18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer...

20
Das pdf-Magazin des Christlichen Medienmagazins pro | pro-medienmagazin.de 18/2017 Kontakt Haben Sie Fragen an die Redaktion? | [email protected] | Telefon (06441) 915 151 Impressum Herausgeber: Christlicher Medienverbund KEP e.V. | Postfach 1869 | 35528 Wetzlar | Telefon (06441) 915 151 | Telefax (06441) 915 157 | kep.de | [email protected] Geschäſtsführer: Christoph Irion | Redaktionsleitung: Stefanie Ramsperger proKOMPAKT ist ein Nachrichtenservice des Christlichen Medienmagazins pro. Wenn nichts anderes vermerkt ist, liegen alle Rechte beim Christlichen Medienmagazin pro. Nachdruck und weitere Veröffentlichung nur auf Anfrage bei der Redaktion. Liebe Leserin, lieber Leser! Ihre pro-Redaktion Der Begriff des christlichen Abendlandes ist viel bemüht in diesen Tagen. Und das, ob- wohl niemand weiß, was sich dahinter verbirgt. Die meisten Deutschen halten ihre kul- turelle Heimat vermutlich nicht für das, was Pegida daraus gemacht hat: Ein Gebiet, in dem der Islam ausgerottet werden soll wie ein Krebsgeschwür, wie es auf Plakaten der Demonstranten heißt. Deshalb hat der Politikbeauſtragte der Deutschen Evange- lischen Allianz, Uwe Heimowski, Recht, wenn er Thomas de Maizières Bemühungen um eine Definition der deutschen Leitkultur lobt. Denn der Minister nimmt den Neurechten damit das Definitionszepter aus der Hand. Dramatisch ist, wie dessen Bemühungen re- flexartig als rechtsgerichtet verschrien worden sind. Denn was hat der Minister überhaupt gefordert? Er schreibt in der Bild am Sonntag: „Über Sprache, Verfassung und Achtung der Grundrechte hinaus gibt es etwas, was uns im Innersten zusammenhält (...)“ Und dieses Etwas sind seiner Meinung nach zehn Punkte. Dazu zählen: Gesicht zeigen im Miteinander (statt Burka tragen); das Bekennt- nis zur deutschen Geschichte; Religion, besonders das Christentum, als prägende Kraſt der Gesellschaſt; Konsens- sowie Mehrheitsprinzip in Verbindung mit Minderheiten- schutz; Aufgeklärter Patriotismus. Die Gegner der ministerialen Leitkulturidee nennen nun vor allem zwei Argumente, um den Vorschlag zu entkräſten. Das Grundgesetz reiche als Richtschnur aus, verkündete SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Dabei muss ihm klar sein, dass es Dinge außer- halb des Grundgesetzes gibt, die unser Land und unser Verständnis von Demokratie und Miteinander prägen. Ansonsten gäbe es keinen Grund, Pegida oder die AfD in der Form zu torpedieren, wie er es selbst regelmäßig tut. Letztere nannte er bereits eine „Schande für Deutschland“, und das kann man beileibe so sehen. Aber wer ohne Leit- linien jenseits des Grundgesetzes auskommen möchte, der hat dazu eigentlich kein Recht, denn bisher zumindest bewegt sich die Partei im Rahmen der Verfassung. Woher kommt also Schulz‘ Bauchgrummeln bei Petry und Co.? Es rührt vom kollektiven Erinnerungsschatz her, dem Bekenntnis zur deutschen Geschichte und dem Verständ- nis von Minderheitenschutz in einer Mehrheitsgesellschaſt – Dinge, die De Maizière in seinem Text formuliert hat. Werte und Normen, das weiß jeder Sozialwissenschaſt- ler, entstehen nicht aus Gesetzen heraus. Sie werden in Gruppen gebildet und stehen selbstverständlich informell neben dem formellen Recht. Als zweites Argument führen die Gegner der deutschen Leitkultur an, der Bild-Text be- diene die Rechten, vor allem wegen des implizierten Burkaverbots. Dabei erklärten SPD-Bundestagsfraktion und Teile der Grünen bereits, die Ablehnung der Burka sei ge- rechtfertigt. Der Streitpunkt liegt vielmehr in der Frage, ob eine gesetzliche Regelung überhaupt notwendig ist. In einem Beitrag zu kulturellen Werten jenseits juristischer Bestrebungen sollte sie gerade deshalb Erwähnung finden. De Maizière hat die Idee der Leitkultur übrigens nicht erfunden. Es gibt sie. Jeder hat eine andere Idee davon. Warum also nicht den Versuch unternehmen, Sprachfähigkeit herzustellen – einerseits um einer vermehrten Zuwanderung, aber auch menschen- feindlichen Äußerungen von rechts zu begegnen? Übrigens erinnert der ganze Vorgang an die Kirchen. Mit der Frage, was denn das Evangelium ist, können Sie einen Pastor womöglich ganz schön erschrecken. Sprachfähigkeit ist auch bei Christen ein Mangel und das ist fatal, denn sie schützt vor Fanatismus. ANNA LUTZ

Transcript of 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer...

Page 1: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

Das pdf-Magazin des Christlichen Medienmagazins pro | pro-medienmagazin.de18/2017

Kontakt Haben Sie Fragen an die Redaktion? | [email protected] | Telefon (06441) 915 151Impressum Herausgeber: Christlicher Medienverbund KEP e.V. | Postfach 1869 | 35528 Wetzlar | Telefon (06441) 915 151 | Telefax (06441) 915 157 | kep.de | [email protected] Geschäftsführer: Christoph Irion | Redaktionsleitung: Stefanie Ramsperger proKOMPAKT ist ein Nachrichtenservice des Christlichen Medienmagazins pro. Wenn nichts anderes vermerkt ist, liegen alle Rechte beim Christlichen Medienmagazin pro. Nachdruck und weitere Veröffentlichung nur auf Anfrage bei der Redaktion.

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ihre pro-Redaktion

Der Begriff des christlichen Abendlandes ist viel bemüht in diesen Tagen. Und das, ob-wohl niemand weiß, was sich dahinter verbirgt. Die meisten Deutschen halten ihre kul-turelle Heimat vermutlich nicht für das, was Pegida daraus gemacht hat: Ein Gebiet, in dem der Islam ausgerottet werden soll wie ein Krebsgeschwür, wie es auf Plakaten der Demonstranten heißt. Deshalb hat der Politikbeauftragte der Deutschen Evange-lischen Allianz, Uwe Heimowski, Recht, wenn er Thomas de Maizières Bemühungen um eine Definition der deutschen Leitkultur lobt. Denn der Minister nimmt den Neurechten damit das Definitionszepter aus der Hand. Dramatisch ist, wie dessen Bemühungen re-flexartig als rechtsgerichtet verschrien worden sind.

Denn was hat der Minister überhaupt gefordert? Er schreibt in der Bild am Sonntag: „Über Sprache, Verfassung und Achtung der Grundrechte hinaus gibt es etwas, was uns im Innersten zusammenhält (...)“ Und dieses Etwas sind seiner Meinung nach zehn Punkte. Dazu zählen: Gesicht zeigen im Miteinander (statt Burka tragen); das Bekennt-nis zur deutschen Geschichte; Religion, besonders das Christentum, als prägende Kraft der Gesellschaft; Konsens- sowie Mehrheitsprinzip in Verbindung mit Minderheiten-schutz; Aufgeklärter Patriotismus.

Die Gegner der ministerialen Leitkulturidee nennen nun vor allem zwei Argumente, um den Vorschlag zu entkräften. Das Grundgesetz reiche als Richtschnur aus, verkündete SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Dabei muss ihm klar sein, dass es Dinge außer-halb des Grundgesetzes gibt, die unser Land und unser Verständnis von Demokratie und Miteinander prägen. Ansonsten gäbe es keinen Grund, Pegida oder die AfD in der Form zu torpedieren, wie er es selbst regelmäßig tut. Letztere nannte er bereits eine

„Schande für Deutschland“, und das kann man beileibe so sehen. Aber wer ohne Leit-linien jenseits des Grundgesetzes auskommen möchte, der hat dazu eigentlich kein Recht, denn bisher zumindest bewegt sich die Partei im Rahmen der Verfassung.

Woher kommt also Schulz‘ Bauchgrummeln bei Petry und Co.? Es rührt vom kollektiven Erinnerungsschatz her, dem Bekenntnis zur deutschen Geschichte und dem Verständ-nis von Minderheitenschutz in einer Mehrheitsgesellschaft – Dinge, die De Maizière in seinem Text formuliert hat. Werte und Normen, das weiß jeder Sozialwissenschaft-ler, entstehen nicht aus Gesetzen heraus. Sie werden in Gruppen gebildet und stehen selbstverständlich informell neben dem formellen Recht.

Als zweites Argument führen die Gegner der deutschen Leitkultur an, der Bild-Text be-diene die Rechten, vor allem wegen des implizierten Burkaverbots. Dabei erklärten SPD-Bundestagsfraktion und Teile der Grünen bereits, die Ablehnung der Burka sei ge-rechtfertigt. Der Streitpunkt liegt vielmehr in der Frage, ob eine gesetzliche Regelung überhaupt notwendig ist. In einem Beitrag zu kulturellen Werten jenseits juristischer Bestrebungen sollte sie gerade deshalb Erwähnung finden.

De Maizière hat die Idee der Leitkultur übrigens nicht erfunden. Es gibt sie. Jeder hat eine andere Idee davon. Warum also nicht den Versuch unternehmen, Sprachfähigkeit herzustellen – einerseits um einer vermehrten Zuwanderung, aber auch menschen-feindlichen Äußerungen von rechts zu begegnen? Übrigens erinnert der ganze Vorgang an die Kirchen. Mit der Frage, was denn das Evangelium ist, können Sie einen Pastor womöglich ganz schön erschrecken. Sprachfähigkeit ist auch bei Christen ein Mangel und das ist fatal, denn sie schützt vor Fanatismus.

ANNA LUTZ

Page 2: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

„ ... “2proKOMPAKT 18| 2017

„Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken darüber in Zukunft aus.“Patrick Lin, US-Philosophieprofessor in San Luis Obispo, darüber, ob Roboter-Autos in Gefahrenlagen alleine entscheiden sollen

„Dieser Tag der Pressefreiheit ist eigentlich immer ein trauriger Tag. Er erinnert daran, dass Kollegen, die ihrem Job und ihrer Berufung nachgehen, weltweit bedroht, gegängelt, inhaftiert, ja getötet werden.“Ulf Poschardt, Chefredakteur der Zeitung Die Welt, zum „Tag der Pressefreiheit“

„Egal, wie man zu ihm stehen mag – wer die Entwicklung unserer bürgerlichen Ideale und demokratischen Werte verstehen will, kommt an Martin Luther nicht vorbei.“Kulturstaatsministerin Monika Gründers (CDU) bei der Eröffnung der Nationalen Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“

Page 3: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

Foto: Catholic Church England and Wales, flickr | CC BY-NC-SA 2.0

Foto: PES Communications, flickr, CC BY-NC-SA 3.0

Foto: pro/Norbert Schäfer

3proKOMPAKT 18| 2017

PAPST IN ÄGYPTEN

Schulterschluss und ein SeitenhiebDer Besuch von Papst Franziskus in Ägypten galt schon vor seiner Ankunft als historisch. Der Pontifex macht in Kairo klar: Der Kampf gegen Gewalt und Terror braucht gemeinsame Anstrengungen. Ein Thema spart er nicht aus – auch wenn es dem Präsidenten nicht gefällt.

GABRIEL WEHRT SICH GEGEN NETANJAHU

„Habe gar nichts eskaliert“Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat eine Mitschuld am diplomatischen Eklat bei seinem Israel-Besuch zurückgewie-sen. Er sei für die Eskalation nicht verantwortlich.

HASS IM NETZ

Rammbock Rechtsstaat?Hass-Postings und Verrohung der Sprache im Netz sind zur Normalität geworden. Dem Hass mit Härte zu begegnen, ist für Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au der falsche Weg. Der Jurist Christian Schertz möchte dagegen nicht die rechte Wange hinhalten, wenn er auf die linke geschlagen wird.

Foto: Metropolico.org | CC BY-SA 2.0

CHRISTIN ERSTOCHEN

Polizei: Mord an Afghanin wahrscheinlich religiös motiviertNach einem Mord an einer vom Islam zum Christentum übergetretenen Afghanin in Prien am Chiemsee in Bayern rückt eine mögliche religiöse Motivation des Täters in den Fokus der Ermittler. Der Täter gilt als psychisch labil.

Mehr zum Papst in Ägypten:

» „Menschheit kann Krieg nicht aushalten“

Page 4: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

4proKOMPAKT 18| 2017

Die Deutsche Evangelische Allianz be-fürwortet die neu angestoßene Debat-te über eine deutsche Leitkultur. Das

erklärte der Beauftragte des evangelikalen Dachverbands in Berlin, Uwe Heimowski, am Dienstag gegenüber pro. Er lobte den „quali-fizierten Aufschlag“ Thomas de Maizières in der Bild am Sonntag. Dieser trage dazu bei,

bild, Luthers Freiheitsbegrif oder die katho-lische Soziallehre nicht herum“. Auch wenn Religion in der Vergangenheit zu Kriegen geführt habe, stärke „ein klarer Glaubens-standpunkt das politische Immunsystem ge-gen Ideologieanfälligkeit“. Die Ablehnung der Burka durch den Innenminister unter-stützte Heimowski: „Sie ist in vielen Ländern ein Symbol der Unterdrückung von Frauen. Ich persönlich denke, dass zur Religionsfrei-heit auch das Zeigen und Tragen von religi-ösen Symbolen gehören muss. Wenn diese die Würde von Menschen respektieren. Da-her sage ich: Kopftuch ja, Burka nein.“

Peinliche Inszenierung und rechte Stimmungsmache

Während die Union dem Minister den Rü-cken deckt, kommt Kritik aus der Oppositi-on. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz be-zeichnete den Vorstoß gegenüber der Süd-deutschen Zeitung als unsinnig: „Die deut-sche Leitkultur ist Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grund-gesetz steht.“ Der stellvertretende SPD- Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel be-zeichnete de Maizières Äußerungen in ei-nem Tweet als „peinliche Inszenierung“. Grü-nen-Chefin Simone Peter twitterte, Deutsch-land brauche statt einer Leitkulturdebatte eine neue Innenpolitik, „die Integration vor-

NACH BILD-ARTIKEL

Streit um deutsche Leitkulturdass es nicht länger Pegida überlassen blei-be, „hier die Debatte zu bestimmen“.In der aktuellen Ausgabe der Bild am Sonn-tag plädiert Bundesinnenminnister Thomas de Maizière für eine deutsche Leitkultur und stellt zehn Prinzipien vor, die diese sei-ner Meinung nach ausmachen. Er schreibt, Gesicht zeigen sei in Deutschland Ausdruck des demokratischen Miteinanders. „Wir sind nicht Burka.“

Unser Land ist christlich

Außerdem heißt es in dem Artikel: „In unse-rem Land ist Religion Kitt und nicht Keil der Gesellschaft. Dafür stehen in unserem Land die Kirchen mit ihrem unermüdlichen Einsatz für die Gesellschaft.“ Sie verbänden Men-schen nicht nur im Glauben, sondern auch im täglichen Leben, etwa in sozialen Einrich-tungen. Dieser Kitt entstehe auch in der Mo-schee oder der Synagoge. „Unser Staat ist weltanschaulich neutral, aber den Kirchen und Religionsgemeinschaften freundlich zu-gewandt. Kirchliche Feiertage prägen den Rythmus unserer Jahre. Kirchtürme prägen unsere Landschaft. Unser Land ist christlich geprägt“, schreibt der Innenminister.Heimowski stellte auf Nachfrage von pro fest, wer die Werte des Grundgesetzes beto-nen wolle, komme „um die christlichen Wur-zeln wie das zugrundeliegende Menschen-

anbringt, rechte Netzwerke prüft und islamis-tische Gefährder im Auge hat“. Parteikollege Jürgen Trittin bezeichnete die Thematisie-rung der Burka als „pure rechte Stimmungs-mache“. Linke-Chefin Katja Kipping nannte die Debatte ein „Ablenkungsmanöver“.

Auch von rechts kam Kritik: Die AfD- Vorsitzende Frauke Petry twitterte: „Modell de Maizière: Deutsche Leitkultur während der Legislatur torpedieren, zwei Wochen vor der Wahl den großen Kulturverteidiger spie-len.“ FDP-Chef Christian Lindner sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Der Bei-trag von Herrn de Maizière ist ein Ablen-kungsmanöver. Die CDU bringt eine moder-ne Einwanderungspolitik mit gesetzlicher Grundlage nicht zustande. Stattdessen wer-den jetzt alte Debatten aufgewärmt.“ VON: AL

In seinen zehn Prinzipien einer deut-schen Leitkultur hebt Innenmini-ster Thomas de Maizière (CDU) das christliche Erbe der Bundesrepu-blik besonders hervor. Die Deutsche Evangelische Allianz lobt die neu an-gestoßene Debatte. Kritik kommt aus der politischen Opposition.

Uwe Heimowski freut sich darüber, dass ...

... Thomas de Maizière eine neue Debatte über eine deutsche Leitkultur angestoßen hatFoto: pro/Heimowski

Page 5: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

5proKOMPAKT 18| 2017

Der „Marsch des Lebens“ ist für ge-wöhnlich nicht der Ort für aktuel-le politische Statements. Christen

und Juden kommen dabei seit zehn Jah-ren in verschiedenen Städten weltweit zu-sammen, um gegen Antisemitismus, Ras-

minister Sigmar Gabriel zu thematisieren. Erster hatte ein Treffen mit Gabriel in dieser Woche abgesagt, weil dieser sich bei sei-nem Staatsbesuch mit israelkritischen Men-schenrechtsorganisationen traf.Dazu erklärte Kara, das Handeln des deut-schen Ministers habe bei ihm Verstimmun-gen ausgelöst. „Wie kann Deutschland über Israel sagen, dass es ein Demokratiedefizit gibt?“, fragte er und reagierte damit auf die breite öffentliche Kritik an der Absage Netan-jahus. „Unsere Feinde sind auch die Feinde Deutschlands“, sagte er. Nicht Israel sei das Problem im Nahen Osten, sondern der Extre-mismus. „Gott liebt Israel und stellt sich zu Is-rael“, erklärte er vor teils prominenten Zuhö-rern wie den Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Grüne) oder Steffen Bilger (CDU).Botschafter Hadas-Handelsman ließ die ak-tuellen Nachrichten außen vor. Dass es heute noch Antisemitismus gebe, sei eine Schande. „Wer weiß schon, welche Minderheit es als nächstes trifft“, warnte er. Organisator Jobst Bittner, der auch Leiter der freikirchlich-cha-

sismus und Israelfeindlichkeit zu demons-trieren. Zentral ist immer die Erinnerung an den Holocaust, begleitet von Schuld-bekenntnissen junger Menschen, deren Vorfahren an der Verfolgung von Juden im Dritten Reich beteiligt waren. So war es auch am Donnerstagabend in Berlin. Meh-rere hundert Demonstranten schwenk-ten vor dem Brandenburger Tor Israel- flaggen, lauschten den Erinnerungen Über-lebender der nationalsozialistischen Schre-ckenstaten und marschierten anschließend gemeinsam zum Holocaustmahnmal.

„Gott liebt Israel“

Geladener Sprecher war dieses Mal aller-dings neben dem israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsman auch der israeli-sche Minister im Büro des Premierministers, Ayoob Kara. Der Druse nutzte seinen kurzen Auftritt, um die aktuellen diplomatischen Verwerfungen zwischen seinem Chef Benja-min Netanjahu und dem deutschen Außen-

rismatischen Bewegung „Tübinger Offensive Stadtmission“ (TOS) ist, stellte fest: „Schwei-gen tötet, damals wie heute.“ Judenfeindlich-keit sei wieder fest in der Gesellschaft veran-kert und äußere sich häufig in Israelkritik. Ziel der Märsche des Lebens sei es deshalb, zu er-innern, zu versöhnen und ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen.Die Veranstalter geben an, seit 2007 350 Märsche in 14 Ländern organisiert zu ha-ben. Diese orientieren sich oft an den Stre-cken tatsächlicher Todesmärsche während des Naziregimes. Die Initiative arbeitet mit Christen verschiedener Kirchen und jüdi-schen Gemeinschaften zusammen. Doch die Bewegung ist nicht unumstritten. Landes-kirchenvertreter kritisierten in der Vergan-genheit unter anderem, die Veranstalter ver-breiteten einen Glauben an Geister und Dä-monen sowie ein fragwürdiges Konzept von Buße und Versöhnung. Andererseits wurde der „Marsch des Lebens“ 2011 bereits durch die israelische Knesset gewürdigt. VON: AL

HOLOCAUSTGEDENKEN

Christen marschieren gegen AntisemitismusAm Donnerstag haben Christen und Juden in Berlin gegen Antisemitismus de-monstriert. Gast beim „Marsch des Lebens“ war auch der israelische Minister Ayoob Kara. Seinen Auftritt nutze er für Kritik am deutschen Außenminister Sig-mar Gabriel.

Der israelische Minister im Büro des Premiermi-nisters, Ayoob Kara, rügte Außenminister Sig-mar Gabriel; Foto: pro/Anna Lutz

Page 6: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

6proKOMPAKT 18| 2017

Der CDU-Politiker Armin Laschet ap-pellierte bei einer Diskussionsveran-staltung in der Evangelischen Freikir-

che Köln-Ostheim am Freitag an die Zuhörer, sich politisch einzubringen – entweder aktiv Verantwortung zu übernehmen oder zumin-dest wählen zu gehen. „In der Politik gibt es zu wenige Christen. Es tut dem gesamten po-litischen Spektrum gut, dass sich Christen engagieren.“Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzen-de und Landeschef der Union in Nordrhein- Westfalen verwies darauf, dass vor allem Christen der Katholischen wie der Evange-lischen Kirche wesentlich zur friedlichen Revolution in Deutschland wie auch in Po-len beigetragen hätten. Christen sollten da-her auch heute selbstbewusster auftreten: „Christen sollten viel öfter sagen: Wir haben eine Überzeugung, die sogar Mauern zum Einstürzen bringen kann, wenn wir den Mut dazu haben.“ Die christliche Botschaft sei „das Beste, was wir der Welt anbieten kön-nen. Wenn sich daran alle hielten, hätten wir weniger Krieg und anderes auf dieser Erde“.

In der Bibel gibt es keinen Stau

Sein eigenes parteipolitisches Engagement sei die Fortsetzung seines kirchlichen En-

Werte in Politik übersetzen

Laschet machte deutlich, was das christli-che Menschenbild bedeutet, auf das sich die CDU bezieht. Er betonte, jeder Mensch sei ein Geschöpf Gottes. Deshalb habe jeder unveräußerliche Rechte, etwa dass er nicht gefoltert werden dürfe. Christliches Men-schenbild bedeute zudem, dass jeder als In-dividuum Verantwortung für sein Leben tra-ge und Freiheitsrechte habe. Dennoch sei ein Mensch immer auf die Gemeinschaft be-zogen und benötige ihre solidarische Unter-stützung. Gerade am Anfang und Ende sei-

CDU-VIZE ARMIN LASCHET

„Es gibt zu wenige Christen in der Politik“

gagements in der Jugendzeit gewesen, sag-te der Katholik. Als Kind besuchte er einen kirchlichen Kindergarten und eine kirchliche Schule, später einen Jugendgruppe. „Die Motivation war, die Welt besser zu machen aus christlicher Überzeugung heraus, so sind Politik und Glaube bei mir zusammen-gekommen.“Laschet, der auch Vorsitzender der CDU- Fraktion im Landtag in Düsseldorf und als Spitzenkandidat seiner Partei Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten ist, stellte aber auch klar, dass die Bibel nicht zur allge-meinen Lebensregel aller Deutschen gemacht werden könne: „Das Zusammenleben ist ge-regelt durch das Grundgesetz, nicht durch religiöse Regeln.“ Zudem sei die Bibel kein Handbuch, das Ratschläge für die Tagespoli-tik gebe. „Die Bibel sagt nichts zum Stau auf der Leverkusener Brücke oder wie genau ein Gesetz gemacht werden soll. Aber das Men-schenbild hat man im Kopf, im Herzen, im Glauben – das kann man übertragen.“Wie das dann bei konkreten Entscheidungen aussieht, darüber müsse gestritten werden. Auch aus christlichen Überzeugungen lie-ßen sich gegensätzliche Meinungen ablei-ten. Etwa wenn es um den Einsatz des Mili-tärs gehe oder auch um die Aufnahme von Flüchtlingen.

nes Lebens sei ein Mensch auf Hilfe ange-wiesen, auch wenn er in Notlagen gerate. Auf diesem Grundgedanken beruhe die sozi-ale Marktwirtschaft. Konkrete zeige sich die-ses Prinzip etwa in der Pflegeversicherung.Vor dem Hintergrund dieses Menschenbil-des habe zudem die Familie eine besondere Bedeutung: „Jeder kann leben, wie er will, da schreibt der Staat nichts vor. Aber der Staat stützt Ehe und Familie. Dahinter steht christ-liches Menschenbild.“

Lesen Sie hier weiter ... VON: JST

Christen sollen sich in der Politik einbringen. Dazu rief Armin Laschet, stellvertretender CDU-Vorsitzender, bei einer Podiumsdiskussion auf. Christen hätten der Welt die beste Botschaft überhaupt zu bieten.

Der Ethiker Stephan Holthaus, der Verfassungstheoretiker Lothar Theodor Lemper (CDU), der Bun-destagsabgeordnete Heinrich Zernik (CDU) und CDU-Vize, Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzen-

der in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (v.l.), diskutierten über Christsein und PolitikFoto: pro/Jonathan Steinert

Page 7: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

7proKOMPAKT 18| 2017

Das Bundesamt für Migrati-on und Flüchtlinge (BAMF) wehrt sich gegen den Vor-

wurf, es zweifle die Überzeugung von Asylbewerbern, die zum christ-lichen Glauben übertraten, an. Jeder Asylantrag stelle stets einen Einzel-fall dar, der individuell zu prüfen sei, erklärte Andrea Brinkmann, Presse-sprecherin des Amtes, gegenüber pro. „Begriffe wie Generalverdacht und Volksverhetzung sind in diesem Zusammenhang daher gleicherma-ßen unrichtig wie sachlich unange-messen.“Damit reagiert die BAMF-Sprecherin auf Kritik des religionspolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Volker Beck. Er hatte der Behörde vorgewor-fen, sie schüre einen „Generalver-dacht gegen sämtliche in Deutsch-land aufhältige iranische Staatsbür-ger“, der „möglicherweise die Tatbestands-voraussetzungen der Volksverhetzung er-füllt“. Spiegel Online zitierte aus einem Brief, den der Politiker an das Bundesamt geschrieben hatte. Das Amt habe immer wie-der getaufte und regelmäßig eine Gemeinde besuchende Asylsuchende abgelehnt.

BAMF: Wie lebt Antragsteller Glaube nach Rückkehr ins Heimatland?

Brinkmann erklärt gegenüber pro: „Die Tauf-bescheinigung bestätigt, dass ein Glaubens- übertritt stattgefunden hat, sie sagt aber nichts darüber aus, wie der Antragsteller sei-

nen neuen Glauben bei Rück-kehr in sein Heimatland vor-aussichtlich leben wird und welche Gefahren sich hieraus ergeben.“ Die Klärung dieser Frage sei Bestandteil der per-sönlichen Anhörung.„Für Befragungen in der Anhö-rung zur Konversion gilt, dass sie nicht auf ein reines Glau-bensexamen hinauslaufen dürfen.“ Vielmehr gehe es um die Person, „warum hat sie ih-ren Glauben gewechselt, wie

wichtig ist ihr der Glaube, wie hat ihr Umfeld reagiert, wie hat sie ihren bisherigen Glau-ben praktiziert, was gefällt ihr an ihrem neu-en Glauben, was weiß sie über ihn“. In die-sem Zusammenhang werde vom Konvertiten erwartet, dass er ausführlich schildern kön-ne, welche Beweggründe er für die Konver-

sion hatte und welche Bedeutung die neue Religion für ihn persönlich hat. Aus der Ge-samtschau heraus sei schlussendlich eine Entscheidung über die Ernsthaftigkeit des Engagements für die neue Religion zu treffen.Die BAMF-Pressesprecherin erklärte weiter, bei einer Konversion gehe es im Wesentli-chen darum, dass der Antragsteller glaub-haft machen müsse, dass er seine Konversi-onsreligion bei Rückkehr in sein Heimatland ausüben wird und dass ihm deswegen dort eine asylrelevante Verfolgung drohe. „Das Bundesamt zweifelt aber den durch Tauf-bescheinigung nachgewiesenen Glaubens-wechsel an sich nicht an. Es wird generell unterstellt, dass eine sorgfältige Taufbeglei-tung von Seiten der christlichen Gemeinden erfolgt ist.“

Lesen Sie hier weiter ... VON: MAB

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat gegenüber pro die Kritik des Grünen-Politikers Volker Beck zurückgewiesen. Er hatte der Behörde vorgeworfen, dass sie alle zum Christentum konvertierten Iraner unter einen Generalverdacht stelle.

BAMF WEIST KRITIK ZURÜCK

„Wir zweifeln Glaubenswechsel nicht an“

Das Bundesamt für Migration will von Asylsuchenden wissen, wie sie nach einer Rück-kehr in ihr Heimat-land ihren Glau-ben voraussicht-lich leben werdenFoto: Unsplash

Mehr zum Thema:

» ERFUNDENE BEKEHRUNGSGESCHICHTEN Schleuser-Netzwerk zerschlagen

» BECK KRITISIERT BAMF Generalverdacht gegen Konvertiten

Page 8: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

8proKOMPAKT 18| 2017

90 Abgeordnete des baden- württembergischen Landtags und Regierungsmitglieder ha-

ben sich Bibeltexte ausgewählt und aus per-sönlicher Sicht kommentiert. Im Jahr des Re-formationsjubiläums hatten die Politiker auch die Möglichkeit, anstelle eines Bibelwortes ein Zitat Martin Luthers zu interpretieren. Ent-standen ist die rund 200 Seiten starke „Abge-ordnetenbibel Baden-Württemberg“.Der katholische Ministerpräsident des Lan-des, Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), hat für das Buch das Lutherwort „Nur, wer sich entscheidet, existiert“, re-flektiert. Aus der Knappheit an Gütern, Mit-teln, Möglichkeiten und auch an Lebenszeit erwachse Freiheit, aus der wiederum Kreati-vität entstehe. „Und diese beiden – die Frei-heit und die Kreativität – geben unserem Le-ben Sinn“, erklärte Kretschmann. Deshalb habe der Reformator dies sagen können.

tierung zu begeben. Die Videos mit den Poli-tikern wurden im baden-württembergischen Landtag aufgezeichnet. Die mündlichen Ausführungen der Videos weichen teilswei-se vom geschriebenen Text ab und ergänzen auf persönliche Weise die im Buch kommen-tierten Texte.Insgesamt 17 Politiker bevorzugten es, eine Zitat von Martin Luther anstelle eines Bibel-wortes zu kommentieren. Idee und Konzept stammen von Hanno Gerwin. Der evangeli-scher Pfarrer, Journalist und Medienschaf-fende ist auch Herausgeber des Buches und wurde unterstützt von den Beauftragten der

BADEN-WÜRTTEMBERG

Landtagsabgeordnete kommentieren BibeltexteIn einem Video, die Clips wurden begleitend zum Buch auf der Homepage des Projektes und auf YouTube veröffentlicht, legt der Landesvater den biblischen Bericht über den Oberzöllner Zachäus aus dem Evangelium nach Lukas aus. Kretschmann hat nach eige-nen Worten die Stelle gewählt, weil in dem Text ein Mensch nach Orientierung suche. „Ersteinmal muss man suchen, wenn einem die Orientierung abhanden gekommen ist“, erklärt Kretschmann. Durch die Begegnung mit Jesus habe der Zöllner Sinn und Orientie-rung in seinem Leben gefunden. Es gelte, sich im Leben auf die Suche nach Sinn und Orien-

evangelischen und katholischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung, Volker Stein-brecher und Gerhard Neudecker.Die „Abgeordnetenbibel“ gibt Aufschluss über die Bezugnahme zum christlichen Glau-ben in der Politik des Landes. „Die Bibel be-einflusst politische Entscheidungen in der Vergangenheit und bis heute“, sagt Gerwin. Das Buch offenbare deutlich, wie sehr die politische Lage Einfluss nehme auf die Aus-wahl der Bibelstellen und deren Auslegung. „So spielt zum Beispiel die Tatsache, dass die Bibel zahlreiche Flucht- und Flüchtlings- geschichten enthält, für viele Abgeordnete eine große Rolle.“ Die Verfassung des Lan-des Baden-Württemberg nimmt im ersten Artikel direkt Bezug zum christlichen Glau-ben. Dort heißt es: „Der Mensch ist berufen, in der ihn umgebenden Gemeinschaft seine Gaben in Freiheit und in der Erfüllung des christlichen Sittengesetzes zu seinem und der anderen Wohl zu entfalten.“Das Buchprojekt, eine Neuauflage eines ähnlichen Projektes von vor fünf Jahren, hat zahlreiche Unterstützer, darunter un-ter anderem die Evangelische Landeskir-chen in Baden und Württemberg, die Erzdi-özese Freiburg und die Diözese Rottenburg- Stuttgart sowie die Evangelischen Stadtmis-sionen in Heidelberg, Karlsruhe und Freiburg sowie die Deutsche Bibelgesellschaft. VON: NOB

Abgeordnete des Landtags in Baden- Württemberg und Regierungsmit-glieder haben Bibeltexte und Luther-zitate aus persönlicher Sicht kom-mentiert. Entstanden ist daraus die „Abgeordnetenbibel“. Der katholische Ministerpräsident Kretschmann wähl-te ein Wort des Reformators Martin Luther.

Herausgeber Hanno Gerwin (rechts) übergibt die „Abgeordnetenbibel“ an Bischof Gebhard Fürst (Diözese Rottenburg-Stuttgart)Foto: GERWIN MEDIA GmbH

Der katholische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) hat für die „Abgeordnetenbibel“ ein Zitat Luthers kommentiertFoto: GERWIN MEDIA GmbH

Page 9: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

9proKOMPAKT 18| 2017

In der Buchreihe „Der Schlunz“ geht es um einen verwahrlosten Jungen, der Un-terschlupf bei einer christlichen Familie

findet. Er stellt durch seine unbefangenen Fragen und lustigen Streiche deren christli-chen Lebensstil auf eine harte Probe. So hin-terfragt Schlunz kritisch die eingeschliffenen Rituale wie das Beten in der Familie und in der Gemeinde und lernt wichtige Glaubens-grundsätze auch im Alltag anzuwenden.Der Autor Harry Voß arbeitet beim Bibelle-sebund als Kinderreferent, wo er unter an-derem zehn Jahre lang die Kinderzeitschrift „Guter Start“ als verantwortlicher Redakteur leitete. Voß lebt in Gummersbach, ist verhei-ratet und hat zwei Kinder. „Obwohl der letz-te Band der siebenbändigen Buchreihe ja schon im Frühjahr 2010 erschienen ist, wer-de ich immer noch in Schulen und Gemein-den zu Lesungen, Actiontage und andere Events rund um den Schlunz eingeladen“, sagt der 48-Jährige. „Das hätte ich mir 2007, als ich den ersten Band mal ganz munter vor mich hin geschrieben habe, niemals träu-men lassen.“

Relaunch bekommen. So wurden etwa technische Begriffe dem heu-tigen Alltag der Kinder ebenso an-gepasst wie bestimmte Spielzeuge oder Fußballernamen. Außerdem erhielten alle Bände neue Cover und

neue Illustrationen im Innenteil. Voß sagt: „Sie sehen: Ich werde den Schlunz einfach nicht los.“Auf die Frage, ob der Schlunz eventuell ir-gendwann fortgesetzt wird, antwortet Voß: „Sie glauben gar nicht, wie viele Vorschlä-ge und Ideen man mir unterbreitet hat, wie denn die Buchreihe doch noch weitergehen könnte: Der Schlunz findet eine tot geglaub-te Schwester und muss seine ganze Biogra-fie neu aufrollen, er wird Pirat und bricht zu neuen Abenteuern auf oder wir schauen

JUGENDBUCH-REIHE

Der Schlunz wird 10

„Buchreihe wurde damals sinnvoll beendet“

Zehn Mal im Jahr denkt sich Voß weiterhin für die Kinderzeitschrift Kläx eine Schlunz- Comic-Geschichte aus. Im Frühjahr erschien zusammen mit dem christlichen Jugendwerk „Wort des Lebens“ ein Schlunz-Musical mit-samt einem Arbeitsheft für Schulen und Ge-meinden.Anlässlich des 10. Geburstages haben die Schlunz-Bücher noch mal einen kompletten

uns einfach an, wie er sein Leben als Teen-ager meistert. Aber ich konnte zum Glück immer alles abwimmeln.“ Die Buchreihe sei mit dem siebten Band sinnvoll beendet worden, fügt der Autor hinzu. „Jedes weite-re Buch hätte meines Erachtens den Bogen überspannt.“Die Buchreihe ist eine Koproduktion des Ver-lages SCM R. Brockhaus und des Bibellese-bundes und habe sich bisher über eine hal-ben Million mal verkauft. Sie wurde ins Nie-derländische, ins Norwegische und ins Kore-anische übersetzt. Es erscheinen seit 2009 gleichnamige Hörspiel-CDs, und in den Jah-ren 2010 und 2011 wurde eine Fernsehserie zum Schlunz produziert, die auf dem dama-ligen christlichen Sender ERF 1 ausgestrahlt wurde. „Unser Wunsch, den Schlunz und seine Abenteuer auch über KIKA oder ande-re säkulare Fernsehsender zu den Kindern zu bringen, ist leider nie wahr geworden“, sagt Voß gegenüber pro. Insgesamt haben sich die Titel rund um den Schlunz über 600.000-Mal verkauft.Mittlerweile schreibt Voß an einer neuen Ju-gendbuchreihe namens „Ben & Lasse“. Ben ist ein gewissenhafter Junge im Alter von 11 Jahren, der einen eher vorlauten 6-jährigen Bruder namens Lasse hat. „Gemeinsam pur-zeln sie in verschiedene Kriminalfälle, die sie als selbst ernannte Agenten lösen wol-len“, erklärt Voß. Die Geschichten sollten „lustig und spannend und mit christlichen Inhalten“ sein. Am dritten Band dieser Rei-he arbeitet Voß derzeit. Er soll im Herbst er-scheinen. VON: JS

Vor zehn Jahren erschien der erste Band der christlichen Jugendbuchreihe „Der Schlunz“. Einige Bände wurden als Hörspiel oder sogar als Fernsehfilme umge-setzt. Noch heute ist der Schlunz ein Teil seines Lebens, sagt Autor Harry Voß gegenüber pro, und wir erfahren: Dem Schlunz geht es gut.

Harry Voß ist der Schöpfer der Jugendbuch-Reihe „Der Schlunz“, die vor zehn Jahren erstmals erschienFoto: Bibellesebund

Page 10: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

10proKOMPAKT 18| 2017

Nur jeder dritte Deutsche hält die Be-richterstattung der Medien für unab-hängig, viele gehen von einem Ein-

fluss aus Politik, Wirtschaft und Parteien auf die Medien aus. Das jedenfalls ergab eine Studie des Bayerischen Rundfunks, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Journalist Michael Voß erklärt, wie sich die Nutzer kri-tisch, aber konstruktiv mit Informationsquel-len auseinandersetzen können.pro: Was ist Ihr Anliegen mit quellencheck.de?Michael Voß: Ich habe mich immer geärgert, dass man im Internet so viele Informationen und Nachrichten finden kann, in denen nicht belegt wird, wo die Nachricht herkommt. Auf meiner Quellencheck-Seite kann jeder Nutzer auf einem Prüfpfad mit den Mitteln, die Journalisten auch nutzen, die Quelle ei-ner Nachricht überprüfen. Das Programm erledigt das nicht selber, sondern der Nut-zer entscheidet danach: Die Quellenlage in

der eher linken Tageszei-tung taz hat sicherlich an-dere Eindrücke als ein Jour-nalist der Frankfurter All-gemeinen Zeitung, weil sie einen anderen Hintergrund haben. Deshalb ist es mir wichtig, dass jeder diese Fragen durchgeht.Was sollte der Staat ange-sichts unwahrer Berichte tun?Die Diskussion über Fake News finde ich gut, weil es dadurch bekannt wird. Wenn die Bundesregierung selber besser informieren und besser auf Kritiker ein-gehen will, sollte sie das machen. Man sollte den Leuten beibringen, wie sie selber recherchieren kön-nen, ihnen Handwerkszeug anbieten, wie man an die Quellen rangeht. Da müss-te viel geschehen. In Schulen in Sachsen etwa – darüber habe ich gerade einen Bei-trag gemacht – findet das Thema fast nicht statt, weil die Lehrer oft gar nicht dafür aus-gebildet sind.Was sollte man als mündiger Nutzer über die Funktionsweise der Medien wissen?

JOURNALISMUS UND FAKE NEWS

„Kommentar und Nachricht gehören getrennt“dem Beitrag ist gut oder eher unsicher. Dafür gebe ich Tipps, wie man das macht. Es ist ein bisschen Medienerziehung.Der Nutzer soll auf Ihrem Prüfpfad Informa-tionen über Quellen zusammentragen. Wie kann er diese dann sinnvoll auswerten?Der Nutzer kann sich zum Beispiel fragen: Sind Quellen genannt? Werden alle Behaup-tungen und Aussagen belegt? In manchen Artikeln steht ja nicht, wo die Information her ist. Oder es heißt „sagte ein Polizist“. Aber da steht nicht, welcher Polizist, und die Information ist nicht offiziell von der Pres-sestelle. Dann: Gibt sich der Autor des Tex-tes zu erkennen, ist das ein Pseudonym oder steht überhaupt kein Name darunter? Gehört der Autor zu einer Interessengruppe oder gibt es Abhängigkeiten, ist er etwa Mitglied in einer Partei? Das muss nicht heißen, dass er lügt, aber dass er bestimmte Interessen hat. Das sollte man im Hintergrund wissen.Das Ergebnis, ob man einen Beitrag glaub-würdig findet oder nicht, ist für den Nutzer also subjektiv.Ja, natürlich. Wenn er herausfindet, dass der Autor zum Beispiel in der AfD aktiv ist, würde das bei mir etwa anders ankommen als bei einem, der der AfD nahesteht – der setzt dann vielleicht eher Vertrauen in die-sen Autoren. Es kann durch die Recherche bei jedem ein anderer Eindruck entstehen. Das geht auch Journalisten so. Ein Journalist

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet nicht immer neutral, kritisiert der Journalist Michael Voß; Foto: Wolfgang Meinhart

Erst einmal sollte man wissen, dass Journa-listen Menschen sind wie jeder andere. Es gibt welche, die arbeiten gut, und andere, die arbeiten schlecht. Wir sind in Deutsch-land nicht irgendein zentral gesteuertes, ge-sammeltes Medium, wo jeder weiß, was er zu schreiben hat. Wir haben ein paar hun-

Der Journalist Michael Voß möchte mit einem „Prüfpfad“ auf seiner Internet-seite dazu anleiten, Quellen von Nach-richten zu überprüfen. Im Interview er-klärt er, warum das wichtig ist, was der Staat gegen Fake News tun kann und was Mediennutzer über Journalisten wissen sollten.

>>

Page 11: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

11proKOMPAKT 18| 2017

Es ist ein Beweis dafür, dass Soziale Medien nicht glücklich machen: Be-kommt ein Facebook-Nutzer für einen

veröffentlichten Beitrag ein „Gefällt mir“ oder eine „Herz“-Reaktion, fühlt sich die-ser dadurch nicht besser. Ist er schlecht ge-launt, hebt diese positive Bewertung auch nicht seine Stimmung. Das geht aus einer neuen Studie aus Großbritannien hervor.Die Erhebung brachte auch Ergebnisse zum Selbstbewusstsein der Probanden. Men-schen, die zu Extremen neigen, um in sozi-alen Netzwerken Ankennung zu bekommen, indem sie andere um ein „Gefällt mir“ bitten oder dafür zahlen, tendieren eher dazu, ein geringes Selbstwertgefühl zu haben oder an-deren weniger zu vertrauen. Dies trifft auch auf diejenigen zu, die zugaben, Posts zu lö-schen oder sich aufgrund positiver Rückmel-dungen für ein Profilfoto zu entscheiden.

Social-Media-Nutzung hat Auswirkungen auf Gesundheit

Für die Studie hat das Forschungsteam um Martin Graff von der University of South Wa-

PSYCHOLOGISCHE STUDIE

Ein „Gefällt mir“ macht nicht glücklich

les 340 Twitter- und Facebook-Nutzer be-fragt. Die Forscher fanden die Probanden über die Plattformen. Die Ergebnisse stell-te Graff am Mittwoch auf der jährlichen Kon-ferenz der British Psychological Society in Brighton vor.Die Befragten sollten zudem beantworten, inwieweit sie 25 Aussagen zur Wertschät-zung auf den Plattformen zustimmen. Dar-unter waren Sätze wie „Die Aufmerksamkeit, die ich durch soziale Medien bekomme, gibt mir ein gutes Gefühl“ und „Ich betrachte je-manden als beliebt, aufgrund der Menge der ,Gefällt mir‘-Bewertungen, die er bekommt.“Graff sagte laut einer Pressemitteilung

: „Die starke Verbreitung der Social- Media-Nutzung hat zu allgemeinen Beden-ken über die Auswirkung auf unsere psychi-sche Gesundheit geführt.“ Die Studie sei zwar nur eine klein angelegte Untersuchung. Die Ergebnisse zeigten jedoch, „dass die Art und Weise, wie wir mit Sozialen Medien um-gehen, beeinflussen kann, wie wir uns füh-len und das nicht immer positiv“, resümiert Graff. VON: MAB

Ein „Gefällt mir“ hier, ein Herzchen da: Die positiven Bewertungen auf Facebook machen laut einer Studie nicht glücklich. Wer besonders hartnäckig um Anerken-nung in Sozialen Medien kämpft, tendiere zudem zu einem niedrigeren Selbst-wertgefühl.

dert unabhängige Zeitungsredaktionen, wir haben so viele Radio- und Fernsehsender und man kann über das Internet Medien aus der ganzen Welt nutzen. Wir haben hier ein System von Medien, das überhaupt nicht kontrollierbar ist. Journalisten sind oft quer-denkende Leute, die von Berufs wegen sehr vieles hinterfragen. Die lassen sich nicht ein-fach etwas vorgeben. Wenn man das als Nut-zer weiß, kann man da etwas lockerer range-hen und sollte nicht unterstellen, dass Jour-nalisten andauernd vorhaben, Sachen zu fäl-schen.„Lügenpresse“ meint ja nicht immer nur Lüge, sondern auch tendenziöse Berichter-stattung. Wie viel Haltung darf ein Journalist in die Berichterstattung hineinbringen?Ich folge da der traditionellen Linie: Wenn ich berichte, dann tue ich das neutral. Wenn ich eine Meinung zu Dingen habe, dann

gibt’s die Form des Kommentars. Das Pro-blem sehe ich darin, wenn man Berichte nimmt, um Meinungen weiterzugeben. Des-halb habe ich zum Beispiel mit dem Nach-richtenmagazin Der Spiegel große Schwie-rigkeiten, auch wenn ich ihn gerne lese; aber man muss wissen, da stecken meistens politische Gedanken dahinter. Journalisten sind sehr oft politisch denkende Menschen. Deshalb werden sie immer nur so neutral sein können wie möglich, und wenn sie gut sind, lassen sie Kommentare aus Nachrich-ten und aus Moderationen von Nachrichten-sendungen raus. Das wird nicht überall ge-macht. Diese Kritik kann ich verstehen. Aber am wenigsten wird das im Lager der Kritiker gemacht.Haben Sie schon einmal eine Geschich-te nicht gebracht, weil Sie gemerkt haben, dass die Quelle nicht vertrauenswürdig ist?Vor einem Jahr war ich mit einem Team des MDR auf der Balkanroute unterwegs. Da hat uns einmal ein Flüchtling eine ganz tra-gische Geschichte erzählt. Ein Kollege hat dann auf dessen Face bookseite Fotos ent-deckt, wo dieser Mensch vor einem ganzen Waffenlager stand. Es gab auch noch ande-re Indizien dafür, dass er in schmutzige Ge-schäfte verwickelt sein könnte. Das passte alles nicht zu der Geschichte. Wir konnten ihm nichts beweisen. Aber die Gefahr, dass wir jemanden hatten, der offenbar dort eine falsche Rolle spielte, war zu groß. Deshalb haben wir entschieden, nicht über ihn zu be-richten.Vielen Dank für das Gespräch! DIE FRAGEN STELLTE JONATHAN STEINERT.

Michael Voß ist Redakteur bei MDR Aktuell. Privat betreibt er die Seite

quellencheck.de. Dort gibt er Hinweise, wie Mediennutzer die Quellen und Glaubwürdigkeit von Beiträgen untersuchen können. Er lebt in Halle/Saale und gehört einer Pfingstgemeinde an.

Foto

: pri

vat

>>

Page 12: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

12proKOMPAKT 18| 2017

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.“ (1. Korinther 6,12) Das Paulus-Wort diente dem ökumeni-

schen Gottesdienst in der Kasseler Martins-kirche am Samstag als Leitfaden, in der die Evangelische und die Katholische Kirche in Deutschland die „Woche für das Leben“ ein-läuteten. Der Vorsitzende der Deutschen Bi-schofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, setzten sich dabei kritisch mit dem Jahresthema „Kinderwunsch – Wunschkind – Designerbaby“ auseinander.Bedford-Strohm wies in seiner Predigt mit Bezug auf das Paulus-Wort darauf hin, dass christliche Freiheit nicht nach dem Lust- prinzip oder der Willkür agieren könne. Die Gesellschaft müsse sich ernsthaft und kri-tisch mit den neuen Reproduktionsmetho-den auseinandersetzen: „Je mehr Möglich-keiten wir haben, um so mehr Verantwor-tung haben wir auch.“ In einigen Fällen von Krankheiten könne man der Medizin nur dankbar sein. Aber gerade in seiner Unver-fügbarkeit sei der Mensch kostbar.

Frankenstein-Horrorvisionen an die Wand malen. Möglicherweise ist das viel Gefähr-lichere die schleichende Verfügbarmachung des Lebens, die Verbindung von Biotechno-logie mit der modernen Konsumkultur.“Es bestehe heute etwa die Möglichkeit, auf Internetseiten internationaler Fortpflan-zungskliniken anhand der Persönlichkeits-profile der Spenderinnen die gewünsch-

„WOCHE FÜR DAS LEBEN“ ERÖFFNET

Gefahren durch die Verbindung von Konsumkultur mit BiotechnologieSchleichende Verfügbarmachung des Lebens

Mit den modernen medizintechnischen Ent-wicklungen sei eine tiefe Ambivalenz verbun-den. „Möglicherweise stecken die größten Gefahren der Nutzung der neuen Biotech-nologien nicht in der bewussten Konstruk-tion von neuen Menschen, die manche als

Bischof Martin Hein, Kardinal Reinhard Marx, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Bischof Heinz Josef Algermissen beim Eröffnungsgottesdienst der „Woche für das Leben“ in der Kasseler Martinskirche; Foto: pro/Michael Müller

ten Eizellen für eine künstliche Befruchtung auszuwählen und zu erwerben. Die meisten Menschen, die diese Angebote nutzten, hät-ten eine Leidensgeschichte ersehnter Eltern-schaft hinter sich. Trotzdem müssten hier Grenzen geachtet werden.

Lesen Sie hier weiter ... VON: MM

Die Verfügbarmachung des Lebens durch die Verbindung von Biotech-nologie mit der modernen Konsum-kultur stellt eine große Gefahr für die Gesellschaft dar. Darüber waren sich der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, bei der Eröffnung der „Woche für das Leben“ einig.

Page 13: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

13proKOMPAKT 18| 2017

Die neue Webseite der Steyler Mis-sionare bietet neben ausgewählten Gebeten und Impulsen für den Alltag

auch die Möglichkeit, mit einer persönlichen Fürbitte an die Missionare heranzutreten. In einem Kontaktformular ist das Gebetsanlie-gen einzutragen. Fürbitten über das Internet auszusprechen, liegt im Trend. In diesem Me-dium scheint es für Menschen leichter denn je, sich Inspirationen für das eigene Gebet zu holen. Auch Menschen zu finden, die für das Anliegen anderer beten, liegt jetzt nur noch einen Klick entfernt. Das christliche Medien-magazin pro hat sich die unterschiedlichen Angebote im Internet angesehen.

nig von sich preiszugeben, wie es das eigene Empfinden zulasse.

Mitmachen als Alleinstellungsmerkmal

Der Redaktion ist es wichtig, dass die Seite verschlüsselte Verbindungen einsetzt und die Gebetsanliegen erst redaktionell frei-schaltet, bevor sie auf der Seite erscheinen. Hier kann der Nutzer ein bestimmtes Datum eintragen, damit die Beter wissen, ob eine Fürbitte noch aktuell ist. Amen.de bietet die Möglichkeit, nicht nur für sich beten zu las-sen, sondern auch selbst aktiv zu werden.

WEBSEITEN FÜR GEBETSANLIEGEN

Die Fürbitte, nur einen Klick entfernt

Wenn es um die bloße Quantität geht, liegt das Gebetsportal amen.de vorn. Die Seite des SCM-Bundes-Verlages rühmt sich damit, dass dort seit April 2013 fast 1,9 Millionen Mal für Anliegen gebetet wurde. Über 4.000 unterschiedliche Beter gehören zur Commu-nity. In einer Zeit, in der Webseiten ständig Informationen von Internetnutzern sammeln und verwerten, ist es wichtig, auch anonym posten zu können. Amen.de gibt den Men-schen diese Option. Im Formular erinnert die Seite den Benutzer auch daran, keine persönlichen Telefonnummern oder E-Mail- Adressen beim Gebetsanliegen anzugeben. Es stehe auch jedem frei, so viel oder so we-

pro hat die Webseiten amen.de, Jesuiten.org, Gebetssuche.de und Heilsarmee.de miteinander verglichenFoto: pro

In einer Maske ist detailliert einstellbar, wie häufig die Person per E-Mail benachrichtigt werden will, um für das Anliegen anderer zu beten. Im Vergleich zu den anderen Websei-ten ist das ein Alleinstellungsmerkmal von amen.de.Amen.de ist hinsichtlich der Interaktivität sicherlich die attraktivste Internetseite für Gebetsanliegen. Per E-Mail gibt es zeitnahe die erste Reaktion, welche Beter sich in der Community bereits um die Fürbitte geküm-mert haben. Den Betern wiederum kann ein Update geschickt werden, in wiefern die Un-terstützung Früchte getragen hat.

Seelsorge-Team im Angebot

Auch die Heilsarmee bietet auf ihrer Web-seite an, sich um die Gebetsanliegen der Menschen zu kümmern. Ob die Fürbitte ano-nym abgeschickt wird oder auf der Seite ver-öffentlicht werden darf, entscheidet der Nut-zer. Die Fürbitte wird in den Gebetsrundbrief aufgenommen. Eine kleine Gruppe der Heils- armee betet daraufhin für das Anliegen. Die Beter erhalten das Gebetsanliegen anonym. Für Menschen, die über das Anliegen hinaus Orientierung suchen, sind Adressen und Te-lefonnummern für seelsorgerliche Betreu-ung angegeben.

Lesen Sie hier weiter ... VON: MM

Mehrere Internetseiten bieten die Möglichkeit, Menschen beim Gebet für Freunde, Verwandte und Bekannte um Unterstüt-zung zu bitten. pro hat sich die unterschiedlichen Angebote im Netz angeschaut.

Page 14: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

14proKOMPAKT 18| 2017

pro: In Ihrem Comic-Video „Water Source“ sucht die Figur Willy Grunch in der Wüste vergeblich nach Wasser und ignoriert dabei die Hinweise, mit denen Gott ihn zur rich-tigen Quelle lotsen möchte. Über 61 Millio-nen Mal wurde es im Internet gesehen. Wa-rum, glauben Sie, hatte es so einen Erfolg?Alain Auderset: Das war ein Wunder. Ich glau-be, die Menschen warten auf christliche Car-toons, denn davon gibt es nicht viele. Meine Comics sprechen über Gott, wie es keine Reli-gion tut. Die Menschen sind gelangweilt von dem religiösen „Bla bla“. Dabei ist die gute Nachricht so stark. Sie schlägt ein wie eine Bombe. Ich versuche, das, was in der Bibel steht, in der Sprache von heute zu erzählen.Welches Potenzial sehen Sie in Ihren Comics, das Evangelium weiterzugeben?Es macht mich traurig zu hören, die christ-liche Botschaft sei nicht aktuell. Viele Men-schen glauben, Gott bringe ihnen nichts. Es ist mein Herzensanliegen, ihnen von Jesus zu erzählen, besonders jungen Erwachsenen. Sie sind auf der Suche, in einer schwierigen Phase zwischen Kindheit und Erwachsen-sein. Was zählt, ist, die Freundschaft mit Gott zu pflegen. Jeden, den du triffst, stellt Gott ganz bewusst in dein Leben hinein. Wenn du mit ihm unterwegs bist, dann bist du eine

wegs war, vertieft in ein Gespräch mit Gott, fiel mein Blick auf ein riesiges Wahlkampf-plakat, auf dem ein übergroßes Gesicht ei-nes Politikers abgebildet war. In diesem Mo-ment glaubte ich, Gott lachen zu hören. Er ist so viel größer als das!Ist das auch der Grund, warum Sie Gott in Ih-ren Comics kein Gesicht geben?Gott hat Jesus auf die Welt geschickt, da-mit wir ein Bild von ihm haben. Für mich ist es also kein Problem, Jesus zu zeichnen, aber Gott will ich nicht abbilden. Auf meinen Zeichnungen ist einfach nicht genug Platz. Man kann ihn nicht auf ein Bild reduzieren.Aber Sie bringen Ihre Gottesvorstellungen trotzdem in die Comics mit ein, zum Beispiel in Form einer Berglandschaft, die die Füße Gottes darstellt ...Viele Menschen spüren, dass Gott da ist. Sie geben ihm nur keinen Namen, denn sie ken-nen Gott nicht. Wir können ihn nicht von uns aus finden. Nur Jesus ist der Weg. Ohne ihn kann niemand in den Himmel gehen. Manch-mal, während ich spazieren gehe, bin ich mir ganz sicher, dass ich eines Tages bei ihm sein werde. Nicht weil ich besonders gut bin, sondern weil Gott so gut ist.Wie wirkt sich Ihre Arbeit auf die Menschen aus?

CARTOONIST ALAIN AUDERSET

„Ich arbeite mit Gott zusammen“

Brücke zwischen Gott und den Menschen. Du musst nur du selbst sein.Sie treiben das Verhalten von Christen ger-ne mal auf die Spitze und verwenden viel schwarzen Humor. Was wollen Sie damit er-reichen?Ich möchte den Menschen nichts Böses, aber ich will ihre Komfortzonen stören. Unsere Ge-sellschaft ist eingeschlafen und ich versuche, sie zu wecken. Manchmal erlebe ich etwas, oder spreche mit Gott und habe plötzlich ein Bild vor Augen, das mich ermutigt. Damit es auch andere ermutigen kann, zeichne ich es. Schwarzer Humor ist meine Art, mich auszu-drücken.Wo genau liegen die Komfortzonen der Men-schen?Viele Christen haben ihr Leben schön durch-geplant und sind zufrieden damit. Das fin-de ich schade. Wir erfreuen uns oft an uns selbst, aber viel wichtiger ist, die Freund-schaft mit Gott zu suchen.Wo sind Ihre persönlichen Grenzen von Hu-mor? Wo hört der Spaß für Sie auf?Ich lache nicht über meine Mutter, denn ich will sie nicht verletzten. Genauso bei Gott, er ist mein Freund. Mich über ihn lustig zu ma-chen, wäre das Gegenteil von Lob. Aber wir lachen manchmal miteinander. Als ich unter-

Ich arbeite mit Gott zusammen. Ich zeich-ne und er sorgt dafür, was damit geschieht. Neulich habe ich eine Mail bekommen, in der ein Leser schrieb, wie ihn eine der Zeichnun-gen so berührte, dass er weinen musste und sich zu Gott bekehrte. Gott ist der, der die Seelen der Menschen anrührt, nicht ich. Ich bin kein Zauberer, nur Zeichner.Vielen Dank für das Gespräch! DIE FRAGEN STELLTE ANNA MÜLLER

Der Schweizer Zeichner Alain Auderset möchte mit Cartoons vom Evangelium erzählen. Sein Video „Water Source“ hat ein Hacker auf Facebook verbreitet, seitdem wurde es über 61 Millionen Mal gesehen. pro verrät er, warum er Gott in seinen Comics kein Gesicht gibt und wo für ihn der Spaß aufhört.

Dieser Beitrag stammt aus der Aus-gabe 2/2017 des Christlichen Me-dienmagazins pro. Bestellen Sie es kostenlos und unverbindlich unter der Telefonnummer 06441/915151, via E-Mail an [email protected] oder online .

„Meine Comics sprechen über Gott, wie es keine Religion tut“, sagt der Zeichner Alain Auderset; Foto: pro/Jonathan Steinert

Page 15: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

15proKOMPAKT 18| 2017

Jetzt in der aktuellen pro

pro kostenlos bestellen

Christliches Medienmagazin www.pro-medienmagazin.de

pro2 | 2017

Patricia SchlesingerIntendantin des rbb findet Kirche im Programm richtig

Wolfgang GruppUnter­nehmer mit katholischen Wurzeln

Octavia SpencerOscar­Gewinnerin spielt bei „Die Hütte“ mit

Down-Syndrom-Früherkennung

L(i)ebenswertes Leben in Gefahr

Titel: Down-Syndrom – Leben gegen den ZeitgeistDie Diagnose Trisomie 21 führt häufig zur Abtreibung

Scheiden tut wehWenn Paare sich trennen, sind auch Gemeinden herausgefordert

„Ich habe nicht das schwierigste Leben“Den Unternehmer Wolfgang Grupp hat seine katholische Erziehung geprägt

Ist Gott wirklich so? „Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott“ als SpielfilmDer Bestseller kommt auf die Leinwand

Glaube. Macht. Politikpro fragt, Politiker antworten: Wie politisch sollte die Kirche sein?

prost! Auf ein Getränk mit Alain Auderset

Die „Basics“ meines GlaubensJournalistischer Allag mit dem Vorzeichen der Liebe

Anzeige

Page 16: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

16proKOMPAKT 18| 2017

Es hätte ja gut ins Bild gepasst. Als Kanzlerin Angela Merkel jüngst nach Saudi-Arabien reiste, verzichtete sie

selbstbewusst darauf, in dem streng isla-mischen Land ein Kopftuch zu tragen. Dabei ist es dort für Frauen Pflicht, sich in der Öf-fentlichkeit zu verschleiern. Merkel, unver-hüllt – ein Affront? Und wie sollten die saudi- arabischen Medien damit umgehen?Ganz einfach: Sie verpixelten die Frisur der Kanzlerin. Was im Westen deutlich private-ren Körperpartien vorbehalten ist, wendete die saudi-arabische Zensur kurzerhand auf Angela Merkels Haupthaar an. Der saudi- arabische TV-Zuschauer blieb also von west-licher Freizügigkeit verschont. Zu sehen war neben dem Gesicht der Kanzlerin nur noch ihr türkiser Blazer und die graue Stoffhose, die die Grenzen wahhabitischer Korrektheit mutmaßlich schon genug strapaziert hatten.Das Bild machte in den Sozialen Netzwer-

FAKE NEWS

Arabisches Fernsehen verpixelt Merkels Haare – nicht

ken die Runde, zum Beispiel bei der SPD- Politikerin Lale Akgün. Auch „The European“ berichtete über den Fall. So sind sie eben, die Saudis.

Dumm nur: Die Geschichte stimmt nicht. Der Screenshot stammt nicht etwa von einem saudi-arabischen Fernsehsender, sondern ist ein satirischer Beitrag des Facebook- Auftritts von „dkhlak.com“ , einer arabi-schen Website. Die eingeblendete Bauch-binde auf dem Merkel-Foto beinhaltet den schlichten Satz „Merkel im saudischen Sen-der“ auf Arabisch.Die Seite hatte das Foto am Mittwoch Mor-gen auf Facebook mit dem Vermerk „Just for fun“ gepostet.Die verpixelten Haare der Kanzlerin – ein klassischer Fall von Fake News also. Zwar ist

Ein arabischer Fernsehsender verpixelt die Haare der Kanzlerin, weil die kein Kopftuch trägt. Bittere Realität? Nein, sondern das Resultat eines Satirebei-trags. EINE ANALYSE VON NICOLAI FRANZ Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich

warten:

Nicht Scharia konform!! Saudi-Arabien verpixelt die Haare von #Merkel

es immer noch ein Skandal, dass die Saudis, seit neuestem absurderweise übrigens Mit-glied in der UN-Kommission für Frauenrechte, Frauen zwingen, sich zu verschleiern. Auch in vielen anderen Menschenrechtsfragen

wie der Religionsfreiheit ist Saudi-Arabien ein Entwicklungsland. Doch trotz alledem muss gelten: Bitte bei der Wahrheit bleiben.

VON: NF

Dieses Bild wird gerade massenhaft geteilt – bloß: Es ist ein FakeFoto: khasenews/Facebook

Page 17: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

17proKOMPAKT 18| 2017

dischen Kollaborateuren und den einfachen Menschen.“

Biblischen Ereignissen näher kommen

Neben der Arbeit und den Gesprächen mit Theologen, Historikern, Schriftstellern und Archäologen wollen die beiden Filmemacher während ihres Aufenthaltes durch Besuche des Ölbergs oder des Gartens Gethsemane den damaligen Ereignissen näher kommen.Die Dokumentation ist eine Co-Produktion der irischen öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalt RTÉ, des deutsch-französischen Senders ARTE und des amerikanischen Sen-ders PBS. In der Osterwoche kommendes Jahr soll die Produktion im irischen Fernse-hen erstausgestrahlt werden. VON: LMS

„COUNTDOWN BIS GOLGATHA“

„Downton Abbey“-Schauspieler dreht Jesus-Dokumentation

Der Schauspieler Hugh Bonnevil-le, bekannt aus der britischen Serie „Downton Abbey“, dreht eine Doku-

mentation über die letzten Tage des Lebens Jesu. Zwei Wochen lang wird Bonneville in Is-rael bleiben, um die einstündige Dokumen-tation zu drehen. „Countdown to Calvary“ (dt. Countdown bis Golgatha) heißt die Pro-duktion, die sich mit den letzten Tagen vor der Kreuzigung Jesu beschäftigt. Mit der bi-blischen Geschichte ist Bonneville vertraut: Er studierte an der Cambridge Universität Theologie.Die Dokumentation werde ein politischer Thriller, sagte Ray Bruce, der die Produkti-on des Films übernimmt. Die Dokumenta-tion fokussiere sich auf die ereignisreiche Zeit zwischen Palmsonntag und der Kreuzi-gung. „Jesus kam am Sonntag an und starb am Freitag“, erklärt der britische Produzent laut der israelischen Onlinezeitung Times of Israel. „Wir schauen uns die Zeit dazwi-schen an, mit dem Hauptaugenmerk auf die politischen Machenschaften und Intrigen zwischen den römischen Besatzern, den jü-

Hugh Bonneville, Schauspieler der britischen Serie „Downton Abbey“, hat vor seiner Schauspielkarriere Theologie an der renommierten Cambridge Universität studiert. Dieses Wissen nutzt er nun, um eine Dokumentation über die Tage vor der Kreuzigung Jesu zu drehen.

israelnetz.com

Bleiben Sie auf dem Laufenden

» Mit dem israelnetz Magazin

» Via Audio-Podcast und TV

» Über den Newsletter per Mail

» Mit der App für unterwegs

» Täglich auf israelnetz.com

Anzeige

Mehr zum Thema:

» DIE CHRONIKEN VON NARNIA Joe Johnston verfilmt Bestseller

Hugh Bonneville dreht derzeit in Israel eine DokumentationFoto: Marie-Lan Nguyen, Wikipedia

Page 18: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

18proKOMPAKT 18| 2017

stark an Puppentheater“, heißt es im Lied, „ihr wandelt an den Fäden wie Marionetten, bis wir euch mit scharfer Schere von der Na-belschnur Babylons trennen.“Im Lied wird plötzlich der Slogan des ZDF, „Mit dem Zweiten sieht man besser“ zitiert, im musikalischen Umfeld dazu droht Nai-doo: „Alles wird vergeben, wenn ihr einsich-tig seid, sonst sorgt der wütende Bauer mit der Forke dafür, dass ihr einsichtig seid“. Der wütende Bauer mit der Mistgabel – da war doch mal was. Der Deutsche Journalisten- Verband erstattete 2016 Anzeige gegen die Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling: Sie hat-te gefordert, die „volksverhetzenden Eliten mit Mistgabeln aus den Parlamenten, den Gerichten, den Kirchen und den Pressehäu-sern zu prügeln“.

Der deutsche Michel und Muslime als neue Juden

Ist es Paranoia oder böse Absicht, hier mehr als Zufall zu vermuten? Natürlich ist über-spitzte und künstlerische Kritik an Politik und Medien erlaubt, sogar notwendig. Es lässt sich aber nicht schönreden: Die „Söhne Mannheims“ bedienen mit ihren neuen Tex-ten die Sprache von Pegida-Demonstranten, jede andere Interpretation fällt schwer. Wür-de die als rechts verschriene Band „Frei.Wild“ derartige Texte zum Besten geben, wäre der Aufschrei groß.Im Lied „Der deutsche Michel“ geht es um ebendiesen, der sich in falscher Sicherheit wiegt, in Wahrheit aber auf einem Altar geop-fert wird, Medienkritik inklusive: „Was, wenn

ALBUM MIT XAVIER NAIDOO

„Söhne Mannheims“: Soundtrack zu Pegida?

Mein großes Vorbild ist Jesus“, be-kannte der Sänger Xavier Naidoo noch 2014 in der ARD, wo er im

Nachtmagazin als „bekannt als überzeug-ter Christ“ vorgestellt wurde. Der Sänger der „Söhne Mannheims“, einer multikulturellen Pop-Gruppe („Und wenn ein Lied“), hatte damals Ärger , weil er in Berlin bei einer Kundgebung der „Reichsbürger“ auftrat und Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 und der Souveränität Deutschlands verkündete.Sänger und Band haben vergangene Woche das Album „MannHeim“ veröffentlicht, und es enthält Texte, die für Empörung sorgen müssen. Im Lied „Marionetten“ heißt es of-fensichtlich in Richtung Politiker: „Alles nur peinlich und sowas nennt sich dann Volksver-treter. Teile Eures Volks nennen Euch schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter.“ Dass es hier um mehr als eine kritische Zu-standsbeschreibung geht, lässt sich klar he-raushören: „Eure Parlamente erinnern mich

das nicht stimmt? – Wenn was nicht stimmt? Du glaubst doch nicht wirklich, dass unsere Nachrichten nicht nachgerichtet sind.“ Das rechts-außen-Magazin Compact dankte Nai-doo für seinen „Mut“ im Kampf für die Frei-heit und Souveränität Deutschlands.Ebenfalls auf dem Album enthalten ist das Lied „Nie wieder Krieg“, das bereits 2015 auf der Facebook-Seite des islamophilen Aktivis-ten Jürgen Todenhöfer veröffentlicht wurde und für einen Sturm der Entrüstung sorgte. „Muslime tragen den neuen Judenstern, alles Terroristen, wir haben sie nicht mehr gern, es ist einfach nur traurig, die alten Probleme im Dritten Jahrtausend nach Christus“ – Me-dien wie die Süddeutsche Zeitung werteten diese Textzeile als Verharmlosung des Lei-des der Juden während der Nazidiktatur. So-lidarität mit Muslimen passt zunächst nicht ins Bild einer CD mit Pegida-freundlichen Texten. Ein Schuh wird dennoch daraus: Bei Kritik an Juden, Israelis, Amerikanern und dem Westen überschneiden sich die Welt-bilder mancher Pegida-Teilnehmer und man-cher Muslime. Naidoo puzzelt sich seine Per-spektive irgendwie zusammen .„MannHeim“ ist ein Album, das diskutiert und kritisiert werden muss. Es ist zwar völ-lig legitim, die Politik der Bundesregierung zu kritisieren. Hier aber werden darüber hi-naus Vokabular und Ideologien in den mu-sikalischen Mainstream getragen, die sich bislang weitestgehend am Rand tummel-ten. Das muss auch all denen zu denken ge-ben, die in Xavier Naidoo einen prominenten „Vorzeigechristen“ sehen. VON: MB

Auf dem neuen Album der „Söhne Mannheims“ werden Verschwörungstheorien und Pegida-Thesen in den Mainstream getragen. Das muss auch Kritik am beken-nenden Christen Xavier Naidoo zur Folge haben. EIN KOMMENTAR VON MORITZ BRECKNER

Singt gern mal über Politik: der Musiker Xavier Naidoo aus MannheimFoto: www.xavier.de

Page 19: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

IMPULS

Draußen im Garten regt sich das Leben. Innerhalb weniger Wochen ist es nicht

nur grün, sondern bunt geworden. Schön, wer das sehen kann. Andere können sie rie-chen und tasten: Rabatten, Beete und He-cken, Blüten und Gräser. Manche lieben den Garten urwüchsig und naturnah, haben den-noch Wege und Pflanzen geordnet. Andere haben ihren Garten sehr bewusst gestaltet, Teichlandschaften, Gemüseflächen, Obst-wiesen angelegt. Kleingarten-Anlagen lo-cken oft Besucher an. Es ist schön, anderen über den Zaun zu schauen, Steingärten und Zierpflanzen zu bewundern.„Gott pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. Und Gott der Herr ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen.“ (1. Mose 2)

Die Bibel erzählt, wie der lebendige Gott die Welt ins Leben rief. Er pflanzte einen Gar-ten. Unsere Erde ist kein zufällig gewürfel-ter Haufen, sondern eine liebevoll gestal-tete Schöpfung. Ein Garten verspricht Ord-nung, dahinter gibt es einen Plan und am Ende sehr viel Arbeit. Gott hat sich Mühe ge-macht mit der Erde und mit uns. Ein Garten ist der Lebensraum des Menschen, an man-chen Stellen sichtbar geschlagen, aber noch immer ein Paradies. Herrlicher Rennsteig, wunderschönes Erzgebirge, exotisches Ja-maika. Ein Garten zeigt immer auch die Lie-be zum Detail. Kleinigkeiten spielen eine große Rolle. Jede Pflanze zeigt Gottes Hand-schrift und der Mensch mitten im Garten ist Gottes große Liebe.

Gesegnete Zeit, Egmond Prill

„Zitat.“

19proKOMPAKT 18| 2017

„Gott hat sich Mühe gemacht

mit der Erde und mit uns.“

GARTEN

Page 20: 18/2017 · proKOMPAKT 18| 2017 2 „Wenn wir die Entscheidung über Leben oder Tod dem Computer überlassen, schließen wir uns selbst von jeglichem weiteren Nachdenken

20

Anzeige

proKOMPAKT 18| 2017

Christliche Medienakademie – Steinbühlstraße 3 | 35578 Wetzlar | Telefon (0 64 41) 9 15 166 | Telefax (0 64 41) 9 15 157 | [email protected] | christliche-medienakademie.de

Für ein gutes Interview braucht man nicht nur ein interessantes Gegenüber und ein gutes Thema, son-dern auch Handwerkszeug, das bei der Gesprächs-führung hilft. So ist es keine gute Idee, eine Quas-selstrippe mit einer offenen Frage zum Monolog zu provozieren oder einen unsicheren Menschen mit Ja-oder-Nein-Fragen zu bombardieren. Im Seminar lernen Sie, wie Sie ein gutes Interview führen in The-orie und vielen praktischen Übungen. Ein Seminar für alle, die in der Gemeinde, bei Ver-anstaltungen, vor der Kamera oder dem Mikrofon immer mal wieder als Interviewer andere Menschen befragen sollen – und gute Antworten bekommen wollen.

INTERVIEWS FÜHREN

TERMIN12.-13. Mai

17–21h/9–17h

PREIS185,-

ANMELDUNG

ZIELGRUPPEWer z.B. bei Veranstaltungen, Moderationen, im Gottesdienst oder bei anderen Live-Situationen Menschen interviewt. Medienschaffende, die für Videos, Podcasts, fürs Fernsehen oder Radio Interviews führen.

GUTE FRAGEN FÜR UNERWARTETE ANTWORTEN UND SPANNENDE GESCHICHTEN

VORAUSSETZUNGENkeine

Dieses und andere Themen auch als Inhouse-Seminare.Wir kommen zu Ihnen – kompetent, kostengünstig und unkompliziert!

Melden Sie sich jetzt an!

Telefax (06441) 915 157 Telefon (06441) 915 166 E-Mail [email protected]

christliche-medienakademie.de

REFERENTStefan Loß,

Leiter des Radiosenders

ERF Plus

INTERVIEWSFÜHREN