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1 5. WOCHE: BEZIEHUNGEN UND BEZÜGE Nachweis von Handelsbeziehungen Um Handelsbeziehungen nachweisen zu können, sind unterschiedliche Aspekte von Bedeutung. Der Nachweis eines auswärtigen Rohstoffs, eine regional untypische Herstellungsweise oder das Aussehen eines Fundes können Aufschluss über die Herkunft einzelner Fundstücke geben. Das Spektrum an Funden, die Handelsbeziehungen nachweisen, ist weitreichend: von Münzfunden über Keramik bis hin zu Waren im Hafenbereich. Zudem wurden insbesondere Luxusgüter, beispielsweise Amphoren mit Wein, Gold und Schmuck, über weite Strecken gehandelt. Die Amphoren wiesen hierbei häufig charakteristische Stempel auf, die einen Hinweis auf die Produktionsstätte geben und somit weitere Indizien zur Herkunft gehandelter Waren bieten. Handel vor der Hansezeit: Ursprung Haithabus Haithabu gilt als erste stadtähnliche Siedlung im Norden Europas. Es wurde im Frühmittelalter aufgrund der verkehrsgünstigen Lage gegründet: Zuvor mussten Fernhändler der Nord- und Ostsee den Weg um Kap Skagen nehmen, der einerseits zeitaufwändig, andererseits gefährlich war. Von Westen her konnten die Händler von der Nordsee direkt das Flusssystem Eider und Treene bis nach Hollingstedt nutzen. Dort wurden die Waren auf Wagen verladen und den restlichen Weg nach Haithabu transportiert. Der Weg von der Ostsee war durch die Schlei für die Schifffahrt direkt bis Haithabu geöffnet Funde von Handelswaren in Haithabu Vor über tausend Jahren wurde bereits in Haithabu mit Waren aller Art gehandelt. Dazu zählten unter anderem Specksteinkessel, Eisenbarren, Schleifsteine aus dem Norden, Keramik aus dem Süden sowie Ketten aus Bergkristall, Karneol und eine große Anzahl bunter Glasperlen unterschiedlichster Machart. Darüber hinaus war Haithabu ein Ort handwerklicher Differenzierung. Unterschiedliche Funde und Befunde weisen auf recht spezialisierte Berufsgruppen wie die der Kammmacher hin. Hier finden sich unterschiedliche Produktionsstadien von Erzeugnissen, die ganze Produktionsprozesse abbilden. Handel im Ostseeraum vor der Hansezeit Bereits vor dem Niedergang Haithabus zeichnete sich eine Siedlungsverlagerung in das nördlich der Schlei gelegene Schleswig ab. Zu dieser Zeit gehörte die Stadt dem dänischen Königreich an und erlangte unter Waldemar II. eine immer größere Bedeutung auch im Ost-West-Handel des 12. Jahrhunderts.

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5. WOCHE: BEZIEHUNGEN UND BEZÜGE

Nachweis von Handelsbeziehungen

Um Handelsbeziehungen nachweisen zu können, sind unterschiedliche Aspekte von Bedeutung. Der Nachweis eines auswärtigen Rohstoffs, eine regional untypische Herstellungsweise oder das Aussehen eines Fundes können Aufschluss über die Herkunft einzelner Fundstücke geben.

Das Spektrum an Funden, die Handelsbeziehungen nachweisen, ist weitreichend: von Münzfunden über Keramik bis hin zu Waren im Hafenbereich. Zudem wurden insbesondere Luxusgüter, beispielsweise Amphoren mit Wein, Gold und Schmuck, über weite Strecken gehandelt. Die Amphoren wiesen hierbei häufig charakteristische Stempel auf, die einen Hinweis auf die Produktionsstätte geben und somit weitere Indizien zur Herkunft gehandelter Waren bieten.

Handel vor der Hansezeit: Ursprung Haithabus

Haithabu gilt als erste stadtähnliche Siedlung im Norden Europas. Es wurde im Frühmittelalter aufgrund der verkehrsgünstigen Lage gegründet: Zuvor mussten Fernhändler der Nord- und Ostsee den Weg um Kap Skagen nehmen, der einerseits zeitaufwändig, andererseits gefährlich war.

Von Westen her konnten die Händler von der Nordsee direkt das Flusssystem Eider und Treene bis nach Hollingstedt nutzen. Dort wurden die Waren auf Wagen verladen und den restlichen Weg nach Haithabu transportiert. Der Weg von der Ostsee war durch die Schlei für die Schifffahrt direkt bis Haithabu geöffnet

Funde von Handelswaren in Haithabu

Vor über tausend Jahren wurde bereits in Haithabu mit Waren aller Art gehandelt. Dazu zählten unter anderem Specksteinkessel, Eisenbarren, Schleifsteine aus dem Norden, Keramik aus dem Süden sowie Ketten aus Bergkristall, Karneol und eine große Anzahl bunter Glasperlen unterschiedlichster Machart.

Darüber hinaus war Haithabu ein Ort handwerklicher Differenzierung. Unterschiedliche Funde und Befunde weisen auf recht spezialisierte Berufsgruppen wie die der Kammmacher hin. Hier finden sich unterschiedliche Produktionsstadien von Erzeugnissen, die ganze Produktionsprozesse abbilden.

Handel im Ostseeraum vor der Hansezeit

Bereits vor dem Niedergang Haithabus zeichnete sich eine Siedlungsverlagerung in das nördlich der Schlei gelegene Schleswig ab. Zu dieser Zeit gehörte die Stadt dem dänischen Königreich an und erlangte unter Waldemar II. eine immer größere Bedeutung – auch im Ost-West-Handel des 12. Jahrhunderts.

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Die niederdeutschen Fernhändler des Ostseeraumes mussten also entweder in das dänische Schleswig, das slawische Alt-Lübeck oder in eine der pommerschen Handelssiedlungen ausweichen. Dort waren sie als Gäste jedoch höchstens geduldet.

Erst mit der Gründung des deutschrechtlichen Lübecks änderte sich die Handelssituation im Ostseeraum grundlegend. Alle seefahrenden Kaufleute, die aus den Gegenden südlich von Lübeck kamen, hatten nun einen wesentlich kürzeren Weg zur Ostsee und zudem mehr Rechte in dem eigenen Land. Die Kaufleute vom Niederrhein und von der Nordseeküste nutzten jedoch für weitere ca. 100 Jahre die bisherige Route über Schleswig. Nach dieser Zeit wurde Lübeck zur verbindlichen Umschlagstelle.

Handelsgüter zur Hansezeit

Die Hansezeit wurde durch ein Handelsdefizit des Westens gegenüber dem Osten geprägt. Den Grundprodukten und wenigen Luxusgütern des Ostens standen gewerkliche Fertigprodukte des Westens gegenüber. Dazu zählten unter anderem Tuche aus Flandern und Wolltuche aus England, aber auch fernöstliche Waren, die ihren Weg über den italienischen Handel nach Brüggen in die Ostsee fanden.

Im Laufe der Zeit wurden die grundlegenden Waren immer wichtiger, insbesondere Materialien zum Schiffbau, Flachs und Getreide. Um das Defizit auszugleichen, mussten Schiffsladungen voll Silber in den Ostseeraum gebracht werden, da die Gegenwaren nicht zum Ausgleich ausreichten.

Die Hansekontore

Als Handelskontore werden die Niederlassungen hansischer Kaufleute im Ausland bezeichnet. Das Besondere hierbei ist, dass die Kaufleute, soweit es um interne Angelegenheiten ging, ihr eigenes Recht ausüben konnten, ohne dass sie der Rechtsprechung des Gastlandes unterlagen.

Die Macht Lübecks war alleine nicht ausreichend, um sich gegen die Herrscher anderer Länder behaupten zu können.Allein die gesamte Wirtschaftskraft niederdeutscher Städte konnte entsprechend viele Waren abnehmen und liefern, so dass sie außer Konkurrenz liefen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, die Handelspartner aus dem Ausland so unter Druck zu setzen, dass sie sowohl eine exterritoriale Niederlassung im Gastland, als auch neue Rechte bekamen.

Exkurs: Lübecker Rotspon

Der von Fritz Reuter erwähnte, mittelniederdeutsche Begriff „Rotspon“ setzt sich aus den Worten „Rot“ und „Spon“ zusammen. „Rot“ weist auf einen Rotwein hin, „Spon“ ist gleichbedeutend mit Span und bedeutet, dass der Wein im Holzfass gelagert wurde.

Gemeinsam mit zwölf Weinhändlern beschloss Carl Tesdorpf, den Begriff „Lübecker Rotspon“ patentieren zu lassen. Auflagen gab es nur wenige: Der Wein musste aus Frankreich kommen, lose transportiert und in Lübeck abgefüllt werden. Einen Konsens über die Qualität gab es nicht, da die einzelnen Weinhändler unterschiedliche Ansprüche an das Produkt stellten.