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Elastodynamik 2 SS 2007 2. Stabschwingungen 2.3-1 3. Freie Längsschwingungen Die d'Alembertsche Methode wird unhandlich, wenn die Antwort für einen längeren Zeitraum bestimmt werden soll. Dann ist die Methode von Daniel Bernouilli besser geeignet. Bei dieser Methode wird die Antwort durch Überlagerung von Eigenschwingungen er- mittelt.

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Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-1

3. Freie Längsschwingungen

● Die d'Alembertsche Methode wird unhandlich, wenn die Antwort für einen längeren Zeitraum bestimmt werden soll.

● Dann ist die Methode von Daniel Bernouilli besser geeignet.

● Bei dieser Methode wird die Antwort durch Überlagerung von Eigenschwingungen er-mittelt.

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2. Stabschwingungen 2.3-2

3. Freie Längsschwingungen

3.1 Bernouillische Lösung

3.2 Eigenschwingungen

3.3 Superposition

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2. Stabschwingungen 2.3-3

3.1 Bernouillische Lösung

● Lösungsansatz: u x , t =U x t

∂2u

∂ x2=d 2U

dx2x t =U ' ' x t

∂2u

∂ t2=U x

d 2

dt2t =U x t

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2. Stabschwingungen 2.3-4

3.1 Bernouillische Lösung

● Einsetzen in die Wellengleichung:

U x t =c2U ' ' x t

t t

=c2U ' ' x U x

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2. Stabschwingungen 2.3-5

3.1 Bernouillische Lösung

● Die linke Seite hängt nur von der Zeit t ab, während die rechte Seite nur vom Ort x abhängt.

● Die Gleichung kann also nur erfüllt sein, wenn beide Seiten konstant sind:

t t

=c2U ' ' x U x

=−2=const.

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2. Stabschwingungen 2.3-6

3.1 Bernouillische Lösung

● Damit folgen zwei gewöhnliche Differentialglei-chungen:

bzw.

mit der Wellenzahl

t 2t =0

U ' ' x

c 2

U x =0

U ' ' x k 2U x =0

k=/c

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2. Stabschwingungen 2.3-7

3.1 Bernouillische Lösung

● Die allgemeinen Lösungen lauten

● Die zeitliche Funktion beschreibt eine harmonische Schwingung mit der Kreis-frequenz ω und der Periode T = 2π/ω :

t = sin tcos t

U x =C sin kxD coskx

tT =t

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2. Stabschwingungen 2.3-8

3.1 Bernouillische Lösung

● Die Ortsfunktion beschreibt eine harmonische Welle mit der Wellenzahl k und der Wellen-länge λ = 2π/k :

● Zwischen Wellenlänge und Periode besteht der Zusammenhang:

U x=U x

=2k=2

c=cT c=

T= f

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2. Stabschwingungen 2.3-9

3.2 Eigenschwingungen

● Die Eigenschwingungen beschreiben die Bewegung des Stabes, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken und die Dämpfung vernachlässigt wird.

● Die Eigenschwingungen hängen von den Randbedingungen ab.

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2. Stabschwingungen 2.3-10

3.2 Eigenschwingungen

3.2.1 Einseitig eingespannter Stab

3.2.2 Beidseitig eingespannter Stab

3.2.3 Beidseitig freier Stab

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

3.2.5 Rayleigh-Quotient

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2. Stabschwingungen 2.3-11

3.2.1 Einseitig eingespannter Stab

x

L

u 0, t =0 U 0=0 D=0

L , t =0 U ' L=0

U ' x =k C coskx k C coskL=0

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-12

3.2.1 Einseitig eingespannter Stab

● Nichttriviale Lösungen existieren nur für

● Das ist die charakteristische Gleichung für den einseitig eingespannten Stab.

● Sie hat die Lösungen

cos kL=0

k=2−12

L, =1, ,∞

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2. Stabschwingungen 2.3-13

3.2.1 Einseitig eingespannter Stab

● Die zugehörigen Funktionen

heißen Eigenfunktionen.● Sie entsprechen den Eigenvektoren bei diskre-

ten Systemen.● Für die zugehörigen Eigenfrequenzen gilt

U =sin k x=sin 2−1

2xL , =1, ,∞

=c k

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2. Stabschwingungen 2.3-14

3.2.1 Einseitig eingespannter Stab

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-15

3.2.2 Beidseitig eingespannter Stab

x

L

u 0, t =0 U 0=0 D=0

u L , t =0 U L=0 C sin kL=0

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-16

3.2.2 Beidseitig eingespannter Stab

● Die charakteristische Gleichung

hat die Lösungen

● Damit lauten die Eigenfunktionen

sin kL=0

k =

L, =1, ,∞

U =sin xL , =1, ,∞

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2. Stabschwingungen 2.3-17

3.2.2 Beidseitig eingespannter Stab

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-18

3.2.3 Beidseitig freier Stab

x

L

0, t =0 U ' 0=0

L , t =0 U ' L=0

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-19

3.2.3 Beidseitig freier Stab

● Mit

folgt:

● Die charakteristische Gleichung hat die Lö-sungen

U ' x =k C coskx−k D sin kx

U ' 0=k C=0 C=0

U ' L=−k D sin kL=0 sin kL=0

k=

L, =0, ,∞

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2. Stabschwingungen 2.3-20

3.2.3 Beidseitig freier Stab

● Damit lauten die Eigenfunktionen

● Für ν = 0 liegt eine Starrkörperbewegung vor.

U =cos xL , =0, ,∞

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2. Stabschwingungen 2.3-21

3.2.3 Beidseitig freier Stab

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-22

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

● Es gibt unendlich viele Eigenfunktionen und Eigenfrequenzen.

● Die erste Eigenschwingung wird als Grund-schwingung bezeichnet. Die zugehörige Eigen-frequenz heißt Grundfrequenz.

● Die anderen Eigenschwingungen werden als Oberschwingungen bezeichnet. Die zugehö-rigen Eigenfrequenzen heißen Oberfrequenzen.

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2. Stabschwingungen 2.3-23

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

● Die Eigenfunktionen können beliebig skaliert werden, d.h. mit ist auch eine Eigenfunktion.

● Für zwei verschiedene Eigenfunktionen gilt

● Diese Eigenschaft wird als Orthogonalität bezeichnet.

U aU

∫0

L

U U dx=0 für ≠

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2. Stabschwingungen 2.3-24

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

● Nachweis der Orthogonalität:– Für den einseitig oder beidseitig eingespannten

Stab lauten die Eigenfunktionen

– Für μ ≠ ν gilt:U x =sin k x

∫0

L

sin k x sin k x dx=[sin k−k x2k−k

−sin kk x2kk ]0

L

=sin k−kL2k−k

−sin k kL2kk

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2. Stabschwingungen 2.3-25

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

– Für den einseitig eingespannten Stab gilt

und

– Damit:

k−k=2−1−21

2 L=−

L

kk =2−12−1

2 L=−1

L

sin k −k L=sin −=0

sin k kL=sin −1=0

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2. Stabschwingungen 2.3-26

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

– Für den beidseitig eingespannten Stab gilt

und

– Damit:

k−k=−

L

kk =

L

sin k −k L=sin −=0

sin k kL=sin =0

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2. Stabschwingungen 2.3-27

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

● Entsprechend lässt sich die Orthogonalität für den beidseitig freien Stab nachweisen (Übung).

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2. Stabschwingungen 2.3-28

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

● Betrag der Eigenfunktionen: μ = ν– Einseitig oder beidseitig eingespannter Stab:

– Beidseitig freier Stab:

∫0

L

U x 2dx=∫

0

L

sin2k x dx=[x2−14 k

sin 2k x ]0

L

=L2

∫0

L

U x 2dx=∫

0

L

cos2k x dx=[x214 k

cos 2k x ]0L

=L2

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2. Stabschwingungen 2.3-29

3.2.4 Eigenschaften der Eigenfunktionen

● Normierung der Eigenfunktionen:– Für die mit skalierten Eigenfunktionen

gilt:

2 /L

U x =2/LU x

∫0

L

U x U x dx={0 für ≠1 für =

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2. Stabschwingungen 2.3-30

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Die Wellengleichung lautet

● Einsetzen von führt auf

∂2u

∂ t2=E

∂2u

∂ x2

ux , t =U x cos t

−2U x cos t=E

d 2U

dx2 x cos t

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2. Stabschwingungen 2.3-31

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Daraus folgt zunächst

● Multiplikation mit und Integration führt auf

−2U x =E

d 2U

dx2 x

U x

−2∫0

L

U

2 x dx=∫

0

L

EU x d 2U

dx2x dx

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2. Stabschwingungen 2.3-32

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Für das rechte Integral gilt

∫0

L

EU x d 2U

dx2 x dx

=∫0

L

Eddx U

dU

dx dx−∫0L

E dU

dx 2

dx

=[EU

dU

dx ]0L

−∫0

L

E dU

dx 2

dx

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2. Stabschwingungen 2.3-33

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Am Rand (x = 0 oder x = L) gilt entweder

(feste Einspannung) oder

(freier Rand).● Also gilt:

U =0

U '=0

∫0

L

EU x d 2U

dx2 x dx=−∫

0

L

E dU

dx 2

dx

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2. Stabschwingungen 2.3-34

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Damit ist gezeigt:

● Für die Eigenfrequenz gilt also:

2∫0

L

U

2 x dx=∫

0

L

E dU

dx 2

dx

2=

∫0

L

E dU

dx 2

dx

∫0

L

U

2 x dx

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2. Stabschwingungen 2.3-35

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Für eine beliebige Funktion v(x) , die die Randbedingungen erfüllt, wird

als Rayleigh-Quotient bezeichnet.

R v=∫0

L

E dvdx 2

dx

∫0

L

v2 x dx

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2. Stabschwingungen 2.3-36

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Wie bei diskreten System lässt sich zeigen, dass der Rayleigh-Quotient ein Minimum hat, wenn als Funktion die Eigenfunktion der Grundschwingung eingesetzt wird.

● Mit dem Rayleigh-Quotienten kann also die Eigenkreisfrequenz der Grundschwingung abgeschätzt werden.

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2. Stabschwingungen 2.3-37

3.2.5 Rayleigh-Quotient

● Beispiel:– Einseitig eingespannter Stab aus Aluminium

● Länge L = 20m● Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit c = 5000m/s

– Randbedingungen:● u(0) = 0● u'(L) = 0

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2. Stabschwingungen 2.3-38

3.2.5 Rayleigh-Quotient

– Wellenzahl der Grundschwingung:

– Kreisfrequenz der Grundschwingung:

k 1=12

L=

40m=0,0785m−1

1=c k 1=5000m / s⋅0,0785m−1=392,7 s−1

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2. Stabschwingungen 2.3-39

3.2.5 Rayleigh-Quotient

– Rayleigh-Quotient für :v x =U 1 x =sin 2xL

R U 1=E

2 L 2

∫0

L

cos2 2xL dx

∫0

L

sin22xL dx

=c2k 12=1

2

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2. Stabschwingungen 2.3-40

3.2.5 Rayleigh-Quotient

– Rayleigh-Quotient für :v x =x 2 L−x

v ' x =2 L−x

∫0

L

v ' 2 x dx=4∫0

L

L−x 2dx=4 [−

13L−x

3

]0

L

=43L3

∫0

L

v2x dx=∫0

L

x2 2 L−x 2dx=∫

0

L

x 4−4 L x 34 L2 x2 dx

=[ x5

5−L x4

43L2 x3]

0

L

=815L5

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2. Stabschwingungen 2.3-41

3.2.5 Rayleigh-Quotient

R v =E

43L3

815L5=52 cL

2

=156250 s−2

R v=395,3 s−1

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2. Stabschwingungen 2.3-42

3.2.5 Rayleigh-Quotient

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2. Stabschwingungen 2.3-43

3.3 Superposition

● Da die Wellengleichung linear ist, stellt jede Superposition von Eigenschwingungen ebenfalls eine Lösung dar.

● Die allgemeine Lösung lautet daher

mit

u x , t =∑=1

Csin k xDcos k x t

t =sin tcos t

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2. Stabschwingungen 2.3-44

3.3 Superposition

● Für jeden Zeitpunkt t ist das eine Fourier-Reihe mit den Koeffizienten

● Da jede beschränkte Funktion in einem Intervall als Fourier-Reihe dargestellt werden kann, lässt sich also jede Verschiebung als Superposition der unendlich vielen Eigenfunktionen dar-stellen.

ct =Ct , dt =Dt

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2. Stabschwingungen 2.3-45

3.3 Superposition

● Die Eigenfunktionen sind ein vollständiges Funktionensystem.

● Die Koeffizienten werden durch die Anfangs- und Randbedingungen festgelegt.

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2. Stabschwingungen 2.3-46

3.3 Superposition

● Beispiel:– Ein am linken Ende fest eingespannter Stab wird

am rechten freien Ende mit einer statischen Zuglast belastet, unter der sich dort eine statische Verschiebung U

s einstellt.

– Welche Bewegung stellt sich ein, wenn die Last plötzlich weggenommen wird?

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2. Stabschwingungen 2.3-47

3.3 Superposition

– Daten:● Länge L = 20m● Querschnittsfläche A = 25·10-4m2

● Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit c = 5000m/s● Elastizitätsmodul E = 70600·106N/m2

– Anfangsbedingungen:

● Us = 5∙10-6m

u x ,0=u0 x =U sxL, u x ,0=0

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2. Stabschwingungen 2.3-48

3.3 Superposition

– Eigenfunktionen:

– Damit lautet der Lösungsansatz:

– Zeitliche Ableitung:

u x , t =∑=1

sin k x sin tcos t , =c k

u x , t =∑=1

sin k x ⋅ cos t−sin t

U =sin k x , k=2−12 L

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2. Stabschwingungen 2.3-49

3.3 Superposition

– Anfangsbedingung für Geschwindigkeit:

– Anfangsbedingung für Verschiebung:

0=u x ,0=∑=1

sin k x =0, =1, ,∞

u0 x =u x ,0=∑=1

sin k x

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2. Stabschwingungen 2.3-50

3.3 Superposition

– Wegen der Orthogonalität der Eigenfunktionen folgt daraus

∫0

L

u0 x sin k x dx=L2

=2L

U s

L ∫0

L

x sin k x dx=2U s

L2 [sin k x

k2 −

x cos k xk ]

0

L

=2U s

sin k L

k L 2

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2. Stabschwingungen 2.3-51

3.3 Superposition

– Ergebnis:

u x , t U s

=2∑=1

∞ sin k L

k L 2sin k x cos t

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2. Stabschwingungen 2.3-52

3.3 Superposition

Elastodynamik 2SS 2007

2. Stabschwingungen 2.3-53

3.3 Superposition