160 AO: Das Finanzamt und der Strohmann - eine unendliche ...

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§160 AO: Das Finanzamt und der Strohmann - eine unendliche Geschichte Michael Weber-Blank NLP M. www.brandi.net 1 §160 AO: Das Finanzamt und der Strohmann - eine unendliche Geschichte Michael Weber-Blank NLP M. Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Strafrecht Zertifizierter Compliance Officer Wirtschaftsmediator (DAA) BRANDI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB Adenauerallee 12 30175 Hannover Tel.: +49 (5 11) 899 379 21 Fax: +49 (5 11) 899 379 76 Internet: www.brandi.net Mail: [email protected] 1

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§160 AO: Das Finanzamt und der Strohmann -

eine unendliche Geschichte

Michael Weber-Blank NLP M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Steuerrecht

Fachanwalt für Strafrecht

Zertifizierter Compliance Officer

Wirtschaftsmediator (DAA)

BRANDI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Adenauerallee 12

30175 Hannover

Tel.: +49 (5 11) 899 379 – 21

Fax: +49 (5 11) 899 379 – 76

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Agenda

1 Das Grundproblem

2 § 160 AO und die Finanzverwaltung

3 Rechtsprechung zu § 160 AO

4 Checkliste und Muster vom BVSE

5 Varianten in der Praxis

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Fall (Unbekannter Kunde):

Zu dem Schrotthändler M kommt ein ihm bis dahin unbekannter Kunde. Er

stellt sich als K vor und bietet an, hochwertigen Alluminiumschrott zu liefern.

Er habe aber aus seiner früheren Tätigkeit beste Kontakt in die

Metallindustrie. Seine Quelle könne er natürlich nicht nennen, versichere

aber, dass die Ware weder gestohlen noch sonst illegal erworben sei. Auf

Nachfrage kann K einen Reisegewerbeschein, eine Steuernummer sowie

eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung seines Finanzamts

vorlegen. Daraufhin lässt sich M in den Jahren 2012 – 2015 mehrfach mit

Schrott im Wert von 500.000 € beliefern. K wird wie üblich mit Gutschrift im

Reverse-Charge in bar bezahlt.

2017 erscheint bei M die Steuerfahndung und teilt mit, der K sei nur ein

„Schreiber“ (Strohmann) gewesen.

Folgen für M?

Das Grundproblem

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unbekannter

Lieferweg der

Metallabfälle

aus dem Betrieb

Metall-

fabrik mit

Metall-

abfällenKunde K Händler M

Schmelze,

die die

Metalle

ankauft

Das Grundproblem

1. Lieferung

2. Barzahlung

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Problem:

Der Händler erlangt unstreitig die Ware, die unstreitig auch bezahlt wird.

In zahlreichen Fällen wird bar gezahlt, weil der Kunde das so möchte, was

auch grds. zulässig ist.

Diese Tatsachen sind i.d.R. in einer Betriebsprüfung nicht streitig.

Da der Händler die Ware bar gezahlt hat, bucht er die verausgabten

Beträge i.d.R. auf der Basis einer Gutschrift, die er dem Kunden erteilt und

nimmt diesen Beleg zu seinen Unterlagen als Nachweis für seine

Betriebsausgaben.

Problematisch wird es jetzt, wenn außer der Unterschrift auf der Gutschrift

keine weiteren Feststellungen zu der Identität des Kunden zu finden sind.

Tauchen Zweifel an der Identität des Kunden auf, läuft der Händler Gefahr,

seinen Betriebsausgabenabzug zu verlieren.

Der Händler kommt folglich um eine weitergehende Prüfung seines

Kunden kaum herum. Das Maß allerdings ist hoch streitig.

Das Grundproblem

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Agenda

1 Das Grundproblem

2 § 160 AO und die Finanzverwaltung

3 Rechtsprechung zu § 160 AO

4 Checkliste und Muster vom BVSE

5 Varianten in der Praxis

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Anforderungen des § 160 AO

§ 160 AO (Benennung von Gläubigern und Zahlungsempfängern)

(1) Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und

andere Ausgaben sind steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn

der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die

Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen. Das Recht der

Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, bleibt unberührt.

§ 160 AO und die Finanzverwaltung

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§ 160 AO und die Finanzverwaltung

Die Vorschrift will dafür Vorsorge treffen, dass Ausgaben nur dann

bei einem Stpfl. steuermindernd wirken, wenn die ihnen

korrespondierenden Einnahmen bei dessen Geschäftspartner der

(deutschen) Besteuerung unterworfen werden.

Der Stpfl. soll bei unerfülltem berechtigten Benennungsverlangen

wie ein Haftender für fremde Steuerschulden in Anspruch

genommen werden.

Die Anwendung des § 160 ist in zwei Schritten zu überprüfen:

1. Das Verlangen nach der Benennung muss sich im Rahmen

pflichtgemäßen Ermessens halten, insbes. darf die Finbehörde

nicht zu Angaben auffordern, die für den Stpfl. unzumutbar sind

2. Die Hinzurechnung bzw. steuerliche Nichtberücksichtigung muss

dem Grunde und der Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen

entsprechen.

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Problem:

Kunde K wird von der Fahndung als sog. „Schreiber“ (Strohmann) enttarnt.

Bei seiner Vernehmung sagt er aus, dass er tatsächlich gar nicht der

Eigentümer des angelieferten Schrotts war. K hat das Geld tatsächlich

gegen eine kleine „Prämie“ weitergeleitet und die Ware von seinem

Hintermann bekommen.

Der tatsächliche Leistungsweg ist nach Auffassung der Fahndung daher

nicht von K an M sondern von dem unbekannten Hintermann an M.

Damit aber sind die Gutschriften von M an K nicht gültig, weil K nicht der

tatsächliche Empfänger nach § 160 AO ist.

Als weitere Folge streicht die Steuerfahndung ihm den Betriebsausgaben-

abzug, weil K nicht der tatsächlich Liefernde ist als Folge des Verstoßes

gegen § 160 AO (keine Empfängerbenennung).

§ 160 AO und die Finanzverwaltung

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Agenda

1 Das Grundproblem

2 § 160 AO und die Finanzverwaltung

3 Rechtsprechung zu § 160 AO

4 Checkliste und Muster vom BVSE

5 Varianten in der Praxis

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FG Niedersachsen BESCHLUSS vom 29.03.2010 - 5 V 95/10

Kein Vorsteuerabzug bei Zweifeln an Identität zwischen Gutschriftenempfängern und

tatsächlichen Lieferern beim Schrottankauf

UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

1.

Zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.

2.

Für den Vorsteuerabzug kommt nur diejenige ausgewiesene Steuer in Betracht, die in einem von

dem leistenden Unternehmen erteilten Abrechnungspapier enthalten ist. Es muss Identität

zwischen Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer bestehen und das

Abrechnungspapier muss solche Angaben über den leistenden Unternehmer enthalten, dass sie

dessen Identifizierung ermöglichen.

3.

Als Leistender ist grds. derjenige anzusehen, der im eigenen Namen die Leistung ausführt, wobei

für das Auftreten das Außenverhältnis zum Leistungsempfänger maßgebend ist. Ist nach

summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die als Schrottanlieferer ausgewiesenen

Personen lediglich als Gutschriftenempfänger bzw. "Strohmänner" zum Schein rechnungsmäßig in

die Lieferkette zwischen tatsächlichen Schrottlieferern und Empfänger zwischengeschaltet worden

sind, ist der Vorsteuerabzug zu versagen.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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FG Niedersachsen URTEIL vom 23.09.2011 - 16 K 41/11

Zur Bestimmung des Leistenden bei der Anlieferung von Altmetallen

UStG § 2; UStG § 14; UStG § 15

1.

Zum Begriff des Unternehmers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG.

2.

Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig

aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen.

3.

Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist,

hängt grds. davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem

Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen

eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.

4.

Zu der Frage, wann der Leistende als sog. "Strohmann" auftritt.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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FG Niedersachsen URTEIL vom 16.01.2013 – 4 K 212/11

1. § 160 AO ist auch anwendbar, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrund-

lagen geschätzt hat. In diesem Fall hat sie nach Schätzung der BA zu prüfen, ob und

inwieweit die fehlende Benennung der Zahlungsempfänger dem Abzug der Ausgaben

entgegensteht.

2. Der Finanzbehörde kommt dabei ein Ermessen zu, bei dem sie zunächst über die

Zumutbarkeit des Benennungsverlangens an sich und danach über die

Hinzurechnung bzw. die steuerliche Nichtberücksichtigung dem Grund und der Höhe

nach entscheidet.

3. Ein Benennungsverlangen ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn aufgrund der

Lebenserfahrung die Vermutung nahe liegt, dass der Empfänger einer Zahlung den

Bezug zu Unrecht nicht versteuert hat. Hiervon kann regelmäßig ausgegangen

werden, wenn feststeht, dass die Angaben über den Empfänger einer Zahlung in der

Buchung unzutreffend oder unvollständig sind.

4. Im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit des Benennungsverlangens ist die

Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im Hinblick auf den jeweiligen Geschäftsvorfall

zu beurteilen.

5. Ein nach Eintritt der Bestandskraft eines Bescheides an den Stpfl. gerichtetes

Benennungsverlangen rechtfertigt bei Nichterfüllung nicht dessen Änderung nach

§ 173 AO.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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FG Niedersachsen URTEIL vom 22.07.2014 - 4 K 150/14

(zum Teil durch BFH, Urt. v. 19.1.2017 – III R 28/14 aufgehoben)

Liegen die Voraussetzungen für eine Versagung des

Betriebsausgabenabzugs nach § 160 AO vor, kann diese

Rechtsfolge in Fällen, in denen bereits ein Steuerbescheid ergangen

ist, nur dann eingreifen, wenn zusätzlich die verfahrensrechtlichen

Voraussetzungen für eine Änderung des Steuerbescheids vorliegen.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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FG Niedersachsen URTEIL vom 13.04.2015 - 3 V 234/14

2. Das Benennungsverlangen steht im besonderen Maße unter dem Gesichtspunkt

der Zumutbarkeit.

3. Nur in Ausnahmefällen, in denen die sog. Ermittlung des Empfängers auf nicht

oder kaum zu bewältigende tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten stößt, ist dem

Stpfl. eine Benennung billigerweise nicht zuzumuten.

4. Fälle, in denen die Ermittlung des Empfängers auf erhebliche tatsächliche/

rechtliche Schwierigkeiten stoßen kann, sind vor allem solche, in denen die Person,

die das Geld entgegennimmt, und die, für welche es bestimmt ist, nicht identisch sind.

5. Empfänger einer BA ist derjenige, der in den Genuss des in der BA enthaltenen

wirtschaftlichen Wertes gelangt. Das ist regelmäßig derjenige, dem dieser Wert vom

Stpfl. übertragen wurde.

6. Ist erkennbar, dass diese Person den Wert für einen anderen entgegennimmt, so

ist derjenige, für den entgegengenommen wird, als Empfänger anzusehen.

7. Dem Stpfl. ist dann zuzumuten, sich über dessen Person Gewissheit zu

verschaffen, um dem FA auf Befragen den Empfänger benennen zu können.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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FG Niedersachsen URTEIL vom 27.01.2016 - 3 K 155/14, 3 k 157/14

(durch BFH aufgehoben!)

1. Ein Benennungsverlangen gegenüber Schrotthändlern, das sich nach § 160 AO auf

die Benennung von Hintermännern bezieht, die nach Mutmaßungen des FA und der

Steuerfahndung hinter den Anlieferern der Schrotthändler gestanden haben, ist

unzumutbar.

2. Zur Ermessensausübung auf der ersten Stufe eines Benennungsverlangens.

3. § 160 AO ist nicht so weit zu verstehen, dass ein Stpfl. in jedem Falle erschöpfende

Ermittlungsaufgaben für das FA wahrzunehmen hat, um den eigenen

Betriebsausgabenabzug nicht zu gefährden.

4. Hat der Stpfl. die Empfänger der Betriebsausgaben konkret benannt, hat er das

seinerseits Erforderliche getan. Es ist nicht erforderlich, dass der Zahlungsempfänger

gegenüber den Ermittlungsbehörden später auch tatsächlich einräumt, die

entsprechenden Einnahmen (erhaltene BA) erzielt und evtl. nicht versteuert zu

haben. Das weiter aufzuklären, obliegt allein den Finanzbehörden.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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BFH, Beschl. vom 13.12.2016 – X B 23/16

(Aufhebung FG Nds. vom 27.01.2016)

2. NV: Zwar kann ein Benennungsverlangen (§ 160 AO) unzumutbar und damit

ermessensfehlerhaft sein, wenn der Steuerpflichtige den Empfänger seiner Zahlung

nicht benennen kann, weil er Opfer einer für ihn undurchschaubaren Täuschung

geworden ist. Allein die Vorlage von Formalpapieren durch den Zahlungsempfänger

bewirkt im Regelfall aber keinen Vertrauenstatbestand, der die Anwendung des § 160

AO ausschließen könnte.

3. NV: Die Anwendung des § 160 AO ist auch dann jedenfalls nicht zwingend

ausgeschlossen, wenn als unmittelbarer Zahlungsempfänger ein Strohmann auftritt,

der einem Milieu angehört, in dem durch Einsatz körperlicher Gewalt ein

Schweigegebot gegenüber staatlichen Stellen durchgesetzt wird. Vielmehr wird es

vom Zweck des § 160 AO gedeckt, den Steuerpflichtigen mittelbar dazu anzuhalten,

Geschäfte mit derartigen Personen zu unterlassen und dadurch diejenigen, die nicht

zu einer offenen Teilnahme am Wirtschaftsverkehr bereit sind, wirtschaftlich zu

isolieren.

Rechtsprechung zu § 160 AO

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Agenda

1 Das Grundproblem

2 § 160 AO und die Finanzverwaltung

3 Rechtsprechung zu § 160 AO

4 Checkliste und Muster vom BVSE

5 Varianten in der Praxis

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Checkliste und Muster vom BVSE

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Kundenprüfung 1/2

Tritt der Lieferer zwar alleine

aber dennoch erkennbar

oder bekanntermaßen für

eine andere Person auf?

Das kann sich aus den Umständen ergeben oder aus der klaren Mitteilung des Lieferanten.

In diesem Fall ist die andere Person ebenfalls zu erfassen und deren persönliche Daten

sind zu notieren. Nur diese darf dann eine Gutschrift auf ihren Namen erhalten. Wird das

verweigert, ist das Geschäft abzulehnen.

Wird der Lieferer von einer

Person begleitet, die die

Verhandlungen führt, aber

nicht als Lieferant auftritt?

Typisches Indiz für ein Strohmanngeschäft, bei dem möglichst von allen Personen die

Personalien festgestellt werden sollten. Wenn der Lieferant mit einer anderen Person

auftaucht, die die Verhandlungen führt, besteht der Verdacht, daß diese der Hintermann ist.

In diesem Fall ist die andere Person zu erfassen und deren persönliche Daten sind zu

notieren. Nur diese darf dann eine Gutschrift auf ihren Namen erhalten. Wird das

verweigert, ist das Geschäft abzulehnen.

Ist der Lieferer

bekanntermaßen

branchenfremd?

Wenn große Mengen, qualitativ hochwertiges Metall, von einem (bisher) Branchenfremden

geliefert werden, ist nachzufragen, woher das Metall stammt und ob der Lieferer der

tatsächlich Berechtigte ist. Diese Fälle werden von der Finanzverwaltung regelmäßig als

Indiz für unwirksame Strohmanngeschäfte gewertet.

Checkliste und Muster vom BVSE

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Kundenprüfung 2/2

Wird das Metall mit einem

fremden Fahrzeug

angeliefert, das nicht dem

Lieferer gehört?

Wenn ja, ist nachzufragen, weshalb. Sind Fahrer und Lieferant zwei verschiedene

Personen, ist zu klären, wer genau der tatsächlich Berechtigte sein soll. Die

Tatsache, daß der Lieferer keinen Führerschein und/oder kein Fahrzeug hat, reicht

alleine noch nicht als Beweis für einen Hintermann, es kann aber Indiz dafür sein.

Wird das Metall mit einem

Fahrzeug mit

Firmenwerbung

(Firmenfahrzeug) angeliefert,

die Lieferung soll aber

trotzdem nicht auf Rechnung

der Firma gutgeschrieben

werden?

Die Anlieferung mit einem Firmenfahrzeug ist grds. ein Indiz für eine ordnungsgemäße

Lieferung, wenn auch die Firmenadresse in der Gutschrift eingetragen wird. In diesem Fall

ist der Lieferer, soweit er nicht auch der Firmeninhaber ist, nach einer Vollmacht für den

Betrieb zu fragen. Verweigert er diese ohne Grund, ist dies ein Indiz für einen

Schwarzverkauf am Geschäftsinhaber vorbei. Das gilt auch, wenn der Lieferer gerade

keine Gutschrift auf den Firmennamen möchte. Erklärungen wie: Der Chef hat gesagt ich

soll das Geld bekommen für die Kaffeekasse oder für den Betriebsausflug, sind nicht

ausreichend.

Hat das Lieferfahrzeug ein

ausländisches

Kennzeichen?

In diesem Fall Kennzeichen auf jeden Fall notieren, bei ausländischen Kennzeichen

nachfragen, woher die Ware stammt. Ggf. Zollpapiere für die Einfuhr vorlegen lassen und

kopieren. In Grenzgebieten kann ein ausländisches Fahrzeug natürlich auch einem lange

bekannten Lieferer gehören, der regelmäßig über die Grenze kommt, um Metall

abzuliefern.

Checkliste und Muster vom BVSE

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Checkliste und Muster vom BVSE

Dieser Text muß seit dem

09.06.2013 auf jeder Gutschrift

stehen

Allgemeine Anforderungen an

Rechnungen

Dieser Text muß seit dem

01.01.2011 auf einer Gutschrift

für Unternehmer stehen

Dieser Text sollte aufgenommen

werden um zusätzliche

Rechtssicherheit zu erlangen

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VG Hannover, Urteil vom 28.11.2013 – 10 A 5342/11

Nach den hier anzuwendenden Vorschriften des Personalausweisgesetzes

ist der Personalausweis ein Identifizierungsmittel, das der Inhaber

vorlegt und vorzeigt, um sich auszuweisen. Nach dem eindeutigen Willen

des Gesetzgebers ist aber das unbeschränkte Erfassen der Daten - und

damit auch das Einscannen und Speichern durch ein Unternehmen -

untersagt. Dadurch soll die Datensicherheit geschützt werden, weil einmal

erfasste und gespeicherte Daten leicht missbräuchlich verwendet werden

können. Die Kammer hat nicht den Vorwurf gegen die Klägerin erhoben, sie

verwende die Daten missbräuchlich. Um den Zweck des Gesetzes zu

erfüllten, dürfen aber so wenig Daten wie möglich in Umlauf gebracht

werden, so dass auch die Praxis der Klägerin zu untersagen ist.

Checkliste und Muster vom BVSE

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§ 4 Geldwäschegesetz (GwG) Durchführung der Identifizierung

(4) Zur Überprüfung der Identität des Vertragspartners hat sich der

Verpflichtete anhand der nachfolgenden Dokumente zu vergewissern, dass die

nach Absatz 3 erhobenen Angaben zutreffend sind, soweit sie in den

Dokumenten enthalten sind:

1. bei natürlichen Personen vorbehaltlich der Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 2

anhand eines gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers

enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird,

insbesondere anhand eines inländischen oder nach ausländerrechtlichen

Bestimmungen anerkannten oder zugelassenen Passes,

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§ 8 Geldwäschegesetz (GwG) Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht

Abs. 1, Satz 1

Soweit nach diesem Gesetz Sorgfaltspflichten bestehen, sind die erhobenen

Angaben und eingeholten Informationen über Vertragspartner, wirtschaftlich

Berechtigte, Geschäftsbeziehungen und Transaktionen aufzuzeichnen.

Abs. 1, Satz 3

Die Anfertigung einer Kopie des zur Überprüfung der Identität vorgelegten

Dokuments nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und die Anfertigung einer Kopie der

zur Überprüfung der Identität vorgelegten oder herangezogenen Unterlagen

nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 gelten als Aufzeichnung der darin enthaltenen

Angaben; im Falle einer Einsichtnahme auf elektronisch geführte Register-

oder Verzeichnisdaten gilt die Anfertigung eines Ausdrucks als Aufzeichnung

der darin enthaltenen Angaben.

Checkliste und Muster vom BVSE

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Problem:

Offenbar kollidieren die Vorschriften über den Datenschutz mit den

regelmäßigen Vorgaben der Finanzverwaltung zur Sicherung des

Betriebsausgabenabzugs.

Anders als § 4 Abs. 1 Alt. 2 GwG, der als Ermächtigung zur Kopie des

Ausweises gilt, gibt es aber in der AO oder den Einzelsteuergesetzen keine

vergleichbare Vorschrift.

Das VG Hannover hat in seiner Entscheidung keine Stellung genommen

zu der Frage, ob ein Einverständnis des Betroffenen die Kopie des

Personalausweises legalisiert.

Da es sich im entschiedenen Fall um einen solchen handelt, bei dem der

betroffene Kunde sich offenbar gegen das Kopieren gewehrt hat, ist davon

auszugehen, dass er nicht vorher informiert wurde und die Kopie nicht zur

Bedingung der Geschäftsbeziehung gemacht wurde.

Danach ist aktuell zu empfehlen, den Kunden vorher schriftlich darauf

hinzuweisen, dass die Annahme von Schrott unter der Bedingung steht,

dass die Kopie des Personalausweises gestattet wird.

Checkliste und Muster vom BVSE

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BVSE Meldung vom 16.10.2017

§ 20 Personalausweisgesetz in der neuen Fassung reguliert das

Fotokopieren, Fotografieren und Einscannen von Personalausweisen und

fasst diese Handlungen unter dem Begriff des Ablichtens zusammen.

Folgendes ist zu beachten:

• Nur der Ausweisinhaber darf die Ablichtung vornehmen. Allerdings lässt

es das Gesetz auch zu, dass eine andere Person die Ablichtung mit

Zustimmung des Ausweisinhabers vornimmt.

• Die Ablichtung muss dauerhaft als Kopie erkennbar sein.

• Nur der Ausweisinhaber darf die Kopie weitergeben.

Zu beachten ist weiter, dass im Personalausweisgesetz lediglich das

Erstellen eines Abbilds des Ausweises geregelt ist. Die mit der Ablichtung

häufig einhergehende Erhebung personenbezogener Daten und deren

Verarbeitung unterliegt der neuen Datenschutzgrundverordnung, die nach

einer 2-jährigen Übergangsfrist am 25.05.2018 in Kraft tritt.

Checkliste und Muster vom BVSE

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Agenda

1 Das Grundproblem

2 § 160 AO und die Finanzverwaltung

3 Rechtsprechung zu § 160 AO

4 Checkliste und Muster vom BVSE

5 Varianten in der Praxis

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Fall (Freibetrag):

Schrottlieferant S kommt zu Schrotthändler M auf den Hof und liefert eine

Wagenladung Kupferrohre im Wert von 500,- € ab. Als G die üblichen Daten

erfassen will verweigert ihm S die Angaben mit dem Hinweis, dass er gar

nicht steuerpflichtig sei. Die von ihm angelieferte Menge sei noch innerhalb

der steuerlichen Freibeträge. Da er also gar nichts zu versteuern habe,

wolle er seine Daten auch nicht angeben.

Was ist M zu empfehlen?

Varianten in der Praxis

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Problem:

Grundsatz: Die Prüfung seiner Ertragsteuerpflicht fällt in den Bereich

des Lieferers und ist von diesem auch zu prüfen. Die Sicherung

seines Betriebsausgabenabzugs ist Sache des Händlers.

Aber: Das darf grds. nicht dazu führen, dass der Händler auf

Aussagen des Lieferers vertraut und deshalb die Datenaufnahme

unterlässt! Auch die Behauptung, der Lieferer sei insgesamt noch im

einkommensteuerlichen Grundfreibetrag ist ohne Bedeutung.

Es gibt einen Freibetrag nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.H.v. 256,00 €

(Sonstige Einkünfte). Er gilt aber grds. nur für Geschäfte, die einmalig

(=gelegentlich) durchgeführt werden und keiner anderen Einkunftsart

zuzuordnen sind. Sobald derselbe Kunde ein zweites Mal kommt, wird

jeder Prüfer Wiederholungsabsicht annehmen und wohl auch

Gewinnerzielungsabsicht. Damit liegt immer eine gewerbliche Tätigkeit vor,

die ertragsteuerlich relevant ist. Bei Überschreiten der Grenzen im

GewStG fällt sogar GewSt an. Ansonsten gibt es im EStG keine

Freibeträge oder -grenzen die hier eine Rolle spielen könnten.

Varianten in der Praxis

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§160 AO: Das Finanzamt und der Strohmann -

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Problem:

Grundsatz: Die Prüfung seiner Umsatzsteuerpflicht fällt in den

Bereich des Lieferers und ist von diesem auch zu prüfen.

Aber: Das darf grds. nicht dazu führen, dass der Händler auf

Aussagen des Lieferers vertraut und deshalb die Datenaufnahme

unterlässt! Auch die Behauptung, der Lieferer sei insgesamt noch

Kleinunternehmer nach dem UStG ist ohne Bedeutung.

Umsatzsteuerlich sieht es so aus, dass für die Unternehmereigenschaft

nach § 2 UStG nicht einmal eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen muss.

Es genügt eine nachhaltige Tätigkeit mit Wiederholungsabsicht! D.h.,

selbst wenn es gar nicht zu weiteren Wiederholungen kommt, diese aber

geplant waren, tritt Umsatzsteuerpflicht ein.

Hier gibt es nun den sog. Kleinunternehmer nach § 19 UStG, der erst dann

eine Umsatzsteuererklärung abgeben muss, wenn die Steuer 17.500,00 €

im vorangegangenen und 50.000,00 € im laufenden Jahr nicht übersteigt.

Die Prüfung ist aber nicht Sache des Händlers.

Varianten in der Praxis

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Fall (Chefsache):

Angestellter A kommt mit dem Firmenfahrzeug der GWS-Gmbh auf den Hof

von Schrotthändler M gefahren. Er liefert 30 kg alte Kupferrohre ab. Als M

seine Daten erfassen will, teilt A ihm mit, dass er von seinem Chef C die

Erlaubnis erhalten habe, das Geld dafür zu vereinnahmen und in die

Kaffekasse zu legen. Er möchte daher keine Daten der GWS-Gmbh auf der

Gutschrift haben sondern lediglich in eigenem Namen unterschreiben.

Was ist M zu raten?

Varianten in der Praxis

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Problem:

Grundsatz: Die angebliche Abrechnung des Chefs „über den

Mitarbeiter“ ist zivil- wie steuerrechtlich eine Tretmine für den Händler

und muss außerordentlich misstrauisch betrachtet werden.

Es muss klar sein, dass die Variante, in der jemand mit einem fremden

Fahrzeug kommt und/oder erkennbar fremde Ware selbst veräußert, sofort

die Alarmglocken zum Schrillen bringen muss.

Immer wenn jemand angeblich etwas in fremdem Namen tun darf oder

angeblich fremde Sachen veräußern darf, ist Misstrauen angesagt.

Wie im täglichen Leben auch wird man immer die tatsächliche

Berechtigung prüfen.

Es gibt an sich „nur“ 3 Varianten dieser Praxis:

Varianten in der Praxis

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Variante 1:

Der Kunde, der angeblich selbst veräußern darf, lügt den Händler an und

hat tatsächlich die Ware vom Chef geklaut.

Dann hat der Händler abhandengekommene Ware auf dem Hof und läuft

Gefahr, wegen Hehlerei belangt zu werden.

Auch steuerrechtlich ist der Fall ein Desaster, weil auf Seiten des Kunden

definitiv keine Versteuerung stattfindet, was dem Händler zugerechnet

wird, wenn er die Befugnis des Kunden nicht aufklärt.

Empfehlung:

Dieses Geschäft kann nur gemacht werden, wenn der Händler sich eine

Vollmacht vorlegen lässt oder die Genehmigung des Chefs einholt und

schriftlich fixiert.

Varianten in der Praxis

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Variante 2:

Der Kunde lügt nicht und der Chef hat ihm tatsächlich erlaubt, die Ware

mitzunehmen und wie auch immer selbst zu verwerten.

Dann muss der Kunde versteuern und wir lassen Mal außer Acht, dass das

für den Chef verdeckter Lohn ist und eine Lohnsteuerhinterziehung sowie

ein Sozialabgabenbetrug vorliegen.

Für uns ist dies die in der Praxis häufigste Variante, weil tatsächlich Chefs

gerne so Überstunden „bezahlen“.

Auch hier muss der Händler nachweisen, dass der Kunde das Recht hat,

diese für ihn fremden Sachen in eigenem Namen zu verkaufen.

Empfehlung:

Dieses Geschäft kann nur gemacht werden, wenn der Händler sich eine

Vollmacht vorlegen lässt oder die Genehmigung des Chefs einholt und

schriftlich fixiert.

Varianten in der Praxis

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Variante 3:

Der Kunde kommt tatsächlich im Namen seines Chefs und soll auch

tatsächlich auf die Firma abrechnen.

Dann gehört der Erlös zu den betrieblichen Einnahmen und der Kunde

muss eine Vollmacht vorlegen, dass er das Geld in Empfang nehmen darf.

Die Gutschrift muss dann auch auf den Firmennamen lauten. Auch dazu

muss der Händler eine Vollmacht verlangen. Das ist unser favorisierter

Fall.

Will der Händler diese Vollmacht aber nicht verlangen, nimmt er klar in

Kauf, sich an einer Steuerhinterziehung zu beteiligen!

Empfehlung:

Dieses Geschäft kann nur gemacht werden, wenn der Händler sich eine

Vollmacht vorlegen lässt oder die Genehmigung des Chefs einholt und

schriftlich fixiert.

Varianten in der Praxis

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Fall (Pauschale Betrachtung):

Schrotthändler M hat sich entschieden, aus Vereinfachungsgründen eine

komplette Datenerhebung nach der ihm bekannten „Checkliste Barankauf“

erst ab einem Wert von 300,- € vorzunehmen. Bei Anlieferungen bis zu

diesem Wert verzichtet er auf Datenerfassungen und zahlt die Beträge

lediglich gegen Unterzeichnung einer Quittung ohne Aufzeichnung der

Empfängerdaten in bar aus.

Was ist M zu raten?

Varianten in der Praxis

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Problem:

Der Händler hat dafür zu sorgen, dass er alle Voraussetzungen schafft,

damit er den Betriebsausgabenabzug erhält.

Der Nachweis, der Empfängerbenennung nach § 160 AO ist alleine seine

Beweislast.

Da § 160 AO keine Freibeträge oder –grenzen kennt, ist eine Erleichterung

gerade im gewerblichen Bereich nicht vorgesehen.

Es ist dem Stpfl. grds. zuzumuten, dass er den Empfänger benennt. Von

der Anwendung des § 160 AO kann nur ausnahmsweise wegen Unzumut-

barkeit der Benennung eines Empfängers abgesehen werden.

Lässt sich M nur Quittungen unterzeichnen ohne Feststellung der

Personendaten, hat er einen Empfängernachweis nicht erbracht. Seine

Buchhaltung ist formell nicht ordnungsgemäß.

Er läuft Gefahr, dass ihm im Rahmen einer Betriebsprüfung der

Betriebsausgabenabzug versagt wird.

Varianten in der Praxis

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Michael Weber-Blank NLP M.

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