1 Gesundheit und Krankheit: Definitionen und Modelle Referentin: Kim Hanke Seminar: Gesundheit und...

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1 Gesundheit und Krankheit: Definitionen und Modelle Referentin: Kim Hanke Seminar: Gesundheit und Krankheit: Theoretische, diagnostische, gesundheitspolitische und persönliche Aspekte Semester: WS 06/ 07 26.10.2006

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Gesundheit und Krankheit:Definitionen und Modelle

Referentin: Kim Hanke

Seminar: Gesundheit und Krankheit: Theoretische, diagnostische, gesundheitspolitische und persönliche Aspekte

Semester: WS 06/ 07

26.10.2006

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Gliederung1. Einleitung

2. Historische Krankheitsbegriffe2.1 Der ontologische Krankheitsbegriff2.2 Der statistsche Krankheitsbegriff2.3 Der funktionale Krankheitsbegriff

3. Vom Krankheitsbegriff zur Konzeption Gesundheit

4. Gesundheit & Krankheit in der Psychotherapie4. - Die drei Normen

5. Gesundheit & Krankheit im Alltagsbewusstsein

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1. Einleitung

• Gesundheit und Krankheit sind keine festen Größen• sie variieren

• über Jahrhunderte• in den verschiedenen Kulturen• in den sozialen Schichten• unter den Fachleuten

keine einheitliche Auffassung in den verschiedenen Schulen

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2. Historische Krankheitsbegriffe2.1 Der ontologische Krankheitsbegriff

• magisch-mystische Weltauffassung der Antike

• Krankheit „befällt“ den Menschen von außen

• sprachliche Überbleibsel, z.B.: „mich hat`s erwischt“

• Therapie: richtet sich auf den „bösen Teil“ des Patienten- • die Krankheit, welche mit aggressiven Therapien • „bekämpft“ werden soll. Der Kranke selbst, z.B. seine • Lebensqualität, gerät eher aus dem Blickfeld.

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2. Historische Krankheitsbegriffe

2.2 Der statistische Krankheitsbegriff• „Objektive“ Beurteilung anhand von medizinischen • Erfahrungswerten, ob eine Funktion noch als normal gelten • kann/ bereits als pathologisch erachtet werden muss.

• Diese Befunde können jedoch vom subjektiven Erleben • des Patienten abweichen. Das Leiden von Patienten mit • chronischen Schmerzen wird z.B. häufig aufgrund nicht • feststellbarer Funktionsabweichungen in Zweifel gezogen.

• Selbst wenn die Patienten sich ein Leiden einbilden,• bedarf dies einer Behandlung

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2. Historische Krankheitsbegriffe

2.3 Der funktionale Krankheitsbegriff

• Orientierung an Sollwerten für das Funktionieren der• Organe

• Das Nicht-Funktionieren eines Teiles wird nicht auf• seinen Sinn hin untersucht/ mit dem Patienten in• Verbindung gebracht

• lästigen, störenden Symptomen/ Beschwerden wird mit• eingreifend-korrektiven Maßnahmen begegnet- bis hin• zur Entfernung des „störenden“ Organs

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3. Vom Krankheitsbegriff zurKonzeption Gesundheit

Gesundheit wurde von der Weltgesundheitsorganisation(WHO) im Jahre 1946 als „umfassendes physisches,psychisches und soziales Wohlbefinden“ definiert.

Welche Mängel haften dieser Konzeption an?

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3. Krankheitsbegriff Konzeption Gesundheit

Folgende Konzepte sind in die Ottawa-Charta der WHO von1986 mit aufgenommen worden:

• Subjektives Empfinden

• Der dauerhafte, statische Zustand umfassenden Wohlbefindens ist unrealistisch.

• Die meisten Tätigkeiten, die uns zu Entwicklung verhelfen, sind von einem gewissen Maße an Mühe und Verzicht begleitet. Zu starke Fremdbestimmung stellt sogar eine gesundheitliche Belastung dar, Motivation fördert dagegen die Gesundheit.

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3. Krankheitsbegriff Konzeption Gesundheit

• Es gibt auch Übergangsstufen- verschiedengradige Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, die keinesfalls bereits einen Krankheitszustand kennzeichnen.

• Schaefer: „Gesundheit ist erfülltes (vollzogenes, gelungenes) Leben“. Dies schließt Ungleichgewichts-zustände, Belastungen und Krisen mit ein- die Fähigkeit, ab und zu ein bisschen krank zu werden.

• Der Mensch verfügt über Regulations-, Adaptations- und Bewältigungsmechanismen.

• Krankheit = ein Ungleichgewichtszustand, der aus eigenen Ressourcen nicht mehr korrigiert werden kann

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3. Krankheitsbegriff Konzeption Gesundheit

• Der Grad der sozialen Unterstützung stellt einen der wichtigsten Schutzfaktoren dar.

• Äußere Lebensbedingungen (Umwelt) wie Frieden, Bildung, Ernährung, Hygiene, Wohnverhältnisse, klimatische/ kulturelle Bedingungen etc. sind ebenfalls von Bedeutung.

Wechselwirkung von sozialen, politischen und psychischen Lebensbedingungen

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4. Gesundheit & Krankheit in der Psychotherapie

Die drei Normen

1. Die funktionale Norm

2. Die statistische Norm

3. Die Idealnorm

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4. Gesundheit & Krankheit in der Psychotherapie- Die drei Normen

1. Die funktionale Norm:

• auch „subjektive Norm“• Abnorm ist das „Schädliche“• Psychologisch-medizinische Definition

• Seelisch-geistige Gesundheit selbstverantwortliches Handeln- „(Selbst-)Bewusstsein“ als Voraussetzung

• „Geisteskrankheit“: realitätsgerechtes Handeln ist nicht mehr möglich

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1. Die funktionale Norm

• weiterer Maßstab: Spaltung zw. Erleben u. Verhalten • Gruppe der „Persönlichkeitsstörungen“: Es wird

überwiegend aus unbewussten Motiven und Intentionen heraus gehandelt Probleme im Selbstkonzept und mit der sozialen Umgebung.

• Z.B. Reziprozitätsnorm: „was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“.

• Antisoziales Verhalten kann „zweckrational“ und bewusst sein. Es bleibt aber seiner Zielsetzung nach „irrational“, da keine Gesellschaft auf Dauer mit Normen leben könnte.

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2. Die statistische Norm:

• Normal ist, was in einer Population am häufigsten vorkommt.

• Ausklammerung der Subjektivität• Modell des „normabweichenden Verhaltens“ einiger

Verhaltenstherapeuten• Begründet keine psychotherapeutische Intervention• Es besteht auch die Möglichkeit, dass eine Gesellschaft

mehrheitlich krank ist

4. Gesundheit & Krankheit in der Psychotherapie- Die drei Normen

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2. Die statistische Norm

Das Labeling-Argument• Kritik am medizinischen Krankheitsbegriff• „Ettikettierungsansatz“ (labeling approach): Eine

Krankheit wie z.B. Schizophrenie existiere „nicht wirklich“, ihre Diagnose entspringe unserer „sozialen Konstruktion der Wirklilchkeit“: Der Psychiater belege einen anderen Menschen, der für ihn unverständliche, nicht nachvollziehbare Dinge redet, mit der Diagnose.

Rosenhan-Studie

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2. Die statistische Norm

Es existieren jedoch auch genügend Negativbeispiele, die belegen, dass Psychotherapie und psychologische Medizin ihre Praxis keinesfalls allein auf Kriterien statistischer Normabweichung gründen sollten (z.B. Homosexualität).

Wir sollten beide Positionen ernst nehmen und sie in ihrem gegenseitigen Spannungsverhältnis

betrachten.

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2. Die statistische Norm

ICD• International Statistical Classification of Diseases and

Related Health Problems• Internationale Klassifizierung von Krankheiten der

Weltgesundheitsorganisation (WHO)

DSM• Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders• Klassifikationssystem aus der USA

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3. Die Idealnorm:

• auch „soziale Norm“• richtet sich nach gesellschaftlichen Werten• stark zeit- und kulturabhängig• Psychotherapeuten sollten es vermeiden, ihre Idealnorm

ihren Klienten direkt/ indirekt aufzuerlegen.

4. Gesundheit & Krankheit in der Psychotherapie- Die drei Normen

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5. Gesundheit & Krankheit im Alltagsbewusstsein

In welchem Verhältnis stehen nun diese Normen mit unserem Alltagsverständnis von Gesundheit und

Krankheit?

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5. Gesundheit & Krankheit im Alltagsbewusstsein

• Die wissenschaftliche Psychologie hat ihre Grundlagen• in der sog. „Alltagspsychologie“• Wir bezeichnen jemanden als „seltsam“, der sich in• einer uns unverständlichen Weise verhält. • Stellt sich dann heraus, dass der/ die Betreffende keine• Auskunft über die Ziele, Motive, kurz die Rationale• seines Verhaltens geben kann, so verschärft sich die• Alltagsdiagnose in Richtung „verrückt“, „gestört“.

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5. Gesundheit & Krankheit im Alltagsbewusstsein

• Werden wir durch das Verhalten einer anderen Person• geschädigt, müssen wir manchmal feststellen, dass • keine Schädigungsabsicht vorliegt/ auch keine Einsicht • in die vorgefallene Schädigung.

Alltagsdiagnostik: Entweder kriminell/ geisteskrank/ beides zugleich.

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5. Gesundheit & Krankheit im Alltagsbewusstsein

• Wir gehen jedoch um einiges vorsichtiger mit • umgangssprachlichen „Diagnosen“ um, wenn wir zur• Selbstaussage wechseln. • Karl Krauss definiert Neurose: „Es handelt sich um ein• Schimpfwort, bezogen auf andere, um eine Ausrede,• bezogen auf einen selbst.“

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Noch Fragen???

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Literaturangaben:• Fischer, G., Barwinski, R. & Bering, R. (in Vorbereitung).• Lehrbuch der psychologischen Psychotherapie. Daraus• Abschnitt C, Cl • Sonneck, G. (Hrsg.) (1989). Der Krankheitsbegriff in der• Psychotherapie. Wien: Dachverband der Österr.• Psychotherapeutischen Vereinigungen. Daraus: S. 3-36.• Fritz, A. & Petzold, H. (Hrsg.) (1992). Der Krankheitsbegriff• in der modernen Psychotherapie. Paderborn: Junfermann.• Frischenschlager, O. (?). Vom Krankheits- zum• Gesundheitsbegriff. ?

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Danke für eure

Aufmerksamkeit!