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www.centrale-fuer-mediation.de Nicola Teubner Oberheim Baurechtliche Adjudikation ein außergerichtliches Schnellverfahren nach englischem Vorbild ADR-Verfahren im Vergleich Teil 4 176 Heiner Krabbe Elder Mediation Konflikte und deren Lösung rund um die Lebensgestaltung im Alter 185 Beatrix Schobel Bald bayernweit: Güterichter und Mediations- beauftragte an den Zivilgerichten 191 Christopher Hodges Consumer ADR in Europe 195 Konfliktmanagement l Mediation l Verhandeln 15. Jahrgang · Heft 6/2012 · November/Dezember · Seiten 173204 · PVSt 47561 Zeitschrift für Konflikt- Management Mit Jahresregister 2012

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Nicola Teubner OberheimBaurechtliche Adjudikation – ein außergerichtlichesSchnellverfahren nach englischem Vorbild– ADR-Verfahren im Vergleich – Teil 4 176

Heiner KrabbeElder Mediation– Konflikte und deren Lösung rund um dieLebensgestaltung im Alter – 185

Beatrix SchobelBald bayernweit: Güterichter und Mediations-beauftragte an den Zivilgerichten 191

Christopher HodgesConsumer ADR in Europe 195

K o n f l i k t m a n a g e m e n t l M e d i a t i o n l V e r h a n d e l n

15. Jahrgang · Heft 6/2012 · November/Dezember · Seiten 173–204 · PVSt 47561

Zeitschrift fürKonflikt-Management

Mit

Jahresregister

2012

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INHALT

EDITORIAL

Lis Ripke 175

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

Nicola Teubner OberheimBaurechtliche Adjudikation – ein außergerichtliches Schnellverfahrennach englischem Vorbild– ADR-Verfahren im Vergleich – Teil 4 176

Nikola FriedrichMediation und die Herstellung von Verfahrensgerechtigkeit in sozialrecht-lichen Konflikten 180

METHODIK

Ernst Spangenberg/Heide JanowitzEntscheidungsstrategien im Konflikt 183

FAMILIE UND VERMÖGEN

Heiner KrabbeElder Mediation– Konflikte und deren Lösung rund um die Lebensgestaltung im Alter – 185

GESETZGEBUNG

Beatrix SchobelBald bayernweit: Güterichter und Mediationsbeauftragte an den Zivil-gerichten 191

EUROPA

Christopher HodgesConsumer ADR in Europe 195

INTERNATIONAL

Christopher-Leonard PrinzInternationale Mediation – Aussichten und Begrenzungen am Beispiel des Kosovo 198

REZENSIONEN

Felix WendenburgHodges/Benöhr/Creutzfeldt-Banda (Hrsg.), Consumer ADR in Europe 202

Angela MickleyLis Ripke, Lehr-DVD Inside Mediation. Mediations Struktur – Case Studyaus der Wirtschaft – Teaching Mediation 203

Claude-Hélène Mayer/Christian Martin BonessAnush Rafi, Der Weg zur gemeinsamen Ent-Scheidung. Besonderheiten derTrennungs- und Scheidungsmeditation 204

Impressum 204

Redaktionsbeirat:Prof. Dr. Horst Eidenmüller LL.M., Ludwig-Maximilians-Universität MünchenProf. Dr. Ulla Gläßer LL.M., Europa-Universität Viadrina Frankfurt/O.Dr. Jürgen Klowait, Syndikusanwalt im E.ON-Konzern, GelsenkirchenProf. Dr. Angela Mickley, Fachhochschule PotsdamProf. Dr. Roland Proksch, ehem. Präsident der Ev. Fachhochschule NürnbergLis Ripke, Rechtsanwältin, Heidelberger Institut für MediationDr. Hansjörg Schwartz, Dipl.-Psych., TGKS OldenburgProf. Dr. Hannes Unberath, M. Jur., Universität BayreuthProf. Dr. Horst Zilleßen, MEDIATOR GmbH, BerlinIN

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ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 173

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ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012174

Auslobung

Mediations-Wissenschaftspreis 2014Mediations-Förderpreis 2014

Ziel der Mediations-Preise ist es, herausragende wissenschaftliche Monographien

(Dissertationen und Habilitationsschriften sowie Master- und Magisterarbeiten)

zu prämieren, die in innovativer Weise Problemstellungen aus dem Bereich außer-

gerichtlicher Konfliktbeilegung behandeln.

! Der Mediations-Wissenschaftspreis ist mit 2.500 3 dotiert und wird bereitszum 12. Male ausgelobt.

! Der Mediations-Förderpreis wird mit 1.000 3 prämiert, daneben gibt es fürdie besten Einsendungen 3 Freiabonnements der Zeitschrift für Konflikt-management – ZKM – zu gewinnen.

! Die preisverleihende Jury unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Horst Eidenmüller,LL.M. (Cambr.) ist unabhängig und interdisziplinär zusammengesetzt.

! Einsendeschluss ist am 30. September 2013.

Die Mediations-Preise wurden angeregt und finanziert von der gemeinnützigen Stiftung Apfelbaum – Lernprojekt für Ko-Evolution und Integration.

Weitere Informationen unter

www.centrale-fuer-mediation.de

Centrale für Mediation · Gustav-Heinemann-Ufer 58 · 50968 Köln · 0221 93738-821 · [email protected]

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EDITORIAL

Liebe Leserin und lieber Leser,sind Sie es auch manchmal leid, sich mit solchen schwierigen Fra-gen zu befassen: Eröffnet Mediation einen neuen Berufsstandoder ist sie nur eine Methode? Soll ich – und wenn ja wie –meineAusbildung verändern? Kann ich den Erwartungen meiner Klien-ten gerecht werden? Kann und wie wird der Güterichter zum

Fortschritt des gesellschaftlichen Wandels unserer Konfliktkultur beitragen? Welche Vor-und Nachteile hat das Mediationsgesetz allgemein? Was genau soll ein Mediationsbeauf-tragter an den Zivilgerichten in Bayern bewirken?Am 18. Oktober 2012, dem weltweiten „Conflict Resolution Day“, der seit 2005 an jedemdritten Donnerstag im Oktober stattfindet, haben sich 40 Mediatorinnen und Mediatorenaus verschiedenen Ländern in Stafford, UK, mit Peacemakern wie Martin Luther King,Nelson Mandela, Dalai Lama und anderen mehr befasst. Dabei ist mir Gandhis Ausspruch„Be the change you want to see in the word“ wieder bewusst geworden – fast 100 Jahrespäter löst er in mir einen starken Impuls aus.Gilt er nicht auch im besonderen Maß für uns Mediatorinnen und ist Anregung, darübernachzudenken, welchen Eindruck wir unserem weiteren Umfeld vermitteln: Kann unsereFamilie an unseren Handlungen erkennen, dass wir Mediatorinnen sind? Können unsereFreunde erkennen, dass wir Mediatorinnen sind? Die Kassiererin im Supermarkt? Undüberhaupt: Wie gehen wir Mediatoren miteinander um und woran erkennt ein Beobach-ter, dass hier Mediatoren ein Projekt zusammen gestalten?Es kann Kraft geben, sich mit den Idealen und Werten der Mediation zu beschäftigen unddie schwierigen „alltäglichen“ Fragen dabei in den Hintergrund treten zu lassen. In seinerAutobiographie schreibt Gandhi, er habe sein ganzes Leben als Experiment gesehen; seinegroßen Werte waren Gewaltlosigkeit und Wahrhaftigkeit, mit denen er sich, seine Hand-lungsgrenzen ausdehnend, auseinandersetzte. Das sollte uns anregen, mit den Werten derMediation zu experimentieren – wie beispielsweise Förderung der Eigenverantwortlichkeitder im Konflikt verhafteten Personen, Wahrung und Wiederherstellung unserer Allpartei-lichkeit, Ermöglichen von Freiwilligkeit, Informiertheit und Ergebnisoffenheit aller Betei-ligten.Experimentieren soll heißen, diese Werte zu stärken: Offen zu sein, um Freiräume undEntwicklungsmöglichkeiten zu erhalten.In diesem Sinn wünsche ich den Leserinnen undLesern dieses Heftes, dass sie einige Antworten auf die eingangs gestellten Fragen findenund vor allem dass sie durch das Lesen zur Erweiterung der eigenen Handlungsmöglich-keiten und zum Experimentieren angeregt werden. In anderen Worten: „Focus on yourinner journey.“ (Gandhi)Ihre

Lis Ripke

EDIT

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ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 175

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Nicola Teubner Oberheim

Baurechtliche Adjudikation – ein außergericht-liches Schnellverfahren nach englischemVorbild– ADR-Verfahren im Vergleich – Teil 4*

Im Baurecht ist die Adjudikation nachenglischem Vorbild in aller Munde. DerBeitrag beschäftigt sich mit der Frage,was man in Deutschland von diesemKonfliktlösungsinstrument wirklich er-warten kann.

A. Ausgangslage: Konfliktbewälti-gung am Bau in der Kritik

Bauen ist besonders konfliktträchtig.1 Esgeht um die Herstellung technisch kom-plexer Einzelstücke, zu der eine Vielzahlan Beteiligten miteinander über einenlängeren Zeitraum kooperieren muss.Meinungsverschiedenheiten sind hier na-hezu unvermeidlich.2 Mit einem Anteilvon ca. 4% an der Bruttowertschöpfungist das Baugewerbe die größte Einzelbran-che Deutschlands.3 Gleichzeitig gilt dieBaubranche als besonders insolvenzanfäl-lig.4 Das Nachdenken über eine bessereEffizienz der Bautätigkeit, wozu auch derUmgang mit den unvermeidlichen Kon-flikten gehört,5 tut also Not.

Treten am Bau Konflikte auf, so wirdüblicherweise zunächst zwischen den Par-teien informell verhandelt.6 Scheitern dieVerhandlungen aber, so wird nur äußerstselten noch während der Bauphase einDritter in die Konfliktlösung eingebun-den. Vielmehr werden „Einzelstreitigkei-ten (...) auf die lange Bank geschoben“7

und nach Abschluss des Projekts ein Ge-richtsverfahren angestrengt.

Gerade das Gerichtsverfahren als dasförmliche Streitlösungsverfahren der ers-ten Wahl ist seit geraumer Zeit in der Kri-tik. Es kommt am Bau nicht nur beson-ders häufig zu Prozessen,8 die Gerichts-verfahren dauern auch besonders lange.9

Im Bauprozess wird häufig um technischeFragen gestritten,10 oftmals in vielen Ein-zelpositionen, die durch zeitaufwändigeSachverständigengutachten geklärt wer-den müssen.11 Eine Tatsachenaufklärungfällt jedoch mit fortschreitender Zeit zu-nehmend schwer, da Beweise im wahrstenSinne des Wortes bereits zugebaut sind.12

Baustreitigkeiten werden zudem über-durchschnittlich oft in mehreren Instan-zen ausgetragen.13

Die bauspezi-fisch lange Pro-zessdauer stelltfür die Bauwirt-schaft eine be-sondere Belas-tung dar.14 Be-dingt durch diebauvertraglicheVorleistungs-pflicht sinddurch die inten-

siv ausgetragenen Streitigkeiten zunächsteinmal die Auftragnehmer beeinträchtig,die ihre ausstehenden Vergütungsforde-rungen15 nicht rechtzeitig einbringenkönnen.16 Letztlich aber werden die For-derungsausfälle als Risikozuschlag in dieVertragspreise mit einfließen.17 So ver-mindern die vielen Konflikte die Effizienzder Bautätigkeit allgemein.18

B. Baurechtliche Adjudikation in derdeutschen Diskussion

Um diesen Missständen abzuhelfen stehtein außergerichtliches Streitbeilegungs-verfahren hoch im Kurs: die Adjudikationnach englischem Vorbild,19 durch die bau-rechtliche Streitigkeiten früh beigelegtwerden können, idealerweise noch wäh-rend das Bauprojekt läuft. Auf Antrag ei-ner jeden Partei eines Bauvertrags trifftein zur Sachaufklärung befugter, unab-hängiger Adjudikator in einem vorgege-benen engen Zeitrahmen eine summari-sche Entscheidung. Eine Besonderheitliegt darin, dass als Adjudikatoren vor-zugweise Sachverständige berufen wer-den. Die Entscheidung ist vorläufig bin-dend, d.h. sie entfaltet Bindungswirkungzwischen den Parteien, bis ein (Schieds-)Gericht anderweitig entscheidet. In Eng-land sind Adjudikationsentscheidungenvollstreckbar.20

Es gibt im Baurecht wohl aktuell keinThema, das ein vergleichbares öffentlichesInteresse auf sich gezogen hätte. Seit sich2007 der Zweite Deutsche Baugerichtstagöffentlichkeitswirksam damit beschäftigthat, findet das Verfahren in zahlreichen

Veröffentlichungen starken Zuspruch.2010 erschienen gleich vier neue Muster-

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012176

Nicole Teubner

* Zum Gesamtkonzept der Aufsatzreihe siehe Un-berath, ZKM 2012, 72 ff.1 Schröder, NZBau 2009, 1.2 Gralla/Sundermeier, Bauingenieur 2008, 238;Jung/Lembcke/Steinbrecher/Sundermeier, ZKM2011, 50.3 Zentralverband Deutsches Baugewerbe (Hrsg.),Baumarkt 2009, Berlin 2010, S. 7.4 Hauptverband der Deutschen Bauindustrie/Kraus, Insolvenzhäufigkeit im Branchenvergleich,Stand 06.06.2011, www.bauindustrie.de/zahlen-fakten/statistik/preis-und-ertragsentwicklung/in-solvenzen-u-neu grundungen/ (abgerufen am27.9.2011).5 Schröder/Gerdes/Teubner Oberheim, Jahrbuchdes Baurechts 2009, 81.6 PwC Deutsche Revision AG Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft (Hrsg.), Commercial Dispute Re-solution – Konfliktbearbeitungsverfahren im Ver-gleich, Frankfurt/M. 2005, S. 7.7 Risse in Nicklisch, Öffentlich-private Großprojek-te, München 2005, S.169.8 Schröder, s. Fn.1; Gralla/Sundermeier, s. Fn. 2.9 Schröder/Gerdes/Teubner Oberheim, s. Fn. 5;Breunung in Pieper/Breunung/Stahlmann, Sachver-ständige im Zivilprozess, München 1982, S. 266,mit Bezug auf Tabelle 59.10 Rothaupt, Die außergerichtliche Streitbeile-gung durch Entscheidung eines neutralen Dritten,Hamburg 2008, S. 144 f.11 Teubner Oberheim/Schröder, NZBau 2011, 257;Schröder/Gerdes/Teubner Oberheim, s. Fn. 5.12 Risse, s. Fn. 7; Boldt in Messerschmidt/Voit,privates Baurecht, I. T. Außergerichtliche Streitbei-legung, Rz. 92.13 Schröder, s. Fn.1; Gralla/Sundermeier, s. Fn. 2.14 Gralla/Sundermeier, BauR 2007, 1961; Roth-haupt, Forum Baukonfliktmanagement auf www.werner-baurecht.de v. 3.8.2009, S. 2 f. (abgerufenam 27.9.2011).15 Hagsheno/Kaben, Jahrbuch des Baurechts2005, 261.16 Jung/Lembcke/Steinbrecher/Sundermeier, s.Fn.2.17 Lembcke/Sundermeier, IBR 2011, 1281 (nuronline), Rz.19.18 Gralla/Sundermeier, s. Fn. 2.19 Adjudikation leitet sich von der englischenconstruction adjudication ab. Adjudication-Klau-seln finden sich seit den 1980er Jahren in engli-schen und internationalen (insbes. FIDIC) Baumus-terverträgen. 1998 wurde in England und Wales ge-setzlich vorgeschrieben, dass jeder Vertrag des Bau-wesens eine Streitbeilegung durch construction ad-judication vorsehen muss.20 In England wurde die Vollstreckbarkeit gesetz-lich nicht geregelt. Im Februar 1999 räumten dieenglischen Gerichte die Möglichkeit ein, mittels ei-nes vereinfachten summarischen Verfahrens (sum-mary judgement) innerhalb weniger Wochen einenvollstreckbaren Titel zu erlangen (Macob Civil En-gineering Ltd v. Morrison Construction Ltd.), m.w.N. bei Gould/Abel, SchiedsVZ 2005, 190.

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verfahrensordnungen, nach denen sich einvertraglich vereinbartes Adjudikations-verfahren richten kann.21 Inzwischenwurde die gesetzliche Einführung der Ad-judikation in einer vom Bundesministe-rium für Justiz (BMJ) eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe für ein gesetzlichesBauvertragsrecht behandelt.22 Wegenschwerwiegender verfassungsrechtlicherBedenken des BMJ ist eine gesetzlicheEinführung der Adjudikation jedoch mo-mentan in weitere Ferne gerückt.

Auf der anderen Seite wird auf Initia-tive des Bundesministeriums für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)23einVertragsmodell in einem Pilotprojekt ge-testet (Leitlinie für eine PartnerschaftlicheProjektabwicklung, „Leitlinie PPA“),24

welches sich stark an englischen Muster-verträgen im Baurecht orientiert.25 Nachdem Durchlaufen mehrerer vertraglicherStreitbehandlungsmechanismen ist alsletzter Schritt die Konfliktlösung durchAdjudikation vorgesehen. Die Leitlinie istals Vertragsgrundlage konzipiert, die vonöffentlichen Auftraggebern im Infrastruk-turbereich mit ausgeschrieben werdensoll.

C. Aktuelle Möglichkeiten für denRechtsanwender

Die standardmäßige Verwendung der Ad-judikation ist noch Zukunftsmusik. Be-reits heute jedoch kann der Rechtsanwen-der ein Adjudikationsverfahren frei ver-traglich vereinbaren. Wie kann ein sol-ches Verfahren in Deutschland aussehen,was kann es tatsächlich leisten und was istbei der Vereinbarung zu bedenken – dassoll Inhalt dieses Beitrags sein. Hierzu sollauch empirisches Material hinzugezogenwerden.

I. Grundzüge des Verfahrens

1. Vertragliche Festlegungen

Im Bauvertrag wird vereinbart, dass auf-tretende Konflikte zunächst im Wege derAdjudikation zu lösen sind. Der sichersteWeg ist hier der Verweis auf die institutio-nalisierten deutschen Verfahrensordnun-gen.26

a) Projektbegleitende oder Ad-hoc-Adjudikation

Es stehen zwei Verfahrensarten zur Ver-fügung. Bei einer Ad-hoc-Adjudikation (z.B. SL-Bau, DIS-SchGO) wird der Adjudi-kator erst bei der konkreten Streitigkeitaktiv. Demgegenüber ist bei der projekt-begleitenden Adjudikation (z.B. DIS-AVO) der Adjudikator permanent in dasProjekt miteinbezogen. Er muss sich vonAnfang an über das Projekt durch Sich-tung der Unterlagen und der Baustelle in-formieren und sich regelmäßig mit denParteien treffen. Hierbei sind dann auchinformelle Lösungen von Konflikten mög-lich.27 Bei Anfall einer konkreten Streitig-keit verfügt er schon über Einblicke in dieGrundlagen des Konflikts. Ein Ad-hoc-Adjudikator muss sich dagegen erst in dasProjekt einarbeiten und braucht daher für

seine Entscheidung deutlich mehr Zeit.28

Der Ad-hoc-Adjudikator erhält für seineTätigkeit ein Stundenhonorar. Der pro-jektbegleitende Adjudikator erhält nebenseinem Stundenhonorar für seine Rufbe-reitschaft ein monatliches Grundhonorar(z.B. ein achtfaches Stundenhonorar proMonat gem. DIS-AVO). Wegen des höhe-ren Aufwands wird projektbegleitendeAdjudikation eher bei größeren Projektenmit hohem Streitpotenzial empfohlen.29

b) Adjudikatorenbestimmung

Im Vertrag wird festgelegt, ob ein Einzel-adjudikator oder ein Gremium aus meh-reren, üblicherweise drei Adjudikatorenberufen werden soll. Man kann die Persondes Adjudikators oder dessen Fachrich-tung (z.B. Sachverständiger für ein be-stimmtes Gebiet, Fachanwalt für Bau-und Architektenrecht etc.) bereits im Ver-trag festlegen. Für die Ad-hoc-Adjudika-tion kann jedoch auch ein Verfahren be-stimmt werden, nachdem der Adjudika-tor erst bei Anfall der konkreten Streitig-keit bestimmt wird. Dies hat den Vorteil,dass ein Adjudikator gewählt werdenkann, der für den Streitgegenstand beson-dere Fachkenntnis aufweist.30 Allerdingsfällt eine einvernehmliche Bestimmungim Streitfall oft schwer.31 Können die Par-teien sich nicht einigen, sehen die Verfah-rensordnungen die Bestimmung durchdie Institution nach bestimmten Kriterienvor. Dies kostet Zeit.

2. Gang des Verfahrens

Auf Antrag einer jeden Partei wird imkonkreten Streitfall eine Adjudikationeingeleitet. Der Adjudikator fordert dieGegenpartei innerhalb einer kurzen Fristzur Stellungnahme auf.32 Der Adjudikatorhat sich dann von Amts wegen alle Kennt-nisse zu verschaffen, die für seine unver-zügliche Entscheidung erforderlich sind.Hierzu kann er die Parteien und Dritte be-fragen, die Baustelle begehen und fach-kundige Berater hinzuziehen.33 Gegebe-nenfalls findet mit den Parteien einmündlicher Erörterungstermin statt.34

Die Entscheidung muss innerhalb ei-ner bestimmten kurzen Frist ergehen,nach den aktuellen Verfahrensordnungenzwischen sechs Wochen bis zu fünf Mo-naten nach Beginn des Verfahrens.35 DieEntscheidung ist schriftlich zu begründen.Daneben kann der Adjudikator weiterfüh-rende Anordnungen erlassen, wie Zah-lungsanordnungen oder Beschleuni-gungsmaßnahmen, oder Feststellungentreffen.36

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 177

21 Die AO-Bau, die SL-Bau sowie die DIS-SchGOund DIS AVO, s. Fn. 26.22 Diederichs in Gralla/Sundermeier (Hrsg.), Fest-schrift für Udo Blecken zum 70. Geburtstag, Inno-vationen im Baubetrieb, Wirtschaft-Technik-Recht,Köln 2011, S. 431.23 In Zusammenarbeit mit den großen Bauverbän-den, führenden Auftraggebern im Bereich Ver-kehrsinfrastruktur, einigen großen Bauunterneh-men sowie dem Lehrstuhl für Projektmanagementder Universität Kassel (Prof. Dr.-Ing. KonradSpang).24 Universität Kassel. Fachgebiet Projektmanage-ment, Leitlinie für eine Partnerschaftliche Projek-tabwicklung bei Infrastrukturprojekten zwischenAuftraggeber und Auftragnehmer vom 21.5.2008,nicht veröffentlicht.25 Insbesondere am englischen BaumustervertragNEC (= New Engineering Contract). Hier findensich vergleichbare Management-Maßnahmen wiedas „early warning meeting“ und die Streitbeile-gung durch adjudication.26 Aldinger/Mahnken in Roquette/Otto, Vertrags-buch Privates Baurecht, D. Alternative Konfliktlö-sungsverfahren IV. Rz.11, Rz.16: Die Streitlö-sungsordnung für das Bauwesen (SL-Bau) derDeutschen Gesellschaft für Baurecht e.V und desDeutschen Beton- und Bautechnik-Verein e.V.,www.betonverein.de/upload/pdf/Fachthemen/SL_Bau.pdf (abgerufen am 25.10.2012); die DIS-Schiedsgutachtensordnung 10 (DIS-SchGO) undDIS-Verfahrensordnung für Adjudikation 10 (DISAVO) der Deutschen Institution für Schiedsge-richtsbarkeit e.V. (DIS), www.dis-arb.de/de/ (abge-rufen am 25.10.2012); die von Lembcke/Sunder-meier entwickelte Adjudikationsordnung für Bau-streitigkeiten (AO-Bau), www.ao-bau.com (abgeru-fen am 25.10.2012) ist sehr ausführlich, allerdingsnicht an eine Institution angebunden, so dass insbe-sondere die Berufung von Adjudikatoren eigenstän-dig übernommen werden müsste.27 Aldinger/Mahnken, s. Fn. 26, Rz. 52.28 Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, München2007, Rz. 336.29 Aldinger/Mahnken, s. Fn. 26, Rz. 54 f. Aber:Empirische Erfahrungen bei internationalen Projek-ten zeigen: Kosten für projektbegleitende DisputeAdjudication Boards immer unter 2% Auftrags-wert –. Kosten für Schiedsgerichtsverfahren regel-mäßig mehr als 5% Auftragswert, Spang/Riemann/Köntges, Ein partnerschaftlicher Ansatz zum Um-gang mit Konflikten bei Infrastrukturprojekten. In:Tagungsband des BrennerCongress 2012, S. 69,Innsbruck (AT), 2012 mit Verweis auf Köntges,ICLR Vol. 23, 2006, 289.30 Aldinger/Mahnken, s. Fn. 26, Rz. 25.31 Boldt, s. Fn.12, Rz. 95; Bornheim, BauR 2011,596.32 Boldt, s. Fn.12, Rz. 96 f.33 Von Behr in Althaus/Heindl, Der öffentlicheBauauftrag, ibr-online, Stand 8.11.2010, Teil 8, III,Rz. 76.34 Boldt, s. Fn.12, Rz. 96.35 Boldt, s. Fn.12, Rz. 98.36 Von Behr, s. Fn. 33, Rz. 76.

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3. Vorläufige Verbindlichkeit derEntscheidung

Die Entscheidung ist bis zu einer anders-lautenden gerichtlichen Entscheidungüber den Streitgegenstand vorläufig bin-dend. Sie wird endgültig verbindlich,37

wenn die Parteien innerhalb einer be-stimmten Frist üblicherweise ein Monatnach Zustellung der Entscheidung nichtschriftlich widersprechen.38

Die Parteien haben sich bis zu eineranderslautenden Gerichtsentscheidung anden Spruch des Adjudikators zu halten,ansonsten werden sie vorsätzlich ver-tragsbrüchig und damit schadensersatz-pflichtig.39 Weiterhin können aus derNichtbefolgung das Recht auf Einstellungaller Leistungen und auf Kündigung desVertrags folgen sowie die Möglichkeit desAdjudikators, ein Zwangsgeld festzuset-zen.40 Die Adjudikationsentscheidung istin Deutschland grundsätzlich nicht voll-streckbar. In der SL-Bau gibt es die Op-tion, die Entscheidung als vollstreckbarenAnwaltsvergleich auszugestalten.41 In derAO-Bau wird eine Durchsetzung im Ur-kundenprozess geregelt, die allerdingsrechtlich umstritten ist.42 Präzedenzfällegibt es noch keine.

Widerspricht eine der Parteien derEntscheidung, so kann in einem gerichtli-chen Nachverfahren der Streitgegenstandvoll überprüft werden. Das Gericht ist andie Entscheidung des Adjudikators nichtgebunden. Entscheidet das Gericht andersals der Adjudikator, so ist mit Rechtskraftder Streitgegenstand abschließend beur-teilt. Geleistetes muss gegebenenfallsrückabgewickelt werden. Die Bindungs-wirkung der Adjudikationsentscheidungdagegen fällt mit dem Gerichtsurteil je-doch nur ex nunc weg.43 So ist eine Partei,die auf die Bindungswirkung der Adjudi-kationsentscheidung vertraut hat, im Falleeiner anderslautenden Gerichtsentschei-dung nicht schadensersatzpflichtig, Folge-rechte wie Leistungsverweigerung undKündigung bleiben rechtens.44

II. Vor- und Nachteile

Theoretisch ist die Adjudikation ein Ver-fahren, welches auf viele Probleme derbaurechtlichen Konfliktlösung eine Ant-wort weiß. So verspricht man sich in derdeutschen Literatur gerade für Bauprojek-te von einer frühen Streitbeilegung vieleVorteile. Durch eine frühe Streitentschei-dung soll Komplexität vermieden,45 derKooperationsgedanke der Bauvertrags-parteien gestärkt und somit die Vertrags-beziehungen geschont46 sowie ein stö-rungsfreier Fortgang der Baustelle47 ge-

währleistet werden. Außerdem würde ei-ne frühe Streitentscheidung das Zubauenvon Beweisen verhindern.48 Eine schnelleund kostengünstige Streitentscheidungsoll die Effizienz des Bauens erhöhen49

und die Zahlungsströme aufrechterhal-ten.50 Fachlich kompetente Entscheider(insbes. Nichtjuristen) tragen durch eineschnelle Klärung und eine überzeugendeBeurteilung der Fakten zu einer schnellenBefriedung bei.51

Die andere Seite der Medaille ist: Inder Kürze der Zeit muss man Abstrichebei der Qualität der Entscheidung in Kaufnehmen. Dies wird aber in Anbetrachtder späteren Überprüfbarkeit („pay now– argue later“) gerne hingenommen. Wiebei allen ADR-Verfahren ist eine Drittbin-dung (Streitverkündung) im Rahmen ei-ner Adjudikation nicht möglich. Geradeim Baurecht stellt dies einen nicht zu ver-nachlässigenden Nachteil dar. Allgemeinbesteht noch keine Rechtssicherheit hin-sichtlich der Wirksamkeit von Adjudika-tionsklauseln. Deswegen ist ein solchesVerfahren zum heutigen Zeitpunkt nurunter Geschäftsleuten zu empfehlen.

III. Empirische Befunde aus Englandund deren Übertragung aufDeutschland

Soweit die Theorie. Doch stellen sich dieerwarteten Effekte auch wirklich ein? Aus-weislich der deutschen Veröffentlichun-gen gibt es hierzulande lediglich anekdo-tisch dokumentierte, aber durchweg guteErfahrungen. Empirische Untersuchun-gen aus England zeichnen ein differenz-ierteres Bild.52

1. Frühe Streitentscheidung

In England wurde das Verfahren nur zueinem geringen Anteil zu einer baubeglei-tenden Streitentscheidung genutzt.53 Ent-sprechend hatte die Einführung des Ver-fahrens auch keinen positiven Einfluss aufdie Vertragsbeziehungen54 – wie auch,wird die construction adjudication dortdoch hauptsächlich als streitiges Verfah-ren nach Abschluss des Bauprojekts ge-nutzt und ersetzt so größtenteils Ver-handlungslösungen.55 Zurückzuführen istdies auf ein allgemein, also auch inDeutschland zu beobachtendes Verhaltenvon Vertragspartnern, erst in einem spä-ten Eskalationsstadium Dritte zur Kon-fliktlösung hinzuzuziehen.56

Nun ist die frühe, baubegleitendeKonfliktlösung für die Lösung der deut-schen Probleme von zentraler Wichtig-keit. Nur so kann Komplexität vermieden

und die Beweislage genutzt werden, wasfür eine schnelle Entscheidung wiederumunabdingbar ist. Nur so kann sicherge-stellt werden, dass die Baustelle schnellweiterlaufen kann.

Möglicherweise könnte eine früheKonfliktlösung durch die Vereinbarungprojektbegleitender Adjudikation erleich-tert werden. Durch die regelmäßigen Ge-spräche wird die Hemmschwelle für einefrühe Konfliktbeilegung niedriger sein.57

Die in diesem Rahmen möglichen infor-

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012178

37 Nicht so nach der AO-Bau.38 Von Behr, s. Fn. 33, Rz. 78.39 Stubbe, BauR 2011, 1751; Risse, s. Fn. 7.40 Von Behr, s. Fn. 33, Rz. 77. Die rechtliche Zu-lässigkeit hierzu wird von Engel/Schricker-Heinke inZweifel gezogen, Jahrbuch des Baurechts 2012,111.41 Aldinger/Mahnken, s. Fn. 26, Rz. 8.42 AO-Bau §1 Nr.10, dafür: Harbst/Mahnken,SchiedsVZ 2005, 34; Lembcke, BauR 2009, 19;Lembcke, ZKM 2009, 122; Voit in Musielak, ZPO,9.Aufl. 2012, Rz. 5 und 12 zu §592; dagegen:Boldt, Vorläufige baubegleitende Streitentschei-dung, Köln 2008, S. 244, lehnt bereits die Urkun-deneigenschaft ab; eine Vollstreckbarkeit lehnenab: Risse, s.o., Fn. 7; Stubbe/Schramke, BauR 2011,1715; Aldinger/Mahnken, s. Fn. 26, Rz. 8.43 Stubbe, s. Fn. 39.44 Von Behr, s. Fn. 33, Rz. 78.45 Gralla/Sundermeier/Lembke in Motzko, FS In-stitut für Baubetrieb TU Darmstadt, Düsseldorf2009, S. 109 (S.119); Schramke, NZBau 2002,409; Haft, Forum Baukonfliktmanagement aufwww.werner-baurecht.de v. 25.5.2009 (abgerufenam 21.5.2012).46 Mahnken, BauR 2007, 1994; Schramke, s.Fn. 45; Priebe, Forum Baukonfliktmanagement aufwww.werner-baurecht.de v. 26.6.2009 (abgerufenam 21.5.2012), 6.47 Boldt, s. Fn.12, Rz. 92; Hammacher, ForumBaukonfliktmanagement auf www.werner-baurecht.de v. 4.8.2009 (abgerufen am 21.5.2012); Priebe,s. Fn. 46.48 Boldt, s. Fn.12, Rz. 92; Gralla/Sundermeier/Lembke, s. Fn. 45; Mahnken, s. Fn. 46; Schramke,BauR 2007, 1984; Priebe, s. Fn. 46.49 Gralla/Sundermeier/Lembke, s. Fn. 45; Mahn-ken, BauR s. Fn. 46; Schramke, s. Fn. 45; Priebe, s.Fn. 46.50 Schramke, s. Fn. 45.51 Aldinger/Mahnken, s. Fn. 26, Rz. 6; Gralla/Sun-dermeier/Lembke, s. Fn. 45; Haft, Forum Baukon-fliktmanagement auf www.werner-baurecht.de vom25.5.2009 (abgerufen am 21.5.2012).52 S. zum Ganzen: Teubner Oberheim/Schröder, s.Fn.11.53 Kennedy/Milligan/Cattanach/McCluskey, Re-port No. 10, Juni 2010, www.adjudication.gcal.ac.uk (abgerufen am 3.10.2012), S.18.54 Ndekugri/Yeoman/Shaw in Paterson/Britton,The Construction Act – Time for review, London2000, S. 1.55 Teubner Oberheim/Schröder, s. Fn.11; Holder inPaterson/Britton, s. Fn. 54, S.117 f.56 Gamm/Patera in Alpen-Adria Universität Kla-genfurt (Hrsg.), Wirtschaftsmediation für Klein-und Mittelunternehmen in Österreich, Forschungs-projekt im Auftrag des Bundesministeriums fürWirtschaft und Arbeit, Wien 2005, S. 6 f.57 Risse, s. Fn. 7.

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mellen Lösungen sind für die Vertragsbe-ziehungen weniger belastend.58

2. Schnelle Streitentscheidung

Die englischen Erfahrungen belegen, dassdurch die construction adjudication struk-turell benachteiligte kleinere und mittlereUnternehmen schneller zu ihrem Geldkommen.59 Hierdurch wurde die unglei-che Kräfteverteilung zwischen General-und Subunternehmern ein wenig ausge-glichen.60

In England werden Baustreitigkeitenmittels der construction adjudication re-gelmäßig in 28 bis 42 Tagen entschie-den,61 die internationalen FIDIC Muster-verträge sehen eine 84-Tage-Entschei-dungsfrist vor, von der Einreichung biszur Entscheidung dauert es üblicherweisezwischen 90 und 150 Tage.62 Das stellt ge-genüber dem deutschen Gerichtsverfah-

ren – Dauer in typischen Bausachendurchschnittlich 25 Monate in erster In-stanz63 eine enorme Beschleunigung dar.

a) Rough Justice

Die Schnelligkeit der Entscheidung birgtaber auch Risiken. Schon in England istaufgrund der Kürze der Zeit eine mehr alssummarische Prüfung der Sach- undRechtslage nicht möglich. Dort wurde denEntscheidungen deswegen eine deutlichmindere Qualität vorgeworfen („roughjustice“).64 Gleichwohl werden die Ent-scheidungen zu ca. 80% akzeptiert.65 Dieenglische Bauindustrie kann schnelle,summarische Entscheidungen durch un-abhängige Dritte, insbesondere Sachver-ständige durchaus akzeptieren, obwohl ei-ne 100%ige Richtigkeit nicht gewährleis-tet werden kann.66

b) In Deutschland fehlen vorberei-tende vertragliche Mechanismen

Für Deutschland scheint es aber fraglich,ob eine Streitentscheidung mit auch nurvergleichbarer Qualität in dieser Kürzemöglich ist. Bei genauerem Hinsehenstellt sich nämlich die englische (und in-ternationale) construction adjudication le-diglich als letzter Schritt eines Systemsder vertraglichen Konfliktbearbeitungdar. Im Unterschied zur deutschen VOB/B beinhalten die englischen und interna-tionalen Musterverträge Mechanismen,die Konflikte vermeiden können, die Kon-fliktbearbeitung schon während der Ver-tragsabwicklung strukturieren und Kon-fliktlösungen vorbereiten.67 Zu nennen isthier die standardmäßige projektbegleiten-de Einbindung des Planers oder Architek-ten (üblicherweise engineer genannt) mitKontroll-, Zertifizierungs- und Streitent-scheidungsaufgaben.68 Daneben bestehenumfangreiche Anzeige- und Dokumenta-tionspflichten, die die Entscheidung desengineer vorbereiten sowie klare Regeln,nach denen er sich bei der Meinungsfin-dung zu richten hat. Nur die bedeutendintensivere Aufbereitung des Streitstoffesmacht eine derart kurzfristige Entschei-dung möglich.69

c) Mögliche Abhilfe

Man könnte daran denken, wie in derLeitlinie PPA auch vertragliche Mechanis-men mit zu vereinbaren, die Konfliktevermeiden oder strukturieren.70 Hierfürliegt jedoch noch kein öffentlich zugängli-ches durchgeprüftes Vertragsmuster vor.Auch bleiben die Ergebnisse des Pilotpro-jekts zur Praxistauglichkeit der Leitlinieabzuwarten. Die bisher veröffentlichten

Erfahrungen lassen hoffen: Bisher ist of-fensichtlich nur eine vergleichbar geringeZahl an Konflikten den Adjudikatoren zurLösung vorgelegt worden. Diese konntenjeweils nach Abgabe einer ersten Tendenzdurch die Adjudikatoren zumindest teil-weise durch eine Einigung gelöst werden.Die geringe Zahl an sich wird den vorge-schalteten vertraglichen Mechanismen zuGute gehalten.71

Auch hier scheint es sinnvoll, die Ad-judikation als projektbegleitend zu verein-baren. Dann sind dem Adjudikator zu-mindest die Grundbedingungen bekannt,und es wird bereits in einem frühen Sta-dium über Konflikte gesprochen. Die re-gelmäßigen Gespräche mit den Parteienkönnen neben ihrer vorbereitenden Wir-kung auch konfliktvermeidend wirken.

Sollte bei kleineren, weniger komple-xen Projekten der Aufwand einer projekt-begleitenden Adjudikation nicht zu recht-fertigen sein, so könnte man vereinbaren,dass der Adjudikation ein durch mindes-tens eine Partei veranlasstes Sachverstän-digengutachten über die streitigen techni-schen Fragen vorzuschalten ist. Hierdurchwäre der Streitstoff schon einmal zusam-mengetragen und bearbeitet. Privatgut-achten werden üblicherweise schnellerfertig gestellt als Gerichtsgutachten.72

Auch sie wirken nach empirischen Unter-suchungen streitvermeidend.73

d) In Deutschland Vollstreckbarkeitnicht gesichert

In England wurde die construction adjudi-cation auch erst dann von den Baubetei-ligten in großem Umfang genutzt, als dieGerichte die Möglichkeit anerkannt hat-ten, die Entscheidungen in einem Schnell-verfahren zu vollstrecken.74 Dies hängtmit dem englischen Regelungsproblemzusammen. In England waren kleinere ka-pitalschwache Auftragnehmer faktischvon der Justiz ausgeschlossen. Mit derconstruction adjudication wollte man ih-nen überhaupt eine Möglichkeit zurDurchsetzung ihrer Vergütungsforderun-gen an die Hand geben.75 Bei dieser Inte-ressenlage war eine Vollstreckungsmög-lichkeit unabdingbar.

In Deutschland ist die Vollstreckungvon Adjudikationsentscheidungen dage-gen nicht gesichert. Hier liegt der Interes-senfokus aber auch nicht nur auf demSchutz der Auftragnehmer, sondern ebenauch auf einer baubegleitenden Streitent-scheidung durch Sachverständige. In Eng-land ist eine solche bereits durch die Ent-scheidung des engineer gegeben, der ansich schon eine konfliktvermeidende Wir-kung zugesprochen wird.76 Es ist für

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 179

58 PwC Deutsche Revision AG Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft (Hrsg.), Commercial Dispute Re-solution – Konfliktbearbeitungsverfahren im Ver-gleich, Frankfurt/M. 2005, S.16.59 Teubner Oberheim/Schröder, s. Fn.11, m.w.N.60 Lynch, http://www.nadr.co.uk/articles/publis-hed/construction/TheBalanceOfPowerBetween-Contractors.pdf (abgerufen am 3.10.2012).61 Kennedy/Milligan/Cattanach/McCluskey, s.Fn. 53, S.15.62 Spang/Riemann/Köntges, s. Fn. 29.63 Breunung in Pieper/Breunung/Stahlmann, s.Fn. 9.64 Borowsky, ZKM 2007, 54.65 Carey, Adjudication is working, 2000, bei Pin-sent Masons auf Anfrage erhältlich, S. 3; Brown,Building 2001, issue 21.66 Teubner Oberheim/Schröder, s. Fn.11, m.w.N;Uff, Construction Law, 9.Aufl. 2005, S. 63; Carey,s. Fn. 65; Kennedy/Milligan/Cattanach/McCluskey,s. Fn. 53.67 Zimmermann/Hamann, Vergleich bauvertragli-cher Regelungsmechanismen im Hinblick auf eineoptimierte Abwicklung und zur Senkung von Kon-fliktpotential am Beispiel von VOB, NEC und FI-DIC. Abschlussbericht, Stuttgart 2009.68 Borowsky, Das Schiedsgutachten im CommonLaw. Ein rechtsvergleichender Beitrag zum Begriffder Schiedsgerichtsbarkeit, 2001, S. 59 ff.; s. hierzuNicklisch, in Lindacher et al. (Hrsg.), Festschr. f.Habscheid, 1989, S.129.69 Hök, ZfBR 2010, 736.70 Die Leitlinie PPA verzichtet auf einen engineer,der der deutschen Baukultur in dieser Rolle fremdist, stellt aber sicher, dass auf beiden Seiten eindeu-tig die verantwortlichen Ansprechpartner genanntwerden und definiert Prozesse bei Bauablaufsstö-rungen. Ferner finden im Anschluss an Baubespre-chungen Sitzungen eines Risikokomitees statt so-wie alle sechs Monate gemeinsame Workshops, indenen die Parteien sich offen über Probleme aus-tauschen.71 Spang/Riemann/Köntges, s. Fn. 29.72 Schröder/Gerdes/Teubner Oberheim, s. Fn. 5.73 Fairlie, Die Beweissicherung in Bauverfahren,Berlin 2009, S.126.74 Barrick, Building 2000, issue 19.75 Teubner Oberheim/Schröder, s. Fn.11.76 Sweet/Schneier, Legal Aspects of Architecture,Engineering and the Construction Process, 8.Aufl.Stamford, CT, USA 2009, Ziffer .29.04.

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Deutschland davon auszugehen, dass ent-sprechend den Erfahrungen mit nichtbindenden Schiedsgutachten viele Par-teien die Entscheidung schon freiwilligbefolgen würden.77 Dem „Justizkredit“wird man aber ohne Vollstreckungsmög-lichkeit eher nicht abhelfen können.

III. Fazit

Das Adjudikationsverfahren ist inDeutschland noch sehr neu undmuss sicherst praktisch bewähren. Theoretischscheint es für Streitigkeiten im Baurechtsehr vielen Problemen abzuhelfen. EineAuswertung der englischen Erfahrungenzeigt jedoch vor dem Hintergrund unter-

schiedlicher rechtskultureller Einbettung,dass die Adjudikation allein eher nicht zuden erwarteten positiven Effekten führenwird. Zum einen muss sichergestellt wer-den, dass eine Streitentscheidung wirklichbaubegleitend stattfindet und nicht erstnach Abschluss des Projekts. Andererseitssollte der Konfliktstoff schon vor Beginndes zeitlich sehr begrenzten Adjudika-tionsverfahrens in irgendeiner Weisestrukturiert und dokumentiert sein, umeine Mindestqualität der Entscheidung si-cherzustellen. Die Vereinbarung einerprojektbegleitenden Adjudikation scheintzumindest für größere Projekte ein gang-barer Weg. Für kleinere Projekte kannman daran denken, der Adjudikation ein

(Partei-) Sachverständigengutachten vor-zuschalten.RAin Nicola Teubner OberheimWiss. Mitarbeiterin des Drittmittelpro-jekts „Construction Adjudication in Eng-land – ein Vorbild für die baurechtlicheKonfliktlösung in Deutschland?“ (Fritz-Thyssen-Stiftung), Juristischen Fakultätder Humboldt-Universität zu Berlin, [email protected]

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012180

Nikola Friedrich*

Mediation und die Herstellung von Verfahrens-gerechtigkeit in sozialrechtlichen KonfliktenIn sozialrechtlichen Konflikten kanndurch das Mediationsverfahren geradeauch in den Fällen ein Ausgleich geschaf-fen werden, in denen die Verfahrens-ge-rechtigkeit im vorausgegangenen Verwal-tungs-verfahren aufgrund von Verfah-rensfehlern oder Kommunikationsstörun-gen defizitär ist.

A. Einleitung

Insbesondere ein intransparentes Vorge-hen einer Behörde und Missverständnissebeim Kontakt mit dem den Antrag bear-beitenden Sachbearbeiter können dazuführen, dass der betroffene Bürger dasVerwaltungsverfahren als unfair wahr-nimmt. Da in sozialrechtlichen Konfliktenwegen der drohenden Bestandskraft einesBescheids ein rechtlicher Zwang zur Ein-legung eines Rechtsbehelfs besteht, ist zu-dem kaum Raum für Verhandlungen mitder Behörde. Dies führt häufig dazu, dassein einmal entstandenes „Verfahrensge-rechtigkeitsdefizit“ weitere konfliktreicheVerwaltungs- und Klageverfahren nachsich zieht, die den ursprünglichen Kon-flikt weitertragen. Da die Mediation einehohe Verfahrensgerechtigkeit herstellenkann, ist sie ein erfolgreiches Konfliktbe-handlungsverfahren für Fälle, in denendie Verfahrensgerechtigkeit in einem Ver-waltungsverfahren zu kurz kam, auchwenn in der Sache nur wenig Verhand-lungsspielraum besteht.

B. Subjektive Verfahrensgerechtig-keit

I. Begriff der Verfahrensgerechtig-keit

Die Verfahrensgerechtigkeit spielt in je-dem Verfahren eine Rolle, in dem es umVerteilungsfragen, d.h. um die gerechteZuteilung von Gütern, Rechten, Pflichten,Chancen, Risiken u.Ä. geht.1 Bedeutsamist sie damit auch in Verteilungsverfah-ren, in denen es um die Gewährung vonSozialleistungen wie die Gestattung einerKrankenbehandlung, die Bewilligung ei-ner Rente oder die Durchführung einerberuflichen Rehabilitationsmaßnahmegeht.

Mit dem Begriff der Verfahrensge-rechtigkeit ist nicht lediglich das Verfah-ren gemeint, mit dessen Hilfe die gerechteZuteilung erfolgen soll, sie steht vielmehr– unabhängig vom Ausgang des Vertei-lungsprozesses – für die wahrgenommeneFairness des Verfahrens, das zur Entschei-dungsbildung benutzt wird.2 Im Zusam-menhang mit der Verfahrensgerechtigkeitwird daher meist von Fairness gespro-chen, weil es um das konkrete Urteil einesEinzelnen geht, ob ein Verfahren fair ist.Dessen Urteil hängt davon ab, ob die Auf-teilung und das Verteilungsverfahren be-stimmte Kriterien erfüllen. Im Zusam-menhang mit sozialrechtlichen Streitig-keiten geht es meist um die Wahrneh-

mung eines Bür-gers, ob sein An-trag auf Sozial-leistung korrektund gewissen-haft bearbeitetund aufgrund ei-ner sorgfältig er-mittelten Daten-grundlage be-schieden worden

ist.

II. Einzelne Aspekte der Verfahrens-gerechtigkeit

Zu den Kriterien, die für das Fairnessur-teil von Bedeutung sind, gehört zunächst

Nikola Friedrich

77 Greger/Stubbe, s. Fn. 28, Rz. 46 ff.; Lembcke,Gesetzliche Adjudikations-Regelungen für Baustrei-tigkeiten, Diss. 2009, urn:nbn:de:hbz:468-20100907-094757-9 [http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Ahbz%3A468-20100907-094757-9], S.114 f.

* Die Verfasserin ist im März 2012 für ihre Disser-tation „Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit“, Ba-den-Baden 2011, mit dem Mediations-Wis-senschaftspreis 2011 ausgezeichnet worden. Nä-heres zu den regelmäßig von der Centrale für Med-iation ausgelobten Preisen unter www.mediate.de.1 Vgl. Montada in Dieter/Montada/Schulze(Hrsg.), Gerechtigkeit im Konfliktmanagement undin der Mediation, Frankfurt/M. 2000, S. 37, 43 ff.;s.a. Bierbrauer in Blankenburg/Gottwald/Strempel(Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz. Berichte,Analysen, Perspektiven, Köln 1982, S. 317, 319 ff.;Klendauer/Streicher/Jonas/Frey in Bierhoff/Frey/Bengel (Hrsg.), Handbuch der Sozialpsychologieund Kommunikationspsychologie, Göttingen 2006,S. 187, 188 f. und Klinger/Bierbrauer, ZKM 2006,36 (38).2 Vgl. Bierhoff, Zeitschrift für Sozialpsychologie1992, 163.

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das Erfordernis der Neutralität.3 Damitein Verfahren fair ist, darf die entschei-dende Person kein persönliches Eigenin-teresse haben und sie darf nicht voreinge-nommen sein. Ein weiterer Faktor ist dieKonsistenz des Verfahrens über Personenund über die Zeit hinweg. D.h. jeder, derBeteiligter eines Verfahrens ist, mussgleich behandelt werden und die gleichenRechte haben. Bedeutsam ist auch die Ge-nauigkeit, mit der die entscheidungsbe-fugte Person tätig wird, ob also die rele-vanten Informationen korrekt und genaugesammelt werden und bei der Entschei-dung Berücksichtigung finden und fehler-hafte Vorannahmen vermieden werden.Entsprechend unfair wird ein Verfahrenwahrgenommen, wenn die verfahrens-beendende Entscheidung auf eine unge-naue Informationsgrundlage gestellt wird.Notwendig ist auch die Möglichkeit derKorrektur. Korrigierbarkeit meint dieMöglichkeit zur Revision einer Entschei-dung, die sich nachträglich als fehlerhafterweist. Beeinflusst wird die Wahrneh-mung der Verfahrensgerechtigkeit zudemdurch die Frage, ob die Interessen allerBetroffenen einbezogen werden, das Ver-fahren also repräsentativ ist. Schließlichmuss das Verfahren in Übereinstimmungmit den persönlichen ethischen und mo-ralischen Standards stehen. Gegen solcheStandards würde beispielsweise bei Beste-chung und Täuschung verstoßen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ver-fahrensgerechtigkeit ist die Mitsprache(„voice“) der Beteiligten, d.h. die Möglich-keit eigene Standpunkte und Argumente

zu präsentieren.4 Mitsprache erhöht dieZufriedenheit mit einem Verfahren,5

denn sie garantiert, dass die eigenen Inte-ressen effektiv eingebracht werden kön-nen und dass sich der Betroffene als Mit-glied der Gesellschaft ernst genommenfühlt.6 Umgekehrt führt die Vorenthal-tung von Mitspracherechten zum Gefühlder sozialen Ausgrenzung.7

III. Verfahrensgerechtigkeit imSozialverwaltungsverfahren

1. Verfahrensrechte

Die Gerechtigkeitsforschung beschränktsich zwar weitgehend auf das streng regu-lierte Gerichtsverfahren,8 ihre Erkenntnis-se gelten aber ebenso für andere staatlicheVerfahrensarten und damit beispielsweisefür das Verwaltungsverfahren der Sozial-behörden. Denn auch in diesem Verfah-ren spielt die Wahrnehmung der Fairnessdes Verfahrens und des Ergebnisses eineRolle. Die dargestellten Faktoren, die Ein-fluss auf die Wahrnehmung der Verfah-rensgerechtigkeit nehmen, spiegeln sichmehr oder weniger in der Verfahrensord-nung für das Sozialverwaltungsverfahrenwider. So kennt das Zehnte Sozialgesetz-buch (SGB X), in dem die Regelungenzum Sozialverwaltungs-verfahren enthal-ten sind, Bestimmungen zur Befangen-heit, zu Rechtsbehelfen und darüber, weram Verwaltungsverfahren zu beteiligenist. Zudem hat die Sozialbehörde denSachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.Hierfür bestimmt sie Art und Umfang derErmittlungen. Gesichert wird die Verfah-rensgerechtigkeit noch durch weitere Ver-fahrensrechte: So schafft beispielsweisedie Begründungspflicht eines Verwal-tungsaktes Transparenz. Der betroffeneBürger kann auf diese Weise überprüfen,ob die relevanten Informationen korrektund genau gesammelt worden sind undbei der Entscheidung berücksichtigt wur-den, d.h. ob die Behörde genau tätig war.Noch wichtiger für die Verfahrensgerech-tigkeit ist das die Mitsprache des Betroffe-nen garantierende Anhörungsrecht, wo-nach vor Erlass eines Verwaltungsaktes,der in Rechte eines Beteiligten eingreift,Gelegenheit zu geben ist, sich zu den fürdie Entscheidung erheblichen Tatsachenzu äußern. Dadurch wird dem Betroffe-nen die Möglichkeit gegeben, seine Stand-punkte und Argumente darzustellen.

2. Mitsprache und Genauigkeit imSozialverwaltungsverfahren

Dennoch sind es gerade die Aspekte derMitsprache und der Genauigkeit, die häu-

fig zu nachhaltigen Konflikten im sozial-rechtlichen Verwaltungs- und Wider-spruchsverfahren führen.

Ein Grund für einen Mangel an Mit-sprache während des Verwaltungsverfah-rens hängt mit der Anwendung des Anhö-rungsrechts zusammen und hat damit sei-nen Grund im Verwaltungsverfahrens-recht selbst. Für das sozialverwaltungs-rechtliche Verfahren regelt § 24 SGB X dieAnhörung desjenigen, in dessen Rechteeingriffen werden soll. Nach der Recht-sprechung des Bundessozialgerichts be-steht diese Anhörungspflicht, wenn einemBeteiligten etwas rechtlich genommenoder eine rechtliche Belastung auferlegtwird. Erhält ein Betroffener jedoch nichtdas, was er wollte, d.h. wird eine begehrteLeistung nicht gewährt, so verneint dasBundessozialgericht eine Anhörungs-pflicht.9 Unter Berücksichtigung der Tat-sache, dass die Sozialverwaltung überwie-gend über Leistungsanträge von Bürgernentscheidet, greift das Recht auf Anhö-rung in all den Konstellationen nicht, indenen eine Sozialleistung abgelehnt wird,obwohl auch ein die begehrte Leistung ab-lehnender Bescheid den Bürger belastet.10

Daneben erschwert auch die Massen-haftigkeit der Verfahren eine sachdienli-che und konstruktive Kommunikationzwischen Bürger und Sozialverwaltungund verhindert eine vollständige Informa-tion und genaue Datenerhebung, was zueiner Fehleranfälligkeit des Verwaltungs-verfahrens führt. So wurden beispielswei-se im Jahr 2010 im Bereich des zweitenSozialgesetzbuches (SGB II), d.h. derGrundsicherung für Arbeitssuchende,22,71 Mio. Bescheide von den Grundsi-cherungsstellen erstellt. In 836.000 Fällenwurde gegen den Ausgangsbescheid Wi-derspruch eingelegt. Von diesen erhobe-nen Widersprüchen führten 306.000 Ver-fahren zu einer Korrektur. 164.000 Ver-fahren hatten dabei wegen fehlerhaftenArbeitens in der GrundsicherungsstelleErfolg. Anders ausgedrückt: In knapp20% der Fälle war der angefochtene Aus-gangsbescheid im Rahmen des Wider-spruchs zu korrigieren, weil das Verwal-tungsverfahren Fehler aufwies.11

Die Art und den Umfang der behörd-lichen Kommunikation benennt auch das2008 im Auftrag des Bundesministeriumsfür Arbeit und Soziales erstellte Gutach-ten, in dessen Rahmen das sozialrechtli-che Verwaltungs- und Widerspruchsver-fahren untersucht wurde, als Problem.42% der befragten Sozialrichter betrach-teten wenig sorgfältige behördliche Be-scheide als relevante Ursache des Klage-anstiegs an den Sozialgerichten. 54,7%nahmen wahr, dass sich Betroffene nicht

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 181

3 Vgl. zu den einzelnen Aspekten ausführlichLeventhal in Social Relationships, in: Gergen/Greenberg/Willis (Hrsg.), Advances in Theory andResearch, New York/London 1980, S. 27, 39 ff.Zur Bedeutung der Kriterien zur Wahrnehmungder Verfahrensgerechtigkeit vgl. die UntersuchungTyler, Law and Society Review 1988, S. 103 ff.; s.a.Bierhoff, s. Fn. 2, S. 164 f. und Bierhoff, Sozialpsy-chologie. Ein Lehrbuch, 6. Aufl., Stuttgart 2006,S. 162 f.4 Vgl. Bierhoff, s. Fn. 2, S.168 ff.5 Vgl. Bierhoff, s. Fn. 3, S. 163.6 Vgl. Lind in Bierbrauer/Gottwald/Birnbreier-Stahlberger (Hrsg.), Verfahrensgerechtigkeit.Rechtspsychologische Forschungsbeiträge für dieJustizpraxis, Köln 1995, S. 3, 6 f.7 Vgl. Zenk/Strobl/Hupfeld/Böttger, GerichtsnaheMediation in Niedersachsen. Die Evaluation einesModellversuchs, Baden-Baden 2007, S. 132.8 Vgl. Bora/Epp, Kölner Zeitschrift für Soziologieund Sozialpsychologie 2000, S. 1 (29).9 Krasney in Leitherer, (Hrsg.), Kasseler Komm.Sozialversicherungsrecht, Losebl.-Ausg., Bd. 2,München 1990 ff., § 24 Rz. 9 m.w.N.10 Wallerath in von Maydell/Ruland/Becker(Hrsg.), Sozialrechtshandbuch (SRH), 4. Aufl., Ba-den-Baden 2008, § 11 Rz. 107 m.w.N.11 Vgl. hierzu Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.),Jahresbericht 2010. Zahlen. Daten. Fakten, Nürn-berg 2011, Abb. 12, S. 31 (download: www.arbeits-agentur.de/zentraler-Content/Veroeffentlichun-gen/SGB-II/SGB-II-Jahresbericht-2010.pdf).

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ernst genommen fühlen. Es wurde berich-tet, dass viele Kläger erst im gerichtlichenVerfahren die Möglichkeit erhalten, tat-sächliche und rechtliche Probleme zu be-sprechen oder erst dort den Eindruck ha-ben, mit ihrem Anliegen ernst genommenzu werden. Die den Sozialbehörden oblie-genden Auskunfts- und Beratungspflich-ten können nicht im erforderlichen Maßerealisiert werden und auch das Wider-spruchs-verfahren erfüllt in vielen Fällennicht seine Funktion, zumal nur bei denwenigsten Sozialleistungsträgern eine An-hörung des Widerspruchführers vorgese-hen ist und die meistenWiderspruchsaus-schüsse nach Aktenlage bzw. Vortragdurch die Verwaltung entscheiden.12

3. Konfliktpotential in sozialrecht-lichen Streitigkeiten

Intransparenz, Ungenauigkeit und dasGefühl, keine Mitsprachemöglichkeit zuhaben oder nicht gehört zu werden, füh-ren dazu, ein Entscheidungsverfahren alsunfair zu bewerten. Das sich hieraus erge-bene Konfliktpotential ist in sozialrechtli-chen Streitigkeiten besonders hoch.

Typische Konfliktkonstellation in so-zialrechtlichen Streitigkeiten ist ein Kon-flikt zwischen einem Versicherten bzw.Leistungsberechtigten und dem Sozialleis-tungsträger.13 Bürger und Sozialbehördestehen dabei in einer langwährendenDauerbeziehung. Häufig geht es bei denStreitigkeiten um Rechtsansprüche, dieauf Beitragsleistungen aufgrund einer un-freiwilligen Mitgliedschaft beruhen. DerBürger ist auf die Beziehung zur Sozial-verwaltung angewiesen und kann sie ent-weder gar nicht oder nicht ohne Schwie-rigkeiten durch eine andere ersetzen, sodurch denWechsel der gesetzlichen Kran-kenversicherung. Streitgegenstand ist re-gelmäßig ein Leistungsanspruch, der fürden Leistungsberechtigten eine hoheemotionale Bedeutung hat, weil er nacheinem arbeitsreichen Leben oder nach ei-nem Arbeitsunfall geltend gemacht wird.Aus all diesen Tatsachen folgt, dass – imGegensatz zu allgemeinen verwaltungs-rechtlichen Streitigkeiten – Beziehungs-konflikte in sozialrechtlichen Streitigkei-ten eine starke Rolle spielen können bzw.es handelt sich oft um Beziehungskonflik-te. In solchen Konflikten geht es dann umden Charakter, die Eigenschaften oderVerhaltensweisen der jeweiligen Gegen-partei.14 Sie sind zudem von zunehmen-dem Misstrauen geprägt und ziehen inder Folge weitere Kommunikationsstö-rungen nach sich.

In sozialrechtlichen Konflikten, dieauch die Beziehungsebene betreffen, steht

dann beispielsweise der Vorwurf einerfehlenden Mitwirkung des Bürgers (bei-spielsweise Nichterscheinen zu einemTermin oder Nichteinreichen von Unter-lagen) oder sogar dessen betrügerischeAbsichten im Raum. Demgegenüber wirdvon Seiten des Bürgers dem Sachbearbei-ter der Sozialbehörde ein fehlerhaftes Ver-waltungshandeln (beispielsweise mangel-bzw. fehlerhafte Beratung und/oder unzu-reichende Aufklärung des Sachverhalts)oder Voreingenommenheit unterstellt.Diese Vorwürfe, Vermutungen und Un-terstellungen – ob berechtigt oder nicht –rufen weitere Verhaltensweisen hervor,die den Konflikt eskalieren lassen. DemBürger wird beispielsweise die Geldleis-tung gekürzt, wogegen sich dieser durcheinen einstweiligen Rechtsschutz zu weh-ren versucht. In sozialrechtlichen Konflik-ten kommt es daher häufig zu neuen Ver-waltungs- und Klageverfahren. Nicht sel-ten betreffen diese auch weitere Personen,beispielsweise weil Ehefrau und EhemannArbeitslosengeld II erhalten und nun bei-de gemeinsam gegen die Sozialbehördevorgehen.

4. Beispielsfall

Ein im Rahmen des Modellprojekts „Me-diation in der Sozialgerichtsbarkeit“ inBayern mediiertes Verfahren veranschau-licht das Konfliktpotential sozialrechtli-cher Konflikte:15 Ein Ehepaar und dessenKinder wohnten seit 1999 in einem Einfa-milienhaus, in dem auch das Büro desEhemannes untergebracht war. Das Haushatte die Familie für 1,2 Mio. DM gekauftund zu 100% fremdfinanziert. Der Ehe-mann führte zusammen mit einem Ge-schäftspartner ein Grafikbüro. Seine Ehe-frau arbeitete ebenfalls im Büro mit.Knapp zwei Jahre zuvor musste der Ehe-mann Insolvenz anmelden und das Ge-schäft aufgeben. Die Familie beantragtewegen der finanziellen Situation Arbeits-losengeld II. Die Grundsicherungsstelleübernahm anfangs Unterkunftskosten i.H.v. 850 €. Da sich im Rahmen des Ver-waltungsverfahrens herausstellte, dass dieFamilie bezüglich der Größe ihres Hausesfalsche Angaben gemacht hatte und dieHypothekenzinsen, die als Kosten der Un-terkunft übernommen wurden, nichtmehr gezahlt wurden, wurde von derGrundsicherungsstelle die Zahlung einge-stellt. Die Familie verklagte daraufhin dieGrundsicherungsstelle vor dem Sozialge-richt. Sie verlangte die Erstattung vonKosten der Unterkunft nach § 22 SGB IIfür einen Zeitraum von sechs Monaten.Daneben waren noch zwei weitere Ver-fahren beim Sozialgericht anhängig, bei

denen es einerseits um die Verpflichtungder Ehefrau ging, ihre Erwerbsfähigkeitdurch ein psychiatrisches Gutachten fest-stellen zu lassen, und andererseits um dieRechtmäßigkeit eines Absenkungsbe-scheides über Leistungen nach demSGB II, weil die Ehefrau zu einem Ge-sprächstermin bei der Grundsicherungs-stelle unentschuldigt nicht erschienenwar. Darüber hinaus waren für die Folge-zeiträume verschiedeneWidersprüche an-hängig, in denen es um die Kosten derUnterkunft und um Heizkostennachzah-lungen ging. Der Richter, der in der Sacheberufen war, schlug den Beteiligten desGerichtsverfahrens die Durchführung ei-ner gerichtsinternen Mediation vor, demnach anfänglichem Zögern auch dieGrundsicherungsstelle zustimmte. Nebender Erstattung der Unterkunftskostensollten auch die beiden anderen anhängi-gen Gerichtsverfahren im Mediationsver-fahren thematisiert werden. Im Rahmendes Mediationsverfahrens wurden dieHintergründe der Konfliktsituation näherbehandelt. So berichtete der Ehemanninsbesondere von den betrügerischen Ma-chenschaften seines Geschäftspartners,die ihn in die Insolvenz trieben und da-von, dass seine Frau aufgrund der Ereig-nisse psychisch erkrankt sei, weshalb sienicht in der Lage gewesen war, den Ge-sprächstermin bei der Grundsicherungs-stelle wahrzunehmen. Der Leiter der Wi-derspruchsstelle, der neben dem Ge-schäftsführer der Grundsicherungsstellean der Mediation teilnahm, führte aus,dass die Familie im Antrag für das Ar-beitslosengeld II falsche Angaben ge-macht habe. So habe sich im Rahmen desVerwaltungsverfahrens herausgestellt,dass die Größe des Hauses falsch angege-ben worden sei. Der Rechtsanwalt, der dieEheleute zur Mediation begleitete, wies indiesem Zusammenhang darauf hin, dass

GRUNDLAGEN UND ENTWICKLUNGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012182

12 Vgl. Höland/Welti/Braun/Buhr, Gutachten zuden Auswirkungen der Einführung einer allgemei-nen Gebührenpflicht im sozialgerichtlichen Verfah-ren im Vergleich zur geltenden Rechtslage, Halle(Saale), Neubrandenburg, Bremen, Hamburg,2008, S. 183 ff.13 Vgl. hierzu ausführlich Friedrich in Trenczek/Berning/Lenz (Hrsg.), Handbuch Mediation undKonfliktmanagement, Baden-Baden 2012 (im Er-scheinen).14 Vgl. Alexander/Ade/Olbrisch, Mediation,Schlichtung, Verhandlungsmanagement, Alpmannund Schmidt, Münster 2005, S. 14 und Montada/Kals, Mediation. Ein Lehrbuch auf psychologischerGrundlage, 2. Aufl., Weinheim 2007, S. 88 f.15 Vgl. die Fallschilderung von Berndt in Bayeri-sches Staatsministerium für Arbeit und Sozialord-nung, Familie und Frauen/Max-Planck-Institut fürausländisches und internationales Sozialrecht(Hrsg.), Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit –

Ergebnisse eines Modellprojekts, 2009, S. 54 ff.(download: www.verwaltung.bayern. de/portal/cl/1058/Gesamtliste.html?cl.document= 3982689).

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die falsche Angabe dem Ratschlag derSachbearbeiterin der Grundsicherungs-stelle geschuldet sei, mit der die Ehefraubefreundet sei. Diese hatte unter demHinweis, dass das Haus zu groß sei unddie Kosten hierfür nicht erstattet werdenwürden, dazu geraten, eine kleinereQuadratmeterzahl anzugeben.

Auf Basis der darauf folgenden inte-ressenorientierten Konfliktbearbeitungschlossen die Beteiligten eine Vereinba-rung ab, die nicht nur die Unterkunfts-kosten, die Heizkostennachzahlung, dieBegutachtung der Ehefrau und den Ab-senkungsbescheid umfasste, sondernauch die anhängigen Widersprüche. Zu-dem verständigten sich die Konfliktpar-teien auf eine Fördermaßnahme für denEhemann, schlossen somit auch eine aufdie Zukunft bezogene Vereinbarung.

C. Herbeiführung von Verfahrens-gerechtigkeit durch Mediation

Die Mediation ist ein Verfahren, das einehohe Verfahrensgerechtigkeit herstellenkann. Dabei geht es in sozialrechtlichenKonflikten in Bezug auf den betroffenenBürger um die Schaffung von mehr Ver-fahrensgerechtigkeit in doppelter Hin-sicht, und zwar einmal durch den Media-

tor und zum anderen durch die Behörde,die als Konfliktpartei an der Mediationteilnimmt:

I. Mediator

Das Mediationsverfahren ist ein Verfah-ren, in dem die Verfahrensgerechtigkeitvor allem durch die Allparteilichkeit desMediators und die umfassenden Mitspra-chemöglichkeiten zur Entfaltungkommt.16 Die Mitsprache der Konfliktpar-teien, ein wichtiger Aspekt zur Herstel-lung von Verfahrensgerechtigkeit, ist inder Mediation im Vergleich zum Verwal-tungs- aber auch zum Gerichtsverfahrenquantitativ und qualitativ umfangreicher.Sie beschränkt sich nicht auf den Vortragrechtlicher bzw. rechtlich relevanter As-pekte, sondern bezieht weitere beispiels-weise wirtschaftliche bzw. geschäftlicheInteressen und persönliche Kerninteres-sen mit ein. Sie betrifft auch die emotio-nale Ebene, indem sich der Mediator denKonfliktparteien empathisch zuwendet.

Das Mediationsverfahren ermöglichtauf diese Weise eine umfangreiche Sach-verhaltsaufklärung, die die Konfliktpar-teien in den Zustand einer umfassendenInformiertheit versetzt, damit sie eine in-teressenorientierte Lösung erarbeitenkönnen. Entsprechend gehören zu den re-levanten Informationen neben den Infor-mationen über bestimmte (anspruchsre-levante) Sachverhalte auch die Interessender Konfliktparteien. Sie müssen sowohlüber ihre eigenen Anliegen als auch überdie der anderen Konfliktpartei Kenntniserlangen. Die Konfliktparteien dabei zu

unterstützen, ist eine der wichtigsten Auf-gaben des Mediators.

II. Teilnehmende Behörde

In verwaltungsrechtlichen Konfliktenträgt aber auch die Behandlung des Bür-gers durch die als Konfliktpartei teilneh-mende Behörde im Mediationsverfahrenzur Herstellung einer höheren Verfah-rensgerechtigkeit bei, indem der Bürgerdie mit staatlicher Autorität ausgestatteteBehörde nunmehr als gesprächs- undkooperationsbereit wahrnimmt. Damitihm dies möglich ist, bedarf es nicht sel-ten der Thematisierung des vorangegan-genen Verwaltungsverfahrens, in dem eszu Unstimmigkeiten zwischen dem Bür-ger und dem Sachbearbeiter gekommenwar. Die wissenschaftliche Begleitfor-schung des Modellprojekts „Mediation inder Sozialgerichtsbarkeit“ in Bayernkonnte zeigen, dass in zahlreichen Media-tionsverfahren vorausgegangene Kommu-nikationsstörungen und Auseinanderset-zungen zur Sprache kamen.17 Die Behand-lung und Bearbeitung der (primären)Konfliktursachen im Rahmen des Media-tionsverfahrens haben auf die zukünftigeBeziehung und/oder Folgekonflikte Aus-wirkungen. Die Durchführung des Media-tionsverfahrens führt in solchen Fällen zueiner höheren Befriedung und zu einerdauerhaften Lösung des Konflikts undträgt zur Vermeidung zukünftiger Kon-flikte bei.Dr. Nikola FriedrichRichterin am Sozialgericht München undMediatorin

METHODIK

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 183

Ernst Spangenberg/Heide Janowitz

Entscheidungsstrategien im KonfliktZu den Wesenszügen der Mediation zähltdie Eigenverantwortung. Medianden las-sen nicht entscheiden. Sie tun es selber.Medianden benötigen daher die Fähig-keit, anstehende Fragen eigenverantwort-lich zu entscheiden. Durch Offenlegenund Verbesserung der Entscheidungsstra-tegien der Medianden kann der Mediatorbei schwierigen Entscheidungen behilflichsein.

Was alles eine Entscheidung ist

Werfen wir zuerst einen allgemeinenBlick auf Entscheidungen und Entschei-dungsprobleme. Das Leben besteht aus

Entscheidungen.Das beginnt imKleinen bei derAuswahl einerPizza unter vie-len im Restau-rant und reichtbis zu Lebens-entscheidungenin Beruf undPartnerschaft.Entscheidungen

stehen bei der Lösung eines Konflikts an,für den Richter und die Parteien wie fürdenMediator und die Medianden.

HilfreicheEntscheidungensind Entschei-dungen für et-was. Misslunge-ne Entscheidun-gen sind Ent-scheidungen ge-gen etwas. KeineEntscheidungbedeutet, dauer-

haft die freie Wahl zu haben und auchdauerhaft zu „leiden“.

Nur eine Auswahl/Option zu haben,ist keine Entscheidung. Zwei Optionen

Ernst Spangenberg Heide Janowitz

16 Vgl. Friedrich, Mediation in der Sozialgerichts-barkeit, Baden-Baden 2011, S. 212 ff.17 Vgl. Becker/Friedrich, Mediation in der Sozialge-richtsbarkeit. Abschlussbericht zur Evaluation einesModellprojekts, MPISoc Working Paper 3/2009,München 2009, S. 32, 33, 36 f. und 84 (Downloadunter www.mpisoc.mpg.de/ww/de/pub/for-schung/publikationen/working_papers.cfm).

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zur Auswahl zu haben heißt, ich steckemitten dazwischen. Bei drei Optionen be-ginnt die wirkliche Entscheidung, dieWahl.

Eine zu große Auswahl zu haben,kann das Ende des Entscheidungsprozes-ses bedeuten (Ich war vor lauter Wahlfrei-heit ganz gefangen.). Wenn ichmich nichtentscheiden kann, weil meine Argumentegleichberechtigt sind, kann ich genausogut würfeln, das Horoskop befragen oderauf die Sternschnuppe warten.

Entscheidungsprozesse

Was läuft bei einer Entscheidung im Hin-tergrund ab, bewusst oder teilbewusst?Was lässt sich beeinflussen? Wie treffe ichselbst Entscheidungen?

Entscheiden heißt, sich von Möglich-keiten zu trennen. Entscheiden heißtauch, sich festzulegen. Entscheiden heißtnicht Recht haben oder die bessere Recht-fertigung haben, sondern zu etwas stehen,sich zu etwas bekennen.

Ich kann mich nicht entscheiden, weilInformationen fehlen. Ich will mich nichtentscheiden, weil ich Angst vor dem Fest-legen habe. Ich darf mich nicht entschei-den, weil der Öko-Check/der Preis unklarist. Ich muss mich nicht entscheiden, weildie Freiheit der Wahl sonst in Gefahr ist.

Entscheidungsstrategien

Strategien sind meist unbewusst ablaufen-de, aber bewusstseinsfähige Schritte unse-res Verstandes. Die Funktion vorgeform-ter Strategien ist es, die Verstandesfähig-keit zu erleichtern. Wir müssen nicht beijeder sich stellenden Aufgabe eine neueStrategie entwickeln, sondern greifen aufbewährte im Verstand abgespeicherteStrategieschritte zurück. Besteht die Auf-gabe des Verstandes darin, eine Entschei-dung zu fällen, so läuft automatisch dieseither benutzte Entschedigunsstrategieab. Bei anderen Aufgabenstellungen, wiebeispielsweise lernen, kreativ sein odersich motivieren, geschieht der Rückgriffauf die dafür eingeschliffene Strategie.

Eine wohlgeformte Entscheidungs-strategie erfüllt im Wesentlichen folgendeKriterien:– sie verläuft zügig,– besteht aus wenigen Schritten,– bindet mehr als einen Sinneskanal

ein,– ist ein vorwiegend innerer Prozess,

der eine Realitätskontrolle beinhaltetund

– vertraut dem Gefühl.

Umgekehrt kann eine Misserfolgsstrategiedarin bestehen,

– dass der Entscheidungsprozess sichhinzieht, weil der Prozess in einer wie-derkehrenden Schleife festhängt,

– dass die Realität ausgeblendet wird,

– dass es an ausreichender sinnlicherRepräsentanz fehlt oder

– dass der Entscheidende die Entschei-dung mit Logik, d.h. im inneren Dia-log zu erzwingen sucht, statt seinemGefühl zu vertrauen.

Wir können hier nicht alle aufgeführtenKriterien von Erfolg und Misserfolg aus-leuchten, wollen aber durch zwei Beispieleaus dem Richteralltag einen Eindruck ver-mitteln:

Ich erinnere einen Richterkollegen,der die Haftungsanteile eines von beidenBeteiligten, einemMotorradfahrer und ei-nem Radfahrer, verschuldeten Verkehrs-unfalls abzuwägen hatte. Er wählte dasBild einer Waage und sammelte die Argu-mente in den Waagschalen, die Ge-schwindigkeit, die Gefährlichkeit, dasMaß der Unachtsamkeit. Letztendlichfanden sich in jeder der beiden Schalen5 Argumente. Die Waage wollte sich nichtzu einer Seite neigen. Sie tat das auchnicht, als er zwei weitere Argumente fürjeden gefunden hatte. Die Einsicht, dassnicht die Zahl der Argumente sondern ihrGewicht die Entscheidung bringt, stürzteihn in neues Grübeln darüber, wie die ein-zelnen Argumente zu bewerten seien.

Das Beispiel belegt: Man kann Ent-scheidungen nicht mit Logik treffen. Mankann sie nur nachträglich logisch begrün-den. Im Rahmen einer guten Entschei-dungsstrategie spielt die Logik eine unter-geordnete Rolle.

Als Gegenbeispiel wähle ich einen Fa-milienrichter, der bei schwierigen Ent-scheidungen, wie der Vergabe der elterli-chen Sorge an ein Elternteil im Zuge einesScheidungsrechtsstreits, die aus den Ak-ten gewonnenen Informationen durch dieAnhörung der Beteiligten ergänzte bzw.korrigierte und dann solange die Eindrü-cke noch frisch waren, eine halbe Stundeim Wald spazieren ging, ohne an den Fallzu denken. Danach standen Ergebnis undBegründung fest.

Was diese Erfolgsstrategie auszeich-net, ist das zeitweise Abschalten des be-wussten Verstandes und das Vertrauenauf die Kräfte des Unbewussten, auf denanderen Verstand. Das Wesentliche, dasNicht-an-den-Fall-Denken kann manauch auf andere Weise erreichen, bei derGartenarbeit oder beim Ruhen. Wichtig

ist jedoch der Auftrag an das Unbewusste,unterdes die anstehende Entscheidung zutreffen.

Einsatz von Metaphern

Unter den Stressbedingungen eines Kon-flikts reduzieren sich die sinnlichen Res-sourcen einer Partei mit der Folge, dassEntscheidungen meist in endlosen Schlei-fen als logischer Prozess ablaufen, demgerademal die Informationen eines Sin-neskanals zu Diensten sind. Das Für undWider von einer oder zwei Alternativenwerden bedacht, wobei mal die Eine maldie Andere mehr überzeugt, ohne dass ei-ne sich endgültig durchsetzt. Neue Argu-mente müssen her, Dritte werden gefragt.Der Erfolg ist gering, solange die Strategiesich nicht ändert. Der Weg zur zielgerich-teten Entscheidungsstrategie führt ameinfachsten über Metaphern, weil siesinnliche Informationen speichern undweil ihre Anschaulichkeit es erlaubt, dieStrategie auf die entscheidenden Schrittezu konzentrieren.

Wie sich mit Metaphern ein stocken-der Entscheidungsprozess beleben lässt,soll das folgende Beispiel zeigen. Es belegt,dass eine Entscheidungsstrategie sich mitHilfe eines Dritten verbessern lässt:

Wir hatten eine Scheidungsmediationmit einer Vereinbarung abgeschlossen,dass die Frau dem Mann aus dem Erlösihres Hauses seinen ehelichen Zugewinnausgleichen und der Mann bis zum Ver-kauf eine Rente zahlen sollte, deren Ge-samtbetrag aus dem Erlös des Hauses zu-rück erstattet werden sollte. Die Frau tatsich mit dem Verkauf des Hauses, zu demein wertvolles Grundstück gehörte unddem Erwerb einer auf ihre Bedürfnissezugeschnittenen Eigentumswohnungschwer. Je besser ihr Einblick in den Im-mobilienmarkt wurde, umso unsichererwurde sie. Sie bat deshalb um ein Einzel-gespräch.

Wir: „Wie hindern sie sich, ihren Planumzusetzen“?

Frau S: „Ich denke, ich könnte dasHaus unter Wert verkaufen. Dann denkeich, wenn ich ein Angebot ausschlage,dass es das Günstigste sein könnte unddass ich später bereuen könnte, es nichtangenommen zu haben. Diese beiden Ge-danken drehen sich nachts in meinemKopf und verwirren mich“.

Wir: „Hängen sie noch an ihrem ,Ehe-haus'“?

Frau S: „Ehehaus, das war einmal,jetzt ist es ein leerer Kasten“.

METHODIK

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012184

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Wir: „Auf dem Papier sind Sie einereiche Frau. In der Realität haben Sie die-sen leeren Kasten. Man nennt so etwas to-tes Kapital“.

Frau S: „Und wie mache ich das Kapi-tal wieder lebendig“?

Wir: „Was brauchen Sie, um sich wie-der lebendig zu fühlen“?

Frau S: „Ein neues Zuhause“.

In dem Dialog haben wir bewusst dieSachebene ausgespart, Grundstücksbe-wertung, Preis-Leistungs-Verhältnis, Fi-nanzierungsfragen und dergleichen, mitdenen sich die Mediandin mehr als genugbeschäftigt hatte, und sind auf eine „höhe-re“ Ebene gewechselt, die Frage nach ei-nem neuen Lebenssinn. Zunächst habenwir auf die provozierende Metapher „Ehe-haus“ als Antwort das Bild vom „leererKasten“ erhalten und mit dem „Reichtumauf dem Papier“ und dem „toten Kapital“den alsbaldigen Hausverkauf emotionaldringlich gemacht. Durch Vermittlungder Metapher vom „wieder lebendigwerdenden Kapital“ sind wir zum eigent-lichen Ziel der Mediandin gelangt, sichwieder lebendig zu fühlen, d.h. ein neuesLeben zu beginnen, indem die Wohnungfür das „Zuhause“ steht. Damit war dieEntscheidungsblockade behoben.

Fragt man sich nach den ausschlag-gebenden Aspekten für das Gelingen derEntscheidung, so findet man imWesentli-chen zwei. Frau S hat ihre ursprünglicheMisserfolgsstrategie aufgegeben. IhreWortwahl, „Haus“, „Wert“, „Angebot“,

„das Günstigste“, „Gedanken“ und zweiMal „ich denke“, sind Ausdruck einersinnlich verarmten, logisierten Sprache,die von einem ähnlich sinnlich kargen in-neren Prozess mit geringer Erfolgsaus-sicht zeugen.

Der Erfolg der geänderten Strategieberuht darauf, dass wir die hinter der Ent-scheidung stehenden Werte beleuchtethaben. Diesem Vorgehen liegt die Erfah-rung zugrunde, dass Menschen nicht ge-gen ihre Werte entscheiden können. Imvorstehenden Beispiel ist der wesentlicheSchritt auf der Werteebene der vom „to-ten Kapital“ zum „lebendigen Zuhause“.

Die Veränderung der Strategie in eineErfolgsstrategie, bestand darin, Sinnlich-keit zu provozieren. Bei dem Wort „Ehe-haus“ entstand eine Bilderfolge, die beider hässlichen Vorstellung eines „leerenKastens“ und einem dazu passenden un-angenehmen Gefühl endete. Frau S hattedie Augen geöffnet. Hätten wir sie gefragt,was sie sonst noch wahrnimmt, so hättesie möglicherweise, das Klappern derKlappläden gehört, die heraufziehendeFeuchtigkeit gespürt und den Moder ge-rochen. Dieses Erleben haben wir mit ei-ner künftigen Wohnung verglichen, diedie angenehmen Sinneseindrücke einesZuhauses ausströmt. Mit der Verlagerungdes Entscheidungsprozesses vom endlossich wiederholenden inneren Dialog aufdie sinnliche Wahrnehmung wurde ausder quälenden Einstiegssituation eine ein-deutige in einem positiven Gefühl sich äu-ßernde Entscheidung. Da Frau S sich in-

zwischen zur Fachfrau auf dem Immobi-lienmarkt entwickelt hat, wird es trotz ih-rer neu gewonnen Entschlusskraft nichtpassieren, dass sie wirtschaftlich eineFehlentscheidung trifft.

Fazit

Eine gute Entscheidung erfordert ausrei-chende Information zu einzelnen Optio-nen einschließlich der Sammlung vonGründen und Gegengründen. In den Ent-scheidungsprozess fließen die sinnlichenErfahrungen der Erinnerung (Vergangen-heit), die derzeitigen Erfahrungen (Ge-genwart) und die zu erwartenden sinnli-chen Erfahrungen (konstruierte Zukunft)ein. Je mehr Sinneskanäle beteiligt sindund je breiter das Zeitfenster ist, umso hö-her ist der Grad der Informiertheit.

Die eigentliche Entscheidung, bei derdie Argumente gewichtet werden, ist einirrationaler Akt. Er führt unter sprach-lichem Aspekt in die Welt der Metaphern,unter strategischem Aspekt in die Weltder Sinne und bei Entscheidungen vonGewicht zu den Werten des Entscheiders.

Ernst SpangenbergRichter a.D.; Mediator BAFM, NLP-Trai-ner, BickenbachHeide JanowitzLehrcoach DVNLP, Mediatorin, Augs-burg

FAMILIE UND VERMÖGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 185

Heiner Krabbe

Elder Mediation– Konflikte und deren Lösung rund um die Lebensgestaltung im Alter –

Der Blick auf das Alter als einer Zeit derEntwicklung des Menschen schafft neueRäume für die älteren Menschen und da-mit zugleich für die Einsatzmöglichkeitenvon Mediation. Als Elder Mediation istsie in einigen Lebensbereichen von älterenMenschen bereits entwickelt und erprobtworden.

A. Einführung

Die demographischen Veränderungen ha-ben in Deutschland dazu geführt, dass in-

zwischen 24 Pro-zent der Bevölke-rung über 60Jahre alt sind.Die heute 60-jäh-rigen Frauen ha-ben eine weitereLebenserwar-tung von 23/24Jahren und dieheute 60-jähri-gen Männer von

19/20 Jahren. Die Lebenserwartungenumfassen also mindestens ein Drittel derLebenszeit eines Erwachsenen.1

In den letzten Jahren zeigt sich eine Zu-nahme an Wünschen zumindest auf Sei-ten der „Jüngeren Älteren“ nach profes-sioneller Unterstützung, sei es Beratung,Psychotherapie oder Mediation. Die jetztälter werdende Generation scheint nichtmehr so große Vorbehalte zu haben ge-genüben diesen Hilfen, insbesondere ge-genüber einem Aushandeln. Gerade dieMöglichkeit, Vereinbarungen zur gegen-wärtigen oder zukünftigen Lebenssitua-tion treffen zu können, führt viele ältereMenschen in die Mediation.

Auf Seiten des Mediators setzen diese An-fragen notwendige Grundkenntnisse vo-

Heiner Krabbe

1 Peters, Klinische Entwicklungspsychologie desAlters, Göttingen 2004, S. 11.

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raus. Neben profunden Kenntnissen zuMediationsstufen, -methoden und -tech-niken muss der Mediator über Grund-kenntnisse der Entwicklungsaufgaben imAlter verfügen. Darüber hinaus benötigter Fachkenntnisse zu den biologischenGrundlagen des Alterns, zu Erkrankun-gen, Hilfen, Vorsorge, Pflege, Wohnfor-men. Schließlich muss er zeitgeschichtlichmitdenken können, um aktuell zu verhan-delnde Themen aus ihrem geschichtlichenKontext besser verstehen und regeln zukönnen.

B. Entwicklungspsychologie desAlters

Die Lebenszeit eines Menschen kann alseine Kombination aus vielen vergangenenund zukünftigen Elementen verstandenwerden, die in ständiger Interaktion mitder Gegenwart stehen.2 Das gilt zu jedemZeitpunkt im Leben eines Menschen.Auch alte Menschen stehen vor neuenEntwicklungsaufgaben, befinden sich inEntwicklungskonflikten, denen sie sichstellen müssen, die neu ausgehandelt wer-den müssen, soll die zukünftige, verblei-bende Zeit einen Sinn haben. Auch im Al-ter ist somit der Mensch mit Anforderun-gen konfrontiert, denen er zuvor nicht be-gegnet ist.3

Die Entwicklungspsychologie einerLebensspanne beschäftigt sich mit denAnforderungen, die der Mensch in einembestimmten Abschnitt seines Lebens je-weils zu bewältigen hat. Entwicklungsauf-gaben sind somit jene Aufgaben, die in ei-ner bestimmten Lebensperiode eines In-dividuums hervortreten und zum Gelin-gen späterer Aufgaben führt, während einMisslingen zur Unzufriedenheit im Indi-viduum, zur Missbilligung durch die Ge-sellschaft und zu Schwierigkeiten bei spä-teren Aufgaben führt.4 Eine entwick-lungspsychologische Betrachtung hebt aufdie lebensgeschichtlich sich konstituieren-de enge zeitliche Verknüpfung von Ver-gangenheit, Gegenwart und Zukunft ab.Diese drei Zeitebenen stehen stets in ei-nem komplexen Wechselverhältnis zuei-nander.5

Wie sehen nun die Entwicklungsauf-gaben für ältere Menschen im Konkretenaus und in wieweit können sie von den äl-teren Menschen im Rahmen von Media-tion angeeignet werden?

Das Leben im Alter spielt sich in weni-ger formal organisierten Strukturen ab,der Status älterer Menschen ist wenig de-finiert, die Rollenverteilung nicht klar ab-gegrenzt. Es handelt sich um Problememit widersprüchlichen Zielen, für die es

nur relative, nicht eindeutige Lösungengibt. Das Alter erfordert daher ein hohesMaß an Ambiguitätstoleranz und kon-frontiert mit der Aufgabe, immer wiedererneut ein inneres Gleichgewicht herstel-len zu müssen.

Elder Mediation knüpft an die gegen-wärtigen Anforderungen des Alters an6

und gibt den älteren Menschen die Mög-lichkeit, Struktur in ihrer Gegenwart zuschaffen. Es werden eigene Gestaltungs-möglichkeiten entwickelt und aufgebaut,um eine individuelle Form der Anpassungan die Erfordernisse der Gegenwart zufinden und zu vereinbaren.

In der Praxis der „Elder Mediation“spielen die konkreten Konflikte und Ent-wicklungsaufgaben des Alters eine Rolle.Sie beziehen sich auf:

k Die Auseinandersetzung mit der Ge-staltung von Beziehungen, der Gestal-tung von Kontakten (Paar, Familien,Kinder, Enkelkinder, Geschwister,Nachbarn).

k Die Auseinandersetzung mit Altersab-bau, Krankheit und Tod (Morbilität,Arztbesuche, Pflege, Krankheit, Erb-streitigkeiten, Finanzen, Testament).

k Die Auseinandersetzung mit dinglich-räumlicher und materieller Lebenswelt(Wohnen, Umzug, Hausverkauf, Al-tenheim, Pflegeheim).

k Die Auseinandersetzung mit Konflik-ten im späten Berufsleben (jüngereKollegen/Vorgesetzte, Berentung,Wechsel in den Ruhestand).

C. Felder der Elder Mediation – Ent-wicklungsaufgaben im Alter

Im Folgenden soll der Einsatz von Media-tion im Alter näher beschrieben werden.Schwerpunktmäßig werden dabei zweiAnwendungsbereiche näher vorgestelltund anhand Praxisbeispielen veranschau-licht: (I.) Mediation bei der Gestaltung vonBeziehungen im Alter sowie (II.) Media-tion bei Auseinandersetzungen mit Alters-abbau, Krankheit und Gebrechlichkeit.Daran schließen sich kurze Skizzen zumEinsatz von Elder Mediation bei weiterenEntwicklungsaufgaben im Alter an (III.).

I. Elder Mediation bei der Gestaltungvon Beziehungen älterer Menschen

Mit dem Wegfall beruflicher und anderergesellschaftlicher Rollen konzentriert sichdas Leben älterer Menschen mehr auf denBereich sozialer Beziehungen. Der ältereMensch ist auf die Einbindung in sozialeBeziehungen angewiesen. Dabei ist weni-

ger die Anzahl der Personen, zu denenKontakt besteht, von Bedeutung, als viel-mehr das Gefühl, zu mindestens einerPerson Vertrauen zu haben, sich auf dieseverlassen zu können. Der ältere Mensch,der auf eine bevölkerte Biographie7 zu-rückblickt, wird eher zu mehreren Perso-nen einen engeren Kontakt aufrecht zuerhalten versuchen. Die Entwicklungsauf-gabe des älteren Menschen kann somitdarin gesehen werden, vertrauensvolleBeziehungen herzustellen und zu pflegenund dabei eine ihm angemessene Balancevon Intimität und Abstand, von Bezogen-heit und Rückzug zu beachten.

Die Beziehungsstrukturen im höherenLebensalter lassen sich auf zwei Achsenbeschreiben, auf einer vertikalen und ei-ner horizontalen. Diese Achsen beschrei-ben die inter- und intragenerativen Bezie-hungen des alternden Menschen

Die horizontale Achse bezieht sich aufdem einen Pol auf die Partnerbeziehung,auf dem anderen auf die Beziehung zuGleichaltrigen (Geschwister, Freunde).

Die vertikale Achse erfasst auf dem ei-nen Pol die Beziehungen zu den betagtenoder bereits verstorbenen Eltern, auf demanderen Pol die zu den eigenen erwachse-nen Kindern und Enkelkindern.

Als Entwicklungstrend kann im höhe-ren Lebensalter eine Verschiebung aufden Achsen konstatiert werden: Der Aus-zug der Kinder und der Tod der betagtenEltern bewirken eine Verschiebung hinauf die horizontale Achse, wobei vor allemauch Gleichaltrigen-Beziehungen von Be-deutung sind. Die Entwicklungsaufgabeverlangt somit eine innere Verschiebung,die einen Besetzungsabzug einerseits unddie Neubesetzung der sozialen Bezüge an-dererseits einschließt.8

Elder Mediation kann sowohl fürKonflikte auf der horizontalen als auchauf der vertikalen Achse der sozialen Be-züge älterer Menschen eingesetzt werden.Beispielhaft für die horizontale Achse seiim Folgenden die Mediation mit älterenPaaren aufgeführt.

Ehepaare haben nach Beendigung deraktiven Elternschaft durchschnittlich wei-tere 20 bis 30 Jahre, die sie gemeinsam

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2 Quinodod, Altwerden, Eine Entdeckungsreise,Gießen 2012, S. 15.3 Peters, s.o. Fn. 1, S. 94.4 Havighurst, Development Tasks and Education,New York 1972, S. 2.5 Küchenhof (Hrsg.), Erinnerung und Neubeginn,Gießen 2002, S. 224–239.6 Peters, s. Fn. 1, S. 97.7 Mathews, Definition of Friendship and theirConsequences in Old Age, Aging and Society1983, 3, 141-156.8 Peters, s. Fn. 1,S. 171 f.

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verbringen werden. Sie sind mit der Ent-wicklungsaufgabe konfrontiert, sich er-neut auf eine dynamische Beziehung ein-zulassen und diese neu zu strukturieren.

Paare fragen erst nach professionellerHilfe, wenn sich ihre Lebenssituationmassiv zugespitzt hat. Dabei geht es ihnennicht so sehr um den Bestand der Ehe, alsvielmehr um konkret zu lösende Konflikteinnerhalb der Beziehung, die sich belas-tend auswirken. Paare berichten in die-sem Zusammenhang dann von Dauer-streitigkeiten zwischen ihnen, die sie al-lein nicht mehr lösen können. Beispielhaftseien Konflikt-Anlässe von Paaren aufge-zählt:

– Neuaufteilung von Aufgaben (Haus-halt, Wäsche)

– Gemeinsame Zeit/gemeinsamer Raum– alleinige Zeit/Raum (eigenes Zim-mer, gemeinsame Reisen)

– Soziale Kontakte (unsere Kinder, mei-ne Eltern, unsere Enkelkinder)

– Finanzen (Schulden, Haushaltsgeld)

– Außenbeziehungen (Freundin)

– Bedürfnisse nach Austausch, Zärtlich-keit, Sexualität (mehr Nähe)

– Krankheit, Gebrechlichkeit, Pflegebe-dürftigkeit (Erkrankung meines Part-ners)

– Wohnsituation (Wechsel ins Alten-heim)

Bei diesen konkreten Konfliktanlässen er-scheint den Paaren eine Veränderungdringend geboten zu sein. Der Wunsch andie Mediation besteht darin, diese konkre-ten Anlässe neu zu regeln, um die Ehenicht zu gefährden. Ältere Paare nennensomit ganz spezifische Themen und Pro-bleme, seltener den Wunsch, ihre Bezie-hung zu klären. Mit den in der Mediationgetroffenen Vereinbarungen kommenweitere Themen in den Blick. Diese wer-den von den Eheleuten dann oft eigen-ständig ausgehandelt.

In der Arbeit mit älteren Paaren kom-men im Verlauf des Gesprächs stets alteVerletzungen, alte Streitigkeiten, nicht be-wältigte Aufgaben aus der Vergangenheithoch. Sie sollten in der Mediation ihrenPlatz haben; nicht so sehr, um Vergange-nes nochmals aufzuarbeiten, sondern umdie Schilderungen der alten Konflikte neuin den Zusammenhang zu den aktuellenKonflikten zu stellen. Sie können für dieVerhandlungslösung in der Gegenwartgenutzt werden.

Die Ausführungen zur Mediation mitälteren Paaren sollen an einem Beispiels-fall näher erläutert und veranschaulichtwerden.

Fallbeispiel „Mediation mit älterenPaaren"

Herr G (Informatiker, 69 J.) und Frau G (Grund-schullehrerin, 67 J.) melden sich auf Empfehlung ih-rer Tochter in der Praxis an. Beide schildern Dauer-streitigkeiten im täglichen Zusammenleben, so umdie Vorträge des Mannes, um die Freundinnen derFrau. Sie sind seit 30 Jahren verheiratet, ihre beidenTöchter leben in der Nähe mit ihren eigenen Fami-lien.

Frau G hatte vor 3 Jahren bereits eine Paarthe-rapie vorgeschlagen, die Herr G jedoch abgelehnthatte. Herr G war vor 4 Jahren aus dem Betrieb aus-geschieden, hatte auf privater Basis weiterhin Vor-träge gehalten, Weiterbildungen, Seminare durch-geführt sowie die Herausgabe eines Fachbuchesübernommen. Frau G war vor 3 Jahren in Pensiongegangen; sie fühlte sich zum Schluss in der Arbeitmit den jungen Schülern überfordert und freutesich auf die gemeinsame Zeit als Paar. In den zu-rückliegenden Monaten waren die Dauerstreitigkei-ten so weit eskaliert, dass sich Herr G bereit erklärte,mit professioneller Hilfe die Konflikte zu lösen. Al-lerdings wollte er keine Beziehungsklärung, son-dern mit seiner Frau das Zusammenleben neu ver-handeln. Beide Seiten betonen, dass sie in ihrem Al-ter keine Trennung wollen. Es soll geregelt werden,wie es mit ihrer Ehe weitergehe.

1. Stufe: Einführung und Kontrakt

Der ersten Stufe kommt in der Mediationmit älteren Paaren eine besondere Bedeu-tung zu.

Zu allererst geht es um die Klärungder Indikation von Mediation in Abgren-zung zur Paar-Therapie. In der Paar-Me-diation geht es primär um die Verhand-lung konkreter, aktueller Themen in derBeziehung, nicht jedoch um eine Klärungder Beziehung selbst. Ziel der Paar-Me-diation ist die verbindliche Vereinbarungstrittiger Punkte in der Partnerschaft,nicht die Intensivierung der Liebesbezie-hung. Eine Regelung strittiger Punkte ineiner Vereinbarung hat gleichwohl indi-rekt Einfluss auf die Qualität der Liebes-beziehung eines Paares.

So wollte Herr G lediglich die Streitpunkte inder Ehe mit seiner Frau neu verhandeln, um „Ruhein der Ehe zu bekommen“; eine Beziehungsklärungnach über 30 J. Ehezeit hielt er für nicht angebracht.Frau G erklärte sich mit einer Vermittlung in stritti-gen Punkten einverstanden, auch wenn sie liebermit ihrem Mann über die Beziehung, die Gefühlezueinander, über alte Verletzungen gesprochen hät-te.

Auf der ersten Stufe muss zudem dieVertraulichkeit der Mediation ausdrück-lich besprochen und zugesichert werden.Gerade ältere Paare benötigen bei ihrem„ungewöhnlichen“ Schritt in die Media-tion die Sicherheit, dass der intime Ge-sprächsrahmen nach innen und nach au-ßen gewahrt wird.

So wollten beide Eheleute die Sicherheit haben,dass über den Inhalt ihrer Gespräche auch die bei-den Töchter nichts erfahren.

Schließlich muss der Zeitrahmen derMediation mit dem Paar besprochen wer-den. Dies gilt auch für die Anzahl an Sit-zungen. Ältere Paare wünschen zeitlichüberschaubare Lösungen, kurzfristige, in-haltlich begrenzte Vereinbarungen. Diegegenwärtigen Lebensumstände stehenim Vordergrund, die eine Veränderungund Neuvereinbarung dringend erforder-lich machen.

Herr und Frau G stimmten drei Sitzungen vonjeweils 2 Stunden zu.

2. Stufe: Themensammlung

Bei der Sammlung der Themen ist es denPaaren bisweilen peinlich, ihre Streit-punkte offenzulegen. Zum einen erschei-nen ihnen diese als zu oberflächlich undzu alltäglich, zum anderen passen die ge-nannten Themen nicht ins Bild eines „rei-fen alten Menschen“. So ist oft eine gewis-se Scham bei der Sammlung der Themenzu spüren. Hier sollte der Mediator dieParteien ausdrücklich ermuntern, alleThemen zu nennen, indem er norma1-lisiert und im besonderen Maße Wert-schätzung für jede Seite aufbringt.

So war es beiden Eheleuten peinlich, Themenwie Aufräumen der Küche, Wäsche, Einkauf, Ein-kaufszettel zu benennen.

3. Stufe: Interessen

Die Stufe der Interessen scheint die ent-scheidende Stufe in der Mediation mit äl-teren Paaren zu sein. Bereits bei der The-mensammlung kann es zu ersten heftigenGefühlsausbrüchen kommen. Die Erar-beitung der Interessen ist stets von hohenEmotionen begleitet: alte Verletzungen,alte Vorwürfe, zurückliegende Ereignissein der Ehe kommen an die Oberflächeund werden sehr emotional geschildert.Obwohl die Parteien in der Mediation ge-rade nicht über ihre Vergangenheit redenwollen, werden sie doch von ihr eingeholt.Auch in der Mediation sind Erinnerungenunvermeidlich. Sie sind sogar notwendig,geht es doch für die Partner darum, die ei-gene innere Geschichte in der Gegenwartnachzuzeichnen. Hier kann der Mediatorjeder Partei dabei helfen, die Erinnerun-gen an alte Verletzungen als Zeichen ihreraktuellen Belastungssituation zu deutenund in Form aktueller Interessen für einezukünftige Regelung neu zu verankern.Zudem geben die gezeigten Emotionendeutlich Hinweise auf die hinter den The-men liegenden Interessen. Es erscheintnotwendig, auf der Basis der gezeigten

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Emotionen die Interessen jeder Parteidurch mehrmaliges Nachfragen herauszu-arbeiten. Der Blick von den Emotionenaus der Vergangenheit zu den damit an-gezeigten aktuellen Interessen holt diePartei in denMediationsprozess zurück.

Vor dem Hintergrund von Projektionund Kollusion ist der Verstehensprozessauf der Stufe der Interessen sehr sorgfältigzu organisieren. Statt AnschuldigungenPlatz zu geben, sollte der Mediator jedeSeite darin unterstützen, den Blick auf dieeigene Seite, den eigenen Anteil zu werfen(Selbstbehauptung). Bei älteren Paarenhat sich oft ein Dauerstreit entwickelt, derin einem festen Muster ausgetragen wird.Jede Seite attribuiert das Problem auf diejeweils andere Seite und sieht auch dortdie Verantwortung für die Lösung desKonfliktthemas. Erst wenn wieder Ver-antwortung für die eigene Seite übernom-men werden kann, die eigenen aktuellenInteressen, Bedürfnisse wieder auf demFlipchart notiert sind, lockert sich dasStreitmuster. Ebenso viel Zeit benötigtder Verstehensprozess bezogen auf die je-weils andere Seite. Statt den Partner vorabzu verurteilen, fordert der Mediator jedeSeite mehrfach auf nachzuvollziehen, wel-che Interessen die andere Seite hat. Diesist bisweilen außerordentlich schwierig,bedeutet dieser Verstehensprozess dochein Abrücken von eigenen Vorurteilenund stattdessen eine Beschäftigung mitder inneren Geschichte des Partners. Bis-weilen benötigt dieser Verstehensprozessder eigenen und der anderen Seite in derMediation mit älteren Paaren sehr vielZeit. Sie ist jedoch notwendig, um aus dengewohnten Paar-Mustern herauszukom-men und eine neue Basis für Verhandlun-gen zu schaffen.

Bisweilen kommen Paare nach diesemVerstehensprozess zu dem Entschluss, dieweiteren Schritte ohne Mediator fortzu-setzen und die offenen Themen allein indie Hand zu nehmen. Dies sollte der Me-diator als eine gute Entwicklung werten.

Bei Herrn und Frau G kam es auf der Stufe zuheftigen Vorwürfen und Anklagen mit der Dro-hung, die Gespräche abzubrechen. Erst als die Inte-ressen jeder Seite auf dem Flipchart notiert waren,beruhigte sich das Paar. Sehr ausführlich wurde je-des Interesse von der anderen Seite nachvollzogen,mehrmals nachgefragt und nochmals erklärt, bisdie andere Seite die notierten Interessen verstandenhatte. Die Sitzung auf dieser Stufe benötigte insge-samt 2 Stunden.

4. Stufe: Optionen

Auf dieser Stufe ist der Blick in die weitereZukunft für das Paar befreiend. Nach an-fänglichem Zögern führt dies bisweilen zu

neuen, den Partner überraschende Ideen;mitunter tauchen heimliche alte Wünscheauf, die angesichts der noch verbleiben-den Lebenszeit doch noch realisiert wer-den könnten. Zum Teil stellen die ge-nannten Optionen bereits erste Verhand-lungsangebote an die andere Seite dar.Der Mediator sollte darauf vertrauen, dassältere Paare im Laufe ihrer Ehezeit genü-gend Erfahrungen angesammelt haben,die ihnen bei der Entwicklung von Ideenhilfreich sind.

Herr und Frau G entwickelten nach zögerlich-em Beginn mit Blick auf die Interessen jeweils fürdie andere Seite überraschende Ideen: So hatte FrauG die Idee, gemeinsam das Fußballstadion zu besu-chen; Herr G schlug einen gemeinsamen Yoga-Kursvor.

5. Stufe: Verhandeln

Diese Stufe benötigt i.d.R. nur eine kurzeErläuterung des Mediators; die älterenPaare sind auf dieser Stufe sehr motiviert,ihre aktuelle Situation jetzt selbst zu re-geln. Bisweilen verfallen sie dabei noch-mals ins vertraute Streitmuster. Hier kannder Mediator helfen, zunächst wieder aufdie eigene Seite zu schauen, eigene Ver-handlungsangebote zu nennen und sichdann erst mit denen der anderen Seite zubeschäftigen.

Zum Teil wird auch diese Stufe vonden Parteien bereits ohne Mediator um-gesetzt. Die erarbeiteten Optionen warendann eine hinreichende Basis, um zuhau-se eigene Verhandlungen zu führen.

Herr und Frau G konnten sich auf der Basis dergesammelten Optionen gut auf Verhandlungen ein-lassen. Der Mediator achtete darauf, dass jede Seiteeigene Angebote an die andere Seite entwickelnmusste, bevor sie auf die der anderen Seite eingin-gen. Die lange Vertrautheit half, schnell Regelungenmiteinander auszuhandeln.

6. Stufe: Vereinbaren

Die in der Mediation getroffenen Rege-lungen sollten vom Mediator für jedenEhepartner schriftlich protokolliert undanschließend zugesandt werden. ÄltereMenschen können sich oft nicht mehr analle Details erinnern. Es ist für sie hilf-reich, auf eine schriftlich vorliegende Ver-einbarung zurückgreifen zu können. Diesgibt dem Paar eine zusätzliche Sicherheit.

In der Regel wünschen Paare einschriftliches Protokoll ihrer getroffenenVereinbarungen. Es geht dabei aber nichtso sehr um einen juristisch einklagbarenVertrag. Insoweit stößt die Frage nach derRechtsverbindlichkeit der Vereinbarungbei älteren Paaren bisweilen auf Erstau-nen. Sie sollte dennoch gestellt werden,

aus Gründen der Anregung an das Paarund auch aus formalen Gründen.

Das schriftliche Protokoll der Verein-barung hat für das Paar eine doppelteFunktion: Es hält die aktuell getroffenenVereinbarungen fest und steht sogleichsymbolisch für die Fähigkeit des Paares,Konflikte miteinander lösen zu können;dies gibt beiden Seiten Sicherheit für ihreweitere Zukunft als Paar.

Herr und Frau G wünschten ein schriftlichesProtokoll ihrer Vereinbarungen und die Möglich-keit, bei möglichen Konflikten in der Zukunft wie-der eine Mediation in Anspruch nehmen zu kön-nen. Zusätzlich wurde die Möglichkeit der Überprü-fung mit demMediator vereinbart.

II. Elder Mediation bei Auseinander-setzungen mit Altersabbau,Krankheit und Gebrechlichkeit

Die Verlängerung des Lebenslaufs hat zurFolge, dass oft vier oder fünf Generatio-nen gleichzeitig leben. Die jungen Altenhaben alte Eltern. Oft nähern sich die Ge-nerationen neu an, wenn die betagten El-tern zu den Kindern oder in deren Näheziehen.9 Die jungen Alten müssen feststel-len, dass ihre Eltern zusehends auf ihreHilfe angewiesen sind. Auf dem Hinter-grund dieser Erkenntnis durchläuft dieBeziehung zu den Eltern noch einmal eineneue Phase, die die Kindheit spätestens zudiesem Zeitpunkt beendet. Zum erstenMal nimmt man die Eltern als Individuenmit eigenen Lebensgeschichten wahr, ei-ner Lebensgeschichte, die nur zum Teilmit der Person des Kindes etwas zu tunhat. Gleichzeitig beginnt bei den jungenAlten die Auseinandersetzung mit dem ei-genen Alterungsprozess und der Endlich-keit des Lebens.

Ausgehend von der Erkenntnis einergegenseitigen Abhängigkeit, kann es zueiner Wiederannäherung zwischen denbeiden Generationen, den „Kindern“ und„Eltern“ kommen.

Dennoch ist die Beziehung zu den al-ten Eltern mit Belastungen verbunden,insbesondere dann, wenn die alten Elternhilfs- und pflegebedürftig sind und die„Kinder“ mit neuen Aufgaben und zu-sätzlicher Verantwortung konfrontiertsind.

Körperliche und kognitive Abbaupro-zesse als Ausdruck des biologischen Al-terns vollziehen sich unvermeidlich, siemachen das Alter zum unabwendbarenSchicksal, das jeden erreicht, wenn auchzu unterschiedlichen Zeitpunkten und inunterschiedlicher Geschwindigkeit.10

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ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012188

9 Peters, s. Fn. 1, S. 189.10 Peters, s. Fn. 1, S. 226.

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In der Mediation geht es dann umVerhandlungen über den Umgang mitkörperlicher Krankheit und Gebrechlich-keit, um kognitive Einbußen und De-menz, um Hilfs- und Pflegebedürftigkeit.Gebrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeitführen dazu, dass Unterstützung undPflege, sei es in privater familiärer oder inprofessioneller Form, geregelt werdenmüssen. Dies wird in der Mediation zwi-schen den Eltern, zwischen Eltern undKindern oder zwischen den Kindern ver-handelt und vereinbart.

Die soll an einem weiteren Fallbeispielvon Elder Mediation näher beschriebenwerden.

Fallbeispiel „Mediation mit betagtenEltern"

Frau K (Krankenschwester, 58 Jahre) fragt nachder Möglichkeit einer Mediation. Ihre Mutter, FrauD, sei 84 Jahre alt, lebe allein in einer 2-Zimmer-Wohnung in der Nähe und könne sich nicht mehrzuverlässig versorgen. Ihr Vater sei bereits vor 5Jahren verstorben. Ihre Mutter beziehe eine eigeneRente und die Witwenrente ihres Mannes. Frau Kberichtete von ihrem Bruder, Herrn D, Lehrer, 63Jahre alt; er befinde sich im vorzeitigen Ruhestandund lebe mit seiner Frau zusammen. Der gemeinsa-me Sohn sei bereits ausgezogen. Frau K selbst seigeschieden, habe zwei Töchter, die sich noch imStudium befänden. Nach der letzten Aufregung, beider ihre Mutter die Gasflamme ihres Herdes tags-über habe brennen lassen, habe sie mit ihrer Mutterund ihrem Bruder gesprochen. In der Frage, wie esmit der Mutter weitergehen soll, habe sie auf Emp-fehlung einer Freundin mit ihrem Bruder über dieMöglichkeit einer Mediation gesprochen. Auch ihreMutter sei bereit, an einer Mediation teilzunehmen,wolle jedoch nicht in ein Heim wechseln.

1. Stufe: Einführung und Kontrakt

In der Mediation mit älteren Menschenkommt der Mediator mit Menschen inKontakt, die bereits über eine große Le-benserfahrung verfügen, zahlreiche Kon-flikte in ihrem Leben bewältigen mussten.Daher prüfen sie in der ersten Begegnungden Mediator dahin, ob sie sich ihm an-vertrauen können, ob er ihrem Konfliktgewachsen ist, ob er dazu in der Lage ist,sie durch den Gesprächsprozess zu füh-ren. Bereits die ersten Momente des Kon-takts entscheiden darüber, ob die älterenMenschen sich auf eine Mediation einlas-sen. In der Mediation ist es an dieser Stel-le wichtig, in respektvoller Haltung denGesprächsprozess zu führen. So werdenbei der Information über die Mediationinsbesondere die Aspekte der Eigenver-antwortlichkeit und der Ergebnisoffenheitbetont. Zudem wird die Möglichkeit vonPausen auf Wunsch der Parteien erörtert.

Frau D war es wichtig, dass in der Mediationihre Selbstbestimmtheit respektiert werde. Herr Dwollte eine mögliche Vereinbarung vorher mit sei-ner Frau abstimmen; Frau K wollte in der Pause mitihren beiden Töchtern Rücksprache halten.

2. Stufe: Themensammlung

In dieser Stufe fällt es den Parteien leicht,offene Regelungspunkte zu nennen. Ofthaben sich neben dem konkreten Kon-fliktanlass im Laufe der zurückliegendenZeit zahlreiche weitere ungeklärte The-men angesammelt.

So wollte Frau D über Alternativen zum Heim,Kontakt zu meinen Kindern und Enkelkindern,Pflegebedarf, Patientenverfügung, Betreuung reden.Frau K nannte als Themen Umgang mit Pflegebe-dürftigkeit, Alltagshilfen, Arztbesuche, Finanzie-rung, Notfallversorgung. Herr D wollte über Gefah-ren, Urlaub, Geld sowie Betreuungsverfügung/Vor-sorgevollmacht/Kontovollmacht verhandeln.

3. Stufe: Interessen

Auf dieser Stufe muss der Mediator Zeit-geschichtliches mitdenken können. Erin-nerungen bekommen im Alter eine zu-nehmende Bedeutung. Auf dieser Stufekann es vorkommen, dass alte Verletzun-gen, belastende Erinnerungen bei allen äl-teren Familienmitgliedern auftauchen.Hier sollte der Mediator genügend Raumfür jede Partei anbieten. Das Aufbrechenvon Erinnerungen auf dieser Stufe scheintnotwendig zu sein, um zum einen dieSelbstbehauptung jeder Partei stärken zukönnen und zum anderen einen neuenProzess gegenseitigen Verstehens in derGegenwart verankern zu können.

So wurde deutlich, dass Frau D ihre Selbstän-digkeit und Selbstverantwortung gewahrt habenwollte. Frau K hatte ein Interesse, die Verantwor-tung für ihre Mutter zukünftig nicht allein zu ha-ben, sondern mit den anderen Familienmitgliedernzu teilen, um auch Raum für ihr eigenes Leben zuhaben. Herr D hatte einerseits ein Interesse amWohlergehen der Mutter, andererseits den Wunsch,dass genügend Zeit, Kraft und Geld für seine eigeneFamilie erhalten bleiben soll. Zwischen den Ge-schwistern brachen erneut alte Rivalitäten hervor,Frau D erinnerte sich an ihre schöne Zeit mit ihremverstorbenen Mann.

4. Stufe: Optionen

Auf dieser Stufe sollte Hintergrundwissenzum Älterwerden bei den Parteien undauch beim Mediator vorhanden sein. Diesbezieht sich u.a. auf Mehr-Generationen-Familien, Wohnformen, professionelleHelfer, Pflegemöglichkeiten und Vorsor-geformen. Bei hinreichendem Fachwissenfällt es den Parteien oft leicht, mit demBlick auf die nähere Zukunft neue Ideenzu entwickeln. Bisweilen werden alte Fa-

milienbündnisse aufgekündigt und neueentwickelt.

So nannte Frau D u.a. als Ideen: Essen auf Rä-dern, Putzfrau einstellen, Notrufpieper, eins derKinder zieht ins Nachbarhaus, betreutes Wohnenausbauen. Herr D hatte u.a. die Idee eines Rettungs-hundes, dass ein „Zivi“ sich um die Mutter kümme-re, die Finanzen neu geregelt würden und er regel-mäßig für die Mutter Großeinkäufe erledige. Frau Knannte u.a. einen Pflegedienst zu beauftragen, derBruder und sie schauten täglich einmal vorbei, ei-nen Notrufknopf und einen Schlüssel für Dritte, ei-ne Polin ins Haus zu holen, Altenwohnungen anzu-schauen, einen automatischen Herd und Nachbarneinzubeziehen.

5. Stufe: Fairness und Gerechtigkeit

Bei einer Mediation mit mehreren Genera-tionen hat es sich als sinnvoll erwiesen, dieParteien zu bitten, ihre eigenen Maßstäbefür Fairness und Gerechtigkeit erarbeitenzu lassen. Gerade bei der gegenseitigen Un-terstützung der Generationen in der Fami-lie geht es um einen gerechten Transfer inmaterieller Hinsicht (Finanzen, Sauberma-chen etc.) und in immaterieller Hinsicht(Emotionen, Kognitionen etc.).

So war für Frau D eine Vereinbarung dann ge-recht, wenn ihre Selbstbestimmung gewahrt bleibtund die Interessen aller drei Generationen berück-sichtigt werden. Für Herrn D war ein Maßstab fürFairness und Gerechtigkeit, dass seine Ehe weiter-hin genügend Raum erhalte. Frau K nannte u.a. dieVereinbarung für fair, wenn die Belastungen unterden Geschwistern und den Enkelkindern gleich ver-teilt werden.

6. Stufe: Verhandeln

Beim Verhandeln mit älteren Menschensollte vom Mediator die Möglichkeit ak-tueller, kurzfristiger Regelungen in denVordergrund gerückt werden. Zudemsollte er auf die Überprüfbarkeit und Ver-änderbarkeit der Vereinbarungen achten.Neben dem fokussierten Blick auf die Ver-einbarung zur aktuellen Gegenwart, na-hen Zukunft, sollte die Stufe des Verhan-delns als eine Chance für die Beteiligtenbetrachtet werden, das Verhandeln selbstzu lernen, um es als geeignetes Muster fürzukünftige weitere Veränderungen einset-zen zu können. Insoweit sollte der Media-tor das Vorgehen auf der Stufe des Ver-handelns prophylaktisch, i.S. eines Ver-handlungsmanagements, den Parteienausführlich erklären und einüben. Aufdieser Stufe hat sich bei älteren Menschendas Optionale Angebotsverhandeln alsgünstig erwiesen, gestattet diese Form desVerhandelns, materielle und immaterielleWerte miteinander zu verbinden.

Frau D, Herr D und Frau K wollten die genann-ten Ideen sogleich vereinbaren. Der Mediator er-klärte ihnen zunächst das Verfahren des Verhan-

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delns, was die Parteien ungewöhnlich fanden, wa-ren sie es doch bisher gewohnt, intuitiv miteinanderdie Vereinbarungen zu treffen. Dennoch ließen siesich nach dem Hinweis des Mediators, dass sie auchzukünftig, nach der Mediation, weitere Themenwürden verhandeln wollen, darauf ein, den jeweilsanderen Parteien Angebote zu nennen, die dannmiteinander verglichen und vereinbart wurden. Sievereinbarten kurzfristig, dass sich Frau D zu Weih-nachten bei Frau K und über Sylvester bei Herrn Daufhalte und dort feiere. Dann sollte die Wohnungvon Frau D umgestaltet werden i.S. größerer Sicher-heit (u.a. Installation eines Notrufs, ein Zwischen-stecker sollte besorgt werden, ein neuer Herd undein Pieper soll angeschafft werden). Frau K besorgtinnerhalb des nächsten Monats eine Haushaltshilfeund erkundigt sich über die Möglichkeiten „einerPolin im Haus“. Es sollte ein gemeinsames Gesprächmit Frau D und Herrn D beim Arzt über eine Pa-tientenverfügung stattfinden. Die Enkel erklärtensich bereit, jeweils zweimal pro Woche Frau D zubesuchen und die Wohnung zu inspizieren. Herr Dund Frau K wechselten sich amWochenende jeweilsfür einen Tag in der Betreuung ihrer Mutter ab.Schließlich wurde vereinbart, dass sich Frau K umdie Möglichkeiten betreuten Wohnens kümmertund in den nächsten Monaten mit ihrer Mutter vorOrt erkundet.

7. Stufe: Vereinbaren

Zum Schluss der Stufe ist in der Media-tion mit älteren Menschen stets eine gro-ße Erleichterung bei den Parteien zu spü-ren. Ebenso wird auch nach der Möglich-keit einer weiteren Mediation zu einemspäteren Zeitpunkt gefragt. Dies lässt sichvielleicht damit erklären, dass es für Kon-flikte zwischen der alten und der älterenGeneration noch wenige Modelllösungengibt. Das Phänomen der beiden alten Ge-nerationen sowie das von vier gleichzeitiglebenden Generationen ist neu und hatdaher keine Vorbilder und somit auchkeine Modelle einer Konfliktlösung.

Die getroffenen Vereinbarungen wurden alsProtokoll festgehalten und der Ehefrau von HerrnD und den Enkelkindern zur Kenntnis gegeben. DieParteien vereinbaren, im Konfliktfall erneut eineMediation aufzusuchen.

III. Weitere Praxisfelder von ElderMediation im Überblick

Im Folgenden sollen für einige Entwick-lungsaufgaben im Alter weitere Praxisfel-der von Elder Mediation stichpunktartigaufgeführt werden.

1. Spätes Berufsleben, Berentungund Ruhestand

In Zeiten der Globalisierung und des fle-xiblen Kapitalismus hat sich die Arbeits-welt in rasanter Weise verändert.11 Aufdie älteren Menschen hat dieser Prozessgroße Auswirkungen.

Intra-personell führt er bei ihnen zueinem Entfremdungsgefühl und einemGefühl von starker Beeinträchtigung.Technische Neuerungen, Umstrukturie-rungen führen bei älteren Menschen oftzu einer inneren Kündigung, zu passiverVerweigerung.

Inter-personell kommt es zu Konflik-ten zwischen den älteren und jüngerenMitarbeitern zu massiven Vorgesetzten-und Konkurrenzproblemen. Werden die-se nicht gelöst, wird die Entwicklung einesRentenwunsches bei den älteren Arbeit-nehmern immer attraktiver. Statt dieWiedereingliederung in den Betrieb zuverhandeln, wird das Rentenbegehren vo-rangetrieben.

Bereits am Arbeitsplatz kann ElderMediation bei Konflikten zwischen Gene-rationen vermitteln. Der respektvolle Um-gang der Parteien in der Mediation zwi-schen der jüngeren und der älteren Gene-ration könnte einen veränderten Umgangam Arbeitsplatz ermöglichen, sowie einenÜbergang in den Ruhestand, der von bei-den Generationen mitgetragen wird. Bei-spielhaft seien hier die Möglichkeiten derMediation in Betrieben bei Mobbing ge-nannt, sowie die Verhandlungen in Fami-lienunternehmen bei der Nachfolge. DerWechsel in den Ruhestand kann Gegen-stand von Elder Mediation sein, damit dieBerentung nicht zu einem Ruhe-Standerstarrt.

2. Auseinandersetzungen in derdinglich-räumlichen, materiellenLebenswelt

Die Lebensmöglichkeiten werden in ent-scheidender Weise durch die dinglicheund materielle Lebenswelt beeinflusst.Diese schafft die Voraussetzungen, das Al-ter als eine späte Freiheit ausgestalten zukönnen oder sich den reduzierten Lebens-möglichkeiten anpassen zu können. In-dem die Realität des Alters Grenzen ab-steckt, innerhalb derer noch das Leben ge-staltbar ist und den Lebensraum erfasst,über den der ältere Mensch noch verfügenkann, stellt sich bei ihm das Gefühl ein, anGrenzen gestoßen zu sein. Damit ist dasGefühl verbunden, jetzt stärker auf dieMöglichkeiten angewiesen zu sein, die diesoziale Umwelt bereitstellt.12

So verschiebt sich langsam die Le-benswelt älterer Menschen von der äuße-ren, weitläufigen Lebenswelt weiter aufdie unmittelbare. Mit der begrenzten Le-benswelt fühlt sich der Ältere immer stär-ker in besonderer Weise verbunden. Überdiese Welt kann er verfügen, bleibt seinKontrollbedürfnis unangetastet. An die-

sem Ort kann er seinem Bedürfnis nachSelbstbestimmung nachgehen.

In der Mediation mit älteren Men-schen geht es daher oft um das Festhaltenan Gegenständen, um das Anhaften vonErinnerungsstücken. Auf diese Weise kanndie Kontinuität des Lebens aufrechterhal-ten werden, können Spuren des eigenenLebens gesichert werden. So wird das Ver-handeln um die dingliche Welt symbolischzum Verhandeln der eigenen Identität. Inder Mediation wird dann oft die Sicherungder materiellen Lebensumstände zum The-ma: Geld, materieller Besitz, materielleNot. Es geht zudem um die Wohnung, dieWohnumgebung, altersgerechtes Wohnen,betreutes Wohnen mit eigenständigerHaushalts- und Lebensführung. Die eigeneWohnung stellt ein wesentliches Funda-ment der eigenen Identität her und führtin der Mediation mit älteren Menschen oftzu hochemotionalen Auseinandersetzun-gen zwischen den Parteien.

D. Schluss

Der Tod ist im Alter nicht mehr allgegen-wärtig, sondern hat sich auf das betagteAlter zurückgezogen. Aus der unsicherenZeit vergangener Jahrhunderte ist eine si-chere Lebenszeit geworden. Die Men-schen stehen jetzt vor der Notwendigkeit,sich auf das Alter vorzubereiten. Das ur-sprüngliche Unbehagen gegenüber demAlter hat sich dabei allmählich gewandelt.Immer mehr Menschen begreifen das Al-ter nicht mehr als „Rest-Lebenszeit“, son-dern als eine zusätzlich gewonnene Le-benszeit, die es zu gestalten gilt. So kom-men die Chancen des Alters stärker inden Blick. Ältere Menschen beginnen da-mit, sich um das Alter zu kümmern; sielernen, das Alter nicht als Schicksal, son-dern als Aufgabe zu begreifen. Dazu be-nötigen sie eine Orientierung, welche inder postmodernen Gesellschaft mit ihrenUnsicherheiten nicht so einfach zu findenist. Der Begriff des „Dritten Alters“ zeigtzwar an, dass es um Entwicklung und An-eignung neuer Möglichkeiten geht. Esfehlt jedoch an persönlichen Vorbildernund kulturellen Leitbildern.13

Zudem sind die heutigen älteren Men-schen nicht mehr in selbstverständlicherArt und Weise familiär eingebettet odervon nachbarschaftlichen und anderen so-zialen Bezügen getragen. Auch Ältere be-kommen die Zwänge des modernen Le-bens zu spüren, das sie dazu zwingt, mehrEigenverantwortung zu übernehmen unddas Leben stärker selbständig gestalten zu

FAMILIE UND VERMÖGEN

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012190

11 Peters, s. Fn. 1, S. 118.12 Peters, s. Fn. 1, S. 212.13 Peters, s. Fn.1, S. 15.

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müssen. Das „Dritte Alter“ birgt somitneue Unsicherheiten und Chancen zu-gleich. Elder Mediation kann ältere Men-schen darin unterstützen, eine neue Orien-tierung zu entwickeln, zu erproben und zuvereinbaren. Die gefundenen Regelungenunterstützen zudem die Parteien, die Ge-sundheit möglichst weitgehend zu erhaltenund gesundheitliche Risiken aufzufangen.

Insgesamt betrachtet hilft Elder Me-diation älteren Menschen, sich ihre neueLebensphase anzueignen. Die getroffenenVereinbarungen bilden die Grundlage füreine neue Entwicklung, für gewonneneLebenszeit. Statt das Alter nur passiv an-nehmen zu müssen, wird ein Prozess derAneignung des Alters aktiviert. Eine neueZeit beginnt.

Heiner KrabbeDipl.-Psych., Psychotherapeut, Mediator(BAFM)Mediationswerkstatt Mü[email protected]

GESETZGEBUNG

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 191

Beatrix Schobel*

Bald bayernweit: Güterichter und Mediations-beauftragte an den ZivilgerichtenUnmittelbar nach Inkrafttreten des Geset-zes zur Förderung der Mediation und an-derer Verfahren der außergerichtlichenStreitbeilegung vom 21.7.2012 hat dasBayerische Staatsministerium der Justizund für Verbraucherschutz ein Bündelvon Maßnahmen ergriffen, um – wievom Gesetzgeber angestrebt – die einver-nehmliche Beilegung von Rechtsstreitig-keiten beim Güterichter und in der au-ßergerichtlichen Mediation zu fördern.Sie werden im Folgenden nach einer kur-zen Darlegung der Grundgedanken desGüterichtermodells erläutert.

A. Das neue Mediationsgesetz

Das Gesetz zur Förderung der Mediationund anderer Verfahren der außergericht-lichen Streitbeilegung1 ist am 26. Juli 2012in Kraft getreten. Neben Regelungen zuraußergerichtlichen Mediation enthält dasGesetz eine Rechtsgrundlage für die alter-native Konfliktbeilegung innerhalb ge-richtlicher Verfahren. Es sieht dafür dassogenannte erweiterte Güterichtermodellnach Vorbild des bayerischen Güterich-

termodells vor.§ 278 Abs. 5 ZPObestimmt nun-mehr, dass dasGericht die Par-teien für die Gü-teverhandlungsowie für weitereGüteversuchevor einen hierfürbestimmten und

nicht entscheidungsbefugten Richter (Gü-terichter) verweisen und der Güterichteralle Methoden der Konfliktbeilegung ein-schließlich der Mediation einsetzen kann.

Die Neufassung des §278 Abs. 5 ZPOwurde erst im Vermittlungsausschussendgültig gefunden. Während der Regie-rungsentwurf2 neben der außergerichtli-chen und der gerichtsnahen Mediationnoch die gerichtsinterne Mediation vor-sah, wurde im weiteren Gesetzgebungs-verfahren durch den Bundestag die ge-richtsinterne Mediation gestrichen unddurch das sogenannte erweiterte Güter-ichtermodell ersetzt. In der BT-Drucksa-che3 heißt es dazu: „Im Interesse einerklaren Abgrenzung der richterlichenStreitschlichtung von der Mediation wer-den die bisher praktizierten unterschiedli-chen Modelle der gerichtsinternen Media-tion in ein erheblich erweitertes Güterich-terkonzept überführt und dieses auf dieVerfahrensordnungen der Arbeits-, So-zial-, Verwaltungs-, Patent-, Marken- so-wie Finanzgerichtsbarkeit ausgedehnt.“Unter Federführung der Länder, die diegerichtsinterne Mediation bereits seit Jah-ren erfolgreich praktizierten, rief der Bun-desrat daraufhin am 10.2.2012 den Ver-mittlungsausschuss an, um die richterli-

che Mediation wieder ausdrücklich in denVerfahrensordnungen zu verankern.4 Ei-ne vom Vermittlungsausschuss eingesetz-te Arbeitsgruppe fand dann den o.g.Kompromiss, den sowohl Bundestag5 alsauch Bundesrat6 innerhalb von zwei Ta-gen akzeptierten. Der heiß umstritteneGüterichter wurde somit gesetzlich veran-kert.

B. Die bisherigen Güterichter-projekte in Bayern

Güterichterprojekte gibt es in Bayern seit2004. An den ersten Modellversuchennahmen die Landgerichte München I,Augsburg, Landshut, Nürnberg-Fürth,Weiden, Würzburg und Aschaffenburgteil. Die wissenschaftliche Begleitfor-schung und Evaluation des Projekts wur-den durch Prof. Dr. Reinhard Greger über-nommen.7 Das Güterichterprojekt folgtedabei anders als die in anderen Ländernetablierten Projekte der gerichtsinternenMediation nicht einem methoden-, son-dern einem verfahrensorientierten An-satz. Es ging nicht darum, das Verfahrender Mediation in den Zivilprozess zu in-tegrieren, sondern Ziel war es, prozessualeStrukturen zu erproben, die eine dem Ein-zelfall angemessene, in der Methodik freieKonfliktlösung fördern.8 Eine genaue Pro-jektbeschreibung findet sich im Ab-schlussbericht von Prof. Dr. Greger.9

Die Evaluation des Projekts hat erge-ben, dass die Übertragung geeigneter Ver-fahren auf den Güterichter zu hervorra-genden Ergebnissen führt: Fast 70% der –oft äußerst komplexen und streitigen –Verfahren endeten mit einem Vergleich.In 37% dieser Vergleiche wurden Verein-

Beatrix Schobel

* Die Verfasserin leitet im Bayerischen Staatsmi-nisterium der Justiz und für Verbraucherschutz dasReferat für Zivilprozessrecht und außergerichtlicheKonfliktlösung. Die folgenden Ausführungen ge-ben ihren persönlichen Standpunkt wieder.1 BGBl. I, 1577.2 BT-Drucks. 17/5335.3 BT-Drucks. 17/8058, S.1.4 BR-Drucks. 10/12 (B).5 BT-Drucks. 17/10102.6 BR-Drucks. 377/12 (B).7 Vgl. dazu Greger, Reinhard, Abschlussbericht zurEvaluation des Modellversuchs Güterichter, 2007,im Internet abrufbar unter http://www.reinhard-greger.de/aber/gueterichter-abschlussbericht.pdf.8 Greger, s. Fn. 7, S. 3.9 Greger, s. Fn. 7, S. 3-7.

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barungen getroffen, die über den Gegen-stand des Prozesses hinausgehen.10 Inzahlreichen Fällen konnten umfangreicheAltverfahren erledigt werden. Nach Ein-schätzung der Rechtsanwälte wären 50%der Vergleiche im Normalverfahren über-haupt nicht zustande gekommen, von deranderen Hälfte 80% jedenfalls nicht soschnell.11 Die Verfahrenszufriedenheitwar extrem hoch: uneingeschränkt positi-ve Bewertungen kamen von 83% der Par-teien12 und 91% der Rechtsanwälte. AlsHauptvorteile wurden von den Parteiendie Schnelligkeit der Prozessbeendigungund der Wegfall der Belastungen durchdas streitige Verfahren angesehen, vonden Rechtsanwälten die Schnelligkeit undInteressengerechtigkeit der gefundenenLösungen.13

Die positiven Erfahrungen mit demGüterichterprojekt veranlassten das Baye-rische Staatsministerium der Justiz undfür Verbraucherschutz damals, das Pro-jekt auszuweiten. Das Güterichtermodellwird deshalb seit Jahren erfolgreich flä-chendeckend an den bayerischen Landge-richten, dem Oberlandesgericht Münchenund den Amtsgerichten München (Fami-liensachen) und Memmingen betrieben.Noch vor Verabschiedung des Media-tionsgesetzes und unabhängig davon, inwelcher Fassung das Mediationsgesetzletztendlich in Kraft treten würde, wurde2012 darüber hinaus eine Ausweitung desGüterichtermodells auf zunächst elf baye-rische Amtsgerichte unterschiedlicherGröße14 beschlossen, um zu erproben, obund in welcher Form das Güterichtermo-dell flächendeckend auch an den bayeri-schen Amtsgerichten angeboten werdensoll.

C. Die praktische Umsetzung desGüterichterverfahrens

I. Rechtliche Einordnung

Durch den neuen §278 Abs. 5 ZPO15 wur-de eine neue richterliche Geschäftsaufga-be geschaffen. Diese bedarf der organisa-torischen Umsetzung durch die einzelnenGerichte und die Landesjustizverwaltun-gen. Zu deren Vorbereitung hat das Baye-rische Staatsministerium der Justiz undfür Verbraucherschutz nach der Verab-schiedung des Gesetzes zur Förderung derMediation und anderer Verfahren der au-ßergerichtlichen Streitbeilegung eine Ar-beitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr.Greger eingesetzt, die ein Konzept für dieorganisatorische Umsetzung des Güte-richterverfahrens sowie für die Aus- undFortbildung der Güterichter erarbeitethat,16 das als Grundlage für die organisa-

torischen Maßnahmen in der bayerischenJustiz dienen wird.

Nach der Überleitungsvorschrift in §9Mediationsgesetz ging der Gesetzgeberdavon aus, dass ab 1. August 2013 das Sta-dium der Modellversuche beendet unddas Güterichterverfahren generell einge-führt sein soll.17 Das im Geschäftsbereichdes Bayerischen Staatsministerium derJustiz und für Verbraucherschutz bereitspraktizierte Güterichtermodell kann des-halb unverändert weitergeführt werden,die Projektphase wird jedoch nunmehrendgültig abgeschlossen und das Gütever-fahren wird flächendeckend an allen ba-yerischen Zivil- und Familiengerichten imnormalen Geschäftsbetrieb eingeführtwerden. Die Gerichte müssen die Mög-lichkeit schaffen, Verfahrensbeteiligte voreinen nicht entscheidungsbefugten Rich-ter zu verweisen, der mit besonderen Me-thoden der Konfliktbeilegung, einschließ-lich der Mediation, eine gütliche Beile-gung des Rechtsstreits versucht.

II. Regelungen im Geschäfts-verteilungsplan

Die Aufgaben des Güterichters sind imrichterlichen Geschäftsverteilungsplan zuregeln.18 Ob dies bedeutet, dass dort auchdie Person des im Einzelfall zuständigenGüterichters verbindlich festzulegen istoder die Zuweisung der Güterichtersa-chen flexibel gehandhabt werden kann,wird unterschiedlich gesehen. Das Gesetzspricht von „einem hierfür bestimmtenund nicht entscheidungsbefugten Rich-ter“, der Bericht des Rechtsausschussesdes Bundestags geht insofern von einergewissen Flexibilität aus, wobei bei derZuweisung auch sog. Mediationskoordi-natoren behilflich sein können,19 und dasGebot des gesetzlichen Richters gilt nachder Rechtsprechung von BVerfG undBGH nur für die richterlichen Funktio-nen, die mit der Entscheidungstätigkeitverbunden sind,20 dagegen nicht für dieHerbeiführung und Beurkundung vonProzessvergleichen.21 Hinzu kommt, dassdie Parteien das Güterichterverfahrenfreiwillig nutzen und jederzeit sanktions-los beenden können, also keinem gesetzli-chen Richter „entzogen“ werden können.Danach ist es ausreichend, wenn im Ge-schäftsverteilungsplan abstrakte Regelun-gen für die Zuständigkeit von mehrerenam Gericht tätigen Güterichtern aufge-stellt werden, eine flexible Fallaufteilungim Einzelfall durch Tausch der Verfahrenwegen besonderer Fachkunde des einzel-nen Güterichters, des Wunsches der Par-teien oder wegen Überlastung eines Gü-terichters aber möglich bleibt.22

III. Gerichtsübergreifende Güte-richtertätigkeit

Das Gesetz zur Förderung der Mediationund anderer Verfahren der außergericht-lichen Streitbeilegung sieht vor, dass in je-dem Verfahren die Möglichkeit der Ver-weisung an einen Güterichter gegebensein muss. Dies bedeutet jedoch nicht,dass auch an jedem Gericht ein Güterich-ter vorhanden sein muss, vielmehr sindVerweisungen an ein anderes Gerichtoder sogar gerichtsbarkeitsübergreifendmöglich.23 In der Begründung der Be-schlussempfehlung des Rechtsausschussesdes Bundestages wird ausdrücklich ausge-führt, dass der ersuchte Güterichter nichtnur am selben Gericht, sondern auch aneinem anderen Gericht tätig sein kannund eine Beschränkung des Güterichter-einsatzes auf gerichtsinterne Lösungennicht sachgerecht sei.24 Gerade bei kleine-ren Amtsgerichten ergibt sich das Prob-lem, dass oft nicht genügend Fälle zuge-wiesen werden können, so dass der Güte-richter nicht die für das Güterichterver-fahren erforderliche Erfahrung und Rou-tine erlangen kann. In der Anfangsphasewird es zudem an ausgebildeten und spe-ziell geschulten Güterichtern fehlen. Des-halb sollten die Gerichte untereinanderKooperationsvereinbarungen über die Er-ledigung von Güterichterverweisungen ei-nes anderen Gerichts treffen und diese inihren Geschäftsverteilungsplänen umset-zen. Da die Zuweisung der Geschäftsauf-gabe „Güterichter“ durch die Präsidien inrichterlicher Unabhängigkeit zu erfolgenhat, können die Landesjustizverwaltun-gen insoweit keine Vorgaben geben. Es er-

GESETZGEBUNG

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012192

10 Greger, s. Fn. 7, S. 96.11 Greger, s. Fn. 7, S.102.12 Greger, s. Fn. 7, S. 51.13 Vgl. hierzu auch Greger, ZKM 2007, 180 ff.14 Es handelt sich dabei um die Amtsgerichte Ans-bach, Augsburg, Bamberg, Deggendorf, Ingolstadt,München, Neu-Ulm, Nürnberg, Rosenheim, Wolf-ratshausen und Würzburg.15 Für die freiwillige Gerichtsbarkeit gilt insoweitder neue §36 Abs. 5 FamFG.16 An der Arbeitsgruppe waren neben Prof. Dr.Greger drei erfahrene Güterichter/-innen sowie dieLeiterin des Referats für Zivilprozessrecht und au-ßergerichtliche Konfliktlösung des BayerischenStaatsministeriums der Justiz und für Verbraucher-schutz beteiligt.17 So auch Greger/Weber, Das neue Güterichter-verfahren, Sonderheft zu MDR 18/2012, 3.18 So ausdrücklich die Beschlussempfehlung desBT-Rechtsausschuss, BT-Drucks. 17/8058, 21.19 S. hierzu, Röthemeyer, ZKM 2012, 116 f.20 BVerfGE 4, 412.21 BGH v. 28.6.1961 – V ZR 29/60, BGHZ 35,309 (312 ff.) = MDR 1961, 842 = NJW 1961,1817 ff.22 So auch Röthemeyer, ZKM 2012, 116 f. undGreger/Weber, s. Fn.17, MDR 18/2012, 3 (7).23 BT-Drucks. 17/8058, 21.24 BT-Drucks. 17/8058, 21.

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scheint aber sinnvoll, zusammen mit denernannten Mediationskoordinatoren25

Mustervereinbarungen zu entwickeln, dieden einzelnen Gerichten dann zur Verfü-gung gestellt werden können.

IV. Bestellung von Mediations-koordinatoren

Der Rechtsausschuss des Bundestags hatin seinem Bericht angeregt, an den Ge-richten besonders geschulte Mediations-koordinatoren einzusetzen.26 Diese sollensowohl für die Güterichter und die Pro-zessbeteiligten als auch für die Gerichts-verwaltung als Ansprechpartner dienenund so einen wichtigen Beitrag für die Ak-zeptanz des Güterichtermodells bei allenBeteiligten leisten. Sie können insbeson-dere bei der Auswahl geeigneter Verfah-ren und der Gewinnung der Beteiligtenfür die Güterichterverhandlung behilflichsein, gegebenenfalls auch Vorschläge füreine außergerichtliche Konfliktbeilegungvermitteln, als Tutoren für neu bestellteGüterichter wirken sowie interne als auchexterne Informationsveranstaltungen ab-halten und so die sachgerechte Nutzungdes Güterichterangebots und der außerge-richtlichen Mediation fördern. Durch dieTätigkeit der Mediationskoordinatoren istdarüber hinaus mit einer Entlastung fürdie Prozessgerichte zu rechnen.

Die bayerische Landesjustizverwal-tung möchte von dieser Möglichkeit Ge-brauch machen und hat deshalb die Präsi-dentinnen und Präsidenten der Oberlan-desgerichte, der Landgerichte und derPräsidialamtsgerichte gebeten, für ihr je-weiliges Gericht einen Mediationskoordi-nator zu bestellen, wobei die für den Be-zirk eines Landgerichts ernannten Media-tionskoordinatoren auch die nicht präsi-dial geleiteten Amtsgerichte betreuen soll-ten. Es empfiehlt sich, hierfür erfahreneGüterichter zu gewinnen. Die Mediations-koordinatoren sollten sich ihrerseits aufOLG-Ebene in Arbeitsgruppen organisie-

ren, um anstehende Fragen und Problemegenereller Natur besprechen und sachge-rechte Lösungen finden zu können. Inso-weit stehen die Mediationskoordinatorenauch als Ansprechpartner für die Landes-justizverwaltung zur Verfügung, was ge-rade in der Anfangsphase der Umsetzungdes Mediationsgesetzes von besondererBedeutung ist.

Das Bayerische Staatsministerium derJustiz und für Verbraucherschutz wirddeshalb zeitnah eine Besprechung mit denneu bestelltenMediationsbeauftragten ab-halten, um diese in ihre Aufgaben einzu-führen und gleichzeitig mit ihnen die or-ganisatorischen Einzelheiten der Umset-zung des Güterichterverfahrens zu be-sprechen, so z.B. Fragen der Zuweisung,des Belastungsausgleichs, der Aktenfüh-rung, der Akquise und der Fortbildungder Güterichter. Insoweit sollen allgemei-ne Empfehlungen und Informationsmate-rial, wie Flyer und Merkblätter, für dieGerichte erarbeitet werden, die diese dannbei der eigenverantwortlichen Umsetzungdes Güterichterverfahrens verwendenkönnen, ohne die Entwicklung gerichts-spezifischer Materialien auszuschließen.

V. Belastungsausgleich

Die faire und transparente Regelung desBelastungsausgleichs wird einen nicht zuunterschätzenden Einfluss auf die Akzep-tanz des Güterichterverfahrens in derRichterschaft ausüben. Da die Güterich-tertätigkeit nunmehr eine gesetzliche Ge-schäftsaufgabe ist,27 ist sie bei der Ge-schäftsverteilung angemessen zu berück-sichtigen, wobei die Regelung im Einzel-nen den in richterlicher Unabhängigkeittätigen Präsidien überlassen bleibt. Umverlässliche Daten über Zeitaufwand beimGüterichter einerseits und Entlastungsef-fekt beim Prozessgericht andererseits zuerhalten, ist es unerlässlich, die Güterich-tertätigkeit in Zukunft statistisch zu erfas-sen. Die Kommission der Landesjustizver-waltungen für Fragen der Personalbe-darfsberechnung hat auf ihrer Sitzung am6./7.11.2012 in Wiesbaden beschlossen,die Arbeitsaufwände der Güterichter nach§278 Abs. 5 ZPO in der PEBB§Y-Fort-schreibung 2014 zu erheben. Auch der fürdie statistische Erhebung zuständige Aus-schuss für Justizstatistik der Landesjustiz-verwaltungen wird sich mit der statisti-schen Erfassung der Güterichterverfahrenzeitnah befassen. Eine bundesweite statis-tische Erhebung wird aber nicht vor Janu-ar 2014 stattfinden. Bevor deshalb verläss-liche Daten vorliegen, kann als Anhalts-punkt für die Bemessung des Zeitauf-wands dienen, dass nach der Evaluation

der Güterichterprojekte in Bayern undThüringen der gesamte Zeitaufwand fürein Güterichterverfahren mit Verhand-lung beim Landgericht im Durchschnittzwischen vier und fünf Stunden lag.28

VI. Weitere Organisationsfragen

1. Raum- und Sachausstattung

Da die Güteverhandlung nicht in einemSitzungssaal stattfindet, müssen an denGerichten geeignete Mediationsräumevorhanden sein. Das ist gerade bei kleine-ren Gerichten bzw. bei Gerichten, die so-wieso schon an den Grenzen ihrer Raum-kapazität angelangt sind, ein nicht zu un-terschätzendes praktisches Problem.29

Hier sind Kreativität und Improvisations-talent angezeigt: Notfalls muss ein Sit-zungssaal umgestaltet bzw. in Gebäudeanderer staatlicher Stellen, z.B. in benach-barte Landgerichte, ausgewichen werden.Dies gilt insbesondere dann, wenn nebendem eigentlichen Raum für die Gütever-handlung zusätzlich ein Nebenraum fürEinzelgespräche benötigt wird. Unver-zichtbar ist das Bereitstellen von Visuali-sierungsmitteln, wie Flip-Charts und Mo-derationswände nebst Zubehör. Danebensollten während der Güteverhandlungauch Erfrischungsgetränke, Kaffee undevtl. Kekse bereitgestellt werden, um einepositive Gesprächsatmosphäre, die geradefür die Güteverhandlung von großer Be-deutung ist, zu schaffen.30

2. Geschäftsstellenorganisation

Für den reibungslosen Ablauf der Güte-richterverfahren ist eine zentrale Ge-schäftsstelle von großemWert. Diese Ver-fahren fallen wegen der Vertraulichkeitund der besonderen Kommunikationsfor-men völlig aus dem Rahmen des üblichenGeschäftsablaufs. Die Abwicklung bei ei-ner hierauf spezialisierten Stelle vermeideterhebliche Reibungsverluste. Da die Zahlder Verfahren relativ gering ist und nichtviel Schriftverkehr anfällt, kann die Auf-gabe der Güterichter-Geschäftsstelle voneiner anderen, weniger belasteten Ge-schäftsstelle mit erledigt werden.

3. Aktenführung, Registrierung undEDV

Für den formalen Schriftverkehr im Gü-terichterverfahren empfiehlt sich die An-legung von Sonderheften. Allerdings dürf-te das Akteneinsichtsrecht auch bezüglichdieser „Mediationsakte“ bestehen.31 An-dererseits dürfen im Güterichterverfahreneingereichte oder verfasste Schriftstücke

GESETZGEBUNG

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 193

25 Siehe dazu unten IV.26 BT-Drucks. 17/8058, 17.27 BT-Drucks. 17/8058, 21.28 Greger/Weber, s. Fn. 7, S. 7, wo auch darauf hin-gewiesen wird, dass die Evaluationsberichte abruf-bar unter www.reinhard-greger.de/ikv2.htm sind.29 Die Leiter/innen der elf Amtsgerichte, an de-nen in Bayern am 1.1.2013 das Güterichterverfah-ren eingeführt wird, haben dies bei einer Dienstbe-sprechung ausführlich dargelegt.30 Die Kosten hierfür können bei den einzelnenGerichten als allgemeiner Geschäftsbedarf verbuchtwerden.31 Mit seiner Entscheidung hat das OLG Münchenv. 20.5.2009, OLGR München 2009, 521 f. ent-schieden, dass eine Partei auch nach Abschluss desVerfahrens Anspruch auf Einsicht in gerichtlicheMediationsakten habe und die Vertraulichkeit demnicht entgegenstehe.

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wegen der Vertraulichkeit des Verfahrensohne das beiderseitige Einverständnis derParteien nicht in die Prozessakten gelan-gen. Deshalb sollte der Güterichter auchin das Sonderheft keine Schriftstücke mitInformationen zum Verhandlungsgegen-stand bzw. vertrauliche Mitteilungen, Un-terlagen oder Aufzeichnungen aufneh-men. Der Güterichter soll vielmehr daraufhinwirken, dass so weinig schriftliche Un-terlagen wie möglich übermittelt werden,sondern bei der Güteverhandlung selbstvorgelegt und dann wieder an die Parteienzurückgegeben werden.

Derzeit bestehen für das Güterichter-verfahren noch keine Regelungen in derAktenordnung. Bislang werden die Güter-ichterverfahren in Bayern aufgrund Orga-nisationsverfügungen des Gerichtsvor-stands als AR-Verfahren erfasst. Bei eineram 24.9.2012 in Hannover durchgeführ-ten Bund-Länder-Besprechung zur Um-setzung des Güterichtermodells hat einVertreter Niedersachsens vorgeschlagen,dass ähnlich den Bestimmungen in §47Abs. 9 AktO für Strafvollstreckungendurch die Staatsanwaltschaften (VRs-Vollstreckungshefte) für die Gütever-handlung ein Sonderheft unter neuem Re-gisteraktenzeichen geführt werde, dasnach Abschluss des Verfahrens zu denHauptakten genommen werde. Das Ak-tenzeichen werde unabhängig vom Ak-tenzeichen des Streitverfahrens vergeben.In der Aktenordnung könne geregelt wer-den, dass der Güterichter darüber ent-scheide, was zu diesen Akten genommenwerde.32 Die Diskussion darüber ist nochnicht abgeschlossen.

In der IT-Formularreihe zum Güte-richterverfahren werden bereits Formblät-ter für Verfügungen und Anschreiben inGüterichterverfahren bereitgestellt33. NachInkrafttreten des Gesetzes zur Förderungder Mediation und anderer Verfahren deraußergerichtlichen Konfliktbeilegungwurde zudem ein Formular zum schriftli-chen Vorverfahren mit optionaler Auffor-derung zur Ergänzung der Klageschriftnach §253 Abs. 3 Nr.1 ZPO erstellt.

VII. Aus- und Fortbildung

Eine qualifizierte Aus- und Fortbildungder Güterichter ist für den Erfolg des Gü-

terichtermodells unverzichtbar. Diesewird in Bayern zentral durch das Ster Jus-tiz und für Verbraucherschutz organisiertund koordiniert. Dies bedeutet jedochnicht, dass es nur ein einheitliches Unter-richtskonzept mit vorgegebenen Materia-lien geben wird, die Ausgestaltung derKurse wird vielmehr den jeweiligen Aus-bildern überlassen. Die o.g. Arbeitsgruppehat jedoch gewisse Mindeststandards imHinblick auf Dauer, Inhalt, Lehrmethodeund Ausbilder festgelegt. Wichtig ist da-bei, dass mindestens einer der Ausbilderüber eigene forensische Erfahrung verfü-gen muss, da die Besonderheiten der gü-terichterlichen Tätigkeit sonst nicht adä-quat vermittelt werden können. Der zwei-te Ausbilder sollte eine besondere Kompe-tenz in den Grundlagenfächern mitbrin-gen (z.B. Ausbildung als Mediator, in Ver-handlungs- oder Kommunikationslehre).

Um sicher zu stellen, dass bis 1.8.2013bayernweit genügend Güterichter zurVerfügung stehen, wird das BayerischeStaatsministerium der Justiz und für Ver-braucherschutz im kommenden Frühjahrweitere Güterichterausbildungen anbie-ten, für die von jedem bisher nicht mitmindestens einem Güterichter ausgestat-teten Gericht ein Teilnehmer benanntwerden kann.

Sinnvoll erscheint, die Aus- und Fort-bildungsangebote durch ein Tutorensys-tem für die Güterichter zu ergänzen. Da-bei könnten die Mediationskoordinatorenals Ansprechpartner für die Güterichterzur Verfügung stehen. Daneben solltendie Güterichter, evtl. auch unter der Lei-tung von Mediationskoordinatoren, inkollegialen Beratungen ihre Erfahrungenaustauschen und gemeinsam Antwortenauf Fragestellungen, die sich in der Praxisergeben haben, erarbeiten. Von der Baye-rischen Landesjustizverwaltung werdendarüber hinaus weitere Fortbildungs- undSupervisionsangebotefür die Güterichterzur Verfügung gestellt.

D. Ausblick

Das im Gesetz zur Förderung der Media-tion und anderer Verfahren der außerge-richtlichen Streitbeilegung nunmehr erst-mals gesetzlich geregelte Güterichterver-fahren stellt auch die bayerischen Gerich-

te, die bereits seit 2004 erfolgreiche Mo-dellprojekte durchgeführt haben, vor neueorganisatorische Herausforderungen. Dieflächendeckende Einführung des Güte-richters zum 1.8.2013 bedarf der Vorbe-reitung auf allen Ebenen. Die in diesemArtikel dargestellten Maßnahmen ent-sprechen im Wesentlichen den Empfeh-lungen der Arbeitsgruppe, die ihrerseitsauf der Evaluation des Modellprojekts ba-sieren. Sie sollen eine sachgerechte Um-setzung des Güterichterkonzepts im Inte-resse einer Förderung der alternativenStreitbeilegung ermöglichen. Als Auftaktdazu veranstaltet das Bayerische Staatsmi-nisterium der Justiz und für Verbraucher-schutz einen „1. Bayerischen Güterichter-tag“ in München. Dieser soll die erfolgrei-che Arbeit der bayerischen Güterichterwürdigen, die bayerischen Gerichtsvor-stände und Güterichter zum neuen Me-diationsgesetz und der Zukunft des Güter-ichterverfahrens informieren und für dasflächendeckende Angebot des Güterich-terverfahrens werben.Dr. Beatrix SchobelMinisterialrätin, Bayerisches Staatsminis-terium der Justiz und für [email protected]

GESETZGEBUNG

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012194

32 Niedersachsen hat zwischenzeitlich einen Vor-schlag für eine Regelung unterbreitet: „Verfahrenvor dem Güterichter nach §278 Abs. 5 ZPO 1Überalle Verfahren nach §278 Abs. 5 ZPO wird das Gü-terichterregister (Liste ...) geführt. 2Das Aktenzei-chen des Güterichters ist zum Verfahrensregisterdes Herkunftsverfahrens (z.B. Listen 20, 22, 23)mitzuteilen; dort ist es in der Spalte Bemerkungenzu vermerken. 3Nach Abschluss des Güterichterver-fahrens sind die Akten bei den Prozessakten aufzu-bewahren. 4Schriftgut, das von den Beteiligten odervom Güterichter als vertraulich bezeichnet wird, istbis zum Abschluss des Güterrichterverfahrens in ei-nem in die Akten zu heftenden Umschlag zu ver-wahren. 5Vor der Rückgabe nach Satz3 ist das alsvertraulich bezeichnete Schriftgut an den Einsenderzurückzugeben oder – wenn die Beteiligten auf dieRückgabe verzichtet haben – zu vernichten."33 Es handelt sich dabei um folgende Formulare:Anfrage an die Parteien, Beschluss zur Zuleitung anden Güterichter, Terminverfügung, Ladung undMerkblatt Güterichter.

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Christopher Hodges

Consumer ADR in EuropeEU proposals on Consumer ADR andODR highlight how many ombudsmenand similar code schemes exist for resol-ving consumer-to-business disputes. Sche-mes have been growing across Europe,and will continue to expand to cover ma-ny (probably all) types of disputes. Thesystem also offers considerable promise aspart of an effective regulatory system forconsumer trading.

On 29 November 2011 the EuropeanCommission launched a proposed Directi-ve on Consumer ADR and a proposed Re-gulation on online dispute resolution(ODR).1 It had been anticipated that theproposals would be widely supported. Inthe event, many Member States realizedsomewhat late that the introduction of arequirement that all consumer disputeswith business (C2B) should be able to behandled by consumer ADR (CDR) proces-ses would create some problems for manynational systems, not least by imposingextra cost on either public and/or privatesector finances at a difficult time. After ex-tensive and detailed discussions by the EUgovernments, skillfully led by the DanishPresidency, a compromise text was agreedat the Competition Council meeting on 30May 2012. The European Parliamentstrongly supported ADR/ODR from thestart, as did the consumers and most ofthe business lobby. So the amended pro-posals are likely to be adopted before theend of 2012 and to be implemented byend 2014.

The first point to be emphasized isthat CDR is different from ADR. CDR is aspecific form of dispute resolution forC2B claims, which has grown considerab-

ly in some Mem-ber States into awholly separateworld from thecourt system andfrom familiarADR options thatare associatedwith the civil pro-cedure system.The most com-mon forms of

CDR are sectoral ombudsmen and secto-ral mediation-and/or-arbitration sche-mes. CDR schemes might include one ormore of the techniques of mediation, ar-bitration, or non-binding recommenda-tions, but the administrative context isdistinct from a court procedure. Thismeans that the EUMediation Directive2 isof limited relevance to CDR structures. In-stead, the CDR/ODR proposals are moreinfluenced by the 2001 European generalprinciples on extra-court ADR,3mirroringsimilar principles applicable to the bodiesresponsible for out-of-court settlement of1998.4

During the past decade EU sectoral re-gulatory legislation has increasingly inclu-ded references to dispute resolution (DR)schemes, initially as an option but morerecently as a requirement. The rationalehas been that a possible raft of small C2Bdisputes were anticipated as arising underthe new regulatory scheme, and thesewould take too long and cost too much ifthey were left to lawyers and courts, there-by defeating the efficiency and rationaleof the pan-EU market. Such provisionsnow appear in financial services, telecom-munication, energy, utilities and other re-gulatory legislation. These requirementshave usually led to the emergence of sec-toral ombudsmen, although the positionis still evolving on both national coverageand types of mechanisms.

I. Variations in National CDRSystems

The essential purpose is to provide a me-chanism for fast, cheap and effective reso-lution of all small individual C2B disputes.The 2011 proposals put more institutionalflesh on the bones of the 2001 principles,but take care to build on what exists of thediffering structures in the Member States,rather than requiring major changes. It is,

therefore, highly important to know thestatus quo of existing CDR schemes, thenational architectures within which theyoperate, and the general direction of tra-vel. These points were clarified by an ex-tensive study of CDR in ten MemberStates undertaken by Oxford University,5

whose major findings are summarized be-low.

CDR systems have existed in somecountries for 40 years, but are very new inothers. Nordic countries are well familiarwith sectoral Boards for resolving dispu-tes, often with a central residual Board (inSweden the „ARN“). Decisions are notbinding, but the rate of adherence bytraders is usually high (100% for banks),supported by a well-publicised „name andshame“ system. Almost no consumerclaims are started in court, unless it is ne-cessary to sue after a CDR decision.

The Netherlands has constructed anintegrated system of sectoral Geschillen-commissie, run by a single Foundation(DGS), which now covers over 50 sectors.The system is based on arbitration, but if(as is very rare) a trader does not observean award, the relevant trade associationwill pay the consumer under a guaranteeand reclaim from the trader. Central Eu-ropean states often have a dispute resolu-tion function located within a regulatorybody (e.g. the State Consumer Rights Pro-tection Authority of Lithuania, or theTrade Inspection in Poland). These areusually not currently widely used but aredeveloping.

In Spain, a national network of localconsumer arbitration centers exists. Thisis well known but does not operate entire-ly consistently. A similar network inFrance has collapsed because of lack offunding from local government. There aresome médiateurs in France located withinregulators (e.g. banks), and many withincompanies, only one statutory médiateur(for energy, who is in competition withcompanies' in house médiateurs), and so-me sectoral médiateurs (telecoms). Busi-ness has maintained that in-company mé-diateurs are impartial, but there has beencriticism that they are not independent.Commentators outside France considerthat there is a clear difference between, onthe one hand, in-house customer care andcomplaint handling functions and, on theother hand, external, independent CDRbodies. The former should always be thefirst port of call for consumers, but expe-rience has shown that in-house complainthandling systems should be subject totime limits so as not to frustrate the objec-tive of ensuring that companies respondfairly to complaints within reasonable

EUROPA

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 195

Christopher Hodges

1 Commission (EC) „Proposal for a Directive onalternative dispute resolution for consumer dispu-tes“, COM (2011) 793/2, final, 29 November2011 and Commission (EC) „Proposal for a Regu-lation on online dispute resolution for consumerdisputes“, COM (2011) 794/2, final, 29 Novem-ber 2011.2 Directive 2008/52/EC of 21 May 2008 on cer-tain aspects of mediation in civil and commercialmatters.3 Commission Recommendation 2001/310/ECon the Principles for Out-of-Court Bodies involvedin the Consensual Resolution of Consumer Dispu-tes.4 Recommendation 98/257/EC on the PrinciplesApplicable to the Bodies Responsible for Out-of-Court Settlement of Consumer Disputes.5 C. Hodges, I. Benöhr and N. Creutzfeldt-Banda,Consumer ADR in Europe (Oxford, Hart Publi-shing, 2012).

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time frames. In some countries, regula-tors have set, and sometimes reduced,times for responses, with good results forall. [That is a classic example of the needfor self-regulation to be regulated, so as tomaximize effectiveness and avoid sloppypractice and capture.]

In the United Kingdom, the FinancialOmbudsman Service is statutory, and itsrecommendations are binding on banks.It was created in 2000 as a merger of va-rious non-binding sectoral ombudsmen.In some sectors, such as telecoms, energyand lawyers, private sector ombudsmenhave been created in the past seven years,in some sectors where outcomes are tech-nically not binding but almost entirely ac-cepted in practice. In some sectors, priva-te dispute resolution schemes exist, oftenoperated by the trade association, such asfor travel agents (ABTA6) and motor ve-hicles (SMMT).

These schemes usually adopt escala-ting stages for handling a complaint, star-ting with requiring consumers to contactthe trader direct, then triage by a thirdparty, mediation, and ultimately a deci-sion or arbitration option. The indepen-dence of the third party at least in the laterstages would be based on use of threetechniques. Firstly, absolute indepen-dence and absence of conflict of indivi-duals who handle cases, secondly, inde-pendent governance of the CDR body (in-volving officials, consumers, academics aswell as trade representatives), and thirdlyoversight of private sector bodies by regu-lators (such as under the OFT's ConsumerCode Approval Scheme).7

Models in Germany are developingalong similar lines to the UK, but cover fe-wer sectors, as they started developingmore recently. The main reason for this'time lag' appears to be that the nationalcivil procedure system is comparativelymore efficient and has (rightly) hithertobeen the dominant pathway for claims.There are some complaint schemes withinregulators (Bundesnetzagentur, Bundes-bank) but these are generally little-used.There is a growing number of private sec-tor ombudsman, such as for banks, insu-rance and transport: the Insurance Om-budsman model (now over 10 years old)works well and has been copied in sometransport sectors. The ombudsman phe-nomenon is spreading.

In addition to there being a differencein the state of evolution of CDR betweennations, there are also differences betweensectors. CDR is now relatively widespreadacross member States for financial ser-vices, communications and energy, and isspreading across utilities, transport and

even (outside the scope of the Commis-sion's proposals) healthcare and educa-tion. Many of the CDR systems communi-cate within the 'silos' of their sectorsacross the EU, rather than on a genericCDR/ADR/ODR basis. It will be useful tomaintain all of these various viewpointsso as to encourage the development ofbest practice.

The major proposal by the EuropeanCommission is that there should be fullcoverage for all types of C2B disputes,even if, at least during the next few years,it is not obligatory for all disputes to bedealt with by CDR. In other words, alltraders who deal with consumers shouldbelong to some CDR scheme, even if it isnot obligatory to use it for every dispute.Overall, the next few years will be a periodof development and transition. SomeMember States already have full coverage,even if some of their CDR schemes do notcurrently operate well, whereas otherMember States do not have full coverageand need to fill sectoral gaps. However,the intended direction of travel is to fol-low a vision of full coverage for all typesof C2B disputes. In five years time, a fur-ther Directive can be expected to makeuse of CDR obligatory, since it may wellbe the DR solution of choice that is usedby most businesses and consumers.

II. Distinctive Features of CDRSchemes

In summary, the general picture acrossEurope is, therefore, highly diverse andwith confusingly different national archi-tectures and modes of operation. Somesystems attract high levels of contactsfrom consumers, since they have highprofile and levels of trust, and offer user-friendly services. Other systems are littleused, little known, and not trusted.

However, in those instances whereCDR systems work well–i.e. they are usedby consumers in significant numbers–they have certain clear features. They havehigh profile; they are independent andtrusted by consumers; they attract high le-vels of requests for information, whichusually far outnumber disputes, and socan resolve customer issues quickly beforeescalation; they provide good sources offeedback information for businesses onproducts, services, markets and competi-tors; they are far cheaper and more desi-rable than courts; and they are paid for bybusiness, but subject to independent gover-nance.

The empirical research has found,perhaps surprisingly, that various featuresof court DR models do not apply in many

CDR schemes. Importantly, many sche-mes impose no cost on consumers: thereis either no initial fee or a very modest fee,and no „loser pays“ rule. These featuresare clearly spreading. Indeed, consumerombudsmen schemes work best wherebusiness pays for them. We found thatbusiness sectors often switch from beingagainst CDR systems to being strongly infavour of them–and at that point they areprepared to agree in advance both to ac-cept the non-binding recommendationsof ombudsmen, and to pay for the om-budsmen system, so as to make the CDRsystem more attractive to consumers byhaving no cost and being swift and effecti-ve. This occurs in mature competitivemarkets, where traders are concerned tomaintain their reputations and marketshares, and is linked to the rise of ethicaltrading and CSR policies. Companies thatoperate under such conditions report aneed to try to capture all consumer infor-mation (good and bad) to maintain mar-ket information and contact with theirconsumers, and to identify problems andtrends quickly. Companies that operate inless developed, or less competitive, mar-kets, see less need to respond in theseways, but the approaches are spreadingback up supply chains.

A second feature that distinguishesCDR schemes from courts is the need tooperate quickly, as well as cheaply. TheCommission wants to see all C2B issuesresolved within 60 days. That is currentlyachieved by some ombudsman systems,although it is a challenge for more com-plex types of disputes such as construc-tion and financial services. But in manyjurisdictions, CDR is faster and cheaperoverall than lawyers and courts, evensmall claims processes.

Many of the older CDR systems(Nordic States, the Netherlands, Spain)are based on the concept of arbitration,involving disputes being heard by a panelof three people, one from lists nominatedby consumer and trader camps respecti-vely and a neutral chair, such as a lawyeror judge. That model offers symbolic ba-lance, and can supply panel memberswith expertise. More recent CDR systemsinvolve an ombudsman model, in whichcases are first allocated to one of a team ofindividual case handlers, and might be es-calated up to more senior ombudsmanpersonnel for formal decisions. ODR sys-tems, such as those operated widely by

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012196

EUROPA

6 The UK travel agents association.7 The Consumer Code Approval Scheme operatedby the UK Office of Fair Trading. See ConsumerCodes Approval Scheme: Core Criteria and gui-dance 2008, available at: http://www.oft.gov.uk/shared_oft/Approvedcodesofpractice/oft390.pdf

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mass online traders line eBay and Ama-zon, are closer to the ombudsman model.It is possible that competition will emergebetween these models, such as betweenarbitration and ombudsmen systems. Atpresent, it appears that ombudsmen aregenerally quicker than panels of three.But competition can spur innovation. Ne-vertheless, it will be important to main-tain the quality of CDR providers, throughtransparent data and regulatory scrutiny.

III. Added Benefits of CDR

There are several important features ofCDR schemes that go beyond traditionalfunctions delivered by court systems.Firstly, most offer the ability to provideinitial advice and triage of a dispute. Inmany schemes, a large number of con-tacts received are requests for advice ortoo see if there is in fact anything to com-plain about over a trader's behaviour. Inmany cases, the CDR body's initial assess-ment of a complaint leads to swift resolu-tion, either by reassuring the consumerthat there is no ground for complaint orby informing the trader that he ought tosettle voluntarily since the result is likelyto go against him. This can save a greatdeal of time, cost and aggravation for all.

Secondly, well-designed CDR systemsoperate as highly efficient regulatory sys-tems, and are especially helpful for SMEs.CDR bodies are automatically capable ofrecording data about every contact thatthey receive. They do this partly in orderto demonstrate that their own internalperformance is satisfactory in terms ofcomplaint-handling times, costs and out-comes. But the data can also provide ahighly valuable source of real-time infor-mation about market activity. What arecomplaints about? Who are they against?Leading CDR bodies now make availablesuch market data not only to companiesbut also–transparently– to regulators andmarkets (competitors and purchasers).The argument by some traders that this isa breach of their confidential data looksincreasingly defensive and unimpressive.People want to be able to trust traders, tohave confidence that risks will be identi-fied quickly and action taken to stop or li-mit their adverse effects, and to knowwho to trust.

CDR schemes can therefore affect tra-ding behaviour, and raise general stan-dards. Examples exist where ombudsmenidentified a trading problem and if the in-formation had been responded to quicklyby regulators or markets, illegal or harm-ful trading could have been stopped at anearly stage. Instead, the problem grew un-

checked, which resulted in an unnecessa-rily large number of claims and damageto the traders' and regulators' reputations.An example is the payment protection in-surance (PPI) saga in U.K. and otherstates. CDR systems can also identify ro-gue traders quickly, at which point it is es-sential that public authorities are swiftlyinvolved before harm is done to moreconsumers: it is often the case that consu-mers who have been victims of scamscannot get their money back.

IV. The Future Vision

It is, therefore, possible to identify a visionof a future European consumer tradingsystem in which regulatory/behavioural,preventative and restorative elements arecombined into an efficient holistic modeof operation. In order to achieve the vi-sion, or at least to achieve it quickly, at-tention needs to be devoted to the crea-tion of an effective operational network ofCDR providers and regulators, especiallyin important sectors. Networks need toexist at national level, and on a pan-EUbasis, since the former is a prerequisitefor the operation of a pan-EU ODR sys-tem. In simple terms, the European Com-mission's vision is that any EU consumercould send a query to the EU portal, andbe directed to the most appropriate secto-ral CDR body in the relevant MemberState.

It is a pre-requisite for the operationof an effective ODR system that (almost)full coverage of CDR schemes exist in therelevant area. Hence the EU ODR plat-form will come on stream after the datefor implementation of the CDR require-ments. Some countries might get thereearlier. Belgium has already established anational ODR platform called Belmed,which is impressively user-friendly, and isdeveloping plans for providing full cove-rage of CDR in all relevant sectors, possib-ly by the creation of a single national CDRscheme.

Some commentators are concernedabout specifying which law applies tocross-border cases. This is a significant is-sue to get right in relation to some typesof cross-border claims, and has led to ru-les on proper law, jurisdiction and enfor-cement of judgments, such as the Rome Iand II and Brussels Regulations. However,it is unlikely to be of much relevance inpractice in relation to C2B claims, for tworeasons. Firstly, the nature of the vast ma-jority of C2B claims gives rise to well-sett-led law that is standard across EU Mem-ber States. CDR data shows that mostsuch claims are non-delivery, damage in

transit, non-conformity with description,mis-description, misleading advertising,or mis-selling information or pre-contractadvice. The amounts of money involvedare typically low (the average value inSpain in 2010 was 366 ) but sometimeshigher (90% of claims with the GermanInsurance Ombudsman in 2010 were un-der 10.000 : ceilings frequently apply forfinancial services claims). The substantivelaw on such matters is largely harmonizedby measures such as the Unfair Commer-cial Practices Directive (UCPD) and theConsumer Rights Directive. Secondly, anincreasing number of CDR schemes applynot only legal rules but also (sometimesas a legal requirement, such as under theUCPD) concepts of fairness or equity.Questions of proper law are less relevantto outcomes under such a system. Ques-tions of cross-border enforcement mightremain, but we may see moves towardsmaking CDR outcomes enforceable eitherthrough extensive voluntary adherence(and guarantees) or as matters of law.

There may be some resistance to thecreation of a CDR universe in countrieslike Germany where the court system hasserved people well, but in most MemberStates CDR is essential to provide accessto justice for C2B cases as well as the regu-latory effects mentioned above. If masssmall-scale consumer problems are notidentified and dealt with acceptably, con-fidence in the market will inevitably col-lapse. It doers appear that what is occur-ring is the emergence of a new EU civiljustice system, which is not based oncourts. Instead, the DR model that isemerging involves a close and relativelycollaborative relationship between consu-mers, traders, and regulators. It is in ma-ny ways the opposite of a U.S.-style sys-tem of private enforcement of privaterights and public norms through privateintermediaries (lawyers and litigationfunders). Indeed, some businesses arestrongly supporting CDR precisely becau-se it offers a vision of a legal system inwhich class actions are largely unnecessa-ry.Prof. Dr. Christopher HodgesHead of the CMS Research Programmeon Civil Justice Systems, Centre for Socio-Legal Studies, and Wolfson College, Uni-versity of Oxford; Erasmus Professor ofthe Fundamentals of Private Law, Eras-mus University, RotterdamSolicitor, England &Wales.

EUROPA

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 197

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Christopher-Leonard Prinz

Internationale Mediation – Aussichten undBegrenzungen am Beispiel des KosovoDer Beitrag untersucht den im Jahr 2007durchgeführten Mediationsprozess umden Status des Kosovo zwischen Kosovo-Albanern und Serben. Der Verfasser ana-lysiert die Gründe des Scheiterns des Ko-sovo-Mediationsprozesses und stellt einenVergleich mit dem ersten erfolgreichen in-ternationalen Mediationsprozess, demWestfälischen Frieden von 1648, an.

A. Die aussichtslose Mediation imKosovo – eine Spurensuche

Mediation ist eine bewährte und etablierteKonfliktbewältigungsstrategie sowohl imprivaten als auch im geschäftlichen Be-reich. Diese Anwendung wird immermehr auf vielen Ebenen in der Gesell-schaft angewendet und soll nun auchdurch ein Mediationsgesetz in Deutsch-land Rahmenbedingungen für eine gere-gelte Mediation schaffen.

Trotzdem wird häufig vergessen oderwenig beachtet, dass Mediation auch einWerkzeug zur Beilegung von politischenKonflikten zwischen Staaten ist. DerWestfälische Frieden von 1648 ist ein be-kanntes Beispiel von politischer Media-tion, weil er der erste internationale Me-diationsprozess war und einen zwischen-staatlichen Konflikt erfolgreich beendete,in dem zuvor mehrere Konfliktparteienüber Jahrzehnte hinweg einen erbittertenKrieg gegeneinander geführt hatten.

Aber wie hat man sich heutzutage, im21. Jahrhundert, einen Mediationsprozessmit Staatsoberhäuptern und Diplomatenvorzustellen?

Als Beispiel dafür wird der Media-tionsprozess im Kosovo im Jahr 2007 be-schrieben. EU-Chefdiplomat Wolfgang Is-chinger ist der Meinung, dass dieser Me-diationsprozess und die sog. „Kosovo-Troika ein einzigartiges Experiment iminternationalen Verhandeln und Mediie-ren waren.“2

Die Weltgemeinschaft war involviertund engagiert, den Konflikt zu lösen undden Status des Kosovo zu klären. Die bes-ten Diplomaten aus den USA, der Europä-ischen Union und Russland waren als Ko-sovo-Troika eingesetzt, um zwischen Ser-ben und Kosovo-Albanern zu mediieren.Die Treffen vorzubereiten und abzuhalten

war zeitaufwendig und mit ho-hen finanziellen Kosten ver-bunden.

Die Konfliktparteien hattenalso die besten Voraussetzun-gen um zu einer Einigung zugelangen. Das Ergebnis warletzten Endes keine Einigungüber den Status des Kosovo.Daraus ergibt sich eine Reihevon Fragen:

Warum ist der Mediations-prozess fehlgeschlagen – wegendes Mediators, wegen der Kon-fliktparteien, oder sogar wegenbeiden?

Vielleicht wegen der Um-stände außerhalb des Media-tionsprozesses? Oder wegen ei-nes ungünstigen Mittels, näm-lich des der Mediation selber?War es am Ende vielleicht nureine simulierte Mediation?

Hätten die beiden Konflikt-parteien ihr Verhalten nichtnach jeder Mediation verän-dern müssen und hätten sich nicht auchsog. „Mediation Skills“ entwickeln müs-sen?

Welche Bedeutung hat es, dass einGroßteil der Teilnehmer bei dem Media-tionsprozess Männer waren? Sind dienicht entwickelten „Mediation Skills“ auftypisch männliches, sog. Machogehabezurückzuführen?

Diese und weitere Fragen helfen beider Suche nach der Antwort auf dieHauptfrage: Warum ist der Mediations-prozess im Kosovo fehlgeschlagen undwarum war die Mediation beim Westfäli-schen Frieden erfolgreich?

Um diesen Fragen nachzugehen, be-darf es einer kurzen Erläuterung der Ge-schichte der internationalen Mediationund der Geschichte des Kosovo-Konflikts.

B. Die internationale Mediation

Der prominenteste Vertreter im Bereichder internationalen Mediation sind unbe-stritten die Vereinten Nationen. Sie ver-folgen seit ihrer Entstehung den Grund-satz:

„Weltfrieden und internationale Sicher-heit wahren.“3

Dafür haben die Vereinten Nationenin ihrer UN-Charta internationale Richtli-nien aufgestellt, die jedes Mitgliedslandzum Zeitpunkt des Beitritts zur UN unter-zeichnet haben muss.

Besonders zwei Artikel in der UN-Charta betonen den Grundsatz friedlicheinen Konflikt zu lösen:

Charta der Vereinten Nationen (Aus-zug)

Kapitel I – Ziel und Grundsätze

Art. 2 (3)

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012198

INTERNATIONAL

Prof. Dr. Alexander Redlich und Christopher-LeonardPrinz, M.A. anläßlich der Verleihung des Medations-

Förderpreises 20111

1 Der vorliegende Beitrag geht auf die Masterar-beit des Verfassers zurück, die unter dem Titel „In-ternational Mediation – Prospects and Limits onthe Example of Kosovo“ im März 2012 im KeyserVerlag erschienen ist. Christopher Prinz ist für dieMasterarbeit mit dem Förderpreis für Mediation2011 der Centrale für Mediation ausgezeichnetworden. Nähere Informationen zur Entstehung undden Hintergründen der Preise unter www.mediate.de.2 Prinz, s. Fn. 1, S. 8.3 Bundeszentrale für politische Bildung, Ziele undGrundsätze der Vereinten Nationen, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/vereinte-natio-nen/48577/ziele-und-grundsaetze.

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,,Alle Mitglieder legen ihre internationa-len Streitigkeiten durch friedliche Mittelso bei, dass der Weltfriede, die internatio-nale Sicherheit und die Gerechtigkeitnicht gefährdet werden.“4

Kapitel VI – Die friedliche Beilegungvon StreitigkeitenArt. 33(1),,Die Parteien einer Streitigkeit, derenFortdauer geeignet ist, die Wahrung desWeltfriedens und der internationalen Si-cherheit zu gefährden, bemühen sich zu-nächst um eine Beilegung durch Ver-handlung, Untersuchung, Vermittlung,Vergleich, Schiedsspruch, gerichtlicheEntscheidung, Inanspruchnahme regio-naler Einrichtungen oder Abmachungenoder durch andere friedliche Mittel eige-ner Wahl.“5

Zusätzlich haben die Vereinten Natio-nen spezielle Einheiten, wie z.B. die imJahr 2006 ins Leben gerufene „MediationSupport Unit".6 Diese Unit ist dafür zu-ständig, erfahrene Mediatoren im Ein-klang mit den UN-Standards zu schulen.Auch bei der internationalen Mediationwird wie bei Mediationen unter Privatper-sonen oder zwischen Unternehmen dasFünf-Phasen-Modell angewandt.7

Ferner gibt es ein Mediation SupportStandby Team,8 welches aus Mediations-experten aus aller Welt besteht, die bei je-dem internationalen Mediationsprozessunterstützend zur Seite stehen können.

C. Geschichte des Kosovo-Konflikts

Beide Konfliktparteien beanspruchen dasKosovo-Gebiet für sich und stützen ihreArgumente auf unterschiedliche Gescheh-nisse in der jeweiligen Geschichte des ei-genen Landes.

Auf der einen Seite ist das Kosovowichtig für die Serben, weil die Schlachtauf dem Amselfeld im Jahr 13899 das En-de ihrer Autokratie einläutete. Seit dem

Jahr 1459 stand Serbien endgültig untertürkischer Fremdherrschaft.

Auf der anderen Seite ist das Kosovowichtig für die Albaner, weil sie ältereRechte über das Kosovo beanspruchen alsdie Serben, denn sie waren unter dem an-tiken Namen der Illyrer10 bereits vor denRömern in der Gegend und noch wichti-ger: vor den Slawen, die später als Serbenbekannt wurden.

Während Serbien im Laufe der Zeitein eigenständiger Staat wurde, war dasKosovo immer ein Teil einer größeren Re-publik. Kosovo erlangte nach dem 2.Welt-krieg einen autonomen Status in der So-zialistischen Föderativen Republik Jugos-lawiens. Seit 1991 zerfiel Jugoslawien auf-grund von Unabhängigkeitsbestrebungenseiner Teilrepubliken und mehrere Kriegezwischen Serben und anderen Völkern Ju-goslawiens entbrannten.

Nach langen Jahren und vielen Totenauf allen Seiten wurde im Jahr 1995 dasFriedensabkommen von Dayton in Parisgeschlossen. Bosnien und Herzegowinawurden eigenständige Staaten. Dem Ko-sovo wurde bei den Friedensverhandlun-gen keine Beachtung geschenkt, „Kosovowar ein internes Problem von Serbien“11

und so formierte sich die „Befreiungsar-mee des Kosovo“, auch bekannt als UÇK-"Ushtria Çlirimtare e Kosovës“, da dasKosovo vorher mit friedlichen Mittelnvergeblich an seine Eigenständigkeit zukommen versucht hatte.

Im Jahr 1999 intervenierte die NATOohne ein vorhergehendes UN-Mandat inSerbien wegen des Verdachts auf Völker-mord der Serben an Kosovo-Albanern.Nach 78 Tagen kapitulierte Serbien. DasKosovo wurde ein UN-Protektorat, wel-ches durch den UN-Sicherheitsrat mit derResolution 1244 beschlossen wurde.

Im Jahr 2004 kam es erneut zu Unru-hen im Kosovo. Daraufhin wurde ein Re-port über den Umsetzungsprozess derUN-Standards im Kosovo erstellt.12

Der finnische Präsident Martti Ahti-saari wurde 2005 als UN-Gesandter in dasKosovo geschickt und hielt bilaterale Ge-spräche mit beiden Konfliktparteien. An-fang 2007 machte Ahtisaari beiden Par-teien den Vorschlag, das Kosovo nichtmehr in Serbien einzugliedern.13 Diesstieß auf Zustimmung bei den Kosovo-Al-banern und auf große Ablehnung auf derserbischen Seite.

Der Kosovo-Konflikt hat nicht nurStreit zwischen Kosovo-Albanern undSerben verursacht, sondern auch dieWeltgemeinschaft war gespalten. Auf dereinen Seite gab es Länder, die ein eigen-

ständiges Kosovo befürworten wie z.B.USA, Deutschland, Frankreich, Italienund Japan – und auf der anderen Seitewaren Länder wie Russland, Spanien undChina gegen ein eigenständiges Kosovo.Diese Länder müssen sich selbst mit Sepa-rationsbestrebungen im eigenen Landauseinandersetzen und fürchteten, dassder Kosovo-Fall nicht ein Fall „sui gene-ris“14 bleibt.

Daraufhin schlug im Sommer 2007der deutsche Außenminister Frank-Wal-ter Steinmeier eine Kosovo-Troika, beste-hend aus USA, Russland und der EU vor,die als Mediator zwischen Kosovo-Alba-nern und Serben tätig werden sollten. DerMediationsprozess dauert vom 10. Augustbis 3.12.2007. Die Kosovo-Troika mussteUN-Generalsekretär Ban Ki-moon ihrenfertigen Bericht bis zum 10. Dezembervorgelegt haben.

Folgende Teilnehmer waren in denMediationsprozess involviert:Die Kosovo-Troika:Wolfgang Ischinger, EUAlexander Botsan-Kharchenko, RusslandFrankWisner, USAFür Belgrad:Präsident Boris TadiæPremier Minister Vojislav KostunicaAußenminister Vuk JeremicMinister für Kosovo Slobodan SamardzieFür Priätina, sog. „Team of Unity,,:Präsident Fatmir SejdiuPremier Minister Agim CekuPräsident des Kosovarischen ParlamentsKole BerishaHashim Thaçi (wurde Premier Ministerder Republik Kosovo am 9.1.2008)

D. Der Kosovo-Troika Prozess

I. Eine deutsche Perspektive – dieInterview-Partner

Aus dem Grund, dass die Kosovo-Troikanach jedem Treffen nur das finale Ergeb-nis mitteilte und nicht, wie die Atmosphä-re während der jeweiligen Treffen waroder wie die beiden Konfliktparteien sichwährend der Mediation verhalten hatten,wurden vom Autor fünf Interviews ge-führt. Die Interview-Partner waren:– Wolfgang Ischinger, EU-Chefdiplomat

der Kosovo Troika– Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundes-

minister des Auswärtigen a.D. und Vi-zekanzler der BundesrepublikDeutschland

– Dr. Gernot Erler, Staatsminister a.D.Bundesministerium des Auswärtigen

INTERNATIONAL

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 199

4 Vereinte Nationen, Charta der Vereinten Natio-nen, http://www.un.org/depts/german/un_char-ta/charta.pdf.5 Ebd.6 United Nations, About Mediation Support Unit,http://www.un.org/Depts/dpa/peace.html.7 Prinz, s. Fn 1, S. 22.8 United Nations, About Mediation Support Stand-by Team Press Release, http://www.un.org/News/Press/docs/2008/pa1.doc.htm.9 Weller, Contested Statehood, S. 25.10 Rogel, International Journal of Politics, Culture,and Society 2003, S. 169.11 Rogel, s. Fn. 10, S. 175.12 Ker-Lindsay, Kosovo, S. 18.13 Vereinte Nationen, Ahtiassari Report, http://www.unosek.org/docref/report-english.pdf.14 Prinz, s. Fn. 1, S. 37.

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– Dr. Thomas Steg, stellv. Regierungs-sprecher a.D.

– Dr. Theo Sommer, Deutscher Journa-list, ehemalige Herausgeber „Die Zeit“

II. Drei Probleme vor demMediationsprozess

Aufgrund der enormen Unterschiede undMeinungsverschiedenheiten innerhalbder Kontakt Gruppe über den Status desKosovo war es zunächst unklar, ob dieKosovo Troika überhaupt eine minimaleChance auf eine erfolgreiche Mediationhatte.Drei Probleme ergaben sich vor dem Me-diationsprozess für die Kosovo-Troika:1. Gernot Erler: „Ich glaube, dass eigent-

lich das schwierige Erbe der Balkan-Kontaktgruppe und der Ahtisaari-Mission auf der Arbeit der Troikaschon lasteten, als sie angefangen hat.Die haben ja nicht von vorne dasDing aufgerollt, sondern auf der Ba-sis, was schon aufgeschrieben war,den Ergebnissen der Ahtisaari-Mis-sion, und insofern war das im Grun-de genommen diese Vorfestlegung,die eine Rolle gespielt hat.“15

2. Die Kosovo-Albaner und die Serbenwaren aufgefordert worden, eine Me-diation abzuhalten. Dies entstandnicht aus eigener Motivation, son-dern nach Aufforderung. Das war eingroßer Hindernisgrund für die „Be-reitschaft zur Mediation.“16

3. Des Öfteren waren die Mediatoren,USA und Russland, selber in einemKonflikt über die Position des jeweilsanderen.

III. Indirekte und Direkte Treffen

1. Indirekte Treffen

Der Mediationsprozess war in zwei Pha-sen aufgeteilt:

Die erste Phase beschreibt die indi-rekten Treffen und die zweite Phase be-schreibt die direkten Treffen der KosovoTroika mit den Konfliktparteien.

Bei den insgesamt drei indirektenTreffen begegneten die Troika-Vertreterden Konfliktparteien separat voneinan-der. Es gab kein Zusammentreffen beiderKonfliktparteien. Diese Phase beschreibteine „klassische Mediation.“17 Die Troikahat zu Beginn der indirekten Treffen bei-de Parteien darum gebeten „sie mögendoch bitte ihre Vorschläge zur Lösung desStatusproblems vortragen – schriftlich

und mündlich.“18 Dadurch hat Ischingeraufgezeigt, dass die Troika nicht aktiv mitIntervention in den Mediationsprozesseingreift, „sondern als Mediator, als je-mand der versucht, zwei Parteien zu hel-fen, sich zu verständigen.“19

Bei den indirekten Treffen wurdenformale Punkte besprochen, u.a. wie sichbeide Parteien zu verhalten haben, sobaldsie bei den direkten Treffen aufeinander-treffen. Daraufhin unterschrieben alle Be-teiligten das sog. „Vienna Non-Paper,“20

in dem sie ihre friedlichen Absichten er-klären.

Während der indirekten Treffen wa-ren beide Konfliktparteien mehr daraufbedacht, „dass sie internationale Akteure,ob Russen, Europäer oder Amerikaner,auf ihre Seite ziehen, um sich mit ihrer je-weiligen Maximalposition durchzuset-zen.“21

2. Direkte Treffen

Nach indirekten Treffen folgten sechs di-rekte Treffen. Dies war das erste Aufei-nandertreffen beider Konfliktparteien.

Zu Beginn des ersten direkten Tref-fens gab es keine feste Sitzordnung undder EU-Troika-Chefdiplomat ergriff dieInitiative und sagte: „Wir setzen uns jetztans Kopfende des Hufeisens.“22 Die bei-den Konfliktparteien saßen sich also ge-genüber. Diese Sitzordnung wurde wäh-rend aller Verhandlungen beibehalten.

Die direkten Treffen ergaben kein grö-ßeres Aufeinander zugehen der beidenKonfliktparteien. Es wurde eine sog.„New York Declaration“23 unterzeichnet,in der beiden Parteien ihre Situation be-wusst gemacht werden sollte, dass sie die-se letzte Chance zu nutzen, um zu einemEinverständnis zu kommen.

Die Kosovo-Troika griff aktiv in dieVerhandlungen beim dritten indirektenTreffen ein. Sie stellte einen sog. „14Punkte Plan“ auf der „... submitted to theparties points for disscusion with a viewto identifying areas of agreement thatmight open a path to a negotiated solu-tion.“24 Der „14 Punkte Plan“25 wurdevon Serbien nicht angenommen, weil erfolgendes vorsah: „Belgrade will not rulein Kosovo.“26 Das „Unity Team“ war inso-fern mit dem Vorschlag einverstanden,zudem hieß es: „both sides will focus ondeveloping special relationships whichwill be based on their historical, culturaland human dimensions.“27

E. Charakteristische Eigenschaftendes Mediationsprozesses

Es wurde die Vermutung angestellt, dassdas Scheitern des Mediationsprozesses aneinem Mangel an „Bereitschaft zur Me-diation“ bei den Konfliktparteien lag. Da-zu wurden einige Hypothesen über diemöglichen Gründe für das Scheitern derMediation aufgestellt.

Die erste Hypothese lautete: Währenddes Mediationsprozesses waren größten-teils Männer anwesend und deshalb istkeine „Bereitschaft zur Mediation“ zu-stande gekommen.

Wolfgang Ischinger war nicht der Mei-nung, dass das Scheitern der Mediationauf Männer zurückzuführen war. Ischi-nger sagte, „dass dies nicht so sehr eineMänner-Frauen-Frage war, sondern wirhatten auf beiden Seiten sehr festgefügteMeinungen, die aus meiner Sicht nur hät-ten überwunden werden können, wennRussland, die USA und die EuropäischeUnion gemeinsam gesagt hätten: Hiergeht's lang. Dann hätte man beide Seitenüberstimmen können.“28 Und auch Tho-mas Steg stellte fest, „dass es eher umMachtfragen und um prinzipielle Fragenging und weniger um Geschlechtereigen-schaften.“29

Die zweite Hypothese stützte sich aufdie Tatsache, dass der ehemalige UÇK-Re-bell Hashim Thaçi noch im Jahr 1999 alsAnführer der UÇKmit Serbien verhandel-te, wohingegen er während des Media-tionsprozess als zukünftiger Premiermi-nister des Kosovo gehandelt wurde. DieHypothese war, dass dieser Wechsel die„Bereitschaft zur Mediation“ bei den Ser-ben stark zum Nachteil der Mediation be-einflusst hat.

Thomas Steg teilte diese Auffassung.Er fand, „man muss sehen, was das fürdie Psychologie der Verhandlungen be-deutet, wenn der militärische Erzfeind

INTERNATIONAL

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012200

15 Prinz, s. Fn. 1, S. 42.16 Prinz, s. Fn. 1, S. 42.17 Prinz, s. Fn. 1, S. 48.18 Prinz, s. Fn. 1, S. 43.19 Prinz, s. Fn. 1, S. 44.20 Kosovo Troika, About Vienna Non-Paperhttp://www.ico-kos.org/pdf/NONPaper.pdf.21 Prinz, s. Fn. 1, S. 47.22 Prinz, s. Fn. 1, S. 49.23 Kosovo Troika, About New York Declarationhttp://www.ico-kos.org/pdf/troik28.pdf .24 Kosovo Troika, Press Statement Vienna ThirdMeeting http://www.ico-kos.org/pdf/troik22.pdf.25 Kosovo Troika, About the 14 Working PointsChart, http://www.kosovocompromise.com/cms/item/charts/en.html?id= 233.26 Ebd.27 Ebd.28 Prinz, s. Fn. 1, S. 55.29 Prinz, s. Fn. 1, S. 56.

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ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 201

plötzlich politische Verhandlungen führt.Da kann man nicht erwarten, dass dieSerben da Zugeständnisse machen.“30

Für Wolfgang Ischinger dagegen hattedas „überhaupt keine Rolle gespielt.“31

Außenminister Steinmeier und Staatssek-retär Erler fügten hinzu, dass eine Seitenicht aussuchen kann, mit wem sie dieVerhandlungen führt.32

Die dritte Hypothese bezog sich aufden Mangel an „Bereitschaft zur Media-tion“ beider Konfliktparteien, weil derMediator, in diesem Fall Wolfgang Ischi-nger, seiner Rolle als Mediator nicht ge-recht wurde.

Die Interview-Partner Erler, Sommer,Steg und Steinmeier stimmten überein,dass Ischinger der richtige Mediator fürdiese Aufgabe war und dass er diese er-folgreich als EU-Chefdiplomat erfüllt hat.Außenminister Steinmeier bekräftigte:„Ich war mir sicher, dass wir mit der Aus-wahl vonWolfgang Ischinger nicht nur ei-nen erfahrenen Diplomaten zur Verfü-gung stellen, sondern jemanden, der sichin Konfliktlagen als streitbar, beständigund kreativ erwiesen hat.“33

Auch Ischinger selbst war von Beginnan zuversichtlich über seine Rolle als EU-Chefdiplomat, jedoch fügte er hinzu: „Ichhabe das Mandat von der Bundeskanzle-rin Frau Merkel als auch Solana gegen-über nur übernommen, nachdem ichmich im persönlichen Gespräch mit bei-den davon überzeugen konnte, dass nichtvon mir erwartet wird, in diesem Troika-Prozess das Problem zu lösen. Ich hätte esnicht gemacht, wenn die beiden gesagthätten, doch, Sie müssen das in diesenvier Monaten hinkriegen'. Das war defini-tiv unmöglich.“34

Die vierte Hypothese wurde in Verbin-dung mit den Wahlen im Kosovo am17.11.2007 gebracht: Inwieweit stehen dieForderungen Thaçis nach Eigenständig-keit des Kosovo und die Wahlen in einemZusammenhang?

Steinmeier antwortete: „Das war si-cherlich bei Thaçi so.“35 Steg: „Ja natür-lich, wir hatten ja in beiden Fällen, sowohlim Kosovo als auch später in Serbien,

Wahlen und jeder, der Zugeständnis ge-machte hätte, unter seiner Forderung ge-blieben wäre, hätte verloren.“36

Zudem würde eine Person als Verrä-ter geächtet werden, wenn diese freiwilligvon ihrer Position abrücken würde. Steg:„Es geht ja nicht einfach nur darum, dassdie Beteiligten Angst hatten, bei denWah-len ihre Macht zu verlieren. Man darf janicht vergessen, dass es davor Fälle gege-ben hat, dass politische Führer ermordetwurden, weil sie nationale Interessen auf-gegeben hatten.“37

Es muss darauf hingewiesen werden,dass nicht nur Thaçi auf seinem Stand-punkt beharrte. Steg führte weiter aus,„die größte Sorge war doch, dass BorisTadiæ in Serbien auch in höchster Le-bensgefahr schwebt und kaum Wahl-kampf machen kann, wenn er in Ver-handlungen sagt, ja, ich sehe ein, wir ha-ben den Krieg verloren, es war falsch wasMiloäeviæ gemacht hat, wir verzichtenauf das Kosovo. Er hätte daraufhin dasLand verlassen und in Sicherheit gebrachtwerden müssen, und ähnlich wäre es mitThaçi auch gewesen.“38

Dies war der erste Punkt, der einenMangel an „Bereitschaft zur Mediation“aufzeigte, weil totalitäre Kräfte im Hinter-grund die Konfliktparteien darin gehin-dert haben ihre „Bereitschaft zur Media-tion“ auszuüben.

Die fünfte und letzte Hypothese bezogsich auf die konstante Unterstützung derUSA und Russlands für die beiden Kon-fliktparteien. Beide Staaten interveniertenwährend des Mediationsprozesses mitÄußerungen, die den Konflikt nur ver-schlimmerten und den Weg zu einemkonstruktiven Dialog immer schwerermachten. Beide Seiten mussten keine „Be-reitschaft zur Mediation“ erbringen, dasie sich jeweils im Schutze ihres „großenBruders“ sahen. Ischinger beschrieb es wiefolgt: „Aus meiner Sicht haben beideGroßmächte, Russland einerseits bei Ser-bien, die USA andererseits beim Kosovo,ihren Beitrag geleistet, dass eine Positionmit großer Intransigenz getragen wurde,das hat unsere Aufgabe natürlich nichtleichter gemacht.“39

Es wird deutlich, dass zum einen dieWahlen und die damit verbundene Angst,sein Leben zu verlieren aufgrund von to-talitären Mächten im Hintergrund, undzum anderen die konstante Unterstüt-zung der beiden Großmächte für die bei-den Konfliktparteien als Gründe für denVerlust zur „Bereitschaft zur Mediation“zu gelten haben.

F. Westfälischer Frieden

Der Westfälische Friede wurde im Jahr1648 von mehreren Konfliktparteien un-terzeichnet. Dadurch endeten der 30-jäh-rige Krieg in Deutschland und der 80-jäh-rige Unabhängigkeitskrieg der Niederlan-de. Die Verträge wurden in den beidenwestfälischen Städten Münster und Osna-brück unterschrieben. Die Verhandlun-gen dauerten fünf Jahre.

Alvise Contarini40 (1591-1651), einemDiplomaten aus der Republik Venedig, istes zu verdanken, dass der WestfälischeFriede geschlossen wurde. Contarini er-füllte alle Eigenschaften, die ein Mediatorfür eine erfolgreiche Mediation mitbrin-gen muss:1. Er war vertraulich und unbefangen.2. Er wurde von allen Konfliktparteien

zumMediator gewählt.3. Alle Parteien waren „Gleiche“, unab-

hängig von Stärke und Größe.

G. Kosovo und Westfälischer Friede– Gemeinsamkeiten und Unter-schiede

Die beiden Friedensprozesse zumWestfä-lischen Frieden und zum Kosovo-Prozesszeigen Gemeinsamkeiten und Unterschie-de. Zuerst die Gemeinsamkeiten:

Bei beiden Prozessen waren die Me-diatoren mit einzigartiger Expertise imBereich der internationalen Diplomatieausgestattet. Alvise Contarini und Wolf-gang Ischinger hatten die Zuversicht derKonfliktparteien. Zudem zeigten beideMediatoren ihr volles Engagement wäh-rend des Mediationsprozesses, vor allemIschinger unterstrich seine Bereitschaftfür eine erfolgreiche Mediation indem ersagte, „we leave no stone unturned.“41

Darüber hinaus hatten beide Konflikt-parteien die Möglichkeit sich auch per-sönlich während des Prozesses kennenzu-lernen. Beim Kosovo-Prozess sagte Ischi-nger, „dass ich mich am Ende unsererTroika-Zeit darüber vergewissern konnte,dass der eine durchaus die Handynum-mer des anderen hatte und umgekehrt(Hashim Thaçi – Boris Tadiæ).“42

Einer der Unterscheide ist, dass derProzess zu Westfälischen Frieden fünfJahre gedauert hat, wohingegen der Pro-zess im Kosovo nur vier Monate dauerte.Hätte der Kosovo-Prozess andere Ergeb-nisse erzielt, wenn dieser länger gedauerthätte?

Alle Konfliktparteien haben beimFriedensprozess zum Westfälischen Frie-

30 Prinz, s. Fn. 1, S. 57.31 Prinz, s. Fn. 1, S. 57.32 Prinz, s. Fn. 1, S. 57.33 Prinz, s. Fn 1, S. 58.34 Prinz, s. Fn. 1, S. 58.35 Prinz, Interview mit Steinmeier, S. 60.36 Prinz, s. Fn. 1, S. 60.37 Prinz, s. Fn. 1, S. 60.38 Prinz, s. Fn. 1, S. 61.39 Prinz, s. Fn. 1, S. 61.40 Repgen, Historische Zeitschrift, 1998, S. 615.41 Prinz, s. Fn. 1, S. 66.42 Prinz, s. Fn. 1, S. 66.

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den ihre „Bereitschaft zur Mediation“ ge-zeigt – im Gegensatz zum Prozess im Ko-sovo. Einer der Gründe ist, dass beideKonfliktparteien durch ihre „großen Brü-der“ abgesichert wurden und somit oftkeine „Incentives“ hatten, einen Schrittauf die andere Partei zu machen. Stein-meier machte deutlich, „wenn die Ver-meidung von Gewalt und das Vermeidenvon Opfern auf beiden Seiten nicht genug'Incentive' ist, dann handeln unverant-wortliche Menschen auf den Seiten derKonfliktparteien.“43

Die Verantwortlichen beider Konflikt-parteien im Kosovo waren durch totalitä-re Kräfte im Hintergrund gehindert, vonihren ursprünglichen Forderungen abzu-weichen, anders als beim WestfälischenFrieden, wo die Verhandelnden nicht mitWahlen konfrontiert waren und nichtdurch „große Brüder“ geschützt waren.

H. Schluss

Die Beschreibung des FriedensprozesseszumWestfälischen Frieden und des Koso-vo-Prozesses zeigt auf: Der Erfolg ist ab-hängig von einer dreiseitigen Unabhän-gigkeit – der Unabhängigkeit des Media-tors, der Unabhängigkeit der Partei A undder Unabhängigkeit der Partei B.

Ferner ist eine weitere Voraussetzungbei der Unabhängigkeit, dass die beidenKonfliktparteien eine „doppelte Unabhän-gigkeit“ mitbringen. Das heißt jede Parteimuss nach „oben“ und nach „unten“ un-abhängig sein.

Unabhängigkeit nach „oben“: Nichtsdarf über der Konfliktpartei stehen undsie an ihrem Vorhaben hindern. Im Falldes Kosovo waren es die sog. „großenBrüder“ die das Hindernis zu einer Unab-hängigkeit nach „oben“ für beide Kon-fliktparteien darstellten.

Eine Unabhängigkeit nach „unten“:Es darf keine totalitären, unsichtbarenKräfte im Hintergrund geben. Thaçi undTadiæ standen außerdem vor großenWahlen in ihren Ländern. Beide warennicht frei in ihren Entscheidungen.

Muss der gescheiterte Mediationspro-zess so angenommen werden, weil es kei-ne Alternativen gab? In Zeiten, in denenPolitiker ihre Entscheidungen gern als„alternativlos“ bezeichnen, kann eine in-telligente und ehrliche Antworten nurlauten: Ja, dieses Scheitern hätte verhin-dert werden können und – nein, es warnicht ohne Alternativen.

Christopher-Leonard Prinz, M.A.Doktorand an der BrandenburgischenTechnischen Universität Cottbus, Lehr-stuhl für Zivil- und Öffentliches [email protected]

REZENSION

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012202

Hodges/Benöhr/Creutzfeldt-Banda (Hrsg.), Consumer ADR in Europe,Hart/CH Beck/Nomos, Oxford 2012, 503 S., 68 € ISBN 978-3-8329-7260-8

Mit ihrem umfassenden Werk „Consu-mer ADR in Europe“ stoßen die Verfas-ser, die für den von ihnen beleuchtetenKontext das Akronym „CADR“ prägen,in eine Forschungslücke – rechtzeitig be-vor die Europäische Union eine Richtli-nie zur Verbesserung der Qualität undVerfügbarkeit von CADR erlässt. Ange-sichts der Verschiedenartigkeit der exis-tierenden Verfahren, ihrer unterschiedli-chen Entstehungsgründe und Populari-tät und der geographisch und sektoralerratischen Verteilung der Anbieter vonCADR haben die Verfasser sich zum Zielgesetzt, CADR-Mechanismen in zehn eu-ropäischen Ländern (Belgien, Frank-reich, Deutschland, Litauen, Niederlan-de, Polen, Slowenien, Spanien, Schwedenund Großbritannien) im Sinne einer Be-standsaufnahme ausführlich darzustel-len. Sie untersuchen dafür alle Verfah-ren, die für die Beilegung von Konfliktenzwischen Unternehmern und Verbrau-chern jenseits des Zivilprozesses angebo-ten werden, und vergleichen sie u.a. imHinblick auf ihre historische Entwick-lung, ihre Wirkungsweise, ihre Dauer,die mit ihnen verbundenen Kosten, ihreNutzungshäufigkeit und ihre Einbettungin die Rechtskultur und Konfliktbeile-

gungsarchitektur der jeweiligen Länder.Ihr Anliegen ist dabei, Empfehlungen da-für zu entwickeln, wie zum einen dieFunktionsweise von individuellenCADR-Mechanismen verbessert werdenkann und wie zum anderen auf nationa-ler und auf internationaler Ebene eineoptimale „Systemarchitektur“ von CADRaussehen müsste.

Basierend auf rund 100 Experteninter-views und einer sorgfältigen Auswertungder aktuellen Literatur zur Beilegung vonVerbraucherkonflikten erfassen die Au-toren detailliert den gegenwärtigenStand von CADR in Europa und die his-torische Entwicklung auf diesen Standhin – und ermöglichen es dem Leserauch, einen Blick in die Zukunft vonCADR zu werfen.

Das Buch wendet sich nicht nur an Wis-senschaftler und an Praktiker, die sichmit dem Themenfeld CADR beschäfti-gen. Es bietet Inspiration für jeden, derInteresse daran hat, mehr über das (z.T.sehr innovativ ausgestaltete) Zusammen-spiel von gerichtlicher und außergericht-licher Streitbeilegung zu erfahren. Fürden deutschen Leser ist zudem nicht nurdie Lektüre der Berichte aus den anderen

Ländern informativ. Reizvoll ist es auch,die kurze und äußerst gelungene Darstel-lung der deutschen „Streitbeilegungsar-chitektur“ mit Anmerkungen beispiels-weise zur deutschen Streitkultur, zu denAnreizen für die Inanspruchnahmen vonGerichten bzw. alternativen Konflikt-bearbeitungsforen, zur Praxis der Kon-fliktbearbeitung durch die Handelskam-mern und zur jüngeren Geschichte derMediation aus der Perspektive des gutunterrichteten „Foreigners“ zu lesen.

Den Verfassern ist uneingeschränkt da-rin zuzustimmen, dass die erhebliche Di-versität von CADR-Anbietern und -Ver-fahren zwar einerseits eine begrüßens-werte Vielfalt von Regelungsansätzen ge-neriert hat, andererseits aber das im-mense Risiko einer Unübersichtlichkeitvon Streitbeilegungsangeboten aus Ver-brauchersicht birgt. Die hieraus abgelei-tete Schlussfolgerung, „that structuralsimplicity is essential“ (S. 449), leuchtetein und bildet den Ausgangspunkt für 31gut begründete Empfehlungen für einSystemdesign für Verbraucher-ADR inEuropa.

Dr. Felix Wendenburg, Europa-Universi-tät Viadrina Frankfurt (Oder)

43 Prinz, s. Fn. 1, S. 67.

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REZENSION

ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012 203

Lehr-DVD Inside Mediation. Mediations Struktur – Case Study aus der Wirtschaft – Teaching Mediationvon Lis Ripke, Heidelberger Institut für Mediation 2011

Eine überzeugend runde Sache, dieserEinblick in Mediation. Lis Ripke infor-miert über Verfahrensablauf, zeigt paral-lel im Verfahrensbeispiel ihre Praxis derMediation und vertieft anhand derKlientenäußerungen und Prozeßdyna-mik den Überblick über sachliche wieemotionale Hintergründe und Ziele. Diein Heidelberg entwickelte und in allenVerfahren übliche Auswertung zeigt siein der doppelten Wirkung auf die Refle-xion der Klienten und den Erkenntnis-sgewinn für die Mediationsentwicklung.Abschließend benennt ihr langjährigerKollege Reiner Bastine vier Eckpfeiler derMediation, die für erfolgreichen Ablaufund Vereinbarung unerläßlich sind.

Lis Ripke überrascht den arglosen Zu-schauer mit einer locker durchgeführtenMediation, die sich im Wechselspiel mitden begleitenden Erläuterungen als sorg-fältig durchdachte Folge komplexerKommunikationselemente und Inter-ventionen entpuppt. Die sie sogleich dif-ferenziert auffächert und in ihrer Funk-tion für die tiefer gehende Erkundungsowohl der störenden Verhaltensweisenund ihren Wirkungen als auch der vonden Parteien gewünschten Alternativenund zukünftigen Beziehungsgestaltungkennzeichnet.

Der direkte Zusammenhang mit demsichtbar bearbeiteten Fall macht Lis Rip-kes Erläuterungen des gesamten Verfah-rens anschaulich und in jeder Phaseüberprüfbar. Sie unterteilt das Verfahrenin sechs Schritte: Auftragsklärung, The-menentwicklung, Konfliktbearbeitung,Problemlösung, Verbindliche Vereinba-rung und Nachbetreuung, die knapp un-ter einem Ziel zusammengefaßt und er-gänzend mit relevanten Hintergrund-aspekten vertieft werden.

Mit den jeweils parallel laufenden odernach der Mediation erfolgten Erläute-rungen werden die Verhaltensweisen derKlienten ebenso differenziert verständ-lich gemacht wie die Interventionen derMediatorin. Interessant in deren Haltungist die kontinuierlich wahrnehmbareEmpathie, die verbal eventuell kritischeÄußerungen in den Hintergrund rückt:beim Klienten „heraushören“, emotiona-le Äußerungen „so stehen lassen“ kön-nen mit weniger Verständnis und Empa-thie durchaus negativ wirken. Das pas-siert hier nicht, stattdessen trägt die ver-ständnisvolle und durchgehend offeneHaltung das gesamte Gespräch hindurchdie konstruktive Grundstimmung.

In diesem abwechslungsreich gestaltetenMediationsüberblick können interessier-te Neulinge der Konfliktbearbeitungebenso wie erfahrene Mediatoren schnelleinen Einblick in eine bewährte Formder professionellen Verfahrenssteuerunggewinnen. Der akut bearbeitete Konfliktstammt aus der mittleren Entschei-dungsebene eines Wirtschaftsunterneh-mens, enthält die häufig auftretendenSachfragen sowie komplizierende Bezie-hungselemente und wird nachvollzieh-bar geklärt, bearbeitet und schließlichgelöst.

Das Evaluationssystem des HeidelbergerMediationsinstitutes wird vorgestelltund mit seinem zweistufigen Befra-gungsschema nach der erfolgten Media-tion erläutert. Es bietet nicht nur denMediatoren und Lesern der Evaluations-ergebisse aufschlußreichen Einblick undsonst schwer zu erhaltende Erkenntnisse,sondern hilft den Konfliktpartnern, ihreigenes Verhalten im Streit, in dessen Be-arbeitung und im Lösungsverfahren zureflektieren und so für spätere Problem-

situationen konkrete Verhaltenshilfen zugewinnen. Damit wird unter anderemdie in der Wirtschaft vermehrt genutzteflache Hierarchie zu einem wahrnehm-baren Element der Konfliktbearbeitung.Die Parteien gewinnen in der transpa-renten Leitung durch (in dieser Varianteder Verfahrensaufteilung) sechs Phasenneben dem Verständnis für die eigenenund die gegnerischen Denk- und Verhal-tensabgründe konkrete Kompetenzenfür die konstruktive Gestaltung zukünfti-ger verfahrener Situationen. Das ist einGewinn für Personen und Unternehmen,der sich unterschiedlich und mehrfachauswirken kann: geringerer Kranken-stand oder innere Kündigung, mehr Ar-beitszeit und Energie fürs Unternehmenstatt für den Konflikt, größere Arbeits-zufriedenheit und höherer Umsatz.

Der abschließende Interviewbeitrag vonProf. Dr. Reiner Bastine rundet mit sei-nen Eckpfeilern der Mediation diese 70-minütige Weiterbildung schlüssig abund öffnet den Blick für individuelle wiesoziale Rahmenbedingungen. Er benenntals Grundannahmen und –haltungen derMediatoren, die ein menschlich ange-messenes und methodisch effektivesVerfahren ermöglichen, die Selbstbes-timmtheit der Klienten zu achten und zufördern, die Fähigkeit zur Kooperationals grundlegende menschliche Eigen-schaft zu nutzen, die Notwendigkeit zubeachten, neben Sachfragen auch Bezie-hungsaspekte einzubeziehen und einengeeigneten Rahmen für die Bearbeitungzu entwickeln.

Damit wird eine wirkliche Transforma-tion des Konfliktes überhaupt erst mög-lich. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Prof. Dr. Angela Mickley, FH Potsdam

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ZKM – ZEITSCHRIFT FÜR KONFLIKTMANAGEMENT 6/2012204

Redaktionsbeirat:Prof. Dr. Horst Eidenmüller LL.M., Ludwig-Maximilians-Universität MünchenProf. Dr. Ulla Gäßler LL.M., Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/O.Dr. Jürgen Klowait, Syndikusanwalt im E.ON-Konzern, GelsenkirchenProf. Dr. Angela Mickley, Fachhochschule PotsdamProf. Dr. Roland Proksch, ehem. Präsident der Ev. Fachhochschule NürnbergLis Ripke, Rechtsanwältin, Heidelberger Institut für MediationDr. Hansjörg Schwartz, Dipl.-Psych., TGKS OldenburgProf. Dr. Hannes Unberath, M. Jur., Universität BayreuthProf. Dr. Horst Zilleßen, MEDIATOR GmbH, BerlinRedaktion: Dr. Karen Engler (verantwortlich); Birgit Schumann (Herstellung)Centrale für Mediation, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 KölnRedaktionsassistenz: Beate Ortmann,“ 0221/93738-821, Fax: -926.E-Mail: [email protected], http://www.centrale-fuer-mediation.deHerausgeber und Verlag:Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Postfach 511026, 50964 Köln.Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Köln.Abonnementbestellung:“ 0221/93738-997, Fax: -943.Anzeigenverkauf: Gaby Joisten“ 0221/93738-421, Fax: -942. E-Mail: [email protected] Nr. 23 vom 1.1.2012Satz: rewi druckhaus, Reiner Winters GmbH,Wiesenstr. 11, 57537Wissen,E-Mail: [email protected]:msk marketingserviceköln gmbH, www.marketing-service-koeln.deAbonnement: Die ZKM erscheint jeweils zum 15. jeden 2. Monats. Bezugspreisfür das Jahresabonnement 134 Euro, Einzelheft 23,80 Euro. Für Mitglieder derCentrale für Mediation ist der Bezug imMitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preisezzgl. Versandkosten und inkl. Umsatzsteuer.

Bestellungen bei jeder Buchhandlung sowie beim Verlag. Kündigungsterminfür das Abonnement 6 Wochen vor Jahresende. Die „Zeitschrift für Konflikt-management“ ist für die Jahrgänge 1998-1999 unter dem Titel „KON:SENS“erschienen.Hinweis für den Leser: Der Zeitschrifteninhalt wird nach bestemWissen er-stellt, Haftung und Gewähr müssen jedoch wegen der Komplexität und demständigenWandel der Rechtslage ausgeschlossen werden.Urheber- und Verlagsrechte: Für unverlangt eingesandte Manuskripte wirdkeine Haftung übernommen. Manuskripte werden nur zur Alleinveröffentli-chung angenommen. Manuskripte werden nur zur Alleinveröffentlichung ange-nommen. Der Autor versichert, über die urheberrechtlichen Nutzungsrechte anseinem Beitrag allein verfügen zu können und keine Rechte Dritter zu verletzen.Mit der Annahme des Manuskripts gehen für die Dauer von vier Jahren das aus-schließliche, danach das einfache Nutzungsrecht vom Autor auf den Verlag über,jeweils auch für Übersetzungen,Nachdrucke,Nachdruckgenehmigungen und dieKombination mit anderenWerken oder Teilen daraus.Das Nutzungsrecht um-fasst insbesondere auch die Befugnis zur Einspeicherung in Datenbanken sowiezur weiteren Vervielfältigung und Verbreitung zu gewerblichen Zwecken imWege fotomechanischer, elektronischer und anderer Verfahren einschließlichCD-ROM und Online-Diensten. Die Zeitschrift und alle veröffentlichten Beiträgeund Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede vomUrheberrechtsgesetznicht ausdrücklich zugelassene Verwertung bedarf vorheriger schriftlicher Zu-stimmung der Centrale für Mediation. Dies gilt insbesondere für Vervielfälti-gung,Bearbeitung, Übersetzung, Mikroverfilmung und Einspeicherung,Verarbei-tung bzw.Wiedergabe in Datenbanken oder anderen elektronischen Medien undSystemen. Fotokopien dürfen nur als Einzelkopien für den persönlichen Ge-brauch hergestellt werden.Hinweise für Autoren und Einsender: Bitte senden Sie alle Aufsatzmanuskrip-te, zum Abdruck bestimmte Gerichtsentscheidungen und Leserbriefe unmittel-bar an die Redaktion. Bitte geben Sie möglichst schon bei der Einsendung IhreBankverbindung an.Die Zahlung einer Pauschalvergütung für die Einsendung einer Gerichtsentschei-dung erfolgt im Falle des Abdrucks und gilt für die Übertragung des Nutzungs-rechts auf den Verlag mit der Maßgabe, die Entscheidung auch in anderen Print-und elektronischen Produkten des Verlages, insbesondere anderen Zeitschriften,veröffentlichen zu können.Wenn bei der Manuskripterstellung ein Textverarbeitungssystem verwendetworden ist, bitten wir um Übersendung der Daten per E-Mail oder einer Diskettemit Ausdruck und Angabe des verwendeten Systems.ISSN 1439-2127

Zeitschrift fürKonflikt-Management

Der Weg zur gemeinsamen Ent-Scheidung. Besonderheiten der Trennungs- und Scheidungsmediation,Anush Rafi, Berlin 2012, 183 S., 22 EUR, Ulrich Leutner Verlag, ISBN 978-3934391550

Das Buch von Anush Rafi fügt sich in diejüngere Literatur zur Trennungs- undScheidungsmediation ein. Freilich erhebtund erfüllt der Autor den Anspruch, dieLücke der neueren rechtlichen Regelun-gen mit zu berücksichtigen – was insbe-sondere das „Mediationsgesetz“ betrifft.

Aufbau und Gliederung des Werkes ge-raten klar und knapp. Auch das klassi-sche Fünf-Phasen-Modell der westlichenMediation wird von Rafi geschickt relati-viert und auf die Anwendungssituatio-nen hin ausgerichtet. Insbesondere ge-lingt es dem Autor, das Wohl des Kindesin der Trennungs- und Scheidungsme-diation hervorzuheben und aus der his-torischen Entwicklung von Familie,Recht und Gesellschaft zu begründen.Allerdings könnten die Aspekte der in-terreligiösen und interkulturellen Tren-nungs- und Scheidungsmediation einedeutlichere Berücksichtigung erfahren.

Teil 1 des Buches befasst sich mit den Be-sonderheiten der Trennungs- und Schei-dungsmediation. Gut gelingt es dem Au-

tor, Familie, Erziehung und die neuerenHerausbildungen der Patchwork-Familieherauszuarbeiten und damit seine the-matischen Schwerpunkte zu unterfüt-tern. So geht es Rafi unter anderem dieBesonderheiten der Induzierung desWillens eines Elternteils auf das Kind na-he zu bringen, sowie PAS und Parentifi-zierung als aktuelle Fragen an die Leser-schaft heran zu tragen. Als Hinweisewerden hier auch rechtliche Besonder-heiten der Trennungs- und Scheidungs-mediation hervorgehoben, die für diepraktizierenden Mediator/-innen vonhoher Bedeutung sind.

In Teil 2 geht es um Konsequenzen fürdie Mediation: Einen ausführlichen Be-richt mit Diskussion und Beispielen legtder Autor zum Begriff Konflikt vor. Al-lerdings erfährt die Leserschaft viel zuwenig über systemische Herangehens-weise und Coaching-Elemente in derTrennungs- und Scheidungsmediation.Geradezu spannend lesen sich jedoch dieSichtweisen zur Beteiligung von Kindern

in der Trennungs- und Scheidungsme-diation – von aktiver Präsens bis zumleeren Stuhl. Schließlich werden immerwieder Rechtsaspekte durch den Autorherangezogen – bis hin zum Umgangmit mediationsphoben und -philen An-wälten, um ein Gelingen von Mediatio-nen wahrscheinlich zu machen.Sehr gelungen und hilfreich erscheint diedifferenzierte Auseinandersetzung mitdem Begriff und dem Umsetzung vonFreiwilligkeit in der Trennungs- undScheidungssituation am Ende des Bu-ches. Es wird sehr übersichtlich die Frageder Beteiligten an neuen verfahrens-rechtlichen Regelungen besprochen – ei-ne Hilfe für den praktischen Gebrauchder Mediator/-innen.Ein insgesamt sehr lesenswertes Buch,das vor allem im Blick auf das Kindes-wohl und die rechtlichen Rahmenbedin-gungen der Trennungs- und Scheidungs-mediation empfehlenswert ist.Claude-Hélène Mayer &Christian Martin Boness

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Gut gegenRosenkrieg.

Hohmann/Morawe Praxis der FamilienmediationTypische Probleme mit Fallbeispielen und Formularenbei Trennung und Scheidung.RAin FAinFamR und Notarin Jutta Hohmann undRain FAinFamR Doris Morawe. 2., aktualisierte Auf-lage 2013, ca. 250 Seiten DIN A5, brosch., 44,80 �.Erscheint im Dezember. ISBN 978-3-504-65402-3

Wer als Familienmediator/in Paare inder Trennungsphase professionell undkonstruktiv unterstützen will, stößtoft auf unerwartete Hindernisse oderan eigene Grenzen. Die aktualisierteNeuauflage dieses Buchs hilft Ihnennun wieder dabei, die Konfliktpartnerauf dem Weg zu einer einvernehm-lichen Lösung zu begleiten.

Die Autorinnen – selbst langjährigerfahrene Familienmediatorinnen –erläutern dem Leser die grundlegen-den Methoden und Techniken derFamilienmediation anhand 40 ausge-wählter, typischer Fallbeispiele ausihrer eigenen Praxis. Dabei ist derInhalt entsprechend dem Mediations-verfahren gegliedert. Sie erfahren,wie Sie schwierige Situationen desMediationsprozesses erfolgreichbewältigen und Stolpersteine ausdem Weg räumen: Was können Sietun, wenn die Konfliktpartner Druckaufeinander ausüben, ein Konflikt-

paar die Bestandsaufnahme verwei-gert oder wenn Sie merken, dass Sieaus der Balance geraten und IhreNeutralität verlieren? Schließlich wer-den konkrete Anleitungen dafür ent-wickelt, wie Sie die Beteiligten beiihren Bemühungen um Konfliktbei-legung zielführend unterstützen.

In einem weiteren Teil gibt daserfolgreiche Werk einen Überblicküber die Rechtslage nach dem seit Juli2012 geltenden Mediationsgesetz.Ebenfalls berücksichtigt: die Aktuali-sierung und Weiterentwicklung derDarstellung der Mediationsprinzipiensowie eine Kurzdarstellung derMethode gewaltfreier Kommunikationnach Rosenberg. MediationstypischeFormulare und ein Geleitwort deramerikanischen „Mediationspäpste“Gary Friedman und Jack Himmelsteinrunden das Buch ab.

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40Praxisfälle

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"✘ Ja, ich bestelle mit 14-tägigem Rückgaberecht Eidenmüller/Wagner Mediationsrecht 2013, rd. 500 SeitenLexikonformat, gbd. 59,80 € plus Versandkosten. ISBN 978-3-504-47135-4. Erscheint im März 2013.

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Das am 26. Juli 2012 in Kraftgetretene Mediationsgesetz schaffterstmals spezifische rechtlicheGrundlagen für die außergericht-liche und die gerichtliche Konflikt-lösung durch Mediation. Aus-drücklich bekennt sich der Gesetz-geber zur Förderung dieser Formeinvernehmlicher Streitbeilegung,deren praktische Bedeutung seitJahren beständig wächst.

Doch neues Recht schafft nichtnur Klarheit und Sicherheit, es wirftauch neue Fragen auf, und diePraxis muss sich darauf einstellen.Dabei bedarf sie sachkundigerBegleitung und verlässlicherOrientierung.

Hier leistet das neue Handbuchmit seinem einzigartigen KonzeptPionierarbeit: Wissenschaftlichfundiert und praktisch ausgerichtetbehandelt es sämtliche Rechts-fragen, die sich bei Durchführungeiner Mediation ergeben. Gleich-zeitig erläutert es die Vorschriftendes neuen Mediationsgesetzes.

Schwerpunkte des Werks vonEidenmüller/Wagner sind: Begriffund Formen der Mediation, derenvertragliche Grundlagen, Wege indie Mediation, die Rechtsstellungdes Mediators und das Mediations-verfahren, der Mediationsvergleich,Vertraulichkeit und Vertrauens-schutz, das Güterichterverfahren,das Berufsrecht der Mediation,deren Kosten sowie hybride undinternationale Verfahren.

Herausgeber und Autoren zäh-len zu den Vorreitern der Media-tion in Deutschland und sindsowohl wissenschaftlich als auchpraktisch seit vielen Jahren intensivmit Fragen des Mediationsrechtsbefasst.

Eidenmüller/Wagner Media-tionsrecht. Überzeugen Sie sichselbst von dieser Pionierarbeit zumneuen Recht – eine kleine Lese-probe steht in Kürze für Sie bereit.Oder bestellen Sie gleich in unsererOnline-Bibliothek unterwww.otto-schmidt.de

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Pionier-arbeit.

Eidenmüller/Wagner MediationsrechtHerausgegeben von Prof. Dr. Horst Eidenmüller,LL.M. (Cambridge) und Prof. Dr. Gerhard Wagner,LL.M. (University of Chicago), bearbeitet von RADr. Martin Engel, LL.M. (Stanford), RA Dr. HelgeGroßerichter, RA Dr. Andreas Hacke, Vors.RiOLGDr. Thomas Steiner und RA Dr. Holger Thomas.2013, ca. 500 Seiten Lexikonformat, gbd., 59,80 €.ISBN 978-3-504-47135-4. Erscheint im März 2013.

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