1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

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Das kleine 1 x 1 der Sozialen Marktwirtschaft. Ein Schnupperkurs in Sachen Ökonomie.

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Ein Schnupperkurs in Sachen ÖkonomieEin Schnupperkurs in Sachen Ökonomie

INITIATIVEKOMPAKT

Das kleine 1 x 1 der Sozialen MarktwirtschaftDas kleine 1 x 1 der Sozialen Marktwirtschaft

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Inhalt

Vorwort 2

Ich, du, er, sie, wir sind die Wirtschaft 4

Die Marktwirtschaft und die unsichtbare Hand 9

Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren 12

Ist Wirtschaft + Politik = Wirtschaftspolitik? 18

Geld regiert die Welt: Jedes Ding hat seinen Preis 26

Die Börse: Wo sich DAX und Schweinebäuche treffen 32

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile 36

www.globalisierung.insm.de – Freiheit statt Staatsgläubigkeit 42

Für Neugierige: Lesetipps, Internetadressen und Projekte 50

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Vor zweihundert Jahren erzähl-

te Johann Peter Hebel in seinen

„Kalendergeschichten“ von der

Reise eines armen deutschen

Handwerksburschen aus Tutt-

lingen nach Amsterdam. Tief

beeindruckt von der großen

und reichen Handelsstadt er-

kundigt er sich bei einem Ein-

heimischen danach, wem denn

„dieses wunderschöne Haus“

gehöre. „Kannitverstan“, be-

kommt er zu hören. Dann

fragt er einen Amsterdamer

nach dem Besitzer des präch-

Ökonomie? Kannitverstan!Vorwort

tigen Schiffs im Hafen und

erfährt: „Kannitverstan.“

„Wenn ich’s doch nur auch

einmal so gut bekäme, wie

dieser Herr Kannitverstan es

hat“, denkt sich der Hand-

werksbursche und erblickt im

gleichen Moment einen Lei-

chenwagen, begleitet von

einem langen Zug aus Ver-

wandten und Bekannten des

Verstorbenen. „Das muss wohl

ein guter Freund von Euch

gewesen sein“, sagt er zu einem

der Trauernden und bekommt

zur Antwort: „Kannitverstan.“

Da schießen dem Burschen die

Tränen in die Augen. „Armer

Kannitverstan, was hast du nun

von allem deinem Reichtum?“,

klagt er und geht zurück in

seine Herberge. „Und wenn es

ihm wieder einmal schwer

fallen wollte“, so endet die

Geschichte, „dass so viele Leute

in der Welt so reich seien und

er so arm, so dachte er nur an

den Herrn Kannitverstan in

Amsterdam, an sein großes

Haus, an sein reiches Schiff

und an sein enges Grab.“

Die Moral von der Geschicht’

ist, im besten Sinne, eine dop-

pelte: Zum einen zeigt sie, dass

Sprache und Worte weit weni-

ger selbstverständlich sind, als

wir gemeinhin annehmen. Die

Amsterdamer verstehen den

Handwerksburschen nicht, und

der Handwerksbursche versteht

die Amsterdamer falsch. Zum

anderen lässt das traurige Ende

des vermeintlichen Herrn Kan-

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haben Ein-Euro-Jobs. Wer

gestern noch ein Mannesmann

war, arbeitet heute schon für

Vodafone und morgen viel-

leicht für – wer weiß das

schon?

Das ist Marktwirtschaft, heißt

es; die Fachleute aus Wirtschaft

und Politik reden von Globali-

sierung und Gewinnmaximie-

rung, von Investitionen und

Produktivität, von Wettbewerb

und Wachstumsraten, von

Bemessungsgrenzen und

Grenzsteuersätzen, von Infl ati-

on und Defl ation, von Struk-

turwandel und Steuervergüns-

tigungsabbaugesetzen.

Kannitverstan?„Das kleine 1 x 1 der Sozialen

Marktwirtschaft“ will das

ändern. Es richtet sich an alle

ökonomischen Laien, die gerne

etwas mehr von dem verstehen

möchten, was tagtäglich in der

Wirtschaft passiert. Und weil

die Menschen das meiste davon

aus dem Fernsehen oder der

Zeitung erfahren, macht sich

auch diese Broschüre die Medi-

en zunutze: Wo immer es geht,

greifen wir für unsere Reise in

die weite Welt der Ökonomie

auf TV- und Presse-Berichte

zurück – sie dienen uns als

gemeinsame Diskussionsgrund-

lage.

„Das kleine 1 x 1 der Sozialen

Marktwirtschaft“ will und

kann kein umfassendes Lexi-

kon sein. Schon aus Platzgrün-

den mussten wir viele Themen,

die direkt oder indirekt mit der

Wirtschaft zu tun haben, gänz-

lich aussparen. Das gilt zum

Beispiel für den Umweltschutz,

für die Bildung und den zu-

nehmenden Einfl uss der EU

auf die nationale Wirtschafts-

politik. Andere Themen, wie

die Börse, die internationalen

Kapitalverfl echtungen und das

weite Feld der seit 2008 gras-

sierenden Finanz- und Wirt-

schaftskrise, konnten wir ledig-

lich anreißen. Auch hatten wir

nicht die Absicht, ein Lehr-

buch im Miniformat zu schrei-

ben. Deshalb fi nden Sie auf

den folgenden Seiten weder

komplizierte Formeln noch

langatmige Theorien und auch

keine unverständlichen Statis-

tiken. Ganz ohne Zahlen geht

es allerdings auch nicht, doch

keine Angst vor Kannitverstan:

Wer das kleine 1 x 1 und das

ABC beherrscht, der versteht

auch diese Broschüre.

nitverstan den Burschen aus

Tuttlingen sein eigenes Schick-

sal mit anderen Augen sehen.

Er hat, dank Kannitverstan,

etwas verstanden – und sei es

nur, dass alles und jeder ver-

gänglich ist.

In der modernen Variante die-

ser Geschichte düsen Millionen

junger und jung gebliebener

Frauen und Männer aus Tutt-

lingen, Dresden oder Hamburg

via Flugzeug oder Internet

durch die globalisierte Welt,

und auch sie kommen aus dem

Staunen nicht mehr heraus.

Wie schnell sich doch alles

verändert! Noch ihre Elternge-

neration schrieb eine einzige

Bewerbung im Leben, die Zu-

kunft war planbar und die

Rente sicher, denn „made in

Germany“ hielt das Wachstum

auf Trab und die Konkurrenz

in Grenzen. Heute kommen

die T-Shirts aus China, die

MP3-Player aus Japan, die

Software aus Indien, die Äpfel

aus Neuseeland, der Deutsche-

Bank-Chef aus der Schweiz

und der Pizza-Bäcker aus Wan-

ne-Eickel. Es gibt keine D-

Mark mehr, keine lebenslangen

Jobs, keine Grenzen. Die einen

machen Millionen, die anderen

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Daniel Deutsch kann es ein-

fach nicht lassen. Der gute

Mann, dessen richtiger Name

hier nichts zur Sache tut, ist

Inhaber und Geschäftsführer

einer kleinen Unternehmens-

beratung in Bayern und hat es

sich offenbar zur Lebensauf-

gabe gemacht, Deutschland

zu retten. Er verfolgt dieses

hehre und ehrgeizige Ziel unter

anderem dadurch, dass er mit

wahrlich missionarischem Eifer

Leserbriefe schreibt – lange,

mit kräftigen Worten gespickte

Abhandlungen, die er mal an

diese, mal an jene Zeitung

schickt und die sich haupt-

sächlich um eine Frage drehen:

Warum gibt es in Deutschland

so viele Arbeitslose?

Die Sache ...

Daniel Deutsch hat dazu eine

gewagte These aufgestellt.

„Kein Unternehmer auf der

Welt hat den Wunsch, Arbeits-

plätze zu schaffen“, behauptet

er. Stattdessen würden die

Chefi nnen und Chefs lieber ge-

nau das tun, was schon jedem

Wirtschaftsstudenten auf der

Universität eingetrichtert wer-

de und was auch der „gesunde

Menschenverstand“ empfehle,

nämlich „mit dem geringsten

Aufwand den größten Gewinn

zu erzielen“.

Tja, Herr Deutsch, mit dem

gesunden Menschenverstand ist

das manchmal so eine Sache.

Er ist, um es mit Albert Ein-

stein zu sagen, „eine Sammlung

von Vorurteilen, die man bis

zum achtzehnten Lebensjahr

erworben hat“. Und Sie, lieber

Daniel Deutsch, sind einem

davon aufgesessen. Denn „mit

dem geringsten Aufwand den

größten Gewinn zu erzielen“

– an dieser Aufgabe wäre wohl

selbst Albert Einstein verzwei-

felt.

Ich, du, er, sie, wir sind die Wirtschaft

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... mit den Kartoffeln

Das glauben Sie nicht? Gut,

dann wollen wir Ihre Theorie

einmal in der Praxis überprü-

fen. Stellen Sie sich vor, Herr

Deutsch, Ihre Frau schickt Sie

auf den Markt, um Kartoffeln

zu holen. Und weil die Gattin

um Ihre Vorliebe für alles Öko-

nomische weiß, präzisiert sie

ihren Auftrag: „Hol’ für mög-

lichst wenig Geld möglichst

viele Kartoffeln!“ Was tun Sie

jetzt, Herr Deutsch? Und wie

würden Sie, liebe Leser, diese

Aufgabe lösen? Denken Sie

mal ein paar Sekunden darüber

nach: Wie kauft man mit mög-

lichst wenig Geld möglichst

viele Kartoffeln?

Und, alles klar?

Richtig, dieser Auftrag ist

reichlich absurd. Denn konse-

quent zu Ende gedacht würde

er im Extremfall bedeuten,

mit nichts („möglichst wenig

Geld“) alles („möglichst viel

Kartoffeln“) kaufen zu kön-

nen. Diese Idee ist zwar aus

verständlichen Gründen höchst

beliebt und weit verbreitet,

doch hat sie mit der ökono-

mischen Wirklichkeit genauso

wenig zu tun wie die Zahl der

Störche mit der Geburtenrate.

In Wahrheit funktioniert der

Kauf von Kartoffeln so, wie

(fast) alles in der Wirtschaft

– nach dem Ökonomischen

Prinzip:

Zur Ehrenrettung von Herrn

Deutsch sei noch hinzugefügt,

dass seine Idee, mit möglichst

wenig Einsatz möglichst viel

Gewinn herauszuholen, zumin-

dest in der Theorie existiert. In

der Praxis allerdings stößt diese

Mini-Max-Methode schnell

an ihre Grenzen. Denn wer so

vorgeht, dem fehlt es entweder

an klaren Vorgaben oder an

klaren Zielen – und beides

führt, auf Ökonomen-Deutsch,

zu „ungeplantem Handeln“.

Oder im Klartext: ins Chaos.

Brutto oder netto?

Und noch etwas müssen wir

Herrn Deutsch zugutehalten:

Die Wirtschaft(swissenschaft)

ist heutzutage derart komplex,

dass sich zuweilen selbst Fach-

leute in ihren Fangstricken

verheddern. So blamierte sich

einst der ehemalige FDP-Wirt-

schaftsminister Günter Rex-

rodt, als er nicht wusste, wie

viele Nullen eine Billion hat

(nämlich zwölf ). Unvergessen

auch der Wahlkampf 2005, als

die CDU-Kanzlerkandidatin

Angela Merkel gleich mehrmals

brutto und netto verwechselte

und sich daraufhin vom po-

litischen Gegner so manchen

höhnischen Kommentar anhö-

ren musste. Dabei offenbarte

die SPD selbst gravierende

Wissenslücken: „Ich koste zwei

Prozent mehr“, hieß es auf

den Wahlkampfplakaten der

Genossen mit Hinweis auf die

geplante Mehrwertsteuerer-

höhung der Union. Richtig

hätte es jedoch heißen müssen:

„Ich koste zwei Prozentpunkte

Das Ökonomische PrinzipWir wissen zwar nicht, wer eigentlich dafür verantwort-

lich ist – der liebe Gott oder Mutter Natur? – fest steht

jedoch: Fast alles, was den Menschen lieb und teuer

ist, ist leider auch knapp. Ob Gold oder Geld, ob Ar-

beitsplätze oder Autos, ob Seide oder Saftpressen – die

Bedürfnisse der Menschheit sind schier unbegrenzt,

nicht aber ihre Mittel. Was also tun? Ganz einfach: Wir

müssen die knappen Güter „bewirtschaften“, sprich:

möglichst sinnvoll und effi zient damit umgehen. Genau

dieses Ziel verfolgt das Ökonomische Prinzip. Danach

hat Daniel Deutsch zwei Möglichkeiten, den Auftrag

seiner Frau zu erfüllen:

• Das Minimalprinzip. Bei dieser Methode, auch Spar-

prinzip genannt, soll ein vorgegebenes Ziel mit mini-

malem Einsatz erreicht werden. Der Auftrag von Daniel

Deutsch könnte also lauten: Kauf zwei Kilo Kartoffeln

für möglichst wenig Geld.

• Das Maximalprinzip. Hier ist es umgekehrt: Mit einem

vorgegebenen Einsatz soll ein maximales Ziel erreicht

werden. Daniel Deutsch könnte also losgehen, um für

fünf Euro möglichst viele Kartoffeln zu kaufen.

Was ist das?

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mehr“ – ein kleiner, aber fei-

ner Unterschied (siehe Kasten

oben).

Natürlich kann man über solch

vermeintliche Kleinigkeiten

auch lächelnd hinwegsehen

– zumal sie doch zeigen, dass

auch „ganz oben“ nur mit

Wasser gekocht wird. Doch

Hand aufs Herz: Wenn schon

die grundlegendsten Dinge wie

Kraut und Rüben durcheinan-

dergehen – wie soll dann erst

das große Ganze aussehen? Es

mag ja sein, dass die Beschäfti-

gung mit Themen wie Wachs-

www.wichtige-wirtschafts-wörter.deIn den Wirtschaftsnachrichten tauchen immer wieder Begriffe

auf, die zwar alle zu kennen meinen, die aber ein ums andere

Mal für Verwirrung und Verwechslungen sorgen:

Prozent/Prozentpunkte: Angenommen, ein Produkt kostete

100 Euro plus 16 Prozent Mehrwertsteuer, also insgesamt 116

Euro. Nun wurde die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent erhöht

(also um 3 Prozentpunkte), also steigt der Gesamtpreis auf

119 Euro. Die Differenz zwischen 116 und 119 Euro aber

beträgt nicht 3 Prozent, sondern knapp 2,6 Prozent.

Brutto/netto: Im Gegensatz zu brutto bezeichnet netto eine

Residualgröße, also eine Art „Rest“: So ist der Nettolohn das,

was vom Bruttolohn nach Abzug von Steuern und Sozialabga-

ben übrig bleibt.

Nominal/real: Nominal bedeutet in der Wirtschaft „zum

Nennwert“. So ist zum Beispiel der Nominallohn nichts

anderes als der Betrag, der auf dem Gehaltszettel steht (also

„genannt“ wird). Der Reallohn gibt dagegen an, wie sich die

tatsächliche („reale“) Kaufkraft des Nominallohns entwickelt

hat – und wird berechnet, indem man die Nominallohnent-

wicklung um die Infl ationsrate bereinigt.

Steuern/Abgaben: Steuern sind Geldleistungen an den Staat,

für die dieser keine konkreten Gegenleistungen zu erbringen

hat – die Kfz-Steuer etwa muss nicht für den Bau von Straßen

eingesetzt werden. Abgaben wie Gebühren und Beiträge sind

dagegen an Gegenleistungen geknüpft – wer Rentenbeiträge

entrichtet, erwirbt damit auch einen Rentenanspruch.

Strukturell/konjunkturell: Wenn zum Beispiel von der struk-

turellen Arbeitslosigkeit die Rede ist, dann ist damit jene

Erwerbslosigkeit gemeint, die auf die wirtschaftspolitischen

Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, also etwa auf die

zu hohen Arbeitskosten oder die mangelnde Ausbildung.

Konjunkturell bedingt ist Arbeitslosigkeit dagegen, wenn die

Unternehmen zum Beispiel aufgrund schlecht ausgelasteter Ka-

pazitäten Personal abbauen, das wieder eingestellt wird, sobald

es wirtschaftlich wieder aufwärtsgeht.

Effektiv/effi zient: Effektiv bedeutet, dass etwas wirkt, dass eine

Sache also einen Effekt hat; effi zient bedeutet, dass eine Sache

wirtschaftlich ist, dass sie sich also lohnt. So kann es zwar ef-

fektiv sein, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen – effi zient

aber ist es bestimmt nicht.

tumsraten, Arbeitslosenquoten

oder Steuersätzen den meisten

Menschen nicht gerade Freu-

dentränen in die Augen treibt,

doch was, bitte, wäre denn die

Alternative?

Wichtige Entscheidungen ...

Es gibt keine, denn die Wirt-

schaft geht uns alle an. Sie

ist, wie es Walther Rathenau,

Sohn des AEG-Gründers und

in den zwanziger Jahren des

20. Jahrhunderts deutscher

Außenminister, einmal aus-

drückte, „unser Schicksal“. Ob

als Unternehmer, als Freiberuf-

ler, als Angestellte, als Käufer,

als Rentnerin, als Student, als

Wähler, als Sparer oder als Ar-

beitsloser – alle Menschen tref-

fen permanent ökonomische

Entscheidungen. Meist betref-

fen sie „nur“ den heutigen Tag,

oft genug aber stellen sie die

Weichen für viele Jahre oder

gar das ganze Leben: Welchen

Beruf wähle ich? Wie sorge ich

fürs Alter vor? Gehe ich zu Aldi

oder in den Feinkostladen?

Reicht mein Geld für eine grö-

ßere Wohnung? Wollen wir ein

zweites Kind? In welcher Stadt

wollen wir wohnen? Soll ich in

Aktien investieren oder in eine

Lebensversicherung? Welcher

Anbieter hat die günstigsten

Handy-Tarife? Und so weiter

und so weiter und so fort.

Wirtschaftliche Überlegungen,

das mag man gutheißen oder

auch nicht, bestimmen unser

Leben heutzutage mehr als

jemals zuvor in der Mensch-

heitsgeschichte.

Eine der wichtigsten Entschei-

dungen aber scheint auf den

ersten Blick nicht allzu viel mit

Ökonomie zu tun zu haben:

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Welcher Partei gebe ich meine

Stimme? Doch „gerade in

Zeiten, in denen die Sozialord-

nung unseres Landes aufgrund

des gewaltigen demografi schen

Wandels zunehmend belastet

wird, ist die Wahrnehmung der

politischen Verantwortung als

Wähler wichtig“, warnt Rü-

diger von Rosen. Der Wirt-

schaftsprofessor kritisiert seit

Jahren, dass Deutschland die

schulische Ausbildung in Sa-

chen Wirtschaft geradezu sträf-

lich vernachlässigt – ohne öko-

nomische Grundkenntnisse

aber ist eine fundierte Ausein-

andersetzung mit den Strate-

gien der Parteien unmöglich.

... fürs Portemonnaie

Noch drastischer ausgedrückt:

Wer sich im Zeitalter der Glo-

balisierung und eines geradezu

mörderischen Wettbewerbs

nicht wenigstens mit den wich-

tigsten Spielregeln der Wirt-

schaftswelt auskennt, der darf

sich kaum Hoffnungen ma-

chen, ein eigenverantwortliches

Leben in Wohlstand zu führen.

Dies gilt umso mehr, als die

Zeiten einer quasi lebenslangen

Rundumversorgung durch den

Arbeitgeber und den Staat

defi nitiv vorbei sind.

Nein, wir wollen hier weder

Panik noch Ängste schüren.

Aber wir wollen und dürfen

auch nichts beschönigen.

Denn ganz egal, ob es nun um

Arbeitsmarktpolitik, um Bil-

dung, um die Finanzierung der

Sozialsysteme, um Steuern, um

die Europäische Union oder

um Subventionen geht, nahezu

alles hat einen mittelbaren oder

unmittelbaren Einfl uss auf das

Leben und das Portemonnaie

eines jeden Einzelnen.

Ein Beispiel: Es vergeht kein

einziges Jahr, in dem die Nach-

richtensendungen nicht min-

destens einmal über die

Tarifverhandlung en zwischen

Arbeitgebern und Gewerk-

schaften berichten. Was die

„Tagesschau“ oder „N24“ dann

vermelden, klingt irgendwie

immer gleich, nämlich unge-

fähr so: „Im Tarifstreit der

Metall- und Elektro-Industrie

sind am Freitag die Verhand-

lungen ergebnislos vertagt wor-

den. Der Verhandlungsführer

der Arbeitgeber sagte, die völlig

überzogene Forderung der

IG Metall nach fünf Prozent

mehr Lohn und Gehalt trage

nicht dazu bei, Arbeitsplätze

im Land zu halten. Dagegen

verwies der Verhandlungsfüh-

rer der Gewerkschaft auf die

gute wirtschaftliche Entwick-

lung der Metallbranche sowie

auf die allgemein schwache

Konsumnachfrage. Nur wenn

die Verbraucher wieder mehr

Geld in der Tasche hätten,

könne auch die Gesamtwirt-

schaft wieder wachsen.“

Ich, du, er, sie, wir sind die Wirtschaft

Und nun stellen Sie sich vor,

Sie sitzen vor dem Fernseher

und hören diese Meldung. Was

denken Sie, welche der beiden

Seiten hat recht? Klingen nicht

beide Argumentationen irgend-

wie einleuchtend? Es stimmt

doch, dass die Unternehmen

aufgrund der hohen Arbeits-

kosten in Deutschland immer

ArbeitskostenDie Arbeitskosten setzen sich aus zwei Komponenten

zusammen. Teil eins umfasst den Stundenlohn ein-

schließlich der Zuschläge für Überstunden und Schicht-

zulagen. Ökonomen sprechen deshalb vom „Direktent-

gelt für tatsächlich geleistete Arbeit“. Entgegen der weit

verbreiteten Meinung sind die Stundenlöhne in Deutsch-

land aber nur ein Teil des Problems – Länder wie Däne-

mark, Norwegen und die Schweiz zahlen höhere. Dass

Deutschland dennoch regelmäßig zu den Ländern mit

den weltweit höchsten Arbeitskosten zählt, liegt vielmehr

an den sogenannten Personalzusatzkosten. Diese zweite

Komponente der Arbeitskosten besteht im Wesentlichen

aus Sonderzahlungen wie dem 13. Monatsgehalt, dem

Urlaubsgeld, dem Lohn für bezahlte Freizeit sowie aus

den Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung, der

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und anderen sozialen

Extras wie der betrieblichen Altersversorgung. Dieser

„zweite Lohn“ ist in Westdeutschland höher als in

jedem anderen Industrieland der Welt. Wenn deutsche

Unternehmen also ihre Produktion zum Beispiel nach

Tschechien verlagern, dann unter anderem auch deshalb:

Dort kostet eine Arbeiterstunde in der Industrie nicht

einmal ein Sechstel dessen, was hierzulande fällig ist –

Autos oder Maschinen bauen können die Tschechen aber

genauso gut wie die Deutschen.

mehr Arbeitsplätze ins billigere

Ausland verlagern; aber wahr

ist doch auch, dass die Unter-

nehmen seit Jahren einen Ex-

portrekord nach dem anderen

feiern, während die Nachfrage

im Inland brachliegt und das

gesamtwirtschaftliche Wachs-

tum deshalb bei Weitem nicht

ausreicht, um neue Arbeitsplät-

ze zu schaffen – oder?

Was ist das?

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Des Tarifrätsels Lösung liegt

nicht auf der Hand, sondern

im Kopf: Denn wer entschei-

den will oder muss, wie hoch

die Lohnerhöhungen in einer

Branche oder einem Unterneh-

men ausfallen dürfen, damit

sowohl Arbeitnehmer als auch

Arbeitgeber „überleben“, der

kann sich ja schlecht auf sein

persönliches „Bauchgefühl“

verlassen – das schreit immer

nach mehr, mehr, mehr. Statt-

dessen braucht man Fakten,

Fakten, Fakten. In unserem

Tarifbeispiel muss man eben

wissen, was die Löhne mit den

Preisen und der Beschäftigung

zu tun haben. Man muss

wissen, was passiert, wenn an

dieser oder jener Stellschraube

gedreht wird. Und vor allem

muss man das große Ganze im

Blick haben – nicht umsonst

reden wir von Volks-Wirt-

schaft.

Nun defi niert der Begriff

Volkswirtschaft zwar das WER

und WO, nicht aber das WIE.

Auch die frühere DDR und

die UdSSR waren Volkswirt-

schaften, allerdings bestimm-

ten dort allein die Planer der

VolkswirtschaftUnter einer Volkswirtschaft versteht man einen Wirt-

schaftsraum (üblicherweise also ein Land), in dem alle

Akteure (die Haushalte, die Unternehmen und der Staat)

wirtschaftlich miteinander verbunden und voneinander

abhängig sind. Und da heutzutage praktisch alle Länder

mit anderen Staaten Handel treiben, spricht man auch

von offenen Volkswirtschaften. Ohne den Außenhandel

(Ausfuhren und Einfuhren) wäre eine Volkswirtschaft

dagegen geschlossen – mit gewissen Einschränkungen

traf dies früher auf kommunistische und sozialistische

Staaten wie die DDR oder die UdSSR zu.

Regierung, welche Waren und

Dienstleistungen angeboten

werden, wer sie produziert und

wer wie viel davon bekommt.

Deshalb werden solche Wirt-

schaftssysteme Plan- oder

Zentralverwaltungswirtschaft

genannt. Die politisch-ideolo-

gische Idee dahinter ist, dass

allein die Regierung alle volks-

wirtschaftlichen Aktivitäten

so organisieren und steuern

kann, dass es allen Beteiligten

gut geht – gleich gut, um es

im Kommunisten-Deutsch zu

sagen. Tatsächlich aber führt

die Zentralverwaltungswirt-

schaft dazu, dass es allen gleich

schlecht geht – denn sie ist

vor allem durch eines geprägt:

den Mangel.

Was ist das?

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Die Volkswirtschaft Deutsch-

lands dagegen ist, wie praktisch

alle anderen auch, eine Markt-

wirtschaft. Selbst China, neben

Kuba und Nordkorea eines

der wenigen noch kommunis-

tischen Länder, bekennt sich

heute zumindest in Ansätzen

zu marktwirtschaftlichen Prin-

zipien.

Die Marktwirtschaft und die unsichtbare HandIm Gegensatz zur Planwirt-

schaft, in der alle volkswirt-

schaftlichen Entscheidungen

allein vom Staat getroffen

werden, haben in einer Markt-

wirtschaft die Haushalte und

die Unternehmen das Zepter in

der Hand. Die Betriebe allein

entscheiden, mit wie vielen

Leuten sie welche Waren oder

Dienstleistungen wie und wo

produzieren und zu welchem

Preis sie diese anbieten. Die

Haushalte (Arbeitnehmer,

Sparer, Verbraucher) wiederum

entscheiden, wo und für wen

sie arbeiten und wofür sie ihre

Einkommen ausgeben. Der

„Ort“, an dem sich Unterneh-

men und Haushalte treffen, ist

der Markt. Besser gesagt: die

Märkte, denn es gibt Waren-

märkte, Dienstleistungsmärkte,

Arbeitsmärkte, Kapitalmärkte

und andere mehr. Und auf

jedem einzelnen Markt geht es

darum, Angebot und Nachfra-

ge miteinander in Einklang zu

bringen. Dies geschieht über

den Wettbewerb, also letztlich

über die Qualität und den

Preis.

Wenn wir von einer freien

Marktwirtschaft reden, dann

ist damit in der reinen Lehre

eine Wirtschaft gemeint, in

der sich der Staat praktisch aus

allem heraushält. Tatsächlich

aber spielt der Staat natürlich

sehr wohl eine Rolle. Zum

einen tritt er selbst als aktiver

Marktteilnehmer auf, indem

er zum Beispiel Arbeitsplätze

bietet oder Straßen bauen lässt.

Zum anderen und vor allem

aber fungiert er als eine Art

Schiedsrichter: Der Staat legt

nämlich die Rahmenbedin-

gungen fest, also jene Spielre-

geln, an die sich alle Markt-

teilnehmer halten müss(t)en.

Dazu zählt selbstverständlich in

erster Linie das Grundgesetz,

aber auch Regelungen wie die

Gewerbeordnung, das Eigen-

tums- und Wettbewerbsrecht

sowie die Sozialordnung.

Staat und Markt

Apropos sozial: In Deutschland

reden wir nicht von einer freien

Marktwirtschaft, sondern viel-

mehr von der „Sozialen Markt-

wirtschaft“. Auf einen Nenner

gebracht ist damit gemeint,

dass die größtmögliche Freiheit

der Märkte mit einer sozialen

Komponente verbunden wird.

Das Grundgesetz formuliert

das in Artikel 20 so: „Die Bun-

desrepublik Deutschland ist ein

demokratischer und sozialer

Bundesstaat.“

Im Unterschied zur reinen

Marktwirtschaft greift der Staat

in der Sozialen Marktwirtschaft

deshalb in vielfältiger Form

ins Wirtschaftsgeschehen ein.

So erhebt er zum Beispiel

Steuern und Abgaben, um das

Geld dann unter anderem in

Form von Sozialleistungen an

die Haushalte bzw. in Form

von Subventionen an die Un-

ternehmen zurückzugeben

– oder „umzuverteilen“, wie

Ökonomen sagen. Mit die-

ser Umverteilung (auf deren

Sinn oder Unsinn wir später

noch ausführlich zu sprechen

kommen) und mit seinen

zahlreichen Gesetzen und

Verordnungen will der Staat

die in einer reinen Marktwirt-

schaft unweigerlich auftre-

tenden Härten abmildern. Er

versucht dies, indem er zum

Beispiel dafür sorgt, dass das

Existenzminimum eines jeden

Einzelnen gesichert ist, dass

jeder die Chance erhält, durch

eigene Leistung am Wohlstand

teilzuhaben und dass niemand

seine Marktmacht missbraucht,

sodass ein fairer Wettbewerb

stattfi ndet. All diese Aufgaben

muss der Staat allerdings nicht

selbst erledigen, einige werden

von anderen Institutionen

übernommen. So kümmern

sich zum Beispiel die Arbeitge-

berverbände und die Gewerk-

schaften in den Tarifverhand-

lungen um die Lohnpolitik,

und die Sozialversicherungen

sind für die Bereiche Rente,

Gesundheit und Arbeitslosig-

keit zuständig.

„Die Soziale Marktwirtschaft vollzieht sich nicht in Gesetzbüchern, sondern im Denken und Handeln der Menschen.“

Richard von Weizsäcker

Nun wissen wir zwar, was eine

Marktwirtschaft ist – wie aber

kann solch ein System über-

haupt funktionieren? Wie kann

es sein, dass Millionen von

Haushalten und Unternehmen

individuelle, sprich egoistische

Entscheidungen treffen und

das Ganze trotzdem nicht im

Chaos endet?

Die bis heute gültige Antwort

auf diese Frage stammt von

Adam Smith. Der schottische

Ökonom und Moralphilosoph

lebte im 18. Jahrhundert und

gilt als Vater der Marktwirt-

schaft. Als glühender Verfech-

ter einer freien Wirtschaft und

einer „natürlichen Ordnung

der Gesellschaft“ hegte Smith

nicht nur eine gehörige Portion

Misstrauen gegenüber dem

Staat, sondern auch gegenüber

Leuten, „die so tun, als han-

delten sie aus reinem Edelmut

Ich, du, er, sie, wir sind die Wirtschaft

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10

und nicht aus Eigennutz.“ Die-

se erfrischend ehrliche Grund-

haltung des Schotten gipfelte

in einem Satz, den noch heute

jeder Wirtschaftsstudent im

Schlaf herunterbeten kann:

„Nicht vom Wohlwollen der

Metzger, Bäcker und Brauer

erwarten wir das, was wir zum

Leben brauchen, sondern weil

diese ihre eigenen Ziele ver-

folgen.“ Smith, der schon mit

27 Jahren zum Professor für

Logik ernannt wurde, betonte

ausdrücklich, dass die Men-

schen in aller Regel weder das

Gemeinwohl im Auge haben

noch wissen, ob und wie sie

es fördern. Dass sie es de facto

dennoch tun, erklärte er mit

der „unsichtbaren Hand“,

einer Art kapitalistischen Ge-

meinschaftswohlmaschine:

Man kippt oben Eigeninteresse

hinein – und schwups, kommt

unten Gemeinwohl heraus.

Grenzenlose Chancen

Zugegeben, das klingt ziem-

lich verrückt. Aber prinzipiell

stimmt es. Nehmen wir zum

Beispiel einen der reichsten

Männer der Welt, Bill Gates:

Mit 20 Jahren brach er sein

Studium in Harvard ab und

gründete 1975 zusammen

mit Paul Allen die Microsoft

Corporation in Redmond,

nahe Seattle. Im ersten Monat,

so wird berichtet, teilten sich

die beiden einen Verdienst von

1.516 Dollar – inzwischen

beschäftigen sie knapp 60.000

Mitarbeiter und erwirtschaf-

ten einen Umsatz von fast 40

Milliarden Dollar. Wer quasi

aus dem Nichts heraus 60.000

Arbeitsplätze geschaffen hat,

der muss seinen Beitrag zum

Gemeinwohl eigentlich nicht

mehr unter Beweis stellen, Bill

Gates aber tut es trotzdem.

Zusammen mit seiner Frau

gründete er die „Belinda and

Bill Gates Foundation“, eine

Stiftung, in die er mehr als

29 Milliarden Dollar seines

Privatvermögens steckte und

die sich unter anderem um

Gesundheitsprojekte in Afrika

und Asien kümmert.

Im Jahr 2006 gesellte sich der

US-Milliardär und Finanz-

Guru Warren Buffet hinzu und

verdoppelte das Stiftungsver-

mögen. Mit insgesamt rund

60 Milliarden Dollar verfügt

die nun größte private Chari-

ty-Organisation der Welt über

ein fünfmal so hohes Kapital

wie das Budget der Vereinten

Nationen. Übrigens: Bill Gates

will nach eigenen Angaben

bis zu seinem Tod 90 bis 95

Prozent seines Gesamtvermö-

gens spenden. Einen Egoisten,

eine „Heuschrecke“ oder einen

„Raubtier-Kapitalisten“ stellt

man sich doch irgendwie an-

ders vor – oder?

Ja, ja, schon gut, wir ahnen,

was die Markt-Kritiker sagen

wollen: Natürlich sind Bill

Gates und Warren Buffet abso-

lute Ausnahmeerscheinungen.

Wer 50 Milliarden Dollar auf

dem Konto hat, der kann lo-

cker auch 99,9 Prozent davon

verschenken und behält noch

immer viel, viel mehr übrig

(nämlich 50 Millionen Dol-

lar), als ein Normalverdiener

in einem ganzen Arbeitsleben

verdienen könnte. Doch darum

geht es gar nicht. Es geht, wie

es so schön heißt, ums Prinzip,

in diesem Fall also darum,

dass in einer Marktwirtschaft

grundsätzlich jeder die Chance

hat, förmlich alles zu erreichen

– und dies kann nun wirklich

kein anderes Wirtschaftssystem

für sich in Anspruch nehmen.

Was der Einzelne aus dieser

Chance macht, steht selbst-

verständlich auf einem ganz

anderen Blatt.

Ich, du, er, sie, wir sind die

Wirtschaft – aber leider lässt

sich über die Wirtschaft nun

mal schlecht reden, ohne Zah-

len zu nennen. Bevor wir also

auf den nächsten Seiten ans

Eingemachte gehen, hier ein

paar grundlegende Daten und

Fakten über ich, du, er, sie, wir.

Alle Angaben stammen aus

dem Frühjahr 2009 und ge-

ben den jeweils neusten Stand

wieder:

„Der Mensch an sich ist nichts. Er ist nur eine grenzenlose Chan-ce. Aber er ist der grenzenlos Verant-wortliche für diese Chance.“

Albert Camus

In Deutschland leben rund 82,2 Millionen Menschen

• Es gibt 39,1 Millionen Privathaushalte; davon sind

– 37 Prozent Single-Haushalte

– 25 Prozent Ehepaare ohne Kinder im Haushalt

– 24 Prozent Ehepaare mit Kindern im Haushalt

– 8 Prozent nichteheliche Lebensgemeinschaften

– 6 Prozent Alleinerziehende

• Es gibt 43,3 Millionen Erwerbspersonen, davon sind

– 3,6 Millionen erwerbslos (internationale Defi nition)

– 39,7 Millionen erwerbstätig, davon arbeiten

– 68 Prozent als sozialversicherungspfl ichtig

Beschäftigte, davon

– 67 Prozent im Dienstleistungssektor

– 32 Prozent im Produzierenden Gewerbe

– 1 Prozent in der Landwirtschaft

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Ich, du, er, sie, wir sind die Wirtschaft

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12

Mehr als zehn Millionen Millionäre weltweit

Die Zahl der Dollar-Millionäre ist weltweit drastisch gestiegen. Im vergangenen Jahr waren es

mit 10,1 Millionen sechs Prozent mehr als im Vorjahr, wie aus einer veröffentlichten Studie der

Consulting-Firma Capgemini und der Investmentbank Merrill Lynch hervorgeht.

Der Kreis der besonders Wohlhabenden mit mehr als 30 Millionen Dollar Vermögen erweiterte

sich noch schneller: um mehr als 8,8 Prozent auf 103.320 Menschen. […] Das durchschnittliche

Vermögen der Reichen übersprang 2007 erstmals die Marke von vier Millionen US-Dollar. Zu-

sammen verfügten sie über 40,7 Billionen Dollar (26,2 Billionen Euro) – ein Plus von 9,4 Prozent

gegenüber 2006.

[…] Nach der Studie dürfte sich das Vermögen der Millionäre bis 2012 um jährlich 7,7 Prozent

auf dann 59,1 Billionen US-Dollar erhöhen.

Angebot trifft Nachfrage:Wie Märkte (nicht) funktionieren

Im August 2008 veröffent lichte

die Hamburger Wochenzeit-

schrift „Die Zeit“ in ihrer

Online-Ausgabe folgende

Meldung (Auszüge):

Weltbank-Studie: 1,4 Milliarden Menschen sind arm

Noch immer lebt ein Viertel der Menschheit in Armut, schätzt die Weltbank. Während in Asien

der Wohlstand wächst, hungern die Menschen in weiten Teilen Afrikas weiter.

Trotz Fortschritten im Kampf gegen die globale Armut schätzt die Weltbank die Zahl der Armen

rund um den Erdball auf 1,4 Milliarden und damit ein Viertel der Weltbevölkerung. Allerdings sei

durch neue Daten über die Preisentwicklung die Armutsgrenze angehoben worden, heißt es in

einer am Dienstagabend veröffentlichten Studie der Entwicklungshilfeorganisation. Danach gilt

als arm, wer im Durchschnitt von weniger als 1,25 Dollar am Tag (rund 85 Cent) leben muss.

Bisher war es ein Dollar. „Die Entwicklungsländer sind ärmer, als wir bisher angenommen ha-

ben“, heißt es in der Untersuchung.

Dennoch komme der Kampf gegen die weltweite Armut voran. Die Zahl der Menschen, die von

weniger als 1,25 Dollar am Tag leben müssen, habe sich zwischen 1981 und 2005 um 500 Mil-

lionen verringert. […] Die Fortschritte seien jedoch sehr ungleich verteilt. Die größten Erfolge

habe es in Asien gegeben. Dort hätten 1981 noch 80 Prozent der Bevölkerung mit weniger als

1,25 Dollar am Tag auskommen müssen. 2005 seien es nur noch 18 Prozent gewesen. Allein in

China hätten 600 Millionen Menschen den Sprung über die Armutsschwelle geschafft. Dagegen

lebe in Afrika südlich der Sahara weiterhin etwa die Hälfte der Bevölkerung in extremer Armut.

Im Juni 2008 veröffentlichte

das Internetportal „T-Online“

folgende Meldung:

„Die Unterschiede im Lebens-

standard rund um die Welt

sind erschütternd“, bestätigt

der Harvard-Professor Nicholas

wie kann das sein? Wieso muss

ein Viertel der Weltbevölke-

rung mit je 1,25 Dollar am

Tag auskommen, während die

10 Millionen Millionäre (das

sind 0,15 Prozent der Welt-

bevölkerung) insgesamt mehr

als 40 Billionen Dollar auf

ihren Konten haben? Warum

erwirtschaften die Menschen

in Sierra Leone oder Malawi

ein Bruttoinlandsprodukt von

Gregory Mankiw in seinem

Standardwerk „Die Grundzüge

der Volkswirtschaftslehre“ (das

übrigens auch interessierten

Nicht-Ökonomen empfohlen

sei; siehe Literaturliste). Doch

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13

Produktivität„Er war heute wieder besonders produktiv“ – solche

Aussagen hören wir zwar fast jeden Tag, doch mit der

Produktivität im ökonomischen Sinne hat das nur wenig

zu tun. Produktiv sein, darunter versteht der Volksmund

meist, „besonders viel getan zu haben“ oder „besonders

kreativ“ zu sein. Die Volkswirtschaftslehre aber defi niert

Produk tivität so:

Output

Input

Produktivität ist also das Verhältnis zwischen der produ-

zierten Menge und den dafür eingesetzten Mitteln. Öko-

nomen kennen drei Produktivitäten:

• Die Arbeitsproduktivität gibt an, welche Menge an

Gütern und Dienstleistungen (Output) pro eingesetzte

Arbeitsstunde (Input) produziert wird.

• Die Kapitalproduktivität gibt an, welche Menge an

Gütern und Dienstleistungen (Output) im Verhältnis

zum eingesetzten Kapital (Input) erwirtschaftet wird.

• Die Faktorproduktivität berücksichtigt beides, Arbeit

und Kapital. Sie gibt also an, welche Menge an Gütern

und Dienstleistungen (Output) im Verhältnis zur ein-

gesetzten Arbeit und zum eingesetzten Kapital (Input)

produziert wird.

Was ist das?

Investitionen„Ich hab’ heute in ein neues Fahrrad investiert“ – auch

das ist ein Satz, den Bodo und Berta Bundesbürger so

und so ähnlich tagtäglich sagen, der aber die wahre Be-

deutung von Investitionen verkennt. Denn als Investi-

tion gelten nur Ausgaben, die darauf abzielen, zukünftig

Erträge zu erwirtschaften. Der Kauf eines Fahrrads wäre

also nur dann eine Investition, wenn man mit diesem

Fahrrad Geld verdienen will – zum Beispiel als Fahrrad-

Kurier.

In einer Volkswirtschaft gibt es verschiedene Investiti-

onen: Sachinvestitionen in Maschinen, Werkhallen oder

die Infrastruktur sollen die Leistungs- und Wettbewerbs-

fähigkeit erhöhen. Werden lediglich alte durch neue

Maschinen ersetzt, spricht man von Ersatz investitionen.

Kommt zu den vorhandenen Maschinen noch eine wei-

tere hinzu, wird also der Kapitalstock erweitert, so nennt

man das Erweiterungsinvestitionen. Werden noch funkti-

onstüchtige, aber technisch veraltete Anlagen gegen mo-

derne ausgetauscht, dann sind das Rationalisierungsin-

vestitionen. Außerdem gibt es noch Finanzinvestitionen,

zum Beispiel der Kauf von Aktien, sowie Bildungsinves-

titionen, zum Beispiel in neue Hochschulen. Darüber

hinaus unterscheidet man noch zwischen staatlichen und

privaten (unternehmerischen) Investitionen.

Was ist das?

gen) ausgestattet sind bzw. das

Land über mehr Wissen und

Know-how verfügt als Land B.

Warum investieren?

Das ist auch der Grund dafür,

dass in den meisten modernen

Volkswirtschaften die Arbeits-

produktivität langfristig steigt,

während die Kapitalproduktivi-

tät stagniert oder sogar fällt.

Wenn nun die Beschäftigten

standards sind fast gänzlich

den Unterschieden in der Pro-

duktivität geschuldet.

Wenn Ökonomen von unter-

schiedlichen Produktivitäten

reden, dürfen wir das aber

keinesfalls missverstehen. Eine

höhere Arbeitsproduktivität in

Land A bedeutet nicht, dass

die Beschäftigten dort „fl ei-

ßiger“ sind als die in Land B,

sondern nur, dass die Arbeits-

plätze in Land A mit einem

leistungsfähigeren Kapitalstock

(das sind Maschinen und Anla-

rund 300 Dollar pro Kopf und

Jahr, die Luxemburger aber

mehr als 80.000 Dollar?

Lassen wir einmal alle soziolo-

gischen, kulturellen, religiösen

und ideologischen Erklärungen

beiseite und konzentrieren uns

ganz auf das Ökonomische,

dann ist die Antwort auf diese

Fragen „überraschend einfach“,

wie Ökonom Mankiw sagt:

Die Unterschiede der Lebens-

in Land A eine größere Güter-

menge pro Zeiteinheit herstel-

len können als die Menschen

in Land B, dann erzielen sie

auch höhere Einkommen,

sprich einen höheren Lebens-

standard. Für die Wirtschafts-

politiker in Land B kann das

also nur heißen: Sie müssen die

Produktivität erhöhen, indem

sie zum Beispiel für bessere Bil-

dung und eine bessere Ausstat-

tung mit Produktionsmitteln

wie Anlagen und Maschinen

sorgen. Kurzum: Land B muss

seine Investitionen erhöhen.

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Page 15: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

14

Um zu sehen, wie überlebens-

wichtig Investitionen für eine

Volkswirtschaft sind, müssen

wir aber nicht nach Afrika oder

in all die anderen bettelarmen

Staaten dieser Welt schauen,

sondern können uns getrost

an die eigene Nase fassen. Für

das Jahr 2006 hatte die deut-

sche Bundesregierung zum

wiederholten – und vorerst

letzten – Mal in Folge einen

verfassungswidrigen Haushalt

aufgestellt. Dies ist nach Ar-

tikel 115 des Grundgesetzes

immer dann der Fall, wenn der

Staat in einem Jahr mehr neue

Schulden macht, als er für neue

Straßen, Forschungsprojekte,

Universitäten und andere

Inves titionsprojekte ausgibt.

Die Folgen der rasant stei-

genden Staatsverschuldung

werden uns auf unserer Reise

durch die Marktwirtschaft

leider noch oft begleiten. An

dieser Stelle aber geht es erst

einmal „nur“ um die Auswir-

kungen der Verschuldung auf

die Leistungsfähigkeit der deut-

schen Volkswirtschaft.

Ein kurzer Rückblick: Jahr-

zehntelang war „made in

Germany“ so etwas wie eine

Garantie für Wachstum und

Wohlstand. Deutsche Waren,

insbesondere Maschinen, Anla-

gen und Autos, waren weltweit

so begehrt, dass es sich die Volks-

wirtschaft Deutschland schein-

bar locker leisten konnte, den

Beschäftigten immer höhere

Löhne zu zahlen und der Be-

völkerung immer umfassendere

Sozialleistungen zu gewähren.

Wie wir bereits gesehen haben,

hat dies unter anderem dazu

geführt, dass sich Deutschland

schon mehrmals mit dem un-

rühmlichen Titel des „Arbeits-

kosten-Weltmeisters“ schmü-

cken musste. Die hohen Löhne

und Gehälter waren so lange

kein Problem, wie Deutschland

mit einer entsprechend hohen

Produktivität dagegenhalten

konnte.

Im Nachhinein lässt sich kaum

exakt sagen, wann der deutsche

Produktivitätsvorsprung verlo-

ren gegangen ist, doch datieren

wir die „Wende“ der Einfach-

heit halber auf die wohl größte

(wirtschafts-)politische Zäsur

nach dem Zweiten Weltkrieg:

den Fall der Berliner Mauer,

also den Zusammenbruch des

Ostblocks und den dadurch

ausgelösten gewaltigen Globa-

lisierungsschub. Auch wenn es

das Phänomen der Globalisie-

rung in Wahrheit schon früher

gegeben hat – was sich seit dem

Zusammenbruch des Kommu-

nismus und der Planwirtschaft

in der Wirtschaftswelt abspielt,

ist in der Tat einmalig.

Nehmen wir nur das Beispiel

der EU-Erweiterung um die

osteuropäischen Staaten im

Jahr 2005: Mit einem Schlag

ist die europäische Staatenge-

meinschaft um 75 Millionen

Menschen gewachsen – und

diese 75 Millionen Menschen

sind auch Konkurrenten.

Deutsche Unternehmen (aber

natürlich auch britische, fran-

zösische, spanische und viele

andere) bauen Produktions-

stätten in Polen, Ungarn oder

Lettland. Dort werden mit

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• Im Mai 2006 ist die Verschuldung der öffentlichen Haus-

halte in Deutschland erstmals über die Marke von 1,5 Billi-

onen Euro gestiegen. Bis zum Frühjahr 2009 kamen weitere

36 Milliarden Euro hinzu – ein Grund dafür waren die Kon-

junkturpakete, mit denen die Bundesregierung die Folgen der

weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise abfedern will.

• Statistisch gesehen belasten die Staatsschulden jeden ein-

zelnen Bundesbürger mit fast 19.000 Euro. Um ein weiteres

Ausufern der Staatsverschuldung zu verhindern, hat der

Gesetzgeber eine „Schuldenbremse“ beschlossen: Demnach

gilt ab 2016 (Bund) bzw. 2020 (Länder) ein sogenanntes

Neuverschuldungsverbot.

• Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler wächst der

öffentliche Schuldenberg in jeder einzelnen Sekunde um

mehr als 4.400 Euro. Allein in der Zeit, die Sie für das Lesen

dieses kleinen Kastens brauchen, steigt die Staatsverschul-

dung um mehr als 100.000 Euro.

???Hätten Sie,s gewusst

Die Kennzeichnung „made in Germany“ wurde Ende des

19. Jahrhunderts in Großbritannien erfunden – und zwar aus

einem ganz bestimmten Grund: Die Briten, aber auch andere

europäische Industrienationen, wollten sich damit gegen

„minderwertige Nachahmungsprodukte“ schützen, wie es im

Handelsmarkengesetz von 1887 hieß. Die Kennzeichnung

„made in Germany“ sollte es der britischen Bevölkerung

leichter machen, die Waren des Gegners zu erkennen und zu

boykottieren. Zwar wurde die Kennzeichnung auch nach

dem Krieg beibehalten – allerdings entpuppte sie sich schnell

als Eigentor: Weil nämlich die Qualität der Waren aus

Deutschland in der Regel sehr gut war, entwickelte sich

„made in Germany“ in kurzer Zeit zu einem weltweit aner-

kannten Qualitätssiegel.

???Hätten Sie,s gewusst

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modernster Technik (wir erin-

nern uns: mit einem leistungs-

fähigen Kapitalstock) Autos,

Maschinen, Handys und viele

andere Produkte hergestellt,

die sich durch zweierlei aus-

zeichnen: Zum einen sind sie

qualitativ genauso gut wie die

in Deutschland hergestellten

Waren – vor allem aber können

sie aufgrund der wesentlich

niedrigeren Löhne zu viel

niedrigeren Kosten hergestellt

werden. So muss ein Unterneh-

men für einen westdeutschen

Arbeitnehmer rund 3.800 Euro

im Monat aufbringen, Polen

oder Tschechen erledigen den

gleichen Job für 800 Euro.

Teufelskreis Verschuldung

Lange Rede, kurzer Sinn: Die

Volkswirtschaft Deutschland

kann ihre exorbitant hohen

Löhne nicht mehr mit einer

entsprechend hohen Produk-

tivität erwirtschaften und

müsste, um wieder konkur-

renzfähig zu werden, dringend

investieren – sehr dringend.

Und genau hier liegt der Hase

im Pfeffer: Statt zum Beispiel

in neue Technologien zu in-

vestieren, statt also Geld aus-

zugeben, um künftig Erträge

zu erzielen, hat Deutschland

in den vergangenen Jahr-

zehnten immer mehr Geld

„verfrühstückt“, sprich für

soziale Wohltaten ausgegeben.

Zwischen 1960 und 2006 sind

die Sozialausgaben je Einwoh-

ner von knapp 600 Euro pro

Jahr auf 8.500 Euro gestie-

gen – ein Zuwachs von rund

1.300 Prozent. Machten die

Sozialleistungen damals noch

rund 21 Prozent des Brutto-

inlandsprodukts (BIP) aus, so

sind es inzwischen schon über

30 Prozent, also fast ein Drittel

all dessen, was jedes Jahr er-

wirtschaftet wird.

Nun muss man eigentlich

nicht Adam Riese heißen, um

zu erkennen, dass das beim

besten Willen nicht gutgehen

konnte. Doch ob nun Konrad

Adenauer, Ludwig Erhard,

Kurt Georg Kiesinger, Willy

Brandt, Helmut Schmidt,

Helmut Kohl oder Gerhard

Schröder: Bis auf wenige Aus-

BIP und BSP„Ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“

– mit diesem Ohrwurm eroberte die Gruppe „Geier Sturzfl ug“ 1983 nicht nur Platz eins

der deutschen Hitparade, der Song „Bruttosozialprodukt“ eroberte auch Platz eins in

Österreich und der Schweiz und wurde zudem ins Französische, Englische und Nieder-

ländische übersetzt. Doch was ist eigentlich das Bruttosozialprodukt (BSP) und wie unter-

scheidet es sich vom Bruttoinlandsprodukt (BIP)?

• Das Bruttoinlandsprodukt gibt den Marktwert aller Güter (wie Möbel oder Autos) und

aller Dienstleistungen (wie einen Friseurbesuch oder eine Autoreparatur) an, die in einem

Land in einem bestimmten Zeitabschnitt hergestellt werden. Wichtig ist dabei die Eingren-

zung „in einem Land“: Denn arbeitet zum Beispiel ein Türke vorübergehend in Deutsch-

land, zählt seine Leistung auch zum deutschen Bruttoinlandsprodukt; dagegen zählt das,

was ein deutscher Staatsbürger mit seinem Betrieb in der Türkei herstellt, zum türkischen

BIP. Das Bruttoinlandsprodukt ist also ein INLANDskonzept: Es misst die gesamte

Produktion in einem Land, unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit die Produ-

zenten haben.

• Das Bruttosozialprodukt, heute Bruttonationaleinkommen genannt, erfasst grundsätz-

lich das Gleiche wie das BIP, allerdings mit einem Unterschied: Während das BIP auf das

Inland abzielt, geht es beim BSP um die INLÄNDER: Es misst den Marktwert aller Waren

und Dienstleistungen, die von Personen erbracht werden, die dauerhaft in einem Land

leben. Wenn also ein türkischer Staatsbürger nur vorübergehend in Deutschland arbeitet,

zählt seine Leistung nicht zum deutschen BSP, sondern zum türkischen. Und das, was ein

deutscher Staatsbürger mit seinem Unternehmen in der Türkei herstellt, erhöht das deut-

sche BSP, nicht aber das türkische.

Der Unterschied zwischen BIP und BSP in Zahlen: Im Jahr 2007 betrug das deutsche BIP

2.423,8 Milliarden Euro, das BSP war mit 2.446,4 Milliarden Euro um 22,6 Milliarden

Euro oder 0,9 Prozent höher.

Was ist das?

nahmejahre haben alle bishe-

rigen Bundeskanzler und ihre

Ministerriegen stets wesentlich

mehr Geld ausgegeben als sie

an (Steuer-)Einnahmen verbu-

chen konnten. Allein seit der

Wiedervereinigung haben sich

die Bundesschulden mehr als

verdreifacht.

Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren

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Hier schließt sich also der Teu-

felskreis: Weil der Staat sich

immer mehr verschuldet und

das geliehene Geld noch nicht

einmal investiert, sondern

sprichwörtlich auf den Kopf

gehauen hat, ist dem Wachs-

tum förmlich der Boden unter

den Füßen weggebrochen.

Konnte die Bundesrepublik

diese fatale Wirtschaftspolitik

in den Jahren nach der Wieder-

vereinigung noch kaschieren

– man nahm einfach noch

mehr und noch mehr Kredite

auf – setzte der Europäische

Stabilitätspakt dem Treiben

enge Grenzen.

Wohin die angeblich so sozi-

ale Marktwirtschaft geführt

hat, zeigt die Entwicklung der

wichtigsten ökonomischen

Kennziffern in den neunziger

Jahren. Dieses Jahrzehnt, in

dem praktisch die gesamte

Wirtschaftswelt neu defi niert

worden ist, muss für Deutsch-

land als verlorenes Jahrzehnt

gelten. Denn:

Die Wachstumsrate der

deutschen Volkswirtschaft ist

seit 1993 (davor gab es noch

einen zweijährigen „Wieder-

vereinigungs-Boom“) in jedem

einzelnen Jahr unter dem euro-

päischen Durchschnitt geblie-

ben. Gleich mehrmals landete

Deutschland, immerhin die

größte Volkswirtschaft Euro-

pas, sogar auf dem letzten Platz

der damals 15 EU-Mitglieder.

Die Einkommen je Einwoh-

ner sind von 1991 bis 2003

zwar um 41 Prozent auf umge-

rechnet 27.350 Dollar pro Jahr

Der Europäische StabilitätspaktIm Jahr 1991 beschloss die Europäische Union im hollän-

dischen Maastricht die Einführung des Euro. Da die da-

mals 15 Mitgliedsstaaten aber die Hoheit über ihren Staats-

haushalt behalten haben und die Stabilität einer Währung

nicht zuletzt von der Haushaltsdisziplin abhängt, müssen

die einzelnen Staatshaushalte seitdem bestimmte Anfor-

derungen erfüllen, die sogenannten Maastricht-Kriterien.

Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) darf danach

• die Gesamtverschuldung maximal 60 Prozent betragen

und

• die jährliche Neuverschuldung maximal 3 Prozent

ausmachen.

Was ist das?gestiegen. Doch was auf den

ersten Blick noch recht pas-

sabel aussieht, entpuppt sich

im internationalen Vergleich

als äußerst dürftig: Erstens ist

Deutschland mit diesem Ein-

kommensniveau von Platz vier

auf Platz acht in der EU-15

abgerutscht; zweitens haben

selbst die einstigen europä-

ischen „Armenhäuser“ Irland

(153 Prozent), Griechenland

(60 Prozent) und Portugal (57

Prozent) besser abgeschnitten;

und drittens belegen die Deut-

schen mit ihrem Zuwachs von

41 Prozent ebenfalls den letz-

ten Platz im EU-Ranking.

Die Arbeitslosenquote lag im

Jahr 2005 nach internationaler

Defi nition bei 9,5 Prozent

und damit deutlich über dem

EU-Durchschnitt von 8,8 Pro-

zent. Länder wie Luxemburg,

Irland, die Niederlande und

Österreich hatten sogar nur

Quoten von höchstens 5 Pro-

zent. Umgekehrt musste sich

die Bundesrepublik zusammen

mit Dänemark und Italien bei

einem Plus von rund 3 Prozent

mit dem niedrigsten Beschäf-

tigungszuwachs seit 1990

zufriedengeben – Irland und

Luxemburg dagegen konnten

die Zahl der Arbeitsplätze

jeweils um rund die Hälfte

erhöhen.

Und was lernen wir daraus?

Also renn’, Deutschland, renn’.

Nur: wohin? Oder anders

gefragt: Wenn die Wirtschafts-

politik der vergangenen Jahr-

zehnte offensichtlich falsch

war, wie sieht dann die richtige

aus? Was müssen wir tun,

damit die deutsche Volkswirt-

schaft wieder wächst, damit

neue Arbeitsplätze entstehen

und der Wohlstand steigt?

Zugegeben, den meisten Bun-

desbürgern geht es nach wie

vor vergleichsweise gut. Doch

selbst die größten Optimisten

müssen eingestehen: Es geht

in geradezu atemberaubendem

Tempo bergab. Hier nur drei

Beispiele, die im wahrsten

Sinne des Wortes zeigen,

wie arm es um die Zukunft

„Jeden Morgen er-wacht in Afrika eine Gazelle. Sie weiß, dass sie schneller sein muss als der schnellste Löwe. Jeden Morgen er-wacht in Afrika ein Löwe. Er weiß, dass er nicht langsamer sein darf als die langsamste Gazelle. Egal ob wir Gazelle sind oder Löwe – wir müssen rennen!“

Heinz Dürr

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Deutschlands bestellt ist, wenn

wir nicht grundlegend umsteu-

ern:

▼ Nach Angaben der Bundes-

agentur für Arbeit hat sich die

Zahl der Kinder, die auf Sozial-

hilfeniveau leben, von 2004 bis

Mitte 2006 auf 2,5 Millionen

verdoppelt.

▼ Nach dem jüngsten

Armutsbericht der Bundes-

regierung ist die Zahl der

Haushalte, die unterhalb der

Armutsgrenze leben, von 12,2

Prozent im Jahr 1989 auf

inzwischen 17,3 Prozent ge-

stiegen.

▼ Nach den Ergebnissen der

PISA-Studie hängen die Bil-

dungschancen der jungen Ge-

nerationen in keinem anderen

Land so sehr von der sozialen

Herkunft ab wie in Deutsch-

land. Im beschämenden Klar-

text: Arbeiterkinder werden

Arbeiter, Chefarztkinder wer-

den Chefarzt.

Wir haben nicht umsonst drei

Beispiele gewählt, die direkt

oder indirekt mit dem Nach-

wuchs zu tun haben. Denn so

wie die fehlenden Investitionen

dem Wachstum den Boden

entziehen, krankt auch der

deutsche Arbeitsmarkt an einer

wegbrechenden Basis – und

das gleich doppelt: Einerseits

werden immer weniger Kin-

der geboren; andererseits hat

die Gesellschaft offensichtlich

enorme Probleme, die jünge-

ren Generationen adäquat auf

die Herausforderungen der

Zukunft vorzubereiten. So

schneiden deutsche Schüler bei

internationalen Leistungsver-

gleichen wie dem PISA-Test

erschreckend schlecht ab; und

jedes Jahr bekommen Zehntau-

sende von Jugendlichen keine

Ausbildungsstelle, weil sie

einfach nicht die nötigen schu-

lischen und persönlichen Vor-

aussetzungen für eine Ausbil-

dung mitbringen. Im einstigen

Land der Dichter und Denker

sind die Defi zite an Bildung,

Leistungsbereitschaft und so-

zialer Kompetenz inzwischen

so groß, dass sich Gesellschaft

und Politik ernsthaft Sorgen

machen müssen, ob sich die

jungen Generationen auf den

durch und durch von harten

Konkurrenzkämpfen geprägten

Märkten noch behaupten

können.

„Die Wettbewerbs-fähigkeit eines Landes beginnt nicht in der Fabrik-halle oder im For-schungslabor. Sie beginnt im Klassen-zimmer.“

Henry Ford

Also zurück auf die Schulbank.

Thema heute: Wirtschaftspo-

litik. Daniel Deutsch, erklären

Sie uns doch mal, was Wirt-

schaftspolitik überhaupt ist

und welche Arten es gibt.

„Die Unternehmen wollen

mit dem geringsten Einsatz

den größtmöglichen –“ ...

Schluss! Aus! Ende! So wird

das nichts. Also: Als Erstes

brauchen wir einen Plan, eine

Strategie. Wir müssen uns ein

Ziel setzen und dann überle-

gen, wie wir es erreichen. Das

Ziel ist wohl allen klar: Wir

wollen, dass die Wirtschaft

wieder nachhaltig wächst, dass

also neue Arbeitsplätze ge-

schaffen werden und möglichst

viele Menschen am Wohlstand

teilhaben können. Bleibt die

Frage, wie wir das erreichen

können. Hat jemand dazu

irgendwelche Vorschläge?

„Wir könnten die Löhne al-

ler Beschäftigten verdoppeln.

Dann können die Leute mas-

senhaft Geld ausgeben, also

steigt die Nachfrage, die Wirt-

schaft wächst wieder und die

Unternehmen schaffen neue

Arbeitsplätze.“

So, so – und wer bezahlt das al-

les? Wo soll denn zum Beispiel

der Bäcker um die Ecke das

Geld dafür hernehmen, seinen

Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren

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Angestellten von heute auf

morgen das doppelte Gehalt

zu zahlen? Dieses Geld muss

der Bäcker doch erst einmal

verdienen – müsste er dann

nicht auch die Preise für seine

Brötchen und seinen Kuchen

verdoppeln?

„Tja … äh …“

Nun gut, wir ahnen schon

– ganz so einfach ist die Sache

mit der Wirtschaftspolitik

nicht. Deshalb schlagen wir

jetzt einmal das Lehrbuch auf

und schauen nach, ob und mit

welchen Maßnahmen der Staat

die Konjunktur steuern kann.

Und ob er das überhaupt soll.

Ist Wirtschaft + Politik = Wirt-schaftspolitik?Mal steigen die Preise, mal fal-

len sie; das eine Unternehmen

muss alle seine Mitarbeiter ent-

lassen, ein anderes sucht hän-

deringend Facharbeiter; dem

Häuslebauer sind die Zinsen

zu hoch, dem Sparbuchbesitzer

zu niedrig; der eine verdient

Millionen, der andere muss mit

einem Niedriglohn zurecht-

kommen – die Marktwirtschaft

ist das perfekte Spiegelbild

des richtigen Lebens: Der eine

will dies, der andere das; mal

regnet es, dann wieder scheint

die Sonne. Doch so banal diese

Erkenntnis auch sein mag,

den meisten Menschen ist das

ewige Auf und Ab ein Graus.

Stattdessen wollen sie am liebs-

ten heute schon wissen, was

morgen passiert – sie sehnen

sich nach Stabilität und Sicher-

heit. So gesehen ist staatliche

Wirtschafts- oder Konjunktur-

politik im Grunde genommen

nichts anderes als der Versuch,

das Sicherheitsbedürfnis der

Menschen zu befriedigen.

Nun muss man kein Nobel-

preisträger für Wirtschafts-

wissenschaften sein, um zu

erkennen, dass dieser Versuch

wahrlich einer Sisyphus-Auf-

gabe gleicht. Denn egal ob es

um die Produktion geht, um

die Beschäftigung, die Einkom-

men oder die Preise – in einer

Marktwirtschaft ist alles einem

permanenten Wandel unter-

worfen. Trotzdem (oder gerade

deshalb?) geben sich die Re-

gierungen auf der ganzen Welt

alle erdenkliche Mühe, die an

sich unausweichlichen Schwan-

kungen im Konjunkturzyklus

zu glätten.

In Deutschland hat man dazu

sogar eigens das „Stabilitäts-

und Wachstumsgesetz“ erfun-

den. Es beginnt mit einem

recht unscheinbaren Satz:

„Bund und Länder haben bei

ihren wirtschafts- und fi nanz-

politischen Maßnahmen die

Erfordernisse des gesamtwirt-

schaftlichen Gleichgewichts

zu beachten.“ Doch dieses

„gesamtwirtschaftliche Gleich-

gewicht“ ist nicht ohne – es

hat (siehe Kasten unten) sogar

etwas Magisches an sich.

Das „Magische Viereck“ ist ein

Paradebeispiel für das Grund-

problem einer jeden Wirt-

Gesamtwirtschaftliches GleichgewichtMan nehme vier Zutaten: ein stabiles Preisniveau, eine

hohe Beschäftigung, ein außenwirtschaftliches Gleichge-

wicht sowie ein angemessenes und stetiges Wirtschafts-

wachstum – und fertig ist das gesamtwirtschaftliche

Gleichgewicht. So jedenfalls stellte es sich die damalige

Bundesregierung unter Kurt Georg Kiesinger vor, als sie

im Jahr 1967 das „Stabilitäts- und Wachstumsgesetz“

aus der Taufe hob. Unter Ökonomen sind die vier in

§1 formulierten wirtschaftspolitischen Ziele auch als

„Magisches Viereck“ bekannt. Zu Recht, denn tatsächlich

würde es schon an Zauberei grenzen, wenn alle vier Ziele

gleichzeitig erreicht würden. Das kann schon deshalb

nicht funktionieren, weil sie teilweise in Konkurrenz

zueinander stehen.

Solch ein Zielkonfl ikt ergibt sich zum Beispiel dann,

wenn ein Staat versucht, gleichzeitig eine hohe Infl ation

(Ziel: Preisstabilität) und eine hohe Arbeitslosigkeit (Ziel:

hohe Beschäftigung) zu bekämpfen. Stark vereinfacht

dargestellt besteht das Dilemma in diesem Fall darin: Um

den Preisanstieg zu bremsen, verkleinert die Europäische

Zentralbank (das ist sozusagen die Bundesbank der EU)

die Geldmenge. Sie tut das, indem sie die Zinsen erhöht,

sodass die Verbraucher und die Unternehmen weniger

Kredite aufnehmen. Dadurch haben die Menschen logi-

scherweise weniger Geld, das sie ausgeben können. Das

wiederum führt zu weniger Umsatz bei den Unternehmen

und, im schlimmsten Falle, zu Entlassungen. Zumindest

für eine gewisse Zeit wird also das Ziel Preisstabilität mit

einer höheren Arbeitslosigkeit „erkauft“ – sprich das Ziel

einer hohen Beschäftigung verfehlt.

Was ist das?

schaftspolitik: Welches Ziel

sie auch immer verfolgt und

welche Maßnahmen sie auch

immer dafür einsetzt – da es

die eierlegende Wollmilchsau

nun einmal nicht gibt, hat alles

immer zwei Seiten: Chance

und Risiko, Gewinner und

Verlierer, Pro und Contra. An-

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schauungsmaterial dafür liefert

der Alltag zuhauf: Wir können

nicht einerseits die Steuern

massiv senken und andererseits

die staatlichen Leistungen

erhöhen. Wer niedrigere Sozi-

albeiträge fordert, kann nicht

auf steigende Rentenzahlungen

hoffen. Kürzere Arbeitszeiten

und gleichzeitig mehr Lohn

– wie soll das gehen? Geiz mag

für die Verbraucher geil sein,

für den kleinen Einzelhändler

um die Ecke kann er das Aus

bedeuten.

Damit erst gar kein Miss-

verständnis aufkommt: Die

Tatsache, dass praktisch jede

wirtschaftspolitische Maßnah-

me für den einen oder anderen

auch unerwünschte Nebenwir-

kungen hat, darf keineswegs

als Bankrotterklärung der

Marktwirtschaft interpretiert

werden. Nein, es ist sogar um-

gekehrt: Die Marktwirtschaft

lebt geradezu davon! Gewinne

hier, Verluste da; eine Firma

bekommt den Auftrag, die

andere geht leer aus; ein Land

ist Wachstumsweltmeister, ein

anderes hält die rote Laterne

– die Marktwirtschaft ist wie

die Fußballbundesliga oder

„Deutschland sucht den Su-

perstar“ oder das Leben über-

haupt: Sie lebt vom Wettbe-

werb, denn sie ist Wettbewerb.

Doch um zu gewinnen, muss

man eine Niederlage riskieren.

Wettbewerb ist nichts Verwerf-

liches, sondern geradezu natür-

Ordnungspolitik„Ordnung ist das halbe Leben – woraus mag die andere Hälfte bestehen?“ Zumindest

in Sachen Wirtschaftspolitik können wir diese eher rhetorische Frage von Heinrich Böll

leicht beantworten: Die andere Hälfte, das sind all jene Maßnahmen, mit denen die Wirt-

schaftspolitik kurzfristig in den Verlauf des Geschehens eingreift. Zu dieser Ablauf- oder

Prozesspolitik gehört zum Beispiel alles rund ums Geld, also etwa die Themen Steuern

und Preise.

Bei der Ordnungspolitik dagegen geht es um die langfristige Wirtschaftspolitik, also da-

rum, eine dauerhafte marktwirtschaftliche Ordnung (auch Rahmenbedingungen genannt)

zu organisieren und zu erhalten. Weil dies vor allem durch Gesetze geschieht, ist Ord-

nungspolitik eine Aufgabe der Legislative, in erster Linie also der Parlamente auf Bundes-

und Landesebene. Das Kernstück der Ordnungspolitik ist die Wettbewerbspolitik. Sie soll

dafür sorgen, dass die marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht ausgehebelt werden. Ord-

nungspolitik setzt auf den freien Wettbewerb und die „unsichtbare Hand“ des Marktes,

um Wohlstand für alle zu schaffen.

Ordnungspolitische Prinzipien

• Der Staat hat den freien Wettbewerb der Individuen und Gruppen zu gewährleisten,

indem er zum Beispiel Preisabsprachen oder Kartelle unterbindet (wenn Unternehmen

mit dem Zweck kooperieren, den Wettbewerb zu verhindern oder zu beschränken).

• Die staatliche Sozialpolitik hat dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe (Subsidiaritäts-

prinzip) zu entsprechen. Das heißt: Die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen hat

Vorrang vor dem staatlichen Handeln – auf Deutsch: Was der kleine oder große Mann

selbst erledigen kann, daraus soll sich der Staat raushalten.

• Subventionen, also staatliche (Finanz-)Hilfen, dürfen nur ausnahmsweise und vor-

übergehend gewährt werden; sie dienen als Anpassungshilfe, nicht aber zur Erhaltung

von Wirtschaftsstrukturen oder -zweigen.

Beispiele ordnungspolitischer Maßnahmen

• Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes 1998, die das Monopol der Tele-

kom im Festnetz abschaffte.

• Die Novelle der Handwerksordnung 2004, die den Meisterzwang in vielen Handwerks-

bereichen abschaffte.

• Die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion mit der ehemaligen DDR im Jahr 1990.

• Der Beitritt der Bundesrepublik zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im

Jahr 1957 und die Mitunterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) im

Jahr 1986, die den europäischen Binnenmarkt schafften.

• Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) im Jahr 1957 und dessen

Novellierung sowie die Einführung der Fusionskontrolle im Jahr 1973.

• Die Errichtung einer politisch unabhängigen Notenbank (Deutsche Bundesbank) im

Jahr 1957, die der Geldwertstabilität verpfl ichtet ist.

Was ist das?

Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren

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20

lich: Kleinkinder messen ihre

Kräfte im Spiel, Hunde laufen

um die Wette, Pfl anzen wett-

eifern ums Sonnenlicht. Wett-

bewerb ist die Suche nach dem

Besseren, nach Fortschritt und

Erkenntnis – ohne dieses Stre-

ben säße der Mensch noch heu-

te auf den Bäumen und würde

die Erde noch immer für eine

Scheibe halten. Doch so wie

die Natur bestimmten Gesetzen

unterliegt, so braucht auch die

Marktwirtschaft Regeln. Damit

sind wir bei einem Schlüssel-

begriff der Wirtschaftspolitik

angelangt: der Ordnungspolitik

(siehe Kasten Seite 19).

Politik und Ordnung

Man kann es Ironie des Schick-

sals nennen oder einfach nur

kurios – fest steht: Sowohl den

Begriff als auch das Konzept

der Ordnungspolitik gibt es nur

in Deutschland. Und dennoch

haben deutsche Bundesregie-

rungen nichts so oft und so

sträfl ich vernachlässigt wie die

ordnungspolitischen Prinzipien.

Wer wissen will, warum sich

die größte Volkswirtschaft

Europas heute in einem derart

miserablen Zustand befi ndet,

der braucht lediglich in die

Archive der deutschen Gesetz-

gebung einzutauchen. Dort

befi ndet sich das „Gruselkabi-

nett der deutschen Ordnungs-

politik“, wie die Tageszeitung

„Die Welt“ die lange Liste der

Verfehlungen einmal so tref-

fend genannt hat. Praktisch in

1972 verschlimmbesserte

Arbeits- und Sozialmini-

ster Walter Arendt (SPD)

Adenauers dynamische Rente

durch die Einführung einer

fl exiblen Altersgrenze. Binnen

zehn Jahren sank dadurch das

durchschnittliche Rentenalter

um 2,5 Jahre – und bis heute

werden ältere Arbeitnehmer

auf Kosten der Sozialkassen aus

dem Arbeitsmarkt gedrängt.

1985 sorgten Sozialpolitiker

wie Norbert Blüm (CDU)

dafür, dass das Arbeitslosen-

geld auf zwei Jahre verlängert

wurde – eine Maßnahme, die

Arbeitslosen lange Zeit den

Anreiz nahm, sich einen neuen

Arbeitsplatz zu suchen.

1991 erfand Heinrich Franke,

Chef der Bundesanstalt für Ar-

beit, die Arbeitsbeschaffungs-

maßnahmen (ABM). Wenn

die Privatwirtschaft nicht

genügend Jobs schaffe, müsse

eben der Staat einspringen,

so die Idee. Doch obwohl die

Sinnlosigkeit von ABM längst

bewiesen ist, werden sie auch

heute noch praktiziert – auf

Kosten der Beitragszahler.

1995 rief Arbeitsminister

Norbert Blüm (CDU) die Pfl e-

geversicherung ins Leben. Doch

statt sie durch private Absiche-

rung (Kapital) zu fi nanzieren,

baute Blüm sie gegen alle

ökonomische Vernunft in das

ohnehin überforderte umlagefi -

nanzierte Sozialsystem ein. Mit

fatalen Folgen für die Arbeits-

kosten: Ohne Reformen werden

die Pfl ege-Beiträge von heute

1,7 Prozent des Bruttolohns auf

6 Prozent im Jahr 2040 steigen.

2002 schwieg Verkehrsmi-

nister Manfred Stolpe (SPD)

beharrlich zu den Zweckent-

fremdungen der Gelder aus

dem Solidarpakt durch die

ostdeutschen Ministerpräsi-

denten. Leidtragende sind die

Steuerzahler, die die Milliar-

den-Lasten schultern.

2008/09 2008/2009 wurden

für einige Branchen Mindest-

löhne eingeführt. Diese staat-

lich festgelegten Löhne sind ein

Eingriff in die Tarifautonomie.

Artikel 9 Absatz 3 des Grund-

gesetzes garantiert nämlich die

Koalitionsfreiheit, gibt also den

Tarifparteien (das sind in der

Regel die Arbeitgeberverbände

und die Gewerkschaften) das

Recht, ihre Tarifverträge frei

von staatlichen Eingriffen ab-

zuschließen.

2009 wurde in der gesetz-

lichen Krankenversicherung

der Gesundheitsfonds einge-

führt. Seitdem gilt ein kassen-

einheitlicher Beitragssatz von

15,5 Prozent – damit wird der

Wettbewerb unter den Kran-

kenkassen geschwächt. Zwar

können die Beitragssätze durch

Rückerstattungen und Zusatz-

beiträge weiterhin variieren,

weil diese beiden Instrumente

aber stark beschränkt sind, ist

jeder Legislaturperiode haben

Politiker und Funktionäre die

grundlegenden Regeln der

Marktwirtschaft missachtet –

angeblich stets „zum Wohle

der Bürger“, doch tatsächlich

zu deren Schaden. Hier einige

Beispiele:

1955 sorgte Agrarminister

Heinrich Lübke (CDU) mit

seinem „Landwirtschaftsgesetz“

dafür, dass fortan Produktions-

mittel wie Dünger und Diesel

sowie Endprodukte wie Milch

und Eier subventioniert wur-

den. Im Jahr 1957 folgte die

„Gemeinsame Agrarpolitik“ des

EG-Vertrages; seither bestim-

men Preiseingriffe, Ausgleichs-

zahlungen, Stützungskäufe,

Flächenstilllegungsprämien

und Direktzahlungen das Ge-

schehen auf den europäischen

Agrarmärkten – alles Subventi-

onen, die den Strukturwandel

behindern, den Wettbewerb

verzerren und zudem für

überhöhte Lebensmittelpreise

sorgen.

1967 initiierte Wirtschafts-

minister Karl Schiller (SPD)

das „Stabilitäts- und Wachs-

tumsgesetz“, mit dem der Staat

praktisch verpfl ichtet wurde,

bei einer schwachen privaten

Nachfrage einzugreifen und

z. B. Konjunkturprogramme

aufzulegen. Es dauerte aller-

dings nicht lange, bis Schiller

selbst einsah, dass das Konzept

der Globalsteuerung mehr

Probleme schafft als es löst.

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die potenzielle Beitragsspanne

wesentlich geringer als vorher:

Konnten die Versicherten vor

Einführung des Einheitssatzes

durch einen Kassenwechsel bis

zu 1.800 Euro jährlich einspa-

ren, so sind es jetzt nur noch

1.000 Euro.

Wie kann so etwas passieren?

Wie kann es sein, dass Politiker

aller Parteien einerseits lauthals

das Loblied der Marktwirt-

schaft singen, andererseits aber

immer und immer wieder

Gesetze verabschieden und

Maßnahmen ergreifen, die

offenbar einzig und allein das

Ziel haben, die Menschen vor

genau dieser Marktwirtschaft

„zu schützen“? Eine Antwort

darauf ist die geradezu para-

noide Angst der Deutschen vor

vermeintlichen Ungerechtig-

keiten und davor, als „Kleiner“

von den „Großen“ gefressen zu

werden.

„Wenn der Deut-sche hinfällt, dann steht er nicht auf, sondern schaut, wer schadens-ersatzpfl ichtig ist.“

Kurt Tucholsky

Ein Musterbeispiel für die

Haltung, sich möglichst gegen

alles und jeden abzusichern,

ist die deutsche Interpretation

der Freiheits- und Eigentums-

rechte. In Großbritannien und

den USA sind diese Rechte

geradezu heilig, in Deutsch-

land aber werden sie schon

vom Grundgesetz drastisch

eingeschränkt: In Artikel 14

Absatz 2 heißt es: „Eigentum

verpfl ichtet. Sein Gebrauch soll

zugleich dem Wohle der Allge-

meinheit dienen.“ Zugegeben,

dieses Gebot ist ohne Zweifel

gut gemeint, doch von einer

freiheitlichen Wirtschafts-

verfassung zeugt es nun wirk-

lich nicht. Man stelle sich

nur einmal vor, Artikel 14

Absatz 2 würde, entsprechend

abgewandelt, auch im Sport

gelten: „Siege verpfl ichten. Ihr

Erringen soll zugleich dem

Wohle der Allgemeinheit die-

nen.“ Was könnte das bedeu-

ten? Hätte sich Michael Schu-

macher absichtlich von seinen

Konkurrenten überholen lassen

müssen? Oder hätte er seine

Gagen mit dem Formel-1-

Publikum teilen sollen? Oder

mit allen Autofahrern, allen

Italienern, allen Deutschen?

Wohin solche inhaltlichen

Ungereimtheiten und Wider-

sprüche in der Praxis führen,

spüren wir alle Tag für Tag am

eigenen Leib. In dem Wahn,

es möglichst allen recht zu

machen, verheddert sich die

deutsche Wirtschaftspolitik seit

Jahrzehnten in einem Gestrüpp

aus Widersprüchen.

Drei Beispiele:

▲ Die eine Regierung (Kohl)

führt in die Rentenversiche-

Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren

weniger Auto fährt, gefährdet

die Rente seiner Oma.

▲ Auch mit der Tabaksteuer

verfolgt der Staat zwei wider-

sprüchliche Ziele: Einerseits

soll sie dem Finanzminister

möglichst viel Geld zur De-

ckung des Staatshaushalts ein-

bringen, andererseits sieht das

Gesundheitsministerium

darin eine sogenannte Len-

kungssteuer, die den Tabak-

konsum bremsen soll. Völlig

absurd war dann die Erhöhung

der Tabaksteuer im Jahr 2003:

Die Mehreinnahmen von jähr-

lich ca. 3 Milliarden Euro fl ie-

ßen in vollem Umfang an die

Krankenkassen, um das Ge-

sundheitssystem zu entlasten

– im Klartext: Je mehr die Leu-

te rauchen, desto besser ist

das für die Krankenkassen.

rung eine Klausel ein, nach

der die älteren Generationen

einen Teil der durch die demo-

grafi sche Entwicklung stei-

genden Lasten tragen sollen,

die nächste Regierung (Schrö-

der) schafft diese Klausel

um gehend wieder ab – um sie

dann zwei Jahre später unter

anderem Namen (Nachhaltig-

keitsfaktor) wieder aufl eben zu

lassen.

▲ Die Öko-Steuer soll angeb-

lich den Energieverbrauch und

damit die Umweltverschmut-

zung reduzieren, gleichzeitig

werden die Einnahmen daraus

aber zur Auffüllung der leeren

Rentenkasse gebraucht. Mit

anderen Worten: Wer jetzt

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Page 23: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

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Beispiele wie diese zeigen uns

in aller Deutlichkeit, was aus-

ländische Experten meinen,

wenn sie sagen: Die meisten

der deutschen Probleme sind

hausgemacht, sprich selbstver-

schuldet. Und in der Tat: Auch

andere Industrieländer haben

mit der demografi schen Ent-

wicklung zu kämpfen, auch sie

stehen im harten Gegenwind

der Globalisierung – doch im

Gegensatz zu Deutschland

haben sie die Zeichen der Zeit

erkannt und frühzeitig umge-

steuert. Deutschland dagegen

sucht erstens die Schuldigen

und gründet zweitens eine

Kommission. Oder einen Run-

den Tisch. Wahlweise auch ein

Bündnis, einen Vermittlungs-

ausschuss, eine Schlichterstelle

oder irgendein anderes Gre-

mium, in dem hoch bezahlte

Experten eine Lösung ausbal-

dowern – die wird dann aber

nicht eins zu eins umgesetzt,

sondern in den Mühlen der

Parteipolitik bis zur Unkennt-

lichkeit zermahlen.

Von Ego und Ismus

Doch Vorsicht! Wenn wir von

Parteipolitik sprechen, dann

meinen wir keineswegs nur die

Parteien selber, sondern auch

und vor allem jene gesellschaft-

lichen Gruppen, die sich von

den jeweiligen Parteien vertre-

ten fühlen. Es ist ein offenes

Geheimnis: In Deutschland

kann praktisch kein Gesetz-

entwurf, keine Reform und

erst recht kein Vorschlag eines

einzelnen Experten so umge-

setzt werden wie geplant. Ob

Steuerreform, Arbeitsmarktre-

form oder Gesundheitsreform:

Immer fühlt sich irgendeine

Gruppe benachteiligt, also

werden die ursprünglichen

Konzepte den unterschied-

lichen Egoismen entsprechend

Das Gefangenen-DilemmaZwei Männer, nennen wir sie Ego und Ismus, werden von der Polizei gefangen genommen.

Der Staatsanwalt wirft ihnen vor, gemeinsam mehrere Überfälle begangen zu haben. Da er

jedoch keine Beweise hat und die beiden alles vehement abstreiten, bietet er ihnen unabhängig

voneinander einen Handel an: „Wir haben genug Indizien in der Hand, um euch beide jeweils

für zwei Jahre hinter Gitter zu bringen, falls ihr weiterhin schweigt. Wenn du aber deinen

Kollegen verrätst und alles zugibst, dann lassen wir dich zur Belohnung frei und dein Kollege

bekommt fünf Jahre Strafe.“ Und wenn beide die Überfälle zugeben, so der Staatsanwalt weiter,

„dann können wir uns eine Menge Arbeit sparen und jeder bekommt eine mittelschwere Strafe

von vier Jahren“.

Ego und Ismus, die sich ja nicht miteinander beraten können, überlegen. Jeder von ihnen hat

zwei Strategien: gestehen oder schweigen. Insgesamt stehen ihnen also vier Möglichkeiten zur

Verfügung:

Ego Ismus Strafe für Ego Strafe für Ismus Strafe insgesamt

schweigt schweigt 2 Jahre 2 Jahre 4 Jahre

schweigt gesteht 5 Jahre frei 5 Jahre

gesteht schweigt frei 5 Jahre 5 Jahre

gesteht gesteht 4 Jahre 4 Jahre 8 Jahre

So weit, so schlecht – denn nun kommt das Dilemma: Keiner von beiden weiß, was der jeweils

andere tun wird. Weil jedoch beide so glimpfl ich wie möglich davonkommen wollen, be ginnt

das große Rechnen. Für Ego ist die Sache schnell klar: „Wenn Ismus schweigt, muss ich geste-

hen, dann bin ich frei. Wenn er jedoch gesteht, muss ich ebenfalls gestehen, denn dann bekom-

me ich nur vier statt fünf Jahre. Also bin ich – egal was Ismus macht – am besten dran, wenn

ich gestehe.“ Dummerweise ist aber auch Ismus nicht dumm – er kommt, ganz der Logik

folgend, zu demselben Ergebnis wie Ego.

Also kommt, was kommen musste: Am Ende gestehen beide und wandern für insgesamt

acht Jahre hinter Gitter – die höchste aller möglichen Strafen. Hätten sie sich dagegen abspre-

chen können, dann hätten beide geschwiegen und wären mit insgesamt 4 Jahren davongekom-

men – vorausgesetzt natürlich, beide hätten sich auch an die Absprache gehalten.

angepasst – und zwar selbst

dann, wenn dadurch nicht nur

einzelne, sondern sogar alle

verlieren.

Ja, auch so etwas gibt es in

einer Marktwirtschaft: Ent-

scheidungen, bei denen alle

verlieren. Zwar ist eine gesunde

Portion Egoismus für eine

funktionierende Marktwirt-

schaft nicht nur wünschens-

wert, sondern geradezu über-

lebenswichtig, doch Egoismus

gepaart mit Unwissen kann

ganz schön in die Hose gehen

– wie die höchst interessante

Geschichte zweier kleiner Gau-

ner zeigt:

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Page 24: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

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Wir ahnen schon: Mit ein

bisschen Phantasie lässt sich

das Gefangenen-Dilemma

auf unser Thema, die Wirt-

schaftspolitik, übertragen. Ein

aktuelles Beispiel dafür ist die

Gesundheitsreform: Ego und

Ismus heißen hier Unionspar-

teien und Sozialdemokraten

– und weil beide Seiten der

jeweils anderen nicht so recht

über den Weg trauten, ist am

Ende, trotz einiger Fortschritte,

eine ziemlich schlechte Lösung

herausgekommen: Statt das

Gesundheitssystem effi zienter

zu machen, müssen die Versi-

cherten nun höhere Beiträge

und die Unternehmen höhere

Arbeitskosten tragen; statt we-

niger Bürokratie gibt es mehr

(allein der Gesetzentwurf ist

mehr als 500 Seiten stark);

und die einstige Idee von

einem kostensparenden Wett-

bewerb ist sogar in ihr genaues

Gegenteil verkehrt worden –

alle Krankenkassen erheben

seit Januar 2009 ein- und

denselben Beitragssatz.

Einmal mehr müssen wir uns

fragen, wie so etwas passieren

kann. Warum bringt Deutsch-

land in schöner Regelmäßigkeit

Reformen auf den Weg, die

das Problem nicht beseitigen,

sondern eher noch verschärfen?

Und das, obwohl sich im Vor-

feld doch eigentlich alle (Poli-

tik, Wirtschaft, Wissenschaft

und die Bevölkerung) darüber

einig waren, dass es so wie bis-

her nicht weitergehen kann.

Angebots- und NachfragepolitikOb in den alljährlichen Tarifverhandlungen oder in den öffentlichen Diskussionen über

die Steuer-, Renten- oder Gesundheitsreform: Beim Streit um die richtige Wirtschaftspolitik

kristallisieren sich fast immer zwei gänzlich gegensätzliche Argumentations linien heraus:

• Die Anhänger der Nachfragepolitik sind davon überzeugt, dass wirtschaftliche Pro-

bleme vor allem durch Schwankungen der Nachfrage verursacht werden – eine Theorie,

die in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts von dem britischen Ökonomen John

Maynard Keynes entwickelt wurde und deshalb Keynesianismus genannt wird. Leidet

eine Volkswirtschaft zum Beispiel unter einem schwachen Wirtschaftswachstum, plädie-

ren die Keynesianer für eine Stärkung der Binnennachfrage durch den Staat. Er soll sich

bei schwacher Konjunktur verschulden, also Kredite aufnehmen, und mit dem Geld dann

die Nachfrage ankurbeln, indem er zum Beispiel mehr staatliche Aufträge vergibt. Läuft

dann die Konjunktur wieder auf Hochtouren, kann der Staat seine Ausgaben reduzieren

und die Schulden zurückzahlen.

Diese „antizyklische“ Wirtschaftspolitik wurde insbesondere in den sechziger und sieb-

ziger Jahren auch in Deutschland praktiziert, einer Zeit, in der die Bundesrepublik nach

dem Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre die ersten großen Konjunkturkrisen zu be-

wältigen hatte. Dass die Nachfragepolitik aber offenbar nicht der Weisheit letzter Schluss

ist, liegt vor allem an einem Phänomen: Politiker tun sich zwar leicht, neue Kredite auf-

zunehmen und ihren Wählern damit möglichst viele Wünsche zu erfüllen – mit der Rück-

zahlung der Schulden dagegen haben die wenigsten etwas am Hut. Ein Beispiel: Allein

von 1960 bis 1982 (dem Jahr des Regierungswechsels von Helmut Schmidt auf Helmut

Kohl) verzehnfachte sich die Staatsverschuldung von 29 auf 311 Milliarden Euro.

• Die Anhänger der Angebotspolitik dagegen sehen die Ursachen für eine Störung des

gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vor allem darin, dass sich die marktwirtschaftlichen

Kräfte und der Wettbewerb nicht ungehindert entfalten können. Statt mehr Staat fordern

sie also mehr Markt, sprich mehr private und unternehmerische Eigeninitiative. Die Ange-

botspolitik zielt vor allem auf höhere Investitionen und plädiert deshalb für Maßnahmen

wie eine Vereinfachung des Steuersystems, eine Senkung der Steuern und der Staatsquote

(das sind die Staatsausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) sowie für weniger

Sozialleistungen, sprich mehr private Vorsorge. Auch die Angebotspolitik hat allerdings

ihre Schattenseiten.

Während staatliche Ausgabenprogramme schnell zu organisieren sind und deshalb beim

Wähler (als Nachfrager) entsprechend gut ankommen, entfaltet sich der Segen von ange-

botsorientierten Maßnahmen nur langsam – im Zweifel kann also die Ernte erst dann ein-

gefahren werden, wenn jene, die die Saat ausgelegt haben, gar nicht mehr im Amt sind.

Zu den bekanntesten politischen Verfechtern der Angebotspolitik gehören der frühere

US-Präsident Ronald Reagan und die Ex-Premierministerin des Vereinigten Königreichs,

Margaret Thatcher.

Was ist das?

Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren

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Neben den bereits genannten

Gründen (die Eigeninteres-

sen der jeweiligen Gruppen)

kommt hier ein weiteres

Dilemma zum Vorschein:

Nämlich die schwierige Ent-

scheidung, welche wirtschafts-

politische Strategie eine Re-

gierung/Gesellschaft verfolgen

soll. Grundsätzlich gibt es heu-

te in der Marktwirtschaft zwei

unterschiedliche Denkschulen

– die Angebotspolitik und die

Nachfragepolitik (siehe Kasten

Seite 23).

Wie es die Parteien in Deutsch-

land mit der Angebots- bzw.

Nachfragepolitik halten, ist

nicht ganz leicht zu beantwor-

ten. Nimmt man die Partei-

und Grundsatzprogramme als

Maßstab, ergibt sich noch ein

relativ klares Bild: Danach ver-

tritt die „Freie Demokratische

Partei“ (FDP) noch am ehesten

eine stringente angebotsorien-

tierte Politik; die „Christlich

Demokratische Union“ (CDU),

die „Christlich Soziale Union“

(CSU) sowie die „Sozialdemo-

kratische Partei Deutschlands“

(SPD) praktizieren jeweils

unterschiedliche Mischformen,

wobei die beiden Unionspar-

teien eher der Angebotspolitik

und die Sozialdemokraten eher

der Nachfragepolitik zuneigen;

„Bündnis90/Die Grünen“

haben mehr nachfrage- als

angebots orientierte Ansätze im

Programm und vertreten eine

Symbiose aus Ökologie und

Ökonomie; „Die Linke“ gibt

sich nachfrageorientiert, besteht

aber immer noch aus vielen

Kommunisten oder Sozialisten,

also aus mehr oder weniger

großen Skeptikern der Markt-

wirtschaft.

Politischer Mischmasch

Im politischen Alltag jedoch

sind diese – ohnehin stark

vereinfachten – Zuordnungen

praktisch gar nichts mehr wert.

Nur in 3 der 16 Bundesländer

regiert derzeit (Frühjahr 2009)

eine Partei allein, in allen ande-

ren gibt es entweder große Ko-

alitionen (aus CDU und SPD)

oder kleine Koalitionen (CDU

oder SPD mit einer oder meh-

reren anderen Parteien). In

dieser Gemengelage haben die

einzelnen Parteien praktisch

keine Chance, „ihre“ Wirt-

schaftspolitik durchzusetzen.

Diese Tatsache gilt erst recht

für die derzeitige Bundesregie-

rung: Bundeskanzlerin Angela

Merkel (CDU) führt ein Kabi-

nett an, das aus fünf Bundes-

ministern von der CDU, zwei

von der CSU und acht von der

SPD besteht. Viele wirtschafts-

politische Entscheidungen

dieser Regierung sind deshalb

politische Kompromisse, die

weder der Nachfrage- noch

der Angebotspolitik gerecht

werden und deshalb, streng

ökonomisch gesehen, ziemlich

faul sind.

Zum Glück gibt es die Wirt-

schaft aber auch ohne Poli-

tik. Statt um Angebots- und

Nachfragepolitik kümmern wir

uns jetzt um die Essenz: um

Angebot und Nachfrage. Und

die wollen bekanntlich ausge-

glichen sein. Das wiederum

geschieht vor allem über den

Preis. Womit wir bei einem

unheimlich spannenden The-

ma wären: Geld.

„Im Deutschen reimt sich Geld auf Welt: Es ist kaum möglich, dass es einen vernünftigeren Reim gebe.“

Georg Christoph Lichtenberg

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Angebot trifft Nachfrage: Wie Märkte (nicht) funktionieren

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Geld regiert die Welt: Jedes Ding hat seinen Preis

Ach ja, das liebe Geld! Erstaun-

lich viele (wenn nicht alle)

Menschen haben ein recht son-

derbares Verhältnis dazu. Für

die einen ist Geld der Grund

all ihres Strebens, sie messen

ihren Erfolg, ihr Prestige, ja ihr

Glück daran. Für die anderen

ist es der Mangel an Geld, der

sie umtreibt – und kurioserwei-

se messen auch diese Menschen

ihren Erfolg, ihr Prestige und

ihr Glück daran. Kurzum:

Egal, wer wir sind und wo wir

leben, eines haben offenbar

(fast) alle Menschen gemein-

sam: zu wenig Geld.

„Geld macht nicht glücklich. Aber wenn man unglück-lich ist, ist es schöner, in einem Taxi zu weinen als in einer Straßen-bahn.“

Marcel Reich-Ranicki

Dass den Deutschen ein be-

sonders schwieriges Verhältnis

zum Geld nachgesagt wird, hat

einen ganz eigenen Grund.

Wie keine zweite Nation auf

dieser Welt haben die Deut-

schen ihr Selbstwertgefühl als

Volk bis vor wenigen Jahren

mit ihrer Währung verbunden:

Die D-Mark, das war für die

Bundesbürger 50 Jahre lang

nicht einfach nur ein Zah-

lungsmittel, sondern in erster

Linie ein Symbol dafür, dass

Deutschland seine dunkelste

Zeit, das nationalsozialistische

Regime, ein für alle Mal hinter

sich gelassen und einen neuen

Platz in der Weltgemeinschaft

gefunden hat. Mögen die Fran-

zosen auf ihre Kultur stolz sein,

die Italiener auf ihren Fußball,

die Briten auf ihr Königshaus

und die Amerikaner auf ihre

unbegrenzten Möglichkeiten

– die Deutschen hatten (bis zur

Einführung des Euro) ihre

Mark, ein in Metall gegossenes

und auf Papier gedrucktes Sy-

nonym für Stabilität, Sicherheit

und den berühmten „Wohl-

stand für alle“.

Das Pathos um das liebe Geld

fi ndet sich auch in der Sprache

wieder. Während die prag-

matischen Amerikaner Geld

einfach „machen“ (to make

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Der Lebenslauf des Euro1995 beschließt der Europäische Rat den Namen der neuen

Währung.

1996 werden die ersten Entwürfe der Geldscheine präsen-

tiert.

1997 fällt die Entscheidung über die Gestaltung der Münz-

Vorderseiten.

1998 legt der Europäische Rat in Zusammensetzung der

Staats- und Regierungschefs der damals 15 EU-Mitglieder

fest, welche Länder 1999 in die Währungsunion starten:

Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien,

Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Spa-

nien. Nicht dabei sind vorerst Großbritannien, Dänemark

und Schweden (diese Länder wollen – noch – nicht) sowie

Griechenland, das als einziges Land die Maastricht-Kriterien

nicht erfüllt. Im selben Jahr wird die Europäische Zentral-

bank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet.

1999 wird der Euro als Buchgeld eingeführt und es beginnt

die Produktion der Münzen und der Banknoten.

2001 wird der Euro zum „Kennenlernen“ u. a. an Banken,

den Einzelhandel und die Industrie ausgegeben. Einzelne

Länder beginnen aus dem gleichen Grund mit der Ausgabe

sogenannter „Starterkits“.

2002 löst der Euro die bisherigen nationalen Währungen als

alleiniges Zahlungsmittel ab.

money) und die kühl-distan-

zierten Briten es ebenso einfach

„ernten“ (to earn money), müs-

sen es sich die Deutschen müh-

sam „verdienen“. Und so kann

es eigentlich auch niemanden

verwundern, dass es natürlich

die Deutschen waren, die dem

Euro schon kurz nach seiner

Geburt ein hässliches Etikett

angeklebt haben: Teuro.

„Hat eigentlich schon jemand

vorgeschlagen, den Euro mit

dem Oscar auszuzeichnen?“,

fragte das Magazin „Stern“ im

März 2003 mit einer gehörigen

Portion Zynismus. Immerhin

sei es die „beste schauspiele-

rische Leistung“, die eine Wäh-

rung erbracht habe. „Ständig

tut er so unschuldig und be-

hauptet, dass mit ihm keines-

wegs alles teurer geworden sei.

Eine glatte Lüge. […] Wo man

auch hinschaut: überall saftige

Preiserhöhungen.“ Was folgt,

ist eine lange Infl ations-Liste

an Beweisen: Bienenhonig plus

39 Prozent, Eier plus 15 Pro-

zent, Rasierklingen plus 14

Prozent, eine Stunde Autorepa-

Infl ation und Defl ationWir schreiben das Jahr 1921: Wer sich damals in Deutsch-

l and eine Tageszeitung kaufte, musste dafür 30 Pfennige

auf den Tisch legen – kurze Zeit später, im November

1922, kostete die gleiche Zeitung 70 Millionen Mark.

Und auch für alle anderen Waren schossen die Preise ins

Unermessliche. Der Hintergrund für diese Hyperinfl ation

waren übrigens die Schulden, die der Erste Weltkrieg

hinterließ: Um sie zu fi nanzieren, warf die Reichsregie-

rung der Weimarer Republik einfach ihre Geldpressen an

und druckte schiere Unmengen an Geld. Und wie immer,

wenn Angebot und Nachfrage nicht zueinanderpassen,

regelte sich das Ganze über den Preis – in diesem Falle

über eine „galoppie rende“ Infl ation.

Heute geht es dagegen gemäßigter zu. Der deutsche

„Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haus-

halte“, so die offi zielle Bezeichnung für das bekannteste

Infl ationsmaß, weist schon seit mehr als zehn Jahren le-

diglich einen jährlichen Anstieg der Verbraucherpreise

zwischen rund 0,5 und 2 Prozent aus. Die Ursachen für

einen Preisanstieg reichen von Preissteigerungen im Aus-

land, die zum Beispiel über Importe von Öl ins Inland

kommen (importierte Infl ation) über Kostensteigerungen

im Inland (wie höhere Löhne) bis hin zu einem Nachfra-

geboom (wenn also das Warenangebot kleiner ist als die

Nachfrage). Defl ation ist, vereinfacht gesagt, die Negation

von Infl ation: Alles wird immer billiger, das Preisniveau

sinkt. Nun könnte man meinen, eine Defl ation sei für die

Verbraucher das Paradies – doch weit gefehlt. Defl ation

ist wie Hyperinfl ation ein Horrorszenario und kann die

gesamte Weltwirtschaft ins Chaos stürzen. So geschehen

1930: Ein – zunächst nur leichter – Wachstumsrückgang

der US-Wirtschaft ließ den spekulativ überbewerteten

Aktienmarkt im Oktober 1929 zusammenbrechen. Von

heute auf morgen wurden Gelder, die zuvor in andere

Volkswirtschaften investiert worden waren, abgezogen. In

Europa und anderswo brach die ohnehin schwache Wirt-

schaft zusammen – allein in Deutschland verloren mehr

als sechs Millionen Menschen ihren Job.

Was ist das?

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Page 29: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

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ratur plus 13 Prozent, eine

Kinokarte plus 8 Prozent –

insgesamt, so zitierte der

„Stern“ eine Studie des Insti-

tuts für Angewandte Verbrau-

cherforschung, seien 46 von

100 ausgesuchten Waren und

Dienstleistungen um mehr als

fünf Prozent teurer geworden.

„Gefühlte“ Infl ation

Zum Glück haben die Stern-

Redakteure dann aber doch

noch die Kurve gekriegt und

jene gefragt, die sich von

Berufs wegen mit Preisen

beschäftigen: die Fachleute

vom Statistischen Bundesamt

in Wiesbaden. Und siehe da:

„Unser Geld hat durch die

Euro-Einführung nichts an

Wert verloren“, behaupteten

die Wiesbadener damals (wie

auch heute) und legten ihrer-

seits Beweise vor. So sei der

Verbraucherpreisindex, mit

dem das Statistische Bundes-

amt jeden Monat die durch-

schnittliche Preisentwicklung

von 750 Waren und Dienstleis-

tungen nachzeichnet, im Jahr

2003 lediglich um 1,1 Prozent

gestiegen – das sei immerhin

die niedrigste Infl ation seit vier

Jahren.

Also was denn nun? Wie

kann so vieles so viel teurer

werden, ohne dass die Le-

benshaltung insgesamt teurer

wird? Schuld daran ist die

„gefühlte“ Infl ation, also die

subjektive Preiswahrnehmung

der Menschen. Die Statistiker

aus Wiesbaden erklären das

so: Teurer geworden sind nach

der Euro-Einführung vor allem

kleinere Dienstleistungen wie

der Besuch von Kino, Kneipe

und Friseur; alles Leistungen,

die wir traditionell bar bezah-

len und deren Preisanstieg wir

deshalb besonders stark wahr-

nehmen. Wie sehr allerdings

die „gefühlte“ Infl ation täu-

schen kann, zeigt die Tatsache,

dass der Durchschnittsdeutsche

gerade mal 3 Prozent seines

Budgets für den Besuch von

Restaurants, Cafés und Imbiss-

buden ausgibt und auch nur

1 Prozent seines verfügbaren

Einkommens beim Friseur

lässt. Ganz anders dagegen un-

sere Aufmerksamkeit für Preise

wie die Miete: Weil sie auto-

matisch vom Konto abgebucht

wird, bekommen die wenigsten

Menschen mit, dass dieser

große Kostenblock (er macht

30 bis 35 Prozent eines durch-

schnittlichen Monatsbudgets

aus) nach der Euro-Einführung

kaum oder gar nicht teurer

geworden ist. Der gleiche Ef-

fekt greift bei Dingen, die wir

eher selten kaufen. Wer sich

zum Beispiel einen Computer

oder einen Fernseher zulegt,

der tut dies höchstens ein paar

Mal im Leben – auf jeden Fall

zu selten, um sich der Tatsache

bewusst zu werden, dass die

Preise für langlebige Konsum-

güter tendenziell eher fallen als

steigen.

„Geiz ist geil“, dieser Wer-

beslogan einer bundesweit

agierenden Elektro-Kette ist

längst zur Einkaufsmaxime der

meisten Bundesbürger gewor-

den. Ob im Internet, im Fern-

sehen oder in den Printmedien

– überall wimmelt es geradezu

vor Preisvergleichen, die den

Leuten haarklein vorrechnen,

wo und wie sie noch den ei-

nen oder anderen Cent sparen

können. Die Schnäppchenjagd

ist nicht nur zum Volkssport

geworden, sie ist geradezu des

Bürgers erste Pfl icht – denn

sonst, so glauben jedenfalls

viele, werden sie doch nur wie-

der abgezockt.

Wie wenig belastbar die

Theorie von der „gefühlten“

Infl ation ist, zeigt ein Kauf-

kraftvergleich. Diese recht ein-

fache Methode zeigt, wie lange

jemand arbeiten muss, um

sich eine bestimmte Menge an

Waren oder Dienstleistungen

leisten zu können. Ein Beispiel:

Im Jahr 1960 verdiente ein

westdeutscher Arbeitnehmer

umgerechnet 1,27 Euro netto

pro Stunde. Weil ein Fernseher

damals rund 450 Euro kostete,

musste man also gut 350 Stun-

den arbeiten, um in die Röhre

gucken zu können. Heute ver-

dienen Arbeitnehmer ungefähr

13,55 Euro netto pro Stunde

und ein Fernseher ist schon für

gut 300 Euro zu haben – ist

also schon in rund 22 Stunden

verdient. Die folgenden Bei-

spiele zeigen, dass es sich mit

den meisten Gütern ganz ähn-

lich verhält:

Die Kaufkraft der Lohnminute

1960 2007

Preis in Euro Arbeitszeit Preis in Euro Arbeitszeit

1 kg Mischbrot 0,41 20 Min. 2,36 10 Min.

10 Eier 1,07 51 Min. 1,60 7 Min.

1 Damenkleid 33,64 1.588 Min. 91,29 404 Min.

1 l Normalbenzin 0,31 14 Min. 1,33 6 Min.

1 Kühlschrank 198,89 9.390 Min. 327,83 1.452 Min.

1 Paar Herrenschuhe 15,65 739 Min. 68,47 303 Min.

1 Monat Tageszeitung 2,13 101 Min. 22,01 97 Min.

200 kWh Haushaltsstrom 12,86 607 Min. 43,56 193 Min.

Arbeitszeit: bei einer Nettolohn- und Gehaltssumme je geleistete Arbeitsstunde von 1,27 Euro im Jahr 1960 und 13,55 Euro im Jahr 2007; Ursprungsdaten: Statistisches Bundesamt, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

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29

Eine kurze Geschichte über das GeldEs muss so 5.000 bis 6.000 Jahr her sein, da machten unsere

Vorfahren einen riesigen Sprung. Zwar hatten sie noch keinen

blassen Schimmer von Produktivität und solch modernen Sa-

chen, dennoch brachten sie eines Tages deutlich mehr Fleisch,

Felle und Früchte nach Hause, als die Sippe essen oder lagern

konnte. Also kamen sie auf die Idee, ihre Überproduktion be-

nachbarten Familien anzubieten. Weil es aber damals noch kein

Geld gab, tauschten sie Trommeln gegen Töpfe, Eisendolche

gegen Pelze, Esel gegen Ziegenböcke. Der Naturaltausch hatte

allerdings auch so seine Tücken: Da waren nicht nur das Trans-

portproblem (Esel können sehr störrisch sein!) sowie die

S chwierigkeit, einen Tausch partner zu fi nden, der genau das

hatte, was man haben wollte und gleichzeitig auch genau das

wollte, was man selbst anzubieten hatte; nein, das größte Kopf-

zerbrechen bereiteten Fragen wie diese: Wie viel Sack Gerste ist

denn ein Esel wert? Und selbst wenn die Antwort gefunden war

(sagen wir: 20 Sack Gerste sind 1 Esel), blieb immer noch ein

Fragezeichen: Was, wenn der Eselbesitzer nur 5 Sack Gerste

braucht?

Es dauerte nicht lange, da hatten die Menschen eine rettende

Idee: Sie benutzten Gebrauchs- und Schmuckgegenstände wie

Beile, Ringe und Perlen als Zwischentauschmittel und hatten

damit das Naturalgeld erfunden. Dessen großer Vorteil: Der

Wert der Tauschgegenstände war allgemein bekannt und aner-

kannt, zudem waren sie meist leicht zu transportieren und zu

teilen. Noch Anfang des 15. Jahrhunderts gab es eine englisch-

isländische Marktordnung, wonach zum Beispiel 48 Ellen Tuch

120 Stockfi sche wert waren, während eine halbe Tonne Tran

schon für 15 Stockfi sche zu haben war. Die bekannteste Form

des Naturalgeldes ist übrigens noch heute ein gültiges Zahlungs-

mittel: Auf den melanesischen Inseln in der Südsee zahlen die

Menschen mit „Diwarra“ oder „Tambu“ – und das sind nichts

anderes als Kaurimuscheln.

Irgendwann dann entdeckten die Menschen ihre Vorliebe für

Gold, Silber und Kupfer – das Metallgeld war geboren. Um et-

was zu bezahlen, wurden die Metalle abgewogen, ein Umstand,

dem übrigens das britische Pfund seinen Namen verdankt.

So ungefähr 650 Jahre vor Christus wurde das Metall dann in

Formen gegossen und geprägt, es entstand das erste Münzgeld.

Zunächst fertigte man ausschließlich Münzen, deren Metallwert

dem aufgeprägten Wert entsprach (Kurantmünzen) – allerdings

bereicherte sich so mancher Fürst dadurch, dass er Münzen in

Umlauf brachte, bei denen der aufgeprägte Wert höher war als

der tatsächliche. Später prägte man nur noch solche „unterwer-

tigen“ Münzen, sie werden bis heute Scheidemünzen genannt

(übrigens: auch im Euro ist lange nicht das drin, was draufsteht).

Mit dem Münzgeld entstand auch das Gewerbe der Geldwechs-

ler. Sie hatten die Aufgabe, die vielen unterschiedlichen Münzen

voneinander zu unterscheiden und ihren Wert zu schätzen – ein

Job, der übrigens viele von ihnen steinreich gemacht haben soll.

Je nachdem, wie viel man zu bezahlen hatte, konnte der Trans-

port des Münzgelds allerdings ganz schön in die Arme gehen.

Was lag also näher, als eine Erfi ndung der Chinesen zu nutzen:

das Papiergeld. Marco Polo, so wird berichtet, soll auf seinen

Reisen im Jahr 1276 die kaiserlichen Banknoten entdeckt haben,

manche Geschichtsbücher nennen auch den Schweden Johan

Palmstruch als Erfi nder des Papiergelds. Doch wie auch immer:

Fest steht, Papiergeld braucht Vertrauen, nämlich darauf, dass es

von jedermann zu jeder Zeit in Waren oder andere Vermögens-

werte umgetauscht wird. Früher wurde dies dadurch gewährleis-

tet, dass das Geld einer Nation vollständig durch Gold gedeckt

war, heute haben wir es ausschließlich mit sogenannten „freien

Währungen“ zu tun.

Oder auch nicht, denn tatsächlich spielt Geld heutzutage keine

große Rolle mehr. Zumindest nicht in Form von Bargeld: So

gibt es in Deutschland derzeit nur ca. 204 Milliarden Euro, da-

von 200 Milliarden Euro als Banknoten und 4 Milliarden Euro

als Münzen. Das Bargeld macht nur etwa 12 Prozent des gesam-

ten Geldumlaufs aus – der große Rest befi ndet sich als Buchgeld

auf den Konten und wird von Bankkonto zu Bankkonto weiter-

gegeben, weshalb es auch Giralgeld heißt (vom italienischen giro

= der Kreis). Buchgeld hat gegenüber allen früheren Geldformen

entscheidende Vorteile: Es ermöglicht einfache und schnelle

Zahlungen, ist leicht zu transportieren, haltbar – und: Es stinkt

nicht. Diese Feststellung stammt angeblich von Kaiser Vespasi-

an, der kurz nach Christi Geburt eine Steuer für Bedürfnisan-

stalten eingeführt hatte und deswegen von seinem Sohn Titus

zur Rede gestellt worden war. Der Kaiser hielt seinem Sohn die

ersten Steuereinnahmen unter die Nase und forderte ihn auf zu

riechen – und tatsächlich: Pecunia non olet – Geld stinkt nicht.

Geld regiert die Welt: Jedes Ding hat seinen Preis

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30

Wer Preise miteinander verglei-

chen will, der darf aber nicht

nur auf die Preisschilder schau-

en, sondern muss auch die

Waren bzw. Dienstleistungen

selber genau in Augenschein

nehmen. Um unser Beispiel

vom Fernseher noch einmal

aufzugreifen: Zwar kostet eine

Flimmerkiste heute im Durch-

schnitt genauso viel oder wenig

wie vor 50 Jahren, die Qualität

aber ist viel besser als damals:

Aus den klobigen Schwarz-

Weiß-Geräten mit drei oder

vier Bedienungsknöpfen sind

Farbfernseher mit Fernbedie-

nung und automatischem Sen-

dersuchlauf sowie zahlreichen

anderen Funktionen geworden.

Oder nehmen wir das Auto:

Wer sich einmal die Mühe

macht, die Ausstattung eines

Autos aus den sechziger Jahren

mit der von heute zu verglei-

chen, wird in Sachen Qualität

regelrechte Quantensprünge

feststellen. Und trotzdem arbei-

tet der Durchschnittsdeutsche

heute für einen 15.000-Euro-

Wagen mit Airbag und ABS

lediglich 1.115 Stunden, wäh-

rend die 2.000 Euro teure Stan-

dardversion des VW-Käfer im

Jahr 1960 mit 1.600 Stunden

Arbeit verdient werden musste.

Ein Ding – viele Preise

Der wohl größte Unterschied

zwischen den Preisen von

1960 und heute aber betrifft

ihre Anzahl: Für ein und das-

selbe Produkt oder ein und

dieselbe Dienstleistung gibt es

heute nicht einen, nicht zwei,

sondern viele verschiedene

Preise. Wer zum Beispiel von

Hamburg nach München fl ie-

gen will, der hat nicht nur die

(Preis-)Auswahl zwischen ver-

schiedenen Fluglinien, auch ein

und dieselbe Fluggesellschaft

bietet diesen Flug zu verschie-

denen Preisen an. Je nachdem,

wer (Vielfl ieger oder nicht) das

Ticket wie (im Reisebüro oder

im Internet) und wann (lange

im Voraus oder Last Minute)

kauft, kann es 19 Euro oder

auch 450 Euro kosten.

„Alles im Leben hat seinen Preis; auch die Dinge, von denen man sich einbildet, man kriegt sie geschenkt.“

Theodor Fontane

Wie aber entstehen Preise über-

haupt? Und welche Funktion

haben sie in einer Marktwirt-

schaft? Die Grundregel für die

Preisbildung ist relativ simpel,

denn sie folgt dem Gesetz von

Angebot und Nachfrage: Da-

nach erhöhen Haushalte und

Unternehmen mit steigenden

Preisen ihr Angebot (die einen

bieten ihre Arbeitskraft an, die

anderen Waren und Dienstleis-

tungen) und verringern ihre

Nachfrage. Umgekehrt gilt,

dass bei sinkenden Preisen das

Angebot eingeschränkt und die

Nachfrage ausgedehnt wird.

So weit, so theoretisch. In

der Praxis aber ist es keines -

wegs so, dass Angebot und

Nachfrage immer zueinander-

fi nden, sprich ausgeglichen

sind. In solchen Fällen bleibt

ein Unternehmen auf seinen

Produkten sitzen oder es kann

nicht genug davon liefern. Soll

der Tauschhandel doch noch

zustande kommen, müssen

Anbieter und Nachfrager ihre

Preisvorstellungen korrigieren

– je nach Lage der Dinge ent-

weder nach oben oder nach

unten. Der so entstehende

Preis ist der Marktpreis.

Viele Preise – ein Markt

Dieser Markt- oder Preisme-

chanismus kann allerdings

nur funktionieren, wenn sich

die Preise frei bilden können

– das aber ist bei Weitem

nicht immer der Fall. Wer

einmal mit dem Herzen eines

Schnäppchenjägers und der

Sicht eines Ökonomen durch

die große bunte Warenwelt

geht, der kann sich manchmal

nur die Augen reiben. In Groß-

städten wie Köln zum Beispiel

kann man jeden beliebigen

Supermarkt zu jeder beliebigen

Jahreszeit betreten – ein Ki-

logramm Äpfel kostet immer

und überall 1,99 Euro. Auch

die für Autofahrer ärgerlichen

Benzinpreiserhöhungen – im-

mer pünktlichst zu Ferienbe-

ginn – lassen schon mal Zwei-

fel über die freie Preisbildung

aufkommen.

Ein Paradebeispiel für das

Zustandekommen von Markt-

preisen liefert die Telekommu-

nikations-Branche. Nachdem

im Jahr 1998 das Monopol der

Deutschen Telekom endgültig

gebrochen worden ist, dürfen

auch andere Unternehmen

sogenannte „Sprachdienste

außerhalb geschlossener Benut-

zergruppen“ anbieten – und

die neuen Anbieter schossen

wie die berühmten Pilze aus

dem Boden. Für den einstigen

Monopolisten weht seitdem

ein rauer Wind. In Großstäd-

ten wie Hamburg beherrscht

die Konkurrenz inzwischen

60 Prozent des Marktes, bun-

desweit verliert die Telekom

in manchen Monaten bis zu

100.000 Kunden. Die markt-

wirtschaftliche Folge: Im

August 2006 kündigte die Te-

lekom kräftige Preissenkungen

an – die Verbraucher wird’s

freuen.

Geschichten wie diese zeigen,

welche Funktionen der Preis in

einer Marktwirtschaft im Ideal-

fall erfüllt, nämlich diese:

Information. Preise informie-

ren uns darüber, ob ein Gut

knapp ist oder nicht. Steigen

zum Beispiel die Preise für

heimisches Gemüse, dann spie-

gelt sich darin – wie im Jahr

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31

2006 – das Wetter wider: Die

Rekordtemperaturen des Juli

haben vielerorts die Felder aus-

gedörrt, die Bauern konnten

entweder nur wenig oder sogar

nichts ernten. Preise geben aber

auch Auskunft über die soziale

Wertschätzung einzelner Güter

– zum Beispiel, wenn wir für

Bio-Gemüse mehr zu zahlen

bereit sind als für Gemüse aus

konventionellem Anbau.

Koordination. Preise koordi-

nieren Angebot und Nachfrage.

Da sich die Bedürfnisse ständig

wandeln, ist diese Ausgleichs-

funktion der Preise ein per-

manenter Prozess. Bringt ein

Unternehmen zum Beispiel

eine technische Innovation

wie den Flachbildfernseher auf

den Markt, wird zunächst die

Nachfrage wesentlich höher

sein als das Angebot – also sind

Flachbildfernseher teuer. Weil

die hohe Nachfrage jedoch

nach und nach auch andere

Hersteller zur Produktion von

Flachbildschirmen animiert,

steigt das Angebot – und die

Preise fallen.

Lenkung. Preise lenken die

Produktionsfaktoren (Arbeit

und Kapital) in jene Bereiche,

in denen die Nachfrage und

die zu erzielenden Einkommen

bzw. Gewinne am höchsten

sind – und das ist immer dort

der Fall, wo die Knappheit am

größten ist. Preise setzen also

Anreize: Gibt es beispielsweise

in einer Volkswirtschaft zu we-

nige Ingenieure, dann können

diese entsprechende Gehälter

verlangen (auch der Lohn ist

ein Preis). Das wiederum wird

viele Abiturienten dazu veran-

lassen, ein Ingenieurstudium

aufzunehmen. Die Folge: Ein

„Mit scharfem Blick, nach Kennerweise seh’ ich zunächst mal nach dem Preise.Und bei genauerer Betrachtungsteigt mit dem Preise auch die Achtung.“

Wilhelm Busch

Geld regiert die Welt: Jedes Ding hat seinen Preis

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32

paar Jahre später gibt es dann

„plötzlich“ zu viele Ingenieure

– und deren Löhne werden

tendenziell sinken.

Auslese. Preise sind gnaden-

los: Auf der einen Seite teilen

sie das vorhandene Angebot

jenen Nachfragern zu, de-

ren Zahlungsbereitschaft am

höchsten ist; ganz nach dem

bekannten Ebay-Motto: drei,

zwei, eins – meins. Auf der

anderen Seite können nur jene

Anbieter überleben, die ihre

Waren und Dienste zumindest

kostendeckend an den Mann

bringen. Unternehmen, die das

nicht schaffen, werden aus dem

Markt gedrängt.

Insbesondere die Auslesefunk-

tion der Preise können und

müssen wir seit einigen Jahren

hautnah miterleben. Wer mag,

sollte zum Beispiel einmal

durch die Abteilungen des

schwedischen Modehauses

H&M (oder irgendeines ande-

ren) gehen und sich die Etiket-

ten in den Kleidungsstücken

genauer anschauen. Fast auf

jedem steht entweder „made in

China“, „made in Bangladesh“

oder „made in Turkey“. Doch

„made in Sweden“ oder gar

„made in Germany“ – Fehlan-

zeige. Das mögen die Schwe-

den verschmerzen (sie haben

mehr als 1.200 Filialen in 22

Ländern), doch für die deut-

sche Textil- und Bekleidungs-

industrie ist es alles andere als

lustig. Im Jahr 1950 war die

Branche einer der wichtigsten

Industriezweige in West-

deutschland, rund 700.000

Menschen waren dort beschäf-

tigt. Heute zählt die Branche

bundesweit gerade einmal

135.000 Mitarbeiter, allein seit

dem Jahr 2000 sind 50.000

Arbeitsplätze weggefallen. Und

„schuld“ an allem sind – die

Preise: Eine chinesische Nä-

herin bekommt umgerechnet

etwa 50 Cent die Stunde – da

können Betriebe in Deutsch-

land auch beim besten Willen

nicht mehr mithalten.

Gnadenlose Auslese

Die Textilindustrie ist die Au-

toindustrie ist die Elektronikin-

dustrie ist die Chemieindustrie

– nahezu in jeder Branche sind

die deutschen Unternehmen

einem zunehmend härteren

Konkurrenz- und Preisdruck

ausgesetzt. Selbst Traditions-

unternehmen sind nicht mehr

davor gefeit, den Kampf um

die Kunden zu verlieren und

sang- und klanglos vom Markt

geschluckt zu werden. Doch

bevor wir uns im nächsten

Kapitel ausführlich mit den

Gründen und Hintergründen

dieser Entwicklung beschäf-

tigen, bevor wir uns also dem

spannenden Thema Globalisie-

rung widmen, wollen wir ab-

schließend noch einen kurzen

Blick auf einen ganz beson-

deren Markt werfen. Er (oder

besser gesagt: sie) ist sozusagen

die Mutter aller Märkte: die

Börse.

Die Börse: Wo sich DAX und Schweine-bäuche treffenVor rund 500 Jahren trafen

sich in Brügge einige eifrige

Männer regelmäßig zur Mit-

tagszeit im Haus der Patri-

zierfamilie van der Beurse,

um Münzen zu tauschen und

Handel zu treiben. Das war

die Geburtsstunde dessen, was

wir heute die Börse nennen.

Auf diesem Markt der Märkte

wird beinahe alles gehandelt:

Aktien, Anleihen, Fonds,

Optionen und Devisen, aber

auch Erdnussöl, Molybdän-

oxyd und Schweinebäuche.

Die acht deutschen Börsen

sitzen in Berlin, Bremen, Düs-

seldorf, Hamburg, Hannover,

München, Stuttgart und

Frankfurt/Main, dem wohl

bekanntesten Börsenplatz. Was

dort und auf dem internationa-

len Parkett geschieht, kennen

die meisten Bundesbürger nur

aus dem Fernsehen: Der DAX,

so melden die Nachrichten

zum Beispiel, habe „leichter

geschlossen“, dagegen tendiere

der Dow-Jones „freundlich“

und der Nikkei mache eine

„Seitwärtsbewegung“. Und

dann erzählt uns der beredte

Börsen-Korrespondent noch

irgendwas von institutionellen

Anlegern, von Bullenmärkten,

sinkenden Umlaufrenditen und

bevorstehenden Zinsschritten

der Fed.

Fed? Nikkei? Bullenmarkt?

„Wovon reden die bloß?“, fra-

gen sich wohl Millionen von

Bundesbürgern. Und weil der

eine oder andere es vielleicht

genau wissen will, nimmt er

die Zeitung zur Hand, schlägt

den Börsenteil auf – und liest

dann doch lieber den Sportteil.

Denn wo für Profi s ein kurzer

Blick genügt, um festzustellen,

ob gerade der pessimistische

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Geld regiert die Welt: Jedes Ding hat seinen Preis

Das kleine Börsen-Lexikon• Aktie. Die Aktie ist ein Anteilsschein an einer Aktiengesell-

schaft (AG). Ihr Nennwert gibt an, mit welchem Anteil sie am

Grundkapital einer AG beteiligt ist – zum Beispiel 50 Euro.

Diese 50 Euro sind jedoch nicht zu verwechseln mit dem Ak-

tienkurs – der kann sowohl höher als auch niedriger liegen.

Die meisten Aktien sind Stammaktien – hier haben die Akti-

onäre alle üblichen Rechte, vor allem also das Stimmrecht auf

der Hauptversammlung und das Recht auf einen Dividenden-

anteil. Bei Vorzugsaktien entfällt das Stimmrecht, dafür gibt

es meist eine höhere Dividende. Stückaktien sind Aktien ohne

Nennwert; Inhaberaktien sind solche, die beim Verkauf ohne

Formalitäten den Eigentümer wechseln können, während bei

Namensaktien die persönlichen Daten des Aktionärs in ein

Aktienregister eingetragen werden.

• Anleihen. Das sind festverzinsliche Wertpapiere – der Käu-

fer verleiht sein Geld, bekommt dafür einen festen jährlichen

Zins und erhält am Ende der Laufzeit sein Kapital zurück.

Bundesanleihen werden von der Bundesrepublik Deutschland

als Staatsanleihen herausgegeben. Ihre Laufzeit beträgt in der

Regel 10 bis 30 Jahre. Ein Kursrisiko, wie bei Aktien, hat der

Käufer nur, wenn er sie zwischenzeitlich verkauft – auch Anlei-

hen werden nämlich an der Börse gehandelt. Bundesobligati-

onen unterscheiden sich von Bundesanleihen im Wesentlichen

nur durch ihre kürzere Laufzeit von 5 Jahren. Nicht nur der

Bund, auch Bundesländer, Städte oder Sonderinstitute wie die

Deutsche Ausgleichsbank geben Anleihen heraus. Diese öffent-

lichen Anleihen unterscheiden sich von den Bundespapieren

meist nur durch ihre Ausgabevolumina.

• DAX. Der deutsche Leitindex wurde 1988 eingeführt und

startete mit 1.000 Punkten. Die im DAX vertretenen 30 größ-

ten deutschen Aktiengesellschaften (auch Blue Chips genannt)

sind nach ihrem Börsenwert gewichtet – die Spanne reicht

derzeit von 0,11 Prozent (Infi neon AG) über 4,71 Prozent

(Daimler AG) bis 9,27 Prozent (Siemens AG). Weitere wich-

tige deutsche Indizes sind der MDAX (das M steht für Mid

cap, also mittelgroße Aktienwerte), der SDAX (S wie small,

also klein) sowie der TecDAX (Technologieunternehmen).

• Investmentfonds. In einem Investmentfonds bündelt eine

Fondsgesellschaft das Kapital der Anleger, um es in verschie-

dene Vermögenswerte (Aktien, Anleihen, Festgelder) zu inve-

stieren. Wer Fondsanteile kauft, hat also nicht eine Aktie

oder eine Anleihe im Depot, sondern ist – je nach Fonds –

an Dutzenden oder gar Hunderten Wertpapieren prozentual

beteiligt und streut damit sein Anlagerisiko.

• Kurszusätze. In vielen Tageszeitungen sind hinter den Ak-

tienkursen verschiedene Kürzel angegeben, die wichtige Infor-

mationen liefern. B bedeutet Brief – zu diesem Kurs wurden

zwar Aktien angeboten, gekauft hat jedoch niemand. G bedeu-

tet Geld – es lagen zwar Kaufwünsche vor, verkauft hat jedoch

zu diesem Kurs niemand. bB bedeutet bezahlt Brief – zwar

wurden zu diesem Kurs einige Aktien verkauft, aber nicht alle

Angebote fanden einen Abnehmer. bG bedeutet bezahlt Geld

– wiederum wurden zwar Papiere verkauft, diesmal ging aber

ein Teil der Käufer leer aus. T bedeutet Taxkurs – das ist ein

vom Aktienmakler geschätzter Kurs, der zeigt, dass die Aktie

an diesem Tag keinen Umsatz hatte; ex bedeutet ausschließlich

– und weist darauf hin, dass es sich um den ersten Kurs nach

der Hauptversammlung einer AG handelt; an diesem Tag wird

der Kurs abzüglich der Dividende angegeben.

• Rendite. Sie errechnet sich aus Dividende plus Kursanstieg

bezogen auf das eingesetzte Kapital. Wer also eine Aktie für

100 Euro gekauft hat und dafür 2 Euro Dividende erhält,

kommt bei einem Kursanstieg auf 105 Euro auf eine Jahres-

rendite von 7 Prozent.

• Stoppmarken. Um Verluste zu begrenzen (oder auch

Gewinne zu sichern) kann man Stoppmarken setzen. Dabei

gibt man der Bank einen bestimmten Kurs an – sobald die

Aktie unter diesen Kurs fällt, wird sie ohne Wenn und Aber

verkauft.

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Page 35: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

34

Bär (er steht an der Börse für

Kursrückgänge) oder der opti-

mistische Bulle (er symbolisiert

den Aufschwung) regiert,

müssen Otto und Lieschen

Normalbürger meistens passen:

Sie können den Buchstaben-

und Zahlensalat im Börsenteil

zwar lesen, aber nicht wirklich

verstehen. Das ist schade, denn

wie wir gleich sehen werden

– sooo schwer ist es nun auch

wieder nicht. Und es ist jam-

merschade, weil es zeigt, dass

das Gros der Deutschen mit

der Börse ausgerechnet jenen

Teil der Wirtschaft völlig au-

ßer Acht lässt, der wie kaum

ein anderer über ihre Zukunft

entscheidet.

Das ist keineswegs übertrieben:

Denn jeder, wirklich jeder hat

direkt oder indirekt etwas mit

Aktien, Anleihen oder dem

Ölpreis zu tun. Die einen, weil

sie selbst, ihr Vater oder ihre

Mutter bei einem Unterneh-

men arbeiten, das an der Börse

notiert ist; die anderen, weil ihr

Arbeitgeber der größte Zuliefe-

rer eines DAX-Unternehmens

ist; wieder andere, weil sie

selbst Aktien oder Fonds ge-

kauft haben – und alle zusam-

men, weil der Wechselkurs des

Euro für die heimische Wirt-

schaft von genauso essenzieller

Bedeutung ist wie der Ölpreis;

weil eine so sehr exportori-

entierte Volkswirtschaft wie

Deutschland auf stabile Börsen

(sprich eine stabile Wirtschaft)

in ihren Abnehmerländern

geradezu angewiesen ist. Und

vor allem, weil die staatliche

Rentenversicherung bekannt-

lich nur noch einen kleinen

Teil dessen leisten wird, was die

Rentnerinnen und Rentner von

morgen zum Leben brauchen.

Der weitaus größere Teil aber

wird an der Börse verdient.

Denn egal, bei welcher Gesell-

schaft der Einzelne für seine

private Altersvorsorge einzahlt

– Allianz, Hamburg-Mannhei-

mer, Axa & Co. erwirtschaften

die versprochenen Gewinnbe-

teiligungen fast ausschließlich

an der Börse.

Der inzwischen verstorbene

Börsen-Altmeister André

Erläuterungen am Beispiel der Adidas-Aktie

Div. steht für Dividende. Die Angabe 0,33 bedeutet, dass Adi-das im abgelaufenen Geschäftsjahr pro Aktie einen Gewinnan-teil von 0,33 Euro ausgeschüttet hat. Gelegentlich gibt es auch Angaben wie „5 +2“, das heißt dann, für diese Aktie gab es 5 Euro Dividende plus einen Bonus von 2 Euro.

22.8. Schluss heißt, die Aktie wurde zum Börsenschluss am 22. August zu einem Kurs von 37,66 Euro notiert. 21.8. Schluss gibt, zum Vergleich, den Kurs vom Vortag an. Veränderung in % drückt den Unterschied zwischen diesen beiden Schluss-kursen in Prozent aus, in diesem Fall plus 0,7 Prozent.

Tages-Eröffnung/Hoch/Tief zeigt den Kursverlauf einer Aktie während eines Handelstages. Am 22. August betrug der Eröff-nungskurs der Adidas-Aktie also 37,65 Euro, der höchste Kurs notierte bei 37,85 Euro, der niedrigste bei 37,21 Euro. 52 Wo-chen Hoch/Tief informiert über die Entwicklung der Aktie in den vergangenen 52 Wochen. Die Adidas-Aktie war in dieser Zeit höchstens 43,58 Euro und mindestens 34,16 Euro wert.

KGV 2006 ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Jahr 2006. Diese Kennzahl gibt an, in welchem Verhältnis der erwartete Gewinn einer Aktiengesellschaft zu ihrer aktuellen Börsenbe-wertung steht. Errechnet wird das KGV, indem man den aktu-ellen Kurs einer Aktie durch den für das nächste Jahr erwarteten

Div. 22.8. 21.8. Veränd. Tages- 52-Wochen KGV Gesamt- Markt- ISIN Schluss Schluss in % Eröff./Hoch/Tief Hoch/Tief 2006 umsatz Kapital.

Adidas 0,33 37,66 37,40 +0,70 37,65/37,85/37,21 43,58/34,16 15 43532 6,85 DE0005003404

Allianz 2 130,10 131,24 -0,87 131,48/131,85/128,88 139,53/103,10 11 421179 51,51 DE0008404005

Gewinn pro Aktie teilt. Bei einem niedrigen Kurs-Gewinn-Ver-hältnis gilt eine Aktie als günstig, bei einem hohen KGV als un-günstig, sprich zu teuer. Als Vergleichsmaßstäbe für das KGV gelten vor allem die KGVs vergleichbarer Unternehmen (glei-che Branche), historische Durchschnitts-KGVs (im deutschen Aktienmarkt ca. 15) sowie bei Wachstumswerten die erwartete Wachstumsrate.

Der Gesamtumsatz ist die Summe aller Umsätze, die mit ei-ner Aktie an allen deutschen Börsen einschließlich des elektro-nischen Handels (des sogenannten Xetra-Handels) an diesem Tag gemacht wurden, angegeben in tausend Euro.

Die Marktkapitalisierung gibt den Börsenwert einer Aktienge-sellschaft in Milliarden Euro an. Sie errechnet sich aus der Zahl der Aktien multipliziert mit dem aktuellen Kurs.

ISIN steht für „International Securities Identifi cations Number“, eine Art Code, mit dem sich jedes Wertpapier eindeutig iden-tifi zieren lässt.

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35

Kostolany erklärte das Ganze

einmal so: „Mit der Wirtschaft

und der Börse verhält es sich

wie mit dem Mann und sei-

nem Hund beim Spaziergang.

Der Mann läuft langsam und

gleichmäßig weiter. Der Hund

läuft vor und zurück. Aber

beide bewegen sich in die glei-

che Richtung. Der Mann ist

die Wirtschaft, der Hund die

Börse.“

Egal ob Mann oder Frau – fol-

gen wir einmal dem Hund und

schauen, wie sich sein Vor und

Zurück im Börsenteil einer

Tageszeitung darstellt und was

die Angaben bedeuten (siehe

Kasten Seite 34):

„Der Oktober ist einer der besonders gefährlichen Monate, um mit Wert-papieren zu spekulieren. Die anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Februar.“

Mark Twain

10 goldene Börsenregeln▲ Kaufen Sie nie ein Wertpapier, das Sie nicht verstehen.

▲ Kaufen Sie nichts, ohne die Alternativen geprüft zu haben.

▲ Überprüfen Sie Ihre Informationen.

▲ Nutzen Sie das Internet – aber überprüfen Sie anonyme Hinweise.

▲ Spekulieren Sie nur mit Geld, das Sie langfristig nicht brauchen – und niemals auf Kredit.

▲ Keine Panik und nervöse Reaktionen – The trend ist your friend!

▲ Beobachten Sie die Aktien in Ihrem Portfolio.

▲ Laufen Sie nie einem heißen Tipp hinterher.

▲ Streuen Sie Werte und Branchen in Ihrem Depot, verzetteln Sie sich nicht mit vielen

kleinen Positionen.

▲ Setzen Sie sich immer ein Limit – und setzen Sie Stopps.

Quelle: Börse Düsseldorf

War es das Desaster mit der

T-Aktie, die im Jahr 1996 fast

zwei Millionen Bundesbürger

zum Preis von 28,50 DM

(14,57 Euro) zeichneten, und

die dann binnen vier Jahren auf

104 Euro hochschoss – um

schon im nächsten Jahr auf

15 Euro abzustürzen? Oder

sind die Deutschen von Natur

Er hat ja so recht, dieser Mark

Twain – das zumindest scheint

das Gros der Deutschen zu

denken. Nur jeder Achte besitzt

Aktien oder Fonds, allein im

zweiten Halbjahr 2007 haben

sich fast 400.000 Bundesbürger

von ihren Wertpapieren ge-

trennt. Warum, darüber ist

schon viel spekuliert worden.

Geld regiert die Welt: Jedes Ding hat seinen Preis

aus Aktienmuffel? Oder haben

sie, wie eine Studie des Bun-

desverbandes Deutscher In-

vestmentgesellschaften nahe-

legt, einfach zu wenig Ahnung?

Es klingt unglaublich, aber

tatsächlich weiß nicht einmal

ein Drittel der Fondsbesitzer,

was ein Fonds überhaupt ist.

Wenn Sie nur die erste der

folgenden Regeln beachten,

kann Ihnen das schon nicht

mehr passieren.

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Nun haben wir schon so viel

von der Wirtschaft gesprochen

– doch wer ist eigentlich „die

Wirtschaft“? Sicher: Ich, du, er,

sie, wir alle sind die Wirtschaft,

das stimmt schon. Doch Hand

aufs Herz: Wenn die Nachrich-

ten melden, „mit der deutschen

Wirtschaft geht es wieder

bergauf“ oder „die Wirtschaft

fordert von der Bundesregie-

rung eine Reform der Unter-

nehmenssteuern“ – fühlen Sie

sich dann angesprochen?

Die Wirtschaft:Über Gewinne und andere Vorurteile

Eben. Und genauso geht es den

meisten Bundesbürgern. Wür-

de man sie auf der Straße ein-

fach mal auffordern, ein paar

aktuelle Namen zu nennen, die

ihnen im Zusammenhang mit

„der Wirtschaft“ einfallen, die

meisten würden wohl antwor-

ten: „Der von der Deutschen

Bank, wie heißt er noch? Ach

ja, Ackermann.“ Dem einen

oder anderen Bahnpendler

käme vielleicht auch der Name

Mehdorn über die Lippen.

Und wer einmal eine T-Aktie

hatte, für den ist bestimmt

Ron Sommer so ein Name aus

der Wirtschaft, wer sie immer

noch hält, kennt wohl eher

dessen (inzwischen ebenfalls

abgelösten) Nachfolger, Kai-

Uwe Ricke. Und sonst? Wer

fällt Ihnen noch ein? Wie heißt

zum Beispiel der amtierende

Bundeswirtschaftsminister?

O.K., lassen wir das und fragen

stattdessen nach Firmennamen.

Welche deutschen Unterneh-

men kennen Sie?

Deutsche Bank, Daimler,

Siemens, Telekom, VW,

BASF, Lufthansa, Allianz,

Eon, Bayer, BMW, Henkel,

Philips …

Stopp! Philips ist ein nieder-

ländisches Unternehmen,

aber ansonsten: alle Achtung!

Kommt ja wie aus der Pis-

tole geschossen. Eines fällt

allerdings auf: Alle genannten

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37

deutschen Unternehmen sind

im DAX vertreten, gehören

also zu den 30 größten deut-

schen Aktiengesellschaften.

Na und, werden Sie vielleicht

sagen, das sind doch deutsche

Unternehmen. Stimmt. Aber

selbst wenn wir alle 30 DAX-

Konzerne aufzählen, haben wir

lediglich 0,00001 Prozent aller

deutschen Unternehmen bei-

sammen. Ja, Sie haben richtig

gelesen: Null Komma null null

null null eins Prozent! Sogar

wenn wir alle anderen AGs und

die Kommanditgesellschaften

auf Aktien (KGaA) hinzuzäh-

len, stellen die insgesamt knapp

7.200 Aktiengesellschaften le-

diglich 0,2 Prozent aller Unter-

nehmen in Deutschland – „die

Wirtschaft“ repräsentieren sie

also nun wirklich nicht.

Dieser Titel gebührt eindeutig

dem Mittelstand. Das sind

jene Betriebe, die weniger als

500 Mitarbeiter beschäftigen

und maximal 50 Millionen

Euro Jahresumsatz haben. Ins-

gesamt stellt der Mittelstand

in Deutschland nach den

jüngsten Zahlen (2007):

• 99,7 Prozent aller Unterneh-

men

• 83,0 Prozent aller Auszubil-

denden

• 70,6 Prozent aller Beschäf-

tigten

• 47,2 Prozent der gesamten

Nettowertschöpfung

• 38,3 Prozent aller Umsätze

Warum aber viele Bundesbür-

ger die wenigen großen DAX-

Konzerne fälschlicherweise mit

„der Wirtschaft“ gleichsetzen,

ist schnell erklärt: So wird es

ihnen von vielen Medien sug-

geriert.

Insbesondere die Boule-

vardpresse sowie die ähnlich

bunten und vereinfachenden

TV-Magazine lechzen geradezu

nach schlagzeilenträchtigen

Nachrichten und marktschreie-

rischen Superlativen – und die

liefern die international tätigen

30 DAX-Konzerne nun einmal

eher als die „übrigen“ rund

3,5 Millionen Betriebe.

Ein typisches Beispiel für die

selektive Wahrnehmung „der

Wirtschaft“ ist die Berichter-

stattung zum heiklen Thema

Gewinne. Verfolgt man die

Regenbogenpresse der vergan-

genen ein, zwei Jahre, dann

könnte man fast den Eindruck

gewinnen, die deutsche Wirt-

schaft bestehe ausschließlich

aus „Managern ohne Moral“

und „Turbo-Kapitalisten“, die

alle nur eines im Kopf hätten:

sich selbst und die Aktionäre so

reich wie möglich zu machen

– koste es so viele Arbeitsplät-

ze, wie es wolle.

Den Hintergrund für solch

populistische Vereinfachungen

bilden Unternehmensmel-

dungen wie die von Josef

Ackermann Anfang Mai 2006:

Damals verkündete der Chef

der Deutschen Bank, sein Haus

habe gerade das erfolgreichste

Quartal der Firmengeschichte

absolviert – der Gewinn vor

Steuern sei um sage und schrei-

be 46 Prozent gestiegen.

Gleichzeitig hielt Ackermann

aber an dem Plan fest, insge-

samt 6.400 Mitarbeiter zu

entlassen. Ähnliche Entwick-

lungen gab und gibt es beim

Reifenhersteller Continental,

bei Siemens, bei der Telekom –

kurzum: bei vielen DAX-Un-

ternehmen. Sie machen Ge-

winnsprünge von 20 Prozent

und mehr, gleichzeitig aber

werden Zigtausende Mitarbei-

Deutsche Wirtschaft: Einzelunternehmen dominieren

Zahl der Unternehmen

Einzelunternehmen 2.253.131

Personengesellschaften wie Offene Handelsgesellschaften (OHG) undKommanditgesellschaften (KG) 407.412

Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) 573.985

Sonstige Rechtsformen 232.597

Insgesamt 3.467.125

Stand: 31.12.2007; Sonstige Rechtsformen: Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts; Quelle: Statistisches Bundesamt

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Page 39: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

38

ter entlassen oder müssen zu-

mindest empfi ndliche fi nan-

zielle Einbußen hinnehmen.

Wenn „der kleine Mann auf

der Straße“ dann noch hört

oder liest, dass so manches

Unternehmen angeblich über-

haupt keine Steuern mehr zahlt

und so mancher Spitzenmana-

ger in einem einzigen Jahr

mehr Geld bekommt, als ein

Durchschnittsverdiener in 200

oder 300 Jahren verdienen

könnte, kocht nicht nur der

Unternehmen, Unternehmer und die SteuernAnfang 2005 meldete die „Netzeitung“, die Steuereinnahmen in Deutschland seien deutlich

gesunken. „Größere Unternehmen haben statt Steuern zu zahlen sogar Geld vom Staat zurück-

erstattet bekommen.“ Ökonomische Laien interpretieren solche Meldungen allerdings oft an-

ders, als sie gemeint sind. Sie glauben doch tatsächlich, Unternehmer und Manager würden ihre

(Millionen-)Gehälter einfach kleinrechnen (Stichwort: Steuerschlupfl öcher) und so am Finanz-

amt vorbeischleusen. Der Grund für dieses Missverständnis ist ein einziger Buchstabe, nämlich

der Unterschied zwischen Unternehmen und Unternehmer.

• Unternehmen sind rechtlich, wirtschaftlich und fi nanziell selbstständige Wirtschaftseinheiten,

die in zwei verschiedenen Rechtsformen geführt werden können: als Einzelunternehmen oder

als Gesellschaftsunternehmen. Bei einem Einzelunternehmen sind Unternehmen und Unter-

nehmer identisch, bei Gesellschaftsunternehmen unterscheidet man zwischen Personenunter-

nehmen und Kapitalgesellschaften. Während Personenunternehmen wie Einzelunternehmen

der Einkommenssteuer unterliegen, zahlen Kapitalgesellschaften Körperschaftssteuer. Wenn

also die Aktiengesellschaft X angeblich keine Steuern mehr zahlt, dann ist damit ausschließlich

die Körperschaftssteuer gemeint. Die Einkommen des Vorstandsvorsitzenden und der Manager

aber unterliegen, wie die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer auch, der Einkommenssteuer.

• Unternehmer sind nach amtlicher Lesart Selbstständige. Dazu zählen alle, die „einen Betrieb

oder eine Arbeitsstätte gewerblicher oder landwirtschaftlicher Art wirtschaftlich und organisato-

risch als Eigentümer oder Pächter leiten (einschließlich selbstständiger Handwerker) sowie alle

freiberufl ich Tätigen, Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister“. Besonders wichtig ist dabei

folgende Unterscheidung: Ein Unternehmer ist (Mit-)Eigentümer eines Unternehmens, er oder

sie leitet also einen Betrieb eigenverantwortlich und übernimmt dabei ein persönliches Risiko.

Dem Manager dagegen fehlt die typische Voraussetzung des klassischen Unternehmers: der

Besitz, das Kapital. Ein Manager arbeitet also nicht „in seinem“ Betrieb, sondern „für einen“

Betrieb – und er zahlt, wie jeder Arbeitnehmer, Einkommenssteuer.

Volkszorn so richtig hoch –

auch die Vorurteile schießen

ins Kraut.

Was nun die Gewinne „der

Wirtschaft“ angeht, so haben

viele Bundesbürger geradezu

abenteuerliche Vorstellungen.

Als das Meinungsforschungs-

institut Emnid vor ein paar

Jahren einmal fragte, wie viel

Gewinn einem Unternehmen

wohl von 100 Euro Umsatz

übrig bleibt, antwortete fast

jeder Zweite: mindestens

5 Euro. Jeder sechste Deutsche

war sogar davon überzeugt,

dass die Betriebe die Hälfte

ihres Umsatzes als Gewinn

einstreichen. Tatsächlich aber,

das belegen die Zahlen der

Deutschen Bundesbank vom

Juni 2006, bleiben den Unter-

nehmen von 100 Euro Umsatz

im Durchschnitt nur 2,90 Euro

Gewinn.

„Das schlimmste Verbrechen gegen die arbeitende Bevölkerung ist es, keine Profi te zu machen.“

Samuel Gompers

Warum aber braucht eine

Volkswirtschaft überhaupt Ge-

winne – und vor allem: hohe

Gewinne? Warum muss das

eine Unternehmen unbedingt

eine höhere Rendite erzielen

als das andere? Wäre es nicht

einfacher und gerechter, wenn

alle (Volkswirtschaften, Bran-

chen, Unternehmen, Manager,

Arbeitnehmer) zu gleichen

Teilen profi tieren würden?

Eine rhetorische Gegenfrage:

Wollen Sie immer das glei-

che Gehalt bekommen, egal,

welche Ausbildung Sie haben,

welchen Beruf Sie ausüben,

wie viel Sie arbeiten und wie

gut Ihre Leistungen sind?

Konkurrenz belebt das Ge-

schäft, sagt der Volksmund,

und in einer Marktwirtschaft

gilt diese Regel allemal. Denn

tatsächlich braucht der Markt

das Konkurrenzprinzip so

nötig wie der Ottomotor das

Benzin, nur dass der Treibstoff

des Marktes die Gewinne sind.

Sie signalisieren: Hier lohnt

es sich zu investieren! Hier ist

Geld zu verdienen! Hier entste-

hen neue Arbeitsplätze!

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Page 40: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

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Gewinn: Was vom Umsatz übrig bleibt

in Euro

Umsatz 100,00

+ Übrige Erträge 4,61

= Gesamterträge 104,61

– Materialaufwand 62,40

– Personalaufwand 18,00

– Abschreibungen 3,04

– Zinsaufwendungen 1,09

– Betriebssteuern 1,81

– Übrige Aufwendungen 14,52

= Jahresergebnis vor Gewinnsteuern 3,75

– Steuern vom Einkommen und Ertrag 0,84

= Jahresergebnis (Gewinn) 2,91

Stand: 2004; Umsatz: einschließlich Bestandsveränderungen; Übrige Erträge: zum Beispiel Zinserträge; Ursprungsdaten: Deutsche Bundesbank 2006

Das Konkurrenzprinzip funkti-

oniert so: Angenommen, das

Unternehmen X bringt ein

innovatives Produkt auf den

Markt, also etwas, was es bis

dahin so nicht gegeben hat

– wie zum Beispiel seinerzeit

den Walkman. Weil es diese

Innovation anfangs nur bei

diesem Unternehmen gibt,

kann es hohe Preise verlangen

und macht auch entsprechend

hohe Gewinne (der erste Walk-

man kam übrigens 1979 unter

dem Namen TPS-L2 heraus,

kostete 200 Dollar und wurde

weltweit 330 Millionen Mal

verkauft). Wow! sagt sich

nun die Konkurrenz – und

schwups, schon kommen die

ersten Nachahmer aus ihren

Startlöchern, um die erfolg-

reiche Idee zu kopieren oder zu

imitieren. Aus marktwirtschaft-

licher Sicht ist dabei Folgendes

passiert: Durch die Innovation

wurden Investitionsentschei-

dungen ausgelöst – das knappe

Kapital wurde quasi automa-

tisch (wir erinnern uns: die

„unsichtbare Hand“ des

Marktes) in jene Bereiche ge-

lenkt, die den größten Gewinn

versprechen. Logisch, dass

gleichzeitig Kapital aus weniger

lukrativen Feldern abgezogen

wird – denn für die Wirtschaft

gilt genau dasselbe wie für je-

den Einzelnen: Jeder Euro kann

nur einmal ausgegeben werden.

„Die Lust am Geld-verdienen ist für die wirtschaftliche Entwicklung der Welt ebenso not-wendig wie die Lust am Beischlaf für die Volksvermeh-rung.“

Eugen Schmalenbach

Jetzt haben wir zwar mit dem

Vorurteil exorbitanter Gewinne

aufgeräumt, was aber ist dran

an der Behauptung, die Unter-

nehmen würden ihre Strategie

der „Gewinnmaximierung“

auf Kosten angeblich gesunder

Arbeitsplätze durchsetzen?

Konkret gefragt: Warum will

die Deutsche Bank 6.400

Mitarbeiter entlassen, wenn

sie doch ihren Gewinn kräftig

steigern konnte? Und warum

will die Telekom sogar 32.000

Beschäftigte vor die Tür setzen?

Die Antwort auf diese durch-

aus berechtigte Frage ist alles

andere als einfach. Bleiben wir

einmal bei der Telekom, dann

zählen zu den Gründen für den

geplanten Jobabbau einerseits

die bekannten Fakten – also

die scharfe Konkurrenz durch

neue Anbieter mit der Folge

sinkender Preise, Umsätze und

Gewinne. Auf der anderen

Seite aber sind gerade Global

Player wie die Telekom auch

einem Wettbewerbsdruck aus-

gesetzt, der weniger von außen

als vielmehr von innen kommt:

durch Finanzinvestoren.

Was diese, von manchen als

„Heuschrecken“ abgekanzelten

Investoren bewirken können,

beschrieb „Der Spiegel“ im

August 2006 so: „… der Tele-

kom-Chef hat in den Reihen

der Kontrolleure [gemeint ist

der Aufsichtsrat] neuerdings

einen mächtigen Gegenspieler:

den Finanzinvestor Blackstone.

Das auf Firmenübernahmen

und anschließende Zerlegung

spezialisierte Unternehmen war

im April bei der Telekom ein-

gestiegen. […] Für einen Preis

von 14 Euro je Aktie kaufte

Blackstone 4,5 Prozent der

Telekom-Anteile – und sitzt

nach dem gewaltigen Kurs-

rutsch nun auf Verlusten von

inzwischen rund 500 Millionen

Euro. Das ist für das erfolgs-

verwöhnte US-Unternehmen

nicht nur äußerst peinlich.

Es könnte, befürchtet man

in Bonn [dem Hauptsitz der

Telekom], auch dazu führen,

dass der von Blackstone in den

Telekom-Aufsichtsrat entsandte

Lawrence Guffey auf deutlich

weitreichendere Änderungen

pocht, als Ricke sie bisher plant

– und dafür bei anderen Kon-

trolleuren auch Unterstützung

fi ndet.“

Das große Fressen

Was auch immer „deutlich

weitreichendere Änderungen“

konkret bedeuten mögen, eines

zeigt das Telekom-Beispiel son-

nenklar: Es gibt keine „deut-

schen“ Konzerne mehr, son-

dern allenfalls noch Konzerne

in Deutschland. Und es ist

auch (fast) egal, wie groß oder

wie traditionell ein Unterneh-

men ist – im Zeitalter der Glo-

balisierung gibt es immer noch

einen größeren Fisch, der sich

den kleineren gerne einverleibt.

Die Liste der prominenten

Gefressenen jedenfalls wird von

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile

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Page 41: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

40

Jahr zu Jahr länger: Der Indus-

trieriese Mannesmann, bis zum

Jahr 2000 ein DAX-Schwer-

gewicht, wurde vom britischen

Mobilfunkanbieter Vodafone

übernommen; der seit Anfang

2009 insolvente Modellbahn-

hersteller Märk lin gehörte zu-

vor ebenfalls einem britischen

Finanzinvestor; Apollinaris ist

vom US-Konzern Coca-Cola

geschluckt worden und die

Hypo-Vereinsbank gehört der

italienischen Unicredito.

Ausverkauf Deutschland?

Doch das war erst der An-

fang. „Es rollt ein Tsunami

auf uns zu“, warnt Kai Lucks.

Der Übernahmeexperte von

der Siemens AG prophezeit

Deutschland eine regelrechte

Übernahme- und Fusions-

welle, bei der die Käufer aus

Ländern kommen werden, von

denen die meisten Deutschen

bislang wohl kaum gedacht

hätten, dass sie einmal eine

ernsthafte Konkurrenz darstel-

len könnten: Brasilien, Russ-

land, Indien und China – die

sogenannten BRIC-Länder.

Vor allem im Reich der Mitte

gibt es inzwischen viele große

Staatsunternehmen und zuneh-

mend auch schlagkräftige Pri-

vatunternehmen, die sich erst

zusammenschließen, um dann

ihre Fühler nach internationa-

len Konkurrenten auszustre-

cken. Fusions-Experte Lucks:

„Die chinesische Führung

hat in ihren Zwei-, Drei- und

Fünfjahresplänen Deutschland

als Zielland genannt.“

Und was heißt das für die

Unternehmen in Deutschland,

insbesondere die Global Player?

Sagen wir es ohne Umschwei-

fe: Entweder sie passen sich

dem internationalen Markt an

– oder sie werden angepasst.

Und das schließt durchaus die

Möglichkeit ein, von einem

ausländischen Konkurrenten

oder Finanzinvestor übernom-

men zu werden, ein Risiko,

dem sich selbst so potente Un-

ternehmen wie etwa die Deut-

sche Bank stellen müssen.

Wenn wir dieses Szenario ernst

nehmen, und das sollten wir,

dann erscheinen die Diskussi-

onen um Gewinnmaximierung

und Verlagerung von Arbeits-

plätzen ins Ausland in einem

anderen Licht. Die Manager

großer Konzerne peilen zwei-

stellige Renditen nicht deshalb

an, um sich selbst die Taschen

vollzustopfen (obwohl es auch

solche schwarzen Schafe gibt),

sondern um ihre Unterneh-

men so weit zu „mästen“, dass

sich potenzielle Aufkäufer die

Zähne an ihnen ausbeißen.

Gelingt das den Unterneh-

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Page 42: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

41

Nettoumsatzrenditen: Deutschland unter ferner liefen

Jahresüberschuss 2007 nach Steuern in Prozent des UmsatzesRussland 15,4

Indien 11,5

Brasilien 11,4

Schweiz 10,9

Norwegen 9,9

Vereinigtes Königreich 9,1

Spanien 8,6

Dänemark 8,4

Belgien 8,4

Schweden 7,9

Portugal 7,8

China 7,7

Finnland 7,5

Kanada 7,2

Österreich 6,6

Italien 6,6

Niederlande 6,5

Frankreich 6,1

Griechenland 6,0

USA 5,8

Deutschland 5,0

Japan 3,6

Jahresüberschuss: Konzerne der gewerblichen Wirtschaft ohne Banken und Versicherungen; Ursprungsdaten: Osiris-Datenbank (Bureau van Dijk)

men nicht, werden sie an den

Finanz märkten abgestraft: Der

Aktienkurs sinkt und mit ihm

der Übernahmepreis für po-

tenzielle Aufkäufer. Wie nötig

eine Gewinn-Mastkur ist, zeigt

ein internationaler Vergleich

der Nettoumsatzrenditen, also

des Gewinns nach Steuern in

Prozent des Umsatzes: Danach

erwirtschaften die Konzerne

in Deutschland die zweitnied-

rigsten Gewinne von 22 groß-

en Industrienationen.

Arbeitsplatzverlagerungen

ins Ausland dienen (auch,

aber nicht nur) dem gleichen

Zweck: Gewinne machen, also

auch Kosten senken, um im

harten Wettbewerb zu beste-

hen. Da die Arbeitskosten in

Deutschland aber bekanntlich

zu den höchsten der Welt zäh-

len, bleibt vielen Unternehmen

nur eine Alternative: Entweder

sie machen weiter wie bisher

und gehen sehenden Auges un-

ter, oder sie verlagern zumin-

dest die besonders arbeits- und

damit kostenintensiven Pro-

duktionsbereiche in Länder wie

Tschechien, Rumänien oder

Ungarn, wo eine Arbeitsstunde

für einen Bruchteil der deut-

schen Kosten zu haben ist. So

bitter das für die betroffenen

Mitarbeiter in Deutschland

auch ist, aus volkswirtschaft-

licher Sicht ist dieser Weg

immer noch der bessere. Denn:

standsvorsitzender so unglaub-

lich viel Geld verdienen und

gleichzeitig Zigtausende seiner

Mitarbeiter vor die Tür setzen?

Oder müsste der Staat als

Gesetzgeber dem nicht einen

Riegel vorschieben und die

[…] „Zum Beispiel Adidas, das Musterexemplar eines globalen Unternehmens: Herzogenaurach, wo die Marke einst erfunden wurde, ist zwar immer noch Stammsitz des Konzerns und wird es nach Ansicht des Vorstandschefs Herbert Hainer auch bleiben. Aber der weltweite Einkauf wird in Hongkong erledigt, das Marketing in Amsterdam, der Großteil der Produktionsentwicklung im amerika-nischen Portland und das Design unter anderem in Tokio und New York. Hergestellt werden die Schuhe und Trikots zu 95 Prozent in Asien. […] Dennoch zeigt Adidas, dass Global Player mit Sitz in Deutschland auch hierzulande neue Jobs schaffen können, wenn sie erfolgreich sind. In den vergangenen zehn Jahren hat der Sportartikelhersteller die Zahl seiner Beschäftigten in Deutschland von 1200 auf 2580 mehr als verdoppelt. In diesem Jahr sollen nochmals 150 Stellen, vor allem im Marketing und Vertrieb, dazu-kommen.“

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile

Jobverlagerungen ins Ausland

schaffen und sichern auch

Arbeitsplätze in Deutschland –

wie obenstehende Geschichte

aus dem Nachrichtenmaga-

zin „Der Spiegel“ (Ausgabe

17/2005) belegt.

Ach ja, und dann sind da noch

die Millionen-Gehälter der

Manager. Knapp 12 Millionen

Euro, so stand es überall zu

lesen, soll zum Beispiel Josef

Ackermann bekommen. Zwölf

Millionen in einem einzigen

Jahr – dafür müsste ein Durch-

schnittsverdiener mit 13 Mo-

natsgehältern von rund 2.700

Euro brutto 340 Jahre arbeiten.

Darf das sein? Darf ein Vor-

Manager-Gehälter auf, sagen

wir, 2 Millionen Euro pro Jahr

begrenzen? Beantworten wir

die letzte Frage einmal mit Ja.

Und dann? Wenn wir die Ma-

nager-Gehälter deckeln, was

machen wir dann zum Beispiel

mit …

… Michael Schumacher? Der

Formel-1-Rekordweltmeister

verdiente angeblich (offi zielle

Angaben gibt es keine) zwi-

schen 50 und 100 Millionen

Euro – pro Saison.

… Michael Ballack? Der Kapi-

tän der Fußballnationalmann-

schaft verdiente in seiner Bay-

ern-Zeit angeblich 6,5 Millio-

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Page 43: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

42

nen Euro im Jahr. Und bei

seinem neuen Club, dem FC

Chelsea, sollen es 200.000

Euro sein – pro Woche.

… dem 41-jährigen Kranken-

pfl eger aus Nordrhein-Westfa-

len? Er hat im Oktober 2006

den größten Lotto-Jackpot aller

Zeiten geknackt und 37,6 Mil-

lionen Euro gewonnen.

Damit keine Missverständnisse

aufkommen: Selbstverständlich

darf und muss eine demokra-

tische und pluralistische Ge-

sellschaft darüber diskutieren,

wie sie ihren erwirtschafteten

Wohlstand verteilt. Aber die

Gesellschaft muss sich auch

entscheiden, was sie will:

Marktwirtschaft oder Sozialis-

mus? Und wenn sie sich, wie

Deutschland, für die Markt-

wirtschaft entschieden hat,

dann gelten auch deren Regeln.

Im Klartext: Ob Josef Acker-

mann 12 oder 2 Millionen

Euro bekommt, entscheidet

einzig und allein der Aufsichts-

rat der Deutschen Bank. Denn

laut Gesetz ist der Aufsichtsrat

die Kontrollinstanz einer Kapi-

talgesellschaft – er überwacht

die Geschäftsführung, bestellt

die Vorstandsmitglieder und

bestimmt deren Gehalt. Und

nicht zu vergessen: Der Auf-

sichtsrat wird von der Haupt-

versammlung gewählt – dort

kann jeder einzelne Aktionär

seine Stimme erheben.

Und noch ein Letztes muss

zum Thema Millionen-Gehäl-

ter und Spitzenverdiener gesagt

werden: Es mag ja sein, dass bei

dem einen oder anderen Maß

und Ziel verloren gegangen

sind; und es mag auch sein,

dass die (übrigens vom Ge-

setzgeber selbst eingerichteten)

sogenannten Steuerschlupfl ö-

cher zuweilen recht schamlos

ausgenutzt werden.

Wahr ist aber auch: Das Gros

der Topverdiener in Deutsch-

land zahlt brav und ehrlich

seine Einkommenssteuern

– und das nicht zu knapp: Fakt

ist, dass im Jahr 2004 nach An-

gaben des Bundesfi nanzminis-

teriums die 5 Prozent der Steu-

erpfl ichtigen mit den höchsten

Einkommen für mehr als 40

Prozent der gesamten Einnah-

men aus der Einkommenssteu-

er sorgten. Auf der anderen

Seite trugen die 50 Prozent der

Steuerpfl ichtigen mit den nied-

rigsten Einkommen lediglich

etwas mehr als 8 Prozent zum

Steueraufkommen bei.

„Es ist nichts falsch daran, dass Menschen Reich-tümer besitzen, falsch wird es, wenn Reichtümer Menschen besitzen.“

Billy Graham

www.globalisie-rung.insm.de –Freiheit statt Staatsgläubigkeit„Kapitalismus? Find ich schei-

ße.“ Mit diesen brachialen

Worten reagierte ein junger

Mann aus Bayern im August

2006 auf die Titelgeschichte

des „Spiegel“ über die „Gene-

ration Praktikum“. Darin ging

es um Berufseinsteiger, die

einfach keinen festen Job mehr

fi nden können – und das,

obwohl sie so gut ausgebildet,

mobil und fl exibel sind wie

keine Generation vor ihnen.

„Stattdessen“, so das Nach-

richtenmagazin, „hangeln sich

heute immer mehr Berufsan-

fänger als Praktikanten, Mehr-

fachjobber oder Honorarkräfte

durch die neue Arbeitswelt, mit

befristeten Verträgen oder ganz

ohne, mit schlechter oder gar

keiner Bezahlung […]“.

„Wir sind die Generation des

Nichts“, schreibt der junge

Mann aus Bayern in seinem

Leserbrief weiter. „Für viele

geht es nur noch ums mo-

mentane Überleben. Und

das nutzen die Unternehmen

gnadenlos aus.“ Andere Leser

und Leserinnen pfl ichten ihm

bei und schreiben vom „Grund-

übel der Ausbeutung“ und von

den „Schattenseiten der Globa-

lisierung“.

Globalisierung. Kaum ein an-

deres Wort aus der Wirtschaft

verunsichert die Menschen

heute so sehr wie dieses. Viele

verbinden damit ausschließlich

Negatives: permanente Angst

um den eigenen Arbeitsplatz,

zunehmenden Leistungsdruck,

fi nanzielle Existenznöte und

eine Gesellschaft, in der das

Soziale auf dem Altar der

Ökonomie geopfert wird.

Das Phantom Globalisierung

erschreckt aber keineswegs

nur die „kleinen Leute“, auch

prominente Wissenschaftler

kommen zuweilen ins Grübeln.

„Der Markt erdrückt den so-

zialen Ausgleich und vielerorts

die Justiz. Das ‚Recht des Stär-

keren‘ obsiegt. Damit gerät die

freiheitliche Marktwirtschaft in

eine Glaubwürdigkeitskrise“,

schreibt zum Beispiel Ernst

Ulrich von Weizsäcker, Neffe

des ehemaligen Bundespräsi-

denten Richard von Weizsäcker

und Dekan an der University

of California, in der Wochen-

zeitung „Die Zeit“.

Verzagte Deutsche

Ohne Frage: Viele der Ängste

und Sorgen sind nachvoll-

ziehbar. Wer trotz guter

Ausbildung und trotz viel

persönlichen Engagements im

Extremfall von Hartz IV und

einem Ein-Euro-Job leben

muss, der hat wahrlich Grund

genug, an der Marktwirtschaft

und der Globalisierung zu

zweifeln. Fatal aber wird es

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Page 44: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

43

immer dann, wenn die be-

rechtigten Sorgen der konkret

Betroffenen in kollektive Angst

umschlagen und selbst jene

Menschen in Weltuntergangs-

stimmung versetzen, die objek-

tiv betrachtet gar keinen Anlass

dazu haben. Und das ist – auch

das gehört zu einer fairen Dis-

kussion über Globalisierung

und Marktwirtschaft – immer

noch die große Mehrheit: Nach

einer Studie der Europäischen

Union sind in Deutschland

zum Beispiel nur 6 Prozent der

Bevölkerung von „dauerhafter

Armut“ betroffen, das heißt, sie

mussten oder müssen mindes-

tens drei Jahre lang mit einem

Jahreseinkommen von weniger

als 10.000 Euro auskommen

– besser schneiden von den

15 „alten“ EU-Staaten nur

noch die Niederlande ab.

Warum aber sind dann gerade

die Deutschen so verzagt? Laut

der Online-Umfrage „Perspek-

tive Deutschland“, an der sich

im Jahr 2004 mehr als eine

halbe Million Bundesbürger

beteiligte, glauben gerade

einmal 28 Prozent der Bevölke-

rung, dass man in fünf bis zehn

Jahren noch gut in Deutsch-

land leben kann. Sechs von

zehn Bürgern fürchten einen

fi nanziellen Abstieg, vier von

zehn machen sich ernsthafte

Sorgen um ihren Job – in an-

deren Umfragen sind es sogar

doppelt so viele. Und meist

heißt der Grund für all diese

Ängste: Globalisierung.

„Furcht besiegt mehr Menschen als irgendetwas anderes auf der Welt.“

Ralph Waldo Emerson

Nun wollen wir es uns nicht

allzu einfach machen und die

Verantwortung für die kollek-

tive Depression in Deutschland

pauschal den Politikern, den

Machern aus der Wirtschaft

oder den Medien in die Schuhe

schieben. Trotzdem muss die

Frage erlaubt sein, warum

ausgerechnet jene, die doch

eigentlich das große Ganze im

Blick haben sollten, immer

wieder Sätze wie diesen sagen:

„Die Globalisierung ist nicht

aufzuhalten.“ Mit Verlaub, aber

was für ein Quatsch! Wer so

etwas behauptet, unterstellt,

dass die Globalisierung etwas

Gottgegebenes ist – eine Ent-

wicklung, der die Menschen so

hilfl os ausgesetzt sind wie einer

Naturkatastrophe. In Wahr-

heit aber gibt es keine einzige

Facette der Globalisierung,

die nicht einzig und allein von

Menschenhand gemacht ist.

Ich, du, er, sie, wir alle machen

die Globalisierung – wer denn

auch sonst?

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile

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Sozialdumping und Jobverlagerungen? „Selbst schuld!“Im September 2006 stellte „Die Zeit“ eine These auf: „Ob

Niedriglöhne, Stellenabbau oder Umweltzerstörung: Was

uns als Bürger empört, fördern wir als Kunden.“

[…] „Der Mensch ist schlecht. Ein Homo oeconomicus.

Und noch viel Schlimmeres. Wir wissen von unseren Verge-

hen. Vor allem in dem Bereich, in dem wir täglich wählen:

dem des Konsums. […] Wir buchen Flüge zu Preisen, von

denen wir wissen, dass sie auf Niedriglöhnen und Stellenab-

bau beruhen. Wir kaufen ein in Supermärkten, deren Preise

angemessene Gewinne für die Produzenten ausschließen

– ebenso wie eine umwelt- und tiergerechte Produktion. Wir

haben gelesen, dass den Angestellten hinter der Kasse landes-

übliche Rechte vorenthalten werden. Wir wissen, dass Hosen

und Pullover, Computer und DVD-Player, die wir zu Spott-

preisen kaufen, nicht in Deutschland, sondern im Ausland

gefertigt werden, in sogenannten Niedriglohnländern.

Sozialdumping, Stellenabbau, Verlagerungen der Produk-

tion ins Ausland – als Kunde fördern wir alles, was uns als

Bürger empört. Wir tun genau das, was wir Politikern und

Managern vorwerfen. Wie die Manager an der Spitze der

Konzerne treiben wir Globalisierung und Deregulierung

voran. Die Manager schauen auf jeden Cent und nehmen

nur das Billigste? Genau das tun wir, als fortwährend rech-

nende und vergleichende Kunden, als knallharte Manager

unserer Lebenshaltung. Wir drücken die Preise, bis als Pro-

duktionsstandort unserer Waren nur noch Fernost infrage

kommt. Wir sind die globalen Heuschrecken. Volk und Elite

sind sich einig in ihrem radikalen Ökonomismus. Und wie

die Elite sind wir teils getrieben, teils Treibende. […] Wir

schimpfen über die Schließung deutscher Standorte und

kaufen am selben Tag eine Hose für 30 Euro, die in Bangla-

desch genäht wurde. […] Als Bürger sind wir Sozialisten –

Verfechter der alten sozialen Errungenschaften. Als Kunden

sind wir Neoliberale. Marktradikale. Uns ist recht, was billig

ist.“

Bleibt die Frage, wie wir das,

was wir Globalisierung nen-

nen, gestalten wollen. Wer sich

jetzt der Hoffnung hingibt, auf

diese Frage eine allgemeingül-

tige Antwort zu bekommen,

den müssen wir enttäuschen:

Nicht dass es keine Antworten

gäbe, weit gefehlt. Es gibt viel-

mehr Milliarden Antworten,

nämlich genau so viele, wie es

Menschen auf der Welt gibt!

Denn genau das ist die Crux

an der Globalisierung und an

der Marktwirtschaft und an

Wie man aus 32 Dollar 23 Milliarden Dollar machtIm Jahr 1891 zieht es einen gewissen William Wrigley Jr. von

Philadelphia an den Lake Michigan. Gerade einmal 29 Jahre

alt und mit 32 Dollar in der Tasche, will er in Chicago sein

Glück als Handelsvertreter versuchen und gründet die Wrig-

ley Jr. Company. Seife – William Wrigley Jr. produziert und

verkauft Seife, wie sein Vater. Doch weil der Junior fremd ist

in Chicago und weil aller Anfang bekanntlich schwer ist, legt

er in jede Lieferung, die seine Firma verlässt, zwei Päckchen

Backpulver. Es dauert nicht lange, da interessieren sich die

Leute mehr für das kleine Werbegeschenk als für die Seife.

Also lässt Wrigley Seife Seife sein und verkauft fortan lieber

Backpulver – natürlich nicht, ohne jede seiner Lieferungen

mit einer kleinen Gratisbeigabe zu versüßen. Diesmal ist es

eine Kugel Kaugummi. Der Rest von diesem wahr gewor-

denen Märchen ist schnell erzählt: Von wegen Backpulver –

die Leute reißen sich nur noch um das Kaugummi. Also wid-

met Wrigley seine Firma ein zweites Mal um und bringt nur

zwei Jahre nach seiner Ankunft in Chicago das mittlerweile

weltberühmte „Wrigley’s Spearmint“ auf den Markt.

Auch heute noch sitzt ein gewisser William Wrigley Jr.,

Urenkel des gleichnamigen Gründers, im Aufsichtsrat der

Firma. Sie ist im Oktober 2008 von der Mars Incorporated

übernommen worden. Kaufpreis: 23 Milliarden Dollar.

der Demokratie: Jeder ist seines

Glückes Schmied. The sky is

the limit – alles ist möglich.

Vorbild Irland

Zugegeben, Karrieren wie die

von William Wrigley Jr. oder

Bill Gates sind eher Einzelfälle.

Das heißt aber keineswegs, dass

Globalisierung und Markt-

wirtschaft nur für Einzelne

von Vorteil sind. Ganz im

Gegenteil: Wenn ich, du, er,

sie, wir alle mitmachen, dann

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profi tieren auch alle (na ja,

jedenfalls fast alle) davon. Ein

Paradebeispiel dafür ist Irland:

Noch zu Beginn der neunziger

Jahre zählte die grüne Insel zu

den Armenhäusern Europas.

Irland galt als rückständig, der

Staat war hoch verschuldet,

die Arbeitslosenquote und die

Armutsquote waren zweistellig

und immer mehr junge Leu-

te kehrten ihrem Land den

Rücken und wanderten aus.

Heute ist das irische Brutto-

inlandsprodukt je Einwohner

höher als das in Deutschland,

die Wirtschaft wächst seit Jah-

ren um durchschnittlich real

6 Prozent, die Arbeitslosen-

quote sowie die Armutsquote

liegen deutlich unter 5 Prozent

und es zieht immer mehr

qualifi zierte Arbeitskräfte und

Investoren auf die Insel.

Möglich war dieser Um-

schwung, weil es die Iren ver-

standen haben, die Chancen

der Globalisierung zu nutzen.

Statt pauschal auf die „Heu-

schrecken“ zu schimpfen,

ließen die Iren ausländische

Investoren ins Land. Und statt

weiterhin auf Pump zu leben,

schlossen Regierung, Arbeit-

geber und Gewerkschaften ein

Abkommen: Einerseits wurden

die staatlichen Ausgaben ge-

kürzt und die Gewerkschaften

verpfl ichteten sich zu Lohn-

zurückhaltung; andererseits

senkte der Staat die Steuern

und Abgaben, sodass die Net-

toeinkommen trotz staatlicher

Globalisierung – Milliarden neuer KonkurrentenKennen Sie Chongqing? Die Stadt am Yangtze ist eine von

derzeit insgesamt 52 chinesischen Millionenstädten und

zählt nach der Zusammenlegung mit umliegenden Regionen

und Kleinstädten mehr als 30 Millionen Einwohner. Und

jedes Jahr kommen 200.000 weitere hinzu, um an dem

schier unaufhaltsamen Aufstieg der Metropole im Süden

Chinas teilzuhaben. Denn in Chongqing, so heißt es, hat

die Privatwirtschaft den staatlich gelenkten Sektor längst

überholt. Die Stadt investiert gewaltige Summen in die

Bildung und die Wissenschaft, die Absolventen der Wirt-

schaftsuniversität haben beste Aussichten auf eine steile Kar-

riere, die medizinische Hochschule leistet Pionierarbeit in

der Krebsforschung und Yin Mingshan, Nummer eins unter

den chinesischen Motorrad- und Automobilherstellern, hat

vor kurzem einen umweltfreundlichen Kleinwagen auf den

Markt gebracht, der sogar in den USA verkauft werden soll.

Chongqing, die „Stadt der Wissenschaft“, ist ein Paradebei-

spiel für den Aufstieg Chinas zur größten Wirtschaftsnation

der Welt. Heute erwirtschaften die 1,3 Milliarden Chinesen

ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von umgerechnet 9,4 Bil-

lionen Dollar und liegen damit noch knapp hinter Westeu-

ropa (11,8 Billionen Dollar) und den USA (12,3 Billionen

Dollar). Bis zum Jahr 2050 werden die Chinesen ihr BIP

fast verfünffacht haben – damit wird ihre Wirtschaftskraft

fast genauso stark sein wie die der USA und Westeuropas

zusammen.

Nicht weniger ambitioniert ist das zweite Milliardenvolk, die

Inder. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Einwohner von

heute gut 1 Milliarde auf dann 1,6 Milliarden steigen; und

das indische BIP wird sich im gleichen Zeitraum von heute

3,6 Billionen Dollar auf fast 28 Billionen Dollar verachtfa-

chen. Damit werden die Inder Westeuropa abhängen und

fast auf Augenhöhe mit den US-Amerikanern sein.

Ausgabenkürzungen und

schmaler Lohnzuwächse stie-

gen. Was Irland kann, sollte

Deutschland eigentlich auch

können – kann es aber offen-

bar nicht. Denn egal, welche

Kriterien wir heranziehen

– ob Wirtschaftswachstum,

Erwerbstätigenquote, Einkom-

menszuwachs oder Bildungs-

niveau – bei internationalen

Vergleichen landet die größte

Volkswirtschaft Europas schon

seit Jahren regelmäßig auf hin-

teren Plätzen.

Nachzügler Deutschland

Was ist der Grund für diese

Rückständigkeit? Lassen wir

einmal die konkreten Einzelur-

sachen beiseite und konzentrie-

ren uns mehr auf das Allgemei-

ne, auf das „typisch Deutsche“,

dann ist das Kernproblem

schnell gefunden: Die Deut-

schen, so scheint es, haben eine

besonders ausgeprägte Angst

vor Veränderungen; stattdessen

leben und lieben sie den Kon-

sens, das Alles-bleibt-wie-es-ist.

Wie stark dieses stoische Be-

harren ausgeprägt ist, zeigte im

Jahr 2004 eine Umfrage des

Meinungsforschungsinstituts

Forsa: Danach würde ein Fünf-

tel der Bundesbürger (12 Pro-

zent im Osten und doppelt so

viele im Westen) sogar am

liebsten die Mauer wieder auf-

bauen. Die Deutschen: Wo

andere Chancen sehen, wittern

sie nur Risiken.

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile

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Page 47: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

46

„Wer jedes Risiko ausschalten will, der zerstört auch alle Chancen.“

Hans-Olaf Henkel

Wie wäre es denn, wenn wir

stattdessen mal etwas Neues

wagen würden? Wir könnten

uns zur Abwechslung einmal

dazu durchringen, das Konzept

der Marktwirtschaft auch wirk-

lich umzusetzen – und nicht

immer nur eine abgespeckte

Variante davon. Mehr Markt-

wirtschaft, das hieße vor allem:

weniger Staat. Doch warum

eigentlich? Warum soll sich der

Staat soweit es geht zurück-

ziehen und dem Markt Platz

machen?

Die Antwort lautet: 8. Juli

2008, 7 Uhr 57. Das nämlich

war nach Berechnungen des

Bundes der Steuerzahler exakt

der Zeitpunkt, bis zu dem

alle Deutschen ihr gesamtes

Einkommen, das sie bis dahin

in diesem Jahr erwirtschaftet

hatten, in Form von Steuern

und Sozialabgaben an die

Staatskassen abführten. Von

den 366 Tagen des Jahres 2008

arbeiteten wir also 190 Tage

ausschließlich für den Staat –

und nur 176 Tage fürs eigene

Portemonnaie. Oder anders

gerechnet: Von jedem einzel-

nen Euro Verdienst geht mehr

als die Hälfte an den Staat.

Keine Frage, ohne Staat geht

es auch nicht. Wir, die Gesell-

schaft, brauchen die Polizei,

die Bundeswehr, Ämter und

Behörden, die Justiz, Universi-

täten, Straßen und dergleichen

mehr. Das alles kostet Geld.

Was aber ist mit jenen Aber-

milliarden Euro, die der Staat

und die Sozialkassen jedes Jahr

von den Bundesbürgern und

den Unternehmen einsam-

meln, nur um sie dann – im

Namen der Gerechtigkeit –

über Subventionen und Sozial-

leistungen wieder an die Bürger

und Betriebe zurückzugeben?

Ist diese Umverteilung, wie

Ökonomen das Ganze nennen,

überhaupt noch sinnvoll?

Machen wir die Probe aufs

Exempel: Das deutsche Sozial-

budget hat sich seit 1960 von

damals rund 33 Milliarden

Euro auf mittlerweile fast 700

Milliarden Euro erhöht. Dieses

Die Sozialausgaben pro Einwohner sind in Deutschland

von 588 Euro im Jahr 1960 auf 8.500 Euro im Jahr 2006

gestiegen. Damit erhöhte sich die Sozialquote (Sozialaus-

gaben in Prozent des Bruttoinlandsprodukts) von 21,1 auf

30,3 Prozent. Die Sozialausgaben des Jahres 2006 stammten

aus folgenden Quellen:

27,1 Prozent von den privaten Haushalten

26,2 Prozent von den Unternehmen

24,8 Prozent vom Bund

10,5 Prozent von den Ländern

9,5 Prozent von den Gemeinden

1,4 Prozent von privaten Organisationen

0,4 Prozent von den Sozialversicherungen

???Hätten Sie,s gewusst

Geld fl ießt in die Renten-,

Kranken-, Pfl ege-, Unfall- und

Arbeitslosenversicherung, es

wird ausgegeben für Beam-

tenpensionen, Altershilfen für

Landwirte, die Entgeltfortzah-

lung bei Krankheit, Kinder-

geld, Erziehungsgeld, soziale

Entschädigungen, Wohngeld,

Jugendhilfe und Sozialhilfe.

„Ich weiß, der Staat kann einem nichts geben, was er einem nicht vor-her genommen hat. Das ist nur recht und … nein, also billig ist es nicht.“

Karl Farkas

Jahr für Jahr gibt Deutschland

mehr und mehr Geld dafür

aus, die Risiken des Lebens

abzusichern und abzufedern.

Mit Erfolg? Mitnichten! Die

Rentenversicherungen hangeln

sich von Monat zu Monat;

die Pfl egeversicherung ist

ein fi nanzielles Desaster; das

deutsche Gesundheitssystem

verschlingt Milliarden, gilt

aber nach internationalen

Maßstäben als ineffi zient; die

Arbeitslosigkeit ist trotz ABM,

Frühverrentung und all der

anderen Programme gestiegen

und gestiegen; und die Förde-

rung der Familie über Kinder-

und Erziehungsgeld hat alles

Mögliche bewirkt – nur nicht

den dringend benötigten An-

stieg der Geburtenrate und der

Frauenerwerbstätigkeit.

Was für die Bürger die Sozi-

alleistungen sind, sind für die

Unternehmen die Subventi-

onen. Und auch für diesen

Bereich gilt: Gut gemeint, aber

meistens schlecht gemacht.

Es ist nun einmal unsinnig,

nicht konkurrenzfähige Un-

ternehmen oder sogar ganze

Branchen mit viel Geld künst-

lich am Leben zu erhalten.

Das verzögert nicht nur den

notwendigen Strukturwandel

(darunter versteht man zum

Beispiel den Wandel von der

Industrie- zur Dienstleistungs-

oder Wissensgesellschaft), es

führt auch zu solch absurden

Ergebnissen wie dem, dass

wettbewerbsfähige Unterneh-

men von subventionierten

verdrängt werden.

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Page 48: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

47

Welch groteske Ausmaße die

deutsche Subventionspolitik

zuweilen annimmt, zeigt ein

Beispiel aus Brandenburg. Dort

hat die Landesregierung im

Jahr 2006 die Kampagne

„Brandenburg soll rauchfrei

werden“ gestartet – und gleich-

zeitig subventioniert sie die

Ansiedlung einer neuen Ziga-

rettenfabrik mit insgesamt

13 Millionen Euro aus Steuer-

geldern. Dazu die Landesmi-

nisterin für Gesundheit im

ARD-Magazin „Kontraste“:

„Es ist nicht die tollste Lösung.

Aber wir haben eine Förder-

richtlinie, die eine Gleichbe-

handlung erfordert und des-

halb sind die Kriterien Arbeits-

plätze schaffen und so höher zu

bewerten im Moment als die

gesundheitsschädigende Wir-

kung der Produkte, die dort

hergestellt werden.“

Nicht minder abstrus ist die

Begründung, warum sich auch

der Bund mit 3,25 Millionen

Euro an den brandenbur-

gischen Subventionen beteiligt:

„Wenn wir das jetzt sehen, dass

dort wie gesagt Arbeitsplätze

geschaffen werden, Raucher

weiter den Tabak, die Zigaret-

ten dort konsumieren, dann

muss man sich die Frage stel-

len: Würden die wirklich alle

aufhören, wenn wir jetzt dort

nicht subventionieren wür-

den?“ Diese Worte stammen,

man glaubt es kaum, von der

damaligen Drogenbeauftragten

der Bundesregierung im Bun-

desgesundheitsministerium.

„Alle menschlichen Einrichtungen sind unvollkommen – am allermeisten staatliche.“

Otto von Bismarck

Wenn man vom Staat redet,

sind die Bürokraten nicht weit.

Nein, keine Sorge, wir wollen

jetzt nicht die Abschaffung des

Beamtentums fordern (obwohl

es zumindest in einigen Berei-

chen gute Gründe dafür gibt);

wir wollen auch nicht darauf

herumreiten, dass die Be-

diensteten von Bund, Ländern

und Gemeinden Jahr für Jahr

etliche Milliarden an Steuer-

geldern regelrecht zum Fenster

hinauswerfen (zum Beispiel

jene 35 Millionen Euro für

den Ausbau des Flughafens

Schwerin-Parchim, der im Jahr

2004 ganze 4.671 Fluggäste

zählte); müßig auch darüber zu

diskutieren, warum die neue

Bundesregierung drei Staats-

sekretäre mehr braucht als die

alte (nach Berechnungen des

Steuerzahlerbundes kostet jeder

Staatssekretär den Steuerzahler

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile

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Page 49: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

48

eine halbe Million Euro pro

Jahr) – nein, lassen wir das

und lesen stattdessen einen

süffi santen Artikel aus dem

„Spiegel“ (Ausgabe 18/2006).

Darin geht es, am Beispiel der

Mehrwertsteuererhöhung, um

die Frage, wie viel Staat wir

eigentlich brauchen. Und vor

allem: welchen?

Natürlich könnte man sich

über solche Eskapaden förm-

lich totlachen – wenn, ja wenn

es nicht so ernst wäre. Und

nicht so teuer. Und nicht so

widersinnig. Denn, man kann

es nicht oft genug wiederholen:

Das alles geschieht „unter dem

Gesichtspunkt der sozialen

Balance“, wie es der Bundesfi -

nanzminister formulierte.

Freiheit gewinnt

Doch ist es nicht genau um-

gekehrt? Ist nicht die soziale

Balance in Deutschland gerade

deshalb aus den Fugen geraten,

WEIL wir – der Staat, die Ge-

sellschaft – krampfhaft versu-

chen, die Schicksale von mehr

als 80 Millionen Menschen in

ein einziges, nämlich das vom

Staat vorgegebene Korsett zu

zwängen? Und muss dieses

Einheits-Korsett nicht zwangs-

läufi g so geschneidert sein, dass

es letztlich keinem passt?

Übrigens: Man ist weder Mo-

ralapostel noch Neoliberaler

oder gar ein Gegner des Staa-

tes, wenn man die wahnwitzige

staatliche Umverteilung an den

Pranger stellt.

Denn es sind schließlich wir,

die Steuerzahler, die dafür

aufkommen müssen, dass es

sich einzelne Unternehmen

oder ganze Wirtschaftszweige

in der aus Subventionen ge-

strickten Hängematte nur allzu

bequem machen. Und unser

aller Geld ist es auch, mit

dem es sich zum Beispiel jene

junge Frau gutgehen lässt, die

seit Jahren jeden Job ablehnt

und in einem RTL-Magazin

auch noch damit prahlte, sie

mache halt „einen auf Hartz

IV“, arbeite „noch ’n bisschen

schwarz“ und verbringe anson-

sten etliche Monate im Jahr an

der Südküste der Türkei – wo

sie sich, jung und hübsch wie

sie ist, ebenfalls auf Kosten

anderer Leute durchs Leben

schmarotzt.

„Im steten Bemühen, das Steuerrecht möglichst exakt der Lebenswirklichkeit anzupassen, haben sich die Spitzen-beamten des Bundesfi nanzministeriums gründlich in die Pferdematerie eingearbeitet. Es geht um die Frage, welches Tier bei einem Kauf mit dem normalen Mehrwertsteuersatz zu belegen ist und welches mit dem ermäßigten Satz. […] Klar ist: Pferd ist nicht gleich Pferd. Während für „Hengste, Wallache, Stuten, Fohlen“ grundsätzlich der ermäßigte Steu-ersatz gelte, sei auf „Przewals ki-Pferde, Tarpane (Mongolei) sowie Zebras und Zebroide“ der volle Satz anzuwenden. „Kreuzungen zwischen Eselhengst und Pferdestute (Maul-tier) sowie zwischen Pferdehengst und Eselstute (Maulesel) werden steuerlich gefördert, der einfache Esel hingegen nicht – jedenfalls nicht zu Lebzeiten. Geschlachtet und zum Verzehr bestimmt, erfreut auch er sich der steuerlichen Be-günstigung. […] Auch die Verarbeitung von Lebensmitteln ist für die Steuerbehörde von allergrößter Bedeutung. Solange Gewürze wie „Spargelmehl, Knoblauchschrot und Majoran (gerebelt oder gemahlen)“ sauber voneinander getrennt sind,

ist alles in Ordnung. Der Staat gewährt einen Steuernachlass. Doch wehe, es handelt sich um „zusammengesetzte Würz-mittel“ oder gar „getrocknete Erzeugnisse für Zwecke der Medizin“. Dann schlägt der Fiskus mit dem vollen Satz zu. […] Ziermais wird vom Staat gefördert, Zuckermais nicht. Pilze und Trüffel werden subventioniert, sofern sie nicht in Essig eingelegt wurden. Die Umsatzsteuer auf Leitungswasser ist ermäßigt, nicht aber die Steuer auf Abwasser. […] Malbücher für Kinder? Werden gefördert – aber nur, wenn auszuschließen ist, dass „auf mehr als der Hälfte der Seiten“ eine Bastelsche-re zum Einsatz kommen soll. Beinprothesen? Die Grundaus-stattung wird subventioniert, die Ersatzteilbeschaffung hinge-gen nicht. […]„Ein Irrsinn“, schlussfolgert denn auch FDP-Politiker Wissing. Die Beamten des Finanzministeriums hingegen scheint das Kompendium des Mehrwertsteuerwahns mit einigem Stolz zu erfüllen. „Der Gesetzgeber“, heißt es in ihrem Schreiben, habe „ein Gesamtkonzept für alle Bereiche des täglichen Lebens entwickelt“.

Ich, du, er, sie, wir alle ver-

stoßen gegen die Regeln der

Wirtschaft, wenn wir diese Art

„Fürsorge“ auch noch fi nan-

zieren. Mit sozialer und freier

Marktwirtschaft jedenfalls hat

das nichts zu tun. Wer einen

Sozialstaat will, der muss sich

auch sozial verhalten. Und wer

frei sein will, der darf sich seine

Freiheit nicht durch die Unfrei-

heit anderer erkaufen.

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Hier einige Superlative aus der Wirtschaft; die Angaben geben den jeweils jüngsten Stand sowie in Klammern das dazugehörende Land wieder:

Kriterium Höchster Wert Niedrigster Wert

• BIP in $ 14,5 Billionen (USA) 112 Millionen (Kiribati)

• BIP je Einwohner in $ 70.145 (Luxemburg) 103 (Kongo)

• Wirtschaftswachstum in % 22,2 (Aserbaidschan) –5,0 (Simbabwe)

• Agrarproduktion je Einwohner in $ 4.089 (Island) 24 (Eitrea)

• Industrieproduktion je Einwohner in $ 31.339 (Katar) 18 (Äthiopien)

• Dienstleistungen je Einwohner in $ 67.713 (Luxemburg) 51 (Burundi)

• BIP-Anteil der Landwirtschaft in % 56,0 (Myanmar) 0,2 (Katar)

• BIP-Anteil der Industrie in % 88,8 (Äquatorialguinea) 8,0 (Myanmar)

• BIP-Anteil der Dienstleistungen in % 84,6 (Luxemburg) 8,2 (Äquatorialguinea)

• Infl ationsrate in % 184,2 (Simbabwe) –0,5 (Garbun)

• Arbeitskräfte absolut 819.800.000 (China) 10.000 (Palau)

• Arbeitslosigkeit absolut 75.421.600 (China) 440 (Palau)

• Arbeitslosigkeit in % 82,0 (Simbabwe) 0,9 (Usbekistan)

• Staatshaushalt, Einnahmen in $ 2,4 Billionen (USA) 57,0 Millionen (Gambia)

• Staatshaushalt, Ausgaben in $ 2,7 Billionen (USA) 67,8 Millionen (Gambia)

• Staatsausgaben in % des BIP 90,6 (Äquatorialguinea) 8,3 (Afghanistan)

• Staatsverschuldung in $ 78,8 Billionen (USA) 666,4 Millionen (Estland)

• Staatsverschuldung % des BIP 192,2 (Libanon) 4,4 (Estland)

• Staatsverschuldung je Einwohner in $ 66.690 (Japan) 75 (Nigeria)

• Exporte in $ 1,2 Billionen (Deutschland) 50.000 (Nauru)

• Importe in $ 2,1 Billionen (USA) 6,0 Millionen (Nauru)

• Außenverschuldung in $ 9,6 Billionen (USA) 202 Millionen (Malta)

• Gold und Währungsreserven in $ 1,3 Billionen (China) 30,8 Millionen (Eritrea)

Quelle: www.welt-in-zahlen.de

???Hätten Sie's gewusst

„Die Freiheit ist ein wundersames TierUnd manche Menschen haben Angst vor ihrDoch hinter Gitterstäben geht sie einDenn nur in Freiheit kann die Freiheit Freiheit sein.“

Georg Danzer

Die Wirtschaft: Über Gewinne und andere Vorurteile

„Lasst uns mehr Freiheit wa-

gen“, forderte im November

2005 auch Angela Merkel in

ihrer Regierungserklärung.

Dem ist eigentlich nichts

hinzuzufügen – außer vielleicht

das:

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Für Neugierige: Lesetipps, Internetadressen und Projekte

Die folgenden Empfehlungen an Büchern, Artikeln und Inter-

netadressen richten sich an Interessierte mit unterschiedlichem

Vorwissen – vor allem aber an Lernende und Lehrende.

Bücher und Artikel

Beck, Hanno: „Der Alltags-Ökonom – Warum Warteschlangen effi zient sind. Und wie man das Beste aus seinem Leben macht“, F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninforma-tionen GmbH, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-89981-032-5

Der Spiegel: „Kapitalismus total global“, zehnteilige Serie, begin-nend in der Ausgabe 17/2005

Die Zeit: „Wie werden wir die nächsten hundert Jahre überleben? Zehn deutsche Wissenschaftler antworten“, unter www.zeit.de/online/2006/34/bildergalerie-ueberleben

Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.): „Soziale Marktwirtschaft – Elemente einer erfolgreichen Wirtschaftsord-nung“, Deutscher Instituts-Verlag GmbH, Köln 1997, ISBN 3-602-14436-4

Jeske, Jürgen / Barbier, Hans D.: „So nutzt man den Wirt-schaftsteil einer Tageszeitung“, Societäts-Verlag, Frankfurt 2000, ISBN 3-7973-0744-6

Lekachman, Robert / van Loon, Boris: „Kapitalismus für An-fänger“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1982, ISBN 3-499-17540-1

Mankiw, Nicholas Gregory: „Grundzüge der Volkswirtschafts-lehre“, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2004; ISBN 3-7910-1853-1

von Rosen, Rüdiger: „Was geht uns das Thema Wirtschaft eigentlich an?“ Essay unter www.bpb.de/Themen/Wirtschaft/Wirtschaftsordnung (Bundeszentrale für politische Bildung)

Internetadressen

www.bpb.de (Bundeszentrale für politische Bildung): Unter der Rubrik Themen/Wirtschaft fi nden sich zahlreiche Schwer-punktthemen, Dossiers, Aufsätze, Zahlen und Fakten sowie Unterrichtsmaterial für Lehrer.

www.destatis.de (Statistisches Bundesamt Deutschland): Wer Zahlen und Fakten über die deutsche Wirtschaft sucht – hier fi ndet sich praktisch alles.

www.netschool.de: Die virtuelle Schule vermittelt das Thema Wirtschaft mit einem ganzheitlichen pädagogischen Ansatz für alle Altersstufen und Bildungsgänge. Außerdem können dort Unternehmen ihre Informationen zu Stellenangeboten, Praktika, Workshops usw. anbieten.

www.welt-in-zahlen.de: Ein Muss für alle, die umfangreiche Informationen aller Art (Wirtschaft, Politik, Geografi e, Geschichte) über praktisch jedes Land der Welt suchen.

www.wigy.de (Wirtschaft & Gymnasium): In dem eingetragenen Verein engagieren sich mehr als 400 Schulen und Unternehmen für die ökonomische Bildung an allgemeinbildenden Schulen. In dem Internetauftritt fi nden sich u. a. ein Wirtschaftslexikon sowie aktuelle Meldungen und Artikel aus dem „Handelsblatt“, aufbe-reitet für den Wirtschaftsunterricht.

www.wirtschaftundschule.de: Die Website ist ein Angebot der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und vertritt partei- und branchenübergreifend die ordnungspolitischen Grundgedanken der Sozialen Marktwirtschaft.

http://titan.bsz-bw.de/bibscout (Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg): Unter der Rubrik Wirtschaftswissenschaf-ten fi nden sich ca. 200.000 Bücher zum Thema Wirtschaft.

Projekte

www.juniorprojekt.de: Das vom Institut der deutschen Wirt-schaft Köln (IW) initiierte Projekt wendet sich an Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse. Jeweils 10 bis 15 Schüler gründen für eine bestimmte Zeit ein Unternehmen, bei dem sie alle Funk-tionen bis hin zum Vorstandsvorsitzenden selbst besetzen und so an unternehmerisches Denken und Handeln herangeführt wer-den. Der Wettbewerb fi ndet seit 1994 jährlich statt, er startet in den Bundesländern, geht dann als Bundeswettbewerb weiter und endet schließlich auf internationaler Ebene. Auf der Junior-Homepage fi nden sich auch die Links zu den Partnerprojekten „fi t für die Wirtschaft“ (ein modulares Unterrichtskonzept für Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klasse) und „Go! to school“ (hier bekommen Schüler die Chance, Selbstständigkeit als Berufsperspektive zu entdecken).

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Stichwortverzeichnis

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich jeweils auf die Textstellen,

wo das Stichwort ausführlich behandelt wird.

Aktie 33

Angebotspolitik 23

Anleihen 33

Arbeitskosten 7

Börse 32

Bruttoinlandsprodukt/Bruttosozialprodukt 15

Defl ation 27

Deutscher Aktienindex (DAX) 33

Euro 27

Europäischer Stabilitätspakt 16

Geld 26

Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 18

Gewinne 38

Globalisierung 42

Infl ation 27

Investitionen 13

Kaufkraft 28

Konkurrenzprinzip 38

Marktwirtschaft 9

Mittelstand 37

Nachfragepolitik 23

Ökonomisches Prinzip 5

Ordnungspolitik 19

Personalzusatzkosten 7

Preise 30

Produktivität 13

Sozialausgaben 46

Steuern 46

Subventionen 46

Umverteilung 46

Unternehmen 38

Unternehmer/Manager 38

Verschuldung 15

Volkswirtschaft 8

Wirtschaftspolitik 18

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Page 53: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

3., überarbeitete Aufl age

© 2009 Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

Gustav-Heinemann-Ufer 84-88

50968 Köln

[email protected]

www.insm.de

Erschienen im Deutschen Instituts-Verlag GmbH

Text und Redaktion: Andreas Wodok

ISBN 978-3-602-14752-6

Postfach 51 06 70, 50942 Köln

Telefon: 0221 4981-452

Fax: 0221 4981-445

[email protected]

www.divkoeln.de

Gestaltung und Produktion:

edition agrippa, Köln · Berlin

Fotos: DDP, MEV, project photos

Illustrationen: Dirk Meissner, Ulf K

Druck: Warlich Druck Meckenheim GmbH

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Page 54: 1x1 der Sozialen Marktwirtschaft

Die mit Förderung der Initiative Neue Soziale Marktwirt-

schaft (INSM) entstandene Broschüre „Das kleine 1 x 1

der Marktwirtschaft“ richtet sich an Leser, die mit dem

Thema Wirtschaft bisher noch wenig vertraut sind. Auf

unterhaltsame und allgemeinverständliche Weise wird

erklärt, wie die Soziale Marktwirtschaft funktioniert und

wie Wett bewerb zum Nutzen aller wirkt. Das Heft thema-

tisiert anschaulich und kompakt die aktuellen Probleme

in unserem Wirtschafts- und Sozialsystem und zeigt auf,

was mehr Wachstum und Beschäftigung entgegensteht.

Behandelt werden auch Arbeitsplatzverlagerungen ins

Ausland und die in der Öffentlichkeit oft umstrittenen

Gewinne der Unternehmen. Aktien und Börse sind

Thema eines Erklärstücks. Zum Schluss widmet der Autor

auch der Globalisierung ein Kapitel. Es soll Mut machen,

sich auf die neuen Herausforderungen einzulassen: Denn

die grenzüberschreitende Freiheit eröffnet neue wirt-

schaftliche Chancen – vor allem für jene Menschen, die

die Zukunft mit Eigeninitiative und dem Glauben an die

eigene Leistung optimistisch angehen.

Die INSM wendet sich auch im Internet mit wirtschafts-

bezogenen Bildungs- und Informationsangeboten an die

Öffentlichkeit.

www.insm.de www.wohlstandsbilanz-deutschland.de www.wirtschaftundschule.de

ISBN 978-3-602-14752-6

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