verwendung von lokal vorhandenen Naturmaterialien als Gestaltungselemente (z.B. Fluss-

    steine aus Bach weisen den Weg, Eingang zu Höhle mit Steinmannli markieren, Moorpavil-

    lon: Wände des Pavillons sind mit Moos überwachsen).

    3.3. Die Architektur neuerer Bauten zeugt von einer aktiven Auseinandersetzung mit Raum

    und Zeit und stellt eine Symbiose zwischen Lokalem und Fremdem, zwischen Tradition

    und Innovation dar.

    Beispiele: Neue Monte-Rosa-Hütte, Botta-Kirche, Therme in Vals, La Claustra, Umbauten

    von Gion Caminada.

    3.4. In sensiblen Räumen erfolgt die Gestaltung des Angebotes unauffällig bzw. betont zu-

    rückhaltend.

    Beispiele: Wildwasserweg ohne Beschilderung (nur in Printmaterialien beschrieben), Be-

    reiche ohne Gestaltungselemente.

    Erlebnisdimension Multisensualität/Diversität

    Ganzheitliche Erlebnisangebote in Natur und Landschaft schaffen Raum für verschiedene Erlebnisformen und sprechen unterschiedliche sensorische Fähigkeiten an. Sie bieten insbe-sondere Kindern und Jugendlichen aus städtischen Agglomerationen die Möglichkeit, Natur unmittelbar und mit allen Sinnen zu

    erfahren.

    Reize werden dabei…

    - über den Sehsinn (z.B. Aussicht, Sonnenuntergang, Bergpanorama),

  • Erlebniskompass naturnaher Tourismus FTL-HSR

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    „Meine erste Gletschertour in der Nähe von Po-

    schiavo war sehr eindrücklich. Das Wandern auf

    einem Gletscher, die Beschaffenheit des Eises, das

    Wasser. Auf dem Gipfel war es extrem stürmisch.

    Es hat mir Eindruck gemacht zu erleben, wie

    schnell das Wetter in den Bergen wechseln kann.“

    Personalfachfrau (40)

    - über den Gehörsinn (z.B. Horn des Postautos, Gesang, Musik),

    - über den Geschmackssinn (z.B. Genuss von Wasser, Degustieren von Wein und Kä-se),

    - über das Riechen (z.B. duftendes Heu, Käseherstellung, Holzfeuer/Kamin, fri-scher/feuchter Waldboden),

    - über den Tastsinn (z.B. Barfusslaufen auf dem weichen Moorboden, Kneippen in eis-kaltem Wasser) aufgenommen.

    Mit ganzheitlichen Erlebnisangeboten werden die Teilnehmenden sowohl auf der seelischen, geistigen wie auch der körperlichen Ebene gefordert. Möglichkeiten und Grenzen der eigenen menschlichen Natur (z.B. Fitness bzw. Erfahren der körperlichen Grenzen durch Müdigkeit oder Erschöpfung) sowie der „äusseren“ Natur (z.B. Kälte, Wärme, Hitze, Gewitter, Wet-terumschlag) können am eigenen Körper direkt erfahren werden.

    Zur ganzheitlichen Naturerfahrung gehört, dass Natur nicht nur als aufgeräumt und sauber erlebt wird, sondern dass ein Aufenthalt in der Natur auch eine Begegnung mit ursprünglichen Naturgewalten (Zerstör-ungskraft einer Lawine oder eines hochwasserführenden Flusses), Vergänglich-keit (z.B. abgestorbene Bäume, verwesende Blätter, tote Lebewesen), Unordnung oder

    Verwilderung enthalten kann. Sich schmutzig machen (z.B. im Morast waten) gehört ebenso zu einem ganzheitlichen Naturerlebnis wie das Geniessen eines attraktiven Panoramas oder das kontemplative Einsinken in eine schönen Landschaft. Das Wahrnehmen verschiedener Stimmungen zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten (z.B. Morgendämmerung, Son-nenuntergang, Vollmondnacht, etc.) bzw. unterschiedlicher Witterungsverhältnisse (Nebel, Regen, Schnee, Gewitter, Sturm) trägt zu intensiven Naturerlebnissen bei. Beispiele dafür sind Nachtwanderungen, Schneeschuhtouren bei Vollmond oder Bergbesteigungen bei Son-nenaufgang.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Multisensualität/Diversität

    3.5.

    Das Angebot ermöglicht unterschiedliche Erlebnisformen und erlaubt den Einbezug der

    verschiedenen Sinne.

    Beispiele: Entspannungs- und genussorientierte Erlebnisformen, körperorientierte Erleb-

    nisformen, bildungsorientierte Erlebnisformen, gestaltungs- und handlungsorientierte Er-

    lebnisformen.

    3.6.

    Das Angebot bietet die Möglichkeit, verschiedene Aspekte der Natur intensiv zu erleben.

    Beispiele: Vitale Kraft der Natur, Vergänglichkeit / Zerfall der Natur, Schönheit der Natur,

    Erhabenheit der Natur (z.B. rauhe Natur im Val Bavona, im Göschener Tal), Erleben der

    Dunkelheit durch vollkommene Finsternis.

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    2.2.5 Erlebnisbereich Information und Interpretation

    Allgemeine Beschreibung

    Naturnahe Erlebnisangebote sollen sich an den Bedürfnissen und Interessen der Besucherin-nen und Besucher orientieren. Die Inhalte und Informationen zu besonderen Natur- und Kul-turattraktionen müssen zielgruppenorientiert aufbereitet werden und verborgene Bedeutun-gen jenseits des vordergründig und direkt Sichtbaren für den Besucher erkennbar machen. Die Besucher sollen darin unterstützt werden, die natürlichen und kulturellen Spuren und Phänomene in der Landschaft zu deuten und in einen weiteren Zusammenhang zu stellen. Professionell gestaltete Interpretationsangebote fördern beim Besucher das Verständnis für die natürlichen, landschaftlichen und kulturellen Werte einer Region und ermöglichen eine emotionale Beziehung zum Natur- und Kulturerbe.

    Erlebnisdimension Information

    Professionell aufbereitete Informationen spielen bei Erlebnisangeboten in Natur und Land-schaft eine zentrale Rolle. Dabei werden die Themenbereiche Natur, Kultur und Ökologie den Gästen mit Hilfe einer Kombination verschiedener Hilfsmittel (wie z.B. Infobroschüren, Info-tafeln, geführte Exkursionen, Wanderbücher mit Hintergrundinformationen, elektronische Medien) näher gebracht. Das erworbene Wissen soll den Besucher zum eigenständigen Ent-decken von Natur, Kultur und Landschaft befähigen. Insgesamt bereichern die Informationen das Erlebnis in der Natur und verhindern, dass den Besuchern natürliche und kulturelle At-traktionen achtlos entgehen. Wichtig ist, dass Informationen gut zugänglich sind und an-sprechend aufbereitet werden (z.B. kleine Bibliothek im Hotel mit Büchern zur Region, In-formationszentren, Themenpfade). Für Gäste besonders interessant erweisen sich Informati-onen, welche den früheren Umgang des Menschen mit der Natur und mit den Naturgewalten erläutern, da dieser oft einen engen und in der Landschaft sichtbaren Bezug aufweist.

    Mit Informationen über Inhalt und Qualität des Angebotes (beispielsweise zum Regionsbezug von Lebensmitteln oder zur Stromproduktion mit Solarpanels auf dem Dach eines Gasthau-ses) können die Besucher auf diesbezügliche Anstrengungen des Anbieters aufmerksam werden. Das Interesse der Gäste wiederum motiviert den Anbieter, den eingeschlagenen Kurs weiter zu entwickeln.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Information

    4.1. Die Information über das ursprüngliche Angebot (d.h. die natürlichen, landschaftlichen

    und kulturellen Werte und Attraktionen einer Region) erfolgt durch eine Kombination ver-

    schiedener Hilfsmittel.

    Beispiele: Infotafeln, Themenwege, Broschüren, Ausstellungen, geführte Exkursionen,

    Museen, Infozentren, Wanderführer mit Hintergrundinformationen, Reiseberichte in Bü-

    chern.

  • Erlebniskompass naturnaher Tourismus FTL-HSR

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    4.2. Der Besucher erhält spezifische Informationen über die Qualität des Angebotes (d.h. Pro-

    dukte, Dienstleistungen, Bauten, Transportanlagen).

    Beispiele: Qualität der Produkte (Label, Gütesiegel), Herkunft der Produkte, ökologische

    Leistungen von Betrieben, zertifizierte Angebotspartner.

    Erlebnisdimension Interpretation

    Für die Vermittlung der Besonderheiten im Zusammenhang mit Natur, Landschaft und Kultur sind professionell gestaltete Interpretationsangebote gefragt. Zu den Anforderungen an eine erfolgversprechende Wissensvermittlung gehören das Ansprechen aller Sinne, das Formulie-ren klarer Aussagen, das Schaffen von Schnittstellen zum Alltag der Besucher sowie das För-dern von selbstgesteuerten Lernprozessen (KÜBLBÖCK 2001, 65). Die Besucher sollen darin unterstützt werden, Zusammenhänge in der Natur und in der Kulturlandschaft zu erfassen. Wer einmal die Artenvielfalt von farbenprächtigen Blumenwiesen kennen lernte, stellt sich eher die Frage, weshalb zu Hause nur wenige Blumenarten vorkommen (KUNDERT & HOCH-REIN 2007, 28). Wer über die winterliche Kälte im Münstertal Bescheid weiss, versteht auch, weshalb bei einer alten Mühle das Wasser nicht oberhalb, sondern unterhalb des Mühlrades durchgeführt wird. Auf einer kompetent geführten Schneeschuhtour kann der Zusammen-hang zwischen Natursport und Wildtieren vor Ort erfahren werden.

    Beurteilungskriterium der Erlebnisdimension Interpretation

    4.3. Die Wissensvermittlung entspricht den methodischen Anforderungen einer modernen

    Umweltbildung.

    Beispiele: Eingängige Kernaussagen, hierarchische Abstufung des Informationsgehaltes,

    Schnittstellen zum Alltag, Ansprache unterschiedlicher Sinne, selbstgesteuerte Lernpro-

    zesse, Förderung des Verständnisses für ökologische Zusammenhänge, Besetzen des

    vermittelten Wissens mit positiven Emotionen, Einbezug neuer Informations- und Kom-

    munikationstechnologien.

    Erlebnisdimension Zielgruppenorientierung

    Die Angebote sollten sich an spezifischen Zielgruppen orientieren, indem Themen, Sprachstil und Gestaltung den Adressaten anpasst werden. Ansonsten läuft ein Informationsangebot Gefahr, keiner Zielgruppe wirklich gerecht zu werden. Sind Kinder die Zielgruppe eignen sich anstelle von Informationstafeln mit langen Texten beispielsweise interaktive und sensorische Medien (EDER & ARNBERGER 2007, 36).

    Beurteilungskriterium der Erlebnisdimension Zielgruppenorientierung

    4.4. Das Angebot orientiert sich tatsächlich an den angepeilten Zielgruppen.

    Beispiele: Zielgruppenspezifische Auswahl der Medien sowie zielgruppenspezifische

    sprachliche Gestaltung und Illustration.

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    „Eines der schönsten Naturerlebnisse hatte ich in

    der Wildniswoche im Val di Campo. Eine Woche

    lang für sich selber Nahrung zu beschaffen und

    sonst nichts tun müssen, am Wasser liegen, Feuer

    selber entfachen, in einem aus Granitsteinen

    selbstgebauten Ofen Brot backen. Keine Rollen-

    zwänge, kein Kleiderdruck, keine Schminke, sich

    nicht zu kämmen am Morgen, das gefällt mir.“

    Germanistin (35)

    2.2.6 Erlebnisbereich Aktive Natur- und Kulturaneignung

    Allgemeine Beschreibung

    Die Möglichkeit zur aktiven Natur- und Kulturaneignung der Besucher gehört zu den zentralen Voraussetzungen einer hohen Erlebnisqualität. Wesentliches Element ist dabei die Fortbewegung mit den eigenen Körperkräften (z.B. Spazieren, Wandern/ Weitwandern, Felsklettern, Schneeschuhwan-dern). Wichtig sind aber auch kreative Gestaltungsmöglichkeiten mit klassischen Ausgangsmaterialien wie Erde, Steine, Wasser, Schnee und Eis sowie professionell angeleitete

    Aktivitäten wie landschaftsgestalterische Angebote (z.B. Waldränder auflichten, Trocken-mauern bauen), Bildhauerkurse oder Gesangs- und Musizierwochen. Das körperliche Wohl-befinden spielt in Bezug auf die Erlebnisqualität bei der Ausübung dieser Eigenaktivitäten ei-ne wesentliche Rolle. So sollte den körperlichen Bedürfnissen nach Erholung und Verpfle-gung Rechnung getragen werden. Ebenso müssen die Sicherheitsbedürfnisse und die An-sprüche der Besucher nach Geselligkeit bzw. Alleinsein berücksichtigt werden. Zudem ist be-sonders in sensiblen Gebieten eine umweltverträgliche Ausübung der Aktivitäten zentral.

    Erlebnisdimension Fortbewegung

    Eine wesentliche Anforderung an Erlebnisangebote im naturnahen Tourismus ist die Möglich-keit zur Entschleunigung und Langsamkeit, also zur kontinuierlichen und stressfreien Fortbe-wegung, wie dies z.B. beim Wandern und bei weiteren Natursportarten gegeben ist (INÖK 2004). Die langsame Fortbewegung ermöglicht, die Umgebung mit ihren natürlichen und kul-turellen Attraktionen intensiver wahrzunehmen und diese mit allen Sinnen zu erfassen.

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Fortbewegung

    5.1. Natur und Landschaft werden zu grossen Teilen mit der eigenen Körperkraft entdeckt und

    erfahren.

    Beispiele: Zu Fuss, mit dem Velo, wandernd, mit Schneeschuhen.

    Erlebnisdimension Betätigungsmöglichkeiten

    Aktive Betätigungsmöglichkeiten sind für die Besucherinnen und Besucher von zentraler Be-deutung. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Arten von Aktivitäten unterscheiden. Zum ei-nen stellen die natürlichen und landschaftlichen Grundlagen des Angebotes ausreichend Möglichkeiten zur eigenen Aktivität des Besuchers zur Verfügung (z.B. Sammeln von Pilzen

  • Erlebniskompass naturnaher Tourismus FTL-HSR

    - 27 -

    und Kastanien, Bauen mit Steinen oder Ästen, Herstellen von Farbe aus Pflanzen, Basteln mit Pflanzenteilen, Bauen von Rinnen, Spielen an Wasserfällen).

    Eine weitere Möglichkeit zur Aktivierung des Besuchers kann durch angeleitete Aktivitäten (wie z.B. Zubereiten von traditionellen Gerichten, Backen von Brot, Bauen von Trockenmau-ern, Musizieren in der Gruppe, Mithilfe beim Bergheuen) erfolgen.

    Die Möglichkeit zur Ausübung von ganz unterschiedlichen und zum Teil auch gegensätzlichen Aktivitäten erhöht den Erlebniswert. So ist oft eine Kombination mehrerer Aktivitäten attrak-tiv (z.B. Wandern und Beobachten von Tieren, Suchen und Zubereiten von Pilzen, Musizieren und Wandern, Schneeschuhwandern und Zeichnen von Geländeformen).

    Bewertungskriterien der Erlebnisdimension Betätigungsmöglichkeiten

    5.2. Das Angebot bietet dem Besucher verschiedene Möglichkeiten, sich auf eigene Initiative

    aktiv zu betätigen und zu bewegen.

    Beispiele: Sammeln von Steinen, Kastanien, Kräutern, Pilzen, Stauen von Bächen, Klettern

    auf Bäumen, Bauen von Waldhütten, Spielplätze für Kinder.

    5.3. Professionell angeleitete Aktivitäten bilden einen Schwerpunkt des Angebotes.

    Beispiele: Bau von Trockenmauern, Zubereitung von Speisen, Schleifen von Steinen, Bild-

    hauerkurse, Brot backen im Holzofen, geführte Exkursionen und Ausflüge, Musizieren mit

    traditionellen Instrumenten.

    Erlebnisbereich Körperliches Wohlbefinden

    Damit der Gast die landschaftlichen und kulturellen Schönheiten erleben kann, ist eine ange-passte und zurückhaltende Erschliessung wichtig. Dabei sollte umweltfreundlichen Fortbewe-gungsmitteln Priorität eingeräumt werden. Die körperlichen Bedürfnisse der Besucher nach Erholung und Verpflegungsmöglichkeiten können berücksichtigt werden, indem die Angebote für die jeweiligen Zielgruppen attraktive Rast- und Verpflegungsmöglichkeiten enthalten. Ebenso muss den Sicherheitsbedürfnissen der Besucher, z.B. mittels Orientierungshilfen und entsprechender Signalisation (Informationen über Schwierigkeitsgrade, Lawinenwarntafeln) Rechnung getragen werden. Die Besucher sollten beispielsweise über Wanderzeiten infor-miert werden, damit sie ausreichende Zeitreserven für zusätzliche Pausen einplanen können.

    Bei vielen naturnahen Aktivitäten reduziert sich der Erlebniswert mit steigender Gruppen-grösse. Eine Adlerexkursion oder der Besuch einer Karsthöhle soll beispielsweise nur mit ei-ner begrenzten Zahl von Teilnehmenden durchgeführt werden. Je grösser eine Gruppe, um-so schwieriger wird es, wild lebende Tiere zu entdecken und zu beobachten und reduziert sich das Erlebnis in einer dunklen Höhle. Spezielle Effekte (wie z.B. alle Lampen löschen und sich still verhalten) erzielen in grossen Gruppen nicht die beabsichtigte Wirkung. Erfah-rungswerte für ideale Gruppengrössen liegen je nach Aktivität im Bereich von 8 bis ca. 25 Personen.

    Sowohl das Pflegen von sozialen Kontakten als auch die Möglichkeit, Stille und Einsamkeit zu erleben, bilden Erlebnisqualitäten, welche von Besuchern oft gesucht werden. Diese sollten in der Angebotsgestaltung ebenfalls berücksichtigt werden.

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    Beurteilungskriterium der Erlebnisdimension Körperliches Wohlbefinden

    5.4. Die Angebote sind gut erreichbar und berücksichtigen umweltfreundliche Fortbewe-

    gungsmittel.

    Beispiele: Keine versiegelten Strassen für Wanderer, gute Wegführung mit spannenden

    Ausblicken, gute Erreichbarkeit des Ausgangs- und Endpunktes der Aktivität mit dem öf-

    fentlichen Verkehr, Bike-Vermietung an allen Wochentagen; Mobilitätskarten zur Nutzung

    öffentlicher Verkehrsmittel kombiniert mit Eintrittbilleten zu touristischen Sehenswürdig-

    keiten.

    5.5. Die körperlichen Bedürfnisse der Besucher werden weitgehend berücksichtigt.

    Beispiele: Orte der Erholung (z.B. Liegewiesen, Grillplätze), Verpflegungsmöglichkeiten,

    sanitäre Anlagen.

    5.6. Den Sicherheitsbedürfnissen der Besucher wird gebührend Rechnung getragen.

    Beispiele: Orientierungshilfen, Warntafeln, Signalisation, Infrastruktur

    5.7 Das Angebot entspricht den spezifischen Bedürfnissen der BesucherInnen nach Gesellig-

    keit oder Alleinsein.

    Beispiele: Gruppenerlebnis, Austauschmöglichkeiten, Gruppengrösse, Aufenthaltsräume,

    Raum für Reflexion des Erlebten, individuelle Erlebnisse.

    Erlebnisdimension Umweltverträgliche Aktivitäten

    Naturnahe Tourismusaktivitäten und darin insbesondere der Natursport finden häufig in sen-siblen Naturräumen statt (z.B. Moor- u.a. Feuchtgebiete, Ufer von Gewässern, Naturwälder, hochalpine Lagen). Um Natur und Landschaft zu schonen, sollten die touristischen Aktivitä-ten in solchen Räumen entweder vermieden oder wirksam gelenkt werden. Freiwillige In-strumente stellen z.B. die Verhaltenskodexe von Sport- und Alpinverbänden dar. Parallel zur Besucherlenkung sollten Informationsmassnahmen ergriffen werden, um den Gast für die Belange von Natur und Umwelt zu sensibilisieren. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch alle Bestrebungen im Bereich der sanften Mobilität.

    Beurteilungskriterium der Erlebnisdimension Umweltverträgliche Aktivitäten

    5.8. Die im Angebot enthaltenen Aktivitäten nehmen speziell Rücksicht auf sensible Gebiete.

    Beispiele: Berücksichtigung von Lenkungsmassnahmen (z.B. Vermeiden von Wildruhege-

    bieten bei Schneeschuhtouren), Plafonierung der Besucherzahl (z.B. bei Höhlenbesuch