103 Zusammenfassung Frueh Empirische Forschung
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Werner Früh
Inhaltsanalyse
- Vergleich Inhaltsanalyse – Befragung
o offene Fragen bei Befragung: Antworten werden einer Inhaltsanalyse unterzogen
o bei geschlossenen Fragen: der Forscher gibt seine inhaltsanalytischen Kategorien inForm von Antwortmöglichkeiten bereits vor Inhaltsanalyse wird im Forschungs-prozess nur vorweggenommen
o das Ankreuzen einer Antwortvorgabe durch den Interviewer ist eine Feldverschlüsse-lung, d.h. eine implizite Inhaltsanalyse der Antworten
1. Die empirisch-wissenschaftliche Vorgehensweise allgemein
- Definition: empirische Wissenschaft ist die systematische, intersubjektiv nachvollziehbare Sammlung, Kontrolle und Kritik von Erfahrungen
- Systematische Vorgehensweise und deren durchgängige Anwendung
o Ausgangspunkt ist eine Frage/Vorstellung/Vermutung über reale Sachverhalte (Ge-dachtes, Begriff, Problem)
o dem folgt der Versuch einer theoretischen Erklärung in Form von Hypothesen oderTheorien
o diese theoretischen Erklärungsversuche werden durch den Einsatz bestimmter Me-thoden überprüft, indem sie an konkreten, erfahrbaren Sachverhalten getestet werden
diese konkreten, erfahrbaren Sachverhalte sind nicht immer die mit dem the-oretischen Begriff/der Vorstellung gemeinten Korrelate in der Realität selbst ,sondern meist nur ihre sinnlich wahrnehmbaren Symptome bzw. Indikato-ren
- Intersubjektive Nachvollziehbarkeit
o wie jeder Mensch trägt der Forscher ein kollektiv wie subjektiv geprägtes Realitäts-modell in seinem Bewusstsein, welches ihm als Handlungsgrundlage dienen soll und
daher nur für das Handeln relevante Aspekte der Realität und auch diese nur in dernotwendigen Form –also nicht notwendigerweise „wirklichkeitsgetreu“ abgebildet- beinhaltet
das kognitive Realitätsmodell simuliert Realitätsbeziehungen; es benutzt keinerealen Objekte, sondern Vorstellungen davon und folgt daher nicht notwendig denGesetzen der Realität, sondern denen des Geistes
im Alltag konfrontieren wir dieses Modell intrapersonal im Hinblick auf sub- jektive Plausibilität
Die systematische, offengelegte und damit kritisierbare Vorgehensweise der empiri-schen Wissenschaft verlangt dagegen, dass sowohl die Vorstellungen des Forschers alsauch der anvisierte Realitätsausschnitt in eine dritte Modalität, nämlich die empiri-scher Daten überführt werden
nur so ist es möglich, dass sich Vorstellungs- und Objektwelt intersubjektiv nachvollziehbar miteinander vergleichen lassen
o Im Gegensatz zur Alltagserfahrung muss die empirisch wissenschaftliche Erfahrung vom analysierenden Subjekt losgelöst werden; im Sinne des Objektivitätsbegriffes deskritischen Rationalismus bedeutet dies, eine unbestritten subjektiv-beeinflusste Per-spektive intersubjektiv kommunizierbar, nachvollziehbar, reproduzierbar und kriti-sierbar zu machen, indem Forschungsgegenstand und -interesse, Datengewinnungsowie anzuwendende Analyse- und Interpretationsweise detailliert offengelegt wer-den, damit sie auch von Dritten auf ihre Brauchbarkeit hin überprüft werden können;durch diese Offenlegung ist die Methode auch unabhängig von ihren Anwendern
die empirischen Methoden etablieren eine explizite Metaebene in Form von Daten-
strukturen mit einem systematischen und offengelegten Bezug sowohl zum anvisiertentheoretischen Konstrukt als auch zur Wirklichkeit
...Metaebene: Daten
nter-subjek-tivität
durch...
...Offenlegung desForschungspro-zesses
Syste-matik
Definition
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2. Die Inhaltsanalyse als empirische Methode
- Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvoll- ziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen; (meist zumZwecke einer darauf aufbauenden interpretativen und/oder durch Zusatzkriterien gestützten Inferenz )
- Empirische Methode bezeichnet die Art und Weise, in der die Inhaltsanalyse zu wissenschaft-lichen Erkenntnissen führt also die Modalität des Zugangs zur Realität
o Erkenntnisobjekt besitzt ein wahrnehmbares und intersubjektiv identifizierbares Korrelat in der Realität (auch Werte und Normen, ges. Klassen etc.)
auch innerpsychische Vorgänge sind wahrnehmbar, insofern sie systematischzu objektivieren, z.B. indem sie nach vorgegebenen Kriterien in ein allgemein verständliches Zeichensystem überführt werden
beobachtbar und wahrnehmbar bezeichnen lediglich die prinzipielle Möglich-keit, einen gemeinten Tatbestand intersubjektiv zu reproduzieren
o die Methode1 bestimmt die Modalität des Zugangs zur Realität und dadurch die Mo-dalität der Daten
- Der Empiriebegriff im hier gemeinten Sinne beinhaltet den Vorgang des Messenso gemessen wird nicht ein Objekt, sondern ein spezifisches Merkmal dieses Objekts,
welches der Bezugspunkt dieser Messung ist
o bzgl. dieses Merkmals weist jedes Objekt eine spezifische Ausprägung auf und stehtdamit zu anderen Objekten in bezug auf dieses Merkmal in einer bestimmten Relation
o im Vorgang des Messens werden den Merkmalsausprägungen quantifizierende Sym-bole, meistens Zahlen zugewiesen, wobei quantifizieren nicht notwendigerweise zäh-len bedeutet (auch simplere Relationen können durch Zahlen sinnvoll ausgedrückt werden)messen und quantifizieren werden hier synonym verwandt
o Messen ist das Überführen eines empirischen Relativs (beobachteter Realitätsaus-schnitt) in ein numerisches Relativ (Datenstruktur) mit den Prämissen der Objektivi-tät und Systematik (Maßstab und Messverfahren sind offengelegt und auf das angege-
bene Textmaterial in gleicher Weise angewandt worden)o das erstellte numerische Relativ repräsentiert damit ein empirisches Relativ
o Repräsentationsproblem: Homomorphie
das empirisch-quantifizierend erstellte Datenmodell soll dem analysierten Ausschnitt des Realitätsmodells bzgl. der Elemente und deren Relationenhomomorph sein:
• jedem Element der numerischen Daten muss mindestens ein Elementunserer empirischen Wahrnehmung entsprechen
• die empirischen Relationen zwischen den Elementen sind genau inden numerischen Relationen abzubilden
die Homomorphie der beiden Strukturen ist eine Anforderung, deren Erfül-
lung es jeweils nachzuweisen gilt ( das ist das Repräsentationsproblem) Isomorphie, also die umkehrbare Abbildungsfunktion ist nicht notwendig
(Bsp.: Länge – Brett)
die entstandenen Zahlenrelationen können nicht losgelöst von den gemesse-nen Strukturen behandelt werden, da die Homomorphie zwischen Realitäts-modell und Datenmodell fast immer nur partiell ist, und damit die zulässigenmathematischen Rechenoperationen mit den numerischen Werten einge-schränkt sind
deshalb ist eine Messtheorie notwendig, die angibt welcher Ausschnitt einesnumerischen Relativs als homomorphe Repräsentation eines empirischen Re-lativs gelten kann, also welche Zahlenrelationen relevant/gültig sind; dieMesstheorie begründet die Homomorphie der beiden Systeme und definiert
ihre Grenzen
1 „Methoden“ im engeren Sinne sind empirische Messinstrumente/empirische Erhebungstechniken wie Fragebo-gen, Kategoriensystem. Beobachtungsschema
Definition
empiri-sche Me-thode
Messen
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o Problem der Eindeutigkeit beim Messen
bezieht sich auf die unterschiedlichen Skalentypen
Kriterium der Eindeutigkeit ist die Art der mathematischen Transformatio-nen, die einen Skalentyp invariant lassen
o Nominalskala
= klassifizieren, daher die Frage: ist das überhaupt messen? die Quantifizierung, die dabei vorgenommen wird, ist lediglich implizit da-
durch, dass die Zuordnung zu einem bestimmten Symbol die Zuordnung zueinem anderen ausschließt , bzw. sich die Relation auf „kommt vor 1“ /„kommt nicht vor 2“ beschränkt
eine explizite Quantifizierung, und damit Messung in unserem Sinne ge-schieht erst einen Schritt später, wenn nämlich die Klassen bezüglich ihrerRelation untereinander verglichen und z.B. in eine Rangordnung gebracht werden; damit ist aber das Nominalskalenniveau verlassen.
eine Klassifizierung auf Nominalskalenniveau ist noch keine Messung, aber ei-ne relationale Beschreibung und Häufigkeitsauszählung qualitativ verschiedenerKategorien bzw. Klassen; die Inhaltsanalyse führt also zunächst eine systemati-
sche Beobachtung durch, indem sie Textmerkmalen Kennziffern für Kategorienzuordnet; zur Messung wird das erst dann, wenn im Auswertungsschritt Häufig-keiten durch Auszählen der Kategorien ermittelt werden.
dem qualitativen Akt der Beobachtung und Identifizierung eines Textmerkmalsfolgt dessen zählend-quantitative Weiterverarbeitung ( Scheinalternative quali-tativ – quantitativ, da eine „qualitative“ Textstruktur in ein numerisches Relativ überführt wird)
- die Systematik beinhaltet
o eine klar strukturierte Vorgehensweise beim Umsetzen der Forschungsaufgabe in einekonkrete Forschungsstrategie
Formulierung empirisch prüfbarer Hypothesen
Festlegung des relevanten Untersuchungsmaterials
Festlegung der Analyse-, Codier- und Messeinheiten Entwicklung des Kategoriensystems mit Definitionen + allgemeinen Codier-
anweisungen
Überprüfung von Validität und Reliabilität
o die konsequente, durchgängig invariante Anwendung dieser Forschungsstrategie auf das Untersuchungsmaterial (Invarianz der Codierregeln)
- Intersubjektive Nachvollziehbarkeit/Objektivität
o Methode soll vom analysierenden Subjekt abgelöst werden
o Ergebnisse müssen reproduzierbar, kommunizierbar und kritisierbar sein
o dabei müssen die gemessenen Merkmale auch auf die Forschungsfrage definitorisch-
bezogen werden, so dass nicht nur die eigentliche Inhaltsanalyse, also Datenerfassung,sondern auch die Interpretation der Daten nachvollziehbar ist
Gegenstand und Erkenntnisinteresse
- Vorteile der Inhaltsanalyse als Methode gegenüber anderen Forschungsmethoden
o die Inhaltsanalyse erlaubt als einzige Methode Aussagen über Kommunikatoren undRezipienten, die nicht bzw. nicht mehr erreichbar sind
o der Forscher ist nicht auf Kooperation von Versuchspersonen angewiesen
o Faktor Zeit spielt eine untergeordnete Rolle; man ist nicht an Termine der Datenerhe- bung gebunden (Befragung Bundestagswahl...)
o Untersuchungsobjekt verändert sich nicht durch die Untersuchung non-reaktiv o Untersuchung ist (auch aufgrund der Nonreaktivität) beliebig am selben Gegenstand
reproduzierbar oder wiederholbar (mit modifiziertem Analyseinstrument) o Inhaltsanalysen sind meist billiger als andere Datenerhebungsmethoden
Syste-matik
nter-subjek-tivität
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- der Sinn jeder Inhaltsanalyse besteht darin, unter einer bestimmten forschungsleitenden Per-spektive Komplexität zu reduzieren, indem Textmengen hinsichtlich theoretisch interessie-render Merkmale klassifizierend beschrieben werden
o notwendigerweise geht dabei Information verloren durch die Selektion prinzipiell interessierender Textmerkmale und das Igno-
rieren der anderen durch die klassifizierende Vereinheitlichung in Kategorien; die originären
Bedeutungsdifferenzen der in einer Kategorie zusammengefassten Mittei-lungsmerkmale bleiben unberücksichtigt
o dieser Informationsverlust auf der Textebene ist jedoch Voraussetzung für einen In-formationsgewinn auf der Aggregatebene (strukturelle Zusammenhänge, Bezüge)
- der eigentliche Untersuchungsgegenstand einer Inhaltsanalyse sind nicht Textmerkmale oderMitteilungen, sondern der sich in der Mitteilung manifestierende Kommunikationsvorgang
o formal-deskriptiver Ansatz
beschreibt Mitteilungen anhand rein äußerlicher, nicht-inhaltlicher Merkmale
z.B. zur Erstellung von Texttypologien
o diagnostischer Ansatz
will durch Inferenz 2 etwas über die Entstehungsbedingungen, also über dieBeziehung Kommunikator – Mitteilung aussagen
Intentionen, Kompetenz, Eigenschaften, Wertvorstellungen des Autors
o prognostischer Ansatz
versucht, von Mitteilungsmerkmalen auf deren Wirkungen auf den Rezipien-ten zu schließen
Verständlichkeits-/Wirkungsforschung
o Problematik von Inferenzziehungen
besonders bei instrumenteller Sprachverwendung (in Werbung, Drehbü-chern...) lässt sich kaum von Inhalten auf Eigenschaften der Kommunikatorenschließen
man muss zusätzliche Informationen über Kommunikatoren und Rezipien-ten besitzen
es ist lediglich möglich, probabilistische Aussagen zu treffen; diese werdenimmer aus der Perspektive des Forschers getroffen
besonders bei Wirkungsaussagen können verschiedene Forscher aufgrund desselben inhaltsanalytisch erstellten Datenmaterials zu vollkommen verschie-denen Interpretationen gelangen; ob diese jeweils richtig oder falsch sind,lässt sich nicht an den inhaltsanalytischen Ergebnissen überprüfen, sondernnur an weiter hinzugezogenen Außenkriterien (z.B. Ergebnisse experimentel-ler Wirkungsstudien)
wird ein stringenter Beweischarakter der Daten angestrebt, dann sind aus in-haltsanalytischen Befunden allein weder direkte Wirkungsaussagen noch Aussa-gen über die Mitteilungs- oder Wirkungsabsichten des Autors abzuleiten. Solche Aussagen sind nur mit Hilfe externer Zusatzinformationen möglich
- wozu dann überhaupt Inhaltsanalysen bei derart eingeschränkter Aussagekraft?
o keine spezifische Restriktion der Inhaltsanalyse
o jederzeit Evaluationsstudien möglich
o Inhaltsanalyse wird gerade dort eingesetzt, wo Daten über Absichten und Wirkungenanders nicht zu erhalten sind
o großer Teil der Inhaltsanalysen wird allein zur Beschreibung, Strukturierung und zum Vergleich durchgeführt, also nicht mit dem primären Forschungsinteresse der Infe-renz
2 Inferenz = interpretativer Schluss von Mitteilungsmerkmalen auf externe Sachverhalte
verschie-dene
Ansätze
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Vergleich mit anderen Textanalyseverfahren
- Hermeneutische Textinterpretation
o seit dem 19. Jahrhundert Entwicklung zur universellen Theorie des Umgangs mit his-torisch-gesellschaftlichen Gegenständen allgemein, insbesondere künstlerisch-
literarischer Arto werk immanente Position
vertritt die Ansicht, dass in den Kulturwissenschaften anders als in den Na-turwissenschaften, der Erkenntnisgegenstand nicht zum Objekt gemacht wer-den könne
vielmehr müsse man sich auf den Gegenstand einlassen, seine entstehungs- bedingten Bedeutungsstrukturen nachvollziehen, um ihn zu verstehen
o werk übergreifende Position
neben der werkimmanenten Interpretation spielt auch Hintergrundwissen ei-ne entscheidende Rolle für das angemessene Verstehen eines Werkes
o Technik:
Unterscheidung: beschreibende, deutende und wertende Aussagen zuerst inhaltliche und formale Beschreibung des Textes
nach der Lektüre wird ein Eindruck formuliert, der anhand bestätigenderTextstellen oder –bezüge belegt werden muss
daraus lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, die eine Bewertung und Ein-ordnung des Werks erlauben; dabei zieht die werkübergreifende Position dieZusatzinformationen hinzu
o Charakteristika der Methode
für die Interpretation einzelner Texte
deren originärer Sinngehalt soll in allen relevanten Merkmalen herausgear- beitet werden
die Stichhaltigkeit der vorgeschlagenen Interpretationsweise ist diskursiv zu begründen Abwägung der Argumente und Gegenargumente
die der Interpretation zugrundegelegten Kriterien können, müssen aber nichtdefiniert und offen gelegt werden; die Kriterien können für unterschiedlicheTextstellen unterschiedliche sein
inkonsistente Merkmale können u.U. ignoriert werden (wenn als irrelevanterachtet); legitim, weil nur die Stimmigkeit eines subjektiven Rezeptionsein-drucks belegt werden soll
Beschreibung, Interpretation und Wertung sind miteinander verschränkt, ei-nes ergibt sich aus dem anderen
die Analyse ist nach der Auseinandersetzung mit dem Text abgeschlossen; dasErgebnis liegt nach der Textinterpretation vor
- Linguistische Textanalyse (Textsemantik)
o ein Text besteht aus einer Abfolge von Wörtern
o isolierte Wörter ( Lexeme) haben einen Bedeutungsgehalt, der sich in Form einzelnerBedeutungskomponenten ( Seme) beschreiben lässt
o Bedeutungen können immer nur in Relationen und Oppositionen gedacht werden: einSachverhalt oder Begriff bedeutet erst in seiner Abgrenzung von anderen etwas
o das jeweils relevante Sem eines Lexems ergibt sich aus der Relation zu Bedeutungendesjenigen Wirklichkeitsausschnittes, auf den das Lexem sich bezieht; auf welchen Wirklichkeitsausschnitt ein Lexem referiert, bestimmt der Kontext
o die bei isolierter Betrachtung feststellbare Polysemie der in einem Text vorkom-
menden Wörter wird durch die Verwendung in ihrerseits bedeutungshaltigen Kontex-ten monosemiert
o dann spricht man von Textemen (statt von Lexemen)
Linguis-tischeText-analyse
Hermen.Text-interpre-tation
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o die syntagmatische und/oder semantische Verkoppelung mehrerer Lexeme infolgegleicher Merkmale (Seme) nennt man Semrekurrenz
o jede Semrekurrenz etabliert eine Isotopieebene im Text (Sinnabschnitt, Leitthema); verschiedene Isotopieebenen können ineinander verschachtelt oder parallel zueinan-der den Text strukturieren
das Resultat einer linguistischen Textanalyse sind Erkenntnisse über Isotopieebe-nen, Lexeme, relevante Seme...; Also, welche sprachlichen Mittel in einem beliebigenText kohärente Bedeutungsstrukturen erzeugen
einzelnen Text und seinen konkreten Inhalt benutzt sie nur, um ihre Allge-meingültigkeit beanspruchenden Aussagen zu prüfen und ihr Verfahren zudemonstrieren;
der Inhalt ist also beliebig und austauschbar
alle nur denkbaren „legitimen“ Bedeutungen sollen rekonstruiert werden,nicht nur relevante Textinhalte
das Erkenntnisinteresse der Linguistik zielt auf die Sprache und deren Bedin-gungen, weniger auf konkrete Anwendungen von Sprache in Form spezifi-
scher Texte mit spezifischen Inhalten und Funktionen
- (sozialwissenschaftliche) Inhaltsanalyse
o Selektionsinteresse
an den ausgewählten Texten interessieren nur diejenigen Merkmale, die fürdie Klärung der Forschungsfrage relevant sind
o Abstraktionsinteresse
von den im Text enthaltenen Bedeutungskomplexen werden wiederum nur re-levante semantische Komponenten, die ein sprachlicher Ausdruck neben an-deren besitzt, abstrahiert; d.h. das zu messende theoretische Konstrukt (Bsp.:„Gewalt“) ist nur selten explizit im Text genannt; es muss aus den Bedeu-
tungskomplexen herausgelöst werden wie weit diese abstrahierenden Schlussfolgerungen durch Freilegung semanti-
scher Implikationen plausibel getrieben werden können, hängt u.a. von derDefinitionsarbeit des Forschers ab (Problem: unterschiedliches Vorwissen etc.der Codierer führt zu unterschiedlichen Ergebnissen)
o Klassifikationsinteresse
die Inhaltsanalyse fasst verschiedene theoretische Kriterien ( „Körperverlet-zung“, „niederreißen“, „niederknüppeln“) zu einem komplexeren Konstrukt(„Gewalt“) zusammen, wobei die Spezifika der einzelnen Merkmale verlorengehen
Mengen konkreter Äußerungen werden hinsichtlich ihrer Bedeutung als äqui- valent betrachtet, so dass sie sich derselben Kategorie zuordnen lassen
o Unterscheidung nach kommunikativem Fokus jede Äußerung transportiert mehrere Informationen, wobei in der Regel nach
dem dominierenden Aspekt der Information eine Hauptaussage von Neben-aussagen unterschieden werden kann
o Unterscheidung nach kommunikativer Funktion
Mitteilung als Information
Mitteilung als Handlung
Sprechakt
o die Inhaltsanalyse analysiert Kommunikationsinhalte
Kommunikationsinhalte sind jedoch nicht nur die Einzelinformationen eines
konkreten Einzeltexts, sondern auch kollektive Kommunikationsmerkmale wie kulturelle Wertvorstellungen, Stoffauswahl/Themen ...
Inhalts-analyse
selektives I.
abstrahieren-des I.
klassifizie-rendes I.
kommunika-tiver Fokus
kommunika-tive Funktion
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letztere Merkmale globaler Kommunikationsvorgänge, latente Kommunikati-onsstrukturen, zeigen sich oftmals nur an einem größeren Textkorpus, nichtam Einzeltext
Gegenstand der Inhaltsanalyse können also prinzipiell alle Inhaltsaspekte sein, sofernsie sich explizit definieren lassen. Als kommunikationswissenschaftliche Methode interes-siert sich die Inhaltsanalyse aber insbesondere für die kommunikativ relevanten Inhalte
o die Inhaltsanalyse ist eine gezielte Suchstrategie; der Forscher muss bereits vor der Analyse ziemlich genau wissen, wonach er suchen will, weil sonst u.U. wichtige Datenfehlen, um die Fragestellung sinnvoll bearbeiten zu können
o Datenerhebung, Analyse und Interpretation sind getrennte Arbeitschritte, wobei dieInhaltsanalyse mit der Bereitstellung statistischer Informationen auf Aggregatebene(also nach der Analyse der Daten) endet
Erkenntnisinteresse der Inhaltsanalyse ist es, über den Einzeltext hinausgehende In-formationen struktureller Art zu erhalten. Obwohl die Inhaltsanalyse durchaus auch lingu-istisch relevante Daten erheben kann, beschränkt sie in ihrer sozialwissenschaftlichen Version ihr Erkenntnisinteresse in der Regel auf solche konkreten Bedeutungen, die Ge-genstand von Kommunikationsvorgängen sind.
hermeneutischeInterpretation
linguistischeTextanalyse
sozialwissenschaftlicheInhaltsanalyse
Erkenntnisinteresse Sinndeutung„verschlüsselter“Botschaften
sprachwissenschaftlichesInteresse; was macht denText zum Text?
nicht konkrete Inhalteder Texte
selektives,
abstrahierendes und
klassifizierendes Interesse
Verfahren Intuition und Hinter-grundwissen; der Interpre-tationsentwurf wird dannanhand textimmanenterund/oder textexterner
Fakten zu belegen versucht
Demonstration von zuläs-sigen/unzulässigen Bedeu-tungszuweisungen anhand von Beispielen
empirisch:
- Fragestellung- Datenerhebung- Analyse- Interpretation
einzelner Text/kleine Zahl von Texten
Sprache anhand von Tex-ten (als Beispiele und For-schungsobjekte)
Kommunikationsinhalte von Textmengen
Gegenstand
der Text als Einheit , dessenSinngehalt auf allen Ebe-nen (grammatikalisch-stilistische, semantische,pragmatische, ästhetische)es zu deuten gilt
nicht alle, sondern nur dieim Hinblick auf die Prob-lemstellung relevantenKommunikationsinhaltesollen erfasst werden
Kriterien Angemessenheit undPlausibilität
Systematik und„Objektivität“
Ziel Textverstehen und Deu-tung des originären Sinn-gehaltes
Erkennen allgemeiner Regeln, nach denen Bedeu-tungsrepräsentationen mitHilfe sprachlicher Zeichenfunktionieren
Aussagen über Strukturmerkmale defi-nierterTextmengen
- Die „qualitativ-quantitativ-Debatte“
o Inhaltsanalyse verbindet zwei qualitative Analyseschritte (theoretische Vorarbeitenund Interpretation) durch einen quantifizierenden
o Früh: unzutreffend dichotomisierende Bezeichnungen, im Gegenteil ist die Kontras-tierung theoretisch und praktisch gegenstandslos
die „Probleme“ und die Erkenntnisse über sie in der Sozialforschung immer
qualitativen Charakter haben auch die Interpretation eines Leitfadeninterviews trägt implizit quantifizie-renden Charakter (Häufigkeit und Intensität von Äußerungen der Vpn werdeninterpretiert)
qualitativ -quantitativ
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der „quantitative Sozialwissenschaftler“ muss sich vergegenwärtigen, dass eres nicht mit Quantitäten an sich, sondern immer mit der Bedeutung vonQuantitäten zu tun hat
die verachtete Quantifizierung geschieht schon bei der Auszählung von Häu-figkeiten
die qualitative Richtung betont das verstehende Sich-Hineinversetzen; Früh
betrachtet dies jedoch als immanente Leistung der Textrezeption, also nichtals spezifisch qualitativ
die qualitative Forschung beansprucht für sich, die volle Komplexität ihrerGegenstände erfassen zu wollen, während die quantitative Forschung ihrenGegenstand atomisiere, in Variablen zerstücke und ihm damit seine eigentli-che Bedeutung nehme
• Früh: auch der qualitative Forscher ist nicht in der Lage, einen Men-schen oder Text in seiner Ganzheit wahrzunehmen, weil sukzessiv einzelne Merkmale fokussiert werden
• allerdings agiert die qualitative Forschung mit einer größeren Anzahlindividueller, kontextueller und situativer Merkmale, das heißt fellbe-zogener und flexibler in ihren Beschreibungsmerkmalen;
o diese Fallbezogenheit ist jedoch zur Klärung vieler For-schungsfragen weder notwendig noch durchführbar (z.B.Durchschnittsalter)
o der qualitative Forscher will (unterstellterweise) solcheDurchschnittswerte und quantitative Merkmale gar nicht wis-sen, sondern interessiert sich für einige aussagekräftige Fällein allen Details, um informationsreiche Erkenntnisse zu ge-
winnen; wenn er aber auf der Grundlage präzise beschriebe-ner Einzelfälle Generalisierungen vornimmt, sind dies Spe-kulationen (unterschiedlicher Plausibilität , aber ohne –statistische- Beweiskraft )
der eigentliche Konflikt liegt im unterschiedlichen Erkenntnisinteresse
der „Schulen“, nicht in konkurrierenden Methodenauffassungen zum sel- ben Gegenstand: Detailorientierung vs. Generalisierung
- Induktion – Deduktion
o theoriegeleitete Kategorienbildung deduktiv
Ableitung der Hauptkategorien aus der Forschungsfrage
o empiriegeleitete Kategorienbildung induktiv
Ausdifferenzierung in Unterkategorien und zusätzliche Hypothesen
dabei:
• Selektion/Reduktion: Extraktion und Isolation relevanter Textpassa-gen
• Bündelung: Gruppierung der extrahierten Textpassagen auf einheitli-cher Abstraktionsebene
• Generalisierung/Abstraktion: Zuweisen von Labels, die den abstra-hierten gemeinsamen Bedeutungsgehalt bezeichnen
• Rückbezug auf Theorie: Können die als relevant betrachteten Text-passagen den Hauptkategorien zugeordnet werden?
Bildung von Unterkategorien oder Generierung weiterer Hypo-thesen
o beides nicht in Reinform ( Popper: alle Wahrnehmung ist theoriegeleitet, daherauch die empiriegeleitete Kategorienbildung insofern teilweise deduktiv; die reine In-duktion gibt es nicht)
o die theoriegeleitete Kategorienbildung sichert die Vollständigkeit bezüglich For-schungsfrage und Hypothesen; die empiriegeleitete K. bezüglich des Untersuchungs-materials
Kategorien- bildung
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3. Die Inhaltsanalyse als Forschungsprozess
Forschungsinteresse
o erkenntnistheoretischer/logischer Aspekt Problem überhaupt empirisch lösbar?
o methodisch-pragmatischer Aspekt
erlaubt der methodische Kenntnisstand eine befriedigende Lösung?o ethischer Aspekt
o Ertrag/Interesse ist das Problem relevant , sind Forschungen überhaupt sinnvoll?
Methodenwahl
o Angemessenheit der Methode?
misst sie das Problem am direktesten
Aufwand angemessen?
Interpretation und Bericht
Forschungsfrage und Hypothesen
- Wissenschaft ist problemlösendes Verhalten relevantes Problem muss zugrunde liegen
- das Erkenntnisinteresse muss vor Beginn der Forschungen klar formuliert werden, da sichPlanung, Durchführung und Interpretation auf dieses beziehen
o welche Daten müssen erhoben werden?
o welche interpretativen Schlüsse sind möglich?
- Vorgehensweise bei offenen Fragestellungen
o es ist nicht klar, nach welchen Merkmalen im Text gesucht werden soll
Inhaltsanalyse
1) Planungsphasea) Problemstellung
b) Projektplanung
c) Hypothesenbildung
2) Entwicklungsphase
a) Theoriegeleitete Kategorienbildung:
Explikation der Hypothesen; Bestimmung von Art und Struktur derDaten (Dimensionen; Variablen; Skalenniveau); Hauptkategorien
b) Empiriegeleitete Kategorienbildung:
Operationale Definition der Kategorien und Codierregeln; Bestim-
mung der Analyse-, Codier- und Kontexteinheiten; Unterkategorien 3) Testphase
a) Probecodierung
b) Codierung mit Validitäts- und Reliabilitätstest
4) Anwendungsphase
a) Aufbereitung der Daten und Datenerfassung
b) Datenkontrolle und Datenbereinigung
c) Auswertung (per EDV mit statistischen Rechenverfahren)
offeneFragestel-lungen
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1.) Vorschalten einer Explorationsphase, in der ein repräsentativer Querschnitt des Un-tersuchungsmaterials nach möglicherweise interessanten Merkmalen untersucht wird
Triangulation durch Forscher mit unterschiedlichen Interessen
Kontrastierung mit unterschiedlichem Untersuchungsmaterial
oder 2.) theoriegeleitete Kategorienbildung
allgemeines Vorwissen wird in allgemeine Kategorien überführt, die dann imZuge der empiriegeleiteten Kategorienbildung rückwirkend modifiziert, präzi-siert etc. werden
- Der Hypothesenkatalog übersetzt die allgemeine Forschungsfrage in prüfbare Behauptungen
o Hypothesen sind intersubjektiv prüfbare Feststellungen
Forschungsfragen (in Form einer Frage) = offene Hypothesen
als Behauptung formulierte Problemstellungen = geschlossene Hypothesen
- Dimensionale Analyse der in der Problemstellung anvisierten theoretischen Konstrukte
o Konstrukt wird benannt und beschrieben
o alle zur Beschreibung benutzten bedeutungstragenden Begriffe sind einzeln zu erläu-
tern unendlicher Regress von Definitionen Hauptkategorien
- die Nullhypothese muss –methodisch gesehen- mit gleicher Chance zurückgewiesen wie (vor-läufig) akzeptiert werden können
- Festlegung von Kategorientypus und Skalenniveau in bezug auf das zu lösende Problem
o dabei müssen die in der Analyse möglicherweise anzuwendenden Rechenverfahren berücksichtigt werden, um nicht schon durch die Datenerhebung mögliche Interpreta-tionswege auszuschließen
o Kategorientypen
Thematisierungstyp
• kommt ein Thema, gleich in welcher Form und Intensität, vor, wird eserfasstHäufigkeiten
Bewertungstyp
• zusätzlich zum bloßen Vorkommen wird die im Text zum Ausdruck kommende Einstellung zum Thema/Bewertung gemessen Pro/Contra? Heftig oder gemäßigt? ...
Argumentationstyp
• Argumente (also Kriterien, Begründungen, Standpunkte) werden er-fasst
• es müssen Fakten und deren logische Verknüpfung im Text enthaltensein
o die Typen stellen unterschiedliche Anforderungen an die Codierer; da bei höheren Ty-pen subjektive Kriterien stärker in die Codierung einfließen, sollte immer der ein-fachst-mögliche Kategorientyp verwandt werden
- Qualitätskriterien des Kategoriensystems
o Vollständigkeit (erschöpfend)
das in der Forschungsfrage vorgegebene Kommunikationsmerkmal ist auf derBegriffsebene und der Ebene des Datenmaterials vollständig erfasst
bildet die Summe der Unterkategorien den Bedeutungsgehalt der Hauptkate-gorie vollständig ab?
o Trennschärfe + Exklusivität
jede Kategorie repräsentiert einen eindeutigen, klar abgrenzbaren Bedeu-
tungsgehalt (eindimensional) bei der Codierung zur eindeutigen Zuweisung eines Indikators notwendig
bei der Auswertung notwendig, um originären Informationsgehalt der Kate-gorie als gesichert annehmen zu können
Vollständigkeit
Trennschärfe
Kategorien-typen
Dimensi-onale
Analyse
Hypo-these
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- Operationale Definition der Variablen
o macht den Codierungsprozess explizit
o nennt die empirisch fassbaren Entsprechungen zu den Kategorien auf der Objektebe-ne (= im Text)
o gibt die Regeln, an, nach denen die empirisch erhaltenen Objektmerkmale in Datenüberführt werden
o muss sicherstellen, dass alle Texte unter dem gleichen Gesichtspunkt analysiert wer-den, alle Codiereinheiten die selbe Chance haben, codiert zu werden, und ihre Zuord-nung zu Kategorien über die ganze Untersuchung bei allen Codierern in gleicher Wei-se vorgenommen wird Systematik insbesondere durch Invarianz der Codierregeln
o im Anschluss an die verbale Umschreibung des Bedeutungsgehalts einer Kategorie werden exemplarisch Indikatoren aufgezählt
Indikator = empirisches Äquivalent für nicht direkt sinnlich wahrnehmbareSachverhalte
o die Forderung nach Vollständigkeit (hier: innerhalb einer Kategorie) ist derart zu er-füllen, dass die Kategoriendefinition incl. der Beispielindikatoren geeignet sein muss,alle in der konkreten Mitteilung empirisch vorfindbaren Indikatoren aufgrund der
Sprachkompetenz des Codierers zu identifizieren semantische Vollständigkeit , die vom Codierer durchaus noch regelgeleitete Analo-gieschlüsse ausgehend von den „Ankerbeispielen“ verlangt
o es sind Codierregeln zu formulieren, die definieren, wie die gefundenen Indikatoren inDatenformat zu überführen sind
Codiereinheit
• gibt die Bezugsgröße im Text an, die je einmal zu codieren ist
• formal-syntaktische Definition (z.B. Wort, Satz)
o Vorteil e
hohe Verlässlichkeit leichte Anwendbarkeit
o Nachteil formaler Definitionen: formale Präsentation vonMitteilungen und stilistische Eigenheiten des Autors schlagensich nieder
• semantische Definition (Basisaussage, Sinneinheit)
o z.B. Codiereinheit Basisaussage (= semantisch eigenständige Aussage zu einem Sachverhalt) und Formulierung einer Co-dierregel, die die Codierung von aufeinanderfolgenden syn-onymen Basisaussagen ausschließt
o Sinneinheit : zusammenhängende Textpassage, in der zumselben Gegenstand etwas ausgesagt wird
o Gefahr systematischer Codierereinflüsse auf die Ergebnisse,
weil die Codiereinheit schwieriger zu identifizieren und nichtso eindeutig abgrenzbar ist
Kontexteinheit
• der Codierer darf nur die innerhalb einer Kontexteinheit enthaltenenInformationen zur Monosemierung der Indikatoren benutzen
• wieder Möglichkeit formaler (z.B. Abschnitt) oder semantischer (z.B.Sinneinheit) Bestimmung
Analyseeinheit
• definiert die Größe, über die in der Studie eine Aussage getroffen werden soll (also die Einheit, die Codiereinheiten auf sich beziehen,z.B. „Artikel“)
Messeinheiten
• bei formalen Textmerkmalen (cm², Seitenzahl…)
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Inhaltsanalyse als wissenschaftliche Methode:
o Offenlegung des Verfahrens Objektivität
o Vollständigkeit der Kategorien und Indikatoren
o Trennschärfe der Kategorien und Indikatoren
o Invariante Anwendung einer klar strukturierten Umsetzung der Forschungsfrage
Systematik
- Erkenntnistheoretische Grundlagen der Kommunikation (Früh)
o Wahrnehmung (und damit auch die Rezeption von Texten) stellt einen simultan ge-koppelten Einflussprozess von zwei Seiten dar, nämlich dem Objekt (Text) einerseitsund dem Wahrnehmenden (Rezipienten) andererseits
Transaktion
die Bedeutung eines Zeichens setzt diejenige seiner Teile voraus, diese erhal-ten jedoch ihre Bedeutung erst vor dem Hintergrund der ganzen Zeichenbe-deutung
Bedingung dafür ist die Kenntnis des jeweilig benutzten Zeichensystems
(Sprache, Zahlen, Symbolsprache etc. …)
Transformations- statt Transportmodell der Rezeption
- Transportmodell
o soziale Realität wird als bestimmbarer, unverfälschter Bedeutungskomplex betrachtet,der im mehrstufigen Kommunikationsprozess zunächst durch die Fixierung im Taxt/Medium und dann durch eine subjektive Selektion und Interpretation des Publikums wiederholt deformiert und verzerrt wird
Information ist eine fixe Bedeutungsstruktur, die durch Kommunikation mehr oder weniger effizient transportiert werden soll
- Transformationsmodell
o Interpretation wird als konstitutiver Bestandteil sozialer Realität betrachtet, ohne da- bei die Existenz einer „objektiven“, aber originär nicht bestimmbaren Realität zu leug-nen
o Realität wird damit als permanenter Transformationsprozess beschrieben, der sich aneinem vorgegebenen „Rohmaterial“ von ereignisspezifischer Bedeutungspotenz voll-zieht, wobei die Freiheit der jeweils subjektiven Bedeutungstransformation durch diekonventionalisierte Bedeutungspotenz des Stimulus eingeschränkt wird
o Kommunikation ist dynamischer Transformationsprozess während permanenter In-terpretationsprozesse
- Strategien der Rezeption und Informationsverarbeitung
o Reduktion
Selektion und Vergessen, Zerfall struktureller Zusammenhänge der Informa-
tiono Modifikation/Transformation
Generalisierung, Verdichtung, Abstraktion, Konkretisierung, Hervorhebung
o Elaboration
produktiver Umgang mit der Information Konstruktion neuer Zusammen-hänge, Assoziationen, Schlussfolgerungen (kognitiv), Bewertungen (eva-luativ)
- Zielvorstellungen des Transformationsmodells: möglichst umfassende und intensive Ausei-nandersetzung des Rezipienten mit der Botschaft
positive Bewertung von Modifikation und Elaboration (im Gegensatz zum Trans-portmodell)
Konsequenzen für die Inhaltsanalyse - diese Strategien (s.o.) müssen für eine Inhaltsanalyse bei den Codierern durch Definition eines
Interpretationskorridors kontrolliert , nicht aber eliminiert werden
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o für die Codierer subjektiv irrelevante Textmerkmale dürfen nicht einfach ausgeblen-det werden (Kontrolle)
o Abstraktionen, Gewichtungen, Zusammenfassungen hingegen sind erforderlich (z.B.für die Identifikation von Basisaussagen, Hauptaussagen etc.)
der Codierer ordnet die verstandenen Bedeutungen den Kategorien zu
- es sind prinzipiell alle Inhaltsaspekte (auch höherer Bedeutungslatenzen) codierbar, die sichintersubjektiv evident beschreiben lassen, so dass verschiedenen Personen dieselben Passagenübereinstimmend interpretieren
diese sind so gesehen manifeste Textmerkmale (manifest sind Mitteilungselemente dann, wenn die vorgegebene Instruktion und Definition ausreicht, damit möglichst viele Interpretendieselben Textmerkmale mit denselben Bedeutungen verknüpfen und sie dann denselben Ka-tegorien zuordnen; nicht nur, wenn sie tatsächlich formal „dastehen“)
- Anforderungen an den Forscher also:
1) praktikable operationale Definitionen der zu codierenden Inhalte
2) welchen Anspruch stellt der Forscher an die Daten? Prioritäten:
Validität der Untersuchung vs. Reliabilität bei der Datenerhebung
• Validität (Gültigkeit)
o misst der Forscher mit seinem methodischen Instrumentari-um auch tatsächlich, was er messen will? Ist das anvisiertetheoretische Konstrukt angemessen erfasst?
• Reliabilität (Verlässlichkeit)
o betr. Präzision und unmissverständliche Beschreibung unddie korrekte Anwendung des methodischen Instrumentari-ums
o Kriterium: Reproduzierbarkeit der Ergebnisse
Intracoder-Reliabilität
Intercoder-Reliabilität
• Reliabilität ist notwendige Bedingung für Validität, umgekehrt gilt das
nicht• Lösung für Probleme Validität vs. Reliabilität („harte“ vs. „weiche“
Indikatoren)
o Bestimmung der zentralen, stichhaltigsten Indikatoren durchEvaluierungstechniken Verbesserung der Validität
o erhöhter Definitionsaufwand und intensivere Codiererschu-lung Verbesserung der Reliabilität
o Konstruktion „harter“ und „weicher“ Kategorien Verbesserung der Validität durch selektive Reliabilität
Zusammenfassung
- die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen und intersubjektiv nach-vollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen (meistzum Zwecke einer darauf aufbauenden, interpretativen und/oder durch Zusatzkriterien ge-stützten Inferenz)
o empirische Methode bezeichnet die Modalität des Zugangs zur Realität
o Erkenntnisobjekt besitzt intersubjektiv identifizierbares Korrelat in der Realität
o schließt Systematik und Objektivität ein
- Selektionsinteresse: die Inhaltsanalyse ist eine vom Forscher definierte Suchstrategie, die sichnur auf theoretisch relevante Bedeutungsaspekte bezieht
- Klassifikationsinteresse: die Inhaltsanalyse ist ein offengelegter Vorschlag des Forschers zurtheoretisch relevanten Strukturierung bzw. Gruppierung von Bedeutungen
- Abstraktionsinteresse
- Die Inhaltsanalyse erfasst in der Regel die Bedeutungen kommunikativ verwendeter Zeichen,nicht deren formale Gestalten
Validität
Reliabilität
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- bei der Rekonstruktion/Identifikation der Bedeutungen im Text können alle vorhandenenkommunikativen Kontextinformationen und das Sprachverständnis der Codierer in kontrol-lierter Weise eingebracht werden
- die Inhaltsanalyse ist eine ausgewählte systematische Interpretationsweise, deren Spielraumund Evidenz möglichst weitgehend offengelegt und kontrolliert ist
- das Erkenntnisinteresse der Inhaltsanalyse zielt in der Regel auf strukturelle Informationenüber Textmengen. Sie erfasst Strukturen von Textmengen als Aggregatdaten
- die Inhaltsanalyse erfasst bzw. generiert Bedeutungen und Bedeutungsstrukturen in dialek-tisch alternierenden, qualifizierend-quantifizierenden Analyseschritten
- die Inhaltsanalyse segmentiert den Erkenntnisprozess. Sie weist Bedeutungen und Bedeu-tungsstrukturen in Texten und Textmengen zum Zwecke einer von ihr getrennten, sinnverste-henden Interpretation nach
Zusammenfassung des praktischen Ablaufs einer Inhaltsanalyse
Planungsphase
- nach Hypothesenfindung:
o Festlegung der Grundgesamtheito Festlegung der Stichprobe hinsichtlich
der einbezogenen Publikationen (bzgl. Art/Form)
• repräsentativ für Grundgesamtheit (Zufallsauswahl) ggf. mit Ge- wichtung nach Auflage/Reichweite, falls die Chance, gelesen zu wer-den einfließen soll
• oder geschichtet nach begründeten und offengelegten Kriterien; meistkommen in den Kriterien zusätzliche Hypothesen zum Ausdruck
des Analysezeitraums
• wiederum, Zufallsauswahl oder
• systematische Auswahl, aber Achtung vor systematischen Verzerrun-
gen dadurch (immer derselbe Wochentag o.ä.) Entwicklungsphase
- theoriegeleitete Kategorienbildung mit theoretischen Definitionen durch dim. Analyse
- danach empiriegeleitete Kategorienbildung
o Bildung von Unterkategorien und ggf. neuen Hauptkategorien; jedoch keine Zusam-menfassungen der im theoriegeleiteten Prozess gebildeten Kategorien!
o operationale Ergänzungen + Modifikationen der Definitionen
o Vorgehensweise
Bildung einer Substichprobe, die erneut geteilt wird (f. Kategorienbildung undspäteren Reliabilitätstest)
1) Selektion/Reduktion von relevanten Textpassagen aus der Substichprobe 1
2) Bündelung nach inhaltlichen Gemeinsamkeiten auf einheitlicher Abstrak-tionsebene
3) Generalisierung/Abstraktion/Bezeichnung
4) Rückbezug auf Theorie: können die bezeichneten Bündelungen den bereits bestehenden Hauptkategorien zugeordnet werden?
- Festlegung von Kategorientypus + Art und Struktur der zu erhebenden Daten
Testphase
- Probecodierung mit Besprechung zwischen Codierern
- Erstellung eines vollständigen Hypothesenkatalogs und eines Codebuchs, welches
1) Formale Identifikationskennzahlen für die Analyseeinheiten
2) allgemeine Codieranweisungen3) das Kategoriensystem
4) ausführliche Kategoriendefinitionen mit operationaler Ausführung enthält
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- Codiererschulung
o ausführliche Besprechung und Übung im Team
o Entwurf eines Codierbogens
o Reliabilitätstest
Ergebnis sagt lediglich etwas über die Qualität der Messvorschriften und de-
ren Anwendung, nicht über die der Indikatoren, aus Auswahl des Testmaterials
• mindestens 30-50 Nennungen pro Variable müssen möglich sein
• günstig: 200-300 mögliche Nennungen
• bei stark formalem Charakter der Variable auch weniger möglich, o-der getrennte Codierung der verschiedenartigen Variablen
• geschichtete Stichprobe erforderlich, weil ja die Anwendung des In-strumentariums auf alle spezifischen Textsorten des Untersuchungs-materials anwendbar sein soll
• um Problemen bei der Auswertung vorzubeugen, sollte der Rückbe-zug der Codierungen auf die Indikatoren/Textstellen möglich ge-
macht werden • Erstellung einer Auswertungsmatrix der Paarvergleiche
dadurch sind Probleme einzelner Codierer oder von Variablen i-dentifizierbar
o Validitätstest
ausgehend von der Annahme der face-validity des Instrumentariums (d.h. diein den Augen des Forschers gelungene/valide Übertragung der Forschungs-frage in das Instrumentarium kann der Reliabilitätstest zwischen Forscherund Codierern als Validitätstest innerhalb der Methode genutzt werden
ob der Forscher allerdings „valide Vorstellungen“ hat, ob also die Methode in bezug auf die „Realität“ valide ist, ist damit nicht ausgesagt
Anwendungsphase
- strukturierte Stichprobe sollte rotiert werden, damit der strotz allem noch vorhandene Codie-rerbias nicht voll in eine Textsorte eingeht und damit deren Charakter/Ergebnisse systema-tisch verzerrt
- evtl. auftretende Zweifelsfälle sollten sofort in der Gruppe diskutiert, deren Lösung schriftlichfestgehalten und damit für alle Codierer verbindlich gemacht werden. Voraussetzung ist aller-dings, dass das Problem garantiert zum ersten Mal auftritt, d.h. nicht schon ähnliche Fälleabweichend codiert worden sind
- im Zuge einer langen Codierperiode sollte ein weiterer Reliabilitätstest eingeschoben werden,um Lerneffekte bei den Codierern zu überprüfen
- Verbesserungen auf dem Codierbogen müssen immer eindeutig gemacht werden (durch Far-
be/Überkleben)- evtl. Korrekturlesen von Codierbögen bzgl. offensichtlicher Fehler, z.B. bei eigentlich durch-
gängigen Variablencodierungen)
Auswertungsphase
- Erstellung des Rohdatensatzes durch Eingabe der Daten der Codierbögen und deren Kontroll-abgleich mit einer zweiten Eingabe
- Überführung des Rohdatensatzes in eine Systemdatei (auswertungsprogrammspezifisch) mitDefinition von Fällen und Variablen samt deren Benennungen
Erweiterungen
- synthetische Kategoriensysteme anstatt phänotypische (Aufsplittung in allgemeine Merkmale, wie z.B. Funktion, Darstellungsform, Inhalt ... anstatt Kindersendung, Politisches Magazin etc.); d.h. Konstrukte werden zunächst in ihre Merkmale aufgelöst und in der Auswertung
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wieder zusammengesetzt (synthetisiert ), wobei diese Merkmale immer als zusammengehörigzu identifizieren sein müssen
- Erfassung einer argumentativen Tendenz
o explizite/implizite Argumente gleichwertig
o Anzahl der insgesamt vorgebrachten Argumente abzüglich der sie neutralisierenden Argumente =
gültige Argumente, die im Sinne einer
Tendenz wirksam sind
o Ordinalskala 1-7 mit Positionen 4 = neutral, 2 = kontra, 6 = pro, jeweils eine Positionals Verstärkung oder Abschwächung; mehrfache Abschwächung 0; neutralisiert
- Erfassung spezifischer Interaktionszusammenhänge
o Erfassung von Akteuren 1 und 2, Der Interaktionsmodalität , dem Thema und der evtl.zum Ausdruck gebrachten Wertung (bzgl. Akteur 1, 2 oder einer externen Person)
o Codiereinheit ist eine Interaktionskomponente, die sich dadurch auszeichnet, dass dieoben genannten Merkmale invariant bleiben