4Politische Interessengruppen/Parteien

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1 4 Politische Interessengruppen/Parteien Dem vorgestellten systemtheoretischen Modell der deutschen Außenpolitik folgend, unterscheiden wir im politischen System zwischen Forderungen und Entscheidungen Politische Einflussorganisationen, in der Umgangssprache gewöhnlich als Interessengruppen bezeichnet, stellen ihre spezifischen außenpolitischen Forderungen an die Entscheidungsinstitutionen im politischen System. Entschieden wird von der Exekutive, der Legislative, der Judikative und von unabhängigen Institutionen. Die Parteien zählen funktional zu den politischen Interessengruppen, auch wenn ihr Status durch das Grundgesetz (Art. 21) und das Parteiengesetz herausgehoben ist.

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  • *4Politische Interessengruppen/ParteienDem vorgestellten systemtheoretischen Modell der deutschen Auenpolitik folgend, unterscheiden wir im politischen System zwischen Forderungen und Entscheidungen Politische Einflussorganisationen, in der Umgangssprache gewhnlich als Interessengruppen bezeichnet, stellen ihre spezifischen auenpolitischen Forderungen an die Entscheidungsinstitutionen im politischen System. Entschieden wird von der Exekutive, der Legislative, der Judikative und von unabhngigen Institutionen. Die Parteien zhlen funktional zu den politischen Interessengruppen, auch wenn ihr Status durch das Grundgesetz (Art. 21) und das Parteiengesetz herausgehoben ist.

  • *Parteien Parteien sind nach funktionalem Verstndnis institutionalisierte und damit privilegierte Interessengruppen mit spezifischen Anforderungen an das auenpolitische Entscheidungssystem. Sie sind aber ber ihre Mandatstrger im Bundestag auch im Entscheidungssystem selbst verankert. Von dieser Doppelrolle interessiert hier nur die des Anspruchstellers an das politische System. Die Parteien der Bundesrepublik haben stets eine Vielfalt von alternativen auenpolitischen Konzeptionsentwrfen und Einzelforderungen geliefert. Sie haben damit funktionsgem Anregungen aus der Gesellschaft aufgenommen und selbst weiterentwickelt. Viele Anforderungen kamen nie ber die Partei hinaus, andere kamen erst nach Jahren zum Tragen. Dies galt insbesondere fr die Entwrfe von SPD und FDP zur Deutschland- und Ostpolitik, die schon Anfang der sechziger Jahre entstanden waren. Diese kamen ber die Schwelle der Forderungen lange nicht hinaus, weil sie im Entscheidungssystem nicht mehrheitsfhig waren.

  • *Fr die Mehrheitsbeschaffung im Bundestag sind die Fraktionen zustndig. Der Entscheidungsspielraum des Bundeskanzlers hngt von einer tragfhigen Parlamentsmehrheit ab. Die Fraktion und ihr Vorsitzender spielen damit eine Rolle, die ber die des Transmissionsriemens zwischen Partei und Regierung hinausreicht. Da alle Bundesregierungen auer zwischen 1957 und 1961 Koalitionsregierungen waren, beruhte das auenpolitische Entscheidungssystem der Bundesrepublik durchweg auf einer Parteienkombination. Der jeweilige Kanzler war mit einer Ausnahme, Helmut Schmidt, gleichzeitig Parteivorsitzender der grten Partei der jeweiligen Koalition. Schrder gab diese Verbindung erst 2004 auf.Die Entscheidungsfhigkeit einer Regierung lag also auf der Schiene Partei-Fraktion-Regierung-Kanzler. Alle Ebenen hatten dabei ihr Eigengewicht, der Entscheidungsproze war also nicht nur eine Abfolge von Filterprozessen von der Parteibasis zur Regierungsspitze. Funktional gehren die Fraktionen im Bundestag zum Entscheidungssystem selbst. Auf sie ist also an dieser Stelle nicht nher einzugehen.

  • *CDU/CSU Unbestreitbar war die CDU/CSU-Politik der ersten 14 Jahre durch die Person Konrad Adenauers bestimmt. Dennoch gab es selbstverstndlich innerparteiliche Gegenstze und alternative auenpolitische Vorstellungen. Mit Adenauers Rheinischer Linie konkurrierten die Ideen Jakob Kaisers, der aus Berliner Perspektive sein Brckenkonzept zwischen Ost und West fr Deutschland propagierte. Diese Linie verlor ab Ende 1947 ihre Erfolgsaussichten, da sowohl Kaiser als auch Ernst Lemmer von der sowjetischen Besatzungsmacht von ihren Parteimtern in der Ost-CDU abgesetzt wurden. Die Perspektive eines christlichen Sozialismus deutscher Nation passte nicht in den aufkommenden Ost-West-Konflikt. Solche Forderungen blieben deshalb auf der Parteiebene hngen.

  • *Adenauers Kurs der Westintegration, der regional auf das Rheinland zentriert antipreuische und antizentralistische Tendenzen in sich trug, war in der sich abzeichnenden internationalen Konstellation realistischer und erfolgverspre-chender als eine neutralistische Alternative. Die Union als fderalistisch-regionalistische brgerliche Sammlungsbewegung hatte ihre Schwerpunkte sowieso im Westen, nach dem Krieg in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, dem Sden (Bayern und Baden-Wrttemberg) und im Norden in Schleswig-Holstein. Eine gesamtdeutsche christlich-sozialistische Alternative im Sinne Kaisers rannte sowohl auen- wie innenpolitisch an die Wand. Zudem wirkte der Antikommunismus geradezu als ein ideales Bindemittel fr die zunchst nur locker organisierte Union. Auf der Bundesebene wurde die Parteiunion erst 1950 in Goslar gegrndet.

  • *Die Bundestagswahl 1957, die der CDU/CSU die absolute Mehrheit brachte, wurde allgemein als Plebiszit fr Adenauers Westpolitik verstanden. Gegenber der DDR wurde der Alleinvertretungsanspruch auenpolitisch durch die Hallstein-Doktrin abzusichern versucht. 1957 wurden die diplomatischen Beziehungen auf dieser Grundlage zu Jugoslawien abgebrochen, nachdem Tito die DDR diplomatisch anerkannt hatte. Die Hallstein-Doktrin galt praktisch bis zum Abschluss des Grundlagenvertrages mit der DDR. Whrend Adenauer angesichts der Weltlage nicht ernsthaft mit Fortschritten bei der Lsung der deutschen Frage rechnete, viele unterstellten ihm, er habe daran auch gar kein sonderliches Interesse, hatte er sich in den sechziger Jahren einem Orientierungskonflikt innerhalb seiner Union in der Ausgestaltung des Westbndnisses zu stellen. Es gab einen Atlantischen Flgel mit der Schwerpunktsetzung auf der Achse Bonn-Washington (Schrder, Carstens) und einen sogenannten Gaullistischen Flgel, der die Achse Bonn-Paris favorisierte (Adenauer, Guttenberg, Strau).

  • *Innerparteilich waren die letzten Regierungsjahre Adenauers von seinem Machtverlust geprgt. Es begann mit seinem Taktieren bei der Bundesprsidentenwahl im Jahr 1959. Ferner trugen die Berlinkrise 1961 mit dem Mauerbau, die Starfighter-Krise, die Spiegel-Affre sowie die einschrnkende Prambel zum Deutsch-Franzsischen Freundschaftsvertrag dazu bei. Die Partei demontierte ihren eigenen Kanzler, dessen gewohnt selbstherrlicher Kurs die verschiedenen Anforderungen von der Parteibasis und aus der Gesellschaft immer weniger verarbeiten und integrieren konnte. Seine Zeit war nicht nur aus Altersgrnden, sondern auch politisch abgelaufen. Sein groes Verdienst, die Westbindung, war fest etabliert, fr den nchsten Schritt deutscher Auenpolitik, nmlich eine wirkliche Ostpolitik, fehlten ihm Wille und Vorstellung. Der demokratische Normalzustand wurde dadurch fr die CDU erst hergestellt. Die Partei konnte sich von der Rolle einer reinen Hilfstruppe fr den Kanzler emanzipieren und erst jetzt die Breite des Anforderungsspektrums ihrer Mitgliedschaft reprsentieren.

  • *Die Periode der schwachen Partei unter einem starken Kanzler ging mit Adenauer zu Ende. Seine Nachfolger Erhard und Kiesinger hatten sich als ein Erbe Adenauers mit dem umgekehrten Phnomen einer starken Partei als schwache Kanzler auseinander zu setzen. Die Oppositionsfhrer an der Spitze der CDU nach 1969, Rainer Barzel und besonders Helmut Kohl, konnten ihren Einfluss wieder erhhen. Die Chance, als Vereinigungskanzler in die Geschichte einzugehen, nutzte Helmut Kohl nach anfnglichen Orientierungsproblemen, bedingt durch den berraschungseffekt des Zerfalls der DDR, souvern aus. Ihm gelang es auch, der CDU vor und nach der Vereinigung ein klares Profil als Europa- und NATO-Partei zu geben.

  • *Dokument 1 Folgende zentrale Zielsetzungen gehen aus dem "Vertrag fr eine sichere Zukunft" hervor, der auf dem 14. Parteitag der CDU in Dresden vom 2. 4. Dezember 2001 beschlossen worden ist:Oberstes Ziel unserer Auen- und Sicherheitspolitik ist es, Freiheit, Frieden und Sicherheit als Voraussetzung fr ein menschenwrdiges Leben zu bewahren. Dazu gehren der weltweite Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte, die Frderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie der wirtschaftlichen Entwicklung in allen Regionen der Welt, die berwindung sozialer Spannungen, die Beilegung religiser und ethnischer Konflikte, die Verhinderung kologischer Zerstrungen und die Bekmpfung des international operierenden Terrorismus. Quelle: Auenpolitische Ziele und Schwerpunkte der CDU, in: http://www.cdu.de/politik-a-z/aussen/kap4.htm (01.10.2003), S.1

  • *Die CSU als bayerische Schwesterpartei der CDU bildete neben ihrem regionalen auch ein partiell eigenstndiges auenpolitisches Profil aus. In der Regel agierte sie mit dem rechten Flgel der CDU. Von der Gegnerschaft zum Atomwaffensperrvertrag bis zur Position der Heimatvertriebenen gegen die Ostvertrge setzte sie unter der langjhrigen straffen Fhrung von Franz Josef Strau deutlich nationalere Akzente als die CDU. Dies galt auch weiterhin fr die CSU der neunziger Jahre, die etwa als Anwalt der vertriebenen Sudetendeutschen deren Entschdigungsforde-rungen gegenber Tschechien mehr Raum gab als die CDU.

  • *Dokument 2 Deutsche Auenpolitik muss deutsche Interessen vertreten.Nach Ansicht der CSU muss deutsche Auenpolitik allgemeinpolitische, wirtschaftliche, militrische und soziokulturelle deutsche Interessen gegenber dem internationalen Umfeld Deutschlands vertreten. Die CSU tritt dafr ein, dass folgende Leitlinien deutscher Auenpolitik unverndert bleiben:

  • *die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Vlker, die Achtung der Menschenrechte, die Untersttzung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, von wirtschaftlicher Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Verantwortung fr die Umwelt. die Einbindung Deutschlands in die Europische Union (EU), in das Nordatlantische Bndnis (NATO), in die Organisation fr Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und in den Vereinten Nationen (VN) als Grundlage fr Frieden und Sicherheit in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt, die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zu allen Nachbarstaaten Deutschlands sowie die gemeinsame Aufarbeitung des im Zusammenhang mit der Vertreibung von Millionen Deutschen aus angestammten deutschen Siedlungsgebieten begangenen Unrechts als Grundlage fr ein gedeihliches Miteinander zwischen Deutschland und seinen stlichen Nachbarn. Quelle: Deutsche Auenpolitik muss deutsche Interessen vertreten, in: http://www.csu.de/home/Display/Politik/Themen/Sicherheitspolitik/Startseite_Aussenpolitik?Thema=Sicherheitspolitik&Unterthema=Auenpolitik, (01.10.2003), S.1

  • *SPD Als die Oppositionspartei der fnfziger Jahre spielte die SPD zwangslufig ihre funktionale Rolle. Dazu trug auch die starke Parteitradition bei. Da der Oppositionsfhrer im Unterschied zum britischen Parlament in Westminster kein Amt hat, gehrt er auch nicht eindeutig zum Entscheidungssystem.Funktional stellt er als Parteichef nur Forderungen. Zum Entscheidungssystem gehrt er nur durch ein Bundestagsmandat. In der Regel war das der Fall. Damit war dann funktional gesehen eine Doppelrolle verbunden. Hier interessiert nur die erste, die Parteirolle.

  • *Die auenpolitische Konzeption der SPD-Fhrung um Kurt Schumacher hnelte anfangs der von Jakob Kaisers Idee eines unabhngigen Gesamtdeutschlands. Schumacher wollte eine "Dritte Kraft" zwischen Ost und West bilden. Die Erfahrungen der SPD mit der erzwungenen Verschmelzung von SPD und KPD zur SED im April 1946 bestrkten Schumacher in seinem harten Antikommunismus. Adenauers Westintegration geielte Schumacher in seiner bekannt gewordenen Bundestagsrede 1949 mit dem Vorwurf, er sei Kanzler der Alliierten. Der auenpolitische Sprecher der SPD, Fritz Erler, pldierte auch fr ein von den USA unabhngigeres Deutschland. Dafr steht folgendes deutliches Zitat: Deutschland muss nicht unbedingt der Revolver Amerikas an den Rippen der Sowjetunion sein.

  • *Nach der Wahlniederlage 1957 schwenkte die SPD langsam um. Die sogenannte Brgermeisterfraktion aus den stdtischen Hochburgen der SPD bereitete den Kurswechsel vor. Er erfolgte 1959 mit dem Godesberger Programm. Es dokumentierte die auen- wie die innenpolitische Wende der Sozialdemokraten. Die SPD passte sich an die realistische Linie an und stimmte der Zusammenarbeit der europischen Staaten, der Landesverteidigung und den Grundstzen der Deutschlandpolitik zu. So sah der Deutschlandplan der SPD aus dem Jahr 1959 bereits eine Lsung der Deutschen Frage im Rahmen der Vier Mchte durch eine gesamtdeutsche Kommission vor, beinhaltete aber immer noch eine neutralistische Vision.

  • *Dokument 3Aus dem Deutschlandplan der SPD vom 18. 3. 1959 ... Die SPD schlgt vor:Festlegung einer Entspannungszone, die vorerst beide Teile Deutschlands, Polen, die Tschechoslovakei und Ungarn umfat.... Die nationalen Streitkrfte besitzen keine Atom- und Wasserstoffwaffen ...Die Unverletzbarkeit der Teilnehmerstaaten in der Entspannungszone ist durch ein kollektives Sicherheitsabkommen aller interessierter Staaten, einschlielich der USA und der UdSSR, zu garantieren.Mit dem Wirksamwerden des europischen Sicherheitssystems scheiden die in der Entspannungszone gelegenen Staaten aus der NATO und aus dem Warschauer Pakt aus ...Quelle: Deutschlandplan der SPD, Kommentare, Argumente, Begrndungen, hrsg. vom Vorstand der SPD, Bonn, April 1959

  • *Nach der berflligen Anpassung an den Stand der Bundesrepublik folgte die innovative Phase der SPD-Auenpolitik ab Anfang der sechziger Jahre. Der Regierende Brgermeister von Berlin, Willy Brandt, entwickelte seinen Dritten Weg. Sein Senatssprecher von Berlin, Egon Bahr, brachte diese Politik der kleinen Schritte auf die Kurzformel Wandel durch Annherung. Diese Linie wurde Anfang der siebziger Jahre als Ostpolitik in die Praxis umgesetzt. Durch Anerkennung der Nachkriegsrealitten sollte das Verhltnis zu den osteuropischen Lndern normalisiert und mit der Sowjetunion zu einem Modus vivendi gelangt werden. Die Akzeptanz der DDR, ohne deren volle vlkerrechtliche Anerkennung, sollte der Schlssel zur neuen Ostpolitik als Ergnzung zur Westpolitik werden. Mit der Entspannung sollte die harte Linie des Ostens aufgeweicht werden. Auf der Gratwanderung zwischen entschlossener Entspannungspolitik und glaubwrdiger Sicherheitspolitik im Rahmen der NATO tat sich die SPD in der Folge hufig schwer.

  • *Die ostpolitischen Vorstellungen der SPD waren sicher nicht auf einen schnellen Weg zur Wiedervereinigung gerichtet. Fr Brandt und Bahr selbst war dieses langfristige Ziel allerdings unverzichtbar und auch notwendig. Erst auf dem linken Flgel der Partei und dann bis in die Mitte hinein bildete sich allerdings mit der Zeit auch ein Verstndnis heraus, das auf die dauerhafte Existenz eines Zwei-Staaten-Konzepts fr Deutschland hinauslief. Die Orientierungsprobleme etwa des Kanzlerkandidaten von 1990, Oskar Lafontaine, im Zuge der berraschend gekommenen deutschen Einigung unterstreichen diese Entwicklungslinie. Die SPD spiegelte damit die zunehmende Akzeptanz der Teilung in einem groen Teil der westdeutschen Bevlkerung, besonders in der jungen Generation, wider. Die Partei betrieb in den achtziger Jahren eine Art zweiter Ostpolitik gegenber und mit der SED. Auenpolitisch passte das einerseits in die Ideenwelt der wichtigsten Verbndeten der Bundesrepublik, deren politische Eliten nur noch Lippenbekenntnisse zum Wiedervereinigungsziel ablegten. Da andererseits aber darin auch gesamtdeutsche Aktivitten gesehen wurden, galten besonders Egon Bahr und Willy Brandt deshalb gerade auch in Washington immer als unsichere Kantonisten und linke deutsche Nationalisten.

  • *Nach der Vereinigung in den 90iger Jahren tat sich die SPD mit der Anpassung ihrer Positionen an eine neue adquate Rolle Deutschlands in der Welt schwer. Typisch dafr waren eine idealistische berschtzung der Mglichkeiten der Vereinten Nationen, verbreitete Skepsis gegenber der NATO und ein rhetorischer humanitrer Interventionismus an der Parteibasis und beim linken Flgel, der es der Fhrung schwer machte, bei den Verbndeten verstndliche und glaubwrdige Positionen einzunehmen. Auch das europapolitische Profil der SPD zeigte gegenber dem der CDU klare Schwchen. Die Tragfhigkeit des deutschen Wegs von Bundeskanzler Schrder muss sich erst noch erweisen. Der Antikriegskurs im Irak-Krieg 2003 war beraus populr. 2004 wurde eher wieder atlantisch und europisch zurckgerudert.

  • *Dokument 4Aus dem Zwischenbericht der Grundsatzprogrammkommission der SPD:Wegmarken fr ein neues Grundsatzprogramm Die Zukunft Deutschlands hat nur einen Namen: Europa. Die Einbindung Deutschlands in die europische Staatengemeinschaft schafft bei Deutschlands Nachbarn Vertrauen. Gemeinsam mssen sich die Staaten Europas den Anforderungen der Globalisierung stellen. Gemeinsam mssen sie ein Europa schaffen, in dem verschiedene Kulturen in Frieden zusammen leben. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Terrorismus haben in diesem Europa keinen Platz.Quelle: Zwischenbericht: Wegmarken fr ein neues Grundsatzprogramm. Sozialdemokratische Vorstellungen zur nachhaltigen Gestaltung der globalen Epoche, Grundsatzprogramm-kommission an den Parteitag der SPD in Nrnberg, 19.-22. November 2001, in: http://www.spd.de/servlet/PB/show/1010247/programmdebatte_zwischenbericht2001.pdf, 01.10.2003), S. 1

  • *FDP Die auenpolitischen Konzeptionen in der FDP lagen in den fnfziger Jahren nher bei der CDU als bei der SPD. Die Fhrungsspitze mit Thomas Dehler gehrte dem national-liberalen Flgel der Partei an, der damals nationaler war als die CDU selbst. Das Ziel der Wiedervereinigung besa in Dehlers Vorstellungen eine hhere Prioritt als bei der CDU. Er warf Adenauer vor, er habe 1952/54 die Chance der Wiedervereinigung vertan. Spter zeigte sich die FDP gegenber dem Osten aufgeschlossener und traf sich dabei konzeptionell mit der SPD unter Brandt. Konsequenterweise fhrte diese auenpolitische Gemeinsamkeit dann 1969 zur sozialliberalen Koalition. Schon der Parteivorsitzende Erich Mende hatte in den letzten Jahren der Regierung Adenauers als Gesamtdeutscher Minister technische Beziehungen mit der DDR angebahnt. Die innerparteiliche Wende in die sozialliberale Richtung fhrte Walter Scheel, der 1967 Parteivorsitzender wurde, herbei.

  • *Bei der Rckwende zur CDU Anfang der achtziger Jahre spielten auenpolitische berlegungen keine wesentliche Rolle. Der von der FDP gestellte Auenminister und Vizekanzler, Hans-Dietrich Genscher, war auch unter Helmut Kohl wie zuvor schon unter Helmut Schmidt Garant der Fortsetzung der Entspannungspolitik. Genscher war als Krnung seiner Laufbahn auch noch vergnnt, die ueren Aspekte der deutschen Vereinigung auszuhandeln. Er fhrte die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, auch wenn sich hier der Kanzler durch Direktgesprche mit Bush und Gorbatschow intensiv beteiligte. Genschers Nachfolger, sein Wunschkandidat Klaus Kinkel, wurde durch viele Wahlniederlagen und das Ausscheiden der FDP aus den meisten Landtagen mit vier Ausnahmen (Baden-Wrttemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein; Stand Oktober 1995), auch in seiner Rolle als Chef des Auenamts zusehends geschwcht. Das Auf und Ab der FDP als Konkurrent der Grnen bei der Wahrnehmung der Rolle des Mehrheitsbeschaffers ist mittlerweile wohl ein Strukturmerkmal.

  • *Dokument 5Aus dem Programm der FDP zur Bundestagswahl 2002 Liberale Auenpolitik ist werteorientierte Interessenpolitik. Deutschland muss eine aktive, verantwortungsvolle und angemessene Rolle in der Weltpolitik bernehmen; dabei muss es in seiner internationalen Verantwortung zwei Fehler vermeiden: es sollte sich nicht grer machen, als es ist, aber auch nicht kleiner. Deutschland sollte zusammen mit Partnern den Beitrag leisten, der seinem Gewicht und seinen Fhigkeiten entspricht und den auch seine Verbndeten von ihm erwarten. Die Prinzipien und Werte, die fr unsere Verfassung und unser innerstaatliches Handeln gelten, sind auch fr unsere Auen- und Sicherheitspolitik verbindlich.Quelle: Brgerprogramm 2002. Programm der F.D.P. zur Bundestagswahl 2002, in: http://www.fdp-bundesverband.de/buergerprog.php, (01.10.2003), S.78

  • *DIE GRNEN Der Aufstieg der Grnen von einer kologiebewegung zur Partei zog zwangslufig auch die Suche nach einem auenpolitischen Profil nach sich. In dieser Partei waren Anti-NATO-Aktivisten aus der Friedensbewegung und Antiimperialisten aus der Solidarittsbewegung mit der Dritten Welt ttig geworden, die bis Mitte der neunziger Jahre den Realos in der Partei um Joschka Fischer zu wenig Raum dafr lieen, Positionen zu erarbeiten, die der Rolle Deutschlands in Europa und in der Weltwirtschaft Rechnung trugen und Regierungsfhigkeit im Bund htten anzeigen knnen. Die Wahlerfolge in den Landtagen, die Beteiligung an mehreren Landesregierungen und die Schwche der FDP verbunden mit der Aussicht, deren traditionelle Rolle als Mehrheitsbeschaffer womglich auch im Bund bernehmen zu knnen, machten die Defizite grner Auenpolitik um so deutlicher. Mit der Regierungsbeteiligung und einem grnen Auenminister gelang die friedens- und menschenrechtliche Profilierung vor allem nach Innen. Nach Auen kam der Anti-Bush-Kurs im Irakkrieg dem grnen Profil entgegen. Gleichzeitig musste die Partei vielfltige Bundeswehreinstze auf dem Balkan und in Afghanistan mittragen.

  • *Dokument 6Die Zukunft ist grn. Grundsatzprogramm von BNDNIS 90/DIE GRNEN I. Grundorientierung unserer AuenpolitikBndnisgrne Auenpolitik hat sich entwickelt aus den Traditionen der Friedensbewegung, der Nord-Sd-Solidaritt und der Menschenrechtsbewegungen. In der Sptphase des Kalten Krieges wandten wir uns auf beiden Seiten der Mauer gegen die atomare Hochrstung, gegen die Militarisierung des Denkens, gegen Feindbilder und gegenseitige Verteufelung. Wir setzten uns fr umfassende Abrstung, fr inneren und ueren Frieden, fr gewaltfreie Konfliktlsungen ein. Gegen kologische Krisen, Hunger, Unterdrckung, Unterentwicklung und Verelendung der Menschen in weiten Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Asiens haben wir uns gemeinsam mit Solidarittsbewegungen engagiert. Fr die Universalitt der Geltung der Menschenrechte haben wir immer wieder unbeirrt die Stimme erhoben.Quelle: Die Zukunft ist grn. Grundsatzprogramm von BNDNIS 90/DIE GRNEN. Beschlossen auf der Bundesdelegiertenkonferenz von BNDNIS 90/DIE GRNEN am 15. - 17. Mrz 2002 in Berlin, in: http://archiv.gruene-partei.de/dokumente/grundsatz programm-bundesverband.pdf, (01.10.2003), S. 143 f.

  • *Zusammenfassend lsst sich sagen, dass die Auenpolitik fr die Regierungsparteien der Bundesrepublik mehr ein Instrument der Herrschaftssicherung und Herrschaftslegitimierung als eine Ursache von Machtverlust waren. Alle vorzeitigen Kanzlerwechsel hatten vornehmlich innenpolitische Grnde, keiner ist wegen seiner Auenpolitik zurckgetreten oder abgelst worden. Das Regierungsamt hat also in der bundesrepublikanischen Geschichte in starkem Mae zur innerparteilichen Herrschaftssicherung und Regierungslegitimation beigetragen. Das persnliche Prestige, das Kanzler wie Adenauer, Brandt, Schmidt und Kohl im Ausland besaen, trug zur Festigung ihrer Fhrungsposition in ihren Parteien bei. Gerade fr Adenauer diente die Politik der Westintegration als Instrument, seinen lockeren Haufen, die Union, zusammenzuschmieden. Auch deshalb gehren aus Grnden der Vereinfachung die Regierungsparteien funktional zum Entscheidungs-system, die Oppositionsparteien hingegen nicht. Erst Schrder gewann bei der Wahl 2002 unter den Bedingungen einer schwachen Binnenwirtschaft mit einem deutlichen Appell an einen deutschen Friedensprovinzia-lismus. Das war vornehmlich eine innenpolitische Begrndung fr eine auenpolitische Verweigerung.