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Gute Pflege 2 | 2020 Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung Stark. Zusammenstehen und vorwärtsgehen

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Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung

Stark.–

Zusammenstehen und vorwärtsgehen

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04 14 20

ImpressumVerantwortlich: Bernhard Schneider

Redaktion: Ann-Christin Kulick Telefon 0711 63676-125 [email protected]

Nicht gekennzeichnete Artikel sind von der Redaktion verfasst.

Anschrift Redaktion: Gute Pflege. Hackstraße 12, 70190 Stuttgart

Gestaltung: AmedickSommer GmbH, Stuttgart

Fotos: alle Fotos Evangelische Heim-stiftung mit Ausnahme von:

Titel: Adobe Stock, New Africa S. 2 (o.l.), 4: Adobe Stock, petovarga S. 7: Adobe Stock, Peter Maszlen S. 8: Adobe Stock, Jacob Lund S. 9: Adobe Stock, photoguns S. 10, 11, 12: Adobe Stock, Worawut

S. 20: Adobe Stock, Holger Kirk (o.l.), Torsten Dietrich (o.r.) S. 24, 25, 26: Adobe Stock, Fiedels

Produktion und Druck: Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart

Nachdruck und elektronische Verwendung nur mit schrift-licher Genehmigung. „Gute Pflege. Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung“ erscheint dreimal jährlich. Auflage: 23.000

Herausgeber: Evangelische Heimstiftung GmbH www.ev-heimstiftung.de

Der Bezugspreis ist durch den Beitrag abgegolten.

Im Magazin werden, soweit möglich, neutrale, alle Geschlechter einschließende, Begriffe verwendet – oberstes Gebot bleibt jedoch die Verständlichkeit der Sprache.

Stark – Corona-Krisenmanagement 4 | Gemeinsam. Das Corona-Management

der EHS10 | Gefragt. Auf der Überholspur am Virus

vorbei

13 | Kommentar – (E)InSicht Zuversicht ist unsere Stärke

14 | Pflege im Fokus Bedingungslos. Vom Ausnahmezustand zur neuen Normalität

20 | Grüne Pflege Gute Pflege für Insekten. Insektenschutz in der EHS

22 | Standorte und Einrichtungen

23 | Das sind wir ALADIEN

24 | Wir als Arbeitgeber Vernetzt. Die EHS-Senioren

Personalien – Stabwechsel 27 | Drei Jahrzehnte. Alles außer gewöhnlich

28 | Gefragt. Ein Jahrzehnt, ein Team

30 | Vorstellung. „Ich möchte nie den Bezug zur Basis verlieren“

Gemeinsam.–

Das Corona-Management der EHS

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Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung

Stark.–

Zusammenstehen und vorwärtsgehen

Gute Pflege. Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

auch wenn in den letzten Wochen und Monaten schon viel darüber berichtet wurde, kann es dennoch für diese zweite Ausgabe der Guten Pflege kein anderes Titelthema geben. Corona ist in aller Munde und hält natürlich nicht zuletzt auch uns als großes Pflegeunternehmen in Atem. In der Guten Pflege möchten wir Sie mitnehmen hinter die Kulis-sen des Krisenmanagements bei der EHS und auf den Weg in unsere neue Normalität.

„Stark.“ lautet der Titel dieser Ausgabe und das hat Bedeu-tung in vielerlei Hinsicht: Stark sind unsere Kunden und deren Angehörige in dieser Zeit. Stark, weil sie auf Vieles verzichten müssen und wir uns zu ihrem Schutz nur langsam einer neuen Normalität annähern können. Stark sind aber auch unsere Kolleginnen und Kollegen. Denn sie sind für unsere Kunden in dieser schwierigen Zeit da, auch unter großen Entbehrungen, und leisten Unglaubliches.

Diese Ausgabe ist ganz besonders ihnen gewidmet und allen, die auch in der Zentrale der EHS hinter den Kulissen dafür arbeiten, dass wir diese Krise meistern – denn das finden wir stark! Ganz nach dem Motto „Wir schaffen E(H)S gemeinsam“.

Trotz Corona hat diese Ausgabe auch einen weiteren Schwer-punkt: die Verabschiedung unseres Geschäftsführers Ralf-Rüdiger Kirchhof nach 30 Jahren EHS und die Vorstellung von Prokuristin Elke Eckardt als neue Geschäftsführerin. Außerdem in dieser Ausgabe: die Ehemaligen-Arbeit der EHS, unsere Digitalisierungsstrategie ALADIEN sowie Neues von der Grünen Pflege.

Viel Freude beim LesenIhre Gute-Pflege-Redaktion

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Gemeinsam.–

Das Corona-Management der EHS

Stark – Corona-Krisenmanagement

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Corona – ein kleines Wort mit so weitreichenden Auswirkungen, dass es die EHS als größtes diako-nisches Pflegeunternehmen in Baden-Württemberg nun bereits seit mehreren Monaten in Atem hält. Wir wagen einen ersten vorsichtigen Rückblick auf die Ereignisse, gemeisterte Herausforderungen und unsere individuelle neue Normalität.

Strategie der Geschäftsführung schafft Sicherheit in der Krise

„Schnell, klar und vorausschauend zu reagieren, war unser Anker in der Krise“, blickt Hauptge-schäftsführer Bernhard Schneider zurück auf die letzten Monate. Auch wenn Strategie nicht das erste Wort ist, das man mit den sehr emotiona-len Geschehnissen rund um die Coronakrise in Verbindung bringt, so war es dennoch, was in diesen Zeiten Sicherheit gegeben hat und weiter gibt. Für ein Unternehmen, das Verantwortung trägt für zahlreiche Kunden und Mitarbeitende steht natürlich zunächst die Arbeit der Pflege-kräfte in den Einrichtungen im Fokus. Vielerorts wurde von Balkonen geklatscht, Anerkennung ausgesprochen und vieles mehr. Zum Manage-ment einer solchen Krise, die akut die Gesund-heit vieler Kunden und Mitarbeitenden bedroht, sind jedoch viel mehr Bereiche notwendig. In einem Pflegeunternehmen mit 86 Pflegeheimen 30 Mobilen Diensten und insgesamt über 12.000 Kunden müssen trägerweite Entscheidungen getroffen, Prozesse organisiert und alle Gescheh-nisse zentral im Blick behalten werden.

Alle Fäden laufen zusammen im Team der Geschäftsführung. Seit Beginn der Entwicklungen rund um Corona startet deren Tag mit einer Videokonferenz zur Besprechung der aktuellen Lage. Ein Backup-Team wurde gebildet, die beiden Geschäftsführer halten sich nicht persönlich in gemeinsamen Besprechungen auf, um die Hand-lungsfähigkeit immer zu gewährleisten. Zwei Mal

wöchentlich finden Treffen mit dem Krisenstab AG Corona (siehe Seite 12) statt. Fachexperten beraten hier zu den aktuellen Entwicklungen, stimmen das trägerweite Vorgehen, Maßnahmen und Empfehlungen ab. Und auch die Regelkom-munikation passt sich der Situation an: Regelmä-ßige Sitzungen werden jetzt als Videokonferenzen abgehalten und finden wöchentlich statt.

Eine funktionierende und strukturierte Orga-nisation und Kommunikation, bei der man sich in einem Führungsteam umfänglich aufeinander verlassen kann – das zahlt sich ganz besonders in Krisenzeiten aus. „Dank klarer Verantwortlich-keiten und Entscheidungsvollmachten, waren wir auch bei sich überschlagenden Ereignissen in der Lage, besonnen und wirksam zu reagieren“, erklärt Geschäftsführer Ralf-Rüdiger Kirchhof. „Zur Verantwortung gehört auch, zu wissen, dass man als Geschäftsführer nicht in der Lage ist, zu jeder Zeit alle Informationen selbst zu sammeln. Aus diesem Grund haben wir zu einem sehr frü-hen Zeitpunkt bereits unsere Expertengruppe in der AG Corona versammelt. Diese erarbeitet auf Basis aller rechtlichen und pflege- sowie hygiene-fachlichen Richtlinien die Empfehlungen für die Geschäftsführung. So zum Beispiel unser Konzept zum Management von Corona-Ausbrüchen sowie unser Besuchskonzept“, ergänzt Schneider. „Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch unser Zentrallager für Schutzausrüstung, das wir gemeinsam mit unserer Tochtergesellschaft ABG schon sehr früh eingerichtet haben, um Engpässen entgegenzuwirken.“ > > >

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Mit der AG Corona zieht das in der EHS bereits vielfach gelebte Prinzip der geteilten Ver-antwortung nun auch in das Krisenmanagement ein, nicht nur konzeptionell, sondern in der ganz praktischen Umsetzung. „Es zahlt sich aus, dass wir nicht erst jetzt in der Krise vor Ort überall entscheidungs- und sprachfähige Kolleginnen und Kollegen haben, die gerne und mit voller Rücken-deckung der Geschäftsführung Verantwortung übernehmen“, erklärt Bernhard Schneider.

Klare Kommunikation mit einer Stimme für Information und Glaubwürdigkeit

Zum Management zählt nicht nur, die fachlichen Kompetenzen zu bündeln und Entscheidungen zu treffen, es muss genauso sichergestellt sein, dass diese Informationen rechtzeitig und um-

fänglich verteilt und die Kollegen vor Ort in der Umsetzung unterstützt werden – aus der Ferne. Über Videokonferenzen sowie regelmäßige schriftliche Geschäftsführungsmitteilungen wur-den hier bereits bekannte Informationsmedien in kurzer Zeit der Situation angepasst und die Kom-munikationswege ausgebaut. Auch oder gerade in

Krisenzeiten gilt bei der Kommunikation in der EHS die Regel „intern vor extern“, alle relevanten Mitteilungen werden zuerst allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt. Ein Kanal zur Information ist dabei das interne EHS-Portal. Aber auch über öffentliche Kanäle wie dem Facebook-Account der EHS wendet sich Hauptgeschäftsführer Bern-hard Schneider immer wieder an Mitarbeitende, Kunden und Angehörige. „Unser Facebook-Kanal ist in den letzten Monaten zu einem wichtigen Medium geworden – auch intern. Denn hier erreichen wir schnell und unkompliziert eine große Zahl regional verteilter Mitarbeitender. In dieser Online-Community erhalten wir mehr und mehr Einsendungen aus den Einrichtungen, wir bestärken uns gegenseitig und können über Fotos und Videos teilhaben und Unterstützung sowie Dank aussprechen“, erklärt Pressesprecherin Dr. Alexandra Heizereder.

Auch die externe Kommunikation in der Krise ergibt sich aus der sehr regelmäßigen und abge-stimmten Information der Geschäftsführung. „Wir verfolgen auch in der Krisenkommunikation den Grundsatz der ‚One-Voice-Policy‘. Presse-themen und Stellungnahmen bearbeiten wir zentral in sehr enger Absprache zwischen der Geschäftsführung und den Kollegen vor Ort. Pressemitteilungen an Vertreterinnen und Vertre-ter der Medien zählen dazu genauso wie etwa 200 Presseanfragen, die wir in den letzten Mona-ten beantwortet haben, um unseren Beitrag zu Information und Aufklärung zu leisten, aber auch um Forderungen zu stellen und unserer Meinung als größtes diakonisches Pflegeunternehmen in Baden-Württemberg Gehör zu verschaffen. Sowohl Hauptgeschäftsführer Bernhard Schnei-

„ Unser Facebook-Kanal ist in den letzten Monaten zu einem wichtigen Medium geworden – auch intern.“

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Stark – Corona-Krisenmanagement

Die Regionaldirektionenkonferenz bespricht die neuesten Entwicklungen in einer Videokonferenz

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der wurde für zahlreiche Fernseh- und Radio-interviews sowie Hintergrundgespräche mit Journalistinnen und Journalisten angefragt, aber auch unsere Regional- und Hausdirektionen sowie Ilka Steck, die Vorsitzende der Konzern-mitarbeitervertretung (KMAV), gaben immer wieder Auskunft über die Situation und ihr Krisenmanagement vor Ort. „Dass in Krisenzei-ten KMAV und Geschäftsführung mit einer Stimme sprechen zeigt, wir ziehen an einem Strang und es besteht eine feste Vertrauensbasis“, erklärt Schneider. „Für diese Zusammenarbeit und ihren Einsatz bei teilweise auch kurzfristi-gen Anfragen, möchten wir uns an dieser Stelle sehr herzlich bei allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen bedanken! Wir konnten so zu einer ausgewogenen Berichterstattung beitragen und auch unsere Themen setzen – wie etwa die Forderungen nach Schutzausrüstung und mehr Testung vor Ort. Unabhängig davon haben wir eine mediale Aufmerksamkeit für die Branche erfahren, wie wir sie uns unter anderen Umstän-den nur hätten wünschen können – wir knüpfen daran an und sprechen jeden Tag gerne über gute Pflege“, sagt Heizereder.

Digitale Chancen nutzen

Die Digitalisierung spielt in der EHS schon seit Jahren eine bedeutende Rolle. Nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Pflege. ALADIEN heißt die Digitalisierungsstrategie und steht für Alltagsunterstützende Assistenz-systeme und Dienstleistungen. Die Zeiten von Corona und nur begrenzten Besuchsmöglichkei-ten nimmt die EHS zum Anlass, um auch hier die Angebote auszuweiten. Mit zusätzlichen 30 Tablets des Freundeskreises der Evangelischen Heimstiftung e.V. sowie 35 Tablets der EHS bekommen die Bewohnerinnen und Bewohner nun häufiger die Möglichkeit des digitalen Aus-

„ Ich hoffe, wir haben mit den Tablets vor Ort unterstützt und ein Stück Freude in die Einrichtungen getragen.“

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Digitale Kontakt- möglichkeiten

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tauschs mit Angehörigen. Der Freundeskreis der Evangelischen Heimstiftung e.V. unterstützt seit 1993 mit Hilfe von Spenden zahlreiche Projekte von Kunden, Mitarbeitenden und Ehrenamtli-chen der EHS. „Uns war es wichtig, nun auch in dieser ganz besonderen Situation schnell zu reagieren und unseren Beitrag zu leisten. Ich hoffe, wir haben mit den Tablets vor Ort unter-stützt und ein Stück Freude in die Einrichtungen getragen“, sagt Gerhard Gasser, Vorsitzender des Freundeskreises.

Ausgestattet sind die neuen Tablets bereits mit zwei EHS-eigenen Apps: „EHSbewegt“ ermöglicht den Tablet-Nutzern den Zugriff auf Videoformate der EHS wie Andachten, Gottes-dienste und Botschaften der Geschäftsführung.

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Die zweite App „EHSTreffpunkt“ koordiniert den Austausch von Informationen mit Angehö-rigen, wie zum Beispiel die Terminbuchung für die Videotelefonie“, erläutert Martin Schäfer, Prokurist für Innovation und IT, weiter.

Aber auch in der Zentrale hat sich viel getan, denn die Aufgabe lautete: Über Nacht ins Home-office. „Innerhalb von zwei Tagen haben wir realisiert, dass 150 Mitarbeitende ohne einen merklichen Bruch in der Arbeitsfähigkeit in das Homeoffice umziehen konnten“, berichtet Schä-fer. Auch bisher bestand bei der EHS bereits eine Dienstvereinbarung zur Arbeit im Homeoffice, in Zeiten von Corona wurde diese jedoch massiv erweitert. „Das ist natürlich eine ganz neue Dimension. Wir haben diesen Zustand schnell, jedoch unter Einhaltung aller sicherheitsrelevan-ten Faktoren, herbeigeführt und damit auch Spielraum gewonnen für die Arbeitsplatzorgani-sation der Zukunft.“ Auch in Besprechungen und Gremiensitzungen wurde die Videokonferenz innerhalb kurzer Zeit zum täglichen Handwerks-zeug. „Sowohl die Sitzungen des Aufsichtsrats als auch unsere Regionaldirektionenkonferenz mit über 20 Teilnehmenden finden aktuell digital statt. Nicht alles werden wir in vollem Umfang beibehalten, aber ich benutze hier gerne das Bild eines Gummibandes, das man etwas überdehnt – aber danach geht es nicht komplett in die ursprüngliche Form zurück, sondern es bleibt ein

Stark – Corona-Krisenmanagement

„ Innerhalb von zwei Tagen haben wir realisiert, dass 150 Mitarbeitende ohne einen merklichen Bruch in der Arbeits-fähigkeit in das Homeoffice umziehen konnten.“

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erweiterter Spielraum und den werden wir auch gerne als einen konstruktiven Faktor aus dieser Krise ziehen.“

Neue Verantwortung für die Reinigungskräfte

Auch an die Reinigung stellt die Coronakrise ganz besondere Anforderungen. „Dank der Zusam-menarbeit mit unserer Tochterfirma HDG läuft das alles sehr professionell und in enger Abspra-che“, berichtet Elke Eckardt, Prokuristin für Organisation und Prozesse. „Auch wir hatten zu Beginn eine Reihe an Anordnungen und Ände-rungen unseres täglichen Arbeitsablaufes umzu-setzen“, erklärt Rebekka Jahn, Objektleiterin für Heidenheim und Fichtenau der HDG. Der Einsatz der Reinigungskräfte wurde so umorganisiert, dass sie sich so wenig wie möglich begegnen, Schutzausrüstung muss getragen werden. „Unsere Reinigungskräfte nehmen sich in dieser Zeit bewusst ein paar Minuten mehr, um mit den

Bewohnerinnen und Bewohnern zu sprechen, wenn Sie die Zimmer reinigen und auch die ver-stärkte Desinfektion ist sehr aufwändig – alles dauert nun etwas länger.“ Auch die Kosten für die Reinigung steigen und viele Einzelheiten müssen bedacht und neu geplant werden: „Das fängt mit der Entsorgung des Mülls an und endet mit unse-ren eigenen Materialien – alles muss desinfizierend gereinigt werden.“ Mit zunehmendem Ernst der Situation stieg auch der Druck auf die Mitarbei-tenden. „Klar gab es Unsicherheit und ich hatte Sorge, dass viele zu Hause bleiben würden, zumal ja auch die Kinderbetreuung weggefallen ist, aber wir haben Schulungen gemacht und mög-lichst viel über die Situation und Ansteckungs-gefahr aufgeklärt.“ Und auch einen positiven Effekt sieht sie in der Situation: „Wir stehen viel in Kontakt und tauschen Informationen aus, das schweißt uns in dieser Zeit als Team zusammen!“

„ Unsere Reinigungskräfte nehmen sich in dieser Zeit bewusst ein paar Minuten mehr, um mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zu sprechen.“

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Auf der Überholspur am Virus vorbei.

–Gefragt

standen wir schon in Austausch, wollten aber zunächst grundlegend über das Virus informie-ren – in dem Umfang, der uns dort bekannt war. Der Titel lautete „Mäßige Infektionsgefahr durch Corona-Virus“ – so wurde das zu diesem Zeit-punkt auch vom Robert-Koch-Institut (RKI) eingeschätzt. Im Laufe des Februars hatte ich die Nachrichten dazu im Blick, aber es war absolut nicht abzusehen wie sich das weltweit entwickeln würde – es wirkte, als könnte das alles mit des-infizieren und Hände waschen in den Griff bekommen werden. Ab Ende Februar haben sich dann mehr und mehr Kollegen aus anderen Fachbereichen mit dem Thema beschäftigt und wir haben auf Anregung unseres Hauptge-schäftsführers die AG Corona gegründet, um zentral auf Trägerebene zu beraten.–Wie etabliert man in so kurzer Zeit solche komplexen neuen Abläufe?

Till: Ganz ehrlich? Ich kann es Ihnen nicht sagen. Wir haben in der Zentrale mit den vielen, teilweise auch fast täglich aktualisierten Infor-mationen versucht, für die Einrichtungen klare Umsetzungshinweise zur fachlichen und sicheren Handhabung zu erstellen. Den Löwenanteil in der Umsetzung der neuen Abläufe obliegt jedoch den vielen Kollegen vor Ort. Hier wurde sicher-lich Unglaubliches geleistet. Wir sind anfangs sehr situationsorientiert vorgegangen und haben so auf konkrete Fragen und Bedarfe der Einrich-tungen reagiert – diese waren froh, eine Orien-tierungshilfe zur Umsetzung zu haben.

Gleich zu Beginn die Frage: Noch Ausnah-mezustand oder schon wieder Alltag?

Till: Eine gewisse Routine ist eingekehrt, aber wir arbeiten weiter unter Hochdruck.–Als Fachexperten für Pflege und Haus-wirtschaft: Rechnet man damit, dass eine Situation eintritt, wie wir sie gerade haben? Dass ein Virus ausbricht, das akut Gesundheit und Leben von Mitar-beitenden und Kunden bedroht?

Dahme: In diesem Ausmaß bestimmt nicht. Was wir aber immer schon hatten, ist ein Ausbruchs-management, das grundsätzlich für Infektions-krankheiten gilt. Auf diese Vorgaben konnten wir direkt zu Beginn zurückgreifen. Für das Management einer Pandemie war das aber natür-lich nicht ausreichend.

Till: Nein, ein solches Ausmaß war nicht zu erwarten. Normalerweise bewegen sich solche Ereignisse eher zum Beispiel in Dimensionen eines lokalen Noro-Virus-Ausbruchs mit mehr als zwei Personen in einer Einrichtung, die von dieser Magen-Darm-Erkrankung betroffen sind. – Wann wurde Ihnen klar, dass es sich bei Corona um ganz andere Dimensionen handelt?

Till: Die erste Meldung haben wir über die Geschäftsführung am 27. Februar an die Ein-richtungen herausgegeben. Zu diesem Zeitpunkt

Stark – Corona-Krisenmanagement

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Dahme: Zu Beginn haben wir ausschließlich akuten Support geleistet. Unsere beiden Referate waren den ganzen Tag am Telefon oder haben Anfragen aus den Einrichtungen per Mail beant-wortet – unsere Welt hat sich für mindestens drei Wochen ausschließlich um Corona gedreht.

Till: Als wir den ersten positiv getesteten Bewoh-ner in einer Einrichtung hatten, war ich selbst vor Ort, um die Kollegen zu der neuen Situation zu beraten und die weiteren Hygienemaßnahmen festzulegen. Von da an nahm alles seinen Lauf.–Inzwischen gibt es ein Konzept zum Management von Corona-Ausbrüchen, wie konnte das in so kurzer Zeit erarbeitet werden, wo gerade alles zum ersten Mal passiert?

Dahme: In der AG Corona haben wir vor den Terminen Fragen und Themen aus den Einrich-tungen gesammelt und für diese spezifischen

Prozesse, Merkblätter und Entscheidungshilfen erarbeitet. Je weiter die Zeit fortgeschritten ist, desto komplexer wurde das und auf umso mehr Erfahrungswerte konnten wir trägerweit natür-lich auch schon zurückgreifen.

Till: Und das war der Zeitpunkt, an dem klar wurde, dass es sinnvoll wäre, es in eine Form zu bringen, die Merkblätter und Empfehlungen zusammenzufassen und in einen Zusammenhang zu stellen. Daraus ist dieses Konzept entstanden. Kurz vor unserer Veröffentlichung im EHS-Portal hat auch das RKI eine sehr ähnliche Leitlinie veröffentlicht. Diese konnte noch berücksichtigt werden, so dass dieses Konzept glücklicherweise auch den Empfehlungen des RKI entspricht.–In der Zwischenzeit wurde ein weiteres Konzept veröffentlicht, das auch als Grundlage für die Empfehlungen des Sozialministeriums dient: Wie kommen wir in eine sichere neue Normalität?

Till: Ja, dieses Konzept trägt dem Rechnung, dass die Bewohner über viele Wochen abgeschot-tet waren und die Situation auch psychisch sehr > > >

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Steffen Till Marlis Dahme

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Stark – Corona-Krisenmanagement

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Vertreterin aus den jeweiligen Fachbereichen bringt sich stellvertretend in die Diskussion ein. Durch die Beteiligung der Geschäftsführung können in der Krisensituation schnell Maßnah-men beschlossen und verbindlich trägerweit in die Umsetzung gebracht werden“, erklärt Geschäfts-führer Ralf-Rüdiger Kirchhof.

In der AG Corona beraten Fachexperten der Pflege, Hygiene, Hauswirtschaft und Arbeitssicherheit, Vertreter der Geschäftsführung, die Betriebs- ärzte, die Pressesprecherin, die Konzernmitarbeiter- vertretung und Regionaldirektion zweimal wöchentlich. Über die AG Corona hinaus wurden zudem trägerweit Pandemiebeauftragte benannt und Coronateams in allen Einrichtungen gebildet.

Das Expertenteam: AG Corona

Anfang März wurde die AG Corona als Experten- gruppe eingerichtet. Sie ist zentrale Informati-onsstelle für Mitarbeitende und steuert den um- fassenden Maßnahmenplan, der kontinuierlich aktualisiert wird. Bei allen Maßnahmen folgt die EHS den Empfehlungen des Robert-Koch- Instituts und den Anordnungen der zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene.

Mit der Bildung der Expertengruppe reagierte die EHS auf die dynamische Entwicklung rund um die Corona-Epidemie. Als zentrale Informations- und Anlaufstelle für alle Mitarbeitenden steuert und koordiniert sie seitdem alle notwendigen Aktivitäten und Maßnahmen. „Kompetenzen werden so gebündelt. Je ein Vertreter oder eine

Wenn Sie irgendwann einmal auf die „Corona-Zeit“ zurückblicken, was glau-ben Sie, nehmen Sie als Fachexperten daraus mit?

Dahme: Wir durften in dieser Zeit, schon bisher, wirklich feststellen, dass wir interdisziplinär in der EHS unglaublich eng zusammengerückt sind – das haben wir in der Form nie zuvor erlebt. Speziell natürlich unsere beiden Referate Haus-wirtschaft und Pflege, aber auch mit der ABG, der HDG und vielen anderen. Das hat sich wirklich durchgezogen und das hat es uns auch leichter gemacht, schnell all diese Themen zu bearbeiten, viele Perspektiven zu bedenken und das gemeinsam zu reflektieren.

Till: Teamarbeit ist bei einer solchen Aufgabe unerlässlich. Aufgrund der vielen und auch schnell wechselnden aktuellen Informationen werden alle Perspektiven zur Verarbeitung benö-tigt. Dieses Know-how hat die EHS. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch noch die wirklich sehr gute Zusammenarbeit mit beiden Betriebs-ärzten. Es war durchgängig eine konstruktive Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wir haben schon länger verstärkt vernetzt gearbeitet, aber in den letzten Wochen und Monaten haben wir mit Sicherheit ein neues Level erreicht.

belastend für alle Beteiligten war, beziehungs-weise auch noch ist. Da wir davon ausgehen müssen, dass sich Corona nicht in wenigen Wochen erledigt, benötigen wir ein Konzept für eine neue Normalität. Keiner kann monatelang im Krisenmodus leben und arbeiten. Wir haben dazu ein mehrstufiges Konzept erarbeitet, wie unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen Besu-che wieder möglich werden und auch weitere Schritte, hin zu einer neuen Normalität, gegan-gen werden können.

> > > Zum Konzept: https://www.ev-heimstiftung.de/aktuelle- informationen-in-der-coronazeit/–

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Kommentar – (E)InSicht

Seit Anfang März dreht sich auch meine Welt fast nur um ein Thema: Corona und die Frage, wie wir richtig damit umgehen. Mir kommt ständig entwe-

der eine Wanderung auf dem Hochgrat im Allgäu in den

Sinn oder ich habe das Gefühl, in einem permanenten Spannungsfeld zu stehen. Wir hatten uns mit dem Wohngruppenkonzept so schön eingerichtet in der Evangelischen Heimstiftung: Lebensqualität durch Selbstbe-stimmung und Teilhabe – damit hat Covid-19 mit einem Schlag Schluss gemacht. Es ist uns schwergefallen, das zu akzeptieren. Aber zu Beginn der Krise war schnell klar, dass der Gesundheitsschutz für die vulnerabelsten Men-schen, die in den Pflegeheimen und den Betreu-ten Wohnungen leben, oberste Priorität hat. Deshalb war es richtig, frühzeitig sehr restrik-tive Maßnahmen wie Besuchsverbote und Hygieneregelungen zu ergreifen. Hundertpro-zentige Sicherheit konnte es nicht geben und so waren auch einige unserer Pflegeheime von Infektionen und Todesfällen betroffen. Wie schützt man, wenn Schutzmasken fehlen? Wie reagieren wir richtig, ohne zu wissen, woher das Virus kommt, weil es zu wenige Tests gab? Wie gehen wir mit Einsamkeit und Trauer um, in einer Zeit, in der die menschliche Nähe, das größte Risiko ist? In diesen Monaten war es für mich die schönste Erfahrung, zu sehen, wie aus den vielen Spannungsfeldern Kraft und

Kreativität sowie Loyalität und ein Gemein-schaftsgefühl erwachsen sind, die in uns den Glauben gestärkt haben: Wir schaffen E(H)S gemeinsam.

Wir haben uns in dieser Phase auf unsere strate-gische Stärke besonnen und gelernt, auch in der Coronakrise nach vorne zu schauen, um schnel-ler zu sein als das Virus. Unsere Forderungen nach mehr Schutzausrüstung, schnelleren Tests und besserer ärztlicher Versorgung haben Wirkung gezeigt in der Politik. Unsere internen Prozesse sowie Hygiene- und Schutzkonzepte haben uns gezeigt, wie die Ausbreitung des Virus mit einem verantwortungsvollen Krisen-management eingegrenzt werden kann. So konnten wir in der EHS als die Ersten mit einem Öffnungs- und Besuchskonzept in die zweite Phase der Coronakrise eintreten. Vielleicht bewegen wir uns damit jetzt im schwierigsten Spannungsfeld: Wie können wir Nähe und Begegnung ermöglichen und zugleich Sicherheit und Gesundheit gewährleisten? Wir alle wünschen uns eine „Zeit nach Corona“. Was wir aber bekommen, ist eine „Zeit mit Corona“ und das wird eine ganze Weile so bleiben. Die Gradwanderung wird also weiter-gehen. Sie fordert von uns ständige Vorsicht und Präsenz, schenkt uns aber auch neue Ausblicke und Erfahrungen. Unser Leben wird geprägt sein von Nähe auf Distanz aber auch von der Kraft und Zuversicht einer großen Familie.

Bernhard Schneider

Zuversicht ist unsere Stärke.–

(E)InSicht

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Bedingungslos. –

Vom Ausnahmezustand zur neuen Normalität

Alles Fachwissen und jede Strategie sind nicht umsetzbar ohne den unermüdlichen Einsatz in den Einrichtungen vor Ort.

Pflege im Fokus

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Besonders die 86 Pflegeheime und 30 Mobilen Dienste der Evangelischen Heimstiftung versetzte Corona in den Ausnahmezustand. Mit Virus-infektionen und auch sonstigen hoch anstecken-den Erkrankungen weiß man dort umzugehen, dennoch: an eine vergleichbare Situation erinnern sich auch langjährige und erfahrene Hausdirek-tionen nicht.

„Es gab kein wenn und aber mehr, es ging nur noch um den Schutz.“

Besuchsverbote ab 13. März. Arbeit nur noch mit Mund-Nasen-Schutz seit 16. März. Corona hat den Alltag auch in den Pflegeheimen der Evangelischen Heimstiftung auf den Kopf gestellt. „Der Stichtag war für uns der 26. März, da hatten wir die erste Bewohnerin mit Sympto-men und von da an haben sich die Ereignisse überschlagen. Über das Wochenende wurden 20 Bewohner positiv getestet und wir mussten zahl-reiche Schutzmaßnahmen des Gesundheitsamts

quasi über Nacht umsetzen. Es gab kein wenn und aber mehr, es ging nur noch um den Schutz. Es wurden Betten gereinigt, Bewohner sind umge-zogen, raus aus dem gewohnten Umfeld, rein in fremdes Eigentum, um die Infizierten zu isolieren und die Gesunden zu schützen. Wir waren bis in die Nacht im Einsatz“, berichtet Renate Fischer, Hausdirektorin im Paul-Gerhardt-Stift in Gien-gen, das in der Anfangsphase mit Abstand am stärksten von dem Virus betroffenen war.

„In diesen Zeiten wird Führung noch wichtiger als sonst.“

Aber auch in weniger akut betroffenen Einrich-tungen gab es viel zu regeln. „Wir konnten kaum realisieren was da vor sich geht. Das führte zunächst natürlich auch zu Anspannung und Verunsicherung. Inzwischen haben wir das Gefühl, gut informiert zu sein und auch über die Krankheit selbst genug zu wissen, um uns wieder sicherer zu fühlen, zu wissen, was zu tun ist. Man reagiert nicht mehr mit Anspannung auf jede Nachricht aus den Medien, sondern weiß für das eigene Umfeld, was die nächsten Schritte sind“, erzählt Matthias Kaden, Hausdirektor in Heil-bronn. “Wir lernen langsam, Schritt für Schritt, mit der Situation umzugehen und in einer neuen Normalität mit Corona zu leben.“ „In diesen Zeiten wird Führung noch wichtiger als sonst. Das sage ich auch den Pflegedienstleitungen, dass sie nun in der Verantwortung sind, Stabilität und Sicherheit zu geben“, ergänzt Silke Breuninger, Regionaldirektorin der Mobilen Dienste.

Neben allen Ängsten und Unsicherheit berich-ten aber auch alle von einem unwahrscheinlich großen Zusammenhalt und dem gemeinsamen Bemühen, die eigenen Sorgen hintenanzustellen und für Bewohnerinnen und Bewohner dazusein. „Ich habe als Hausdirektor viele Gespräche mit Mitarbeitenden gesucht, war auch am Wochen-ende vor Ort, um Fragen zu klären und über Sorgen und Ängste zu sprechen. Die offene Kommunikation hat Sicherheit gegeben“, berich-tet Kaden. Eigentlich gut bekannte Menschen und eingespielte Teams lernen sich in dieser Extremsituation ganz neu kennen, denn nicht alle reagieren gleich. Einige wachsen mit vollem Einsatz über sich hinaus, andere ziehen sich zurück, haben selbst große Angst um ihre Gesundheit oder die ihrer Familien. Und auch das persönliche Umfeld spendet nicht in allen > > >

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Fällen Applaus: „teilweise wurden Kolleginnen und Kollegen gemieden, ja sogar angefeindet – keine einfache Situation“, erzählt Fischer.

„Wir haben gelernt, mehr mit den Augen der Bewohner zu sehen.“

Aber das ist nur eine Seite, tatsächlich gibt es in dieser Zeit der emotionalen Extreme auch die schönen Erlebnisse: In Einrichtungen, die bislang nicht von dem Virus betroffen sind, ist uneinge-schränkt und ohne Ablenkung von Besuchern nur Zeit für die Pflege. Pflegekräfte werden zu engen Bezugspersonen. Wunderbare und noch engere Beziehungen entstehen. „Wir haben gelernt, mehr mit den Augen der Bewohner zu sehen und vielleicht einmal weniger durch die der Angehörigen, die es bestimmt immer gut meinen, aber ihre Wünsche entsprechen nicht unbedingt in jeder Situation denen der Bewoh-ner“, erklärt Cosmina Halmageanu, Hausdirek-torin im Haus am Maienplatz in Böblingen. Wenn es nicht raus geht, macht man es sich

drinnen schön, das gilt nicht nur im Pflegeheim. „Wir haben zu Beginn auch weiterhin Aktivitäten in kleinen Gruppen angeboten, unsere Terrasse neu bepflanzt und einen Windschutz angebracht, sodass die Bewohner dort schön sitzen können. Da auch Physiotherapie und Krankengymnastik nur noch in absoluten Ausnahmefällen stattfinden konnten, haben wir versucht, das so gut wie mög-lich aufzufangen. Außerdem wurde unglaublich viel telefoniert, Info-Mails und Nachrichten der Geschäftsführung versendet. In unserem Garten haben Konzerte stattgefunden. Ein großes Glück ist auch, dass wir bereits die App Myo eines Ber-liner Startups nutzen. Dort können wir Nachrich-ten und Bilder mit Angehörigen austauschen – bereits 40 haben sich registriert.“

Auch in Neudenau wurden die Mitarbeitenden nach und nach kreativ: „Zwei Pflegekräfte haben zum Beispiel früher als Friseurinnen gearbeitet, jetzt heißt es einmal die Woche „Waschen, legen, föhnen“ und diese kleinen Ausflüge in so etwas wie Normalität und Alltag machen glücklich.

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Pflege im Fokus

„ Im Nachhinein haben sich viele bedankt, dass wir so frühzeitig reagiert haben.“

Danke-Stein von Angehörigen

in Langenau

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Auch unser Maibaumfest musste leider ausfallen, aber der Hausmeister hat trotzdem draußen gegrillt und das Essen haben wir den Bewohnern gebracht“, erzählt Anja Sochor, Hausdirektorin in Neudenau. „Gewisse Vorteile haben wir natür-lich als kleines Haus. Viele, auch Angehörige, kommen aus Neudenau und Umgebung und man kennt sich, die Beziehungen sind ohnehin schon sehr persönlich, das stärkt in unsicheren Zeiten.“ Trotzdem waren auch hier Ängste und Bedenken, davon berichten alle gleichermaßen: Was, wenn jetzt eine Geburtstagsfeier ausfallen muss, was wenn der nächste Geburtstag nicht mehr gefeiert werden kann? „Wir freuen uns jetzt sehr, dass langsam wieder Besuche möglich werden. In der Zwischenzeit haben die Mitarbeitenden jetzt auch die Erlaubnis, ihre Handys im Dienst zu verwen-den. Sie machen Fotos, Videos und Sprachnach-richten, die ich dann über mein Diensthandy, soweit die Angehörigen dem zustimmen, verschi-cke und diese auch ihrerseits Nachrichten zurück-senden können. Darüber sind alle sehr dankbar“, sagt Sochor.

„Ganz zu Beginn gab es eher wenig Verständ-nis für die frühen Besuchsverbote, die Gefahr war einfach nicht greifbar. Doch im Nachhinein haben sich viele bedankt, dass wir so frühzeitig reagiert haben“, erzählt Kaden, Hausdirektor in Heilbronn. „Besonders für unsere Bewohner in den Betreuten Wohnungen war es zu Beginn schwer zu akzeptieren, dass auch sie ein Teil unserer Hausgemeinschaft sind und damit auch für sie die gleichen Regeln gelten. Wir haben da viel beraten und damit auch Verständnis geschaf-fen“, berichtet Halmageanu. Zusätzliche Unsi-

cherheit kam mit der Schutzausrüstung, manche Bewohner mussten in fremde Zimmer, auf unbekannte Wohnbereiche umziehen, um geschützt zu sein. „Unbekannte Pflegekräfte, zusätzlich zum Teil in voller Schutzausrüstung – da waren schon viele Ängste da“, sagt Fischer.

„Da reicht ein kleiner Auslöser und schon fließen die Tränen. Nicht nur aus Traurig-

keit, auch aus Rührung und Freude.“

Von emotionalen Zeiten, in denen rationale Entscheidungen wichtig waren, auch wenn sie durchaus schmerzhaft sein konnten, berichten alle. „Da reicht ein kleiner Auslöser und schon fließen die Tränen. Nicht nur aus Traurigkeit, auch aus Rührung und Freude.“ Diese Erfahrung macht Hausdirektorin Cosmina Halmageanu. „Erst kürzlich hat mich die Erzählung einer Bewohnerin sehr bewegt. Sie leidet seit Jahren unter starken Depressionen und hat sich jetzt, in Zeiten von Corona, nach vielen Jahren mit ihren > > >

Der 99. Geburtstag! Feiern mit Besuchseinschränkungen in Böblingen

„ Ich bin überglücklich, dass diese Zeit mir den Kontakt zu meinen Töchtern zurückgebracht hat.“

Maskenproduktion in Bad Mergentheim

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Töchtern versöhnt und wieder Kontakt bekom-men. Sie waren berührt von den Berichten über die Einsamkeit der Menschen im Pflegeheim und meldeten sich daraufhin bei ihrer Mutter. „Meine Kinder hatten es nicht leicht mit mir als depres-sive Mutter. Ich bin überglücklich, dass diese Zeit mir den Kontakt zu meinen Töchtern zurück-gebracht hat“, berichtete sie.

„Corona gehört nun zu unserer 50-jährigen Geschichte.“

Langsam kann eine neue Normalität, in einer Welt mit Corona einkehren. Aber die Dinge haben sich verändert in Giengen. Das Haus war am stärksten betroffen in den letzten Wochen. „Einige Zimmer sind leer, diese Bewohner haben die Krise leider nicht mit uns überstanden.“ Zum Abschied nehmen gab es wenig Möglichkeit. „Für die Angehörigen haben wir das natürlich ermöglicht, aber auch intern haben wir da unsere Rituale, um uns von Bewohnern zu verabschie-den, aber auch von den Angehörigen, mit denen wir auch über die Jahre viel erleben und teilen. Diese Abschiede waren so nicht möglich und das wird uns noch eine ganze Weile begleiten.“ Es ist ein besonderes Jahr für das Paul-Gerhardt-Stift. Eigentlich feiert die Traditionseinrichtung in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. „Wir hatten Sorge, dass keiner mehr zu uns kommen will, aber das ist zum Glück nicht der Fall. Wir bekommen viel Lob für unseren Umgang mit der Krise und bereits einige neue Bewohner schenken

uns ihr Vertrauen. Corona gehört nun zu unserer 50-jährigen Geschichte. Kein Jubiläumsjahr wie wir es uns gewünscht hätten, aber wir haben es geschafft, mit vereinten Kräften“, ist das Resü-mee von Hausdirektorin Renate Fischer.

„Nun sind wir bereit, wieder ein Stück Normalität einkehren zu lassen.“

„Ich bin wahnsinnig froh, dass wir als großer Träger schnell und klar reagiert haben, auch wenn das bestimmt wirtschaftliche Einbußen bedeutet. Natürlich war da am Anfang ganz klar der Schock und ja, wir standen auch manchmal am Rande der Überforderung. Doch nach und nach hat sich mit etwas Zeit alles sortiert. Schritt für Schritt konnten wir alles umsetzen und nun sind wir bereit, wieder ein Stück Normalität einkehren zu lassen – aber auch das mit Gefühl und in aller Ruhe“, sagt Cosmina Halmageanu, Hausdirektorin im Haus am Maienplatz in Böb-

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Pflege im Fokus

„ Wir merken zuneh-mend, dass unsere Maßnahmen wirken, das gibt Sicherheit.“

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lingen. „Natürlich hätte ich nie damit gerechnet, dass wir in diese Situation kommen, aber wir können auch daraus lernen, wenn wir bereit dazu sind.“ „Eine Mitarbeiterin in meinen Mobilen Diensten wurde leider positiv getestet, aufgrund der Schutzausrüstung und den Hygieneregeln hat sie aber niemanden angesteckt. Wir merken also zunehmend, dass unsere Maßnahmen wirken, das gibt Sicherheit“, berichtet Breuninger.

„Wunderbar zu sehen war auch wie wir Hand in Hand mit den Kolleginnen und Kollegen der Zentrale gearbeitet haben, sie haben uns nach Kräften unterstützt und waren immer ansprech-bar. Wir nehmen die Herausforderung gemein-sam an und lassen keinen Frust aufkommen. Schön ist auch, dass über unsere Facebook-Seite ein Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Einrichtungen entsteht. Da holen wir uns die ein oder andere Inspiration. Wir stärken uns so gegenseitig“, findet Anja Sochor.

„Die Lockerungen waren jetzt notwendig, denn natürlich gibt es im Alter auch andere Gründe, die das Leben beenden und die Vorstel-lung, dass die Bewohner dann ihre Angehörigen gar nicht mehr oder nur kurze Zeit sehen konn-ten, ist natürlich dramatisch. Wir sind uns über

die Risiken bewusst, aber wir setzen alles daran, möglich zu machen, was mit dem Schutz der Gesundheit vereinbar ist“, beschreibt Matthias Kaden den Schritt hin zur neuen Normalität.

„Unsere ersten Erfahrungen sind, dass so-wohl Bewohner als auch Angehörige Verständnis für Hygienemaßnahmen und eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten haben. Sie sind sehr dankbar, dass wir diese gewissenhaft einhalten und Besuche wieder möglich sind. Natürlich gab es auch schwierige Situationen bei den ersten Besuchen: Frust, Trauer, Wut, Verzweiflung. Mit viel Geduld, Verständnis und Empathie konnten wir aber gut unterstützen“, berichtet Halma-geanu von den Erfahrungen in Böblingen. „Die meisten Angehörigen haben sich jedoch herzlich bedankt. Diese Dankbarkeit konnten wir, trotz Mund-Nasen-Schutz, in ihren Augen sehen. Wer weiß, vielleicht wird diese Zeit der Corona-Pandemie eine Brücke bauen können, eine Brücke des Verständnisses und Vertrauens, des Respekts und der Anerkennung für die Pflege, unseren wichtigen Beruf. Das wünsche ich mir von gan- zem Herzen.“

Die „Goldschätze“ von Waldenbuch – einschokoladiges Dankeschön an die Pflegekräfte

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Gute Pflege für Insekten.

–Insektenschutz

in der EHS

Grüne Pflege

Trauriger Fakt ist: Die Insekten werden immer weniger. Heutzutage sind bereits zahlreiche Insek-tenarten in Deutschland gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Immer mehr heimische Insekten haben mit einer sich rasant verändernden Umwelt sowie folgenschweren Klimaveränderun-gen zu kämpfen. Durch die ausgreifende mensch-liche Zivilisation hat sich die Naturlandschaft tiefgreifend und umfassend gewandelt. Die natür-lichen Lebensräume von Insekten werden immer weiter eingeschränkt oder zerstört. Monokulturen und der Einsatz von hochwirksamen Pestiziden auf den Äckern, pflegeleichte und peinlich genau aufgeräumte Gärten und Grünanlagen, triste Steinwüsten, Betonierung und Zersiedlung der Landschaft – diese Entwicklungen haben in den letzten Jahren nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Gesamtheit aller Insekten negativ beein-flusst. Dabei sind gerade Wildbienen, Hummeln, Marienkäfer, Ohrwürmer, Regenwürmer, Schmetterlinge, Schlupfwespen, Florfliegen und viele andere Insekten überaus wichtig und nützlich für das ökologische Gleichgewicht in der Natur. Denn zum einen fressen Insekten eine beachtliche Menge an Schädlingen oder deren Larven. Zum anderen dienen sie selbst als wichtige Nahrungs-quelle für eine Vielzahl von Tieren wie Vögeln, Amphibien oder Reptilien. Außerdem sichern Insekten die Bestäubung und Fortpflanzung von Pflanzen, leisten ganze Arbeit als Verwerter von toten Tieren oder abgestorbenem Holz und vielem anderem mehr. Eine Welt ohne Insekten ist daher nicht vorstellbar, sogar die Existenz des Menschen wäre auf Dauer gefährdet.

Um den Insektenschwund zu stoppen, müssen die negativen Auswirkungen von Konsum und Landwirtschaft beseitigt werden sowie die fort-währende Zerstörung von natürlichen Ökosys-temen gestoppt werden. Aber Hoffnung macht: Auch im Kleinen kann jeder Einzelne etwas Konkretes tun, zum Beispiel mit einem Insekten-hotel oder einer naturnahen Gestaltung des Gartens oder Balkons. Nachfolgend einige An-regungen aus den Einrichtungen der EHS, die im Rahmen des Grünen Segels erarbeitet und umgesetzt wurden. Zusätzlich noch einige Bilder aus dem Garten des Autors.

Insektenhotels: Ein Zuhause für viele nützliche Insekten

Wer kein Totholzbiotop oder „Wilde Ecken“ im Garten haben möchte, kann mit einem Insek-tenhotel einen artgerechten Ausgleich schaffen. Allerdings sind viele der im Handel angebotenen Unterschlüpfe nicht besonders gut geeignet für die Insekten und erfüllen eher einen dekorativen Zweck.

Was ist ein Insektenhotel?

Im Grunde genommen ist jedes Insektenhotel nichts anderes als eine vom Menschen geschaffene Unterkunft für Insekten. Insektenhotels bestehen fast immer aus einer Art Holzkasten und können in ganz unterschiedlichen Größen gebaut werden. Sie werden mit natürlichen Materialien ausgestat-tet, um verschiedenen Insektenarten ein Zuhause zu bieten. Die Bezeichnung „Insektenhotel“

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beruht auf der hausähnlichen Bauweise, die aus mehreren Etagen bestehend von oben durch einen dachartigen Überstand geschützt wird. Zudem können in ein Insektenhotel einzelne Insekten einziehen und das ganze Jahr „ein Zimmer mie-

ten“. Unterschlupf und Nisthilfe, mit diesen Begriffen können die zentralen Funktionen eines Insektenhotels am besten beschrieben werden.

Martin Suchaneck

Außergewöhnliches Insektenhotel, Haus am Enzpark; Re. o.: Insektenhotel, Pflegewohnhaus Wittumhof; Re. u.: Ziegel als Nisthilfe und Laubhaufen als Unter-schlupf

Hilfreiche Tipps für den Bau eines Insektenhotels

Ein Insektenhotel kann man mit etwas handwerk-lichem Geschick selbst bauen. Hilfreiche Bau-anleitungen findet man auf den Webseiten von Naturschutzverbänden (z.B. NABU, BUND) oder einfach beim Obst- und Gartenbauverein vor Ort fragen.

Einige Praxisbeispiele aus der EHS:

Die Ausstattung eines Insektenhotels besteht aus ganz unterschiedlichen Materialien in verschie-denen Größen, denn jede Insektenart hat ihre eigenen Bedürfnisse. Diese Materialien in Form von Naturstoffen (z.B. Sägespäne, Zapfen), Ziegelsteinen, Röhren oder mit Löchern verse-henen Baumstücken müssen sorgfältig bearbeitet werden, um Verletzungen zu vermeiden und das Insektenhotel auch erfolgreich „zu vermieten“.

– Pflanzenstängel wie Bambus oder Schilf aushöhlen, mit einer feinen Säge einkürzen und alle unsauberen Kanten mit Schleifpapier glätten. Hinweis: Alle Stängel unmittelbar hinter einem Knoten schneiden und auf einer Seite geschlossen lassen.

– Die hohlen Pflanzenstängel mit Bindfaden oder in einer Dose bündeln.

– Nur abgelagertes Hartholz wie Esche, Buche oder Obstgehölze verwenden.

– Bohrlöcher sollten unterschiedlich groß sein (zwischen 3 und 8 mm). Hinweis: Auf ausreichenden Abstand achten und jedes Loch nur so tief bohren, wie der Bohrer lang ist.

– Alle Bohrlöcher und Holzoberflächen sorgfältig abschleifen, um abstehende oder spitze Holzfasern zu entfernen.

– Stets ins Längsholz, also parallel zur Rinde bohren. Sonst bilden sich Risse, durch die Feuchtigkeit, Pilze und Parasiten eindringen können.

– Das Insektenhotel sollte an einem warmen und sonnigen Standort aufgestellt werden, aber möglichst nicht in der prallen Mittagssonne stehen. Ideal ist ein vor Wind und Regen geschützter Platz, etwa unter einem Baum.

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Standorte und Einrichtungen

Zentrale 70190 StuttgartEvangelische Heimstiftung GmbHHackstraße 12Telefon (07 11) 6 36 [email protected]

Regional direktionen Bad SebastiansweilerVolker [email protected]

BöblingenSusanne Maier-Koltschaks.maier-koltschak@ ev-heimstiftung.de

HeidenheimJan [email protected]

HeilbronnPeter [email protected]

Hohenlohe/TauberSwantje [email protected]

Kurpfalz/OrtenauThomas [email protected]

LudwigsburgMichaela Sowoidnichm.sowoidnich@ ev-heimstiftung.de

Rems/Neckar/AlbKarin [email protected]

StephanuswerkRolf [email protected]

StuttgartAdriana [email protected]

TübingenClemens [email protected]

UlmAchim [email protected]

Mobile Dienste NordSilke [email protected]

Mobile Dienste MitteImmanuel [email protected]

Mobile Dienste SüdElisabeth [email protected]

Mehr zu unseren Einrichtungen und den Ansprechpersonen unter:www.ev-heimstiftung.de/aladien

Wir im Überblick.

Bad MergentheimMannheim

Stuttgart WestSchorndorf

Tübingen

Ulm

Freudenstadt

Bietigheim-Bissingen

Bad Boll

Calw

Heidenheim

Neuried

Tauberbischofsheim

IlshofenSatteldorf

Crailsheim

Alfdorf-Pfahlbronn

Untertürkheim

Uhingen

Albershausen

Langenau

Giengen

Dornstadt

Blaubeuren

Wangen

Balingen

Mössingen

Dettingen

Kappelrodeck

Bad WildbadEngelsbrand

Sersheim

Eberdingen-Hochdorf

Neudenau

Nußloch

Heddesheim Hirschberg

GemmingenNordheim

Brackenheim

Besigheim

Ingersheim

Backnang

Ludwigsburg

Winnenden

PlochingenDeizisauWaldenbuch

Degerloch

Stuttgart

ALADIEN-Standorte Betreute Wohnungen

ALADIEN-Standorte Pflegeheime

In 77 Städten und Kommunen in Baden-Württemberg ist die EHS mit insgesamt 145 Einrichtungen vertreten.

Zehn der Betreuten Wohnanlagen sowie 45 der Pflegeheime sind bereits ALADIEN-Standorte.

Orte, an denen die EHS außerdem vertreten ist

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ALADIEN ist das Symbol für die digitale Strate-gie der Evangelischen Heimstiftung und möchte mit unterschiedlichsten technischen Hilfsmitteln den Alltag erleichtern. ALADIEN steht also für so genannte Alltagsunterstützende Assistenzsys-teme und Dienstleistungen der EHS.

Seinen ersten Einsatz hatte ALADIEN in den Betreuten Wohnungen der EHS mit technischen Dienstleistungen wie zum Beispiel dem Haus-notruf, einer automatischen Herdabschaltung oder dem Sturzmelder. Nach und nach zieht ALADIEN nun auch in die weiteren Wohnfor-men der EHS ein – in unsere WohnenPLUS-Residenzen, in private Haushalte, aber auch ins Pflegeheim: immer mit dem Ziel, ein sicheres und selbstbestimmtes Leben, auch bei Pflegebedarf, zu ermöglichen und die gute Pflege sicherzustel-len – mit digitaler Teilhabe.

Alle Komponenten von ALADIEN werden über ein bedienerfreundliches und für Senioren optimiertes Tablet gesteuert, das zur Grundaus-stattung vieler Betreuter Wohnungen gehört. Je nach Bedarf können Leistungen hinzugefügt oder abgewählt werden. Der gezielte Einsatz von technischen Assistenzsystemen kann dazu bei-tragen, ein Leben zu Hause komfortabler und sicherer zu gestalten.

Assistenzsysteme und Dienstleistungen in den Betreuten Wohnungen sind zum Beispiel:

– Automatische Herdabschaltungen – Visuelle Türsignale – Sturzmelder – Hausnotruf

Auch in den Pflegeheimen kommen nun ver-mehrt Tablets zum Einsatz, über die Bewohnerin-nen und Bewohner auf verschiedene Bewegtbild-formate zugreifen, aber auch über Videotelefonie mit Angehörigen in Kontakt bleiben können.

Die EHS legt bei allen technischen Hilfen nicht nur großen Wert auf die persönliche Sicherheit, son-dern auch auf den Daten-schutz und den Umgang mit sensiblen persönlichen Informationen. Deshalb werden viele Komponenten selbst entwickelt und inten-siv geprüft.

ALADIEN.Das sind wir

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Vernetzt. –

Die EHS-Senioren

In der Seniorenarbeit steht die EHS in Ver- bindung mit über 1.000 ehemaligen Mitar- beitenden. Welche Angebote umfasst das?

Bührer: Mittelpunkt unserer Arbeit ist der jähr-liche große Seniorentag, an dem wir alle unsere 1.100 Senioren EHS-weit einladen und von Vor-trägen der Geschäftsführung, über Themenvor-träge, bis hin zu Führungen und dem abschließen-den Kaffeetrinken vieles geboten wird. Es ist ein Tag des Austauschs und der Begegnung. Außer-dem organisiert der Arbeitskreis EHS-Senioren Bildungstage, gespickt mit vielfältigen Themen. In kleinerem Rahmen treffen sich die ehemaligen Führungskräfte und die Ehemaligen der Zentrale sowie alle Leiterinnen und Leiter örtlicher Senio-rengruppen aus den Einrichtungen. Teilweise sind das hauptamtliche Mitarbeitende, aber auch Ehemalige, die zum Teil selbst wiederum Mitglie-

der des Arbeitskreises EHS-Senioren sind. Um die digitale Teilhabe bei den Ehemaligen zu fördern, bieten wir gemeinsam mit dem Landesmedienzen-trum außerdem PC-Kurse und eine Ausbildung zur Seniorenmedienmentorin an.

Die Seniorenarbeit hat sich bei der EHS seit 2012 zu dem entwickelt was sie heute ist. Struk-turell vertreten durch den Arbeitskreis EHS-Senioren, dem Herr Reich vorsteht, und auf der anderen Seite durch mich, als zentrale Koordi-natorin in der Stabsstelle Theologie und Ethik.

Reich: In dem von Frau Bührer angesprochenen Arbeitskreis kommen wir regelmäßig zusammen, um die Dinge, die Frau Bührer von der Zentrale aus koordiniert und vorbereitet, zu besprechen. Das ist eine wunderbare Sache.

Wir als Arbeitgeber

Seit 2012 hat sich in der Evangelischen Heimstiftung die Senioren- und Ehemaligenarbeit etabliert. „Gute Pflege“ im Gespräch mit dem Seniorenbeauf- tragten der EHS Manfred Reich und der Referentin für die EHS-Senioren in der Stabsstelle Theologie & Ethik Ute Catrin Bührer.

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Gemeinsam mit dem Landesmedienzentrum bietet die EHS für ihre Senioren PC-Kurse an

Warum ist es so wichtig, mit Ehemaligen in Verbindung zu bleiben – für das Unter-nehmen aber auch die Seniorinnen und Senioren?

Reich: Für die Seniorinnen und Senioren ist es eine Herausforderung der allgemeinen Trägheit im Alter entgegenzutreten. Denn das ist für viele eine Falle: Schon allein das Wort Ruhestand, benutze ich eher zögerlich, weil es nicht vorder-gründig ums Ruhen geht. „Ruhen“ ist der Anfang vom Ende und beschleunigt den körperlichen und hirnorganischen Abbauprozess. Man braucht eine Alltagsstruktur und muss diese individuell pfle-gen – am Besten in Gemeinschaft mit anderen Menschen.

Als Beauftragter für ehemalige Mitarbeitende, bin ich der Geschäftsführung sehr dankbar, dass sie uns Ressourcen in der Zentrale zur Verfügung stellt, finanzielle Mittel und auch Frau Bührer als Koordinatorin.

Bührer: Wenn Menschen gesund sind, haben Sie nach Eintritt in den Ruhestand heute noch viele Jahre vor sich. Einen großen Raum, den sie in aller Freiheit gestalten können. Wir neigen dazu, und da erschrecke ich immer wieder, Alter mit Für-sorgebedarf gleichzusetzen. Viele gehen auf ihren Ruhestand zu, ohne sich innerlich wirklich damit zu befassen; ein Engagement kommt dann eher spontan oder zufällig zustande. Die EHS beugt da vor und bietet vorbereitend die jährliche Ver-anstaltung „Ruhestand, na und?“ an. Hier kön-nen angehende Ruheständler ihre Vorstellungen einbringen. Außerdem fragen wir am Ende des Berufslebens ab, was hat Ihnen gefallen, wie können wir uns verbessern, möchten Sie Kontakt

halten zur EHS? Wenn gewünscht, wird der Kon-takt gepflegt und gehalten. Und es ist bei Bedarf möglich auf ehemalige Fachkräfte und Engagierte zurückzugreifen. Gerade jetzt in der Coronakrise ist das durchaus von Bedeutung.

In dem Zusammenhang: Inwieweit ist für die EHS-Senioren dann auch ein Engage-ment in ihren früheren Einrichtungen im Ruhestande ein Thema?

Reich: Wir erwarten das natürlich nicht, aber im eigenen Interesse eines jeden Einzelnen ist es wichtig, Aufgabenstrukturen im Alltag und Ver-antwortung in der nachberuflichen Zeit weiter wahrzunehmen. Denn jeder Mensch, egal wie alt er ist, und ganz besonders, wenn er älter ist, braucht Perspektiven für sich und andere. Und die EHS bietet das mit der „Ehemaligen-Konzeption“ in einer einzigartigen Weise. Das ist ein gewaltiges Potenzial, das auch ideell nach innen und außen wirkt. Nach innen, um zu zeigen, das tut die EHS für Mitarbeitende, die noch weiter dabei sein möchten und nach außen mit der Botschaft: Die ehemaligen Mitarbeitenden sind von der EHS nicht vergessen. Sie erhalten Ansprache sowie diverse Angebote der Bildung und Selbstakti-vierung.

Bührer: Als die Seniorenarbeit eingeleitet wurde, war das in erster Linie als Frage der Unterneh-menskultur gedacht: Wenn Mitarbeitende in den Ruhestand gehen, sind sie eingeladen, Kontakt zu halten. Und aus dieser Grundidee heraus entstand vereinzelt auch ein weiterführender Einsatz von Fachkräften im Ruhestand. Im Grunde ist es ein Gewinn für beide Seiten. > > >

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9.000 Mitarbeitende an über 140 Standor-ten – das ist ja eine besondere Herausfor-derung. Viele Ehemalige kennen sich vermutlich gar nicht…

Reich: Genau deshalb sind die angesprochenen Vernetzungstreffen so wichtig und hilfreich. Ein kleinerer Kreis Ehemaliger kennt sich bereits, aber darüber hinaus ist die wachsende heimstiftungs-weite Vernetzung eine Vision, die wir von Anfang an pflegen und kommunizieren.

Bührer: Ein lang gehegter Wunsch der EHS-Seniorinnen und Senioren ist aus diesem Grund auch die bereits erwähnte Online-Plattform. Das braucht es, damit sie sich überregional und unkompliziert vernetzen können.

Reich: Hier auch mein Appell: Wir brauchen natürlich Leute, die eine solche Internet-Plattform pflegen und betreuen. In der jetzigen Konstella-tion unserer Arbeitsgruppe sehen wir uns dazu nicht in der Lage. Da benötigen wir Unterstützung – und freuen uns über jeden und jede, der sich bei den EHS-Seniorinnen und Senioren engagieren möchte. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an Edeltraud Bultmann (edeltraud.bultmann@ arcor.de).

> > > Manfred Reich

Manfred Reich leitete 20 Jahre das Pflegezentrum Wolfgangstift in Crailsheim. Seit 13 Jahren ist er im (Un)Ruhestand und im Vorstand des Kreisseniorenrates Schwäbisch Hall sowie im Stadtseniorenrat Crailsheim tätig, leitet mehrere Seniorengruppen und ist als Seniorenbeauftragter der Leiter des Arbeitskreises EHS-Senio-ren. Er lebt ganz bewusst den ganz-heitlichen Ansatz aus der Pflege „Alles was uns fordert, das fördert uns auch nach Leib, Seele und Geist“.

Ute Catrin Bührer

Ute Catrin Bührer arbeitet seit 2016 als Referentin für die EHS-Senioren und für das freiwillige Engagement in der Stabsstelle Theologie & Ethik. Das aktive Alter stellt für sie eine richtig spannende und heraus- fordernde Lebensphase dar – ein Lebensabschnitt, der bewusst gestal- tet sein will und (oft noch) viel zu wenig Beachtung findet.

Wir als Arbeitgeber

Bildungstage 2018

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Personalien – 2019/2020Personalien – Stabwechsel

Man verabschiedet nicht allzu häufig einen Geschäftsführer nach 30 Jahren treuem Dienst in den Ruhestand. Und wir tun es mit einem weinen-den Auge. Denn nicht nur die Evangelische Heim-stiftung verliert eine außergewöhnliche Führungs-persönlichkeit. Aber wir verabschieden Herrn Kirchhof auch mit einem lachenden Auge. Denn Sie, lieber Herr Kirchhof, haben sich den Ruhe-stand wahrlich verdient. Doch der Reihe nach.

„Wer fliegen lernen will, muss zuerst mit beiden Beinen auf dem Boden stehen.“

Friedrich Nietzsche dachte bei diesen Zeilen wohl nicht an Herrn Kirchhof. Wir aber, als wir sie gelesen haben. Denn in 30 Jahren EHS hat er beides gelernt: das sichere Stehen und das Fliegen. Was ihn ausmacht, ist die unschlagbare Kombina-tion aus seiner besonnenen Art, der hohen Fachlich-keit und seinem besonderen Humor. Dafür schätzen wir ihn sehr.

Nun, für die Evangelische Heimstiftung war die „Kirchhof-Ära“ sicherlich eine ganz bedeutende. Einige wenige der wichtigen Momente seien hier genannt: Eingestiegen ist Herr Kirchhof am 19. März 1990, als Direktionsassistent für den unterzeichnen-den Hauptgeschäftsführer, damals Herr Albrecht Teichmann. Im April 1993 wurde er zum Direkti-onsreferent und übernahm auch die Rechtsberatung für die Geschäftsführung. Seit Juli 1997 ist er Geschäftsführer, zunächst an der Seite von Herrn Wanning und in den letzten neuneinhalb Jahren an der Seite von Herrn Schneider als eingespieltes Duo.

Als strategisch wesentliche Schritte möchten wir folgende entscheidenden Beiträge von Herrn Kirch-hof erwähnen: die Regionalisierung, die Umwand-lung des Vereins „Evangelische Heimstiftung“ in eine GmbH und damit auch die Gründung des Aufsichtsrats sowie die Konsolidierung der Kon-

zernstruktur. Und auch den BSG-Gewinnzuschlag hat er gemeinsam mit Herrn Schneider erreicht. In seiner Zeit als Geschäftsführer wurde die Bad Sebastiansweiler GmbH mehrheitlich übernommen sowie die HDG, die Start GmbH und die PMG gegründet. Die Handlungsgrundsätze wurden ein-geführt und das Qualitätsmanagement, auch die Gründung der KMAV hat er begleitet. 34 Pflege-heime gab es in der EHS, als Herr Kirchhof begon-nen hat, jetzt sind es 86. Außerdem hat er unsere Mobilen Dienste mit aufgebaut, weiterentwickelt hin zur jetzigen Form, 30 Standorte in drei Regionen.

Die EHS ist mit ihm und er ist mit der EHS gewachsen – auch im sicher Stehen und Fliegen. Nun, wir bedanken uns im Namen des Aufsichts-rats und der Mitgliederversammlung aber auch im Namen aller Mitarbeitenden für die Treue, den großen Einsatz, für die Verbundenheit und Uner-müdlichkeit – herzlichen Dank.

Für den wohlverdienten Ruhestand wünschen wir Herrn Kirchhof von Herzen alles Gute, Gesund-heit und Gelassenheit. Die Jahreslosung für 1990, als er bei der Evangelischen Heimstiftung angefan-gen hat, war aus Johannes 8,12: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis“. In diesem Sinne: Möge das Licht Gottes ihn auch weiter auf seinem Weg begleiten und stets den Pfad nach Hause weisen.

Helmut Mäule und Martin Luscher

Drei Jahrzehnte.–

Alles außer gewöhnlich

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Ein Jahrzehnt, ein Team.

–Gefragt

Auf 9,5 Jahre als Führungsteam zurück-zusehen ist gar nicht so einfach. Was waren Ihre persönlichen Meilensteine in diesen Jahren?

Schneider: Da gibt es so viele davon, dass das ganze Heft nicht ausreichen würde alle aufzuzäh-len. Aber die Zentralisierung und der Neubau unserer Zentrale sowie der Innovationsschub und die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, z.B. durch den Gewinnaufschlag, sind sicher herausragend.

Kirchhof: Neben dem Bau unseres Antonie-Kraut-Hauses möchte ich die Entwicklung neuer Produkte (z. B. WohnenPLUS) und die Neustruk-turierung unserer Tochtergesellschaften nennen. Das Wunderbare ist: alle „persönlichen“ Meilen-steine sind in Team-Arbeit entstanden!– Was sind die Erfolgsfaktoren des Teams Schneider / Kirchhof?

Schneider: Völlige Transparenz, unbedingte Loyalität und vorbehaltlose gegenseitige Unter-stützung. Außerdem lässt mich Herr Kirchhof machen und haut mich raus, wenn es mal schief geht.

Kirchhof: Vertrauen und Fachlichkeit. Wir stimmen uns zu allen wesentlichen Themen ab und vertreten nach außen eine Meinung; und wir wissen um unsere individuellen Stärken und nutzen diese aktiv. Mein Kollege kann z. B. viel besser frech sein als ich.–Was war in den Jahren die beste Entschei-dung von Herrn Kirchhof?

Schneider: Herrn Kirchhofs beste Entscheidung war unserer EHS treu zu bleiben und mit mir ab und zu ein Bierchen zu trinken.

Was war in den Jahren die beste Entschei-dung von Herrn Schneider?

Kirchhof: Herrn Schneiders beste Entscheidung war eindeutig, Hauptgeschäftsführer der EHS zu werden. Und ein paar alkoholfreie Bierchen trin-ken wir sicher noch mit Blick auf unser Antonie-Kraut-Haus.–

Ein Rückblick mit Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider und Geschäftsführer Ralf-Rüdiger Kirchhof.

Mal locker, mal dienstlich – Herr Kirchhof und Herr Schneider

Personalien – Stabwechsel

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Was war Ihre größte gemeinsame Heraus-forderung? Wie haben Sie diese gemeistert?

Schneider: Das war ganz zu Beginn unserer Zusammenarbeit: wir haben den Diakonietarif in allen Einrichtungen eingeführt und in dessen Folge haben sich die Personalkosten deutlich erhöht. Um die Wirtschaftlichkeit des Unterneh-mens nachhaltig sicherzustellen, mussten wir u.a. mit einer aktiven Pflegesatzstrategie kräftig gegen-steuern. Wir sind in der Geschäftsführung immer ein starkes Team gewesen, das zu jedem Zeitpunkt von vielen Kolleginnen und Kollegen hervorra-gend unterstützt wird. Deshalb bin ich überzeugt: jede Herausforderung können wir gemeinsam bestehen.

Kirchhof: Zur Zeit befassen wir uns ja mit einer echten Herausforderung und schlagen uns, so denke ich, ganz gut.–An welche Situation erinnern Sie sich, in der Sie in den gemeinsamen Jahren in der Geschäftsführung besonders herzlich miteinander gelacht haben?

Schneider: Vom Aprilscherz bis zur Anekdote und zur trockenen Erwiderung – das ist Herrn Kirchhofs Metier – Fragen Sie ihn…

Kirchhof: Wir haben viel gelacht – gerade auch bei intensiver Arbeit. Ich finde besonders die Situationskomik sehr schön, die sich in Diskussi-onen ergibt. Zwei Beispiele aus meiner Zitaten-sammlung:Herr Schneider: So kompliziert muss man nicht denken. Ich: Das kann ich aber gut.

oderHerr Schneider: Wer hat dafür gesorgt, dass der Rasenmäher genau dann läuft, wenn ich rede? Herr Oldendorf: Das hat 20 Euro gekostet.

Schneider: …und habe ich zu viel versprochen…– Herr Schneider: 30 Jahre Herr Kirchhof bei der EHS in einem Satz:

Schneider: In der Ruhe liegt die Kraft.

Herr Kirchhof, Ihre 30 Jahre bei der EHS in einem Satz:

Kirchhof: Ich durfte viel lernen, hatte interes-sante Aufgaben, die ich in einem wunderbaren Team bearbeiten durfte und konnte unsere EHS auf die dreifache Größe von 1990 wachsen sehen.–Herr Schneider, wie stellen Sie sich einen Tag von Herrn Kirchhof im Ruhestand vor?

Schneider: Morgens an die Heimstiftung denken, mittags kochen, nachmittags lesen, fotografieren, Rad fahren oder fliegen und am Abend an die Heimstiftung denken…

Herr Kirchhof, wie stellen Sie sich einen Tag im Ruhestand vor?

Kirchhof: Sicher sehr unterschiedlich! Es gibt einige kleine Projekte – z. B. endlich mal richtig niederländisch lernen. Und dann sind da noch viele ungelesene Bücher, nicht erprobte Kochre-zepte und ein Fahrrad. Wenn das Wetter passt, darf ich fliegen, und vielleicht darf man ja auch wieder reisen.– Wie sagt man „Tschüss“?

Schneider: Danke – Ade, es bleibt ein großes Stück von Ihnen zurück.

Kirchhof: Mit einem Blick zurück in Dankbar-keit und auf Niederländisch „tot ziens“.

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„ Ich habe erfahren, welches Verständnis für Pflege und Betreuung bei der EHS gelebt wird. Das entspricht genau meinen Vorstellungen.“

Personalien – Stabwechsel

Vorstellung.–

„Ich möchte nie den Bezug zur Basis verlieren“

„Hilft es unseren Mitarbeitenden und Kunden? Das ist die Frage, die für mich bei allen Entschei-dungen an erster Stelle steht“, beschreibt Elke Eckardt den Anspruch an ihre Arbeit. Als Proku-ristin für Organisation und Prozesse, aber auch für ihre zukünftige Aufgabe als Geschäftsführerin in der Nachfolge von Ralf-Rüdiger Kirchhof. „Beson-ders geprägt und zur Altenpflege gebracht haben mich meine eigenen Großeltern, ich verbinde damit ein ganz persönliches Anliegen.“ Mit einem früh dementiell erkrankten Großvater und einer in spä-teren Jahren schwer kranken Großmutter zusam-menzuleben, hat ihre Passion für die Altenpflege begründet. „Ich habe erfahren und miterlebt was Pflegebedürftigkeit mit Menschen macht, welche Herausforderung es ist, den Alltag zu bewältigen und gleichzeitig lebenswert zu gestalten. Das ist bis heute mein Anspruch.“ Schon vor dem Studium der Theologie und der Betriebswirtschaftslehre absolvierte Eckardt ein soziales Jahr in einer Pfle-geeinrichtung für Holocaust-Überlebende in Israel. Während des Studiums arbeitet sie weiterhin zehn Jahre in einem Pflegeheim in verschiedenen Tätig-keiten bis hin zur Assistenz der Heimleitung. Auch nach dem Studienabschluss folgte der Berufsein-stieg in die Pflege – bei einem privaten Träger bestand die Aufgabe darin, die Umnutzung einer Klinik als Pflegeheim vorzubereiten.

1999 wechselte Elke Eckardt als betriebswirt-schaftliche Unternehmensberaterin zur ABG, der Tochtergesellschaft der EHS. „Das war eine ganz wichtige Zeit für mich, denn ich habe zum einen die Einrichtungen der EHS sehr intensiv kennen-gelernt, war aber auch deutschlandweit in der Beratung von Pflegeeinrichtungen tätig und konnte so über den Tellerrand sehen.“ Als besonders prägend für die vielen Jahre bei der EHS beschreibt sie ihre ersten sechs Wochen im Unternehmen: „Meine Einarbeitung hat im Sonnenhof in Lan-genau stattgefunden und das hatte eine entschei-dende Bedeutung für mein weiteres Berufsleben. Denn dort habe ich erfahren, welches Verständnis für Pflege und Betreuung bei der EHS gelebt wird und dass das genau meinen Vorstellungen ent-spricht.“ 2002 übernahm Eckardt die Leitung der Revision für die folgenden zehn Jahre. „Meine Aufgabe war es, gemeinsam mit meinem Team, das interne Prüfsystem der EHS weiterzuent-wickeln. Besonders hinsichtlich der Frage: Wie können wir das Ergebnis der Pflegequalität, über die Zahlen hinaus, prüfen? Einmal jährlich haben wir jede Einrichtung besucht und waren bis zu einer Woche vor Ort, um auch wirklich mitzube-kommen, was Mitarbeitende sowie Bewohnerin-nen und Bewohner beschäftigt. So sind über die Jahre viele Beziehungen entstanden und das schätze ich sehr.“ Neben der Leitung der Revision war Eckardt außerdem als Dozentin beim Diako-nischen Institut sowie auch in der internen Wei-terbildung tätig. 2011 übernahm sie die Funktion der Prokuristin für Organisation und Prozesse. „Wir bezeichnen ihn manchmal scherzhaft als Bereich ‚Sonstiges‘, weil viele Themen zusammen-kommen. Von IT über Pflege bis hin zu Leistungs-abrechnung und Qualitätsmanagement.“ Alle Bereiche haben aber eines gemeinsam: Sie sind für die organisatorischen Abläufe der Pflege relevant

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und ermöglichen damit gute Pflege vor Ort. In Elke Eckardts Aufgabenfeld fiel in dieser Zeit außerdem die organisatorische Verantwortung für das Stephanuswerk in Isny, die Rehabilitationskli-nik in Bad Sebastiansweiler sowie die Geschäfts-führung der Start GmbH, einem Integrationsbe-trieb für Langzeitarbeitslose.

Ab August wird Elke Eckardt nun in der Geschäftsführung auf Ralf-Rüdiger Kirchhof folgen. Seit über 20 Jahren kennt und gestaltet sie das Unternehmen schon in unterschiedlichen Funktionen mit. „Die EHS ist ein großes und vielfältiges Unternehmen. Die Qualität der Pflege innerhalb der EHS entspricht noch immer meinen Vorstellungen und zur richtigen Zeit haben sich für mich immer spannende neue Aufgaben erge-ben, deshalb bin ich sehr gerne geblieben. Mein größtes Anliegen hat sich auch in 20 Jahren und in verschiedenen Positionen nicht verändert: Ich möchte Pflege und Betreuung weiterentwickeln, immer mit Blick auf die Bedürfnisse der Menschen und so gute Pflege auch in Zukunft sicherstellen.“ Ganz egal um welches strategische oder konzep-

tionelle Thema es sich handelt, angefangen bei Palliative Care, bis hin zu unserer Küchenstrategie: Oberste Priorität muss immer sein, Konzepte so umzusetzen, dass der Mehrwert bei jeder einzel-nen Bewohnerin und jedem einzelnen Bewohner ankommt. „Nur dann können wir auch sagen: dafür stehen wir als gesamte EHS. Es geht also nicht in erster Linie um formale Veränderungen und Entwicklungen, sondern darum, diese für die Bewohnerinnen und Bewohner spürbar zu gestalten.“

Dieser Bezug zur Pflege und Betreuung vor Ort ist Elke Eckardt ganz besonders wichtig. „Schon in meiner jetzigen Aufgabe als Prokuristin ver-misse ich den unmittelbaren Kontakt zu den Mitarbeitenden vor Ort. Diese Verbindung zur Basis nicht zu verlieren, obwohl man in der Geschäftsführung nicht mehr alle Details im Blick haben kann, das ist die Herausforderung, der ich mich stelle. Denn es ist natürlich unsere Aufgabe strategische Entscheidungen zu treffen und eine unternehmerische Perspektive einzunehmen. Im Umgang damit ist mir auch mein Vorgänger Ralf-Rüdiger Kirchhof ein großes Vorbild: Er schafft es stets auch emotionale Fragestellungen vorrangig fachlich und analytisch zu betrachten und so gute Entscheidungen zu treffen, dabei aber nie die Menschen aus dem Blick zu verlieren.“ Ihr ganz persönlicher Anspruch als Geschäftsführerin: „Offen für Veränderungen zu bleiben, die EHS als Impulsgeber zu sehen, aber auch von anderen zu lernen, das halte ich für sehr wichtig. In den Dis-kurs gehen mit den Führungskräften, den Mit-arbeitenden und insbesondere den jetzigen aber auch zukünftigen Kunden, das bringt uns voran und lässt uns gute Pflege auch in Zukunft leben.“

„ Ich möchte Pflege und Betreuung weiterentwickeln, immer mit Blick auf die Bedürfnisse der Menschen und so gute Pflege auch in Zukunft sicherstellen.“

Elke Eckardt, zukünftige Geschäftsführerin der EHS

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Gute Pflege.

Und jeden Tag gehen Sie aufs Neue an Ihre Arbeit und sind

für die Menschen da. Was Sie leisten, ist gewaltig,

und ich danke Ihnen von ganzem Herzen dafür.

–Angela Merkel

Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland