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4.1 Grundlagen der Enzymchemie Antwort: Enzyme sind Proteine mit einem Molekulargewicht von >10.000 Dalton. Ihre Funktion als biologische Katalysatoren besteht da- rin, chemische Reaktionen im Organismus zu beschleunigen ohne Ein- fluss auf das chemische Gleichgewicht zu nehmen. Dies geschieht durch Erniedrigung der für die Reaktion benötigten Aktivierungsenergie . Der Mechanismus läuft folgendermaßen ab: Stoffe, die ein Enzym um- setzt, werden als Substrate bezeichnet. Das Enzym reagiert mit einem entsprechenden Substrat zum Enzym-Substrat-Komplex (E+S ES). Anschließend wird die katalysierte Reaktion ausgelöst (ES EP). Das Produkt wird abgestoßen (EP E+P) und das unveränderte Enzym kann erneut Substrat binden. Alternativ könnte man die Herabsetzung der Aktivierungsenergie nur durch eine massive Temperaturerhöhung erreichen. Dies wäre jedoch nicht lange mit dem Leben vereinbar. In unserem Organismus kommen verschiedenste Enzyme zum Einsatz: Die Bandbreite reicht von relativ unspezifischen (z.B. Peptidasen) bis hin zu hochspezifischen Enzymen (z.B. Aspartase). Antwort: Enzyme werden entsprechend ihrer Funktion in 6 Hauptklas- sen eingeteilt: 4 Enzyme Frage: Was sind Enzyme und wieso brauchen wir sie? Frage: In welche Klassen lassen sich Enzyme am sinnvollsten eintei- len? ? ? 00_biochemie.book Seite 64 Freitag, 15. August 2003 6:47 06

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4.1 Grundlagen der Enzymchemie

Antwort: Enzyme sind Proteine mit einem Molekulargewicht von>10.000 Dalton. Ihre Funktion als biologische Katalysatoren besteht da-rin, chemische Reaktionen im Organismus zu beschleunigen ohne Ein-fluss auf das chemische Gleichgewicht zu nehmen. Dies geschieht durchErniedrigung der für die Reaktion benötigten Aktivierungsenergie.

Der Mechanismus läuft folgendermaßen ab: Stoffe, die ein Enzym um-setzt, werden als Substrate bezeichnet. Das Enzym reagiert mit einementsprechenden Substrat zum Enzym-Substrat-Komplex (E+S � ES).Anschließend wird die katalysierte Reaktion ausgelöst (ES � EP). DasProdukt wird abgestoßen (EP � E+P) und das unveränderte Enzymkann erneut Substrat binden.

Alternativ könnte man die Herabsetzung der Aktivierungsenergie nurdurch eine massive Temperaturerhöhung erreichen. Dies wäre jedochnicht lange mit dem Leben vereinbar.

In unserem Organismus kommen verschiedenste Enzyme zum Einsatz:Die Bandbreite reicht von relativ unspezifischen (z.B. Peptidasen) bishin zu hochspezifischen Enzymen (z.B. Aspartase).

Antwort: Enzyme werden entsprechend ihrer Funktion in 6 Hauptklas-sen eingeteilt:

4 Enzyme

Frage: Was sind Enzyme und wieso brauchen wir sie?

Frage: In welche Klassen lassen sich Enzyme am sinnvollsten eintei-len?

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4.1 Grundlagen der Enzymchemie 65

Antwort: Enzymkinetik beschreibt die Substrat- und Produktkonzent-ration während einer enzymatisch katalysierten Reaktion in Abhängig-keit von der Zeit. Dadurch lassen sich verschiedene Enzymaktivitätenmiteinander vergleichen.

Enzymklasse Funktion Beispiele

Hydrolasen Hydrolytische Abspaltungen Peptidasen, Proteasen

Isomerasen Umwandlung von Isomeren UDP-Galaktose-4-Epimerase

Ligasen Verknüpfung von Bindungen Pyruvatcarboxylase

Lyasen Nicht-hydrolytische Abspal-tung

Aldolase

Oxidoreduk-tasen

Reduzierte Form �� oxidierte Form

Lactatdehydrogenase (LDH)

Transferasen Übertragung von funktionellen Gruppen

Phosphorylase, Hexo-kinase

Tab. 4.1: Enzymklassen

Frage: Erläutern Sie bitte den Begriff Enzymkinetik!

Frage: Zu welchen entscheidenden Erkenntnissen gelangten dieForscher Michaelis und Menten in dieser Richtung? Was können Siemir zu Lineweaver und Burk berichten? Verdeutlichen Sie Ihre Aus-führungen anhand einer Skizze!

Abb. 4.1: Michaelis-Menten und Lineweaver-Burk

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MICHAELIS-MENTEN

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

Vmax12

Km

1

2

3

LINEWEAVER-BURK

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

1

Km1

1

11

2

3

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4 Enzyme66

Antwort: Die Michaelis-Menten-Gleichung beschreibt die Verände-rungen der Reaktionsgeschwindigkeit eines Enzyms mit zunehmenderSubstratkonzentration.

Zur Abbildung: Am Punkt � ist die Konzentration des Substrates ge-ringer als die des Enzyms. Hier existieren noch relativ wenig Enzym-Substrat-Komplexe, die Reaktionsgeschwindigkeit ist entsprechend ge-ring. Bei Punkt � liegt die Hälfte der Enzymmoleküle in gebundenerForm vor. Ein Zustand, bei dem das Enzym mit halber Maximalge-schwindigkeit arbeitet. Die Substratkonzentration an dieser Stelle wirdals Michaeliskonstante Km bezeichnet. Sie ist ein Maß für die Affinitätdes Enzyms zum Substrat. Ist der Wert klein, so ist die Affinität großund umgekehrt. Am Punkt � sind alle Enzymmoleküle mit Substratgesättigt, die Maximalgeschwindigkeit ist erreicht. Vmax ist demnach einMaß für die Arbeitskapazität des Enzyms. Lineweaver und Burk verar-beiteten diese Erkenntnisse in ihrer Darstellung. Durch doppelt rezi-proke Auftragung der Michaelis-Menten-Gleichung, erreichten sie einegenauere Ablesemöglichkeit von Vmax und Km (Schnittpunkte statt An-näherungen!).

4.2 Regulationsmechanismen

Antwort: Unser Organismus besitzt eine Vielzahl an Möglichkeiten,die Enzymaktivität zu beeinflussen. Neben der Enzyminduktion, d.h.der gezielten Synthese von Enzymen, findet man dabei hauptsächlichfolgende Mechanismen:• Regulation durch Rückkopplung (enzymatische Selbstregulation):

Hier hat ein Stoffwechselendprodukt direkten Einfluss auf ein En-zym seines eigenen Syntheseweges. Kommt es zu einer Hemmungliegt eine negative Rückkopplung vor. Stimuliert es seine Produk-tion spricht man von positiver Rückkopplung.

Merke: 1. Die Reaktion darf nur von einem Reaktionspartner abhängig

sein.2. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist ES � E+P.3. Vmax ist nur dann möglich, wenn alle Enzymmoleküle vom Sub-

strat besetzt sind.4. In vivo gibt es keine Enzyme, die im Sättigungsbereich arbeiten.

Ausnahme: Die Glukokinase nach Nahrungsaufnahme!

Frage: Besitzt unser Organismus Möglichkeiten zur kontrolliertenEnzymregulation?

!

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4.2 Regulationsmechanismen 67

• Allosterische Regulation: Allosterische Effektoren binden an die re-gulatorische Untereinheit eines oligomeren Enzyms. Dies führt zueiner Konformationsänderung der katalytischen Untereinheit undsomit zu einer Verbesserung (Aktivator) oder Verschlechterung (In-hibitor) der Substratbindung.

• Interkonversion: Hierbei findet eine ein- oder ausschaltende chemi-sche Veränderung des Enzyms statt. Die häufigste Interkonversionerfolgt durch Phosphorylierung der OH-Gruppen vereinzelter Se-rin- und Threoninreste. Je nachdem um welches Enzym es sich han-delt, führt dies zu einer Aktivierung oder Inaktivierung.

* Phosphoryliert wird durch eine Proteinkina-se (ATP-Verbrauch), de-phosphoryliert durch ei-ne Proteinphosphatase.

• Limitierte Proteolyse: Enzyme werden häufig in Form von inaktivenVorstufen (Zymogenen) synthetisiert. Diese werden erst durch dieproteolytische Abspaltung bestimmter Kettenreste in ihre aktiveForm überführt. Ein wichtiges Beispiel hierfür bilden die Verdau-ungsenzyme Trypsin und Elastin. Sie werden im Pankreas produziert(Trypsinogen, Proelastase), aber erst im Duodenum aktiviert. Dasverhindert eine Verdauung der Pankreasgänge.

* Das sog. Induced-fit-Modell beschreibt die Bindung des Substrats im aktiven Zentrum des Enzyms und die daran gekoppelte Verände-rung der räumlichen Struktur beider Mole-küle!

Antwort: Die kompetitive Hemmung findet man hauptsächlich bei mo-nomeren Enzymen. Hier konkurriert das Substrat mit einem struk-turähnlichen, aber nicht umsetzbaren Inhibitor um das aktive Zentrumdes Enzyms. Daher ist die Umsatzmenge einer kompetitiv gehemmtenenzymatischen Reaktion abhängig von der Konzentration beider Sub-stanzen: Ist die Konzentration oder Enzymaffinität des Inhibitors imVergleich zum Substrat sehr hoch, so wird entsprechend weniger Pro-dukt gebildet als bei umgekehrten Voraussetzungen.

Frage: Was verstehen Sie unter kompetitiver Hemmung? ErläuternSie den Reaktionsverlauf und gehen Sie auf die wichtigsten Unter-schiede zur nicht-kompetitiven Hemmung ein!

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Abb. 4.2: Kompetitive Hemmung

MICHAELIS-MENTEN

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

Vmax12

Km

LINEWEAVER-BURK

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

1

Km1

1

1Km

gehemmt

normal

gehemmt

Die Affinität des Enzymszum Substrat sinkt!

gehemmt

normal

Km1

gehemmt

Der steigende Km-Wert (z.B. von 2 auf 3)führt in dieser Abbildung dazu, dass 1/Km weniger negativ wird (z.B. von –1/2 auf –1/3).

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4 Enzyme68

Die nicht-kompetitive Hemmung betrifft Enzyme, welche neben demaktiven Zentrum noch ein weiteres, allosterisches Zentrum besitzen.An dieses können nun, unabhängig davon, ob bereits Substrat am akti-ven Zentrum gebunden ist, reversible Bindungen von Inhibitoren erfol-gen. Die Affinität vom Enzym zum Substrat bleibt dabei unverändert.Durch die Hemmung der Reaktion ES � EP wird jedoch die maximaleReaktionsgeschwindigkeit negativ beeinflusst.

T Der V-Typ wirdmanchmal auch alsM-Typ bezeichnet.

Antwort: Die sinnvollste Einteilung der Effekte, die Aktivatoren oderInhibitoren am allosterischen Zentrum von Enzymen auslösen können,erhält man bei der Betrachtung von sog. K-Typ- und V-Typ-Effektoren.Dabei bezieht sich die Wirkung des K-Typs auf die Affinität des Enzymszum Substrat (Km). Der V-Typ hingegen beeinflusst die maximale Reak-tionsgeschwindigkeit.

Merke: Kompetitive Hemmung: Maximalgeschwindigkeit bleibtgleich, Km-Wert steigt! Nicht-kompetitive Hemmung: Maximalge-schwindigkeit sinkt, Km-Wert bleibt gleich!

Abb. 4.3: Nicht-kompetitive Hemmung

Frage: Sie sprachen soeben von Allosterie. Erläutern Sie anhand ei-ner Skizze die Reaktionsverschiebungen durch Effektoren, die andas allosterische Zentrum eines Enzyms anlagern!

!

MICHAELIS-MENTEN

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

Vmax12

Km

LINEWEAVER-BURK

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

1

Km1

1

1

normal

gehemmt

Die Arbeitskapazität des Enzyms sinkt!

gehemmt

normalVmax

1

gehemmt

Vorsicht! Der REZIPROKE Wert der maximalen Geschwindigkeit wird größer. Natürlich nimmt auch in dieser Darstellung Vmax unter Hemmung ab! Bei sinkendem Vmax (z.B. von 3 auf 2) wird 1/Vmax größer (z.B. von 1/3 auf 1/2).

Vmaxgehemmt

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4.2 Regulationsmechanismen 69

Zur Verdeutlichung dient das Beispiel der allosterischen Regulation ei-ner Endprodukthemmung: Hierbei entsteht mit dem Endprodukt (P)ein spezifischer Hemmstoff, der an das allosterische Zentrum des En-zyms ankoppelt. Sinnbildlich ragt er mit seiner „Spitze“ in das aktiveZentrum hinein und verhindert so über den Stopp einer weiteren Sub-stratanlagerung die Umsetzung zu noch mehr Produkt. Die Endpro-dukthemmung sorgt also für eine gewisse Konstanz der Endprodukt-konzentration. Wird nun aufgrund einer außergewöhnlichen Situationdoch mehr Produkt benötigt, kann die Hemmung durch Ausschüttungeiner nicht-hemmenden Konkurrenzsubstanz aufgehoben werden.Diese koppelt ebenfalls an das allosterische Zentrum des Enzyms undbehindert damit die Anlagerung des Endproduktes. Sie blockiert aller-dings, aufgrund der „fehlenden Spitze“, nicht das aktive Zentrum, wo-durch nun wieder eine Katalyse der zuvor inhibierten Reaktion möglichist.

Abb. 4.4: Allosterische Regulation vom K- und V-Typ

Abb. 4.5: Endprodukthemmung

K-TYP

Hemmung

Reaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

Vmax

Km

12

gehemmt

Kmohne

allosterischeRegulation

Kmaktiviert

AbnehmendeAffinität

Aktivierung

ZunehmendeAffinität

V-TYPReaktions-geschwindigkeitdes Enzyms

Substrat-konzentration

Vmax

Vmax12

Aktivierung ZunehmendeArbeitskapazität

2 Vmax

Hemmung AbnehmendeArbeitskapazität

S

Substrat

Enzym

wird umgesetzt zu

S1.Produkt

2. P

P

PDas Produkt bindet an ein allosterisches Zentrum desEnzyms und ragt mit seinerSpitze in das aktive Zentrum!

Daraus folgt: keinweiterer Substratumsatz.

3.Bei großem Bedarf an Produkt,kann ein weiterer, produktähnlicherStoff das Produkt vom Enzym verdrängen!

S P

ProduktDa dieser Stoff nicht bis indas aktive Zentrum reicht,wird wieder Substrat zuProdukt umgesetzt!

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4 Enzyme70

Antwort: Der sigmoide Kurvenverlauf findet seinen Ursprung in derpositiven Kooperativität. Hier führt die Bindung von Substrat an eineEnzymuntereinheit zur Veränderung der Konformation einer benach-barten Untereinheit. Dadurch kommt es zur Freigabe einer vorher ver-steckten Substratbindungsstelle. Man sagt, die Untereinheiten gehenvon der t(tense)-Form in die r(relaxed)-Form über. Die Affinität desEnzyms zum Substrat wird also mit zunehmender Substratbindung grö-ßer.

4.3 Enzymdiagnostik

Antwort: Isoenzyme katalysieren trotz unterschiedlicher Aminosäure-sequenz die gleichen Reaktionen. Ihr Aufbau und die diagnostische Be-deutung wird am ehesten am Beispiel der Lactatdehydrogenase (LDH)deutlich: Die LDH ist ein Enzym aus 4 Untereinheiten. Jede dieser Un-tereinheiten ist entweder eine A- oder B-Polypeptidkette. Kombiniertman diese miteinander, ergeben sich 5 verschiedene Isoenzyme derLDH. Sie sind organspezifisch und geben somit beim Auftreten im Se-rum einen Hinweis auf entsprechende Zellschäden im für sie typischenGewebe.

Frage: Nun kommt es aber auch in Abwesenheit von Aktivatorenund Inhibitoren zu einem sigmoiden Kurvenverlauf allosterischerEnzymreaktionen. Wie erklären Sie sich das?

Abb. 4.6: Positive Kooperativität am Beispiel des Hämoglobins

Frage: Erklären Sie den Begriff Isoenzyme! Gehen Sie auch auf ihreBedeutung in der Enzymdiagnostik ein!

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2

1 freie Bindungsstellefür Sauerstoff O2

relaxedform

+ O2

– O2

1

Die anderen 3 sindnoch „versteckt“.

3

+ O2

– O2

O2

O2

4

+ O2

– O2

O2

O2O2

5

+ O2

– O2

O2

O2O2

O2

Durch Anlagerung von Sauerstoff wird in der Nachbar-Untereinheit das aktive Zentrum freigelegt …

… bis alle Unterein-heiten mit Sauerstoffbelegt sind!

123

4 5

O2-Bindungskurve

„versteckte“ Bindungsstelle„freigelegte“ Bindungsstelle

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4.3 Enzymdiagnostik 71

Antwort: Zellenzyme kommen normalerweise gar nicht oder in nursehr geringen Mengen im Serum vor. Organschäden gehen allerdingshäufig mit Permeabilitätsstörungen der Zellmembran einher. Infolge-dessen können entsprechend ansässige Enzyme in das Serum übertre-ten und dort vergleichsweise hohe Konzentrationen erreichen. Je nachSpezifität des Enzyms für ein Organ kann man dann Rückschlüsse aufden pathologischen Herd ziehen.

Isoenzym Kombination der Untereinheiten

Vorkommen

LDH-1 BBBB v.a. Herz (gering: Erythrozyten, Niere)

LDH-2 BBBA Herz, Erythrozyten, Niere

LDH-3 BBAA Granulozyten, Lunge, Gehirn

LDH-4 BAAA Leber, Skelettmuskel, Lunge, Milz

LDH-5 AAAA Leber, Skelettmuskel

Tab. 4.2: Isoenzyme der LDH

Frage: Worauf beruht das Auftreten der Enzyme im Serum und wel-che weiteren „Organschaden-Marker“ kennen Sie? Wie sieht die Se-rum-Enzymaktivität eines Herzinfarkt-Patienten aus?

Enzym Lokalisation erhöhte Konzentra-tion im Plasma

Alkalische Phospha-tase (AP)

Osteoblasten, Leber- u. Gallenwegsepithel (Zellmembran)

Knochenerkrankun-gen, Rachitis

Amylase Pankreas, Mund-speicheldrüsen

Akute Pankreatitis, Mumps, Niereninsuf-fizienz, Parotitiden

Creatinkinase (CK) Skelettmuskel (CK-MM)Herzmuskel (CK-MB)Gehirn (CK-BB)

Erkrankungen von Herz- und Skelettmus-kulatur

Glutamatdehydro-genase (GLDH)

Leber(Mitochondrium)

Leberschädigungen

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01_Biochem_umb.fm Seite 71 Montag, 1. September 2003 10:39 10

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4 Enzyme72

Die Serum-Enzymaktivität eines Herzinfarktpatienten hängt stark da-von ab, wie weit das schädigende Ereignis bereits zurückliegt. Handeltes sich um einen frischen Infarkt, so ergibt sich ein starker Anstieg vonCK-MB und HBDH (= LDH-1 + LDH-2). Zur Spätdiagnose hingegeneignet sich nur die HBDH, da die CK-MB schon nach 4 Tagen wiederNormalwerte erreicht, die HBDH aber noch bis zu 2 Wochen erhöhtbleibt.

γ-Glutamyltranspepti-dase (γ-GT)

Leber- u. Gallenwegs-epithel(Zellmembran)

Alkoholabusus, Hepatiden, Cholesta-sen

Lactatdehydrogenase (LDH)

Herz, Erythrozyten Herzinfarkt (Spät-diagnose), hämolyti-sche Anämien

Saure Phosphatase Prostata(Lysosomen)

Prostatakarzinom

Tab.4.3: Klinisch wichtige Enzyme

Abb. 4.7: Enzymaktivität nach Herzinfarkt

Enzym Lokalisation erhöhte Konzentra-tion im Plasma

0 Tage nachdem Infarkt

Volumenaktivitätdes Enzymsin U/I

01 2 3 4 5 6 7 8

100

200

300

400

500

ALAT

ASAT

CK

HBDH (= LDH1 + LDH2)

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4.5 Cofaktoren 73

4.4 Biotransformation

* In der Biotransforma-tion findet leider nicht nur Entgiftung, sondern manchmal auch Gif-tung statt , d.h. eine ei-gentlich harmlose Sub-stanz (Prodrug) wird in einen schädlichen Stoff überführt! Beispiel: Methanol � Formaldehyd � Amei-sensäure.

Antwort: Der Begriff Biotransformation beschreibt eine Vielzahl vonReaktionen, die vorwiegend in der Leber ablaufen. Diese dienen dazu,exogene Giftstoffe (z.B. Pharmaka) oder auch endogene Abfallpro-dukte (z.B. Steroidhormone) weitgehend unschädlich zu machen bzw.deren Ausscheidung zu beschleunigen.

Man unterteilt grob in 2 Phasen: • In Phase I werden die Stoffe so genannten Funktionalisierungsreak-

tionen unterworfen. Dadurch werden sie in eine – für die zweitePhase wichtige – reaktivere Form überführt. Es finden oxidierende(Cytochromoxidase, Katalasen, Peroxidasen, Mono- und Dioxyge-nasen), hydrolytische (Hydrolasen, Esterasen) und reduzierendeEnzyme Verwendung.

• Die Produkte der ersten Phase werden schließlich in Phase II anGlucuronsäure, Glutathion, Glycin, Taurin oder Sulfatgruppen ge-koppelt. Somit werden sie nochmals in ihrer Wirkung verändert undvor allem wasserlöslicher gemacht. In diesem Zustand können sierelativ problemlos über die Nieren bzw. zu geringen Teilen auch mitder Galle ausgeschieden werden.

4.5 Cofaktoren

* Apoenzym + Cofak-tor = Holoenzym.

Antwort: Viele Enzyme erlangen ihre katalytische Funktion erst durchdie Anlagerung eines Cofaktors. Cofaktoren leiten sich von verschiede-nen Stoffen ab: So bilden neben den Purin- und Pyrimidinderivaten(z.B. ATP, UTP) auch Metalle (z.B. Fe2+, Cr2+) oder Vitamine entspre-chende Vorläufer. Entsprechend ihrer Assoziation zum Enzym teiltman Cofaktoren in 2 große Klassen ein: Prosthetische Gruppen (z.B.FAD, Häm) sind kovalent mit dem Apoenzym verbunden und liegenam Ende der Reaktion vollständig regeneriert vor. Coenzyme (z.B.NAD+) hingegen binden nur für den Verlauf der Reaktion an das Apo-enzym. Sie müssen in einer Folgereaktion wieder aufbereitet werden.Wichtige Funktionen von Cofaktoren sind (De-)Carboxylierungen,Gruppen- und Restübertragungen (z.B. C, NH, H) und die Aktivierungvon Sacchariden.

Frage: Was verstehen Sie unter dem Begriff Biotransformation? ? � � �☺ � �

Frage: Welche Rolle spielen Cofaktoren bei enzymatisch katalysier-ten Reaktionen und woher beziehen wir diese?

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00_biochemie.book Seite 73 Freitag, 15. August 2003 6:47 06