2506-Mi S-Ruegg Epilepsie - Universitätsspital Basel · Was wirklich passiert ist… «Mein Mann...

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Epilepsie PD Dr. med. Stephan Rüegg Neurologische Klinik, USB

Transcript of 2506-Mi S-Ruegg Epilepsie - Universitätsspital Basel · Was wirklich passiert ist… «Mein Mann...

Epilepsie

PD Dr. med. Stephan Rüegg Neurologische Klinik, USB

Programm •  Was interessiert Sie als Internist? -  Diagnose – gar nicht so einfach…

-  Ist Epilepsie überhaupt relevant (häufig & die Lebensqualität beeinflussend?)

-  Epidemiologie

-  Was tun beim ersten Anfall?

-  Epilepsie muss man nicht behandeln – oder doch?

-  Epilepsie und Fahren….

-  Altersepilepsie und Aufhören mit der Behandlung

•  Zusammenfassung

Diagnose - gar nicht so einfach…. Fallvignette 1: •  Nachtdienst •  23:30 Uhr Stroke-Alarm: •  58-jähriger Pat. mit Hemiplegie links •  Frau rief Sanität vor 30 Min. •  bei Eintreffen Rettung in der Wohnung Pat. hemiplegisch und aphasisch •  Pat. unverändert im Schockraum

Ihr nächster Schritt:

A. CT nativ, dann Lyse B. CT mit Angiogramm und Perfusionmessung, dann Lyse C. MRI mit Angiogramm D. Sie fragen Frau, was sie beobachtet hat E. Sie untersuchen den Patienten

Was wirklich passiert ist…

«Mein Mann hat doch einen Hirntumor. Er hatte wieder einen schweren Anfall und als er nicht wie üblich rasch zu sich kam, bekam ich Angst und rief die Sanität»

Ihr nächster Schritt: A. CT nativ, dann Lyse B. CT mit Angiogramm und Perfusionmessung, dann Lyse C. MRI mit Angiogramm D. Sie fragen Frau, was sie beobachtet hat E. Sie untersuchen den Patienten

Epilepsie – Diagnosestellung = Puzzle

mindestens zwei unprovozierte epileptische Anfälle

Ausschluss anderer

Diagnosen

(Fremd-) Anamnese Liquoruntersuchung

Lumbalpunktion genetische Untersuchungen

neurologische Untersuchung

Epilepsie-Diagnose ist ein INDIZIEN-PROZESS

Anfallsbeobachtung (Semiologie)

•  (repetitive) EEG •  Schlafentzugs-EEG •  Langzeit-EEG: •  24h-EEG •  Video-Monitoring

E E G

•  CT •  MRI/(fMRI) •  (PET/SPECT) •  (MEG)

Bildgebung

Ist Epilepsie überhaupt relevant ?

Epilepsie - Epidemiologie •  EPILEPSIE ist häufig:

Prävalenz: ca. 8 (5-10)/ 1000 in CH: 60-70‘000 Epilepsie-Patienten

•  epileptische Anfälle sind noch häufiger !: Lifetime-Inzidenz: 7-8 (5-10) %

Fallvignette - II Sie sind in Ihrer Praxis:

24-jähriger Werbefachmann kommt zu Ihnen und berichtet, dass er zunehmend (so alle 1-2 Wochen) „komische“ Episoden habe, bei denen er plötzlich einen ganz seltsamen Geruch in der Nase habe, dann würde die Welt wie wegtreten und er habe dann das Gefühl, als erlebe er etwas wieder, was er eigentlich noch gar nie erlebt habe. Vorgestern sei nun etwas ganz merkwürdiges geschehen: er hätte in der Küche einen Milchshake zubereiten wollen und danach habe er sich plötzlich auf dem Sofa wiedergefunden. Er hätte langsam Angst, er beginne zu spinnen. Bis vor einem Jahr habe er recht regelmäßig Cannabis geraucht und auch ein paar mal Ecstasy oder Koks eingeworfen; jetzt rauche er ca. ein halbes Päckli, trinke am Wochenende mäßig Alkohol (2-3 Bier). Keine Medikamente. Lebt mit seiner Freundin zusammen. Die Familien- und persönliche Anamnese sind bland. Der internistische und neurologische Status ist vollkommen normal. Labor und Tox-Screen sind ohne pathologische Werte.

Frage

Ihre vordringlichste Verdachtsdiagnose lautet: A beginnende Psychose B Gamma-Hydroxy-Buttersäure-Einnahme C Frontallappen-Epilepsie D Absencen-Epilepsie E Temporallappenepilepsie

Welcher weitere Untersuchungsgang ist in dieser klinischen Situation sinnvoll? A CT-Schädel/ EEG/ MRI B CT-Schädel mit CT-Angiographie/ EEG/Lumbalpunktion C EEG/ psychiatrisches Konsil/ Schädel-MRI D EEG/ MRI/ Lumbalpunktion E EEG/ Lumbalpunktion/ CT-Schädel mit Kontrastmittel

Frage

Ihre vordringlichste Verdachtsdiagnose lautet: A beginnende Psychose B Gamma-Hydroxy-Buttersäure-Einnahme C Frontallappen-Epilepsie D Absencen-Epilepsie E Temporallappenepilepsie

Welche Therapie ist am ehesten geeignet, nachdem die veranlassten Untersuchungen Ihre Verdachts-diagnose bestätigt hat? A Lorazepam B Acyclovir C Valproinsäure D Lamotrigin E Quietiapin

Frage Welcher weitere Untersuchungsgang ist in dieser klinischen Situation sinnvoll? A CT-Schädel/ EEG/ MRI B CT-Schädel mit CT-Angiographie/ EEG/Lumbalpunktion C EEG/ psychiatrisches Konsil/ Schädel-MRI D EEG/ MRI/ Lumbalpunktion E EEG/ Lumbalpunktion/ CT-Schädel mit Kontrastmittel

D Lamotrigin

Was tun nach vermutetem Anfall? •  Anamnese: keine bisherigen Anfälle; kein Kopfanprall •  Neurostatus: normal •  EKG: normal •  Labor (v.a. BZ, Elektrolyte); TOX-SCREEN; wenn normal und

keine orale Antikoagulation/ kein Kopfanprall

DANN •  KEIN CT ! •  Entlassung •  sozial:

–  Aufklärung vor Zeugen: mind. 12 Monate KEINE Fahreignung –  wenn möglich keine Schichtarbeit –  keine Arbeit/ Hobbies an gefährlichen Maschinen/ mit Absturz-/

Ertrinkungs-Gefahr

Was tun nach vermutetem Anfall ?

•  ambulantes EEG, wenn möglich innert 7-14 Tagen •  MRT (sinnvoll nach EEG, da dieses zB einen Fokus

anzeigen kann, nach dem im MRI gezielt gesucht werden kann)

•  neurologische Nachkontrolle: Therapieentscheid (ja/

nein, wenn ja: womit)

Epilepsie – Basisprinzipien Behandlungsentscheid

•  Behandlung erwägen: -  Sicherheitsbedürfnis des Patienten

•  Beruf/ Autofahren •  Hobby (zB Tauchen/ Schwimmen/

Klettern) -  Erstanfall mit gravierenden Folgen -  bekannte Ursache

•  Tumor •  Stroke •  degenerative Erkrankung

-  generalisierter tonisch-klonischer Anfall

-  abnormales EEG/neurol. Ausfälle

•  zurückhaltend mit Behandlung: -  provozierter Anfall

•  Alkohol-Entzug •  Medikamente •  Drogen/ Intoxikationen •  Schlafentzug

-  Begleiterkrankungen: •  Leber/ Nieren/ Blut

-  partiell-einfacher Anfall -  Anfall im Schlaf/ -  normales EEG/ normaler

Neurostatus -  unbekannte Ursache

Zusammenfassung Behandlung nach erstem Anfall: JA/NEIN ?

Epilepsie-Behandlung: Frage - 3

Antiepileptika sind bei Epilepsie zur Verhinderung von Anfällen (ausgedrückt in «numbers needed to treat» (NNT)): A viel weniger wirksam B weniger wirksam C gleich wirksam D wirksamer E viel wirksamer

als ASS zur Verhinderung eines Schlaganfalls

Epilepsie – Behandlungserfolg

ungefähr 25 % aller Epilepsiepatienten

werden nicht anfallsfrei

Verhalten (Schlaf, Drogen, Vermeiden von Auslösern)

ca. 50% werden mit einem Medikament

anfallsfrei (NNT: = 2)

weitere 20% werden mit mehreren (2-4)

Medikamenten anfallsfrei (NNT: 1.5)

andere Methoden**

**Chirurgie (3%)/ tiefe Hirnstimulation (1%)/ ketogene Diät (1%)

*ASS für Stroke-Rezidiv-Prophylaxe: NNT: 112

aktuelle Antiepileptika

Benzodiazepine Barbiturate

Lorazepam Clonazepam

Clobazam

(Midazolam) Diazepam

Phenobarbital Primidon

(Barbexaclon) (Thiopental)

(Propofol)

Phenytoin

Carbamazepin

Ethosuximid

Valproinsäure

Sulthiam

Vigabatrin

Lamotrigin

Topiramat

Gabapentin

Tiagabin Oxcarbazepin Levetiracetam

Pregabalin Zonisamid

Felbamat Lacosamid bis 2014 Eslicarbazepin

Rufinamid Stiripentol Perampanel Retigabin

Epilepsiebehandlung - I

•  Epilepsie-Behandlung: –  seltenst akut: ein epileptischer Anfall benötigt meist KEINE

AKUT-BEHANDLUNG –  meist PROPHYLAKTISCH

•  nach Art der Epilepsie-Syndrome –  primär generalisiert:

•  Valproat, Lamotrigin, Levetiracetam •  Topiramat, Zonisamid, Phenobarbital •  KEIN Carbamazepin oder Phenytoin (verschlimmern!!)

–  fokal: alle Medikamente: •  Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin (Carbamazepin) •  Zonisamid, Lacosamid*, Valproat, Topiramat •  (Pregabalin*, Perampanel*, Retigabin*, Phenytoin, Phenobarbital)

* als Monotherapie noch nicht zugelassen

Epilepsiebehandlung - II

•  Medikation: -  sog. „alte“ und „neue“ Medikamente sind GLEICH WIRKSAM -  „neue“ Mediakmente:

•  haben weniger Nebenwirkungen (ausser *) •  haben weniger Interaktionen •  sind (zum Teil massiv) teurer

-  „alte“ Medikamente: Phenobarbital, Carbamazepin, Phenyotin, Valporat, (Sulthiam, Ethosuximid)

-  „neue“ Medikamente: Lamotrigin, Levetiracetam, Topiramat, Zonisamid, Gabapentin, Pregabalin, Lacosamid, Retigabin, Perampanel, Tiagabin, Rufinamid, Stiripentol, Vigabatrin*, Felbamat*

Preise Antiepileptika

Antiepileptika: wann welche Laborkontrollen?

•  Blutbild: -  Carbamazepin (Leukopenie, Anämie) -  Valproat (Thrombozytopenie/ Leukopenie)

•  Leber: -  Phenytoin/ Carbamazepin/ Valproat

•  Niere: -  Gabapentin/ Pregabalin: 99.9% unverändert renal

ausgeschieden: cave Niereninsuffizienz -  Levetiracetam: 70 % unverändert renal ausgeschieden

•  Knochen: Osteopenie/-porosegefahr bei: -  Carbamazepin/ Phenytoin/Valproat/Phenobarbital

Antiepileptika: wann welche Laborkontrollen?

•  Indiziert bei:

-  Verdacht auf Malcompliance

-  Nachweis Compliance im Rahmen der Fahreignungsabklärung

-  Schnellaufsättigungen im Rahmen von Akut-/ Intensiv-Situationen

-  Schwangerschaftsmonitoring •  vor Schwangerschaft („Basis-Wert“) •  während Schwangerschaft:

-  3., 6., 7., 8., 9. Monat, bei Geburtsbeginn

•  nach Schwangerschaft: -  Tag 3, 7, 14, 21, 28 postpartal

Frage - 4

Welche Aussage ist richtig: A der Einsatz von Generika ist bei Antiepileptika völlig problemlos B der Einsatz von Generika ist bei Antiepileptika grundsätzlich nicht erlaubt C bei einer einmal begonnen erfolgreichen Therapie sollte nicht auf ein anderes Präparat (Original oder Generika) gewechselt werden D ein Generikum muss eine Bioaequivalenz von 100% +/- 5% aufweisen E Studien beweisen, dass der Einsatz von Antiepileptika-Generika zu einer deutlichen Kosteneinsparung führen

Generika – Nachahmer, Spiegelung,

wirklich dasselbe?

Rüegg et al. SAeZ 2011:92:1909-12.

Antiepileptika und Generika - I

•  Einsatz von Generika problemlos: -  Neueinstellung einer Epilepsie -  Behandlung einer bisher therapieresistenten Epilepsie (= bei fortbestehenden Anfällen)

•  bei gut behandelter Epilepsie (=bei Anfallsfreiheit): -  kein Präparate-Wechsel !!:

•  weder von: -  Originalpräparat zu Generikum -  Generikum zu Originalpräparat -  Generikum zu Generikum

Rüegg et al. SAeZ 2011; 92: 1909-11.

Antiepileptika und Generika - II

•  Gründe:

–  oft ist es sehr schwierig, eine Epilepsie überhaupt gut einzustellen

–  gesetzlich zugelassene Bioäquivalenzspanne (80-125%) kann zu erheblichen Veränderungen führen:

•  Abnahme der AUC von bis zu 36 % •  Zunahme der AUC von bis zu 56%

–  Antiepileptika weisen oft eine geringe therapeutische Breite auf

–  solche Veränderungen der AUC bergen die Gefahr von: •  Durchbruchsanfällen •  Intoxikationen

Rüegg et al. SAeZ 2011; 92: 1909-11.

Antiepileptika und Generika - III

•  Gründe: -  epileptische Anfälle können sehr unangenehm (schmerzhaft,

bloss stellend etc.) sein

-  ein einziger epileptischer „Durchbruchs-“Anfall kann katastrophale bio-psycho-soziale Folgen haben:

•  bleibende Behinderung nach anfallsbedingtem Unfall •  Verlust der Fahreignung mit ev. Verlust des Arbeitsplatzes und

allen Folgen, die dies auf den Pat. und seine Familie und sein Beziehungsnetz haben kann

Rüegg et al. SAeZ 2011; 92: 1909-11.

Antiepileptika und Generika - IV

•  Studien zeigen denn auch:

-  6-10-fach erhöhte „switch-back-Rate (d.h., 20-40% der Pat. kehren wieder zum Ursprungspräprat zurück)1-3

-  vermehrt zusätzliches Antiepileptikum zur Anfallskontrolle notwendig1,2,4

-  höhere Rate von Arzt- und Notfallbesuchen wegen Durchbruchsanfällen und Intoxikationen2,3,5-7

-  verlängerte Hospitalisationsdauer2,5,6

-  höheres Risiko für ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Fraktur8

-  höhere gesamtökonomische Kosten als bei den mit Originalpräparaten behandelten Pat.9

1Andermann et al. Epilepsia 2007; 48: 464-9.; 2LeLorier et al. Neurology 2008; 70: 2179-86.; 3Chaluvadi et al. Epilepsia 2011; 52: 810-5.; 4Erickson et al. Epilepsia 2011; 52: 1365-71.; 5Zachry et al. Epilepsia 2009; 50: 493-500.; 6Labiner et al. Neurology 2010; 74: 1566-74.; 7Fitzgerald et al. Ann Pharmacother 2011; 45: e27.; 8Duh et al. Neurology 2009; 72: 2122-9.; 9Helmers et al. Epilepsy Behav 2010; 18: 437-44.

Frage - 4

Welche Aussage ist richtig: A der Einsatz von Generika ist bei Antiepileptika völlig problemlos B der Einsatz von Generika ist bei Antiepileptika grundsätzlich nicht erlaubt C bei einer einmal begonnen erfolgreichen Therapie sollte nicht auf ein anderes Präparat (Original oder Generika) gewechselt werden D ein Generikum muss eine Bioaequivalenz von 100% +/- 5% aufweisen E Studien beweisen, dass der Einsatz von Antiepileptika-Generika zu einer deutlichen Kosteneinsparung führen

Epilepsie und Fahreignung

Epilepsie und Fahreignung

Epilepsie und Fahreignung •  Fahreignung: aufgehoben bei:

–  1. provozierter Anfall: mind. 2 Monate –  1. unprovozierter Anfall: mind. 6 Monate –  2. – x. Anfall: mind. 1 Jahr –  für Lastwagen-, Taxi-, Busfahrer etc. andere Regeln

•  Erteilung oder Beurteilung im Auftrag von Strassen-Verkehrämtern der Fahreignung bei Epileptikern ist Aufgabe der Neurologin/des Neurologen

•  Bedingungen: jährliche Kontrollen –  Anfallsfreiheit (nicht objektivierbar….) –  Medikamenten-Adherence-Nachweis durch Spiegelbestimmung

(„objektivierbar“) –  EEG „mit der Fahreignung vereinbar“ (eher subjektiv…)

Epilepsie im Alter - I •  Brief HA:

«…bei Frau Müller war im Sept. 2010 eine Epilepsie festgestellt worden (s. AB NFS). Sie ist seither mit Lamotrigin behandelt und hatte nie mehr einen Anfall. Als Hauptprobleme bestehen bei ihr ein metabolisches Syndrom mit DM Typ-II, Kardio-, Nephropathie; zusätzlich COPD II, eine depressive Verstimmung, eine dementielle Entwicklung sowie eine chron. Obstipation. Aktuelle Medikation:

-  ASS 100 1 – 0 – 0 -  Nebivolol 1 – 0 – 0 -  Candesartan 1 – 0 – 0 -  Torasemid 1 – 0 – 0 -  Amlodipin 1 – 0 – 0 -  Metformin 1 – 0 – 1 -  Sitagliptin 1 – 0 – 0 -  Allopurinol 1 – 0 – 0 -  Escitaloparm 1 – 0 – 0 -  Quetiapin 0 – 0 – 1 -  Zolpidem 0 – 0 – ½ -  Lamotrigin 1 – 0 – 0 -  Tiotropium 1 – 0 – 0 -  Fluticason 1 – 0 – 1 -  Laxoberon 0 – 0 – 1 -  Metamucil 1 – 1 – 1 - 

.. die Pat. ist der Auffassung, dass sie zu viele Medikamente einnehmen muss und fragt nach einer Reduktion. Nachdem die Pat. jetzt über 3 Jahre anfallsfrei gewesen ist, stellt sich die Frage, ob das Lamotrigin nicht wieder ausgeschlichen werden kann. Vielleicht sollte man zuerst ein EEG machen? Die Pat. erwartet Ihr Aufgebot. Mit bestem Dank und freundlichen G.…»

Welche Antwort ist richtig: A bei Betagten kann problemlos nach 3 J. Anfallsfreiheit das Antiepileptikum ausgeschlichen werden

B Epilepsie im Alter ist nur sehr schlecht zu behandeln und Antiepileptika verursachen nur Nebenwirkungen

C das Anfalls-Rezidiv-Risiko beim unbehandelten Betagten beträgt 80-90% innerhalb der nächsten zwei Jahre

D epileptische Anfälle beim Betagten sind eine grosse Ausnahme und viel seltener als bei Jungen

E epileptische Anfälle beim Betagten sind meist tonisch-klonisch und daher leicht zu diagnostizieren

Frage - 5

Epilepsie im Alter - II

•  Epidemiologie im Alter: –  ab dem 60.Lebensjahr Inzidenz und Prävalenz jede Dekade

sich verdoppelnd –  höchste Prävalenz: > 80-jährige: 3-4 % (40-jährige: ca. 0.6

% !)

•  andere Manifestation: –  im Alter: > die Hälfte aller Anfälle sind NICHT-

KONVULSIV, «still»!! = Innehalten beim Reden, fehlende Reaktion auf Ansprache, kurze Parese der Gesichtsmuskulatur, Automatismen um den Mund herum: oft als «Aussetzer» missinterpretiert!

Epilepsie im Alter - III

•  Behandlungsbeginn/ -abbruch? –  schon nach 1. Anfall (Wiederholungsrisiko ohne Therapie in

den nächsten 2 Jahren: ca. 90%!); cave: Stürze, Unfälle bei Betagten

Warum sind epileptische Anfälle im Alter besonders gefährlich?

verringerte Kompensations- mechanismen

Stürze

Hämatome (v.a intrakraniell)

Frakturen

Komplikationen

Institutionalisierung Operation

hohes Anfalls-

wiederholungs- risiko

im Alter: bis zu

80-90%

Epilepsie im Alter - IV

•  Behandlungsbeginn/ -abbruch? –  schon nach 1. Anfall (Wiederholungsrisiko ohne Therapie in

den nächsten 2 Jahren: ca. 90%!); cave: Stürze, Unfälle bei Betagten

–  in der Regel NICHT AUFHÖREN (Hirn wird im Alter nicht «gesünder»)

Never change a winning team!

Epilepsie im Alter - V

•  wie behandeln? –  Epilepsietherapie bei älteren Menschen ausserordentlich

anspruchsvoll: •  leiden an vielen Erkrankungen gleichzeitig (Polymorbidität) •  erhalten dementsprechend viele Medikamente (Polypragmasie) •  grosses Potential für Interaktionen !! •  Organminderfunktionen: Gefahr von Intoxikationen und

Nebenwirkungen –  Mittel der Wahl: Lamotrigin/ (Levetiracetam)/ ((Lacosamid))*

Medikament & Dosis individuell anpassen !

*noch nicht als Monotherapie zugelassen (für 2015/16 erwartet)

Welche Antwort ist richtig: A bei Betagten kann problemlos nach 3 J. Anfallsfreiheit das Antiepileptikum ausgeschlichen werden

B Epilepsie im Alter ist nur sehr schlecht zu behandeln und Antiepileptika verursachen nur Nebenwirkungen

C das Anfalls-Rezidiv-Risiko beim unbehandelten Betagten beträgt 80-90% innerhalb der nächsten zwei Jahre

D epileptische Anfälle beim Betagten sind eine grosse Ausnahme und viel seltener als bei Jungen

E epileptische Anfälle beim Betagten sind meist tonisch-klonisch und daher leicht zu diagnostizieren

Frage - 5

Zusammenfassung - I

•  Epilepsie ist häufig und bio-psycho-sozial relevant (alle Altersgruppen; ca. 70’000 Pat.)

•  die Diagnose wird hauptsächlich durch die (Fremd-)Anamnese und Anfallsbeobachtung gestellt, gleicht also einem Indizienprozess

•  Abklärung: ANAMNESE, EEG, MRI, Neurologin/Neurologe

•  Epilepsie ist verhältnismässig gut behandelbar: 75% werden anfallsfrei

Zusammenfassung - II

•  bei einer erfolgreichen Antiepileptikatherapie sollten keine Präparatewechsel vorgenommen werden (weder Original->Generika noch Generika->Generika noch Generika->Original)

•  anfallsfreie EpileptikerInnen dürfen mit nach einer gewissen Beobachtungszeit und minimen Auflagen wieder Auto fahren

•  die Fahreignung erteilt Neurologin/ Neurologe

•  Epilepsie im Alter: -  ist häufig (ca. 4% bei den über 80-Jährigen!) -  leicht behandelbar (> 90% mit Monotherapie anfallsfrei !!) -  Behandlung allermeistens lebenslänglich notwendig

Epilepsie und Fahrtauglichkeit Fall 7

•  Parasomnie •  Epilepsie

•  psychogene Anfälle •  REM-Schlaf-Störung

•  unbedingt •  keine klare Indikation

•  nur wenn Pat. Auto fährt •  nur wenn Pat. dies wünscht

Diagnose ? :

•  nein, sicher nicht solange er Anfälle hat •  ja, unter bestimmten Bedingungen

•  Fahrkarenz 1 Jahr •  Fahrkarenz 6 Monate

•  nur wenn er Medikamente einimmt

Therapie ? :

Fahrtauglichkeit ? :

Thank you ! so much for

your attention!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !

[email protected]

der Anfall – wie abklären ?

epileptisch ? nicht-epileptisch ?

Anfall

synkopal nicht-synkopal

neurokardiogen (vasovagal)

•  Anamnese •  Untersuchung •  Schellong-Test •  Tilt-table

kardial (rhythmogen)

•  Anamn./Unt. •  EKG •  Herz-Echo •  24-h-EKG •  R-Test •  Ergometrie •  loop-recorder

hypoglykäm (endokrin)

•  Anamnese •  Untersuch. •  Nü-BZ •  Glucose-Toleranz •  (HbA1c)

dissoziativ (psychogen)

•  Anamnese •  Untersuch. •  Beobachtung •  „Risiko-Faktoren“

Der erste Anfall (<2’): ein Algorithmus Pat. unauffällig Pat. benommen

(postiktal)

Pat. kommt 3 Tage später

•  Anamneseerhebung •  Status •  Labor (Elektrolyte,Glc,K,CRP, Tox-Screen)/EKG

•  interiktales (> 7 Tage) EEG •  elektives MRI •  Therapie-Entscheid •  Psychosoziales:

-  Familie/Beruf/Hobbies -  Fahrtauglichkeit

ambulante neurologische Abklärung

Entlassung nach Hause

•  falls in Praxis: auf NFS; •  dort: •  Anamnese/Status •  Labor/EKG •  neurolog. Konsil •  Notfall-EEG (nicht-konvulsiv. St. ep.?) •  Notfall-Bildgebung (CT > MRI) •  je nach Befundkonstellation: LP

Behandlung:

Zeichen des nicht-konvuls.

Status Epilepticus ?

Pat. komatös

Pat. inadäquat/ verschlechtert sich

/fokale Defizite:

Pat. reagiert, wird wacher, keine

fokalen Ausfälle:

Sie sind „live“ dabei…. oder Pat. wird in die Praxis/auf den Notfall gebracht

Behandlung

•  Status epilepticus Behandlung gemäss publizierten Richtlinien

•  Sonst:

-  Überwachen

-  Symptomatischer Anfall: Behandlung einleiten

-  Koma-Ursache behandeln

Erneuter Anfall

< 2‘; Pat. normal

•  Pat. für die nächsten h beobachten

•  Entlassung

•  elektive Abklärung

> 5 Minuten

Status epilepticus Behandlung gemäss publizierten Richtlinien

< 2‘; Pat. postikt./ fokale Defizite:

•  Anamnese/Status •  Labor/EKG •  neurolog. Konsil •  Notfall-EEG (nicht-konvulsiv. St. ep.?) •  Notfall-Bildgebung (CT > MRI) •  je nach Befundkonstellation: LP

Literatur zum Thema «Epilepsie» •  Leitlinien der Deutschen/ Oesterreichischen/ Schweizerischen

Neurologischen Gesellschaften; Stuttgart, 5. Aufl. 2012. Thieme: Kapitel Epilepsie:

–  erster epileptischer Anfall: Seiten 28 – 45 –  Status epilepticus: Seiten 48-56

•  Elger CE, Schmidt D. Modern management of epilepsy: a practical approach. Epilepsy & Behavior 2008; 12: 501-39.

•  Rüegg S, Seeck M, Meyer K, Krämer G. Einsatz von Generika in der Epielpsietherapie. SAeZ 2011;92:1909-11.

•  Rüegg S. Epilepsie im Alter. Epileptologie 2008;25:50-71.

•  Rüegg S. Symptomatische Anfälle- womit behandeln? Epileptologie 2013;30:243-60.

•  Rüegg S. Epilepsy and autoimmunity. Epileptologie 2014;31:4-25.

sind Epileptologen gescheiterte Juristen….???

Epilepsiediagnostik & -behandlung = Indizien-Prozess

unbeobachtete Tat unbeobachteter Anfall

Opfer

Beweismittelaufnahme Beweismittelaufnahme

Zeugen Wer ist der Täter?

Patient: Anamnese

Untersuchung Fremd-

anamnese Differential- Diagnose

kriminaltechnische Ermittlungen

EEG CT/MRI LP/Labor Genetik SPECT PET

Verdachtsdiagnose Anklage Literaturstudium Präzendenzfall

Diagnose Urteil

keine Therapie

keine Epilepsie

keine Therapie Therapie epilept. Anfall Freispruch

Freilassung

eventuell Hospitalisation Untersuchungshaft

Schuldspruch Busse Gefängnis