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16 2 Herausforderungen für den Personalbereich 2 Herausforderungen für den Personalbereich 2.1 Der Personalbereich als Business-Partner Die Personalabteilungen in den Unternehmen müssen in verschie- denen Phasen der Unternehmensentwicklung ganz unterschiedli- che Herausforderungen bewältigen. So kommt es in einer Phase des Wachstums darauf an, die richtigen Mitarbeiter in ausreichender Zahl schnell rekrutieren zu können, bei Unternehmensübernah- men steht die Integration der Mitarbeiter sowie die kulturelle Inte- gration im Mittelpunkt. In einer Phase des wirtschaftlichen Abschwungs leistet die Personalorganisation einen hohen Wertbei- trag, indem sie die geschaffenen Flexibilitätsreserven aktiviert und auf diese Weise die Stammbelegschaft schützt. Beispiele für eine Flexibilitätsreserve sind unter anderem das Element der Zeitarbeit, Kurzarbeitergeld, flexible Arbeitszeitkonten oder die Verlagerung von Aufgaben an externe Dienstleister. Ob der Personalbereich dabei als Business-Partner angesehen wird, der in hohem Maße aktiv die Veränderungen mitgestaltet oder ob er als Verwalter der Entscheidungen der Unternehmensführung angesehen wird, hat er dabei zu einem großen Teil selbst in der Hand. (Das zeigt auch Kapitel 3, in welchem der Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung des Personalbereiches als Business- Partner aus der Management-Perspektive und dem Anteil externer Dienstleistungen anhand einer Fremdwahrnehmungsanalyse dar- gestellt wird.) Wichtige Kriterien, die eine HR-Organisation als strategischen Partner oder Business-Partner ausmachen, betreffen die HR-Stra- tegie, die HR-Organisation sowie die Effizienz der Prozesse. HR als strategischer Partner In der Literatur existiert der Begriff des Personalverantwortlichen als Strategic Partner schon lange: Er wurde stark von Dave Ulrich geprägt und bereits seit Ende der 1990er Jahre diskutiert. Auch andere Begriffe wie Business-Partner beschäftigen sich mit der

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2 Herausforderungen für den Personalbereich

2 Herausforderungen für den Personalbereich

2.1 Der Personalbereich als Business-Partner

Die Personalabteilungen in den Unternehmen müssen in verschie-denen Phasen der Unternehmensentwicklung ganz unterschiedli-che Herausforderungen bewältigen. So kommt es in einer Phase desWachstums darauf an, die richtigen Mitarbeiter in ausreichenderZahl schnell rekrutieren zu können, bei Unternehmensübernah-men steht die Integration der Mitarbeiter sowie die kulturelle Inte-gration im Mittelpunkt. In einer Phase des wirtschaftlichenAbschwungs leistet die Personalorganisation einen hohen Wertbei-trag, indem sie die geschaffenen Flexibilitätsreserven aktiviert undauf diese Weise die Stammbelegschaft schützt. Beispiele für eineFlexibilitätsreserve sind unter anderem das Element der Zeitarbeit,Kurzarbeitergeld, flexible Arbeitszeitkonten oder die Verlagerungvon Aufgaben an externe Dienstleister.

Ob der Personalbereich dabei als Business-Partner angesehen wird,der in hohem Maße aktiv die Veränderungen mitgestaltet oder ober als Verwalter der Entscheidungen der Unternehmensführungangesehen wird, hat er dabei zu einem großen Teil selbst in derHand. (Das zeigt auch Kapitel 3, in welchem der Zusammenhangzwischen der Wahrnehmung des Personalbereiches als Business-Partner aus der Management-Perspektive und dem Anteil externerDienstleistungen anhand einer Fremdwahrnehmungsanalyse dar-gestellt wird.)

Wichtige Kriterien, die eine HR-Organisation als strategischenPartner oder Business-Partner ausmachen, betreffen die HR-Stra-tegie, die HR-Organisation sowie die Effizienz der Prozesse.

HR als strategischer Partner

In der Literatur existiert der Begriff des Personalverantwortlichenals Strategic Partner schon lange: Er wurde stark von Dave Ulrichgeprägt und bereits seit Ende der 1990er Jahre diskutiert. Auchandere Begriffe wie Business-Partner beschäftigen sich mit der

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Frage, in welchem Maße die Personalverantwortlichen in denUnternehmen die geschäftliche Entwicklung des Unternehmensaktiv prägen, an strategischen Entscheidungen beteiligt sind undauf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung beziehungsweise demVorstand agieren.

Die Definition des amerikanischen Forschers Lawler beschreibtdie Rolle der Personalabteilung als Strategic Partner beispiels-weise in der Form, dass das Personalwesen an der Formulierungder Unternehmensstrategie beteiligt ist und auf dieser Basis diePersonalstrategie sowie deren Umsetzung an die Unternehmens-strategie anpasst.

Wesentliche Kriterien für die Eigenschaft des Personalbereichs alsstrategischer Partner sind unter anderem:

� eine hohe Dienstleistungs- und Kundenorientierung,

� ein hoher Anteil konzeptioneller und strategischer Personal-aufgaben,

� Umsetzung einer Personalstrategie, welche die geschäftlichenZiele des Unternehmens unterstützt,

� Aufbau einer effizienten HR-Organisation.

HR-Strategie

Ob ein Personalbereich als Business-Partner wahrgenommenwird, hängt in hohem Maße davon ab, wie umfassend unddurchgängig die Personalstrategie gestaltet ist (HR-Strategie),wie nachhaltig die Personalverantwortlichen diese umsetzen undwie die Erfolge der Maßnahmen intern vermarktet werden. Auchwenn eine Personalstrategie viele verschiedene Dimensionen vonder Mitarbeiterrekrutierung bis zur Führungskräfteentwicklungenthält, lassen sich vier Lebenszyklus-Phasen im Unternehmenidentifizieren, die innerhalb der Strategiedimensionen zu einerunterschiedlichen Gewichtung des Bedarfs führen. Phasen derUnternehmensentwicklung und Prioritäten für die Personalorga-nisation (siehe auch Kapitel 4) sind:

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� Starkes Wachstum: Mitarbeiterrekrutierung in großer Zahl

� Wachstum in Experten-Funktionen: Hohe Qualifizierungs- undProfilierungsanforderungen

� Übernahmen von Unternehmen oder Unternehmensteilen:Mitarbeiter-Integration und Unternehmenskultur

� Restrukturierung/Mitarbeiterabbau: Interne Job-Dreh-scheibe, Outplacement-Beratung und Transfer

Wie in anderen Bereichsstrategien spielt inzwischen die Eigenleis-tungsquote auch in der Personalstrategie eine wachsende Rolle.Denn die spezifischen Anforderungen, die in den genanntenUnternehmensentwicklungsphasen an den Personalbereichgestellt werden, erfordern eine Skalierbarkeit der Leistungen, dieaus eigener Kraft kaum bewältigt werden kann. Gleichzeitig giltes, die Personalverwaltungskosten zu reduzieren.

Hier spielen auf HR-Prozesse spezialisierte Dienstleister ihregroße Stärke aus, da sie in Bezug auf die Skalierbarkeit deutlichmehr Ressourcenflexibilität aufweisen und ihren Kunden damiteine hohe Flexibilität ermöglichen, die in der eigenen Organisa-tion nur bedingt realisierbar wäre.

Wie wichtig eine Flexibilitätsreserve für die Unternehmen ist, hatdie Finanz- und Wirtschaftskrise in 2008 und 2009 deutlichgezeigt.

HR-Organisation

In den vier Phasen der Unternehmensentwicklung »StarkesWachstum«, »Wachstum in Experten-Funktionen«, »Übernah-men von Unternehmen oder Unternehmensteilen« sowie »Mitar-beiterabbau« kommt der Personalorganisation (HR-Organisa-tion) als Umsetzungsorgan der Personalstrategie eine zentraleBedeutung zu. Hier gilt es, in der Balance zwischen Eigenleistungund externen Dienstleistungen den für das eigene Unternehmenrichtigen Mix zu finden und kontinuierlich weiter zu entwickeln.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen will einen neuen Standort inDeutschland aufbauen. Die Personalorganisation hat mit derRekrutierung einen externen Partner beauftragt, der das Bewer-bermanagement abwickelt, weil die internen Ressourcen mit der

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BPO-Fähigkeit entwickeln

Da für die zunehmenden Aufgaben in den meisten Fällen keinezusätzlichen Mitarbeiter für den Personalbereich eingestellt werdenkönnen, gehen die Zusatzaufgaben in der Praxis oft zu Lasten derstrategischen Personalarbeit bei den Personalverantwortlichen undden Personalreferenten. In Folge dieser hohen Belastungen mitadministrativen Aufgaben gerät das Handeln immer mehr zurReaktion, obwohl sich die Verwaltungsaufgaben mit einem guten

hohen Zahl der zu bearbeitenden Bewerbungen in dem gegebe-nen Zeitraum bis zum Anlauf der Produktion überfordert wären.

Ohne diesen externen Partner bestünde die Gefahr, dass der Per-sonalbereich aufgrund der personellen Überlastung in derWachstumsphase zu einer Wachstumsbremse wird.

Für die Personalverantwortlichen kommt es daher darauf an, zuanalysieren:

� Welche Aufgaben in der Personalarbeit sind besonders wert-schöpfend für das Unternehmen?

� Welche Leistungen sollten nur intern erbracht werden?

� Welche Leistungen können zeitweise (Projektgeschäft) oderdauerhaft (Managed Service, HR Business ProcessOutsourcing) durch externe Dienstleister schneller und skalier-barer bei mindestens gleicher Qualität erbracht werden?

Für die HR-Organisation bedeutet eine Reduzierung der eigenenLeistungstiefe die Notwendigkeit, zusätzliche Steuerungskompe-tenz aufzubauen. Denn anders als in einer hierarchisch orientier-ten und durch Mitarbeiterführung geprägten Organisationkommt es bei der Steuerung von externen Dienstleistern stärkerauf Kompetenzen wie Berichtsanalyse, SLA-Management undVertragsverhandlungen an.

In der Praxis zeigt sich, dass Unternehmen, die sich im Rahmenihrer Personalstrategie aktiv mit dem Thema Business ProcessOutsourcing auseinander setzen, viele der Kriterien erfüllen, diean einen Business-Partner gerichtet werden.

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Reportingmechanismus auch mit deutlich reduziertem zeitlichenAufwand steuern lassen.

Abb. 1: Entwicklung der Zeitbudgets für strategische Personal-aufgaben

Für die strategischen Personalaufgaben mit hoher Wertschöpfungfür den Unternehmenserfolg bleibt in vielen Unternehmen zuwenig Zeit.

Ein Personalverantwortlicher, der sich als Business-Partner defi-niert, wird in dieser Situation ein klares Ziel formulieren: Entlas-tung schaffen von den Verwaltungstätigkeiten und Freiraumgewinnen für die strategischen Aufgaben durch Auslagerung vonTeilen der Personaladministration sowie der Lohn- und Gehaltsab-rechnung an einen externen Dienstleister. Werden beispielsweisevier oder fünf Personalsachbearbeiter durch den Dienstleister über-nommen, kann durch die Einsparung beim BPO fast kostenneutraleine Stelle für einen Personalreferenten geschaffen werden. DerUnterschied für das Unternehmen ist substanziell. Denn es sindgerade die strategischen Aufgaben, die einen hohen Wertbeitrag fürden Unternehmenserfolg leisten.

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Ein Praxisbeispiel:

Bei einem Unternehmen gehen in Folge der Finanz- und Wirt-schaftskrise die Aufträge zurück. Ab diesem Zeitpunkt müssen vieleAufgaben parallel bearbeitet werden. Viele Unternehmen haben indieser Situation mit einem Bündel von Maßnahmen reagiert:

� Reduzierung der Produktion

� Abbau von Überstunden

� Beantragung von Kurzarbeitergeld

� Freistellung der Zeitarbeitskräfte

Die Frage, wie schnell ein Unternehmen die geeigneten Maßnah-men umsetzen kann, hängt dabei unter anderem davon ab, obbereits Erfahrungswerte bzgl. Themen wie »Beantragung von Kurz-arbeitergeld« im Hause vorhanden sind. Ist das nicht der Fall, müs-sen zunächst die gesetzlichen Anforderungen und Formalitätenanalysiert werden, damit der Antrag auch erfolgreich gestellt wer-den kann. In einem solchen Fall kann die Zusammenarbeit miteinem HR-BPO-Partner bei der Umsetzung wichtige Zeit einspa-ren helfen, denn der HR-BPO-Partner sollte über entsprechendeKompetenzen im Hause verfügen, so dass die Beantragung ohneVerzögerung durchgeführt werden kann. Diese gewonnene Zeitkönnen die Personalverantwortlichen für die Kommunikation mitder Geschäftsführung sowie den betroffenen Mitarbeitern nutzen,und damit das Vertrauen und die Motivation der Belegschaft aufeinem höheren Niveau stabilisieren.

Aber auch in Zeiten des Unternehmenswachstums gewinnt derPersonalbereich durch Verlagerung von VerwaltungsprozessenFreiraum für die strategischen Aufgaben. Beispiel Personalbeschaf-fung: Angesichts des strukturellen Fach- und Führungskräfteman-gels in Deutschland ist die Rekrutierung zu einem Dauerthemageworden. Zukünftig dürfte die Rekrutierung von Nachwuchs- undFührungskräften, genau wie die Entwicklung und Bindung dieserLeistungsträger, jedoch noch stärker in den Fokus der Unterneh-mens- und Standortstrategien rücken. Dass sich die Rekrutierungs-

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6 Best Practices für die Steuerung externer HR-BPO-Dienstleister

6 Best Practices für die Steuerung externer HR-BPO-Dienstleister

6.1 Service Level Agreements: Vertragsbestandteileund Steuerungsinstrumente

Bei den Vertragsverhandlungen des HR-BPO-Auftrags geht esdarum, welche Aufgaben an den externen Dienstleister übergebenwerden. In dieser Phase wird also über die Frage entschieden, »was«Bestandteil des Outsourcing-Vertrages wird. Danach werden dieProzesse definiert und auf den Software-Systemen abgebildet.Damit ist die technische Infrastruktur für die Leistungserbringungdefiniert.

In den Service Level Agreements wird anschließend festgelegt, wiedie Leistungen durch den Dienstleister erbracht werden und welcheQualitätsmerkmale die Leistungen aufweisen müssen. Die ServiceLevel Agreements gehören zum BPO-Vertrag und enthalten bei-spielsweise die Vereinbarungen über Fehlerquoten, einzuhaltendeAntwort- und Bearbeitungszeiten, zeitliche Erreichbarkeit derAnsprechpartner oder die Pflichten des Auftraggebers im Rahmender Zusammenarbeit wie rechtzeitige Kommunikation von wichti-gen Änderungen, um die Zahl der Rückrechnungen zu reduzieren.

Die Basis für die Service Level Agreements bilden Kennzahlen (KeyPerformance Indicator, KPI), die der BPO-Dienstleister im operati-ven Betrieb überwacht. Beispiele für diese Kennzahlen sind Fehlerin Abrechnungen, erforderliche Rückrechnungen, Zahl der Callsim User Helpdesk etc. Teilweise erfolgt die Überwachung automa-tisiert aus den Systemen heraus, teilweise werden die Kennzahlenfür das Reporting aus verschiedenen Quellen konsolidiert und auf-bereitet.

Damit das Reporting für den Dienstleister keinen hohen manuellenArbeitsaufwand bedeutet, werden viele Kennzahlen aus den opera-tiven Service-Systemen automatisch extrahiert: so werden die Bear-beitungszeiten von Service Ticket im User Support genauso auto-matisch ausgewertet wie die zugehörigen Kategorien von Fehlern

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oder Anfragen. Der Auftraggeber profitiert dadurch, dass er übereinen längeren Zeitraum Entwicklungen transparent nachverfolgenkann. Auf diese Weise lassen sich auch gemeinsame Service-Zieledefinieren, die nachhaltig umgesetzt werden. Solche Ziele, wie dieSteigerung der Service-Qualität, werden häufig im Rahmen derPersonalstrategie des Unternehmens definiert und können auch inder Zusammenarbeit mit dem externen Dienstleister umgesetztwerden.

Verhandlung der Service Level Agreements

Die Verhandlung der Service Level Agreements findet in zwei Pha-sen statt. Vereinfacht lässt sich sagen: Die »was«-Fragen werden vorder Vertragsunterzeichnung verhandelt. Die »wie«-Fragen werdennach der Vertragsunterzeichnung verhandelt.

Zusammen mit dem Vertragswerk beschreiben die Service LevelAgreements alle wichtigen Themen der Zusammenarbeit.

Vor der Vertragsunterschrift wird üblicherweise verhandelt:

� Umfang der übertragenen Aufgaben und Definition, wie dieseAufgaben erbracht werden (Leistungs-Scheine, Begriffsdefini-tionen)

� Qualitätskriterien für die Leistungserbringung (Reaktions- undBearbeitungszeiten etc.)

� Vertragsstrafen und gegebenenfalls Boni bei Übererfüllung vonProzessverbesserungen oder anderen Einsparungen

� Vertragsdauer und Modalitäten für einen Anbieterwechsel undSonderkündigungen

� Technische Systeme und eingesetzte Software-Module

� Gegenseitige Mitwirkungspflichten

� Regelungen für das Einführungsprojekt

� Regelungen für den Mitarbeiterübergang nach § 613a BGB

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� Definitionen und Vereinbarungen zu Service Requests undChange Requests

� Service Level Agreements

Nach der Vertragsunterschrift werden die Fragen verhandelt, wiediese Aspekte umgesetzt werden:

� Prozessdefinitionen

� Abbildung der Prozesse in den Systemen

� Darstellung der Service-Prozesse

� Abrechnungsmodalitäten

� Rollendefinitionen

� etc.

Nicht selten umfasst ein BPO-Vertrag 100 DIN-A4-Seiten Text undmehr, wenn beispielsweise auch die Vorvereinbarungen Bestandteildes Vertragswerks werden.

Für die Verhandlungen hat sich bewährt, dass möglichst alle Inte-ressenträger und Projektbeteiligten in die Gespräche einbezogenwerden, um das persönliche Engagement zu fördern. Gerade in derPhase der Vorbereitung können ansonsten unklare Zukunftsper-spektiven und Ängste zu einer inneren Kündigung führen und daskann sich negativ auf die Projektsituation auswirken.

Insbesondere ist es dabei auch wichtig, diejenigen Verhandlungs-partner einzubeziehen, die auf Seiten des Auftraggeber-Unterneh-mens und des BPO-Dienstleisters die Vision des gemeinsamenBPO-Modells erarbeitet haben. Denn gerade in der Phase der Aus-arbeitung der Service Agreements müssen viele konkrete Fragen imKontext des gemeinsamen Bildes und Verständnisses beantwortetwerden. Da üblicherweise die Prozessanalysten und Service-Mana-ger erst kurz vor oder sogar nach der Vertragsunterzeichnung anden Verhandlungen teilnehmen, sind die Initiatoren des Projektesals Ansprechpartner und Vermittler besonders gefragt.

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Auswahl der KPIs und Inhalte der Service Level Agree-ments

Damit Service Level Agreements ihre Aufgabe als Steuerungsin-strument für die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber undDienstleister erfüllen können, müssen die Steuerungsgrößen (KeyPerformance Indicators) eindeutig definiert, leicht messbar, realis-tisch erfüllbar und sinnvoll gewählt sein. Denn wenn der Mehrwertdurch das »Mehr« an Transparenz wieder aufgezehrt wird durchüberbordende Reports und sinnlose Statistiken, hat das Auftragge-ber-Unternehmen wenig gewonnen.

In den Verträgen wird daher üblicherweise jeder KPI zunächstgenau beschrieben. Anschließend wird die Messgröße festgelegt,beispielsweise die Fehlerquote bei der Berechnung der Lohn- undGehaltsabrechnungen in Prozent. Zusätzlich wird ein erwartetesService Level sowie ein minimales Service Level definiert. BeiUnterschreiten des minimalen Service Levels werden Vertragsstra-fen fällig. Die Berechnungsgrundlage sowie die Höhe der Vertrags-strafen werden ebenfalls beschrieben. Anmerkungen zu Mitwir-kungspflichten und sonstige Erläuterungen ergänzen die Darstel-lung.

Bei der Auswahl der relevanten Steuerungsgrößen kommt es daraufan, diejenigen KPIs zu definieren, die einen hohen Einfluss auf dieLeistungsqualität und die Kosten für die Dienstleistung haben.Anhand der Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die über einenhohen Standardisierungsgrad verfügen, lassen sich wesentlicheKPIs gut darstellen.

Beispielhafte KPIs mit hohem Einfluss auf die wahrgenommeneQualität der Leistungen durch die Mitarbeiter des Auftraggeber-Unternehmens:

� Pünktliche Lieferung der Abrechnungsinformationen an dasAuftraggeber-Unternehmen

� Fehlerquote bei den Lohn- und Gehaltsabrechnungen

� Anzahl der Rückrechnungen

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� Pünktliche Lieferung der Lohn- und Gehaltsabrechnungen andie Mitarbeiter

� Reaktionszeiten

Beispielhafte KPIs mit hohem Einfluss auf die wahrgenommeneQualität der Leistungen durch die Personalorganisation des Auf-traggeber-Unternehmens:

� Fehlerquote gegenüber den Sozialversicherungs- und Finanzbe-hörden

� Pünktliche Lieferung von Reports an den Auftraggeber

� Qualität der gelieferten Reports

� Reaktionszeiten

Beispielhafte KPIs mit hohem Einfluss auf die Kosten der Leistun-gen für das Auftraggeber-Unternehmen:

� Zahl der Service-Anfragen von Mitarbeitern aufgrund von Feh-lern des Dienstleisters

� Zahl der beantworteten Service-Anfragen

� Zahl der erledigten Change Requests

� Verfügbarkeit von Systemen

� Servicezeiten

Darüber hinaus wird manchmal auch die Zufriedenheit der Mitar-beiter mit den Call-Center-Dienstleistungen des BPO-Partners inseparaten Befragungen gemessen.

6.2 Best Practices für Reporting und Abstimmungs-prozesse

Der Erfolg eines HR Business Process Outsourcings steht und fälltmit der Qualität der Zusammenarbeit zwischen dem Auftraggeberund dem Dienstleister. Eine gute und vertrauensvolle Kommunika-tion sollte daher das Ziel jedes Auftraggeber-Unternehmens und

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jedes Dienstleisters sein. Für die Zusammenarbeit bedeutet dies,dass die Sachbearbeiter auf Seiten des Auftraggebers sowie die Ser-vice-Experten des Dienstleisters gut miteinander harmonierenmüssen. Erfahrene Dienstleister besetzen die Schnittstellen dahermit großer Sorgfalt.

Abb. 32: Beispielhafte Darstellung eines SLA-Dokuments

Die Eindeutigkeit und Messbarkeit der KPIs ist besonders wichtig.

Zusätzlich zu der geeigneten Besetzung der Schnittstellen-Positio-nen kann die Kommunikation durch regelmäßige Abstimmungs-gespräche per Telefon sowie persönliche Treffen (Jour fixe) unter-stützt werden. Wichtig ist dabei, eine gute Balance zwischen derRegelmäßigkeit der Abstimmungsgespräche sowie der Qualität derTermine zu finden. Zu häufige Meetings bergen die Gefahr, dass dieTeilnehmer die Meetings als verschwendete Zeit wahrnehmen. Tau-schen sich Auftraggeber und Dienstleister in den verschiedenenHierarchieebenen zu selten aus, besteht die Gefahr der »Entfrem-dung« durch wahrgenommene Distanz. In einer solchen Situation

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werden dann oft wichtige Detailinformationen über bevorstehendeEntwicklungen nicht mehr oder zu spät weitergegeben. In der Folgekann es dann passieren, dass die Zahl der Rückrechnungen starkansteigt und die Zufriedenheit auf beiden Seiten schwindet. DerDienstleister muss nun vermeidbare Doppelarbeit leisten, der Auf-traggeber erkennt eine Verletzung vereinbarter Service Levels.

Organisatorisch sind in den BPO-Modellen häufig drei Service-Ebenen anzutreffen: der Steuerkreis (Steering Board oder SteeringCommitee), die Ebene der Projektleiter beim Auftraggeber-Unter-nehmen und der Service Manager als deren Pendant beim BPO-Dienstleister sowie die Ebene der Sachbearbeiter.

Kontinuität in der Kommunikation

Auf der operativen Ebene ist der Austausch am intensivsten. Dem-entsprechend sollte auf dieser Ebene auch der formale Austausch inregelmäßigen Meetings am häufigsten erfolgen. Je nach Stabilitätder Anforderungen sollten sich die Sachbearbeiter des Auftragge-ber-Unternehmens mit den Service-Mitarbeitern ein bis zwei Malpro Woche telefonisch austauschen, beispielsweise zu offenenÄnderungsanforderungen (Change Requests), anstehenden Beson-derheiten wie Bonuszahlungen, oder Fehlern, die es zu behebengilt.

Ein persönliches Kennenlernen der Ansprechpartner ist hilfreich.Weitere wichtige Einflussfaktoren für die Häufigkeit der Kommu-nikationsprozesse sind die Größe des Service-Volumens sowie dieStabilität der Anforderungen (Zahl der Eintritte und Austritte,Häufigkeit von Sonderregelungen, etc.).

Auf der Ebene der Projektleiter und Service Manager sollte zumin-dest ein monatliches Meeting stattfinden. In diesen Meetings soll-ten die monatlichen Reports besprochen und Ziele für die Ergeb-nisse in den kommenden Monaten vereinbart werden.

Der Steuerkreis sollte sich mit dem BPO-Partner ebenfalls regelmä-ßig austauschen. Als Zyklus hat sich dabei in der Praxis ein Meeting

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pro Quartal oder zumindest ein Meeting pro Halbjahr als tragfähigherauskristallisiert. Ob häufigere formale Treffen sinnvoll und not-wendig sind, hängt jedoch stark von der individuellen Ausgestal-tung der Zusammenarbeit und den aktuellen Entwicklungen ab.

Abb. 33: Abstimmungszyklen in der Zusammenarbeit

Der Austausch sollte auf der operativen Ebene am häufigstenstattfinden.

6.3 Steuerung der internen Prozesse

Genauso wichtig wie die Service Level Agreements für die Steue-rung des BPO-Partners sind, genauso kommt es darauf an, dieinternen Prozesse, Aufgaben und Rollen für die Personalorganisa-tion beim Auftraggeber-Unternehmen neu zu definieren und imRahmen von Zielvereinbarungssystemen kontinuierlich zu über-wachen und weiter zu entwickeln.

Ansonsten besteht die Gefahr, dass an der Schnittstelle zwischenAuftraggeber-Unternehmen und dem Dienstleister Mehrkostenentstehen, die sich bei wachsamer Steuerung der internen Prozessevermeiden ließen. Ein Beispiel: Service-Anfragen zur Lohn- undGehaltsabrechnung durch den Personalbereich des Auftraggebersgehören üblicherweise im Rahmen des BPO-Vertrages zum verein-

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8 Recruiment Process Outsorcing (RPO)

8 Recruitment Process Outsourcing (RPO):Strohfeuer oder neuer Trend? Ergebnisseeiner aktuellen empirischen Studie

Gastbeitrag von Stephan Fischer

Dr. Stephan Fischer ist ordentlicher Professor im HRCC (HumanResources Competence Center) an der Hochschule Pforzheim, Studi-endekan des dortigen MBA Studiengangs HRM&C, Lehrbeauftragteran der Universität Heidelberg sowie Aufsichtsrat der O&P ConsultAG in Heidelberg.

8.1 Zielsetzung und Beschreibung der Studie

Zielsetzung der empirischen Studie[8] war es, die aktuellen Ent-wicklungen im Bereich RPO in den letzten drei Jahren sowie diezukünftigen Trends in den nächsten drei Jahren in Deutschland,Österreich und der Schweiz für folgende zwei Bereiche zu erfassen:

1. Inhaltliche Trends zu einzelnen Themen des RPO

2. Markttrends und Wettbewerbssituation in den untersuchtenRegionen

Dabei wurde die Frage gestellt, ob sich Business ProcessOutsourcing (BPO) im HR-Bereich ausweitet und ob es die Rekru-tierung von Mitarbeitern, insbesondere die auf dem externenArbeitsmarkt, mit einschließt. Weiter wurde unterstellt, dass – ana-log zu Entwicklungen aus dem anglo-amerikanischen Raum – inDeutschland, Österreich und der Schweiz (zeitversetzt) auchhöherwertige Dienstleistungen an externe Dienstleistungspartnerdelegiert werden.

Zur Beantwortung dieser Fragen wurde eine empirische Untersu-chung mit insgesamt 134 Unternehmen durchgeführt. Die Daten-erhebung fand mittels standardisiertem Fragebogen durch Telefon-interviews im Erhebungszeitraum Mitte Februar bis Mitte April2010 statt. Die Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie war bei denUnternehmen aus den beteiligten drei Ländern sehr unterschied-

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lich. So wurden im Wesentlichen Unternehmen aus Deutschland(87,3 %) und Österreich (12,0 %) befragt. Aus der Schweiz (0,7 %)nahm lediglich ein Unternehmen an der Studie teil.

Befragt wurden hauptsächlich HR-Entscheider. Sie verteilten sichwie folgt: Geschäftsführer/in Personal (34,1 %), Personalleiter/in(39,4 %), Personalreferent/in (12,1 %), Sonstige (14,4 %). Die Stu-die hatte keinen spezifischen Branchenfokus, so dass sich die unter-suchten Unternehmen auf insgesamt 13 Branchen verteilten. Amhäufigsten vertreten sind Unternehmen aus dem verarbeitendenGewerbe (40,3 %), der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen(13,5 %) und dem Gesundheits- und Sozialwesen (8,3 %). DieGröße der Unternehmen reicht von unter 100 Mitarbeitern (2,2 %)bis über 5.000 Mitarbeitern (10,4 %). Insgesamt hatten ca. 55 Pro-zent der befragten Unternehmen zwischen 500 und 2.000 Beschäf-tigte. Damit stellt diese mittlere Größenkategorie die größte Anzahlan untersuchten Unternehmen dar. Korrespondierend dazu verteiltsich der Umsatz von unter 5 Mio. Euro (1,7 %) bis über 1 Mrd.Euro (18,7 %). Auch hier finden wir wieder eine Häufung von 42Prozent der untersuchten Unternehmen im mittleren Bereich von50 bis 300 Mio. Euro.

8.2 Ergebnisse der Studie

Zunächst wurden die Unternehmen nach ihrer Einschätzung hin-sichtlich der aktuellen Marktgröße sowie ihrer Erwartung zurMarktentwicklung des RPO befragt. Ca. 15 Prozent der Unterneh-men schätzen den aktuellen RPO Markt als sehr groß, weitere ca. 45Prozent als immerhin noch groß ein. Ca. 30 Prozent gaben an, dassder Markt eher gering ist und jeder Zehnte sah ihn sogar als sehrgering an. Ebenso verhielt es sich mit der Einschätzung der Markt-entwicklung von RPO für die nächsten drei Jahre. Ungefähr 5 Pro-zent der Unternehmen sehen ein sehr großes Marktwachstum.Weitere ca. 40 Prozent – und damit die relativ größte Anzahl derbefragten Unternehmen – schätzen das Wachstum noch als großein. Wiederum ca. 35 Prozent der befragten Unternehmen sehendas Wachstum des Marktes in den nächsten drei Jahren gering und

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10 Prozent als sehr gering. Weitere ca. 10 Prozent erwarten keinMarktwachstum.

In der Studie wurde weiterhin gefragt, ob das Thema »Outsourcingvon Dienstleistungen rund um die Rekrutierung von Mitarbeitern«in den nächsten drei Jahren im Unternehmen eine Rolle spielenwird. Ca. 63 % der befragten Unternehmen gaben dabei an, dassdies für sie generell nicht in Frage kommt. Bei einem Fünftel derUnternehmen wurde bereits über ein RPO gesprochen, aber nochnicht realisiert. Weitere 17 % planen, in den nächsten drei Jahreneine oder mehrere Dienstleistungen rund um das RPO auszula-gern.

Bei der Betrachtung der weiteren Ergebnisse ist erstaunlich, welcheThemen am häufigsten genannt wurden. Die Befragten unterschie-den in sechs Bereiche des RPO: Das Intake (Stellengenehmigung,Erstellen eines Anforderungsprofils, Erstellen einer Stellenbeschrei-bung und Stellenmanagement im IT System), Sourcing (Wahl undNutzung geeigneter Beschaffungskanäle, Zeitungsannonce, Job-Börse, Headhunting und Online-Netzwerke), Handling (Erfassender Bewerbungen, Bewerbungseingangsbearbeitung, Bewerber-kommunikation und Bewerberhotline), Erst-Screening (Vorselek-tion, Anwendung von Testverfahren und Dokumentenanalyse),Selektion (Telefoninterview, Assessment Center, Persönliche(s)Interview(s) und Vorstellungsgespräch) sowie Onboarding (Ver-tragserstellung und -verhandlung, Vorbereitung Betriebsrat undOrganisation Einführungsveranstaltung).

Mit großem Abstand wird das Thema Headhunting aus demBereich Sourcing genannt. Hier greifen die Unternehmen bereitsheute in großem Maße auf Headhunter zurück. Es wird darüberhinaus einen weiteren Anstieg in diesem Bereich geben. Dies istkein expliziter Trend zu RPO, sondern im Kontext der immerschwieriger werdenden Beschaffung von Spitzenfach- und -füh-rungskräften zu interpretieren. Interessanter ist jedoch, dass –wenn auch mit ca. 10 Prozent auf einem deutlich geringeren Niveau– Testverfahren, Assessment Center, Job-Börsen sowie Bewerber-

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hotlines künftig im Fokus der Unternehmen bei einem RPO ste-hen.

Bei den Themen »Testverfahren« und »Assessment Center« gabenjeweils gut die Hälfte der Unternehmen an, diese Dienstleistungintern selbst zu erbringen. Weitere ca. 10 Prozent vergeben dieseDienstleistungen extern und in wiederum ca. 40 Prozent der Unter-nehmen werden sie derzeit gar nicht erbracht. In den nächsten dreiJahren planen die Unternehmen den Anteil des Outsourcings die-ser Dienstleistungen zu erhöhen, so dass ca. 17 Prozent diese vonAußen einkaufen werden. Dieser Zuwachs kommt aber nicht durcheine Verlagerung von Innen zustande, sondern erfolgt durch dieje-nigen Unternehmen, die diese Dienstleistung aktuell noch gar nichterbringen, dies aber planen. Es scheint also einen Bedarf bei diesenThemen zu geben, der tendenziell durch Zukauf von externen Res-sourcen und nicht durch den Aufbau interner Ressourcen gedecktwird.

Ähnlich verhält es sich bei den beiden Themen Job-Börsen undBewerberhotlines: Jeweils ca. 60 Prozent der befragten Unterneh-men gaben an, weder Job-Börsen noch Bewerberhotlines zu nut-zen. In ca. 35 Prozent der Unternehmen wird dies durch interneMitarbeiter erledigt, lediglich 5 Prozent gaben an, dies durchexterne Partner erbringen zu lassen. Diese Quote wird in dennächsten drei Jahren voraussichtlich auf 10 Prozent steigen, wobeidas Wachstum nicht durch die Verlagerung interner Kapazitätennach außen, sondern durch die oben bereits dargestellte Tendenzzum Aufbau dieser Themen mit der Präferenz auf externen Res-sourcen erklärt werden kann.

Bei der Frage, welche Zielgruppen für ein RPO in Frage kommen,wurden folgende Angaben gemacht: Führungskräfte (48 %),Gewerbliche Mitarbeiter (46 %), Führungsnachwuchskräfte (40%), Facharbeiter (40 %), Top Management (38 %) und Kaufmän-nische Mitarbeiter (33 %). Interessant werden diese Ergebnisse,wenn man dazu noch die Hauptziele betrachtet, die die Unterneh-men mit einem RPO verbinden. Sie gaben an, dass sie sich mehr

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qualifizierte Bewerber (1,95) sowie geringere Kosten (1,99) beimBewerbungsprozess wünschen.1

Unternehmen erhoffen sich durch RPO eine größere Anzahl quali-fizierter Bewerber, im Bereich der gewerblichen Mitarbeiter wird eseher um eine Minimierung der Rekrutierungskosten gehen. DesWeiteren werden folgende Zielsetzungen für ein RPO genannt:Höherer Servicegrad (2,27), Nutzung externen Know-hows (2,28),höhere Qualität (2,29), Fokus auf das Kerngeschäft (2,33), höhereGeschwindigkeit (2,39), Ausgleich von Bewerberspitzen (2,50),bessere Rate von Neueinstellungen (2,59) und positive Wirkung aufdas Arbeitgeber-Image (2,90).

Wichtig ist den befragten Unternehmen bei der Auswahl einesexternen RPO-Partners insbesondere das Thema der Datensicher-heit (1,28), also die technische Kompetenz des Handlings und derSicherung der sensiblen Personaldaten. Danach werden HR-Fach-kompetenz (1,50) sowie Branchenwissen (1,57) genannt. An einenRPO-Dienstleister wird so ein sehr breit gestreutes Spektrum anAnforderungen gestellt: Dies gilt sowohl für das technische als auchdas fachliche Know-how – und dies möglichst in der jeweiligenBranche. Weitere Kriterien sind: Preis und Verrechnungsmodell(1,83), Referenzen (1,93), Innovationsvermögen (2,02), IT-Kom-patibilität (2,19), Prozessmanagement (2,21), Wachstum am Markt(2,98), Größe (Umsatz) (3,01), Internationalität (3,08) sowie Mit-gliedschaft in einem RPO-Verband (4,07).

8.3 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

57 Prozent der befragten Unternehmen schätzen die aktuelleMarktgröße für RPO in Deutschland und Österreich als groß odersogar sehr groß ein. Immerhin 45 Prozent der Befragten rechnen inden nächsten drei Jahren mit einer großen bzw. sehr großen Markt-entwicklung für RPO. Diese Einschätzung lässt vermuten, dass wirtatsächlich vor einem Trend im Bereich RPO zur verstärkten Nut-

1 Die Zahlen in der Klammer stellen den Mittelwert einer 5er Skala dar, wobei1=sehr wichtig, 2=wichtig, 3=mittel, 4=unwichtig, 5=sehr unwichtig bedeuten.

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Vorwort

Vorwort

»Die Zeit ist reif für Veränderungen.« Mit diesem Eingangsstate-ment begann das Vorwort der Erstauflage des vorliegenden Buches»Business Process Outsourcing von Personalaufgaben«, das imJanuar 2008 erschien. Inzwischen scheinen Veränderungen in denUnternehmen und ihren Märkten eine der wenigen Konstanten zusein.

Für die Personalverantwortlichen bedeutet das, langfristige Strate-gien für die Personalarbeit im Unternehmen zu entwickeln, welchedie großen Herausforderungen – wie den strukturellen Fachkräfte-mangel oder »Schaffung einer Flexibilitätsreserve« – aufgreifenund gleichzeitig flexibel genug sind, um auf kurzfristige Änderun-gen schnell mit den richtigen taktischen Maßnahmen reagieren zukönnen. Auf diese Weise sorgen die Personalverantwortlichen fürKontinuität im Wandel und schaffen damit eine attraktiveArbeitsumgebung, die für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter unddie Mitarbeiterbindung immer wichtiger wird. Das Gegenteil dazuwäre ein purer Aktionismus, der dann eine Kultur von »Hire andFire« nach sich zieht.

Bedingt durch die Wirtschaftskrise sahen sich viele Unternehmengezwungen, Überkapazitäten abzubauen. In diesem Zusammen-hang waren die Verlängerung und die Ausweitung der Regelungenzum Kurzarbeitergeld wichtige stabilisierende Maßnahmen für diedeutsche Wirtschaft. Die Wirtschaftskrise hat jedoch auch gezeigt,dass der strukturelle Fachkräftemangel durch den Abschwung nichtkomplett aufgelöst wurde. Zwar wurden auch Fachkräfte entlassen.Diese Entlassungen waren aber eher finanziellen Engpässengeschuldet. Gespräche mit mittelständischen und großen Unter-nehmen zeigen: Die Bereitschaft der Unternehmen, die guten Leuteauch bei schlechter Auftragslage zu halten, ist sehr groß. Dabei sindes nicht nur die hohen Kosten für die Neurekrutierung und Einar-beitungskosten bei anziehender Auftragslage, die hier eine Rollespielen.

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Vorwort

Vielmehr haben die Unternehmen erkannt, dass eine hohe Konti-nuität in der Unternehmensentwicklung für die Rekrutierung derbesten Kandidaten von entscheidender Bedeutung ist. Und mit denMöglichkeiten des Online-Stellenmarketings sowie den Recherche-möglichkeiten für die Kandidaten im Internet können auch weni-ger bekannte Unternehmen erfolgreich rekrutieren, auch wenn dieeigene Marke im Schatten der Top Brands steht. Mit Kontinuitätund Nachhaltigkeit in der Unternehmensentwicklung kann derMittelstand regelmäßig bei Bewerbern punkten.

Angesichts des strukturellen Fachkräftemangels in Deutschlanddürfte sich die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften zu dergrößten Herausforderung innerhalb der Personalstrategien derUnternehmen entwickeln. Denn der Wettbewerb um die geeigne-ten Kandidaten wird weiter zunehmen.

Dieser Trend wurde von Dienstleistungsanbietern des BusinessProcess Outsourcing (BPO) frühzeitig erkannt. So hat die TDS HRServices & Solutions das Leistungsspektrum in den letzten Jahrenkontinuierlich erweitert und bietet neben der Übernahme vonkompletten Personalverwaltungsprozessen auch die Übernahmedes Bewerbermanagements an. Auf diese Weise können die Perso-nalverantwortlichen in den auftraggebenden Unternehmen ihreZeit in die Auswahl der richtigen Mitarbeiter und das Erarbeitenerfolgreicher Bindungs- und Entwicklungssysteme sowie zukunfts-fähiger Rekrutierungsstrategien investieren. Denn mit den klassi-schen Personalmarketing- und Rekrutierungsmethoden wird eineriesige Zielgruppe bisher nur unzureichend erreicht: die großeGruppe der passiv-suchenden Kandidaten.

Der Markt für Business Process Outsourcing von Personalaufgaben(Human Resources Business Process Outsourcing, HR BPO) hatsich in den letzten Jahren stark ausdifferenziert und eine hoheMarktreife erreicht. Das Leistungsspektrum hat sich stark verbrei-tert, die Kostenstrukturen sind sehr transparent. Die Modelle derZusammenarbeit sind flexibler geworden.

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Vorwort

Welches Kooperationsmodell das richtige für das jeweilige Unter-nehmen ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Diese Fragemüssen die Personalentscheider gemeinsam mit der Unterneh-mensleitung bewerten und beurteilen – unterstützt durch denexternen Dienstleistungspartner. Die wichtigste Basis dafür sindtransparente Informationen.

Aufgrund der starken Nachfrage, der Innovationen in denGeschäftsmodellen sowie der abgeleiteten Best Practices für dieSteuerung und den Transformationsprozess, hat sich die TDS HRServices & Solutions entschlossen, dieses Buch in überarbeiteterund erweiterter Fassung neu aufzulegen. Auch die Neuauflagewurde mit dem Marktanalyse- und Beratungsunternehmen Lünen-donk konzipiert und erarbeitet. Die Inhalte stützen sich auf Markt-daten, Studien und Best Practices und verbinden so die analyti-schen Marktbetrachtungen mit der unternehmerischen Praxis.

Die Wahrnehmung von Kontinuität im Wandel entsteht durchlangfristige Planung und gute Vorbereitung. In diesem Sinne wün-sche ich Ihnen eine informative Lektüre und viel Erfolg bei der akti-ven Gestaltung einer positiven Zukunft für ihr Unternehmen.

Neckarsulm, im Oktober 2010

Robert Battenstein

Geschäftsführer TDS HR Services & Solutions GmbH