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4 9-Felder-Grafiken nach Wasserman Das Wichtigste in Kürze Wir besprechen hier den Aufbau der 9-Felder-Grafiken nach Wasserman und die Zuordnung der Felder zu den einzelnen Organbereichen. Die drei Beiträge zur 9-Fel- der-Grafik (9-FG) Kardiozirkulation Ventilation Gas- austausch stehen im Mittelpunkt unserer Aufmerksam- keit. Die von Karlman Wasserman (Abb. 4.1) und seiner Arbeitsgruppe vorgeschlagene Systematik beinhaltet eine grafische Wiedergabe der spiroergometrisch erho- benen Messdaten mittels der 9-Felder-Grafik (9-Panel Plot). Diese Darstellung ist durch die Verfügbarkeit der Breath-by-Breath-Methode (vielfache Messungen über einen Atemzug) in Verbindung mit einer unmittelbaren Datenanalyse möglich geworden ähnlich wie die Zeit- reihenanalysenim Schlaflabor. Die Messungen basieren praktisch immer auf einer Rampenbelastung (s. Kap. 2.3.5). In einer didaktischen Systematik hat es sich bewährt, die 9-FG hinsichtlich ihrer Aussagen zur Zirkulation und Leistung, zur Ventilation und zum Gasaustausch zu be- sprechen. In diesen 3 Teilkapiteln werden die entsprechenden Fachbegrie wie V O 2 peak, V O 2 max, Atemgrenzwert, Atemzugvolumen, Totraumventilation und End-tidal-Par- tialdrücke (PET) für O 2 und CO 2 besprochen. Wir weisen auf die grafische Analyse (Formanalyse) hin, die außerordentlich hilfreich ist und in Bildform die Dynamik der Belastungsphysiologie beschreibt. Der Leser erfährt, in welchen Feldern der 9-FG welche Messwerte dargestellt sind. Schließlich stellen die Autoren kurz eine standardisierte Form der Befundmitteilung vor. 4.1 9-Felder-Grafik (9-FG) nach Wasserman klassische und neueVersion (2013) Alle Felder haben eine x-Achse und i. d. R. mehrere y-Ach- sen (y1, y2, ggf. auch y3 und y4). Hier ist sinnvoller Platz für individuelle Anordnungen und Vorlieben. Beispiel: Meist findet sich die Atemreserve [BR] in Feld 8 als y2, mitunter taucht sie aber auch in Feld 1 als y3 (neben V E und Watt) auf. Die Zunahme weiterer y-Achsen (y3, y4) erhöht den In- formationsgehalt der Felder, die Komplexität geht aber ein wenig auf Kosten der Übersichtlichkeit. In der klassischenAnordnung der Neun Felder (9 Pan- el Plot) sind die x-Achsen mit dem Zeitstrahl (sechs Fel- der, nämlich 1, 2, 3, 6, 8, 9) oder mit physiologischen Va- riablen (drei Felder, nämlich Feld 4 [V CO 2 ], Feld 5 [V O 2 ], Feld 7 [V E] belegt. Die neueAnordnung (2013) variiert insofern von der klassischen Darstellung, als alle sechs Felder mit Zeitbe- zug auf der x-Achse jetzt die linke und die mittlere Spalte ausfüllen, während die drei Felder mit den physiologi- schen Variablen der rechten Spalte zugeordnet sind. Da- durch wird es ermöglicht, innerhalb der Spalten die Be- stimmung der Schwellen mit einer vertikalen Linie auf der Zeitachse zu vergleichen. Die Felder stehen in der neuen Anordnung auch eher in der Reihenfolge der syste- matischen Datenanalyse: Beginn mit der Sauerstoauf- nahme und Leistung, dann kardiale Funktion mit Herzfre- quenz und Sauerstopuls, anaerobe Schwelle mit V-Slope und Atemäquivalentkurven, dann Ventilation und Atem- ezienz und zum Schluss der Gasaustausch, die metabo- lische Belastung, die Atemreserve und das Atemmuster. Die Spiroergometrie Arbeitsgruppe hat dies beim Jah- restreen 2014 gemeinsam diskutiert, sie betrachtet den Mehrwert der neuenAnordnung als eher gering und hat keine klare Empfehlung dafür ausgesprochen. Die Auto- ren schließen sich diesem Votum an. Abb. 4.1 Prof. Karlman Wasserman aus Los Angeles zu Besuch bei der Spiroergometrie-Arbeitsgruppe in Mainz im Januar 2004 (Foto mit freundlicher Genehmigung von G. Borkenhagen). 9-Felder Grafiken II 166 Kroidl et al. Kursbuch Spiroergometrie (ISBN 9783131434432), © 2015 Georg Thieme Verlag KG

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4 9-Felder-Grafiken nach Wasserman

Das Wichtigste in Kürze

Wir besprechen hier den Aufbau der 9-Felder-Grafikennach Wasserman und die Zuordnung der Felder zu deneinzelnen Organbereichen. Die drei Beiträge zur 9-Fel-der-Grafik (9-FG) – Kardiozirkulation – Ventilation – Gas-austausch – stehen im Mittelpunkt unserer Aufmerksam-keit. Die von Karlman Wasserman (▶Abb. 4.1) und seinerArbeitsgruppe vorgeschlagene Systematik beinhalteteine grafische Wiedergabe der spiroergometrisch erho-benen Messdaten mittels der 9-Felder-Grafik (9-PanelPlot). Diese Darstellung ist durch die Verfügbarkeit derBreath-by-Breath-Methode (vielfache Messungen übereinen Atemzug) in Verbindung mit einer unmittelbarenDatenanalyse möglich geworden – ähnlich wie die „Zeit-reihenanalysen“ im Schlaflabor. Die Messungen basierenpraktisch immer auf einer Rampenbelastung (s. Kap.2.3.5).

In einer didaktischen Systematik hat es sich bewährt,die 9-FG hinsichtlich ihrer Aussagen zur Zirkulation undLeistung, zur Ventilation und zum Gasaustausch zu be-sprechen.

In diesen 3 Teilkapiteln werden die entsprechendenFachbegriffe wie V̇O2 peak, V̇O2 max, Atemgrenzwert,Atemzugvolumen, Totraumventilation und End-tidal-Par-tialdrücke (PET) für O2 und CO2 besprochen.

Wir weisen auf die grafische Analyse (Formanalyse)hin, die außerordentlich hilfreich ist und in Bildform dieDynamik der Belastungsphysiologie beschreibt. Der Lesererfährt, in welchen Feldern der 9-FG welche Messwertedargestellt sind. Schließlich stellen die Autoren kurz einestandardisierte Form der Befundmitteilung vor.

4.1 9-Felder-Grafik (9-FG)nach Wasserman – klassischeund „neue“ Version (2013)Alle Felder haben eine x-Achse und i. d. R. mehrere y-Ach-sen (y1, y2, ggf. auch y3 und y4). Hier ist sinnvoller Platzfür individuelle Anordnungen und Vorlieben.

Beispiel: Meist findet sich die Atemreserve [BR] in Feld8 als y2, mitunter taucht sie aber auch in Feld 1 als y3(neben V̇E und Watt) auf.

Die Zunahme weiterer y-Achsen (y3, y4) erhöht den In-formationsgehalt der Felder, die Komplexität geht aberein wenig auf Kosten der Übersichtlichkeit.

In der „klassischen“ Anordnung der Neun Felder (9 Pan-el Plot) sind die x-Achsen mit dem Zeitstrahl (sechs Fel-der, nämlich 1, 2, 3, 6, 8, 9) oder mit physiologischen Va-

riablen (drei Felder, nämlich Feld 4 [V̇CO2], Feld 5 [V̇O2],Feld 7 [V̇E] belegt.

Die „neue“ Anordnung (2013) variiert insofern von derklassischen Darstellung, als alle sechs Felder mit Zeitbe-zug auf der x-Achse jetzt die linke und die mittlere Spalteausfüllen, während die drei Felder mit den physiologi-schen Variablen der rechten Spalte zugeordnet sind. Da-durch wird es ermöglicht, innerhalb der Spalten die Be-stimmung der Schwellen mit einer vertikalen Linie aufder Zeitachse zu vergleichen. Die Felder stehen in derneuen Anordnung auch eher in der Reihenfolge der syste-matischen Datenanalyse: Beginn mit der Sauerstoffauf-nahme und Leistung, dann kardiale Funktion mit Herzfre-quenz und Sauerstoffpuls, anaerobe Schwelle mit V-Slopeund Atemäquivalentkurven, dann Ventilation und Atem-effizienz und zum Schluss der Gasaustausch, die metabo-lische Belastung, die Atemreserve und das Atemmuster.

Die Spiroergometrie Arbeitsgruppe hat dies beim Jah-restreffen 2014 gemeinsam diskutiert, sie betrachtet denMehrwert der „neuen“Anordnung als eher gering und hatkeine klare Empfehlung dafür ausgesprochen. Die Auto-ren schließen sich diesem Votum an.

Abb. 4.1 Prof. Karlman Wasserman aus Los Angeles zu Besuchbei der Spiroergometrie-Arbeitsgruppe in Mainz im Januar 2004(Foto mit freundlicher Genehmigung von G. Borkenhagen).

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4.2 Aufbau der 9-Felder-Grafikund EinführungDie 9-Felder-Grafik (9-FG) wurde entwickelt, um die Fül-le der Messdaten in einer übersichtlichen und geräteun-abhängigen Form einheitlich auf einer Seite darzustellen.Sie wurde im Laufe der Jahre kontinuierlich weitergeführtund weist deshalb leicht abgewandelte Variationen auf.Die Grundstruktur bleibt jedoch gleich.

Einzelne Felder geben schwerpunktmäßig Informatio-nen zu den verschiedenen Organbereichen. Dabei scheintes zunächst verwirrend, dass diese nicht zusammenhän-gend angeordnet sind, sondern über die 9-Felder-Darstel-lung „verstreut“ erscheinen. Für den Anfänger kommt er-schwerend hinzu, dass der Interpretationsweg ebenfallsnicht der dargestellten Anordnung folgt, sondern man inder Grafik hin- und herspringt. Trotzdem weist die Rei-henfolge der Parameter eine Logik auf.

Die 9-Felder-Grafik soll deshalb zunächst in dieser Ab-folge vorgestellt werden. Die Felder sind durchgehendvon 1 bis 9 nummeriert. Die Zählfolge beginnt oben linksund folgt dem normalen Schriftlauf von links nach rechtsund beginnt dann in der neuen Zeile wieder links.

▶ x-Achsen. Messwerte werden entweder gegen die lau-fende Testzeit oder gegen andere Messparameter auf-getragen. Bei einem der Hersteller wird auf der x-Achsestatt der Testzeit die Wattleistung dargestellt. Diese Formder Darstellung ist sinnvoll, wenn ausschließlich mitRampenprogrammen belastet wird, ansonsten ist eineDateninterpretation weniger gut möglich. Die Autorenempfehlen eine Darstellung über die Zeit.

Die Zeit auf der x-Achse sollte so gewählt werden, dassder gesamte Test mit Ruhephase, Leertreten, Testphaseund Erholungsbereich möglichst formatfüllend dar-gestellt wird. Unnötig lang gewählte Zeiten verschlech-tern die Darstellung und erschweren die Interpretation.In der Praxis reicht meist eine Zeitachse über 20min aus;für spezielle Fragestellungen (Sport- oder Arbeitsmedi-zin) wird man ggf. die Zeitachse mit 45–60min einstel-len.

▶ y-Achsen. Auf den y-Achsen bewährt sich eine „selbst-skalierende“ Achsendarstellung (Autoskalierung, s. Abbil-dungen auf Umschlaginnenseite vorne).

▶ Feld 1. Ursprünglich Atemminutenvolumen vs. Test-zeit, jetzt auch zusätzlich Leistung vs. Testzeit. Hier findetsich die Messung der Ventilation als Atemminutenvolu-men (V̇E auf y1-Achse) über den Belastungstest bzw. inAbhängigkeit von der Leistung. In neueren Versionen istdeshalb die Wattleistung auf der y2-Achse aufgetragen.

▶ Feld 2. Herzfrequenz (HR), Sauerstoffpuls vs. Testzeit.Zentrale kardiale Funktionsgröße ist die Herzfrequenz im

Verlauf der Belastung. Dazu passt der aus der Herzfre-quenz berechnete Sauerstoffpuls.

▶ Feld 3. Ursprünglich Sauerstoffaufnahme (V̇O2), Koh-lendioxidabgabe (V̇CO2) vs. Testzeit, jetzt zusätzlich Leis-tung vs. Testzeit. Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxid-abgabe sind Größen des Energiestoffwechsels und stellendie Gesamtleistungsfähigkeit des muskulären und kardio-pulmonalen Systems dar. Auch in Feld 3 wird in neuerenVersionen die Wattleistung auf der y3-Achse eingetragen,sodass visuell bereits das Verhältnis von Sauerstoffauf-nahme zur Leistung zu erkennen ist.

▶ Feld 4. Kohlendioxidabgabe (V̇CO2) vs. Atemminuten-volumen (V̇E). Die Kohlendioxidproduktion steuert dieVentilation. Das Verhältnis von Ventilation zu Kohlen-dioxidabgabe stellt somit Zustände von Hyper- oder Hy-poventilation sowie Veränderungen der Atemökonomiedurch Totraumventilation oder ein gestörtes Ventilations-Perfusions-Verhältnis dar.

▶ Feld 5. Ursprünglich Kohlendioxidabgabe vs. Sauer-stoffaufnahme, jetzt zusätzlich Herzfrequenz vs. Sauer-stoffaufnahme. Nächster logischer Schritt ist die Bestim-mung der aerob-anaeroben Schwelle als Maß der Aus-dauerleistungsfähigkeit in Form des aerob-anaerobenÜberganges VT1. Diese wird grafisch in Form der V-Slope-Darstellung aufgetragen. Es ist das einzige Feld mitder Sauerstoffaufnahme auf der x-Achse. Deshalb kann indieser Grafik das Verhältnis von Herzfrequenz zu Sauer-stoffaufnahme mit dargestellt werden. Es spiegelt in in-verser Form ähnlich wie der Sauerstoffpuls den Sauer-stofftransport pro Herzschlag wider. Der Begriff „V-Slope“wurde gewählt, da er griffig die beiden betrachteten Vo-lumina (für O2 und CO2) und deren Entwicklung über dieBelastungsperiode beschreibt.

▶ Feld 6. Atemäquivalente (EQ O2 und EQ CO2) vs. Test-dauer. Dieses Feld stellt die Atemäquivalente für O2 undCO2 dar. Es zeigt, wie viel ventiliert werden muss, um 1 lO2 aufzunehmen bzw. 1 l CO2 abzugeben. Der Verlauf derKurven ermöglicht ebenfalls die Bestimmung der ventila-torischen aeroben Schwelle VT1 (wie Feld 5). Der Tief-punkt der Atemäquivalentkurve für O2 wurde von Holl-mann 1958 als Punkt des optimalen Wirkungsgrades(POW) bezeichnet. Er zeigt, dass an der ventilatorischenaeroben Schwelle der Wirkungsgrad der Ventilation imHinblick auf die Sauerstoffaufnahme optimal ist. Die Kur-venverläufe beschreiben wie Feld 4 auch die Atemökono-mie.

▶ Feld 7. Atemzugvolumen (Vt) vs. Atemminutenvolu-men (V̇E). Das Feld beschreibt das Atemmuster. Dar-gestellt ist der Verlauf des Atemzugvolumens (Vt) in Ab-hängigkeit von der Ventilation (V̇E). Daraus kann dieAtemfrequenz abgeleitet werden, weil das Atemminuten-

4.2 Aufbau und Einführung

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volumen ja das Produkt aus Atemzugvolumen und Atem-frequenz ist. Die Atemfrequenz findet sich als Isoplethe(Linie gleicher Zahlenwerte) mit der Atemfrequenz 20bzw. 50.

▶ Feld 8. Ursprünglich RER vs. Testzeit, jetzt zusätzlichAtemreserve (BR) in % vs. Testzeit. Der Verlauf der RER(Respiratory Exchange Ratio) kann in der Ruhephase undzu Beginn der Belastungsphase Hinweise auf willkürlicheoder unwillkürliche Hyperventilation geben und stellt alsmaximal erreichter Wert bzw. im Verlauf der Erholungnach Belastungsabbruch das Ausmaß metabolischer Aus-belastung dar. Unter Belastung (nicht in der Erholungs-phase) erreichte RER-Werte von 1,05 bis 1,15 werden alsZeichen einer guten Mitarbeit und Anstrengung interpre-tiert. Umgekehrt weisen maximal erreichte Werte unter

1,0 in der Regel auf einen frühzeitigen Belastungs-abbruch, ohne dass Zeichen einer metabolischen Aus-belastung mit Laktatanstieg oder metabolischer Azidoseentstanden sind, z. B. Abbruch wegen peripherer Limitie-rung bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit odermotivationsbedingt.

▶ Feld 9. PET =Partialdruck End-tidal – endexspiratori-sche Partialdruckwerte für Sauerstoff (PET O2) und Koh-lendioxid (PET CO2) vs. Testzeit, ergänzt ggf. durch (off-line) bestimmte und zeitgerecht eingespielte Blutgaswer-te (PaO2, PaCO2). Die Messung dieser Werte wurde erstdurch Systeme mit zeitlich hochauflösenden Messsenso-ren ermöglicht. Es wird innerhalb der Exspiration derVerlauf der Partialdruckwerte gemessen und der Wertunmittelbar vor erneuter Inspiration (also „end-tidal“)

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Abb. 4.2 9-Felder-Grafik in der klassischen Anordnung.

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verwendet. Dies sollte bei Abwesenheit wesentlicher Ver-teilungsstörungen in der Lunge dem alveolären Par-tialdruck entsprechen.

Mit alten Messsystemen, die über den Douglas-Sack ex-spiratorische Gasvolumina sammelten und darin die ge-mischten Gasanteile bestimmten, war diese Messungnicht möglich. Der Verlauf der Partialdruckwerte kannebenfalls zur Bestimmung der aeroben (VT1) und anae-roben Schwelle (VT 2) verwendet werden. In Relation zuarteriellen oder arterialisierten (kapillar aus dem hyper-ämisierten Ohrläppchen) Blutgaswerten (PaO2/PaCO2)können Gasaustauschstörungen erfasst werden. Die pa-rallel punktuell gemessenen Blutgasdaten werden in derGrafik mit dargestellt.

●HMerke

Durch verschiedene Darstellung können aus den Basis-daten Informationen in unterschiedlicher Form präsen-tiert werden. Folgende Felder sind wechselseitig kom-plementär: Feld 4 und 6; Feld 2 und 5; Feld 5 und 8 so-wie Feld 3 und 5.

● So wird beispielsweise in Feld 4 V̇CO2 gegen V̇E auf-getragen. In Feld 6 wird das Verhältnis dieser beidenWerte (V̇E/V̇CO2) als Atemäquivalent über den zeitli-chen Verlauf im Test dargestellt.

● In Feld 5 wird V̇CO2 vs. V̇O2 aufgetragen. Der Quotientdieser Parameter entspricht der RER, die über den zeit-

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Abb. 4.3 9-Felder-Grafik in der neuen Anordnung (2013).

4.2 Aufbau und Einführung

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lichen Verlauf in Feld 8 eingezeichnet ist. Zudemwirdin Feld 5 V̇O2 vs. HR dargestellt; der Quotient dieser bei-den Parameter findet sich in Feld 2 als O2-Puls.

● Auch Feld 3 und Feld 5 stellen vergleichbare Informatio-nen in Bezug auf V̇O2 und V̇CO2 in unterschiedlicherForm dar.

Die korrespondierenden Felder stellen also im Wesentli-chen gleiche Informationen in unterschiedlicher Formdar, damit vereinfachen und ergänzen sie aber die visuel-le Beurteilung physiologischer oder pathophysiologischerPhänomene.

Dies sind bewährte Vorgaben. Jeder Anwender kann je-doch in einer individuell gewünschten Darstellung davonabweichen, bzw. er kann auch neue Felder generieren.

4.3 9-Felder-Grafik: Felderzur Zirkulation und Leistung4.3.1 Kardiozirkulatorische Felderim ÜberblickWir besprechen hier● V̇O2 peak, V̇O2 max,● V̇O2 bei VT1,● ΔV̇O2 zu ΔWatt (aerobe Kapazität),● Herzfrequenz, Herzfrequenzreserve und O2-Puls sowie● die entsprechende grafische Darstellung in Feld 3, 2, 5und 8.

Zu den Feldern der Kardiozirkulation und Leistung kor-respondieren folgende Parameter, die üblicherweise ta-bellarisch erfasst werden: V̇O2 peak / max, Watt, V̇O2/kgKörpergewicht, V̇O2 % Soll, VO2VT1, aerobe Kapazität(ΔV̇O2/ΔWR), O2-Puls, HR, HRR, RER, RR.

●HMerke

Die Zirkulation „verbindet“ den externen Gasaustausch(äußere Atmung) mit dem internen Gasaustausch (in-nere Atmung).

▶ Felder 3, 2, 5 sowie 4 und 8. Die Felder 3, 2 und 5 sindfür kardiozirkulatorische Gesichtspunkte primär informa-tiv – sie beschreiben die Brutto-Leistungsfähigkeit des Or-ganismus. Das Feld 8 gibt Information über die Metabolikund die Mitarbeit. Feld 4 bietet bei der Interpretation se-kundärer ventilatorischer Effekte – verursacht durch diePathologie in der Kardiozirkulation – zusätzliche Informa-tionen, wenn auch dieses Feld nicht typischerweise denprimären „Kardio-Feldern“ zuzuordnen ist. Im Detail wirdFeld 4 in Kap. 4.5.3 besprochen.

Nach dem Prinzip des 3-Kompartment-Modells nach K.Wasserman kann ein „Zahnrad“ (hier z. B. Ventilation,

Lunge) die Fehlfunktion eines andern Zahnrades (hierKardiozirkulation, Herz) partiell kompensieren.

Zur Orientierung sind die 9-Felder-Grafik (9-FG) einesPatienten mit Herzinsuffizienz und Oszillationen sowiedas Schema mit Heraushebung des „Kardio-Blicks“ nach-folgend aufgeführt (▶Abb. 4.4 u. ▶Abb. 4.5).

▶ Interpretation. Zur Interpretation der kardiozirkulato-rischen Felder gehören● Zahlenwerte an den jeweiligen Achsen,● die in Bezug auf die dargestellten Sollwertbereiche zusehen sind, sowie

● die Formanalyse der Kurven, wie z. B. Steigung (Slope),Entwicklung (Dynamik) und Normabweichung.

Die ▶Abb. 4.6 zeigt beispielhaft an Feld 3, dass bei der Be-urteilung der in den Feldern abgebildeten Daten und de-ren Verläufe neben den absoluten Zahlenwerten ins-besondere die Formanalyse zu beachten ist, worunter imSpeziellen die Steigung (Slope) und die allgemeine Ent-wicklung (Dynamik) verstanden wird.

In ▶Abb. 4.6a zeigt sich eine eindeutige Linearität vonV̇O2 ([ml/min], blau) parallel zur Leistung ([Watt], grün),die V̇O2-Sollwerte werden sogar überschritten, es findeteine Überkreuzung von V̇CO2 und V̇O2 (RER >1) statt. DieVT1 (grünes Dreieck) liegt im Sollwertbereich für V̇O2.Dagegen zeigt ▶Abb. 4.6b ein völlig anderes Bild mit„groben haarnadelförmigen Schwingungen“ der V̇O2

(blau) und einem ausgeprägten horizontalen Verlauf trotzsteigender Leistung (grün). Die Dynamik der Sauerstoff-kurve unter Belastung unterscheidet sich in diesem Fallgravierend von der in ▶Abb. 4.6a.

●HMerke

Aus „typischen Kinetikverläufen“ kann bedingt auf diezugrunde liegende pathophysiologische Störung ge-schlossen und das Krankheitsbild eingegrenzt werden.

▶ Ergänzungen. Die ursprüngliche Darstellung nachWasserman der Felder 3, 2, 5 und 8 wird von den meistenGeräteherstellern um eine weitere y-Achse für die Ram-pendarstellung in Feld 3, um den „Erwartungskorridorder HR“ und die Winkelhalbierende für die VT 1-Bestim-mung in Feld 5 ergänzt. Diese erweiterte Darstellungwurde durch H. Eschenbacher (Fa. Jaeger, Würzburg) ent-wickelt.

Im nachfolgenden Teil sollen die Felder im Einzelnenmit ihren charakteristischen Befunden dargestellt wer-den.

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Abb. 4.4 Übersicht der 9-Felder-Grafik bei einem Patienten mit Herzinsuffizienz, basierend auf K. Wasserman, hier bereits mitModifikationen in den Feldern 3, 5, 7 und 8.

4.3 Zirkulation und Leistung

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4.3.2 Feld 3: V̇O2 – V̇CO2 –Rampe – RERGrafische Darstellung von Feld 3

●HMerke

● Die Entwicklung der V̇O2-Aufnahme (blau) wird überdie Zeitachse (▶Abb. 4.7) dargestellt. Die Farbe fürV̇O2 lehnt sich an die „Gaskennung“ im deutschenSprachraum (Sauerstoff = blau) an, im amerikanischenist die Sauerstoffkurve rot dargestellt.

● Die Kohlendioxidabgabe (V̇CO2) wird rot dargestellt(im amerikanischen Sprachraum blau).

● Die grüne Linie entspricht der Last, in der Regel alsRampenbelastung.

● Die Skalierung von V̇O2 und Leistung ist so einge-stellt, dass V̇O2 ≈ 10 ×Watt gilt.

● Die Sollwertbereiche für Sauerstoff und Watt sind inblauer Markierung dargestellt.

Parameter in Feld 3

Maximale Sauerstoffaufnahme amBelastungsende: V̇O2 peak und V̇O2 maxDie maximal erreichte Sauerstoffaufnahme bei Ausbelas-tung wird unterschiedlich benannt (▶Abb. 4.8) in Abhän-gigkeit von● der Höhe der V̇O2 in Bezug auf den Referenzwert (Soll-wert höher oder niedriger) und

● ihrem kinetischen Verhalten im Verlauf und vor allemgegen Ende der Belastung.

▶ Definitionen. V̇O2 max ist die maximal erreichte V̇O2,die durch die Abflachung des V̇O2/Leistung-Verhältnissesgekennzeichnet ist und der maximal möglichen Sauer-stoffaufnahme für das Individuum und die spezifische Be-lastungsform entspricht.

V̇O2 peak ist die maximal erreichte V̇O2 ohne Abfla-chung des V̇O2/Leistung-Verhältnisses, sodass u. U. unklarbleibt, ob das Leistungsmaximum tatsächlich erreichtwurde.

Im Sprachgebrauch wird V̇O2 max und V̇O2 peak im All-gemeinen nicht unterschieden.

▶ peak V̇O2. Die peak V̇O2 (V̇O2 peak) ist jeweils zumZeitpunkt der maximalen Belastung erreicht. Der Begriffbeschreibt die im Belastungstest höchste V̇O2 ohne Pla-teaubildung oder sog. Levelling off. Dabei stellt die peakV̇O2 den „normalen Endpunkt“ der O2-Aufnahme amEnde der Belastung dar. Der Aspekt der Mitarbeit ist zubeachten. Die V̇O2-Kurve und -Kinetik zeigen eine „Spit-ze“ (Peak) und kein Plateau. Bis zum Belastungsendesteigt die O2-Aufnahme an und endet dann abrupt ineiner „spitzen“ Form (peak V̇O2). In ▶Abb. 4.8 sieht manüberdies auch, dass eine gute Leistungsfähigkeit vorliegt(V̇O2 > 2 l), da die Soll-V̇O2 erreicht wurde (▶Abb. 4.8 u.▶Abb. 4.6a).

▶ Max V̇O2. Die Max V̇O2 (V̇O2 max) zeigt eine andereKurvenkinetik: Trotz weiter gesteigerter Belastung steigtV̇O2 nicht weiter an. Dies wird als „Levelling off“ bezeich-net. Im klinischen Alltag wird dies meist nicht erreicht.V̇O2 max ist ein eher selten beobachteter Wert am Endeder Belastung (▶Abb. 4.9). Man erreicht ihn bei guter(sehr guter) Motivation. Er beschreibt den Sachverhalt,dass trotz weiter abgeforderter Belastung die O2-Aufnah-me nicht gesteigert werden kann, da die Kapazitäten vonZirkulation, Ventilation, Gefäßfaktoren und Energiever-wertung in der Muskulatur jetzt ausgeschöpft sind.

HRO2-PulsPlateauOvershoot

VO2VCO2RER = 1Rampeaerobe Kapazität

1

7 9

6VEVCO2SlopeOffset

HRKorridorVT1, VT2

RER(BR)(Laktat)

Abb. 4.5 Schema der 9-Felder-Grafik mit „Kardio-Blick“ (zu▶Abb. 4.4). Die „primären Kardio-Felder“ sind blau, das Feld 4und Feld 8 mit den „sekundären ventilatorischen Effekten“ sindhellblau dargestellt. In den Feldern sind darüber hinaus dietypischen Messparameter und die eventuell zu beobachtenden„kinetischen Aspekte“ aufgeführt, die in diesem Kapitelbesprochen werden. HR: Herzfrequenz; O2-Puls: Schlagvolumen(SV) × arteriovenöse Ausschöpfung (AVDO2); Plateau: Sistierenvon SV ×AVDO2; Overshoot: kurzer Postbelastungs-Peak vonHR; V̇O2: Sauerstoffaufnahme; V̇CO2: Kohlendioxidabgabe; RER:Respiratory Exchange Rate; Rampe: Watt/min; aerobe Kapazi-tät: ΔV̇O2/ΔWR; V̇E: Minutenvolumen; Slope: Steigung; Offset:Y-Achsendurchgang von V̇E; Korridor: erwartete HR-Entwick-lung; VT 1/VT 2= ventilatorische Schwelle 1 bzw. 2; BR: Atem-reserve.

9-Felder Grafiken

II

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80

60

40

20

0

150

100

50

0

VE [l

/min

]

VO2

[ml/m

in]

Wat

t [W

]

Wat

t [W

]

0 5 10 15 5 10 15 5 10Zeit [min]

0

50

100

150

200

HR

[1/m

in]

HR

[1/m

in]

O2/

HR

[ml]

30

20

10

0

100

200

0Zeit [min]

VCO

2 [m

l/min

]2000

2502500

1000

1500 150

500 50

0

2000

2500

1000

1500

500

0

2000

2500

1000

1500

500

0

VCO

2 [m

l/min

]BR

[%]

VCO2 [ml/min] VO2 [ml/min]

0Zeit [min]

80

60

40

20

0

VE [l

/min

]

EQO

2

EQCO

2

0 1000 2000 15001000500 2000

200

150

100

50

00

60 60

0 5 10 15

0 5 10 150 5 10 15

Zeit [min]

RER

VE [ml/min]

8,0

6,0

4,0 VC

2,0

0

VTe

x [l]

PETO

2 [m

mH

g]

PETC

O2

[mm

Hg]

0 20 40 60 80

1,6

1,4

1,2

1,0

0,8

0,6

0,4

120

100

80

60

40

20

0

900 90 900180

120

100

80

60

40

20

0

100

80

60

40

20

0

Zeit [min]Zeit [min]

14 171615 18 19 20 21 22 230 321 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13Zeit [min]

40 40

20 20

0 0

manuell

manuell

manuell

manuell

manuell

manuell

manuell

manuell

manuell

850 85 850170

800 80 800160

750 75 750150

700 70 700140

650 65 650130

600 60 600120

550 55 550110

500 50 500100

450 45 45090

400 40 40080

350 35 35070

300 30 30060

250 25 25050

200 20 20040

150 15 15030

100 10 10020

50 5 5010

0 0

VT1 (manuell)

a

b

Abb. 4.6 Feld 3, Kinetik von V̇O2

a Feld 3: V̇O2 peak. Beachte: 1. absolute Zahlenwerte, 2. Steigung (Slope) und 3. Formanalyse (Frage: Peak? Abflachung?).b Hier ist eine völlig andere Kinetik von V̇O2 zu beobachten. Beachte auch hier: 1. absolute Zahlenwerte, 2. Steigung (Slope) und

3. Formanalyse (Frage zur Formanalyse: Peak? Abflachung?), hier: Oszillationen!

4.3 Zirkulation und Leistung

4

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Kohlendioxidabgabe im BelastungsverlaufDie kinetische Entwicklung der Kohlendioxidabgabe(V̇CO2) verläuft in Feld 3 etwas anders als die der O2-Kur-ve. Während die Sauerstoffaufnahme streng der steigen-den Last (Watt) im Verhältnis ~ 10 ×Watt folgt, steigt dieV̇CO2 durch Pufferung im Fettgewebe und dadurch ver-zögerte Elimination zunächst langsamer an. Sie ent-wickelt nach diesen initialen Umverteilungsvorgängenebenfalls eine lineare Beziehung, die dem aeroben Ener-gieumsatz aus Kohlenhydrat- und Fettverbrennung ent-spricht, bis es dann zu einem übermäßigen Anstieg vonV̇CO2 aus der Laktatpufferung und zur Überkreuzung mitV̇O2 kommt.Zeit

10–11 ml VO2/Watt

VO2

VO2 pred.

VO2 peak

VO2 max

Abb. 4.8 V̇O2 max und V̇O2 peak: maximal erreichte V̇O2. V̇O2

pred: Referenzwert für V̇O2.

Abb. 4.9 Leistungsstarke und hoch-motivierte Managerin aus dem Pharma-Bereich. Levelling off → V̇O2 max.

manuell

1000

500

0

1500

1000

500

0

2000

2500

3000

3500

100

50

1500 150

2000 200

2500 250

3000 300

3500 350

0 5 10 15 20Zeit [min]

VO2

[ml/m

in]

VCO

2 [m

l/min

]

Wat

t [W

]

1 2 3

7 8 9

654

VO2 Soll

Abb. 4.7 9-Felder-Grafik: Feld 3, Position und Detaildarstellung.

9-Felder Grafiken

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RER – Respiratory Exchange RateDie Überkreuzung von V̇CO2 mit V̇O2 entspricht RER =1.Hier sind V̇O2 und V̇CO2 gleich hoch. Diese Überkreuzungentspricht nicht VT1, sondern liegt bereits über VT1 undkann als Hinweis auf eine gute Mitarbeit und Überschrei-ten der rein aeroben Energiebereitstellung gewertet wer-den. Die Beurteilung der V̇CO2/V̇O2-Relation zur Bestim-mung von VT1 erfolgt besser aus Feld 5 (s. auch Kap.4.3.4).

In Feld 3 gelingt zunächst aber eine grobe Orientierungfür die Höhe von VT1, da sie auf keinen Fall später alsRER =1 liegen kann. VT 1 ist somit früher – also „links“von RER zu vermuten. Eine „gute Mitarbeit“ ist beim Ein-treten eines Levelling off oder bei einem ausgeprägtenV̇CO2-Anstieg in Feld 3 entsprechend einer RER von 1,05–1,15 zu erkennen.

Kinetik der Messwertkurven in Feld 3

Kinetik der SauerstoffaufnahmeDie Steigung der V̇O2-Leistungs-Beziehung in Feld 3(ΔV̇O2/ΔWatt-Slope) beschreibt das Verhältnis der O2-Aufnahme (V̇O2 [ml/min]) zur geleisteten Arbeit (Watt).Dies ist eine ziemlich eng eingestellte physiologischeKonstante, die sowohl bei Gesunden (auch Sportlern) wieauch bei Untrainierten gleich groß ist. Dies gilt jedochnur für die Belastung auf dem Fahrrad (s. Kap. 2.3.3).

In den ▶Abb. 4.10 und ▶Abb. 4.11 sind unterschiedli-che „Kinetiken“ der O2-Aufnahme schematisch mit „Ab-flachung“ unter Belastung dargestellt. Das Abflachen aufunterschiedlichem Niveau hilft „krankhafte“ von „norma-len“ Befunden zu unterscheiden:● Ein vorzeitiges Abflachen unterhalb des Sollwertberei-ches – im Extremfall ein Plateau – findet sich bei Er-krankungen (z. B. Herzinsuffizienz, Gefäßerkrankun-gen).

● Physiologisch ist eine asymptotische Entwicklung vonV̇O2 am Ende einer erschöpfenden Belastung auf hohemoder sehr hohem Niveau, stets bei optimaler Mitarbeitund hoher anaerober Kapazität.

Aerobe Kapazität – ΔV̇O2/ΔWRDie aerobe Kapazität beschreibt, ob eine Leistung unterSauerstoffdeckung erbracht wird oder nicht (▶Abb. 4.12).Aktuelle Messsysteme berechnen die aerobe Kapazitätaus der Steigung der V̇O2 (Slope) in Bezug auf die Leistung(Watt).

Power of Breathing

Es ist zunächst überraschend, dass (Leistungs-)Sportlerund Untrainierte in etwa die gleiche aerobe Kapazität ha-ben. Dies wird auch als „Power of Breathing“ bezeichnet.

Man kann es sich an einem Beispiel verdeutlichen: EinLiter Super-Benzin bewirkt in einem Porsche mehr als ineinem alten Lada. Dies liegt aber nicht am Treibstoff, son-dern an anderen Umständen, nicht zuletzt am Wirkungs-grad. So erbringt der Gesunde mehr Leistung durcheinen besseren Besatz mit Mitochondrien, eine höhereKapillardichte und z. B. eine bessere Koordination, wasletztlich zur Kraft- und Leistungsentwicklung erforderlichist.

Zeit

10–11 ml VO2/Watt

VO2

VO2 pred.

VO2 peak

VO2 max

Sportler normal krank

Abb. 4.10 Skizze V̇O2-Aufnahme beim Gesunden (normal),einem Sportler und einem Kranken.● „Normal“: endet als peak V̇O2 ohne „Levelling off“,● „very fit”: der Sportler ist sehr fit, was sich am spätenAbflachen („Levelling off“) zeigt; maximal erreichte V̇O2 (V̇O2

max) oberhalb des Referenzbereiches mit Abflachung desV̇O2/Watt-Verhältnisses,

● „krank“: bei z. B. kardiovaskulären Krankheiten kommt es zueiner vorzeitigen Abflachung der Kurve.

4.3 Zirkulation und Leistung

4

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