12. Lagrange-Formalismus III - Fakultät für Physik · Methode, um die Fallbeschleunigung zu...

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¨ Ubungen zur T1: Theoretische Mechanik, SoSe2013 Prof. Dr. Dieter L¨ ust Theresienstr. 37, Zi. 425 Dr. James Gray [email protected] 12. Lagrange-Formalismus III ¨ Ubung 12.1: Eine Gitarrensaite Wir betrachten eine Saite die zwischen den zwei festen Punkten x = 0, y = 0 und x = l, y =0 eingespannt ist. Die Funktion y(x, t) beschreibt kleine transversale Auslenkungen der Saite um ihren Ruhezustand f¨ ur x 2 (0,l) und t> 0. Die Saite hat eine konstante Dichte μ (Masse pro angeneinheit) und eine konstante Spannung F . a) Zeigen Sie, dass die kinetische und potentielle Energie der Saite durch T = μ 2 Z l 0 dy dt 2 dx V = F Z l 0 0 @ s 1+ dy dx 2 - 1 1 A dx geben sind. Vernachl¨ assigen Sie dabei die Erdanziehungskraft. b) Die Auslenkung y wird nun als sehr klein angenommen, es gilt also dy dx << 1. N¨ahern sie ur diesen Fall die Lagrange-Funktion so, dass sie nur noch quadratische Terme in y enth¨ alt. Stellen Sie f¨ ur diese gen¨ aherte Lagrange-Funktion die Euler-Lagrange-Gleichungen auf. L¨osungvon ¨ Ubung 12.1 a) Wenn die Saite ausgelenkt wird, ¨andert sich ihre L¨ange um Δl = Z l 0 0 @ s 1+ dy dx 2 - 1 1 A dx . Die potentielle Energie F Δl, also die Arbeit die f¨ ur diese L¨ angen¨ anderung verrichtet werden muss, betr¨agt somit V = F Z l 0 0 @ s 1+ dy dx 2 - 1 1 A dx . Die Saite bewegt sich nur entlang der y-Achse. Daher ist ihre kinetische Energie - wie gewohnt - definiert als das Integral ¨ uber die H¨ alfte der Massendichte μ multipliziert mit der Geschwindigkeit in y-Richtung zum Quadrat: T = μ 2 Z l 0 dy dt 2 dx . Kombiniert man diese beiden Ergebnisse so ergibt sich die Lagrange-Funktion L = Z l 0 0 @ μ 2 dy dt 2 - F 0 @ s 1+ dy dx 2 - 1 1 A 1 A dx . 1

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Ubungen zur T1: Theoretische Mechanik, SoSe2013Prof. Dr. Dieter LustTheresienstr. 37, Zi. 425

Dr. James [email protected]

12. Lagrange-Formalismus III

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Ubung 12.1: Eine Gitarrensaite

Wir betrachten eine Saite die zwischen den zwei festen Punkten x = 0, y = 0 und x = l, y = 0

eingespannt ist. Die Funktion y(x, t) beschreibt kleine transversale Auslenkungen der Saite umihren Ruhezustand fur x 2 (0, l) und t > 0. Die Saite hat eine konstante Dichte µ (Masse proLangeneinheit) und eine konstante Spannung F .

a) Zeigen Sie, dass die kinetische und potentielle Energie der Saite durch

T =µ

2

Zl

0

✓dy

dt

◆2

dx

V = F

Zl

0

0

@s

1 +

✓dy

dx

◆2

� 1

1

Adx

geben sind. Vernachlassigen Sie dabei die Erdanziehungskraft.

b) Die Auslenkung y wird nun als sehr klein angenommen, es gilt also�� dydx

��<< 1. Nahern sie

fur diesen Fall die Lagrange-Funktion so, dass sie nur noch quadratische Terme in y enthalt.Stellen Sie fur diese genaherte Lagrange-Funktion die Euler-Lagrange-Gleichungen auf.

Losung von

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Ubung 12.1

a) Wenn die Saite ausgelenkt wird, andert sich ihre Lange um

�l =

Zl

0

0

@s

1 +

✓dy

dx

◆2

� 1

1

Adx .

Die potentielle Energie F�l, also die Arbeit die fur diese Langenanderung verrichtet werdenmuss, betragt somit

V = F

Zl

0

0

@s

1 +

✓dy

dx

◆2

� 1

1

Adx .

Die Saite bewegt sich nur entlang der y-Achse. Daher ist ihre kinetische Energie - wiegewohnt - definiert als das Integral uber die Halfte der Massendichte µ multipliziert mitder Geschwindigkeit in y-Richtung zum Quadrat:

T =µ

2

Zl

0

✓dy

dt

◆2

dx .

Kombiniert man diese beiden Ergebnisse so ergibt sich die Lagrange-Funktion

L =

Zl

0

0

2

✓dy

dt

◆2

� F

0

@s

1 +

✓dy

dx

◆2

� 1

1

A

1

Adx .

1

b) Nun nehmen wir an, dass dy

dx

sehr klein ist. In diesem Fall ergibt sich die Naherung

L

(2) =

Zl

0

µ

2

✓dy

dt

◆2

� F

2

✓dy

dx

◆2!dx

fur die Lagrange-Funktion, wobei wir kubische und noch hohere Ordnungen in dy

dx

ver-nachlassigt haben. Aus der genaherten Lagrange-Funktion folgt die Euler-Lagrange-Gleichung

µ

d

2y

dt

2= F

d

2y

dx

2.

Diese partielle Di↵erentialgleichung beschreibt die Ausbreitung einer Welle in einer Dimen-sion. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit betragt

pF/µ.

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Ubung 12.2: Atwoodsche Fallmaschine

Bei einer Atwoodschen Fallmaschine sind zwei Punktmassen m1 und m2 uber ein Seil kon-

stanter Lange l miteinander verbunden. Das Seil lauft uber ein reibungsfrei gelagerte Rolle mitdem Radius R (siehe Skizze). Die gesamte Anordnung ist der Erdanziehungskraft ausgesetzt.

a) Geben Sie die Lagrange-Funktion L fur dieses System an. Nutzen Sie dabei den Abstandx als verallgemeinerte Koordinate.

b) Stellen Sie mit Hilfe der Lagrange-Funktion die Bewegungsgleichungen auf und losen Siediese fur die Beschleunigung x.

m1

m2

y

x

Losung von

¨

Ubung 12.2

Da das Seil seine Lange x+ y + ⇡R = l nicht andern kann, sind die Hohen x und y der beiden

Massen nicht unabhangig voneinander. Wir konnen also y durch x als

y = �x+ const. (1)

ausdrucken. Also nutzen wir x als generalisierte Koordinate. Weiterhin ist aus (1) sofortersichtlich, dass y = �x gilt. Somit ergibt sich als kinetische Energie des Systems

T =1

2m1x

2 +1

2m2y

2 =1

2(m1 +m2)x

2.

2

Gleichzeitig betragt die potentielle Energie

U = �m1gx�m2gy = �(m1 �m2)gx+ const.

Kombinierten wir diese beiden Ergebnisse, so erhalten wir die Lagrange-Funktion

L = T � U =1

2(m1 +m2)x

2 + (m1 �m2)gx ,

in der wir den konstanten Anteil der potentiellen Energie nicht mit angeben. Die Euler-Lagrange-Gleichung lautet

@L

@x

=d

dt

@L@x

wodurch sich mit unserer Lagrange-Funktion

(m1 �m2)g = (m1 +m2)x ,

ergibt. Aus dieser Gleichung ergibt sich die gesuchte Beschleunigung

x =m1 �m2

m1 +m2g .

Wahlt man die Massenm1 undm2 sehr ahnlich, so ergibt sich eine Beschleunigung die wesentlichgeringer als die Fallbeschleunigung g ist. Diese Beschleunigung lasst sich viel einfacher messenals g. Daher stand mit der Atwood’schen Fallmaschine zum ersten mal eine relativ genaueMethode, um die Fallbeschleunigung zu bestimmen, zur Verfugung.

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Ubung 12.3: Fermat’sches Prinzip

Laut dem Fermat’schen Prinzip bewegt sich ein Lichtstrahl zwischen zwei festen Punkten

entlang der Bahn, die seine Laufzeit minimiert.

a) Verwenden Sie das Fermat’sche Prinzip um das Reflexionsgesetz

“Einfallswinkel = Ausfallswinkel”

fur einen Lichtstrahl an einem Spiegel herzuleiten.

b) Verwenden Sie das Fermat’sche Prinzip, um die Brechung beim Ubergang eines Licht-strahls von einem Medium mit der Lichtgeschwindigkeit c/n0 in ein Medium mit derLichtgeschwindigkeit c/n1 zu beschreiben. Dabei steht c fur die Lichtgeschwindigkeit imVakuum und n0 bzw. n1 bezeichnen die Brechungsindizes der jeweiligen Medien. LeitenSie das Brechungsgesetz

n0 sin�0 = n1 sin�1

her, wobei �0 und �1 die Winkel zwischen dem Lot auf der Grenzflache der beiden Medienund dem einfallenden bzw. dem ausfallenden Strahl sind.

Losung von

¨

Ubung 12.3

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a) Wir betrachten einen Lichtstrahl der sich von (x0, y0) nach (x1, y1) bewegt und dabei dieSpiegeloberflache am Punkt (x, 0) beruhrt (siehe Skizze).

(x0, y0)(x1, y1)

�0 �1

(x, 0)

Seine Laufzeit betragt

t =1

c

q(x� x0)2 + y

20 +

1

c

q(x1 � x)2 + y

21 .

Wir suchen das Minimum der Laufzeit und erhalten die Bedingung

c

@t

@x

=x� x0p

(x� x0)2 + y

20

� x1 � xp(x1 � x)2 + y

21

= 0 . (2)

Weiterhin wissen wir das fur die Winkel �0 und �1

x� x0p(x� x0)2 + y

20

= sin�0 undx1 � xp

(x1 � x)2 + y

21

= sin�1

gilt. Diese beiden Winkel sind die Einfalls-/Ausfallswinkel des Lichtstrahls (siehe Skizze).Mit ihnen kann (2) auch als

sin�0 = sin�1

geschrieben werden. Es gilt also

�0 = �1 ,

was aquivalent mit dem wohlbekannten Reflexionsgesetz “Einfallswinkel=Ausfallswinkel”ist.

b) Nun betrachten wir einen Lichtstrahl, der sich vom Punkt (x0, y0) im Medium a mit demBrechungsindex n0 zum Punkt (x1, y1) im Medium b mit dem Brechungsindex n1 bewegt.Dabei passiert er die Grenzflache zwischen den beiden Medien am Punkt (x, 0) (sieheSkizze).

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(x, 0)

(x0, y0)

(x1, y1)

�0

�1

n0

n1index

index

Die Laufzeit des Strahls betragt in diesem Fall

t =n0

c

q(x� x0)2 + y

20 +

n1

c

q(x1 � x)2 + y

21 .

Wir suchen wieder das Minimum dieser Laufzeit in Abhangigkeit von x und erhalten dieBedingung

c

@t

@x

= n0x� x0p

(x� x0)2 + y

20

� n1x1 � xp

(x1 � x)2 + y

21

= 0 . (3)

Mit den folgenden Definitionen

x� x0p(x� x0)2 + y

20

= sin�0 undx1 � xp

(x1 � x)2 + y

21

= sin�1

des Ein- und Ausfallswinkel (siehe Skizze) ergibt sich aus (3) das Snell’sche Brechungsgesetz

n0 sin�0 = n1 sin�1 .

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