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NATURWERKSTEINE AUS BADEN-WÜRTTEMBERG 609 5 Blick über die Grenzen 5 Blick über die Grenzen – Naturwerksteinvorkommen in den Nachbarländern 5.1 Vorbemerkungen Seit Jahrtausenden werden hochwertige Naturwerkstei- ne über große Distanzen gehandelt. Bei uns fingen die Rö- mer damit an, die für ihre Villen (im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg) neben verschiedenfarbigen Gestei- nen aus dem Oberrhein- und Alpengebiet auch Marmore und Vulkanite aus Griechenland, Kleinasien oder Persi- en verwendeten 1 . Der hohe wirtschaftliche Wert dieser Naturmaterialien ermöglicht sehr weite Transporte, wo- durch sie sich ganz wesentlich von den Baumassenroh- stoffen unterscheiden, die aus Kostengründen nur ge- ringe Transportdistanzen vertragen. Bei Kiesen, Sanden und gebrochenen Natursteinen, die vor allem für den Verkehrswegebau und für Baustoffe verwendet werden, betragen die wirtschaftlich vertretbaren Entfernungen heute 30–50 km, bei Zementrohstoffen 200–300 km. Die Preise für Kies- oder Natursteinkörnungen liegen meist zwischen 5 und 10 je Tonne. Naturwerkstein- Rohblöcke hingegen kosten zwischen 500 und 1300 pro Kubikmeter 2 je nach Gesteinsart, Qualität und Nach- frage. Sägeware liegt i. d. R. zwischen 1500 und 3500 pro Kubikmeter. Spitzenpreise bis 10 000 erzielen sehr hochwertige und begehrte Sorten wie der reinweiße Marmor aus Carrara 3 im toskanischen Apennin, der seit römischer Zeit in großem Umfang über und unter Tage gewonnen wird. Über die gegenwärtig importierten Ge- steine und ihre Herkunftsländer informiert der Beitrag von K.-J. STEIN (Kap. 1.3.5.3, Textkasten S. 69 ff.), über den Handelswert von Naturwerksteinblöcken gibt Kap. 3.3. Auskunft. Heute ermöglichen große Schiffsflotten mit enormem Ladevermögen und gut ausgebaute Verkehrswege Ge- steinstransporte rund um den Globus in einem noch nie zuvor erreichten Umfang. Der Fernhandel von Ge- steinsmassen wird in diesem Ausmaß wohl so lange fortgesetzt werden, wie es Treibstoffpreise, Lohnkos- ten und minimale bis fehlende Umweltschutzauflagen in den Herkunftsländern erlauben. 1 In der Antike waren Gesteinstransporte über viele Hun- dert, oft sogar über mehrere Tausend Kilometer üblich. Die Rohblöcke besonders begehrter Gesteinssorten wurden – genauso wie heute – von Lastschiffen als Beiladung aufgenommen. Auch für die römischen Villen, Bäder und Paläste im heutigen Baden-Württemberg wur- den zahlreiche Gesteinssorten für Statuen, Wand- und Bodenmosaike verwendet, die aus dem ganzen Mittel- meerraum und Kleinasien stammten. Die römischen Bauherren waren auch Meister in der Nutzung einheimi- scher Naturwerksteinvorkommen; bei den meisten der in Kap. 4 beschriebenen Naturwerksteinen waren sie die ersten, die sie für Bau- und Gestaltungszwecke aller Art erfolgreich einsetzten ( WERNER 2005: Begleitband zur Großen Landesausstellung 2005 „Imperium Romanum“ und Landesrohstoffbericht 2006 – WERNER et al. 2006, S. 40 f.). 2 1 m 3 Werkstein entspricht – je nach Gesteinsart und Porosität – zumeist 2,2–2,8 t. 3 Carrara = keltisches Wort für Steinbruch. Vor allem bei langfristig wiederkehrendem Bedarf, wie er z. B. für die Denkmalpflege typisch ist, ist es bes- ser, bewährte Naturwerksteinlagerstätten zu nutzen, die keine überlangen Transportwege erfordern und die aufgrund der geologischen, aber auch der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse langfristige Liefer- zuverlässigkeit garantieren. Die nachhaltige Nutzung heimischer Lagerstätten oder jener aus den benach- barten Ländern, über die nachfolgend berichtet wird, garantiert gleichbleibende Qualität und eine langfristig gesicherte Verfügbarkeit schon früher genutzter Ge- steine. Die in diesem Zusammenhang bedeutsamen Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit wurden in Kap. 1.3.2 erörtert. Nachfolgend sind Informationen zu wichtigen Natur- werksteinlagerstätten zusammengestellt, die in den angrenzenden Regionen der Nachbarländer Frank- reich, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern, Österreich und Schweiz gewonnen und für Bauwerke in Südwest- deutschland seit langer Zeit – oft seit vielen Hundert Jahren – in großem Umfang verwendet wurden und weiterhin werden (Abb. 5.1-1). Diese Gesteine prägen, ebenso wie die im heutigen Baden-Württemberg gele- genen Werksteinlagerstätten, das Bild unserer histori- schen und modernen Gebäude. Das vorliegende Buch wäre unvollständig, würde man diese Vorkommen unbeachtet lassen. Weil es den Rahmen des Buches aber sprengen würde, wollte man wirklich alle aus den Nachbarländern importier- ten Gesteinssorten und ihre Lagerstätten darstellen 4 , werden nachfolgend vor allem die besonders häufig genutzten Gesteine aus der näheren Umgebung von Baden-Württemberg und ihre wichtigsten Lager- stätten anhand von Beispielen betrachtet. Mit dem Odenwälder Pseudomorphosenquarz und dem Suevit aus dem Nördlinger Ries wurden zwei weniger häufig genutzte, aber besonders ungewöhnliche Werkstein- vorkommen aufgenommen, welche in unmittelbarer Grenznähe liegen. Die Kurzbeschreibung der Lagerstätten der Nachbar- länder erfolgt „im Uhrzeigersinn“, beginnend im El- sass. Folgende Naturwerksteinlagerstätten werden behandelt: Rouffacher Kalksandstein – Elsass Elsässer Sandstein in roten und gelblichweißen Varietäten – Elsass Buntsandstein aus dem Pfälzerwald in roten und gelblichweißen Varietäten – Rheinland-Pfalz Udelfanger Sandstein – Rheinland-Pfalz Odenwald-Quarz – Hessen Roter Mainsandstein – Bayern Kirchheimer Muschelkalk – Bayern Juramarmor (Dickbankkalke) und Solnhofener Plattenkalke – Bayern Suevit aus dem Nördlinger Ries – Bayern und Baden-Württemberg 4 Einen knappen Überblick ermöglicht die Monographie der Steine und Erden der Bundesrepublik Deutschland (BÖRNER et al. 2012).

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NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5 Blick über die Grenzen

5 Blick über die Grenzen – Naturwerksteinvorkommen in den Nachbarländern

5.1 Vorbemerkungen

Seit Jahrtausenden werden hochwertige Naturwerkstei-ne über große Distanzen gehandelt. Bei uns fingen die Rö-mer damit an, die für ihre Villen (im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg) neben verschiedenfarbigen Gestei-nen aus dem Oberrhein- und Alpengebiet auch Marmore und Vulkanite aus Griechenland, Kleinasien oder Persi-en verwendeten1. Der hohe wirtschaftliche Wert dieser Naturmaterialien ermöglicht sehr weite Transporte, wo-durch sie sich ganz wesentlich von den Baumassenroh-stoffen unterscheiden, die aus Kostengründen nur ge-ringe Transportdistanzen vertragen. Bei Kiesen, Sanden und gebrochenen Natursteinen, die vor allem für den Verkehrswegebau und für Baustoffe verwendet werden, betragen die wirtschaftlich vertretbaren Entfernungen heute 30–50 km, bei Zementrohstoffen 200–300 km. Die Preise für Kies- oder Natursteinkörnungen liegen meist zwischen 5 und 10 € je Tonne. Naturwerkstein-Rohblöcke hingegen kosten zwischen 500 und 1300 € pro Kubikmeter2 je nach Gesteinsart, Qualität und Nach-frage. Sägeware liegt i. d. R. zwischen 1500 und 3500 € pro Kubikmeter. Spitzenpreise bis 10 000 € erzielen sehr hochwertige und begehrte Sorten wie der reinweiße Marmor aus Carrara3 im toskanischen Apennin, der seit römischer Zeit in großem Umfang über und unter Tage gewonnen wird. Über die gegenwärtig importierten Ge-steine und ihre Herkunftsländer informiert der Beitrag von K.-J. stein (Kap. 1.3.5.3, Textkasten S. 69 ff.), über den Handelswert von Naturwerksteinblöcken gibt Kap. 3.3. Auskunft.

Heute ermöglichen große Schiffsflotten mit enormem Ladevermögen und gut ausgebaute Verkehrswege Ge-steinstransporte rund um den Globus in einem noch nie zuvor erreichten Umfang. Der Fernhandel von Ge-steinsmassen wird in diesem Ausmaß wohl so lange fortgesetzt werden, wie es Treibstoffpreise, Lohnkos-ten und minimale bis fehlende Umweltschutzauflagen in den Herkunftsländern erlauben.

1 In der Antike waren Gesteinstransporte über viele Hun-dert, oft sogar über mehrere Tausend Kilometer üblich. Die Rohblöcke besonders begehrter Gesteinssorten wurden – genauso wie heute – von Lastschiffen als Beiladung aufgenommen. Auch für die römischen Villen, Bäder und Paläste im heutigen Baden-Württemberg wur-den zahlreiche Gesteinssorten für Statuen, Wand- und Bodenmosaike verwendet, die aus dem ganzen Mittel-meerraum und Kleinasien stammten. Die römischen Bauherren waren auch Meister in der Nutzung einheimi-scher Naturwerksteinvorkommen; bei den meisten der in Kap. 4 beschriebenen Naturwerksteinen waren sie die ersten, die sie für Bau- und Gestaltungszwecke aller Art erfolgreich einsetzten (Werner 2005: Begleitband zur Großen Landesausstellung 2005 „Imperium Romanum“ und Landesrohstoffbericht 2006 – Werner et al. 2006, S. 40 f.).

2 1 m3 Werkstein entspricht – je nach Gesteinsart und Porosität – zumeist 2,2–2,8 t.

3 Carrara = keltisches Wort für Steinbruch.

Vor allem bei langfristig wiederkehrendem Bedarf, wie er z. B. für die Denkmalpflege typisch ist, ist es bes-ser, bewährte Naturwerksteinlagerstätten zu nutzen, die keine überlangen Transportwege erfordern und die aufgrund der geologischen, aber auch der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse langfristige Liefer-zuverlässigkeit garantieren. Die nachhaltige Nutzung heimischer Lagerstätten oder jener aus den benach-barten Ländern, über die nachfolgend berichtet wird, garantiert gleichbleibende Qualität und eine langfristig gesicherte Verfügbarkeit schon früher genutzter Ge-steine. Die in diesem Zusammenhang bedeutsamen Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit wurden in Kap. 1.3.2 erörtert.

Nachfolgend sind Informationen zu wichtigen Natur-werksteinlagerstätten zusammengestellt, die in den angrenzenden Regionen der Nachbarländer Frank-reich, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern, Österreich und Schweiz gewonnen und für Bauwerke in Südwest-deutschland seit langer Zeit – oft seit vielen Hundert Jahren – in großem Umfang verwendet wurden und weiterhin werden (Abb. 5.1-1). Diese Gesteine prägen, ebenso wie die im heutigen Baden-Württemberg gele-genen Werksteinlagerstätten, das Bild unserer histori-schen und modernen Gebäude.

Das vorliegende Buch wäre unvollständig, würde man diese Vorkommen unbeachtet lassen. Weil es den Rahmen des Buches aber sprengen würde, wollte man wirklich alle aus den Nachbarländern importier-ten Gesteinssorten und ihre Lagerstätten darstellen4, werden nachfolgend vor allem die besonders häufig genutzten Gesteine aus der näheren Umgebung von Baden-Württemberg und ihre wichtigsten Lager-stätten anhand von Beispielen betrachtet. Mit dem Odenwälder Pseudomorphosenquarz und dem Suevit aus dem Nördlinger Ries wurden zwei weniger häufig genutzte, aber besonders ungewöhnliche Werkstein-vorkommen aufgenommen, welche in unmittelbarer Grenznähe liegen.

Die Kurzbeschreibung der Lagerstätten der Nachbar-länder erfolgt „im Uhrzeigersinn“, beginnend im El-sass. Folgende Naturwerksteinlagerstätten werden behandelt: – Rouffacher Kalksandstein – Elsass – Elsässer Sandstein in roten und gelblichweißen

Varietäten – Elsass – Buntsandstein aus dem Pfälzerwald in roten und

gelblichweißen Varietäten – Rheinland-Pfalz – Udelfanger Sandstein – Rheinland-Pfalz – Odenwald-Quarz – Hessen – Roter Mainsandstein – Bayern – Kirchheimer Muschelkalk – Bayern – Juramarmor (Dickbankkalke) und Solnhofener

Plattenkalke – Bayern – Suevit aus dem Nördlinger Ries – Bayern und

Baden-Württemberg

4 Einen knappen Überblick ermöglicht die Monographie der Steine und Erden der Bundesrepublik Deutschland (börner et al. 2012).

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5.1 Vorbemerkung NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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– Schwarzachtobler Quarzsandstein – Österreich, Vorarlberg

– Rorschacher und Bollinger Molassesandstein – Schweiz, Kanton St. Gallen.

Alle vorgestellten Gesteine spielen auch heute für die Renovierungen denkmalgeschützter Gebäude oder für moderne Bauten und Gartenanlagen eine Rolle. Die nachfolgenden Darstellungen basieren auf Bereisun-gen in den Jahren 2008–2011 und auf aktuellen Da-ten, die von den Firmen und Staatlichen Geologischen Diensten der Länder zur Verfügung gestellt wurden.

Nachfolgend nicht beschriebene, aber auch häufig verbaute und für Renovierungen wichtige Gesteine sind z. B. der Lothringer Savonnière Kalkstein, der Obernkirchener Kreidesandstein aus den Bückeber-gen westlich von Hannover, Keupersandsteine aus dem unter- und mittelfränkischen Raum oder die, auch schon seit römischer Zeit genutzte, sehr widerstands-fähige Mayener Basaltlava aus der Eifel und ebenso der Odenwälder Granodiorit (Abb. 4.24-51).

Der Obernkirchener Kreidesandstein wurde z. B. am Hauptturm des Ulmer Münsters in der Ausbauphase von 1844–1890 gemeinsam mit Stubensandstein aus dem Gebiet um Schlaitdorf in großem Umfang ver-baut, der Savonnière Kalkstein am südlichen Chorturm dieser Kathedrale (rommel 2006, Werner & helm-rommel 2011). Die Mayener Basaltlava wird stets dort eingesetzt, wo besonders hohe Witterungsbeständig-keit gefordert wird, wie beispielsweise für die Sockel-quader großer Bauwerke (Beispiel: Erzbischöfliches Ordinariat, Freiburg).

Informationen über weitere Naturwerksteine aus an-deren deutschen Bundesländern sind im „Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine“ (grimm, Hrsg., 1990), in der Buchreihe „Bausandsteine in Deutschland“ (ehling 2010, ehling & sieDel 2011, weitere in Vorb.) und der Monographie der Steine- und Erden-Rohstoffe in der Bundesrepublik Deutschland (börner et al. 2012) zu finden. Eine knappe Übersicht über die in den Formati-onen der Trias zur Werksteingewinnung genutzten Ein-heiten geben katzschmann & lePPer (in: hauschke et al., in Vorb.) in ihrem Beitrag „Naturwerksteine der Ger-manischen Trias“. Zusätzliche Informationen bieten die Internetauftritte der Staatlichen Geologischen Dienste Deutschlands; ihre aktuellen Adressen sind im gemein-samen Geoportal http://www.infogeo.de zu finden.

Die Naturwerksteinvorkommen der Schweiz werden in „Die nutzbaren Gesteine der Schweiz“ und „Die mi-neralischen Rohstoffe der Schweiz“ dargestellt (Quer-vain 1969, Schweiz. Geotech. Komm. 1997). Die Internetseite www.pronaturstein.at der Vereinigung österreichischer Natursteinwerke liefert eine aktuelle Übersicht über die in Abbau befindlichen Naturwerk-steinsorten Österreichs. Eine – allerdings unvollstän-dige – Liste über Naturwerksteinbrüche in Frankreich bietet die Internetplattform Wikipedia5.

5 http://fr.wikipedia.org/wiki/Liste _ des _carri%C3%A8res _ de _ pierre _ en _ France (Stand: Febr. 2012)

5.2 Rouffacher Kalksandstein [Frankreich, Elsass]

– Wolfgang Werner –

Übersicht: Etwa 15 km südwestlich von Colmar, nahe der Orte Rouffach und Westhalten (Départe-ment Haut-Rhin, Arrondissement Guebwiller, Kanton Rouffach), befindet sich das Abbaugebiet eines gelb-lichbraunen Kalksandsteins, der für zahlreiche her-ausragende Bauwerke verwendet wurde. Nach dem Städtchen Rouffach, früher auch Rufach, wird dieses entlang des Vogesenrandes an mehreren Stellen ab-gebaute, tertiärzeitliche Sedimentgestein als Rouffa-cher Sandstein bezeichnet. In Rouffach selbst liefert das zwischen dem 11. und 19. Jh. erbaute Liebfrau-enmünster, die Eglise Notre Dame de L Assompti-on, ein schönes Beispiel für die Qualität dieses Werk-steins (Abb. 5.2-1 und -2). Eine neben dem Münster zur Stele aufgerichtete Gesteinsplatte mit schönen

Abb. 5.2-1: Aus Rouffacher Kalksandstein im Zeitraum 11. bis 19. Jh. errichtetes Liebfrauenmünster in Rouffach, Département Haut Rhin.

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Rippelmarken veranschaulicht, wie dieses viel ver-wendete Bau- und Bildhauermaterial entstanden ist (Abb. 5.2-3). Der Rouffacher ist dem Pfaffenweiler Kalksandstein in geologischem Alter, Entstehung und Aussehen sehr ähnlich (Kap. 4.17). Beim Rouffacher Kalksandstein handelt sich um einen mittel- bis grob-körnigen, quarzsandführenden Kalkarenit, der aber im Unterschied zum Kalksandstein aus Pfaffenweiler auch bankweise gut gerundete Quarzgerölle führt; vor allem im mittleren Teil des Profils treten geröllreiche Kalkarenite auf (Abb. 5.2-5 und -6).

Entstehung: Die genutzte Gesamtmächtigkeit betrug am Strangenberg bei Rouffach 20–25 m. Von der Schichtenfolge sind heute in den Zufahrtswegen und dem westlichen Steinbruchrand noch etwa 12 m zu-gänglich (Abb. 5.2-4 und -6). Die sedimentologischen Aufnahmen von Duringer (1995) zeigen, dass die im Steinbruch aufgeschlossenen Gesteine auf sandige Ablagerungen in einem Flusssystem zurückgehen, welche sich in Form von Deltafächern in einen großen See ergossen. Im Gezeitenbereich entstanden auf den Sandfächern zahlreiche Algenmatten.

Abb. 5.2-2: Kalksandstein im Mauerwerk des Rouffacher Münsters in leicht unterschiedlichen Varietäten; gut erkenn-bar sind Schalenreste und grobkörniger Kalkdetritus (Bild-breite ca. 60 cm).

Abb. 5.2-3: Zur Stele aufgerichtete Kalksandsteinplatte auf dem Rouffacher Marktplatz mit gut erhaltenen Oszillations-rippeln.

Abb. 5.2-4: Steinbruch am Strangenberg zwischen Westhalden und Rouffach (2012): (A) Blick auf das renaturierte Gelände mit der Westwand. (B) Ausschnitt der Westwand mit 1,2 m mächtiger Werksteinbank und überlagernden Plattenkalken. Aus diesem Steinbruch stammen die von der Fa. Scherberich 1999 gewonnenen Kalksandsteine für Renovierungsarbeiten in Thann und Straßbourg.

(a) (b)

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Abb. 5.2-5: Konglomeratischer Kalksandsteinblock im Stbr. am Strangenberg; Größe der Quarzgerölle 0,5–1 cm.

Abb. 5.2-6: Geologisches Säulenprofil für die Schichtenfol-ge im Steinbruch am Strangenberg nach Aufschlussarbeiten im Jahr 1999 (nach: durinGer & rouSSe 2004).

Die häufig anzutreffenden Oszillationsrippeln (Abb. 5.2-3) gehen vornehmlich auf Sturmereignisse zurück, bei de-nen auch Pflanzenreste und Tongerölle verdriftet wur-den. Wie in Pfaffenweiler ist dieser alttertiäre Kalksand-stein vor allem durch Abtragung des Hauptrogensteins (Braunjura) entstanden, dessen zum Oberrheingraben hin einfallenden Schichten er aufliegt. Gleichermaßen besteht er aus einer groben, konglomeratischen und ei-ner feinkörnigen Varietät, die von den Steinhauern als „wilder“ und „milder“ Stein bezeichnet wurden.

Gewinnung: Der Rouffacher Kalksandstein wurde vor allem am Bollenberg und Strangenberg bei Westhalten in mehreren Steinbrüchen abgebaut1, von denen einer noch gut zugänglich ist (Abb. 5.2-4). Die benachbar-ten Brüche mit ihren großen Abraumhalden sind z. T. verfüllt, andere so stark verwachsen oder verbrochen, dass die einstigen Abbaubereiche kaum mehr zu erken-nen sind.

Schon die Römer sollen hier beim Ort Rubeaquum Steinbrüche betrieben haben (Duringer 1995). Spä-testens im 11. Jh. waren die Brüche am Strangenberg

1 TK 25 Colmar, série bleue Nr. 3719 ouest; Koordinaten: x = 968,75, y = 2340,75; Geologische Karte 1 : 50 000 Nr. 378 Neuf-Brisach, Nr. 379 Obersaasheim (BRGM 1978)

Abb. 5.2-7: Madonnenstatue aus Kalksandstein am Militär-friedhof bei der Kirche St. Croix, Kaysersberg, Elsass. Durch die beginnende Rückwitterung werden die klastischen Kom-ponenten sichtbar.

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in vollem Betrieb, da sowohl viel haltbares Bau- als auch hochwertiges Bildhauermaterial für das Liebfrau-enmünster in Rouffach benötigt wurde. Nach Aus-kunft Einheimischer wurden am Strangenberg dann fast durchgehend bis ins frühe 19. Jh. Kalksandsteine gebrochen. In sebastian münsters „Cosmographia“ von 1553 wird südwestlich der Stadt Rufach ein Stein-bruch mit einem großen Werk- oder Verwaltungsge-bäude dargestellt, was wohl als Symbol wirtschaftli-cher Bedeutung zu werten ist.

Als der billigere rote Elsässer Buntsandstein aus dem Ort Phalsbourg (Pfalsburg), westlich von Straßburg, in großen Mengen verfügbar wurde, gingen die Stein-brüche im Kalksandsteinvorkommen bei Rouffach langsam ein. Im Jahr 1903 wurde der Bruch auf dem Bergrücken des Strangenbergs aber wiedereröffnet, da große Mengen von Werksteinen für die Heil- und Pflegeanstalt und die Landwirtschaftsschule in Rouf-fach benötigt wurden. Um 1999 wurde dann der letz-te Bruch vorrangig wegen Nutzungskonflikten mit dem Naturschutz stillgelegt. Über 30 Jahre lang hatte die Fa. L. Scherberich, heute im Industriegebiet von Colmar ansässig, den Bruch betrieben.

Der Bruch liegt heute in einem NATURA 2000-Gebiet. Nach Auskunft der Stadtverwaltung Rouffach, die zu-

gleich Verwaltungssitz des Kantons ist, ist deshalb eine Wiederaufnahme des Abbaus derzeit nur im Zusam-menhang mit Denkmalschutzmaßnahmen denkbar.

Verwendung: Aus dem Kalksandstein vom Typus Rouffach wurden große Teile des Straßburger und des Thanner Münsters (Unterelsass) errichtet, daneben viele andere Kirchen und große Repräsentativbauten, zahlreiche Portale und Statuen (Abb. 5.2-7 und -8). Wie auf der deutschen Rheinseite wurden tertiärzeit-liche Kalksandsteine oft und gerne zur Gestaltung fili-graner Kunstwerke genutzt. Ein beeindruckendes Bei-spiel für die Eignung als haltbarer Bildhauerstein sind die über 500 Figuren, die die Fassade des Münsters in Thann schmücken (Abb. 5.2-9). Viele Dorfkirchen, Figuren und Brunnen in den malerischen Orten des El-sass wurden ebenfalls aus dem gut zu bearbeitenden, an der Luft rasch aushärtenden Kalksandstein gefer-tigt, der viele Jahrhunderte überdauert.

Ob der berühmte Lettner im Breisacher Münster (Abb. 5.2-10) aus Kalksandstein von Pfaffenweiler oder aus dem von Rouffach erstellt wurde, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die im Mauerwerk der Basilika erhaltenen Quader mit den für das Rouffacher Vorkommen charakteristischen Milchquarzgeröllen (Abb. 5.2-11) sprechen dafür, dass Kalksandstein aus

Abb. 5.2-8: Westportal des Straßburger Münsters – heraus-ragendes Beispiel gotischer Baukunst; besonders für filigrane Bildhauerarbeiten wurde Rouffacher Kalksandstein verwen-det. Die roten Buntsandsteinquader sollen vor allem aus dem westlich von Straßburg gelegenen Marlenheim stammen.

Ab. 5.2-9: Thanner Münster, im 14. Jahrhundert erstelltes figurengeschmücktes Westportal.

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dem Elsass über den Wasserweg nach Breisach ge-liefert wurde. Auch aus dem bauhistorischen Zusam-menhang heraus ist dies recht wahrscheinlich: Erst 2010 ist erkannt worden, dass das Thanner Münster, die Westfassade des Straßburger Münsters und der Breisacher Münsterchor in der zweiten Hälfte des 14. Jh. von demselben Baumeister geplant wurden: erWin von steinbach (Münsterbauverein Breisach 2010). Auch den Freiburger Münsterturm hat er wohl entworfen.

Mangels Verfügbarkeit von frischem Pfaffenweiler Kalksandstein wird der Rouffacher auch auf der deut-schen Rheinseite verwendet; selbst in Pfaffenweiler werden Grabsteine und Bauelemente aus dem Rouf-facher gefertigt, wenn den deutschen Steinmetzfir-men keine Blöcke aus Material von alten Bauwerken aus dem Markgräflerland zur Verfügung stehen. Al-lerdings ist auch der Rouffacher Kalksandstein nur

in geringen Mengen im freien Handel verfügbar, da die Steinbrüche bei Rouffach ebenfalls, wie eingangs dargelegt, stillgelegt und die meisten Blöcke für Re-novierungsarbeiten an Bauwerken wie dem Straß-burger Münster reserviert sind.

Bezugsmöglichkeiten: Geringe Mengen können ggf. von der Fa. L. Scherberich S. A., 62, Rue du Ladhof, 68000 Colmar (Tél. 03 89 20 81 10) bezogen wer-den. Diese Firma führt seit vielen Jahren Renovie-rungsarbeiten am Straßburger Münster, der Stiftskir-che Saint-Thiébaut de Thann (Thanner Münster) und dem Tempel Saint-Mathieu in Colmar unter Verwen-dung von heimischem Sandstein aus den Vogesen und aus Rouffach durch. Die Fa. Scherberich greift derzeit noch auf Material zurück, das sie am Strangenberg ab-gebaut hat. Der Kubikmeterpreis (sechsseitig gesägt) lag 2011 bei 2500 €, auch für Rohblöcke betrugen die Preise nur selten weniger als 1800 €.

Abb. 5.2-11: Mauerquader aus konglomeratischem Kalk-sandstein, Breisacher Münster, Westwerk aus dem 14. Jh. Die zahlreichen Milchquarzgerölle machen wahrscheinlich, dass der hier verbaute Kalksandstein aus dem Gebiet um Rouffach stammt und wie der Degerfelder Buntsandstein mit Schiffen antransportiert wurde.

Abb. 5.2-10: Lettner aus Kalksandstein im Breisacher Müns-ter von 1497 (Münsterpfarrei 2005). Es ist nicht geklärt, woher der hierfür verwendete Kalksandstein stammt – ob aus dem Gebiet um Pfaffenweiler oder aus Rouffach. Die Quader im Mauerwerk, die eindeutig aus Rouffach stam-men, sprechen für den letztgenannten Herkunftsort.

Kurzfassung: Der Rouffacher Sandstein ist ein gelblicher Kalksandstein tertiärzeitlichen Alters, der sowohl als langfristig stabiler Baustein als auch als hervorragender Bildhauerstein im ganzen Elsass seit dem Hochmittelalter verwendet wurde. Er ist mit dem Pfaffenweiler Sandstein des Mark-gräflerlands geologisch und lithologisch verwandt (Kap. 4.17). Der Abbauschwerpunkt lag bei Rouf-fach und Westhalten (Département Haut-Rhin). Durch Renovierungsarbeiten an herausragenden Bauwerken wurde ein Stbr. am Strangenberg re-aktiviert. Wichtige Bauwerke: Liebfrauenmüns-ter in Rouffach, Thanner Münster, Straßburger Münster, vermutlich auch: Lettner im Breisacher Münster.

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein)NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein) [Frankreich, Elsass]

– Wolgang Werner –

Übersicht: Der noch in einer Reihe von Steinbrüchen in Abbau befindliche Elsässer oder Vogesen-Sand-stein1 ist an Bauwerken des Oberrheins besonders häufig zu finden. Auf den mächtigen Schichtpake-ten des Elsässer Sandsteins (Abb. 5.3-1) thronen entlang der Vogesen-Vorberge zahlreiche Burgen. Erdgeschichtlich wird der Elsässer Sandstein dem Mittleren Buntsandstein zugeordnet (Diagramm der Abb. 5.4-2). Neben dem weit verbreiteten, kräftig roten Sandstein treten auch hellgelbliche und rot/gelb gebänderte Varietäten auf. Besonders bekannt für seine weißlichgelben Sandsteine ist das alte Ab-baugebiet von Wissembourg bzw. Weißenburg an der Grenze zu Rheinland-Pfalz, südlich von Bad Berg-zabern (Abb. 5.3-10). Bedeutende Gewinnungsstellen für den roten Elsässer bzw. Vogesen-Sandstein lie-gen bei Rothbach und Adamswiller. Nachfolgend sol-len drei typische Abbaugebiete vorgestellt werden: (1) Rothbach, (2) Adamswiller und (3) Steinseltz bei Wissembourg.

Exkurs: Ein weiterer, für Baden-Württemberg histo-risch wichtiger Naturwerkstein aus dem Elsass ist der goldgelbe Pierre de Jaumont. Dieser Kalkstein wird im Département Moselle bei F-57361 Malan-court-la-Montagne nordwestlich von Metz abge-baut; berühmtestes architektonisches Beispiel ist die Kathedrale von Metz. Er ist lithologisch und geo-logisch mit dem Hauptrogenstein des Markgräfler-lands verwandt und wird deshalb in Kap. 4.10 kurz beschrieben.

(1) Rothbach

Die 1,5 km nordwestlich von Rothbach bei Haguenau betriebenen Steinbrüche im Rothbacher Sandstein bzw. im Grès de Rothbach gehören zu den größten traditionellen Abbaustellen von rotem Buntsandstein des Oberrheingebietes (Abb. 5.3-2 und -3). Dieser überwiegend rote Sandstein wird von der Industrie oft auch „Vogesensandstein aus Rothbach“ oder als „roter Vogesensandstein“ bezeichnet. Stratigraphisch wird er in die Einheit Grès Vosgien supérieur, den oberen Vogesen-Sandstein (Mittlerer Buntsandstein), eingestuft. Der nachfolgend beispielhaft beschriebe-ne Steinbruch der Fa. Loegel wurde im frühen 19. Jh. zur Gewinnung von Mauersteinen angelegt. Anfang des 20. Jh. kam die Produktion von Schleifsteinen für die Industrie als wichtiger Produktionszweig hinzu. Nach dem zweiten Weltkrieg lag der Bruch zunächst still, bis charles loegel ihn 1964 wieder in Betrieb nahm. Im Jahr 1975 wurde die Gesellschaft Carrière

1 Durch stratigraphische Kommissionen wurde der Begriff auch auf die gleich alten Schichten in Baden-Württem-berg übertragen; im Kontext dieses Buches sind damit aber ausschließlich die Sandsteine des Buntsandsteins der Vogesen und nicht des Schwarzwalds oder des Odenwalds gemeint.

de Roth bach gegründet. Die Eigentümerfamilie loegel beschäftigt etwa 25 Angestellte im Steinbruch und im zugehörigen Werk.

Gesteinsbeschreibung: Beim Rothbacher Sandstein handelt es sich um einen mittel- bis grobkörnigen, z. T. auch fein- bis mittelkörnigen, hellroten bis bräunlichro-ten Sandstein. Das Gestein zeigt oft nur undeutliche Schichtung oder wirkt aufgrund der gleichmäßigen Verteilung der Eisenoxide/-hydroxide fast ungeschich-tet; gelblich braune Flecken und eine schichtungspar-allele Farbstreifung sind aber nicht selten (Abb. 5.3-2). Quarzgerölle sind sporadisch eingestreut, dunkelrote Tonsteinklasten relativ selten, in einigen Abschnitten aber schichtig angereichert. Schrägschichtung ist häu-fig. Auffälligerweise sind die gelblich-bräunlichen Lagen meist feinkörnig und weisen im Vergleich zum umge-benden Stein geringere Porositäten auf. Im Wechsel von fein- zu grobkörnigen Lagen (verbunden mit starken Porositätswechseln) können nach der Gewinnung Ab-lösungsfugen entstehen. Das Gestein ist dem in Lahr-Kuhbach gewonnenen Sandstein (Kap. 4.5.3.7) farblich ähnlich, jedoch ist die dunkelbraune Sprenkelung durch Manganoxide (Wad) im Werksteinlager, das aktuell in Rothbach genutzt wird, seltener zu beobachten.

Abb. 5.3-1: Château du Haut-Koenigsbourg (Hohkönigs-burg), eine ursprünglich aus dem 12. Jh. stammende und zu Beginn des 20. Jahrhunderts rekonstruierte Burg bei Or-schwiller im Elsass (Département Bas-Rhin), errichtet aus rotem Elsässer Sandstein auf den Felsen des Mittleren Bunt-sandsteins, aus denen auch das Baumaterial stammt.

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein) NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Abb. 5.3-2: Elsässer Sandstein, in der Natursteinindustrie auch als Vogesen-Sandstein bezeichnet, aus einem Stein-bruch bei Rothbach (daher auch: „Rothbacher Sandstein“) in drei Varietäten: (A) Kräftig rote, monotone, fein- und mit-telkörnige Lagen im Wechsel mit feinstreifigen, wechselnd rot und beige gefärbtem Sandstein, (B) schräg geschichte-ter, dunkelroter Sandstein mit breiteren gebleichten Lagen, (C) gefleckte Varietät, Platte in der Schichtung gesägt.

Der Rothbacher Sandstein besteht vornehmlich aus Quarzkörnern (62–76 Vol.-%). Nebengemengteile sind nach einer Analyse von F. häfner (LGB Mainz) an ei-nem feinkörnigen Sandstein ca. 10 % Feldspat, ca. 5 % kleine Gesteinsbruchstücke und etwa 7 % Tonmi-nerale. Die farbgebenden Eisenoxide und -hydroxide treten an den Korngrenzen oder in kleinen Erzkörnchen auf. Die Quarzkörner sind teilweise verzahnt oder mit Quarzanwachssäumen verkittet. Die Kornbindung ist überwiegend tonig-hämatitisch und nur schwach kie-selig, was die Gewinnungsmethode mit dem Hoch-druckwasserstrahl (mit 1100 bar Druck) erlaubt. Der offene Porenraum beträgt im fein- bis mittelkörnigen Sandstein (Korngrößen von 0,07–0,5 mm, im Mittel 0,2 mm) etwa 11 %, im mittel- bis grobkörnigen Sand-stein 16–17 %.

Technische Eigenschaften:(1) Nach Angaben der Firma Loegel aus Rothbach:Rohdichte: 2,16–2,24 g/ cm3; Porosität: 11–17 %, Mittel-wert 14 %; Druckfestigkeit: 64–67 MPa; Biegezugfestig-keit: 9,3–10,5 MPa. Der genutzte Rothbacher Sandstein ist frostsicher im Frost-/Tauwechselversuch (mit 240 Zyklen). Wegen des Fehlens von karbonatischem Bindemittel ist der Sandstein säurebeständig (keine Änderung nach 28 Tagen Versuchsdauer). Bei der Messung der Schallgeschwindig-keit wurden Werte von 2700–3000 m/s ermittelt. (2) Die Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck wurde im LGRB-Labor mit 4,75 M.-% bestimmt.

Gewinnung: Der Abbau erfolgt mit Hochdruckwasser-strahl-Systemen, Schwertsägen, Baggern, Radladern und Dumpern. Die 8–10 m mächtige Nutzschicht wird in vertikaler Richtung mittels Schrämsäge und für ho-rizontale Schnitte mittels Hochdruckwasserstrahl in gleichmäßige Quader zerteilt (Abb. 5.3-3). Die obers-te Blockreihe wird danach durch senkrechte Loch-an-Loch-Bohrungen zum Abbau vorbereitet. Nach dem Lösen des obersten Blocks aus dem Schichtverband mittels Bagger werden durch das Gewicht des absa-ckenden Blocks die darunter folgenden 9 bis 10 Blö-cke von der Wand gelöst.

Im aktuellen Abbau wird das Werksteinlager bereits von 25–30 m mächtigen nicht oder nur teilweise ver-wertbaren, relativ lockeren, z. T. stark tonigen Sand-steinschichten überlagert; da die Abraummächtigkeit in Erweiterungsrichtung ansteigt, begann die Firma 2009 mit der Anlage von untertägigen Abbaukam-mern (Abb. 5.3-4). Nach Firmenunterlagen müssen derzeit zur Gewinnung von 4000 m3 Werksteinblö-cken etwa 30000 m3 Abraummaterial bewegt werden. Beim Sandsteinabbau unter Tage hingegen brauchen keine Abraumschichten entfernt werden, jedoch ist aus Gründen der Standsicherheit das Ausbringen aus dem Werksteinlager auf etwa 50–60 % der bisherigen Menge beschränkt. Jährlich werden zwischen 7000 und 9000 m3 aus dem sehr gleichmäßigen Werkstein-lager gelöst (Abb. 5.3-3 und -4), wovon beachtliche 5000 bis 6000 m3 zur Weiterverarbeitung verwertet werden können. Rund die Hälfte der Produktionsmen-ge geht in den Export vor allem nach Deutschland, Luxemburg, Belgien und in die Schweiz.

Verwendung: Häufig nachgefragte Produkte aus Rothbacher Vogesen-Sandstein sind bruchraue, ge-spaltene, bossierte oder gesägte Schichtensteine

(a)

(b)

(c)

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein)NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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für den Mauerbau bzw. die Verblendung von Mauern (Abb. 5.3-7), Tranchen bis 2,75 x 1,75 m, Boden-, Abdeck- und Fassadenplatten, Blockstufen, Pfeiler, Fensterbänke, Türen- und Fensterumrahmungen, Ka-mine, Wasser- und Blumentröge, Brunnen und Grab-steine sowie Rohblöcke in zwei Qualitätsklassen. Be-sonders gefragt sind aktuell gesägte Quader (bis 0,5 x 0,5 x 1,15 m) für Schwergewichtstrockenmauern, die an der Ober- und Unterseite gesägt sind. Wich-tigstes beliefertes Renovierungsprojekt war lange Jahre das Straßburger Münster. Große Bauprojekte in Baden-Württemberg, die mit Vogesen-Sandstein aus Rothbach realisiert wurden, sind z. B. das Be-rufsförderungswerk in Heidelberg, das Stadttheater und die Fachhochschule in Pforzheim, die Papierma-cherschule in Gernsbach und das Hotel Grundig in Bühlerhöhe. Das Kloster in Hornbach und das Zeug-haus in Germersheim wurden mit diesem Sandstein restauriert.

(2) Adamswiller

Ein weiteres wichtiges Abbaugebiet von rotem Voge-sen-Sandstein liegt bei Adamswiller, einem kleinen Ort nahe Drulingen, etwa auf halber Strecke zwi-schen Straßburg und Saarbrücken. Brüche und Werke werden von der G. R. Rauscher SA, 3 rue de la gare, F-67320 Adamsviller betrieben (www.rauscher.fr), die außer bei Adamswiller, Lohr und Volksberg auch Brüche im Buntsandstein bei Rothbach und Steinseltz betreibt. Die Angebotspalette entspricht weitgehend jener der Fa. Loegel aus dem zuvor beschriebenen Stbr. Rothbach. Es handelt sich um einen hellroten bis bräunlich-roten Fein- bis Mittelsandstein mit der han-

delsüblichen Bezeichnung „Roter Vogesen-Buntsand-stein“, „Grauroter Vogesen-Sandstein“ oder „Fester Elsässer Sandstein“. Es gibt einheitlich rote und rot ge-flammte, gelblichbraune, graurote und grünlichgraue Varietäten.

Technische Eigenschaften (Angaben aus: http://www.rauscher.fr, Stand: 2010): Rohdichte: 2,05 g/cm3; Po-rosität: 18–23 Vol.-%; Wasseraufnahmekoeffizient: 0,63; Druckfestigkeit: 45–65 MPa; Schallgeschwindig-keit: 2155 m/s; Abriebfestigkeit: 35–45 mm; Frostemp-findlichkeit: bei > 240 Zyklen stabil.

Abb. 5.3-3: Buntsandsteinbruch der Fa. Loegel bei Rothbach (Département Bas-Rhin). Gleichmäßig geschichtete Pakete des tonig gebundenen Sandsteins können mittels Hochdruckwasserstrahl-Verfahren gewonnen werden. Abgebaut wird derzeit eine ca. 10 m mächtige, in Körnung und Bindemittel sehr gleichmäßige Schicht, die von 25–30 m mächtigen, stärker tonigen und daher nicht verwendbaren Sandsteinen überlagert wird (Aufnahme 2010).

Abb. 5.3-4: Abbau im Rothbacher Sandstein. Wegen der zu-nehmenden Überlagerungsmächtigkeiten wird der Übergang in den untertägigen Abbau erwogen (Foto 2010).

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein) NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Exkurs: Zwei Beispiele für die Verwendung des Elsäs-ser Sandsteins in Baden-Württemberg:

(A) In Karlsruhe wurde die überwiegende Zahl der historischen Gebäude vor allem im 19. und 20. Jh. aus gelblichweißen und oft hell gefleckten, mittelro-ten Sandsteinen des Buntsandsteins aus dem Elsass und dem Pfälzerwald erbaut. Ein schönes Beispiel bietet die mächtige Kirche St. Bernhard an der Dur-lacher Allee, die im Zeitraum 1895–1901 im neugo-tischen Stil errichtet wurde (Abb. 5.4-6). Über ei-nem Sockel aus Granit erhebt sich ein 80 m langes Kirchenschiff mit einem 80 m hohen Westturm. Die Kirche wurde sowohl aus Weidenthäler Sandstein aus den etwa 16 m hohen Brüchen der Pfälzer Eisen-bahn bei Weidenthal (ca 15 km NW von Neustadt a. d. Weinstraße) als auch aus Pfalzburger Vogesen-Sandstein (Phalsbourg, Bezirk Lothringen) errichtet; für die Kreuzblume wurde Mainsandstein verwendet (behrens 2006). Bei den Sanierungsarbeiten 2006–2010 (Kostenumfang 4,7 Mio. €) stellte sich heraus, dass besonders der Elsässer Vogesen-Sandstein aufgrund seiner hohen Wasseraufnahme und lagiger Tonmineralanreicherungen starke Schäden aufwies. Für die Austauschmaßnahmen wurde Schweinstäler

Sandstein aus dem südlichen Pfälzerwald (Kap. 5.4) und Adamswiller Sandstein (s. o.) verwendet. Auch wenn man mit geringer Witterungsbeständigkeit des roten Sandsteins aus Adamswiller rechnet (behrens 2006), so wurde aus denkmalpflegerischen Über-legungen doch jeweils auf die dem Originalmaterial ähnlichsten Gesteine gesetzt. Die reichliche Verfüg-barkeit des vergleichsweise billigeren Vogesen-Sand-steins ist auch heute noch ein wichtiger Faktor da-für, dass der Schwarzwälder Buntsandstein, z. B. aus Lahr-Kuhbach, seltener bei Bau- oder Sanierungskos-ten zum Zuge kommt, wie die in Kap. 4.5.3 genann-ten Firmen übereinstimmend berichten.

(B) In Neustadt im Schwarzwald, heute Teil von Titisee-Neustadt (Landkreis Breisgau-Hochschwarz-wald), steht das bekannte Münster St. Jakobus, das innerhalb von wenigen Jahren, nämlich von 1897 bis 1901 aus Buntsandstein erbaut wurde. Es handelt sich um eine der am meisten beachteten Kirchenbau-ten dieser Zeit in Südwestdeutschland. Planung und Bauleitung oblagen dem Erzbischöflichen Bauamt in Freiburg. Die Steine für die Architekturteile wurden zum größten Teil aus dem im Zeitraum 1871–1918 zum deutschen Reich gehörigen Elsass auf dem

Abb. 5.3-5: Mächtiger Bündelpfeiler aus wechselnd rotem und gelblichem Elsässer Sandstein im Straßburger Münster.

Abb. 5.3-6: Im 18. Jh. errichtete Festungsanlage von Neuf-Brisach, Department Haut-Rhin. Torgebäude und Festungs-mauer sind aus rotem Elsässer Sandstein, Schmuckelemen-te aus Rouffacher Sandstein (Kap. 5.2).

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein)NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Schienenweg angeliefert, da die heimischen Stein-brüche – wohl vor allem aus lagerstättengeologi-schen Gründen – in so kurzer Bauzeit nicht genügend Baumaterial liefern konnten. Buntsandstein aus den Brüchen bei Neustadt wurde noch bis zur Brüstung, für die Pfeilermauersteine und auch als Füllsteine des Mauerwerks verwendet2.

Die Kapazität der Schwarzwälder Steinbrüche bei Friedenweiler, Röthenbach und Oberbränd, 6–8 km östlich bzw. nordöstlich von Neustadt, reichte für das ehrgeizige Projekt nicht aus. Die Beschreibungen zur geologischen Karte machen außerdem deutlich, dass es sich in diesem Gebiet um geringmächtige und stark wechselhafte Buntsandsteinvorkommen handelt. Der Oberbränder Mühlsteinbruch baute auf eine nur 3 m mächtige Werksteinzone mit drei je 0,6–0,8 m dicken Bausteinbänken aus mangan-schüssigen, violettgestreiften Mittelsandsteinen und einer darunter folgenden 1,75 m mächtigen „Mühl-steinbank“ aus hellrötlich-weißlichem, kieselig ge-bundenem Grobsandstein mit kleinen Geröllen, das schalch (1903) zum Hauptkonglomerat zählt. Die Steinbrüche bei Röthenbach und Friedenweiler liegen in einer max. 10 m mächtigen Folge von fein- bis mit-telkörnigen, hellrötlichen Sandsteinen des Mittleren Buntsandsteins. Wegen des Mangels an mächtigeren Buntsandsteinvorkommen, so wie sie aus dem Nord-schwarzwald oder den Lahr-Emmendinger Vorbergen bekannt sind (Kap. 4.5), hat man schon im Mittelalter regelmäßig auf die im Hangschutt reichlich vorhan-denen Buntsandsteinblöcke zurückgegriffen, wie das Scheibenkreuz von Rudenberg (bei Titisee-Neustadt) exemplarisch belegt.

Nach Mitteilung von E. schnell (Fridingen a. d. D.) konkurrierten nach seinen Aktenrecherchen im Neu-städter Kirchenarchiv Unternehmer aus mehreren Abbaugebieten um den Großauftrag am Neustädter Münster, nämlich Firmen aus dem Maintal, dem Schilf-

2 Mitteilung von eDuarD schnell, Steinmetz- und Bildhau-erwerkstatt, Fridingen a. d. Donau

sandsteingebiet nördlich von Pforzheim (vermutlich aus Maulbronn) und aus dem Elsass. Ein General-unternehmer aus Bad Godesberg mit Niederlassung in Straßburg lieferte schließlich einen konkurrenzlos billigen Stein aus dem Elsass, wo zahlreiche große Buntsandsteinbrüche in Abbau standen. schnell ver-mutet, dass die meisten Steine aus den Brüchen bei Drullingen oder Lohr stammten, die Steine für die Kir-che in Bühl-Vimbuch aus einem Bruch bei Bust. Die hellgrauen Feinsandsteine, die im Neustädter Münster für Taufbecken, Kanzel und Seitenaltäre verwendet wurden, stammen nach seinen Aussagen wahrschein-lich auch aus Bust (ggf. Steinbruch Schneider), Weis-lingen oder Waldhambach im Elsass.

Die in den Jahren 2004–2008 zur Restaurierung des St. Jakobus Münsters benötigten Blöcke wurden, um möglichst dem Originalmaterial ähnliches Gestein zu verwenden, ebenfalls aus dem Elsass beschafft. Die Fa. Schnell konnte Blöcke aus einem Buntsandsteinbruch der Fa. Metzger bei F-57565 Brouderdorff, SE von Sar-rebourg (Region Lothringen), besorgen. Originalgestei-ne vom Münster und die Sandsteine aus Brouderdorff wurden petrographischen Vergleichs- und Qualitätsun-tersuchungen unterzogen. Der nach 2004 eingebaute Sandstein aus Brouderdorff besteht demnach aus etwa 50 % Quarz, 13 % Feldspat, 6,5 % Gesteinsbruchstü-cken, 2,6 % Tonmineralen/Glimmern, 7 % Quarzze-ment und beachtlichen 7,9 % Hämatit; die Porosität beträgt fast 8 % (Mitt. e. schnell, 21.10.2009). Es handelt sich also um einen silikatisch und ferritisch ge-bundenen, feldspatreichen Quarzsandstein.

(3) Steinseltz bei Wissembourg [Weißenburg an der Lauter]

Westlich von Wissembourg im Nordelsass (Départe-ment Bas-Rhin) befindet sich das Abbaugebiet des bekannten Weißenburger Sandsteins bzw. Grès de Wis sembourg (Abb. 5.3-8 bis -10). Es handelt sich um einen weißlichgelben, bräunlichgelben, blass-orangegelben bis graugelben, mittelkörnigen und feldspatführenden Sandstein mit überwiegend kiese-liger Bindung. Braune Limonitbänder und „Wolken“

Abb. 5.3-7: Trockenmauer am Fuß des Freiburger Loretto-bergs, 2008 errichtet aus Elsässer Buntsandstein. Der Lo-rettoberg war früher selbst ein bedeutender Abbauort von Buntsandstein (Kap. 4.5.3.9).

Abb. 5.3-8: Sandsteinbruch der Fa. Rauscher bei Steinseltz im Nordelsass (Zustand 2011). Die Bänke des weißlich–gelblichen Sandsteins fallen zum Oberrheingraben hin ein.

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5.3 Elsässer Sandstein (Vogesen-Sandstein) NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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(Liesegang sche Ringe) sind häufig anzutreffen. Die Sandsteine im Steinbruch Steinseltz sind überwiegend gelblichbraun bis braungelb, z. T. fast weiß, z. T. noch rosa oder kräftig rot/hellgelb gestreift. Braune Strei-fen und ringförmige Strukturen sind nicht selten und geben besonders den weißlichgelben Varietäten ein abwechslungsreiches Aussehen (Abb. 5.3-9 und -10).

Der Sandstein von Wissembourg ist Teil der als „Voge-sen-Sandstein“ bezeichneten Abfolge. Stratigraphisch gehören die Sandsteine dem tieferen Abschnitt des Mittleren Buntsandsteins an. „Der mittlere Buntsand-stein ist das Hauptgestein der nördlichen Vogesen, auf ihn bezieht sich die häufig angewendete Bezeich-nung Vogesen-Sandstein. Auch der Hauptbuntsand-stein Gümbel´s entspricht ziemlich genau unserem mittleren Buntsandstein“ (anDreae et al. 1883: 41). Der Mittlere Buntsandstein wird hier gegliedert in den geröllführenden und Pseudomorphosen-Sandstein (unten), den geröllfreien und tonarmen Sandstein und das Hauptkonglomerat (oben). Der Sandstein dieses Gebiets ist überwiegend kräftig rot gefärbt, aber eben am Ostabhang des Hochwalds tritt der bekannte gelbliche und gelblichweiße Sandstein auf, „der auf weissem Grunde rothe Streifen und wolkige Zeich-nungen zeigt. Diese ungewöhnlichen Färbungen sind beschränkt auf den unmittelbar an die Hauptspalten stossenden Sandstein“ (anDreae et al. 1883: 18). In der Tat tritt diese Bleichung nur an der Südostseite des Hochwalds auf; schon der Steinbruch unmittelbar westlich des Luxenkopfs, direkt an der Straße nach

Climbach, erschließt wieder den weiter verbreiteten, tiefroten Sandstein. Auffällig ist, dass die Entfärbung – also die Umwandlung eines roten in einen gelben bis bräunlichen gelben Sandstein – im grobkörnigen Sandstein am weitesten fortgeschritten ist; fein- bis mittelkörnige Bänke oder Lagen sind oft noch rot oder rosa gefärbt. Offensichtlich besteht ein kausaler Zu-sammenhang zwischen Porosität und Entfärbung.

Wie im angrenzenden Pfälzerwald wurde der rote Buntsandstein entlang der westlichen Hauptverwer-fung des Oberrheingrabens durch aufsteigende hydro-thermale Lösungen gebleicht. Vermutlich wurde diese Bleichung aber weniger durch CO2-reiche Lösungen verursacht, wie von anDreae et al. (1883) vermutet, sondern vielmehr durch stark reduzierend wirkende kohlenwasserstoffreiche Lösungen. Durch die Unter-suchung von Flüssigkeitseinschlüssen in den Minera-len der ebenfalls auf Hydrothermen zurückzuführen-den Erz- und Mineralgänge des Schwarzwald stellte sich heraus, dass hier häufig kleinste Erdöltröpfchen eingeschlossen wurden (germann et al. 1994; Werner et al. 2002), was belegt, dass die aus dem Graben aufsteigenden warmen Wässer Kohlenwasserstoffe enthalten. Derartige Lösungen wirken stark reduzie-rend und sind prädestiniert, um kräftig rote Sandsteine zu bleichen.

Technische Eigenschaften:Beim gelblichweißen Sandstein von Wissembourg bzw. Steinseltz handelt es sich um einen überwiegend festen,

Abb. 5.3-9: Durch hydrothermale Prozesse gebleichter, ty-pisch bräunlichgelber Sandstein von Wissembourg, Carrière de Steinseltz.

Abb. 5.3-10: Grès de Wissembourg / Weißenburger Sand-stein, Gestaltungselement auf einem Straßenkreisel in Wis-sembourg, Nordelsass.

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5.4 Buntsandstein aus dem Pfälzerwald NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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leicht absandenden Mittel- bis Grobsandstein. In stark ge-bleichten Partien kann die Kornbindung auch relativ locker sein. Für die besten Werksteinqualitäten der Handelsvarie-täten „Vogesen-Sandstein gelb Wissembourg“ und „gelb-weiß Wissembourg“ gibt die Fa. Rauscher SA3 folgende Werte an: Rohdichte: 2,14 g/ cm3; Porosität: 15–21 Vol.-%; Wasseraufnahmekoeffizient: 0,60; Druckfestigkeit: 50–70 MPa; Schallgeschwindigkeit: 2615 m/s; Abriebfestig-keit: 35–45 mm; Frostempfindlichkeit: nach > 240 Zyklen stabil.

Gewinnung: Die meisten Sandsteinbrüche befinden sich zwischen Wissembourg, Rott und Climbach auf einem parallel zum Grabenrand verlaufenden Bergrü-cken mit der Bezeichnung „Hochwald“ (früher auch „Staatswald Weißenburg“) mit den Höhen Scherhol, Luxenkopf und Klimbacher Berg. Auf diesem Rücken, zwischen Weiler im Nordosten und Cleebourg im Südwesten, befinden sich 10 heute noch zugängli-che Steinbrüche im Buntsandstein. In Betrieb ist der Steinbruch der Fa. Rauscher im Waldgebiet unmittel-bar nördlich von Cleebourg. Weil er auf Gemarkung Steinseltz liegt, trägt er den Namen Carrière de Stein-seltz (s. u.).

Dieser Steinbruch, der im Gegensatz zu allen ande-ren heute meist auflässigen Brüchen im Gebiet auf der geologischen Karte von 1882 noch nicht einge-zeichnet war, erschließt einen rd. 25 m mächtigen Abschnitt im unteren mittel- bis grobkörnigen Voge-sen-Sandstein, etwa zwischen 305 und 330 m NN. Die Schichten fallen mit 12–15° nach Südosten, also zum Oberrheingraben hin ein (Schichtflächen = 130–135°/12–15°) (Abb. 5.3-8). Die Bankmächtigkeiten variieren zwischen 2 und 4 m. Im aktuellen Abbau-bereich beträgt die Nutzschichtmächtigkeit rd. 20 m bei 4–5 m Abraum. Der Abbau erfolgt überwiegend mit Bohren und Keilen, der Transport mit Radlader. Die Weiterverarbeitung wird in Adamswiller vorge-nommen.

Bezugsmöglichkeit: Rauscher S.A., 3 Rue de la Gare, 67320 Adamswiller, Internet: www.rauscher.fr

3 http://www.rauscher.fr/public/106-TuR--UND- FENSTERGEWaNDE-AUS-VOGESEN- NATURSANDSTEIN.html, Stand März 2011

5.4 Buntsandstein aus dem Pfälzerwald [Rheinland-Pfalz]

– Wolfgang Werner4 –

Übersicht: In Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordbayern (Mainfranken) findet aufgrund der günstigen geologischen Situation die umfangreichste Gewinnung von Naturwerksteinen aus den Schichten des Buntsandsteins (Untertrias) und des Rotliegen-den (Unterperm) statt. Die Sandsteine beider erdge-schichtlicher Abschnitte werden nachfolgend, wie auch in Architektur, Denkmalpflege und Naturstein-industrie üblich, zusammenfassend als „Buntsand-stein“ bezeichnet. In Rheinland-Pfalz sind in diesem Buntsandstein beider erdgeschichtlicher Formationen zusammen 21 Steinbrüche in Betrieb; vier davon nut-zen Rotliegend-Sandsteine, 17 liegen in Schichten der Untertrias. Von den einstmals sehr zahlreichen Sand-steinbrüchen im Pfälzerwald werden nur noch sieben betrieben (LGB 2007). Dennoch stellt der Pfälzerwald eines der bedeutendsten Abbaugebiete von hochwer-tigen und verschiedenfarbigen Naturwerksteinen aus dem Buntsandstein Deutschlands dar. Zum Pfälzer-wald wird nachfolgend auch der an das Elsass angren-zende Wasgau und der bei Neustadt a. d. Weinstraße gelegene Höhenzug der Haardt mit ihren typischen ge-bleichten Sandsteinen gerechnet.

Schon in der Spätantike wurde der Buntsandstein aus dem Pfälzerwald genutzt. Am sog. Kriemhildenstuhl am Südosthang des Kästenbergs bei Bad Dürkheim wurde während der römischen Zeit um ca. 200 n. Chr. Buntsandstein im Niveau der Rehberg-Schichten (holzWarth 1996) abgebaut. Viele bedeutende Kul-turdenkmale wurden seit dem Hochmittelalter aus dem Sandstein des Pfälzerwalds errichtet; berühmte Beispiele sind der Kaiserdom zu Speyer und das Klos-ter Limburg, beide aus dem 11. Jh. (Abb. 5.4-5), der Wormser Dom (11. Jh.) und die Abteikirche Otter-berg (12./13. Jh.) sowie zahlreiche Burgruinen (11.–13. Jh.). Vor allem im 19. und frühen 20. Jh. wurden entlang des Oberrheins zahlreiche Kirchen und öffent-liche Bauten aus dem hell- bis dunkelroten, z. T. gelb-lich gestreiften oder bräunlichgrauen Fein- bis Mittel-sandstein des Pfälzerwalds errichtet, so in Karlsruhe und Freiburg (Abb. 5.4-6 und -7).

Der Pfälzerwald bildet geologisch und landschaftlich die nördliche Fortsetzung der zuvor beschriebenen Buntsandsteingebiete im Nordelsass. Für die Werk-steingewinnung wichtig sind hier besonders die rund 100–140 m mächtigen Karlstal-Schichten, in diesem vor allem die 20–30 m umfassende Karlstal-Felszone (Basis Mittlerer Buntsandstein), und die rund 100 m mächtigen Trifels-Schichten (Unterer Buntsandstein). Letztgenann-te und die Felsen im Wasgau sind durch ihre beeindru-ckenden Felsformationen am Ostabbruch des Pfälzer-walds bei Wanderern, Kletterern und Burgenfreunden berühmt (Abb. 5.4-1). Eine Korrelation der einzelnen

4 mit Ergänzungen von frieDrich häfner, LGB Rheinland-Pfalz

Kurzfassung: Der Elsässer oder Vogesen-Sand-stein, ein roter, oft auch hellgelblicher bis fast weißer Sandstein des Mittleren Buntsandsteins, ist das historisch wichtigste Baumaterial im El-sass. Die am meisten verwendeten Sandsteine sind kräftig rot und zeichnen sich durch gleichmä-ßiges Korn, toniges-kieseliges Bindemittel, gute Bearbeitbarkeit, z. T. aber auch relativ hohe Was-seraufnahmefähigkeit aus. Durch Eisenbahntrans-porte begünstigt wurde er ab dem 19. Jh. auch auf der deutschen Rheinseite und im Schwarzwald viel verwendet. Bedeutende, heute noch intensiv genutzte Gewinnungsstellen liegen bei Rothbach, Adamswiller und Steinseltz bei Wissembourg. Beispiele für Bauwerke: Höhenburgen der Voge-sen, Straßburger Münster, Festung Neuf-Brisach, Münster St. Jakobus in Neustadt/Schwarzwald, viele Kirchen und öffentliche Bauten in Karlsruhe (z. B. der Kirche St. Bernhard).

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5.4 Buntsandstein aus dem Pfälzerwald NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Schichtglieder des Pfälzer Buntsandsteins mit denen in rechtsrheinischen Gebieten ist wegen der Fossilarmut und den vielen Schichtlücken (= Zeiten in denen keine Ablagerung stattfand) schwierig. Einen aktuellen strati-graphischen Korrelationsversuch zeigt Abb. 5.4-2.

Entstehung: Vom Perm bis zum Beginn des Muschel-kalks (296–251 Mio. Jahre) wurden im Gebiet der heutigen Westpfalz überwiegend klastische Sedimen-te abgelagert, die als rund 3500 m mächtige Schichten erhalten sind (davon ca. 500 m Buntsandstein). Die Sedimentation erfolgte unter Wüstenbedingungen in zeitweise sehr wasserreichen Flusslandschaften, die mit heutigen Wadis zu vergleichen sind (vgl. Ausfüh-rungen in Kap. 4.5.2). Die Flüsse lieferten das Mate-rial vornehmlich aus südwestlicher Richtung aus dem Gebiet der sog. Gallischen Schwelle an, zu dem das heutige französische Zentralmassiv gehört. In Folge der lateritischen Verwitterung der Buntsandstein-Zeit entstanden die typischen roten Ablagerungen; die Far-be geht vor allem auf dünne Beläge des Eisenoxids Hämatit Fe2O3 um die Quarzkörner zurück. Die in die Sandsteinbänke eingelagerten sog. Dünnschichten werden auf Windeinwehungen aus östlichen Richtun-gen zurückgeführt (häfner 2008b).

Im Pfälzerwald treten wie im Nordelsass (vgl. Grès de Wissembourg) neben den typisch kräftig roten bis rosafarbenen auch gelbe bis ockergelbe Sandsteine in großer Mächtigkeit auf. Besonders nahe der west-lichen Randstörung des Oberrheingrabens sind solche „gebleichten“ Sandsteine häufig. Diese Bleichung, bei der die ursprünglich roten Sandsteine eine gelb-liche bis gelblich-graue Färbung erhielten, wird wie im Nord elsass auf die Einwirkung kohlendioxidrei-cher Wässer zurückgeführt, die im sog. Bergzabener Bruchfeld des westlichen Oberrheingrabens während des Tertiärs über Störungen und Kluftsysteme aufge-stiegen sind (schürmeister 1990). Recht wahrschein-lich ist, dass dabei auch kohlenwasserstoffreiche Lö-sungen eine Rolle spielten.

Wichtige Abbaugebiete im Pfälzerwald

Bedeutende Steinbruchgebiete, aus denen häufig Sandsteine nach Baden-Württemberg geliefert wurden und werden, sind das Schweinstal bei Krickenbach, Oberschlettenbach westlich von Bad Berg zabern, Neustadt a. d. Weinstraße/Ortsteil Haardt und Lei-stadt nördlich von Bad Dürkheim. Diese Abbaugebiete und ihre Gesteine werden nachfolgend kurz beschrie-ben. Die jährliche Abbaurate an Sandsteinen dürfte in diesen Gebieten bei ca. 4000–5000 m3 liegen (Mitt. F. häfner 2010).

(1) Schweinstal

Zu den bekanntesten Abbaugebieten von Pfälzischem Buntsandstein gehört das Schweinstal bei den Orten Krickenbach und Schopp im Landkreis Kaiserslautern im westlichen Pfälzerwald, neben der Strecke von Kaiserslautern nach Pirmasens gelegen. Die hier min-destens seit dem Jahr 1837 gewonnenen Sandsteine (häfner 2008b) werden als Schweinstaler, früher auch als Schopper Sandstein bezeichnet. Im Schweins tal betreiben die Firmen Carl Picard und Konrad Müller in

der Karlstal-Felszone je einen Steinbruch, die wegen der großen Blockformate und der guten Kornbindung sehr geschätzt sind (Abb. 5.4-3). Die Farbenvielfalt im Schweinstaler oder Schopper Sandstein macht bei-spielhaft deutlich, warum die Formation den Namen „Buntsandstein“ trägt: hellrote, ziegelrote, hellviolette, weißliche bis hellgraue, hellgelbe und bräunlich-gelbe Sandsteine treten in vertikalem wie lateralem Wechsel in gleichmäßigen, gemaserten oder gestreiften Textu-ren nebeneinander auf (Abb. 5.4-4). Die blassrote Va-rietät gilt als die mit der größten Witterungsbeständig-keit (schürmeister 1990).

Genutzt werden zwei Werksteinbänke (Abb. 5.4-3). Die untere ist max. 6 m mächtig und besteht über-wiegend aus einem hell- bis dunkelroten Sandstein. In der 3–4,5 m dicken oberen Bank dominieren die gelblich-weißen Farbtöne. Beide Lager werden von ei-nem ca. 2 m mächtigen Horizont aus Feinsandstein und Schluffstein voneinander getrennt. Die gesam-te genutzte Schichthöhe liegt derzeit bei 10–12 m, die überlagernden Abraumschichten sind zwischen 15 und 20 m mächtig. Günstig sind auch die weiten Kluftabstände in einem tektonisch geschonten Be-reich, weshalb Blöcke bis über 10 m Länge gewonnen werden können.

Gesteinsbeschreibung: Es handelt sich um einen überwiegend mittelkörnigen, lagenweise grobkörni-gen, glimmerarmen, karbonatfreien Quarzsandstein

Abb. 5.4-1: Pfälzer Buntsandstein, Felstürme am Trifels am östlichen Rand des Pfälzerwalds.

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mit Horizontal- und Schrägschichtung, einzelnen Quarzgerölllagen und Tongallen. Die Korngrößen lie-gen meist zwischen 0,2 und 0,7 mm. Als minerali-sche Komponenten wurden 48 % Quarzkörner, 45 % Gesteinsbruchstücke (vornehmlich aus Quarz), 6 % Feldspat und 1 % Akzessorien wie Biotit, Turmalin und Zirkon ermittelt (schürmeister 1990). Als chemische Zusammensetzung geben Wenzel & häfner (2003) 97 % SiO2, 1,45 % Al2O3, 1,45 % Fe2O3, 0,7 % K2O und 0,02 % CaO an, die Bindung ist nach diesen Au-toren wechselnd tonig, tonig-kaolinitisch, tonig-ferri-tisch und kieselig. schürmeister (1990) stellte eine dominant kaolinitisch-kieselige Bindung mit häufigem Quarzzement um die detritischen roten Quarzkörner fest. Bei sehr ausgeprägter Sekundärquarzbildung kam es zur Bildung eines „Kristallsandsteins“.

Technische Eigenschaften (nach schürmeister 1990, Wen-zel & häfner 2003 und Prüfzeugnis der TU Kaiserslautern von 2005):Rohdichte: 2,09–2,14 g/ cm3, Mittelwert 2,1 g/ cm3; Rein-dichte: 2,65 g/ cm3; Porosität: 19,7–20,85 Vol.-%; Was-seraufnahme unter Atmosphärendruck: 5,6–6,14 M.-%; Wasseraufnahme unter Vakuum: 8,7–9,9 M.-%; Sättigungsgrad/s-Wert: 0,64–0,65; Druckfestigkeit, ein-axial (senkrecht zur Schichtung): 53–73 MPa, Mittelwert 66,5 MPa; Biegefestigkeit: 1,9–3,3 MPa; Ausbruchlast am Ankerdornloch: 851 N. Das Gestein ist überwiegend frost-sicher.

Verwendung: Die traditionsreiche Firma Carl Picard (gegründet 1906) produziert vor allem Platten für Fassaden, Innenwände, Bodenbeläge, Abdeckungen, Treppen und Fensterbänke, Quader für Mauerwerk und Brunnenanlagen, Tranchen sowie Rohblöcke mit Standardblockmaß von circa 2,3 m in der Länge, bis zu 1,20 m in der Lagerhöhe und bis 1,4 m in der Tiefe. Viele Eisenbahn- oder Autobahnbrücken (z. B. Frank-furt–Aschaffenburg) wurden zwischen 1938 und 1957 aus Schweinstaler Sandstein errichtet. In den Jahren 1915–1968 wurden in den Schweinstaler Brü-chen Schleifsteine in großem Umfang produziert und in die Stahl-, Glas- und Edelsteinindustrie ins Ruhrge-biet, nach Idar-Oberstein sowie nach Italien und Un-garn geliefert.

Historische Bauwerke aus Schweinstaler Sandstein sind z. B. das Schloss in Trippstadt und die Benedik-tinerabtei in Tholey. Steine aus den Schweinstaler Brüchen wurden z. B. zur Renovierung der Alten Na-tionalgalerie in Berlin, der Sicherung der Burgruinen Drachenfels, Nanstein in Landstuhl, des Hambacher Schlosses und der Staatskanzlei in Saarbrücken ver-wendet, unter den Neubauten ist als Beispiel aus Baden-Württemberg die IHK in Heilbronn zu nennen. Wegen der großen Ähnlichkeit der hellroten Sand-steinvarietät mit dem Sandstein aus den Lahr-Emmen-dinger Vorbergen werden von hier regelmäßig auch Blöcke in das Gebiet Freiburg–Offenburg geliefert.

(2) Oberschlettenbach

Im südöstlichen Pfälzerwald, westlich von Bergzabern (Lkr. Südliche Weinstraße), liegt bei Oberschletten-bach der Steinbruch der Fa. Uhrig im Annweiler Sand-stein. Die hier gewonnenen violettroten, dunkelroten bis dunkelbraunroten Fein- bis Mittelsandsteine wer-

Abb. 5.4-2: Diagramm zur zeitlichen Korrelation des Bunt-sandsteins in den Vogesen, im Schwarzwald, im Pfälzer-wald und im Odenwald (nach: LGB 2005, Geyer et al. 2011, mit Ergänzungen von E. nitSch, LGRB).

den erdgeschichtlich ins terrestrische Zechstein (frü-her Unterer Buntsandstein) gestellt. Die im zweisöh-ligen Abbau genutzten Lager sind 4 m (unten) bzw. 2–3 m (oben) mächtig. Charakteristisch sind eine schwach grünliche, gelbliche oder bräunliche Spren-kelung und die rotbraunen Schlieren im sonst einheitli-chen Sandstein, dessen Schichtung nur undeutlich ist. Der Sandstein ist gleichkörnig, schwach hellglimmer-führend und relativ weich bei der Bearbeitung, wes-halb er auch gerne als Ornamentstein für Skulpturen

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und Schriftzüge verwendet wird. Häufige Durchfeuch-tung oder Staunässe verträgt der Sandstein aller-dings nicht. An vielen Gebäuden in Landau oder Bad Bergzabern ist dieser dunkelrote Sandstein besonders in Form von Mauerquadern, Gesimsen und Fensterge-wänden verbaut. Der Abbau erfolgt mit Bohren und Sprengen mit der Sprengschnur.

Nach Wenzel & häfner (2003) besteht der Sandstein im Wesentlichen aus Quarz, Alkalifeldspat, Hellglim-mern und Eisenoxiden, die Korngröße liegt meist zwi-

schen 0,1 und 0,15 mm. Das Intergranularvolumen be-stimmte holzWarth (1996) mit 19,3 %. Das Bindemittel dieses Arkosesandsteins be-steht überwiegend aus Eisen-oxiden und untergeordnet aus authigenen Tonmineralen und Quarz. Wenzel & häf-ner (2003) geben folgende chemische Zusammenset-zung an: SiO2: 83,0 %; Al2O3: 7,0 %; Fe2O3: 1,3 %; Na2O: 0,1 %; K2O: 4,3 %; CaO: 0,8 %; MgO: 0,9 %; Glühver-lust: 2 %.

Technische Eigenschaften nach Angaben von holzWarth (1996) sowie Wenzel & häfner (2003): Rohdichte: 1,9–2,05 g/ cm3; effek-tive Poro sität: 13,3–18,2 Vol.-%; Wasseraufnahme unter Atmo-sphärendruck: 7,1–9,3 M.-%; Wasseraufnahme unter Vakuum: 7,91–12,65 M.-%; Sättigungszahl/s-Wert: 0,7–0,9; thermische Dehnung (Mittel-wert): 0,13–0,36 mm/m; hy-grische Dehnung (DIN EN 13009): 0,5–0,64 mm/m; Druckfestig-keit, einaxial (senkrecht zur Schichtung): 41,0–63,65 MPa; Ultraschallgeschwindigkeit (Mit-telwert): 1795–2280 m/s. Das Gestein ist frostsicher (Frost-Tau-Verlust bis 0,5 %).

Als Verwendungsbeispiele für den kräftig roten bis vio-lettdunkelroten Sandstein aus Oberschlettenbach wer-den das Amtsgericht in Bad Bergzabern, das Verwal-tungsgebäude der Stadtwer-ke in Landau und zahlreiche Privathäuser am West- und Nordring in Landau i. d. Pfalz angegeben (Wenzel & häf-ner 2003).

(3) Neustadt a. d. Weinstraße, Ortsteil Haardt

Bei Haardt, am Ostrand des Pfälzerwalds, wird der be-kannte und besonders seit

dem 19. Jh. sehr beliebte hellbräunlichgelbe Bunt-sandstein, bekannt als Haardter bzw. Neustädter Sandstein abgebaut (Abb. 5.4-8). Viele prunkvolle Villen im Gründerzeitstil und große Weingüter an den Hängen des Pfälzerwalds sind aus diesem Sandstein errichtet worden. Hier betreibt die Fa. Leonhard Han-buch & Söhne, Neustadt (Hauptsitz in Mannheim), seit rd. 100 Jahren einen großen Steinbruch mit ange-schlossenem Verarbeitungsbetrieb im gelben Haardter Sandstein. Stratigraphisch erschließt der tiefere Teil des Steinbruchs die dickbankigen Trifels-Schichten

Abb. 5.4-3: Sandsteinbruch der Fa. Carl Picard im Schweinstal nahe der Orte Kricken-bach und Schopp im westlichen Pfälzerwald: Abbaufront in der Karlstal-Felszone (Mitt-lerer Buntsandstein) mit dem 5–6 m mächtigen unteren Lager und dem 4–5 m mächtigen oberen Lager; beide werden von einer tonigen-schluffigen Sandsteinschicht getrennt (2010).

Abb. 5.4-4: Gesägter Block von Schweinstaler Sandstein mit dem charakteristischen Farbwechsel von Fleischrot zu Rosarot und Rotbraun (Bildbreite entspricht ca. 1 m).

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(auch „Pfälzer Sandstein“, Abb. 5.4-1 und -2), der obe-re Teil die dünnschichtigen Rehberg-Schichten; beide gehören dem Unteren Buntsandstein an.

Genutzt wird ein rund 30 m mächtiges Sandsteinpa-ket im Niveau der Trifels-Schichten, das fünf dicke Werksteinbänke aufweist. Es handelt sich um einen fein- bis mittelkörnigen (Korngrößen 0,2–0,6 mm), beigegelben bis grauweißen Sandstein mit braunen Bändern und Schlieren aus Limonit. Besonders bei Sägeschnitten parallel zur Schichtung treten vielge-staltige Farbmaserungen auf (Abb. 5.1-1). Es handelt sich um gebleichte Sandsteine der sog. Haardt-Rand-fazies, die der westlichen Oberrheingraben-Haupt-verwerfung in einem 1–4 km breiten Streifen folgt; weiter nach Westen gehen die hellgelblich-weißen, gebleichten Sandsteine wieder in die braunrote Nor-malausbildung des Buntsandstein über (WeiDenfeller & DaichenDt 2002).

Gesteinsbeschreibung: Die klastischen Hauptkompo-nenten sind Quarz (Anteil ca. 54 %), Gesteinsbruch-stücke (ca. 40 %) und 5 % Feldspat (schürmeister 1990). Milchquarzgerölle sind lagenweise häufig. Die von holzWarth (1996) untersuchten Proben bestan-den aus 48,5 % Quarz, 13 % Kalifeldspat, bis 0,3 %

Glimmer und 0,3 % Opakminerale sowie zu 21 % aus Gesteinsbruchstücken folgender Art: 11 % Polyquarze und Kieselschiefer, 8 % Quarz-Feldspat-Gesteine, ca. 1 % Vulkanite, ca. 1 % Tonsteinklasten (Rest: Poren-raum und Bindemittel). Die Größe der Porenhohlräume wird mit 0,2–0,4 mm, max. 3 mm angegeben (INSK), das Intergranularvolumen wurde von holzWart zu 14,0 % bestimmt. Die Kornbindung ist tonig-kaolini-tisch, ferritisch und seltener kieselig.

Technische Eigenschaften:(1) Prüfwerte nach TU Karlsruhe in INSK, grimm (1990) und holzWarth (1996):Rohdichte: 2,21–2,32 g/ cm3; Reindichte: 2,65 g/ cm3; Porosi-tät, effektive: 6,3–12,4 Vol.-%; Wasseraufnahme unter At-mosphärendruck: 3,57–4,4 M.-%; Wasseraufnahme unter Vakuum: 5,34 M.-%; Sättigungsgrad/s-Wert: 0,67; Druckfe-stigkeit, einaxial (senkrecht zur Schichtung): 55,3–75 MPa; Biegezugfestigkeit: 6,3 MPa. Das Gestein ist frostsicher.

(2) Prüfwerte nach Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz (Mitt. F. häfner, lgb, vom 15.1.2010): Rohdichte: 2,21 g/ cm3; Wasseraufnahme unter Atmosphä-rendruck: 4,44 M.-%; Druckfestigkeit: 79,5 MPa; Bie-gefestigkeit: 7,0 MPa; Verschleißprüfung nach böhme: Massenverlust: 61,4 g; Volumenverlust: 27,6 cm3/50 cm2; frostbeständig nach 48 Frost-Tau-Wechseln (nur leichtes Absanden).

Abb. 5.4-5: Ruine des ab dem 11. Jahrhundert im roma-nischen Baustil errichteten Benediktinerklosters Limburg, dunkelroter Pfälzer Sandstein.

Abb. 5.4-6: Westportal der Kirche St. Bernhard in Karls-ruhe, Durlacher Allee. Die Kirche wurde 1895–1901 aus Buntsandstein von Weidenthal im Pfälzerwald und von Phalsbourg in den Vogesen errichtet; Phalsbourg/Pfalzburg liegt WNW von Straßburg, daher auch Pfalzburger Vogesen-Sandstein.

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Gewinnung und Verwendung: Der Abbau erfolgt mit Bohren und Schießen mit der Sprengschnur. Ver-suchsweise wurde auch die Hochdruckwasserstrahl-methode (wie in Rothbach, vgl. Kap. 5.3) einge-setzt, aber wegen unerwünschter Nebenwirkungen eingestellt. Die gewinnbare Rohblockgröße liegt um 6–7 m3. Verwendet wird dieser weißlichgelbe Sand-stein vor allem für den Massivbau, für Mauersteine, Bossensteine, Platten, Treppen, Brunnen, Säulen und vielgestaltige Ornamentsteine sowie für Maßwerke zur Renovierung historischer Gebäude; auch Rohblö-cke für Bildhauerarbeiten werden ausgeliefert. Zahl-reiche historische Gebäude beiderseits der deutsch-französischen Grenze wurden aus diesem Sandstein errichtet. Besonders an Gebäuden aus dem 19. und 20. Jahrhundert z. B. in Neustadt, Mainz, Ludwigs-hafen, Mannheim und Karlsruhe sind sie zu finden. Auch in der Freiburger Innenstadt gibt es schmucke Fassaden und große Gebäude aus gelbem Sandstein vom Typus Haardt und aus weißlichgelbem bis hellro-tem Sandstein aus dem nordwestlich anschließenden Pfälzerwald bei Landstuhl (Abb. 5.4-11 und -12). Der Landstuhler Sandstein wird schon seit den 1970er Jahren nicht mehr abgebaut (Mitt. F. häfner, LGB Mainz). Die Brüche lagen am Steilhangl zum sog. Landstuhler Bruch. Stratigraphisch handelt es sich um die Karlstal-Felszone der Karlstalschichten (Basis Mittlerer Buntsandstein).

Als Referenzobjekte für neuere Arbeiten gibt die Fa. Hanbuch Natursteinwerk z. B. die Ev. Kirche in 67251 Freinsheim, die Stadtvilla in der Räuberhöhle, Mann-heim, die Stadtvilla in Heidelberg (Fassade) sowie die Gedächtniskirche in Speyer als Restaurierungsobjekte an.

(4) Leistadt

Im Weilachtal bei Leistadt-Annaberg, nordwestlich von Bad Dürkheim bzw. südlich von Leistadt, befinden sich traditionsreiche Steinbrüche im gelben Haardt-Sandstein (Abb. 5.4-9 und -10), der geologisch dem Unteren Buntsandstein zugerechnet wird. Dieser Sandstein wurde entlang des Ostrandes des Pfälzer-walds bei Neustadt a. d. Weinstraße und Bad Dürk-heim in vielen großen Steinbrüchen gewonnen und ist

an zahlreichen steinsichtigen Bürgerhäusern, Villen, Weingütern und Kirchen zu betrachten. Auch Burgen und Schlösser, wie das berühmte Schloss Hambach, wurden aus ihm errichtet.

Gesteinsbeschreibung: Es handelt sich um einen hell-gelben, hellbraunen bis grauweißen, recht einheit-lichen Fein- bis Mittelsandstein mit Horizontal- und Schrägschichtung. Die mittlere Korngröße liegt bei 0,2 mm. Die genutzte Mächtigkeit beträgt 25–30 m, die Abraummächtigkeiten meist 3–5 m. Die Bankstär-ken betragen im genutzten Bereich meist 2–3 m, die Rohblockgrößen variieren zwischen 1,5 und 8 m3. Es herrschen zwei etwa senkrecht stehende Hauptkluft-richtungen vor, einmal parallel zur Randstörung des Pfälzerwalds (Oberrheingrabenrichtung), zum anderen etwa senkrecht dazu.

Der gleichmäßige, fein- bis mittelkörnige Quarzsand-stein sandet im Anbruch leicht ab. Limonitbänder und Eisen-Mangan-Fleckung sind häufig, Hellglimmer da-gegen selten. Das Intergranularvolumen bestimmte holzWarth (1996) mit 14,2 %. Das darin enthaltene Bindemittel besteht überwiegend aus Tonmineralen, daneben aus authigenem Quarz und aus Limonit. Die Kornbindung ist bei guten Werksteinbänken überwie-gend kieselig (INSK).

Technische Eigenschaften (nach: holzWarth 1996):Rohdichte: 2,1 g/ cm3; Porosität, effektive: 10,8 Vol.-%; Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck: 5,8 M.-%; Was-seraufnahme unter Vakuum: 6,3 M.-%; Sättigungszahl/s-Wert: 0,91; Druckfestigkeit, einaxial (senkrecht zur Schich-tung): 56,4 MPa. Das Gestein ist frostsicher.

Abb. 5.4-7: Massivmauer aus vielfarbigem Buntsandstein, wie er typisch ist für den Raum der Nordvogesen und des südlichen Pfälzerwalds; Gesundheitsamt Freiburg i. Br., Sautierstraße 30.

Abb. 5.4-8: Sandsteinbruch Haardt bei Neustadt a. d. Wein-straße, Abbau durch die Fa. Leonhard Hanbuch & Söhne.

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Gewinnung und Verwendung: In beiden betriebenen Steinbrüchen wird der Sandstein mit Bohren und Sprengen mit Sprengschnur in großen Blöcken gelöst (Abb. 5.4-9 und -10). Die Abbausohlen sind überwie-gend 2–3 m hoch und orientieren sich an den Lager-klüften der Hauptbänke des söhlig gelagerten Sand-steins. Die Fa. Zeidler & Wimmel aus Kirchheim/Unterfranken, eine der traditionsreichsten deutschen Naturwerkstein-Firmen (Gründung 1776), betrieb den großen Bruch südlich der Talstraße (Abb. 5.4-9) bis 2011. Jetziger Besitzer ist die Fa. Göbel GmbH aus Bad Dürkheim, die aber den Abbau bisher (2012) nicht wieder aufgenommen hat. Gegenüber, auf der nörd-lichen Talseite, liegt der Bruch der Fa. Vetter (Sitz Eltmann) (Abb. 5-4-10). In beiden Brüchen wird seit einigen Jahren der Abbau durch Subunternehmer übernommen. Genutzt werden sieben bis neun ver-schiedene Werksteinbänke.

Der Sandstein wird für Massivbauten und Fassaden ebenso verwendet wie für Steinmetzarbeiten, Skulp-turen, Renovierungen oder für den Garten- und Land-schaftsbau. Die gelben Sandsteine aus dem Weilachtal sind im ganzen Umland sowie z. B. in Worms, Mainz, Mannheim und Karlsruhe verbaut worden.

Bezugsmöglichkeiten für roten und gelben Pfälzer Buntsandstein: (1) Fa. Natursteinwerk Carl Picard, Schweinstal, D-67706 Schopp/Krickenbach, Internet: www.natursteinwerk-picard.de. (2) Fa. Naturstein-werk Leonhard Hanbuch & Söhne, Eichkehle 62–66,

D-67433 Neustadt, Internet: www.hanbuch.de. (3) Fa. Konrad Müller Natursteinwerk, Eselsfürth 2, D-67657 Kaiserslautern. (4) Fa. T. & P. Uhrig Stein-bruchbetrieb, Hinterm Esel 12B, D-67346 Speyer.

Abb. 5.4-9: Gewinnung von gelbem Leistädter Sandstein (2010) bei Leistadt im Sandsteinbruch der Fa. Göbel GmbH aus Bad Dürkheim (früher Zeidler & Wimmel, Kirchheim/Ufr.).

Abb. 5.4-10: Gelblicher Leistädter Sandstein gewonnen mittels engständigem Bohren und Schwarzpulver-Sprengen (2011).

Kurzfassung: In Rheinland-Pfalz werden die über-wiegend roten Sandsteine des Perms (Rotliegend, Zechstein) und der Untertrias seit dem Hochmit-telalter in großem Umfang genutzt. Die Abbauhori-zonte in der insgesamt mehr als 500 m mächtigen Abfolge verteilen sich auf die Annweiler Schichten (Zechstein), die Trifels-Schichten, die Rehberg-Schichten und die Karlstal-Felszone (alle Buntsand-stein) sowie vier Steinbrüche in unterschiedlichen Horizonten des ca. 3000 m mächtigen Rotliegend.

Rund 20 Sandsteinbrüche sind in Rheinland-Pfalz noch in Betrieb, sieben davon im Buntsandstein des Pfälzerwalds. Wie im Elsass gibt es im Pfäl-zerwald neben den vorherrschenden roten Sand-steinen auch durch Bleichung entstandene hell-gelbliche bis fast weiße Sandsteine. Wichtige, heute noch genutzte Steinbrüche des Zechsteins und Buntsandsteins liegen nahe Bad Bergzabern bei Oberschlettenbach im dunkelroten Annweiler Sandstein, im Schweinstal bei Krickenbach, Land-kreis Kaiserslautern, wo ein hellroter, hellgrauer bis bräunlich-gelber Sandstein gewonnen wird, so-wie nordwestlich von Bad Dürkheim bzw. in Neu-stadt a. d. Weinstraße, Ortsteil Haardt; hier liegen traditionsreiche Steinbrüche im gelben Haardt-Sandstein. Buntsandstein aus dem Pfälzerwald ist in Baden-Württemberg an zahlreichen Bau-werken vor allem des 19. und 20. Jh. zu finden. Die genannten Sandsteine sind in allen Städten im mittleren und nördlichen Oberrheingebiet von Karlsruhe, über Mannheim, Speyer und Mainz bis Frankfurt a. M. an zahlreichen Kirchen, Schlössern und Villen zu sehen. Berühmte Beispiele sind der Kaiserdom zu Speyer und das Kloster Limburg. Der Dom zu Mainz wurde u. a. aus Haardter Sand-stein und rotem Spessart-Sandstein errichtet.

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5.4 Buntsandstein aus dem Pfälzerwald NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Abb. 5.4-11: Im Gründerzeitstil errichtete Fassade aus gelbem Leistädter oder Haardter Sandstein, Kaiser-Joseph-Straße, Ecke Holzmarkt, Freiburg i. Br.

Abb. 5.4-12: Erzbischöfliches Ordinariat in Freiburg i. Br., Schoferstraße, 1905 erbaut aus hellem Buntsandstein aus dem Pfälzerwald südlich von Landstuhl und Kaiserslautern. Der Landstuhler Sandstein wird stratigraphisch der Karlstal-Felszone der Karlstalschichten (Basis Mittlerer Buntsandstein) zugeordnet.

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5.5 Udelfanger SandsteinNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.5 Udelfanger Sandstein [Rheinland-Pfalz]

– Wolfgang Werner –

Übersicht: Nahe der Grenze zu Luxemburg wird bei Udelfangen im Landkreis Trier-Saarburg ein gleich-körniger, gelblichbrauner, hellbraungrauer bis grün-lichgrauer Feinsandstein gewonnen und unter der Be-zeichnung Udelfanger Sandstein, Kerscher Sandstein oder Muschelsandstein vertrieben (Abb. 5.5-1 bis -3). Die Udelfangen-Formation besteht aus einer Abfolge von sandigen Dolomitsteinen, Tonsteinen, sandigen Tonmergelsteinen und karbonatischen, glimmerfüh-renden Sandsteinen.

In großem Umfang genutzt wird dieser Feinsandstein aus dem Gebiet um Udelfangen schon seit römischer Zeit. Brüche liegen außer bei Udelfangen und Ralin-gen-Kersch in der Nähe von Herresthal, Metzdorf, Born und Bollendorf. Wegen seiner überwiegend gu-ten, aber nicht-kieseligen Bindung sowie der Gleich- und Feinkörnigkeit ist er seit jeher bei Bildhauern sehr beliebt. Aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem gelben Schilfsandstein Württembergs wird „der Udelfanger“ seit Jahren auch zur Renovierung von Schilfsand-steinbauwerken in Südwestdeutschland verwendet – meist dann, wenn er billiger als heimisches Material angeboten wird oder wenn größere Schichtstärken für Werkstücke gefordert werden, als aus den gelben Sandsteinbrüchen in der Schilfsandstein-Formation Württembergs zur Verfügung stehen.

Entstehung: Der Udelfanger Sandstein ist am Rande der Ardennen unter flachmarinen bzw. litoralen Bedin-gungen entstanden. Es handelt sich um einen gut sor-tierten Küstensand (koch & sobott 2008), weshalb er auch als „Muschelsandstein“ bezeichnet wird. Die Udelfangen-Formation (muU, mu1) wird heute strati-graphisch an die Basis des Unteren Muschelkalks ge-stellt, in der älteren geowissenschaftlichen Literatur findet man ihn noch oft dem Oberen Buntsandstein zugeordnet. Er ist also das zeitliche Äquivalent des Wellenkalks im Unteren Muschelkalk Baden-Würt-

tembergs. Die Udelfangen-Formation ist in Baden-Württemberg vornehmlich durch Bohrungen erschlos-sen; ab Emmendingen, nördlich von Freiburg, lassen sich Äquivalente nachweisen (geyer et al. 2011). Die durchschnittliche Mächtigkeit dieser fossilführenden, marinen Sandsteine und Dolomitsandsteine liegt im Oberrheingraben bei etwa 5 m.

Geologie: Die werksteinführenden Sandsteinvorkom-men von Udelfangen treten in einer SW–NE strei-chenden tektonischen Hochscholle zutage. Das Stein-bruchprofil umfasst eine rd. 13 m mächtige Abfolge von etwa 10° einfallenden Sandsteinbänken, jeweils 0,1 bis 2 m mächtig, und grüngrauen bis gelblich-braunen Tonsteinen (beyer 1996); nur die untersten beiden mächtigen Sandsteinbänke werden genutzt (Abb. 5.5-1). Die Steinhauer bezeichnen die untere, bis 2 m mächtige Bank auch als Kernbank oder Udelfan-ger Bank, die obere, ca. 1 m dicke und meist nicht so homogene Schicht hingegen als Kerscher Bank (sin-geWalD 1992). In Richtung des Flusses Sauer nehmen die Mächtigkeiten auf unter 0,5 m ab.

Trotz der geringen Lagerstättenmächtigkeit und der zunehmenden Abraumüberlagerung ist der Abbau wirtschaftlich, was vor allem auf den hohen verwert-baren Anteil, d. h. die große Anzahl verwertbarer Blöcke zurückzuführen ist. Die Abstände senkrecht stehender Klüfte betragen oft 5–10 m. singeWalD (1992) ermittelte für den Kernbereich der Lager-stätte eine Rohblockhöffigkeit von 73 % bei durch-schnittlichen Blockgrößen von 1,2 m3. Nach Angabe von singeWalD produzierte der Betrieb Anfang der 1990er Jahre jährlich etwa 4000 m3 verwertbare Rohblöcke.

Abb. 5.5-1: Abbau von Udelfanger Sandstein.

Abb. 5.5-2: Udelfanger Sandstein an einem Gebäude in St. Goarshausen.

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5.5 Udelfanger Sandstein NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Gesteinsbeschreibung: Die Werksteinbänke bestehen aus einem gelblichgrauen bis gelblichbraunen bzw. ockerbraunen, auch hell olivgrauen, massigen, nahe-zu ungeschichteten Feinsandstein mit einer häufigen feinen, sprossenartigen Fleckung durch Limonit und Manganoxide (Abb. 5.5-2 bis -4). Eine feine Durchstäu-bung mit Hellglimmer ist die Regel, selten treten bis

cm große braungraue Karbonatnester auf. Petrographisch handelt es sich um einen sehr homogenen, gut sortierten, offenpori-gen und schwach glimmerführenden Sand-stein mit tonig-kaolinitischer, ferritischer und karbonatischer Grundmasse (Calcit, etwas Dolomit), kieselige Bindung ist sel-ten. Das Gestein ist daher, besonders im feuchten Zustand, gut zu bearbeiten und zeigt eine leicht ritzbare Oberfläche. In ge-sägten Werkstücken ist die Schichtung i. d. R. nicht erkennbar. Die mittlere Korngröße des Sandsteins liegt bei etwa 0,1 mm.

Nach Schliffanalysen von beyer (1996) bestehen die detritischen Körner aus 36–50 % Quarz, 8–14 % Kalifeldspat, max. 2 % Biotit, 1–2 % Hellglimmer, bis 1 % Opakminerale (Erze, Schwerminerale) und 1–3 % Gesteinsbruchstücken (Verwach-sungen aus Quarz, Feldspat, Karbonat etc.). Die authigenen Minerale der Matrix

bestehen vor allem aus Karbonaten (stark schwan-kend von 2–21 %), 2–6 % Hämatit/Limonit, bis max. 2,3 % Illit sowie 1–2 % Quarz und Feldspat. Es handelt sich also um einen tonig und karbonatisch gebunde-nen, feldspatreichen Quarzsandstein. In der INSK wer-den hingegen angegeben: 35 % Quarz, 30 % Feldspat, 20 % Limonit und jeweils 6 % Calcit und Muskovit.

Abb. 5.5-3: Udelfanger Sandstein bei der Bearbeitung im Werk der Fa. Jens Reimold, Mühlbach; Udelfanger wird hier im Ersatz gegen den im eigenen Bruch gewonnenen, in Farbe und Struktur ähnlichen Mühlbacher Sandstein verwendet, wenn Werkstücke von deutlich über 0,5 m Schicht-höhe gefordert werden.

Abb. 5.5-4: Platten aus Udelfanger Sandstein mit unterschiedlicher Oberflächenbearbeitung: (A) Zahngeflächte Oberfläche, (B) bahngespitzte Oberfläche (Musterplatten Fa. E. Schnell, Fridingen a. d. Donau), lange Seite entspricht 25 cm.

(a) (b)

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5.6 Odenwald-QuarzNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Technische Eigenschaften:(1) Nach schürmeister (in: grimm 1990) sowie FH Trier (INSK):Rohdichte: 2,05–2,13 g/ cm3; Reindichte: 2,67 g/ cm3; Poro-sität: 20,3 Vol.-%; Wasseraufnahme unter Atmosphären-druck: 6,02–8,08 M.-%; Wasseraufnahme unter Vakuum: 9,55 M.-%; Sättigungsgrad/s-Wert: 0,63; Druckfestigkeit: 59 MPa; Biegefestigkeit: 7,1 MPa. Das Gestein ist beständig gegen Frost.(2) Nach beyer (1996):Rohdichte: 1,9–2,22 g/ cm3; Gesamtporosität: 19–25 Vol.-%; Porosität, effektive: 11–18 %; Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck: 5–9,5 M.-%; hygrische Dehnung 4,2–9,4 M.-%; Druckfestigkeit: 46–88 MPa.(3) Nach Firmenangabe der Schubert-Natursteingruppe (www.schubert-natursteingruppe.de):Rohdichte: 2,3 g/ cm3; Wasseraufnahme unter Atmosphären-druck: 4,18 M.-%; Druckfestigkeit: 77 MPa; Biegezugfestig-keit: 7,14 MPa.

Verwendung: Verwendet wird der Udelfanger heute vor allem zur Herstellung von Abdeck-, Boden- und Fassadenplatten, Massivsteinen und Ornamentstei-nen. Aufgrund seiner Homogenität in Farbe, Körnung und tonig-karbonatischer Bindung ist er ein beliebter und gut zu bearbeitender Bildhauerstein. Wegen sei-ner Ähnlichkeit und guten Witterungsbeständigkeit wird er als Austauschmaterial an Bauwerken ver-wendet, die aus grünlichgelben und gelblichbraunen Schilfsandstein erbaut wurden. Er steht somit in Kon-kurrenz zu den Schilfsandsteinbrüchen in Heilbronn, Mühlbach und Niederhofen (Kap. 4.23). Berühmte Bauwerke aus Udelfanger sind der Aachener Dom, die Liebfrauenkirche in Trier, der Chor des Kölner Doms (geweiht 1322), die Kirche St. Victor in Xanten, das Reichstagsgebäude in Berlin, das Justizgebäude in Den Haag, Bahnhöfe in Osnabrück und Amsterdam. Filigrane Kunstwerke aus diesem Gestein sind u. a. die Mariensäule (1858) und Reliefs am Ruprechtsbau des Heidelberger Schlosses.

Bezugsmöglichkeiten: (1) Fa. Natursteinwerk Schu-bert, Inh. B. Schubert e. K., Industriestraße 12, D-96120 Bischberg-Trosdorf. (2) Fa. Anton Schmitz, Kerscher Bach 10, D-54310 Ralingen (Ortsteil Kersch).

5.6 Odenwald-Quarz (Reichenbacher Pseudomorphosenquarzit) [Hessen]

– Wolfgang Werner –

Vorbemerkungen: Zu den wichtigen Herkunftsgebieten von Naturwerksteinen aus Hessen zählt der kristalline Odenwald, in dem verschiedene Migmatite, Granite, Quarzdiorite, Granodiorite und Quarzporphyre vor allem für den Verkehrswegebau gewonnen werden. Nahe der Landesgrenze befinden sich z. B. die Steinbrüche der Fa. Röhrig Granit GmbH im Sonderbacher Granodiorit (Beschreibung in: grimm 1990, Tafel 018), der auch in den baden-württembergischen Odenwald reicht und hier ab der Wende vom 19. zum 20. Jh., als die tech-nischen Möglichkeiten zur Gewinnung und Bearbeitung dieses harten, massigen Gesteins gegeben waren, in mehreren Steinbrüchen für die Herstellung von Mau-ersteinen, Sockeln und Fundamentsteinen gewonnen wurde (kleinschnitz 2012). Der in den Brüchen der Fa. Röhrig bei Heppenheim-Sonderbach abgebaute Grano-diorit, als „Granit grau“ gehandelt, wird nicht nur für Körnungen für den Straßen- oder Betonbau sondern auch für Pflaster, Mauersteine, Verblendungen und Stelenbau verwendet. Im hessischen Buntsandstein-Odenwald wird bei Gras-Ellenbach der als „Odenwäl-der Buntsandstein rot“ bezeichnete Werksandstein abgebaut, welcher mit dem Neckartäler Hartsandstein aus dem Gebiet Eberbach im Odenwald unmittelbar vergleichbar ist; auf ihn wird deshalb in Kap. 4.5.3.1 kurz eingegangen. Fast ausschließlich als Werkstein wird der nachfolgend beschriebene Odenwald-Quarz genutzt. Auch im badischen Odenwald wurden bis in die 1980er Jahre verkieselte Schwerspatgänge für die Werksteingewinnung abgebaut, so bei Ursenbach und Balzenbach. Auf dieses Ganggestein wird eingegangen, um die genetische und petrographische Vielfalt der in Baden-Württemberg und seinen Nachbarländern ver-wendeten Werksteine zu würdigen.

Übersicht: Zu den ungewöhnlichsten Gesteinen angrenzender Regionen gehört der als Odenwald-Quarz oder Reichenbacher Pseudomorphosenquar-zit bezeichnete, hellrötlich/weiß bis gelblichbraun/weiß gebänderte Gangquarz. Er tritt in hydrother-malen Gängen innerhalb der kristallinen Gesteine des südlichen Odenwalds im Umfeld von Lautertal-Reichenbach auf (Abb. 5.6-1). Der Gangquarz wird heute noch am Borstein westlich von Reichen-bach in schmalen und tiefen Tagebauen gewonnen (Abb. 5.6-2 und -3). Bekannt wurden die generell WNW–ESE streichenden Quarzgänge durch den Blei- und Kupferbergbau, der ver mutlich im 16. Jh. einsetzte; Reichenbach war eines der bedeutends-ten Bergbaureviere im Odenwald (striegler et al. 2006). Erzbergbau ging überwiegend östlich der Ortschaft im Feld Reichenbach am Hohenstein im Zeitraum 1840 bis 1944 um (fettel 1975).

Etwa seit den 1970er Jahren wird dieses auffälli-ge Gestein aus den Reichenbacher Steinbrüchen in großem Umfang besonders in polierter Form für

Kurzfassung: Der unweit von Trier seit römischer Zeit gewonnene Udelfanger oder Kerscher Sand-stein ist ein gleichkörniger, meist gelblichbrauner Feinsandstein, der erdgeschichtlich dem Unteren Muschelkalk zugeordnet wird. Aktuell werden bei Udelfangen zwei homogene Werksteinbänke mit 1–2 m Mächtigkeit genutzt. Der Udelfanger ist wegen seiner Homogenität in Farbe, Körnung und tonig-karbonatischer Bindung ein beliebter Bildhauerstein mit guter Witterungsbeständig-keit. In Baden-Württemberg wird er z. T. als Aus-tauschmaterial an Bauwerken verwendet, die aus Schilfsandstein vom Typus Heilbronn, Mühlbach und Niederhofen erbaut wurden. Berühmte Bau-werke aus Udelfanger sind z. B. der Aachener Dom, die Liebfrauenkirche in Trier und das Reichs-tagsgebäude in Berlin.

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5.6 Odenwald-Quarz NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Abb. 5.6-2: Ein steil stehender, 5–6 m breiter, rötlicher Quarzgang im Steinbruch am Borstein. Die magmatischen Nebengesteine sind durch die tertiärzeitlichen Hydrother-mallösungen stark zersetzt und vertont.

Grabdenkmale verwendet, von denen auch zahlrei-che in alle Gebiete Baden-Württembergs verkauft wurden. Bis in die 1990er Jahre waren sie beson-ders stark nachgefragt, weshalb es kaum einen Friedhof in Deutschland gibt, auf dem diese haltba-ren Grabsteine und Grabeinfassungen nicht zu fin-den sind. Seither ist die Nachfrage zurückgegangen, vor allem weil zunehmend andere, „exotische“ und facettenreiche Gesteine unterschiedlicher Farben aus aller Welt angeboten werden. Verkauft wird der Odenwald-Quarzit vor allem in den Varietäten rot-weiß gebändert und gelbbraun-weiß gebändert (Abb. 5.6-1, -4 und -5).

Entstehung: Es handelte sich ursprünglich um grobspäti-ge Schwerspatgänge, die in Folge von tertiärzeitlicher

Hydrothermaltätigkeit im oberrheingrabennahen Kristallin des Odenwalds entstanden sind. Jüngere, kieselsäurereiche Lösun-gen haben den Schwer-spat in mehreren Phasen völlig verdrängt, jedoch blieben bei diesem Vor-gang die Strukturen der tafeligen Schwerspatkris-talle weitgehend erhalten (Abb. 5.6-1 und -4). Quarz hat den grobspätigen und blättrigen Baryt pseudo-morph, d. h. unter Erhal-tung der Kristallform des Schwerspats, verdrängt; daher die Bezeichnung „P seudomo rphosen -quarz“. Farbgebend sind rote und rotbraune Eisen-Mangan-Oxide und -Hy-droxide. Trotz seiner Po-rosität ist das Gestein gut polierfähig. Die kieselsäu-rereichen Lösungen, die zur Verquarzung führten,

enthielten auch geringe Mengen an Metallen, weshalb die Gänge auch Nester von Bleiglanz, Kupferkies, Kup-ferglanz und Fahlerz führen können. Nebengesteine sind Granit und Quarzdiorite mit eingelagerten Meta-morphitschollen.

Der am Borstein in Abbau stehende Gang besteht zu 98 % aus Quarz, der Rest aus oxidischen Eisen- und Manganmineralen, in Spuren treten die o. g. Kupfer- und Bleisulfide und ihre Verwitterungsbildungen auf (nur in der Grube Reichenbach erreichte der Kupfer-gehalt rund 1,3 %, s. fettel 1975). Die meisten Gang-linsen schwanken in ihrer Mächtigkeit zwischen 5 und 20 m. Der Quarzgang am Borstein ist maximal 50 m mächtig, die Abbaubreite ist mit 3–25 m je nach Gang-mächtigkeit und -qualität stark schwankend.

Weitere derartige Gänge mit Pseudomorphosenquarz treten im hessischen Odenwald südlich vom Auerba-cher Schloss bei Bensheim, bei Nieder-Mumbach und bei Erbach im Odenwald sowie im badischen Odenwald bei Ursenbach östlich von Schriesheim auf (klemm & fazakas 1975). Auch bei Hemsbach-Balzenbach wurde ein Quarzgang abgebaut (kleinschnitz 2012). Früher wurde der Odenwald-Quarz für Mühlsteine ver-wendet, heute fast ausschließlich für Zier- und Grab-steine, Verkleidungen, bisweilen Bodenbeläge und Ge-denktafeln (HLUG 2006). Die Vorräte der Vorkommen bei Reichenbach werden vom HLUG als ausreichend für die nächsten Jahrzehnte eingestuft.

Technische Eigenschaften (nach: grimm 1990 und HLUG 2006): Rohdichte: 2,4–2,8 g/ cm3; Reindichte: 2,65 g/ cm3; Porosi-tät, effektive: 2–6 Vol.-%; Wasseraufnahme unter Atmo-sphärendruck: 0,3–1,3 M.-%; Wasseraufnahme unter Vaku-um: 1,73 M.-%; Sättigungsgrad/s-Wert: 0,23. Das Gestein ist frostsicher.

Abb. 5.6-1: Rötliche Varietät des Odenwald-Quarzes im Steinbruch am Borstein bei Reichen-bach. Gut zu erkennen sind die strahlig erscheinenden Quarzpseudomorphosen nach Schwer-spat.

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5.6 Odenwald-QuarzNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Abb. 5.6-3: Abbau im Steinbruch am Borstein. Das alterierte, mürbe Nebengestein und die starke Zerklüftung des Quarz-gangs ermöglichen einen Abbau mit Baggerfahrzeugen.

Abb. 5.6-4: Limonitreiche braune Varietät des Pseudomor-phosen-Quarzes.

Abb. 5.6-5: Grabstein aus Odenwald-Quarzit auf einem Friedhof bei Bollschweil, Markgräflerland.

Kurzfassung: Das als Odenwald-Quarz oder Reichen-bacher Pseudomorphosenquarzit bezeichnete, hell-rötlich/weiß bis gelblichbraun/weiß gebänderte Ge-stein wird in steil stehenden Gängen im kristallinen Odenwald bei Lautertal-Reichenbach abgebaut. Es handelt sich um während des Tertiärs entstandene Hydrothermalgänge. Ursprünglich bestanden sie aus erzführenden Barytgängen; nach der weitgehenden bis vollständigen Verdrängung durch kieselsäure-reiche Lösungen werden sie heute aus Milchquarz mit Hämatit und Limonit aufgebaut. Zuerst waren

die Gänge Ziel des Kupfer- und Bleibergbaus, spä-ter dienten sie der Herstellung von besonders harten Mühlsteinen. Seit den 1970er Jahren werden kom-pakte Blöcke aus Pseudomorphosenquarz vor allem zu polierten Tranchen für Dekorationszwecke oder für Grabmale verarbeitet. Das ungewöhnliche Werk-steinmaterial wird noch in einem Tagebau am Bor-stein bei Reichenbach gewonnen; gleichartige Vor-kommen bei Ursenbach und Hemsbach-Balzenbach im badischen Odenwald werden seit den 1980er Jah-ren nicht mehr genutzt.

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5.7 Roter Mainsandstein (Roter Maintäler) NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.7 Roter Mainsandstein (Roter Maintäler) [Bayern, Mainfranken]

– helmut bock –

Übersicht: Die Bezeichnung „Roter Mainsandstein“ oder „Roter Maintäler“ ist als Handelsname ein grenz-übergreifender Sammelbegriff, mit dem sowohl Sand-steine aus dem Unteren als auch aus dem Oberen Buntsandstein bezeichnet werden. Im Unteren Bunt-sandstein sind dies die Sandsteine aus der Miltenberg-Formation, im Oberen Buntsandstein kennzeichnet dieser Name die Werksandsteine aus der Plattensand-stein-Formation (vgl. Abb. 5.4-2). Die nachfolgenden Beschreibungen beziehen sich ausschließlich auf die bayerischen Lagerstätten.

Der Rote Mainsandstein1 gehört zu den häufigsten in Deutschland verbauten Naturwerksteinen. Für fein profilierte Werkstücke und Bildhauerarbeiten ist seit jeher vor allem die kräftig rote, fein- und gleichkörnige, vorwiegend tonig-ferritisch gebundene Varietät aus der Plattensandstein-Formation geschätzt; die 5–10 m mächtige Werksteinzone liegt am Top der ca. 30 m mächtigen Plattensandstein-Formation (Abb. 5.7-8). Die rot/weißlichgelb gestreiften, teilweise etwas grö-beren und partienweise „kieselig“ gebundenen Va-rietäten aus dem Unteren Buntsandstein, also der Miltenberger und der Kirschfurter Sandstein, liefern vorwiegend hervorragende Bausteine. Gleichmäßig feinkörnige und tonig-ferritisch gebundene Sandsteine aus dem Unteren Buntsandstein werden aber auch für Bildhauerarbeiten genutzt. Die dickbankigen bis mas-sigen Werksteinlager kommen in mehreren Niveaus des unteren und mittleren Teils der Miltenberg-For-mation vor (Unterer Miltenberg-Sandstein („Dickbank-Sandstein“), ca. 75–85 m mächtig. Oberer Miltenberg-Sandstein, 25–35 m mächtig). Der in den zurückliegenden Jahrhunderten allge-mein sehr geschätzte Miltenberger Sandstein, auch als Stadtprozeltener oder Dorfprozeltener Sandstein bezeichnet, wird derzeit im Maintal noch in zwei Steinbrüchen, nämlich in Miltenberg (Handelsname „Miltenberger Sandstein“) und nordwestlich von Kirschfurt (Handelsname „Kirschfurter Sandstein“) abgebaut (Kap. 5.7.1). Der Werksandsteinabbau aus der Plattensandstein-Formation geht derzeit in fünf Steinbrüchen um, nämlich bei Eichenbühl (zwei Ge-winnungsstellen), Wüstenzell, Remlingen und Rött-

1 Der Namenszusatz Roter Mainsandstein ist insofern wichtig, als auch der Weiße und der Grüne Main-sandstein in Abbau stehen. Letztgenannte sind aber Bildungen des Sandstein-Keupers. Der Weiße Mainsand-stein, der auch als Coburger Bausandstein bezeichnet wird, wird vor allem bei Bamberg im Itztal, in den Haß-bergen bei Schönbrunn, Breitbrunn und Neubrunn und bei Coburg abgebaut. Er entspricht stratigraphisch dem Oberen Kieselsandstein in Baden-Württemberg. Der Grüne Mainsandstein, der auch die Bezeichnung „Sander Schilfsandstein“ trägt (weil er im Gebiet des Ortes Sand abgebaut wird), steht im Gebiet der Haßberge in Abbau; er gehört zur Stuttgart- bzw. Schilfsandstein-Formation.

bach. Die Sandsteine werden mit den entsprechen-den Ortsnamen gehandelt (Kap. 5.7.2). Für den Roten und den Rotweißen Mainsandstein wird hinsichtlich der grenzüberschreitend gültigen Beschreibungen zu Verbreitung, geologischer Übersicht, Bildungsbedin-gungen und historischer Nutzung auf die Ausführun-gen in Kapitel 4.5.1 verwiesen.

Der seit der Mainkorrektion in der Mitte des 19. Jh. mögliche Schiffstransport erleichterte den Handel mit dem Roten Maintäler ins europäische Ausland ganz wesentlich. Ende des 19. Jh. wurden Steinmetzarbei-ten sogar bis in die USA und nach Moskau geliefert (Jacob 1906). In Baden-Württemberg wird der Rote Mainsandstein aus dem Oberen Buntsandstein (Plat-tensandstein) seit Jahrzehnten zur Renovierung vie-ler historischer Bauwerke verwendet, vor allem weil – bis zur Intensivierung der Gewinnung von Neckar-täler Hartsandstein im badischen Odenwald seit 2007 (Kap. 4.5.3.1) – in den Buntsandsteingebieten Baden-Württembergs nur wenige Steinbrüche gleichmäßig rotes Material zeitnah und in großen Blöcken liefern konnten. Der Rote Mainsandstein steht in beachtli-chen Mengen und zu günstigen Preisen zur Verfügung, die Buntsandsteinbrüche Baden-Württembergs hatten hingegen oft mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Dies könnte sich nun ändern (Kap. 4.5.3.2).

5.7.1 Miltenberger Sandstein

Die gleichmäßig dickbankig entwickelten Sandsteine des Miltenberger Sandsteins treten im unteren und mittleren Abschnitt der Miltenberg-Formation im Un-teren Buntsandstein auf (Abb. 5.7-1 bis -3). Sie wer-den derzeit in Miltenberg von der Fa. Wassum (1) und nordwestlich von Kirschfurt („Kirschfurter Sandstein“) von der in Neunkirchen-Umpfenbach ansässigen Fa. Zeller (2) gewonnen.

Gesteinsbeschreibung: Der Miltenberger Sandstein ist durch eine warme, leuchtende, braunrote Farbe mit weißgrauer Streifung gekennzeichnet. Es handelt sich zumeist um dickbankige bis massige Fein- bis Mittelsandsteine. Farblich und strukturell ist er dem etwa gleichalten Neckartäler Hartsandstein (Kap. 4.5.3.1) recht ähnlich, vor allem die lebhafte, schicht-parallele Streifung mit dem Wechsel kräftiger roter und weißlichgelber Farben ist in beiden gleich häufig zu finden (Abb. 5.7-4). Die vorherrschende Kompo-nenten des Miltenberger Sandsteins sind Quarzkörner (72 %), daneben treten Gesteinsbruchstücke (21 %) und untergeordnet Feldspäte auf (4 %, teilweise ver-wittert und serizitisiert) (niehaus 1990). Partienweise ist ein merklicher Hellglimmergehalt zu verzeichnen. Das Bindemittel wird meist als „kieselig“ bezeichnet. Die Kornbindung erfolgt überwiegend durch direkten Kontakt der sich verzahnenden, suturierten Quarz-körner, selten durch Quarzanwachssäume. Teilweise ist die Bindung auch tonig-ferritisch; die Kornbindung wird hier durch dünne, durch Eisenoxid rot gefärbte Tonhüllen beeinflusst (niehaus 1990). Die kieselig ge-bundenen Sandsteine zeichnen sich durch hohe Fes-tigkeitswerte, sehr gute Widerstandsfähigkeit gegen Aggressorien (ehem. Verwendung für Säuretröge) und eine gute Witterungsbeständigkeit aus.

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5.7 Roter Mainsandstein (Roter Maintäler)NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Die vielfach auftretenden, großmaßstäblichen Schräg- und Kreuzschichtungen werden von der weißgrauen Streifung, die durch eine sekundäre Entfärbung durch Reduktion entstand, nachgezeichnet und ergeben so ein lebhaftes Schichtungsbild. Der Sandstein ist in unterschiedlichem Maß durchsetzt von einzelnen un-auffälligen, wenige Millimeter bis maximal etwa 6 mm großen, hellgelblichbraunen Pigmentflecken aus Ei-senhydroxid (“Pseudomorphosen“, vgl. Kap. 4.5.1).

Lagenweise treten in der abgebauten Gesteinsfolge Anreicherungen von dunkelroten Tonsteingeröllen auf. Diese tongallenreichen Sandsteine sind generell als Werkstein ungeeignet, da die Tonsteingerölle leicht herauswittern und somit Löcher und wabenförmige Flächen entstehen, die nicht an Fassaden toleriert werden. Abschnittsweise schalten sich in die Sand-steinfolge einige cm bis mehre dm mächtige Ton- und Schluffsteinlagen ein, z. T. wechsellagernd mit Fein-sandsteinen. Diese Bereiche stellen prominente Ablö-seflächen dar und erleichtern die Anlage von Abbau-sohlen. Nachfolgend werden die beiden in Nutzung stehenden Lagerstätten und die aus diesen erzeugten Werksteinprodukte eingehender betrachtet.

(1) Fa. Wassum, Miltenberg: Der 1904 eröffnete Steinbruch der Fa. Wassum liegt am nördlichen Orts-rand von Miltenberg. Der Firmengründer F. Wassum erwarb 1901 zunächst ein Grundstück im Südteil des heutigen Firmengeländes, um hier Auffüllmaterial für seinen Straßenbaubetrieb abzubauen. Schon in einer geringen Tiefe von nur zwei Metern stieß man damals

auf einen kompakten Sandsteinblock, der sich nach Lösung aus dem Gesteinsverband an den Kluftflächen für die Werksteinverarbeitung als geeignet erwies (sog. „Kernstein“). Der Betrieb wurde daraufhin im Jahre 1904 auf die Werksteingewinnung umgestellt (bock et al. 2005). Die großformatigen Rohblöcke eigneten sich von ihren Dimensionen und der Sandsteinqualität her besonders zur Herstellung von Säuretrögen, die damals von Pferdefuhrwerken zum nahe gelegenen Bahnhof transportiert und von dort weiter verfrach-tet wurden. Zu den Empfängern zählten die BASF in Ludwigshafen, Bayer Leverkusen, und die Farbwerke Hoechst – eine weitere Ähnlichkeit mit dem Neckartä-ler Hartsandstein. Dazu kamen bald auch Aufträge zur Anfertigung von Sandsteinmauern und Massivarbei-ten, die auf dem Wasserweg vor allem nach Frankfurt am Main und Mainz transportiert wurden.

In den 1930er Jahren, als alle Arbeitsvorgänge noch von Hand ausgeführt werden mussten, waren 60 Leu-te im Steinbruch und in der Verarbeitung beschäftigt. In dieser Zeit wurden vor allem Quader und Verblend-mauerwerk für Autobahnbrücken angefertigt. 1944 kam die Produktion kriegsbedingt zum Erliegen. Für den Wiederaufbau der noch kurz vor Kriegsende ge-sprengten Miltenberger Mainbrücke lieferte die Fa. Wassum eine größere Menge Verblendquader und war maßgeblich am Wiederaufbau der Brücke beteiligt.

Gewinnung: Die durch den Abbau erschlossene Ge-steinsfolge im Steinbruch Wassum ist knapp 28 m mächtig (Abb. 5.7-3). Die 2–5 m mächtigen Deck-

Abb. 5.7-1: Roter Mainsandstein im Unteren Buntsandstein, Steinbruch der Fa. Zeller bei Kirschfurt nordöstlich von Milten-berg (Unterfranken). Im Steinbruch sind 60 m mächtige, bankige und plattige Sandsteine aufgeschlossen. Derzeit abgebaut werden die dickbankigen Sandsteine auf der unteren Sohle (Foto 2009).

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5.7 Roter Mainsandstein (Roter Maintäler) NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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schichten bestehen von oben nach unten aus gering-mächtigen quartärzeitlichen, mit Lösslehm durchsetz-ten Lockergesteinsdeckschichten (im dargestellten Profil bereits abgeschoben), einer steinig–blockig zerfallenden Zersatzzone, die als Füllmaterial und zum Wegebau Verwendung finden kann, und angewitter-ten Sandstein-Bänken, die zusammen mit den darun-ter folgenden, z. T. unregelmäßig zerklüfteten Bänken vorwiegend als sog. „Findlinge“ oder Gestaltungsstei-ne im Garten- und Landschaftsbau, daneben auch für Hangsicherungs- und Uferstabilisierungsmaßnahmen Verwendung finden.

Darunter folgt der sog. Spälter (Abb. 5.7-3). Diese ebenschichtige, parallel laminierte, ca. 1 m mächtige Sandsteinbank mit einem auffallenden, weißgrau ent-färbten Reduktionsband an der Basis und zahlreichen Sohlmarken ist ein besonders hochwertiges Werk-steinmaterial, das sowohl als „Sägefels“ wie auch für Bildhauerarbeiten Verwendung findet. Darunter stehen nochmals zwei weitere, ebenfalls weitstän-dig geklüftete Werksteinbänke an, die großformatige Rohblöcke liefern, nämlich der „Obere Kern“ und der „Untere Kern“, womit betriebsintern die beste Quali-tät bezeichnet wird. Der „Obere Kern“ ist ca. 2,5 m mächtig, der „Untere Kern“ ca. 5–5,5 m. In die Lager zwischengeschaltet finden sich jeweils nur 0,5–2 m mächtige Abraumlagen.

Die Kluftabstände betragen im Unteren und Oberen Kern 2–8 m, was die Gewinnung sehr großer Roh-blöcke ermöglicht (Abb. 5.7-2). Die steil stehenden Hauptklüfte streichen im Mittel etwa 180º ± 20 º und 70º ± 20 º. Infolge des weitständigen Kluft-systems müssen die Rohblöcke mittels Spaltspren-gungen aus dem Felsverband herausgelöst werden.

Für diese mit Spreng-schnur oder Schwarz-pulver durchgeführten Spaltsprengungen wer-den mit einem Lafet-tenbohrgerät bis etwa 5 m tiefe Bohrlochreihen ausgeführt. Die Roh-blockhöffigkeit beträgt 43 % im Verhältnis zum insgesamt zu lösenden Abbauvolumen und die Durchschnittsblockgrö-ße kann mit 0,76 m3 an-gegeben werden2.

Technische Eigenschaften nach Angaben der Fa. Was-sum (bock et al. 2005):Rohdichte: 2,28 g/ cm3; Wasseraufnahme un-ter Atmosphärendruck: 3,87 M.-%, entspricht 8,84 Vol.-%; Druckfe-stigkeit: 83,4 MPa; zur Prüfung der Frostbestän-digkeit ermittelte Wasser-aufnahme: 3,8 M.-%, Mas-senverlust < 0,1 M.-%.

Verarbeitung: Der Fa-milienbetrieb beschäf-

tigte in den vergangenen Jahren zwischen 20 und 25 Mitarbeiter. Die Maschinenhalle und das Büro-gebäude der Firma befinden sich heute auf der ehe-maligen Steinbruchsohle älterer Abbauabschnitte. Jährlich werden etwa 5000 m3 Rohblöcke gewonnen und im eigenen Betrieb verarbeitet. Dafür stehen im Werk ein Vollgatter auf Stahlsandbasis mit bis zu 60 Blatt, zwei Diamant-Gattersägen mit vier Blatt, ein Diamant-Schnellgatter mit einem Blatt und eine Blockkreissäge zur Verfügung. Fräsarbeiten werden mit fünf Brückensägen ausgeführt, die frei über dem Tisch gelagert um mehrere Achsen verstellbar sind. Weiterhin kommen noch mehrere Spalt- und Bossier-geräte zum Einsatz.

Verwendung: Der Miltenberger Sandstein wird etwa seit dem 17. Jh. in größerem Umfang für Bau- und Bildhauerzwecke eingesetzt. Wichtige Bauwerke aus diesem Sandstein sind das Aschaffenburger Schloss, das Amorbacher Kloster, die Residenz in Würzburg, die Paulskirche in Frankfurt und das Senckenberg Mu-seum in Frankfurt a. M. (Abb. 5.7-5). Hergestellt wer-den von der Fa. Wassum Blockstufen für Restaurie-rungs- und Bildhauerarbeiten, Platten für Fassaden, Fußbodenbeläge und Treppen, Bossenverblender für Ufermauern und Haussockel, Mauersteine, Brunnen und andere Steinmetzarbeiten für die Gartengestal-tung (Abb. 5.7-6). Etwa ein Drittel des Rohmateri-als findet als sog. „Findlinge“ zur Hangsicherung und Uferbefestigung sowie als Gestaltungssteine im GaLa-Bereich Verwendung. Neben Privatkunden be-

2 Rohblockhöffigkeit = prozentualer Anteil auszubrin-gender Rohblöcke, die sowohl ein Mindestblockvolumen von 0,4 m³ haben, als auch in jeder Richtung Mindest-kantenlängen von 0,4 m aufweisen

Abb. 5.7-2: Westliche Abbauwand im Steinbruch Wassum bei Miltenberg, Roter Mainsand-stein im Unteren Buntsandstein. Gut erkennbar sind die großen Kluftabstände (bis 8 m) und die Hauptwerksteinbänke „Unterer Kern“ (am Radlader) und „Oberer Kern“, vgl. geologisches Profil der Abb. 5.7-3.

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5.7 Roter Mainsandstein (Roter Maintäler)NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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0

Abb. 5.7-3: Geologisches Profil der Abbauwand im Steinbruch Wassum bei Miltenberg, Mil-tenberger Sandstein, Unterer Buntsandstein. Farblich herausgehoben sind die Hauptwerk-steinbänke (Profil verändert nach: BocK et al. 2005).

liefert die Fa. Wassum auch Natursteinbetrie-be mit Fertigprodukten, wobei vor allem kleine-re bis mittelgroße Vor-haben im Vordergrund stehen, welche die Ka-pazitäten des eigenen Betriebes jeweils nur für eine begrenzte Zeit bin-den sollen.

Wichtige Referenzobjek-te aus der Produktion der Fa. Wassum sind die Obermainbrücke und der Eiserne Steg in Frankfurt am Main, die Erfbrücke in Riedern, Fassadenver-kleidungen für den Bahn-hof Schöllkrippen, das Bürohaus der Fa. Nukem und eine Geschäftspas-sage in Alzenau. Für Renovierungsarbeiten an diversen Denkmal-objekten wie z. B. das Schloss Meisenhausen und die Weiße Villa in Gelnhausen, verschie-dene Urnengrab- und Brunnenanlagen, Stütz-mauer-Verkleidungen u. a. in Gelnhausen und Heimbuchenthal sowie eine größere Zahl von Kirchen, vor allem in der Umgebung von Mil-tenberg, aber auch in Frankfurt am Main.

Gegenüber dem ers-ten Abbauabschnitt von 1904 ist die Abbauf-ront inzwischen um ca. 300 m weiter nach Nor-den vorgerückt; dennoch befinden sich im Erweite-rungsgebiet genehmigte Vorräte für viele Jahre. Für die weitere Zukunft stehen der Firma aus-reichend Reserveflächen als Grundeigentum zur Verfügung.

(2) Steinbruch Kirschfurt: Eine weitere wichtige, in Betrieb befindliche Abbaustelle für Miltenberger Sandstein ist ein Steinbruch nordwestlich von Kirsch-furt, in der die Fa. Zeller aus Neunkirchen-Umpfen-bach großformatige Werksandsteinblöcke gewinnt (Handelsname „Kirschfurter Sandstein“). Die Blöcke werden im Werk in Umpfenbach weiterverarbeitet. Dieser Steinbruch wurde Mitte der 1950er Jahre von der in Bürgstadt ansässigen Firma F. Weber GmbH & Co. Miltenberger Industriewerk KG (MIW) eröff-

net, die seit Mitte der 1930er Jahre an verschiede-nen, teils bereits wieder rekultivierten Abbaustellen im Maintal eine intensive Kies- und Sandförderung betreibt. Die im Kirschfurter Steinbruch von MIW in einer Mächtigkeit von max. ca. 50–60 m abgebau-ten Sandsteine (Abb. 5.7-7) konnten infolge Ihrer teil-weise sehr festen Kornbindung als Gleisbauschotter abgesetzt werden; oftmals sind die Sandsteine stark kieselig gebunden, was zu hohen Druckfestigkeiten führt. Infolge schwankender Kornbindungen und

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Druckfestigkeiten in der genutzten Schichtenfolge und damit verbundener Probleme mit der Güteüber-wachung für Straßenbaustoffe wurde die diesbezüg-liche Verarbeitung jedoch aufgegeben.

Erwähnenswert ist, dass im aktuellen Regionalplan der Region Bayerischer Untermain das Gebiet um diesen Steinbruch als Vorranggebiet für die Gewin-nung von Buntsandstein ausgewiesen ist. Ein Ziel ist die künftige, zumindest teilweise Substitution der im Maintal zur Neige gehenden Kies- und Sandvorräte durch gebrochene Sandsteine des Unteren Bunt-sandsteins. Infolge der genannten schwankenden Gesteinsqualität werden hierfür jedoch nach entspre-chenden Voruntersuchungen nur einzelne Bereiche in Betracht kommen.

Gewinnung: Für die Werksteingewinnung werden von der Fa. Zel-ler im Nordteil des Stein-bruchs Kirschfurt zwei massige und homoge-ne Sandsteinbänke von 3,3 m (Bank I) und 4 m (Bank II) Mächtigkeit genutzt (Abb. 5.7-7). Im unteren Meter der Bank II treten dunkelrote Ton-steingerölle mit einem Durchmesser bis 20 cm auf. Die beiden Bänke sind durch eine ca. 0,4 m mächtige Feinsandstein- und Tonschluffsteinlage getrennt, welche die An-lage einer Zwischensohle erleichtert. Die genutzte Mächtigkeit beträgt in-klusive einer überlagern-den, noch mit abgebau-ten ca. 1 m mächtigen Sandsteinbank etwas über 9 m. Der maximal ca. 3 m mächtige Ab-raum besteht aus ei-ner Wechselfolge von vorwiegend mittel- und dünnbankigen, teilweise stark geklüfteten Fein-sandsteinen und dunkel-roten Tonschluffsteinen. Die Hauptkluftrichtungen streichen etwa 85º und

165–170º; sie entspre-chen damit denjenigen im Steinbruch der Fa. Wassum. Die Kluftab-stände in der 165–170º Richtung betragen im östlichen Abbaubereich zwischen 3 und 4 m, im Westteil geht der Ab-stand auf Werte vorwie-gend zwischen 1–2 m, stellenweise auch darun-ter, zurück. Die Kluftab-

stände in der 85º-Richtung liegen im aufgeschlossenen Abbauabschnitt ziemlich einheitlich bei 1,20–1,40 m. Dieses Kluftmuster erlaubt somit die Gewinnung großer Blöcke, welche durch kluftparalleles Reihenbohren und Spaltsprengen erfolgt (Abb. 5.7-7).

Technische Eigenschaften nach Angaben der Fa. Zeller nach Prüfzeugnis der LGA Bautechnik GmbH, Würzburg vom 28.03.2008: Rohdichte: 2,25 g/ cm3 (Mittelwert aus 6 Proben); Porosität: 14,8 % (Mittelwert aus 6 Proben); Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck: 4,72 M.-% (Mittelwert aus 6 Proben); Druckfestigkeit: 74,0 MPa (Mittelwert aus 10 Proben); Bie-gezugfestigkeit: 5,5 MPa (Mittelwert aus 10 Proben); zur Prüfung der Frostbeständigkeit ermittelte Wasseraufnahme: 4,68 M.-%, Massenverlust < 0,1 M.-% (Durchschnitt aus 5 Proben).

Abb. 5.7-4: Tranchen aus rotem Miltenberger Sandstein mit typischer heller Streifung entlang der Schichtflächen.

Abb. 5.7-5: Naturkundemuseum Senckenberg in Franfurt am Main, erbaut 1904–1907, Trep-penhaus aus Miltenberger Sandstein.

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Verwendung: Sandsteine aus dem Steinbruch Kirsch-furt wurden in den letzten Jahren z. B. für den Wie-deraufbau des Schlosses Thurn & Taxis in Frankfurt und für die Neugestaltung der Sandsteinkuppel der Messe in Frankfurt eingesetzt. Im September 2009 wurden die Sandsteine zur Restaurierung der St.-Bar-tholomäus-Kirche (Dom) in Frankfurt verwendet. Das jüngste repräsentative Projekt unter Verwendung von Kirschfurter Sandstein ist nach Angaben der Fa. Zeller eine neue Spitze des Westturms des Mainzer Doms; der Austausch der Turmspitze soll voraussichtlich im Sommer 2013 erfolgen.

Bezugsmöglichkeiten: Der Miltenberger Sandstein kann von den Firmen Wassum in Miltenberg und Zel-ler in Umpfenbach bezogen werden: (1) Miltenberger Natursteinwerk, Peter Wassum GmbH, Im Söhlig 20, 63897 Miltenberg (Nord), Telefon: 09371-2781, Tele-fax: 09371-8898, Internet: www.wassum-online.de.(2) Natursteinwerke Franz Zeller KG, Eichenbühler Str. 11, 63930 Umpfenbach, Tel.: 09378-777+778, Fax: 09378-779, Internet: www.mainsandstein.de, www.zeller-naturstein.de.

5.7.2 Plattensandstein

Auch im bayerischen Teil des östlichen Mainvierecks wurde der leicht zu bearbeitende Plattensandstein in zahlreichen Steinbrüchen gewonnen (Dobner 1984). Heute sind die meisten aufgelassen. Große Abbau-stellen lagen im Gebiet Miltenberg–Amorbach und im Raum Marktheidenfeld, d. h. im Dreieck zwischen Rothenfels, Windheim und Hafenlohr, weiter nördlich von Zimmern, nordwestlich von Lengfurt, westlich von Röttbach sowie im Gebiet Remlingen–Holzkir-chen–Wüstenzell. Auch am Main bei Gemünden und Gössenheim bestanden größere Steinbrüche. Abge-baut wurde, wie in Baden-Württemberg, in der Regel die 5–10 m mächtige Werksteinzone im oberen Teil der Plattensandstein-Formation und somit im Liegenden der Unteren Röttonsteine (schWarzmeier 1978, 1979). Nur selten wurden auch die massigen Sandsteine an der Basis der Plattensandstein-Formation zur Werk-steingewinnung genutzt (schWarzmeier 1978, 1979). Die Gesteinsbeschreibung und die Bildungsbedingun-gen entsprechen ganz der für Baden-Württemberg ge-geben Beschreibung (vgl. Kap. 4.5.2).

Der Werksandsteinabbau aus der Plattensandstein-For-mation geht derzeit in fünf Steinbrüchen um, nämlich in zwei Gewinnungsstellen bei Eichenbühl (Fa. Zeid-ler & Wimmel und Fa. Zeller), Wüstenzell (Fa. Hof-mann), Remlingen (Fa. Seidenspinner) und Röttbach (Fa. Graser). Die genutzten Mächtigkeiten betragen zwischen 5 und ca. 10 m. In Eichenbühl und Röttbach sind nur wenige Meter Abraum zu bewältigen, wäh-rend die Überdeckung der Werksteinzone durch die Unteren Röttonsteine und den folgenden Rötquarzit so-wohl in Wüstenzell (Abb. 5.7-8) als auch in Remlingen 25–30 m beträgt. Die weitständige Klüftung gestattet in allen Steinbrüchen die Gewinnung großer Blöcke. In Röttbach können bis zu 10 m3 große Blöcke gelöst wer-den. Charakteristisch sind die farblichen Unterschiede der verschiedenen Sandsteine: Eichenbühl: rosagrau bis blassrot; Wüstenzell: rot; Remlingen: rot und blassrot; Röttbach: blassrot und graurot.

Abb. 5.7-6: Verarbeitung von Rotem Mainsandstein im Werk der Fa. Wassum bei Miltenberg: (A) Bearbeitung einer Tranche, (B) Verkaufslager mit verschiedenen Mauerstein- und Plattenformaten.

Abb. 5.7-7: Die beiden Hauptwerksteinbänke im Milten-berger Sandstein (Unterer Buntsandstein) im Steinbruch Kirschfurt der Fa. Zeller (Foto 2009). Die untere Hauptwerk-steinbank I ist 3,3 m, die darüber folgende Bank II 4 m mäch-tig. Gut erkennbar sind die engständigen Bohrlöcher, die für das Lösen der Blöcke mittels traditioneller Holzkeilspaltung gebohrt wurden; hierfür werden gewässerte Holzkeile, sog. Quellkeile, verwendet.

(A)

(B)

Im Steinbruch Wüstenzell (Abb. 5.7-8) wird der obe-re, ca. 8 m mächtige Abschnitt des Plattensandsteins zur Werksteingewinnung genutzt (bock et al. 2005). Nach grimm (1990) hat er folgende durchschnittliche Komponentenzusammensetzung: Quarz: 69 %; Ge-steinsbruchstücke: 20 %; Muskovit: 4 %; Feldspat: 3 %; opakes Erz: 2 %; Akzessorien: 2 %.

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In den letzten Jahren wurde im Westteil des Abbaus im obersten Teil des Sandsteins ein Bereich mit bis einige dm-dicken Tonsteinlagen und inhomogenen Sandsteinbänken mit vielen Tonstein-Intraklasten und dünnen, tonigen, die Aufspaltung begünstigenden Vorschüttungsblättern angefahren. Dieser Abschnitt liefert nur wenige brauchbare Werksteinblöcke. Nach Firmenangaben beträgt die Rohsteinförderung im oberen Teil des Plattensandsteins nur 8 % der gelös-ten Massen, d. h. jährlich gehen im Schnitt nur etwa 1600–1700 m3 verwertbare Rohblöcke in die Verarbei-tung im ca. 11 km entfernten Gamburg. Die an diesem Standort anhand des Trennflächengefüges ermittel-te Rohblockhöffigkeit beträgt ca. 35 % (singeWalD 1992). Etwa 27 % der gelösten großformatigen Roh-blöcke (Durchschnittsblockgröße 0,70 m3) sind wegen qualitativer Einschränkungen, z. B. der Einlagerung von Tongallen oder Fehlfarben bzw. Verfärbungen, nicht für Fassadenplatten u. ä. verwertbar. Die Firma verfügt nach eigenen Angaben am Standort Wüsten-zell langfristig über genehmigte Vorräte.

Der ca. 30 m mächtige Abraum im Steinbruch Wüsten-zell (Abb. 5.7-8) besteht aus den ca. 25 m mächtigen Unteren Röttonsteinen, im oberen Teil ebenfalls mit teilweise kieselig gebundenen Feinsandsteineinschal-tungen (vgl. freuDenberger 1990: 31, Abb. 11) und dem darüber folgenden, ca. 5 m mächtigen Rötquarzit. In früheren Jahren konnten karbonatarme Tonsteine

der Unteren Röttonsteine aus einer 2–2,5 m mächtigen Lage als Zuschlagstoff an die Ziegelindustrie abgege-ben werden. Derzeit erfolgt dies nicht.

Technische Eigenschaften: Nach ihren technischen Ei-genschaften lassen sich die heute im Ostteil des bay-erischen Mainvierecks genutzten Plattensand steine zwei Gebieten zuordnen (Dobner 1985, S. 247): „Die mehr tonig-ferritisch gebundenen Sandsteine aus der Gegend um Miltenberg-Amorbach (Eichenbühl) errei-chen eine durchschnittliche Druckfestigkeit von 50–85 MPa … Die Biegezugfestigkeit liegt bei 6 MPa und die Rohdichte bei 2,1–2,2 g/ cm3. Bei einer Wasser-aufnahme von ca. 5–6 Gew.-% sind die Sandsteine frostbeständig aber nicht tausalzbeständig. Die mehr kieselig gebundenen Sandsteine südlich Marktheiden-feld erreichen Druckfestigkeiten von 80–100 MPa, in Ausnahmefällen auch von 120 MPa. Entsprechend hoch ist die Biegezugfestigkeit mit ca. 10 MPa. Die Rohdichte liegt bei 2,3 g/ cm3. Die geringe Wasser-aufnahme von nur 3–4 Gew.-% schlägt sich in der Frostbeständigkeit nieder. Dagegen sind auch diese Sandsteine nicht tausalzbeständig.“

Für den oben genannten Wüstenzeller Sandstein sind nach Niehaus (1990) folgende gesteinstechnische Kennwerte zu nennen: Rohdichte: 2,38 g/ cm3; Poro-sität: 11,05 %; Wasseraufnahme unter Atmosphären-druck: 3,08 M.-%.

Abb. 5.7-8: Steinbruch Wüstenzell der Fa. Hofmann im Plat-tensandstein (Oberer Buntsandstein). Abbau in der Werk-steinzone im oberen Teil des Plattensandsteins mit Bohren, drückendem Sprengen mittels Schwarzpulver oder Spreng-schnur und Bagger (Foto 2005). Darüber anstehend die 25–30 m mächtigen Abraumschichten aus roten Ton- und Schluffsteinen der Rötton-Formation.

Abb. 5.7-9: Typischer mainfränkischer Brückenheiliger, her-gestellt aus Plattensandstein; Tauberbrücke bei Bronnbach nahe der berühmten Zisterzienserabtei.

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Für den stärker kieselig gebundenen Röttbacher Sandstein sind nach Firmenangaben folgende ge-steinstechnischen Angaben zu nennen: Rohdichte: 2,27 g/ cm3; Wasseraufnahme unter Atmosphären-druck: 3,52 M.-%; Druckfestigkeit: 98 MPa; Biegezug-festigkeit: 7,2 MPa. Das Gestein ist frostbeständig.

Verarbeitung und Verwendung: Aufgrund ihrer leich-ten Bearbeitbarkeit finden die Plattensandsteine seit Jahrhunderten Verwendung für Bildhauer- und Stein-metzarbeiten (Abb. 5.7-9). Heute steht neben Renovie-rungsarbeiten an historischen Gebäuden (Abb. 5.7-10 und 5.7-11) die Produktion von Platten und Blockstu-fen für Fenster- und Türeinfassungen und Fassaden-

verkleidungen im Vordergrund. Als reiner Baustein wird dieser Sandstein wenig verwendet (Gartenmau-ern, Bossensteine). Die Herstellung von Säuretrögen und Schleifsteinen hat heute, im Gegensatz zu früher, keine Bedeutung mehr (Dobner 1984). Für den Wüs-tenzeller Sandstein sind folgende prominente Beispie-le zu nennen: Winterpalais Leningrad, Union League Philadelphia, Weltausstellungsgebäude in Brüssel, Schloss in Mannheim, Pompejanum in Aschaffenburg (niehaus 1990). Eichenbühler Sandstein wurde z. B. beim Bau des Museums für Moderne Kunst in Frank-furt am Main und für das Gebäude der Grundkredit-bank in Berlin verwendet. Aktuelle Referenzobjekte für den Röttbacher Sandstein sind die Fischerinsel in Berlin und die Mary’s Abbey in Dublin.

Bezugsmöglichkeiten: Eichenbühler Sandstein: (1) Zeidler & Wimmel GmbH & Co. KG, Konsul-Metzing-Straße 7–9, 97268 Kirch-heim, Tel. 09366-9069-0, Fax 09366-1329, Internet: www.zeidler-wimmel.de. (2) Natursteinwerke Franz Zeller KG, Eichenbühler Str. 11, 63930 Umpfenbach, Tel.: 09378-777+778, Fax: 09378-779, Internet: www.mainsandstein.de, www.zeller-naturstein.de.Wüstenzeller Sandstein: Hofmann Naturstein GmbH & Co. KG, Anton-Hofmann-Allee 2, 97956 Werbach-Gamburg, Internet: www.hofmann-naturstein.de. Roter Remlinger Hartquarzsandstein: Seidenspinner Natursteinwerk GmbH, Mainzer Straße 2, 97277 Neu-brunn, Internet: www.natursteinwerk-seidenspinner.de.Röttbacher Sandstein: Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser GmbH, Dr. Robert-Pfleger-Straße 25, 96052 Bamberg, Internet: www.bamberger-natur-steinwerk.de

Abb. 5.7-10: Treppenaufgang an der Schlosskirche in Amor-bach, südlich von Miltenberg, erstellt und renoviert mit Plat-tensandstein.

Abb. 5.7-11: Neugestaltung des Altarraums im Freiburger Münster mit Miltenberger Sandstein (2006); gewünscht wa-ren widerstandsfähige, farblich und strukturell einheitliche Sandsteine.

Kurzfassung: Als „Roter Mainsandstein“ oder „Ro-ter Maintäler“ werden grenzübergreifend sowohl Sandsteine aus dem Unteren als auch aus dem Oberen Buntsandstein bezeichnet. Die rot/weiß-lichgelb gestreiften und geflammten, feinkörnigen Sandsteine aus dem Unteren Buntsandstein wer-den derzeit im Maintal noch in zwei Steinbrüchen, nämlich in Miltenberg (Handelsname „Miltenber-ger Sandstein“) und nordwestlich von Kirschfurt (Handelsname „Kirschfurter Sandstein“) unter Nutzung mehrerer dickbankiger Lager abgebaut. Sie liefern vorwiegend hervorragende Bausteine; gleichmäßig feinkörnige und tonig-ferritisch ge-bundene Sandsteine werden aber auch für Bild-hauerarbeiten genutzt. Der Sandsteinabbau in der Plattensandstein-Formation geht derzeit in fünf Steinbrüchen um, bei Eichenbühl, Wüstenzell, Remlingen und Röttbach. Die 5–10 m mächtige Werksteinzone liegt am Top der ca. 30 m mächti-gen Plattensandstein-Formation. Diese meist rein roten, untergeordnet auch grauroten und grauen, fein- und gleichkörnigen sowie vorwiegend tonig-ferritisch gebundenen Sandsteine sind insbeson-dere für fein profilierte Werkstücke und Bildhau-erarbeiten geschätzt. Sie werden aber auch für Fenster- und Türeinfassungen, Fassadenverklei-dungen oder Restaurierungsarbeiten an histori-schen Gebäuden eingesetzt.

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5.8 Kirchheimer Muschelkalk NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.8 Kirchheimer Muschelkalk [Bayern, Unterfranken]

– Wolfgang Werner –

Abb. 5.8-1: Kirchheimer Muschelkalk in typischer Farbe, Struktur und Verarbeitung: Fassa-denplatten aus Quaderkalk, in der Schichtung gesägt, dann geschliffen bzw. gestockt. Gebäu-de der Fa. Borst in Kirchheim/Ufr.

Übersicht: Der Kirchheimer Muschelkalk wird hier stellvertretend für die vielen werksteintauglichen, ins-gesamt aber sehr ähnlichen Vorkommen im unterfrän-kischen Verbreitungsgebiet des Oberen Muschelkalks betrachtet. Es handelt sich um einen mittelgrauen, oft bräunlich gefleckten, stets fossilschuttreichen, oft grobkristallinen, gut schleif- und polierfähigen und sehr widerstandsfähigen Kalkstein aus dem obersten Mu-

schelkalk Unterfrankens (Abb. 5.8-1, -3 und -4). Aufgrund seiner regel-mäßigen quaderförmigen Absonderung entlang steil stehender Klüfte erhielt er von den Stein-hauern die Bezeichnung „Quaderkalk“ (Abb. 5.8-5). Dieser Steinhauerbe-griff wurde von geisler (1939) für die dickban-kige, fossilschuttreiche Fazies des Muschelkalks der Germanischen Trias in die geowissenschaft-liche Literatur einge-führt. Der Kirchheimer Muschelkalk stellt eine dickbankige Fazies im obersten Hauptmuschel-kalk dar (Abb. 5.8-2). Er ist petrographisch eng verwandt mit den Fos-silschuttkalken des unte-ren Hauptmuschelkalks aus Crailsheim bzw. Sat-teldorf und den Schill-kalksteinen des oberen Hauptmuschelkalks von Krensheim und Grüns-feld sowie von Kirch-berg und Bölgental (Kap. 4.16.3). Die Schillkalk-steine vom Typ des Qua-derkalks sind auf einer submarinen Untiefe des Triasmeeres, der sog. Gammesfelder Barre, entstanden. Hier kam es im wellenbeeinflussten Bereich bei Wassertiefen von nur wenigen Metern zur Ablagerung von Kar-bonatsandkörpern, wie man sie heute im Persi-schen Golf antrifft (hag-Dorn & aigner 2005).

Diese Schillkalksteine werden schon seit vie-len Jahrhunderten für Bauzwecke, vor allem für das Aufrichten der Mauern von Häusern, Kirchen, Brücken, Bur-gen und Schlössern, verwendet. Ihr Einsatz

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in Bau und Architektur außerhalb Unterfrankens ist aber relativ jung. Jacob (1906: 51) schreibt: „Die wachsende Vorliebe für helle Baustoffe hat auch der unterfränkischen Muschelkalkindustrie zum Aufblü-hen verholfen, nachdem es den Architekten gelungen war, den Stein mit dem richtigen Verhältnis seiner Eigenarten und seiner Schönheit zu verwerten. Bis vor etwa vier Jahren war das Material wenig bekannt und nur von kleinen Unternehmern wurde es zu unter-geordneten Arbeiten wie Randsteine, Einfriedungen, Sockelsteine, Treppenstufen verwendet. (…) Heute nimmt der Muschelkalk eine der ersten Stellen unter den Werksteinen Deutschlands ein.“ Die meisten der heute noch betriebenen Steinbrüche stammen daher auch aus der Zeit zwischen 1900 und 1930.

Verbreitung: In einem etwa 25 km langen, SW–NE gerichteten Streifen von Grünsfeld und Krensheim (Württemberg), über Gaubüttelbrunn, Kirchheim, Moos, Kleinrinderfeld bis an den Main bei Randers-acker und Sommerhausen, südöstlich von Würzburg, und bis Rottendorf sind weit über Hundert Steinbrü-che zu finden, in denen die dickbankigen Schillkalk-steine gewonnen wurden. Heute sind noch ein gutes Dutzend Brüche in Betrieb. Weiter im Osten zieht ein weiteres Band von Quaderkalkvorkommen von Rot-tendorf im Norden über Ochsenfurt und Marktbreit, Langensteinach und Steinsfeld bis fast nach Rothen-burg ob der Tauber im Süden (vgl. schuster 1936). geisler (1939) wies unterschiedlich alte Bildungen

der Quaderkalkfazies nach, wobei die ältere im sog. Zentralgebiet um Sommerhausen, Ochsenfurt und Rothenburg o. d. T. verbreitet ist (beginnend ab der nodosus-Zone), die Quaderkalke aus dem Gebiet Krensheim – Kirchheim – Kleinrinderfeld – Rotten-bauer rechnet er zum Randgebiet, in dem die Werk-steinfazies erdgeschichtlich etwas jünger ist (Niveau Hauptterebratelbank).

In Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wer-den auch fossilschuttreiche „Quaderkalke“ genutzt, die aber der Schaumkalkfazies des Unteren Muschel-kalks zugehörig sind, so z. B. in Neustadt a. d. Saale (hier ist es meist ein feinporöser, dunkler Schaumkalk), in Oberdorla bei Mühlhausen in Thüringen, bei Jena und Freyburg in Sachen-Anhalt sowie bei Königslutter in Niedersachsen (hier häufig oolithisch). Wegen der großen Ähnlichkeit der Fertigprodukte (bes. der ge-schliffenen Platten) werden diese Muschelkalksorten oft nebeneinander verbaut1.

Gesteinsbeschreibung: In Kirchheim treten drei Werk-steinlager auf, die sich nicht nur im Erscheinungsbild sondern auch in den technischen Eigenschaften un-terscheiden (von oben nach unten): Oberbank, Kern-stein und Blau- oder Goldbank. Die nutzbare Mächtig-

1 Weitere Informationen zu Quaderkalksteinbrüchen unter http://www.baufachinformationen.de

Abb. 5.8-2: Schematischer geologischer Nord–Süd-Schnitt durch den Oberen Muschelkalk von württembergisch Franken und Unterfranken (Bayern) (Graphik erstellt in Anlehnung an: Geyer 2002 und hAGdorn 1991). Farblich herausgehoben sind die für die Werksteingewinnung besonders wichtigen Abschnitte des Quaderkalks und des Crailsheimer Muschelkalks.

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keit dieser Bänke variiert jeweils zwischen 0,5 und 0,9 m. Der besonders begehrte Kernstein zeichnet sich durch grobfleckige Textur aus mittelgrauem Fos-silschutt und gelblichbrauner Calcitzwickelfüllung aus (Abb. 5.8-3). Der Kirchheimer Muschelkalk vom Typus „Kernbank“ enthält rund 70 % Komponenten aus Mu-schel- und Brachiopodenschalen sowie Peloiden und ca. 30 % Bindemittel aus Calcit und etwas Eisenhydro-xiden (vgl. niehaus 1990). Der Kernstein ist ein grauer

bis graubrauner, poröser Scha lentrümmerkalk aus Muschel- und Brachiopo-denschill; er enthält keine Tonfugen und weist enge Kornverzahnungen auf. Charakteristisch für diese recht reinen Kalksteine sind auch Lösungssutu-ren, sog. Stylolithen.

Bei den als Gold- und Blaubank bezeichneten Werksteinsorten han-delt es sich um dich-tere, weniger poröse Schalentrümmerkalke. Sie bestehen aus einem cm weisen Wechsel von braunem, fein- und mit-telkörnigem Kalkdetritus (gelblich/bräunlich, im polierten Zustand „gold-gelb“) und grobem, po-rösem Fossilschutt (im polierten Zustand bläu-

lichgrau). Bekannt sind auch die Varietäten Mooser und Sellenberger Muschelkalk (Abb. 5.8-3 und -4). Beim Mooser Muschelkalk werden die Varietäten „Bläulichgraue Kernbank“ und „Rot- oder Oberbank“ unterschieden. Es handelt sich um einen grauen bis graubraunen, muschel- und brachiopodenschillrei-chen Kalkstein mit geringem Matrixanteil aus Kalk-spat. In manchen Bänken treten auch rötlichbraune Varietäten auf.

Bei allen Varietäten, be-sonders aber beim Kern-stein, sind Fossilien und Fossilienbruchstücke mit dem bloßen Auge gut er-kennbar. Neben den bis 5 mm dicken Schalen-resten treten Peloide mit einer Korngröße von 0,1 bis 0,2 Millimeter auf. Der größte Teil des Gesteins (70–75 %) besteht aus Fossilschutt und Peloiden, der Rest aus calcitischem, meist mikritischem bis mikrosparitischem Bin-demittel (niehaus 1990). Kleine Drusen sind i. d. R. mit weißem Calcit verfüllt. In der Goldbank-Varietät sind gelblichbraune bis rostbraune Eisenoxidver-bindungen partienweise angereichert. In der Varie-tät Blaubank tritt lokal eine erhöhte Sekundärporosität auf, die auf das Auftreten von Dedolomit zurückzu-führen ist (feines Netz-werk, bräunliche Flecken).

Abb. 5.8-3: Platten von Kirchheimer Muschelkalk, in der Schichtung gesägt, geschliffen und poliert bzw. unpoliert (im Angebot der Fa. Zeidler & Wimmel, Kirchheim/Ufr.).

Abb. 5.8-4: Platten von Sellenberger Muschelkalk aus der Nähe von Kleinrinderfeld (Un-terfranken), Quaderkalkplatten diamantgeschliffen (im Angebot der Fa. Lauster Steinbau, Stuttgart). Durch die verschiedenen Arten der Oberflächenbearbeitung können sehr unter-schiedliche Farb- und Lichteffekte am Gebäude erzielt werden.

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Als typisches Lagerstättenbeispiel können die Stein-brüche in unmittelbarer Nähe von Kirchheim ange-führt werden, die vor allem von den traditionsrei-chen Firmen Zeidler & Wimmel2 und Borst betrieben werden. Die Mächtigkeiten des Quader- bzw. Schill-kalksteins in den Steinbrüchen um Kirchheim/Ufr. (Abb. 5.8-5 und -6) liegen bei durchschnittlich 4,5 m, die Mächtigkeit der nicht nutzbaren plattigen und to-nig-mergeligen Schichten liegt derzeit (Herbst 2009) bei maximal 10–12 m. Der Kirchheimer Muschelkalk aus dem „Blauen Loch“ zeigt eine wolkige, schwach blaugraue Färbung im Wechsel mit hellgrauen und rostbraunen Partien. Die einzelnen Werksteinbänke sind meist zwischen 0,4 und 1 m mächtig. Abgebaut wird das Werksteinlager hier, wie in den meisten Brü-chen der Umgebung, auf zwei Teilsohlen (Abb. 5.8-6), hier jeweils von etwa 2,2 m Höhe. In benachbarten Brüchen variiert die nutzbare Mächtigkeit zwischen 1,5 und 5 m, die Überlagerungsmächtigkeit zwi-schen 5 und 10 m. Einzelne, weitständig auftretende

2 Die Fa. Zeidler & Wimmel betrieb bis 2005 auch Werk-steingewinnung in Baden-Württemberg (Zwiefalten-Gauingen, zuvor Langenenslingen, s. Kap. 3.1). Sie wurde 1776 in Berlin gegründet, verlegte ihren Hauptfir-mensitz 1911 nach Kirchheim/Ufr., gehörte im Zeitraum 1984–2004 zur Holzmann-Gruppe, seit 2004 ist sie Teil der Geiger-Gruppe. Derzeit sind etwa 40 Mitarbeiter in der Verarbeitung und Verwaltung in Kirchheim tätig. Aus den Werkstätten der Fa. Zeidler & Wimmel stammen die Werksteine für so berühmte Bauten wie das Brandenbur-ger Tor (1788–1791) und das Reichstagsgebäude (1884–1894) in Berlin, heute Sitz des Deutschen Bundestags. Informationen zu Bauprojekten dieser Firma sind zu finden unter http://de.wikipedia.org/wiki/Zeidler _ & _Wimmel

Abb. 5.8-5: Typischer Steinbruch im Quaderkalk bei Kirchheim (Unterfranken), 2010. Durch das orthogonale Kluftsystem wird der Quaderkalk in relativ einheitliche „Quader“ zerlegt – daher der Name. Bankmächtigkeit ca. 3 m.

Abb. 5.8-6: Steinbruch „Blaues Loch“ in Kirchheim/Unter-franken. In diesem Bruch stehen zwei, jeweils 2 m mächtige Quaderkalkbänke in Abbau. Abraummächtigkeiten bis 30 m werden akzeptiert.

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5.8 Kirchheimer Muschelkalk NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Flexuren mit wenigen Metern Vertikalversatz queren die Steinbrüche, verursachen aber meist nur geringe Wertminderung. Das steil stehende, meist weitstän-dige Kluftsystem verläuft überwiegend orthogonal, so dass annährend kubische Blöcke in Größen von etwa 2–16 m3 gewonnen werden können (im Mittel etwa bei 4–5 m3, Abb. 5.8-5).

Technische Eigenschaften: Vor allem seit Anfang des 20. Jh. ist der Fränkische Muschelkalk wegen seines Erscheinungsbildes und seiner günstigen Gesteins-eigenschaften ein deutschlandweit begehrter Werk-stein. Jacob (1906: 51) lobte das Material mit den Worten: „Die Härte des Materials und seine Druck-festigkeit kommen der des Granits gleich, sind vielem Granit sogar überlegen. Dabei lässt er sich im Gegen-satz zum Granit auch für reich profilierte und Bildhau-erarbeiten verwenden.“

(1) Nach niehaus (1990) weist der Kirchheimer Muschelkalk Typus Kernbank folgende Werte auf:Rohdichte: 2,64 g/ cm3; Reindichte: 2,72 g/ cm3; Porosität: 2,93 Vol.-% (zum Vergleich: Krensheimer und Crailsheimer Muschelkalk mit 13,8 bzw. 11,04–11,2 %); Wasseraufnah-me unter Atmosphärendruck: 0,76 M.-%, Wasseraufnahme unter Vakuum: 1,11 M.-%; Sättigungsgrad/s-Wert: 0,68.niehaus (1990) gibt an, dass die Druckfestigkeitswerte für die matrixreicheren Quaderkalke vom Typus Blaubank und Goldbank mit 110–190 MPa deutlich über den des ma-trixärmeren, also komponentenbetonten Kernsteins (unter 100 MPa) liegen.Frostbeständigkeit: Aufgrund der Porosität, die eine völlige Wassersättigung verhindert, sind Schaumkalk und Kern-

stein frostbeständig (sogar als Sockel geeignet). Blaubank und Goldbank sind wegen geringer Tonmineralgehalte nicht oder nur bedingt frostbeständig.

(2) Die Fa. F. Kögel Natursteine (97337 Dettelbach) gibt für den Mooser Kernstein und die Mooser Rotbank noch fol-gende Werte an (www.stonecenter.eu):Rohdichte: 2,45–2,55 g/cm³; Wasseraufnahme unter At-mosphärendruck: 1,6 M.-%; Druckfestigkeit: 50–60 MPa; Biegezugfestigkeit: 6,4–11,3 MPa; politurbeständig nur im Innenbereich.

(3) Für die Blaubank gibt diese Firma folgende Werte an:Rohdichte: 2,69 g/ cm³; Wasseraufnahme: 0,3 M.-%; Porosi-tät: ca. 0,9 Vol.-%; Druckfestigkeit: 113 MPa; Biegezugfe-stigkeit: 8–12 MPa mit dem Lager; Frostbeständigkeit: nur bedingt frostbeständig.

Gewinnung: Die Gewinnung erfolgt durch engstän-diges Bohren und hydraulisches Keilen sowie durch Abheben mit Radlader oder Druckkissen. Bei großen Blöcken wird auch die Gewinnung mittels Seilsäge angewendet. Nach Auskunft mehrerer Firmen variiert der Verkaufswert eines Rohblockes zwischen 500 und 1000 € je Kubikmeter (je nach Bank), jedoch werden die gewonnenen Blöcke überwiegend von den Stein-bruchbetreibern in angeschlossenen Betrieben zu den geforderten Endprodukten weiterverarbeitet, wodurch bei gleichzeitiger Auslastung der installierten Bear-beitungstechnik deutlich höhere Preise zu erzielen sind. In der Endverarbeitung sind überwiegend große Gattersägen (Vortrieb im Quaderkalk etwa 20 cm/h), Kreissägen und Fertigungsstraßen mit verschiedenen

Abb. 5.8-7: Olympiastadion in Berlin, erbaut 1934–36 vor allem aus Fränkischem Muschelkalk. (A) Außenansicht; (B) Außenumgang im Oberring, bahngespitzte Muschelkalkmauerquader.

(a) (b)

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Schleif- und Poliermaschinen im Einsatz. Größere Ver-arbeitungsbetriebe haben im Kirchheimer Raum in der Regel zwischen 30 und 50 Mitarbeiter. Je nach Nach-frage, Lagerstättenqualität und Betreiberfirma werden pro Steinbruch etwa 1000–1500 m³ jährlich abgebaut. 35–40 % der gelösten Menge können aufgrund der ausreichenden Blockgrößen und Stabilität zu hochwer-tigen Produkten verarbeitet werden.

Verwendung: Seit Jahrhunderten wird der fränkische Quaderkalk in großem Umfang für Mauern aller Art, Pflastersteine und zur Befestigung von Hängen und Ufern verwendet. Zu den berühmten Beispielen zählt die im 15. und 16. Jh. errichtete Alte Mainbrücke in Würzburg und die darüber thronende Feste Marien-berg. Die Dörfer im genannten Verbreitungsgebiet dieses Werksteins sind durch die steinsichtige Mas-sivbauweise zahlreicher Privathäuser und Hofgebäu-de charakterisiert. Für Massiv- und Monumentalbau wurde er besonders in den 1930er und 40er Jahren verwendet; in dieser Zeit erlebte die Natursteinindus-trie dieses Gebiets eine besonders große Nachfrage (Abb. 5.8-7). Als bekannte Verwendungsbeispiele von Kirchheimer Muschelkalk in der städtischen Ar-chitektur können das Brandenburger Tor, das Reichs-tagsgebäude und das Olympiastadion in Berlin, die Münchner Isarbrücken, der Neptunbrunnen im Alten

Botanischen Garten, das Zoologische Institut der Uni-versität und die U-Bahn-Station Theresienstraße in München sowie die Deutsche Bank in Düsseldorf ge-nannt werden. Aus dem o. g. Betrieb der Fa. Zeidler & Wimmel stammen nach Angabe der Firma z. B. die Bo-denbeläge im Außenbereich der Staatsgalerie und des Kammertheaters in Stuttgart, die Natursteinelemente für die Innengestaltung der L-Bank in Karlsruhe, aus dem o. g. Steinbruch „Blaues Loch“ die Werksteine für die Spanische Botschaft in Berlin, das Händlerzen-trum der Deutschen Bank in Frankfurt und die Würt-tembergische Lebensversicherung am Leipziger Platz in Berlin.

Heute werden dickbankige Quaderkalksteine vor al-lem zu hochwertigen Fertigprodukten wie Boden- und Fassadenplatten, für Gliederungselemente an Fassa-den und zu Mauerquadern im Außenbereich verarbei-tet, in der Innenarchitektur werden sie als Wand- und Bodenplatten, Treppenstufen sowie Fensterbänke eingesetzt (Abb. 5.8-1 und -7). Dünnbankiges Ma-terial wird im Garten- und Landschaftsbau oder für die Herstellung von Pflastersteinen usw. verwendet (Abb. 5.8-9). Beste Blöcke gehen in die Bildhauerei; aufgrund der massiven Blockgrößen und der guten Kornbindung ist die Anfertigung auch großformatiger Bildhauerarbeiten möglich (Abb. 5.8-8).

Abb. 5.8-8: Zum Abschluss der Flurbereinigung 1976 er-richtetes Flurdenkmal „Die Schnecke“ in den Weinbergen oberhalb von Sommerhausen, ca. 2,5 m hoch und unter Ver-wendung von zwei Blöcken aus Kirchheimer Muschelkalk erstellt (2010).

Abb. 5.8-9: Verschiedene Bodenplatten und Pflastersteine aus Kirchheimer Muschelkalk; Ausstellung auf dem Firmen-gelände der Fa. Borst Natursteinwerk, Kirchheim.

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Angeboten wird der Kirchheimer Muschelkalk und verwandte Muschelkalksorten in verschiedenen Bear-beitungsvarietäten, die durch unterschiedliche Säge-richtung und Oberflächenbearbeitung zustande kom-men: Im Lager und gegen das Lager geschnitten und poliert (d. h. parallel und senkrecht zur Schichtung), geschliffen und poliert, maschinell geriffelt, fein oder grob gerollt, sandgestrahlt, fein oder grob gestockt, scharriert, gekrönelt, gespitzt usw. (Abb. 5.8-1, -3, -4 und -7).

Bezugsmöglichkeiten:(1) Zeidler & Wimmel GmbH & Co. KG, Konsul-Metzig-Str. 7–9, 97268 Kirchheim, www.zeidler-wimmel.de. (2) Kirchheimer Kalksteinwerke GmbH, Egensburger Straße 15, 97268 Kirchheim, Internet: www.muschel-kalk-franken.de oder www.kkw-stein.de. (3) Hemm Stone GmbH, Mergentheimer Straße, 97268 Kirch-heim, Internet: www.hemmstone.de. (4) Naturstein-werk Scheuermann GmbH u. Co., Maisenbacher Str. 3, 97271 Kleinrinderfeld, Internet: www.scheuermann-na-turstein.de. (5) Natursteinwerk Borst e. K., Röckertstr. 6, 97271 Kleinrinderfeld, Internet: www.naturstein-werkborst.de. (6) F. Kögel Naturstein & Chem. Produk-te, Haschenweg 1+3, 97337 Dettelbach/Mainsond-heim, Internet: www.stonecenter.eu. (7) Erich Seubert GmbH, Rohblöcke, Gestaltungssteine, 97271 Kleinrin-derfeld, Internet: www.erich-seubert.de. (8) Klaus Göt-zelmann, Klaus Nadler Natursteinwerke, Konsul-Metzig-Str. 1, 97268 Kirchheim.

Hinweis: Die Firmen Kirchheimer Kalksteinwerke, Hemm Stone, Natursteinwerk Scheuermann und Erich Seubert aus Kirchheim/Unterfranken bzw. Kleinrin-derfeld besitzen auch Steinbrüche in Baden-Württem-

Kurzfassung: Der Kirchheimer Muschelkalk ist ein mittelgrauer, auf Grund des hohen Fossilschutt-anteils oft grobkristalliner, gut schleif- und polier-fähiger, widerstandsfähiger Kalkstein, der wegen seiner regelmäßigen quaderförmigen Absonderung traditionell als „Quaderkalk“ bezeichnet wird. Die genutzten Werksteinlager sind meist 4–5 m mäch-tig. Seit Jahrhunderten wird er für den Haus-, Mau-er-, Brücken- und Festungsbau verwendet, wie die Alte Mainbrücke in Würzburg und die darüber thronende Feste Marienberg eindrucksvoll belegen. Um 1900, als neue technische Hilfsmittel eine in-dustrielle Verarbeitung (Schneiden, Schleifen, Po-lieren) ermöglichten, erlebte er einen enormen An-stieg der Nachfrage. Von den einst über Hundert Steinbrüchen dieser Zeit sind heute noch ein gutes Dutzend in Betrieb. In den 1930er und 40er Jah-ren erlebten die Betriebe kurzzeitig einen besonders rasanten Aufschwung im Zusammenhang mit den vielen Monumentalbauten dieser Zeit wie z. B. das Berliner Olympiastadion. Heute werden der Kirch-heimer Muschelkalk und die vielen anderen witte-rungsbeständigen, gut polierfähigen Varietäten aus der näheren und weiteren Umgebung, wie der Sel-lenberger oder Mooser Muschelkalk, besonders für Boden-, Wand- und Fassadenplatten,Treppenstufen usw. sowie den Garten- und Landschaftsbau ver-wendet.

berg, nämlich bei Grünsfeld-Krensheim (Kreis Tauber-bischofsheim); hier wird der Kirchheimer Muschelkalk als Krensheimer Quaderkalk bezeichnet (siehe Kapitel 4.16). Die Verarbeitung findet in den o. g. Werken in und um Kirchheim/Ufr. statt.

Abb. 5.8-10: Quaderkalksteine aus dem Oberen Muschelkalk waren Jahrhunderte lang das wichtigste Baumaterial entlang des Mains zwischen Würzburg und Ochsenfurt, im Bild das renaissancezeitliche Rathaus von Sommerhausen.

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5.9 Juramarmor und Solnhofener PlattenkalkNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.9 Juramarmor (Dickbank kalke) und Solnhofener Plattenkalk [Bayern, Fränkische Alb]

– Wolfgang Werner –

5.9.1 Übersicht, Geologie, Entstehung

Auf der südlichen Fränkischen Alb, im Gebiet um die Orte Weißenburg, Treuchtlingen, Pappenheim, Langen-altheim, Solnhofen, Eichstätt, Kaldorf und Petersbuch (nördlich von Eichstätt) und somit innerhalb des heutigen Naturparks Altmühltal, befindet sich eines der bedeu-tendsten Zentren der Naturwerksteinindustrie Deutsch-lands. Nirgends sonst in Deutschland haben die Werk-steinbrüche größere Ausdehnung erreicht als auf der Fränkischen Alb und hier besonders im Gebiet zwischen Treuchtlingen im Westen und Eichstätt im Osten. Seit Jahrhunderten werden hier einerseits dickbankige und andererseits plattige, ebenschichtige Kalksteine gewon-nen. Die einen werden als Dickbankkalke oder wegen ihrer guten Polierfähigkeit als „Juramarmor“ bezeichnet, die anderen als Solnhofener Plattenkalke, Schieferkalke, Solnhofener „Schiefer“ oder „lithographische Schiefer von Solnhofen“ (Abb. 5.9-1 bis -3). Während früher vor allem die Plattenkalke gewonnen wurden, steht heute hinsichtlich Produktionsmenge und wirtschaftlicher Be-deutung der Juramarmor im Vordergrund.

Geologie: Die Dickbank- und Plattenkalke der Fränki-schen Alb gehören, analog den zeitgleichen Bildungen der benachbarten Schwäbischen Alb, dem Oberjura

– auch Malm oder Weißjura bezeichnet – an. In die-ser insgesamt über 500 m mächtigen Sedimentge-steinsabfolge des Oberjuras nimmt der Kalkgehalt der Schichten diskontinuierlich vom Älteren zum Jünge-ren, also vom Oxfordium zum Tithonium, von durch-schnittlich etwa 80 % bis max. 99,9 % CaCO3 zu, der Tongehalt parallel dazu ab, wie durch die chemische Untersuchung zahlreicher Kernbohrungen aus dem Rohstoffsicherungskonzept ermittelt wurde (giese & Werner 1997). Die werksteinhöffigen Oberjura-Schichten der Schwäbisch-Fränkischen Alb befinden sich alle in den Einheiten mit besonders hohen Kalkge-halten; je geringer der Tongehalt, desto besser ist die für die Verbandsfestigkeit und Polierfähigkeit grundle-gende Verzahnung der Karbonatkörner.

Der im Mittel ca. 40 m mächtige „Juramarmor“ (Dick-bankkalk) wird erdgeschichtlich in den unteren Weißjura delta (Kimmeridge) gestellt, der Abbau der Solnhofener Plattenkalke konzentriert sich auf die 20–50 m mächti-gen Oberen Solnhofener Schichten des Weißjura zeta 2 (Untertithon). Diese Schichten sind ca. 150–140 Mio. Jahre alt. Das Säulenprofil der Abb. 5.9-4 verdeutlicht die Zeitstellung und zeigt die über- und unterlagernden Schichten.

Das zeitliche Äquivalent auf der Schwäbischen Alb ist die Zementmergel-Formation, die z. B. bei Steinweiler nahe Neresheim ebenfalls wirtschaftlich gewinnba-re Plattenkalkvorkommen enthält (Kap. 4.18.3). Die Plattenkalkvorkommen in Baden-Württemberg sind im Vergleich zu denen der Frankenalb klein, und die zahl-reichen und oft mächtigen Bankkalkvorkommen des Kimmeridge und Tithon der Schwäbischen Alb eignen sich nur bereichsweise zur Naturwerksteingewinnung, weil sie geringe Bankmächtigkeiten und meist höhere

(a) (b)

Abb. 5.9-1: Oberjura-Kalksteine aus dem Raum Eichstätt–Solnhofen: (A) Mattpolierter Dickbankkalk aus Eichstätt („Eich-stätter Marmor“) mit angeschnittenem Ammoniten; (B) Solnhofener Plattenkalk mit perfekt erhaltenem Schildkrötenfossil der Art Eurysternum, Fundort: Steinbruch Painten.

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5.9 Juramarmor und Solnhofener Plattenkalk NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Tonanteile aufweisen. Einige Gebiete auf der Schwä-bischen Alb enthalten allerdings sehr schöne Vorkom-men von polierfähigen Jurakalksteinen, weshalb sie von Industrie und Handel ebenfalls als „Juramarmor“ bezeichnet werden (Kap. 4.26).

Entstehung: Die Karbonatgesteinsfolge des Schwä-bisch-Fränkischen Juras ist geologisch gut unter-sucht, wobei vor allem die großen, über die ganze Stratigraphie verteilten Aufschlüsse in den zahlrei-chen Steinbrüchen die detaillierte geologische, sedi-mentologische und paläontologische Erforschung er-möglichten. Viele berühmte Museen verdanken ihre Fossilienschätze den Gewinnungsarbeiten in diesen Steinbrüchen. Die Kalksteine in massiger oder ge-bankter Ausbildung, die tonigen Kalksteine oder Kalk-mergelsteine entstanden alle aus Sedimenten, die in einem flachen Schelfmeer in Tiefen zwischen 50 und 150 m im Zeitraum vor 152–135 Millionen Jahren ab-gelagert wurden und danach einer Reihe von tekto-nischen und stofflichen Veränderungen unterworfen waren (z. B. ziegler 1978, geyer & gWinner 1986; meyer & schmiDt-kaler 1990, 1991, selg & Wagen-Plast 1990, schWeigert 1995, giese & Werner 1997, koch 2000a, villinger 2011).

Die Kalksteine der sog. Bioherm- oder Massenkalkfa-zies gehen lateral und vertikal an vielen Stellen in die sog. Biostrom-Fazies mit geschichteten, meist schwach

tonigen Kalksteinen über (Abb. 5.9-4). Bei den Massen-kalkvorkommen handelt es sich nicht um große Riffe vom Typus Great Barrier Reef sondern um zahlreiche kleinere Bioherme („Schwammriffe“) und randlich an-geordnete Säume von Partikelkalksteinen mit Ooiden. Ob die Differenzierung Massenkalk/Bankkalk Ausdruck einer morphologischen Gliederung in aufragende Riff-körper bzw. Schwellen und tiefer gelegene Sedimenta-tionsbecken mit höherem Tonanteil ist oder ob es sich um primär durch submarine Strömungsverhältnisse ge-steuerte Faziesunterschiede auf einer Karbonatrampe handelt, ist umstritten; detaillierte Untersuchungen in den vielen Steinbrüchen der Schwäbisch-Fränkischen Alb und den vom LGRB durchgeführten Rohstofferkun-dungsbohrungen auf der Schwäbischen Alb (Werner 2000) liefern Belege für beide Modelle (z. B. PaWellek 2001; PaWellek & aigner 2002, koch et al. 2003, bock et al. 2011).

Generell aber sind die Oberjura-Karbonatgesteine Ab-lagerungen einer Karbonatplattform, die leicht nach SE geneigt war und Teil eines von Rumänien über Polen, Süddeutschland, Portugal bis Florida reichenden Gür-tels darstellt. Diese Karbonatplattform lag am Nordrand eines Randmeeres der Tethys. Die Plattenkalke entstan-den innerhalb der sog. Fränkischen Fazies dieses Rand-meeres, welche sich in eine Schwammriff-Plattform und eine Flachwasserkarbonatplattform mit Korallenrif-fen gliedern lässt (vgl. Abb. 4.18-9 in Kap. 4.18).

Entstehung der Plattenkalke: Bei den ebenschichtigen Solnhofener Plattenkalken (Abb. 5.9-1 B, -3 A und -9) mit ihrer ungewöhnlich guten Fossilerhaltung handelt es sich hingegen um eine besondere Bildung. Trotz der vielen geowissenschaftlichen Arbeiten liegt ein allge-mein akzeptiertes Genesemodell bislang noch nicht vor. Durch die kartierbare und in Bohrungen angetroffene Verteilung der Gesteine ist aber klar, dass der Abla-gerungsraum in eine Vielzahl von größeren und kleine-ren Wannen mit dazwischen liegenden Riffgürteln und Karbonatplattformen mit Ooidsanden untergliedert war (meyer & schmiDt-kaler 1990, 1991). Die klassischen Solnhofener Platten dürften im zentralen, besonders

Abb. 5.9-2: Jura-Dickbank-kalke: (A) Nach der Ge-winnung im Steinbruch, Schichthöhe 80–90 cm;(B) Detail einer Tranche.

(b)

(a)

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ruhigen Bereich der Wannen entstanden sein. Im Nord-westen und Osten gab es größere Landgebiete (Rheini-sche Insel, Böhmische Insel).

Nach meyer & schmiDt-kaler (1991) und viohl (1998) lässt sich die Bildung der Solnhofener Plattenkalke mög-licherweise so beschreiben1: Zur Plattenkalkzeit herrsch-te ein heißes, trockenes Klima. Die nördlich und östlich des Ablagerungsraumes gelegenen großen Festlandsge-biete enthielten Buschland und Süßwasserseen. In den von Riffen umschlossenen Plattenkalkwannen war nur eingeschränkter Wasseraustausch mit dem südlich gele-genen offenen Meer, der Tethys, möglich. In den Wan-nen kam es durch rasche Verdunstung zur Anreicherung von stark salzhaltigem Wasser, zu Sauerstoffmangel und zur Ausbildung einer Salz- und Dichteschichtung des Wassers. Die Bodenzone war besonders übersal-zen, zugleich stagnierend und sauerstoffarm und somit lebensfeindlich. Die oberen sauerstoffreichen Wasser-schichten hingegen wurden von zahlreichen Meeres-organismen belebt. Untermeerische Riffkuppen boten sowohl Hartgründe, auf denen Tange, Schwämme, Korallen, Seelilien und Stachelhäuter siedelten. Stürme sorgten für zeitweise Zufuhr von frischem Meerwasser über die Riffschranken hinweg; mit dem Frischwasser wurden auch Kalkpartikel eingetragen. Durch Abgleiten von Kalkschlämmen an submarinen Hängen kam es zeit-weise zur Bildung von Trübeströmen.

Für die ungewöhnlich gute Erhaltungsqualität der Fos-silien scheinen vor allem folgende Faktoren verantwort-lich zu sein: (1) Einbettung in einer lebensfeindlichen und daher von Aasfressern weitgehend freien Boden-zone, (2) Umhüllung durch einen schützenden Mikro-benfilm und Einbettung in feinstkörnigem Kalksediment sowie (3) das Fehlen strukturzerstörender Verände-rungen während der Diagenese aufgrund der geringen Sedimentationsrate. Diskutiert wird derzeit, ob die Feinschichtung (Abb. 5.9-3 A) auf jahreszeitliche Tem-peraturschwankungen und größere Klimazyklen, die Zeiträume von 20 000 bis 100 000 Jahre umfassten, zurückzuführen ist.

Gewinnung, Abbaugebiete: Der wohl älteste heute noch betriebene Bruch liegt westlich von Solnhofen im Gebiet der Langenaltheimer Haardt; hier geht der Abbau mindestens seit dem Jahr 1640 um (Abb. 5.9-10). Im Jahr 1674 erließ der Fürstbischof marQuarD schenck von castell wegen der starken Zunahme der Gewin-nungsarbeiten eine Steinbruchordnung. Im 18. Jh. ent-standen zahlreiche Betriebe, die bis ins 20. Jh. Bestand hatten oder noch haben (z. B. Fa. J. Stiegler: Gründung um 1761, Abb. 5.9-5). Die Erfindung der Lithographie im Jahre 1796 durch alois senefelDer (1771–1834) brachte zu Beginn des 19. Jh. einen regen Aufschwung für die Betriebe auf der sonst nicht mit Reichtümern gesegneten Frankenalb mit sich. Der Steindruck ermög-lichte bis zur Erfindung des daraus entwickelten Off-setdrucks als einziges Druckverfahren die Erstellung großer Stückzahlen von Farbdrucken. Seit dieser Zeit werden die Solnhofener Plattenkalke auch als „lithogra-phische Schiefer“ bezeichnet.

1 Siehe auch Informationen über die Solnhofener Platten-kalke auf der Internetseite: http://www.fossilien-online.de/index.htm (Stand März 2011).

Im 20. Jh. eroberten vor allem die geschliffenen und polierten Platten aus Dickbankkalk bzw. „Juramarmor“ (Abb. 5.9-2 und 5.9-5) den europäischen Markt, und Jahrzehnte lang traf man bei fast jedem zweiten Neu-bau in Süddeutschland die typischen, fossilreichen, beigegelben und hellgrauen Platten auf Treppen, Böden und Fenstergesimsen an (Abb. 5.9-6). Um 1950/60 wurden besonders im Juramarmor aufgrund der star-ken Nachfrage viele neue Betriebe gegründet, so z. B. bei Kaldorf. Wie in allen traditionellen deutschen Ab-bau- und Verarbeitungszentren von Naturwerksteinen macht sich aber heute auch auf der südlichen Franken-alb die ausländische Billigkonkurrenz negativ bemerk-bar, jedoch ist der Rückgang – vermutlich wegen des in Süddeutschland noch ausgeprägten Bewusstseins für landschaftstypisches Bauen mit hellem Jurakalkstein – nicht so stark wie in anderen Naturwerksteinabbauge-bieten Deutschlands.

(b)

Abb. 5.9-3: Solnhofener Plattenkalke: (A) Frisch abgehobe-ne Kalksteinplatten im großen Steinbruch auf der Lagenalt-heimer Haardt; (B) Detail einer 7 cm dicken Platte; Dicke der einzelnen Schichten: 0,1–0,9 cm.

(a)

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Um 1965 waren 176 Betriebe, davon 150 Kleinbe-triebe, allein mit der Gewinnung und Verarbeitung von Solnhofener Plattenkalken befasst (kuhn 1966), Berichte über die Zahl der Brüche in den Dickbank-kalken liegen aus dieser Zeit nicht vor. Im Ganzen dürfte es im Verbreitungsgebiet des Solnhofener Plattenkalksteins mehr als 200 Brüche bzw. von ver-schiedenen Firmen betriebene Bruchteile gegeben haben. Rund 3000 Arbeiter waren um 1965 mit Ab-bau und Verarbeitung beschäftigt. Im Jahr 2000 gab es noch rund 40 Betriebe, die mit dem Abbau von Platten und Juramarmor befasst waren (Bay. Staats-ministerium f. Wirtschaft 2002).

In den Jahren 2010/2011 wurden insgesamt noch 35 Steinbrüche zur Gewinnung von Solnhofener Platten und von Juramarmor betrieben. Solnhofener Platten werden im Gebiet Solnhofen–Lan-genaltheim in zehn und bei Eichstätt in sechs Steinbrü-chen abgebaut (davon sind 11 ständig in Betrieb). Jura-marmore bzw. Dickbankkal-ke werden im Gebiet Wei-ßenburg–Treuchtlingen–Ro-thenstein in acht und im Bereich Erkertshofen–Peters-buch–Kaldorf in 11 Brüchen (meist mit mehreren Bruch-teilen) gewonnen, ständig betrieben werden 14 (Mitt. T. kroll2, Juli 2010). Die meisten heutigen Gewin-nungsbetriebe gingen aus dem Zusammenschluss meh-rerer kleinerer Firmen hervor. Die verkaufsfähige Menge an Solnhofener Platten lässt sich derzeit auf etwa 300 000 Quadratmeter pro Jahr, die an Juramarmor auf ca. 2,5 Mio. Quadratmeter pro Jahr abschätzen (Mitt. J. stiegler, Solnhofen, Juli 2010), was einer Rohblock-menge von etwa 60 000 m³ oder 165 000 t/a entspre-chen dürfte. Im Vergleich mit der statisch erfassten Ge-samtfördermenge in Deutsch-land (Abb. 1.3-65, Kap 1.3) wird deutlich, welche über-ragende Bedeutung das Stein bruchrevier der südli-chen Frankenalb trotz des Rückganges der letzten Jahr-zehnte noch immer hat.

Nachfrageentwicklung: Der Absatz an Solnhofener Plat-tenkalken geht seit dem Jahr 2011 weiter zurück, vor al-lem weil billigere Imitate aus Keramik zunehmend auf den

Markt drängen. Wegen des hohen Anteils an händischer Arbeit ist mit einem Preisnachlass für Solnhofener Natur-steinplatten aber kaum zu rechnen. Im Gegensatz dazu ist die Gewinnung von Jura-Dickbankkalken deutlich an-gestiegen. Grund ist vor allem die starke Nachfrage aus China. Wegen der Finanz- und Euro-Krise wird aber damit gerechnet, dass diese Entwicklung nicht anhält, vor al-lem weil sich durch billigere Natursteinfertigprodukte be-sonders aus dem osteuropäischen Markt eine wachsen-de Konkurrenz entwickelt (Mitt. J. stiegler, Solnhofen).

2 Dipl.-Geol. thorsten kroll, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie, 91781 Weißenburg

Abb. 5.9-4: Säulenprofil für den Oberjura des Gebiets Solnhofen–Eichstätt mit Darstellung der Schichtenfolge vom Oxfordium bis zum Ober-Tithon. Farblich herausgehoben sind die für die Natursteinindustrie wichtigen stratigraphischen Abschnitte, die Solnhofener Schichten mit den Plattenkalken und die Dickbankkalke, hier als „Treuchtlinger Marmor“ bezeichnet. Für den Plattenkalkabbau genutzt werden heute ausschließlich die festeren „Oberen Schiefer“. Profil verändert nach: Meyer & SchMidt-KAler (1991, Abb. 5).

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5.9.2 Juramarmor (Dickbankkalke)

Dieser fossilreiche und gut polierfähige Kalkstein von der Frankenalb gehört zu den am meisten verkauf-ten deutschen Naturwerksteinen; je nach Abbauort haben sie ihre eigenen Handelsnamen erhalten, z. B. „Treuchtlinger Marmor“ oder „Eichstätter Marmor“3.

3 Wie schon erwähnt, handelt es sich auch bei diesen Varietäten nicht um Marmore, d. h. metamorphe Karbo-natgesteine, sondern um polierfähige, oft „marmorartig“ texturierte Kalksteine. Es ist wichtig, dass Händler neben dem traditionellen Handelsnamen die korrekte petrographische Bezeichnung angeben, wie das Düssel-dorfer Oberlandesgericht schon 2004 feststellte (OLG Düsseldorf, Az. I-3 U 5/04).

Auch im europäischen Ausland ist er sehr beliebt. Die dickbankigen Oberjura-Kalksteine wurden schon im Mittelalter zum Bau von Häusern, Brücken und Burgen genutzt, die industrielle Nutzung setzte aber erst im frühen 20. Jh. mit der Entwicklung leistungsfähiger Steinsägen ein. Die Abbauhöhe der meisten Steinbrü-che liegt zwischen 15 und 25 m. Die Mächtigkeit der einzelnen kompakten, durch Mergelfugen getrennten Bänke variiert zwischen 0,3 und 1,60 m, durchschnitt-lich beträgt sie 0,7–0,8 m (Abb. 5.9-5). Aufgrund der weitständigen Klüftung ist das mögliche Ausbringen an Rohblöcken mit mehr als 0,4 m3 Volumen je nach Bruch zwischen 61 und 84 % anzusetzen (singeWalD 1992), was die hohe Wirtschaftlichkeit der Lagerstät-ten in den Dickbankkalken erklärt.

Abb. 5.9-5: Abbau von Dickbankkalken im Steinbruch der Fa. Stiegler bei Rothenstein, auf halber Strecke von Eichstätt nach Weißenburg gelegen (Aufnahmen 2010): (A) Übersicht über den Steinbruch mit drei Abbausohlen, Abraumhalde und Blocklager. (B) Blick auf den Abbau mit Bohrfahrzeugen und Radlader; die ebenschichtigen Dickbankkalke werden entlang der einzelnen 0,8–1,8 m mächtigen Bänke gelöst; gut erkennbar ist das weitständige, orthogonale Kluftmuster, das die Ge-winnung sehr großer Rohblöcke gestattet.

(b)

(a)

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In keiner deutschen Stadt fehlen die charakteristischen Platten aus Juramarmor mit den typischen dunkelbrau-nen Becherschwämmen, Algenkrusten, gelegentlichen Belemnitenrostren und Ammonitengehäusen in einer hellgraubraunen, durch Foraminiferen mit weißlichen „Flämmchen“ punktierten Grundmasse (Abb. 5.9-1 A und -6). Diese Kalksteine gehen nicht auf Riffkarbonate zurück, vielmehr handelt es sich um schwammführende Bankkalke, die in geschützten Wannen zwischen Riff-körpern unter tropischen Bedingungen zur Ablagerung kamen (meyer & schmiDt-kaler 1991). Die Industrie beschreibt die Farbtönungen der polierten Platten mit gelb, gelb gebändert, graublau, rotbunt, goldgelb und rahmweiß. Im Grunde sind es in Abhängigkeit vom Eisen hydroxidgehalt feine Farbvariationen zwischen kräftig braun, gelblichbraun, hellbeige und fast weiß.

Chemische Zusammensetzung der Dickbankkalke (Mittelwerte von 27 Proben, Angaben in Dobner et al. 2002): SiO2:1,3 %; Al2O3: 0,4 %; Fe2O3: 0,4 %; MnO: 0,03 %; MgO: 0,8 %; CaO: 53,9 %; K2O: 0,1 %; Glüh-verlust: 43,1 %. Mineralische Zusammensetzung: Cal-cit: 94,1 %, Dolomit: 3,8 %; Rest Ton und Eisenhydro-xide. Der CaCO3-Gehalt der Dickbankkalke liegt meist zwischen 97 und 98 %.

Technische Eigenschaften von Jura-Dickbankkalken:(1) Nach Angaben des Natursteinlabors des BayGLA (heute Bay. LfU), Mittelwerte (Dobner et al. 2002):Rohdichte: 2,5–2,7 g/ cm3; Reindichte: 2,6–2,8 g/ cm3; Porosität: 3,91 Vol.-% (n = 190 Messungen); Wasser-aufnahme unter Atmosphärendruck: 1,4–5,0 M.-%; Wasseraufnahme unter Vakuum: 1,52 M.-%; Druck-festigkeit: meist 158–163 MPa; Biegefestigkeit, ein-axial: meist 17,0–17,4 MPa; Biegefestigkeit, biaxialer Mittelwert (n=18): 16,1 MPa; Ausbruchsfestigkeit am Ankerdornloch: 431 N; Frostbeständigkeit: einge-

schränkt, daher hauptsächlich im Innenbereich geeig-net; Wärmeleitfähigkeit: 2,3 W/K x m.(2) Nach Industrieangaben:(A) Die Fa. Johann Stiegler aus Solnhofen (www.stiegler.com und Prospektunterlagen) gibt an:Rohdichte: 2,50–2,60 g/ cm3; Wasseraufnahme: 1,3–1,8 M.-%; Druckfestigkeit: 130–160 MPa; Biege-zugfestigkeit: 12 MPa; Abriebfestigkeit: 10,8 (graue Varietät) bis 15,7 cm3/50cm2 (gelbe Varietät); Wärme-leitfähigkeit: 2,3 W/m.(B) Die Fa. ALSO Naturstein aus Eichstätt (www.jura-marmor.com) gibt an:

Abb. 5.9-6: Typischer Bodenbelag aus polierten Platten von fossilreichen, grau bis braun schattierten Jura-Dickbankkal-ken mit den auffälligen dunkelbraunen Schwämmen.

Abb. 5.9-7: Fassadenplatten von Drosselfels-„Marmor“ an einem 2010/11 errichteten Geschäftshaus, dem sog. Quar-tier Unterlinden, in der Freiburger Innenstadt.

Abb. 5.9-8: Bildhauerarbeit unter Verwendung von Kelhei-mer Auerkalkstein, ausgestellt auf der Gartenschau 2011 in Horb a. N.

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Rohdichte: 2,61g/cm3; Wasseraufnahme: 2,2 M.-%; Druckfestigkeit: 146 MPa; Biegefestigkeit: 13,8–14,1 MPa; Abriebfestigkeit: 21,6 cm3/50cm2; Abnut-zung durch Schleifen (DIN 52108): 13,1 cm3/50 cm2.(C) Die Fa. Georg Bergér (www.berger-solnhofener.de) gibt für ihre beste Qualität an:Rohdichte: 2,55 g/ cm3; Wasseraufnahme unter Atmo-sphärendruck: 1,4 %; Druckfestigkeit: 215 MPa; Ab-riebfestigkeit: 14,8 cm3/50 cm2. Weitere Daten sind z. B. zu finden bei: www.max-balz.de(3) Für den nachfolgend erwähnten Massenkalkstein Typus Drosselfels, den sog. Drosselfels-Marmor, ver-öffentlichte die Fa. Grünsfelder Naturstein GmbH (Neustadt an der Donau) (aus: www.natursteineon-line.com/steinsuche):Rohdichte: 2,56 g/ cm³; Wasseraufnahme: 0,56 M.-%; Druckfestigkeit: 109 MPa; Biegefestigkeit: 9,7 MPa; frostbeständig.

Gewinnung und Verwendung: Die meisten Steinbrü-che in den Dickbankkalken des fränkischen Juras liegen bei Treuchtlingen, Dietfurt, Erkertshofen–Kal-dorf, Obereichstätt und Rothenstein NE von Pappen-heim. Die Steinbrüche und Verarbeitungsbetriebe im Gebiet Kaldorf–Petersbuch–Erkertshofen (9 km nördlich von Eichstätt) und im Raum Kelheim–Mar-ching stellen aktuell weitere Zentren der Juramar-morgewinnung dar.

Der Abbau der „Juramarmor“-Bankkalke erfolgt in gro-ßen, meist 15–25 m tiefen Steinbrüchen (Abb. 5.9-5) mittels Reihenbohren und hydraulischem Spalten, Abheben der abgebohrten und an natürlichen Klüf-ten und Schichtfugen gelösten Packen mit Radladern. Anschließend werden die Rohblöcke noch im Bruch mit einem weiteren Reihenbohrgerät formatiert. Die Quader werden dann mit dem LKW in die zentralen Werke gebracht und dort mit Gattersägen in die ge-wünschten Plattenstärken sowie mit Kreissägen in die dem Auftrag entsprechenden Formate gebracht. Überwiegend werden die Blöcke zu cm dicken Platten in der Schichtung gesägt, geschliffen und poliert und vor allem für Bodenbeläge, Wand- und Fassadenver-kleidungen, Treppenanlagen und mehrere Meter lange Fensterbänke verwendet. Bodenplatten aus Juramar-mor z. B. sind üblicherweise 1, 2 oder 3 cm stark und auf einer Seite geschliffen und poliert.

Die Oberflächenbehandlung ist so vielfältig wie die angebotenen Plattenformate: naturrau, gesägt, ge-schliffen, poliert, gestockt, scharriert, geriffelt und sandgestrahlt. Viele Mauersteinblöcke, nach Schicht-höhe sortiert, gespalten oder naturrau, gehen auch ohne weitere Bearbeitung direkt per LKW an zahlrei-che Baustellen in Deutschland, wo sie zum Hang- und Uferverbau bzw. im Landschafts- und Gartenbau ein-gesetzt werden.

Die Produktionsmengen liegen je nach Betrieb derzeit zwischen 1000 und 15 000 m3 pro Jahr, inklusive der Blöcke für den Garten- und Landschaftsbau (Mitt. J. stiegler, Solnhofen, 2010). Der für die Werksteinin-dustrie hochwertig einsetzbare Anteil beträgt etwa 20–25 %, das restliche Material geht teilweise in Form von gebrochenen Körnungen in den Verkehrs-wegebau und in den Betonbau.

Beispiele für andere Juramarmore: Der als Dietfurter Kalkstein bezeichnete Dickbankkalk aus den Brüchen bei Treuchtlingen-Dietfurt, der von der Fa. Franken-Schotter erst seit 1975 für Naturwerksteinzwecke ge-wonnen wird, wird aufgrund unterschiedlicher Farb-tönungen und Struktur (z. T. mit Travertin-ähnlichen Kavernen) als Dietfurter Kalkstein, Dolomit und „Tra-vertin“ angeboten. Daneben werden auch Körnungen für den Verkehrswegebau erzeugt. In Architekturkrei-sen bekannt geworden ist der Dietfurter Kalkstein durch den 2011 mit dem Deutschen Natursteinpreis ausgezeichneten Neubau der Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Bibliothek der Humboldt-Universität Berlin. Die Vereinigten Marmorwerke im benachbarten Kal-dorf produzieren seit 1975. Im Gebiet östlich von In-golstadt werden bei Neustadt a. d. Donau, Ortsteil Marching, und bei Kelheim weitere sog. polierfähige Kalksteine aus Massenkalkvorkommen abgebaut.

Der bei Neustadt gewonnene Drosselfels-„Marmor“, ein gelblichweißer, lebhaft strukturierter, fossilreicher Massenkalk, ist besonders für Fassadenplatten be-liebt. Es handelt sich um einen Korallenriffkalk des hohen Oberjuras (Malm zeta), der bei Marching nahe Neustadt a. d. Donau in einer Mächtigkeit von mehr als 30 m gewonnen wird. Charakteristisch ist die oft kavernöse, an Travertin erinnernde Struktur. Handels-namen sind Drosselfels oder auch Trosselfels, Mar-chinger Kalkstein und Donaukalkstein.

Abb. 5.9-9: Aufschlusswand im Solnhofener Plattenkalk, Steinbruch Langenaltheimer Haardt, mit den typischen ebenschichtigen, meist 5–20 cm dicken Kalkplatten, die von den im Bild dunkler erscheinenden „Fäulen“ unterbrochen werden.

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Ein schönes Verwendungsbeispiel aus jüngster Zeit bie-tet der 2010/11 errichtete Geschäfts- und Bürokomplex des sog. Quartiers Unterlinden am Fahnenbergplatz in Freiburg; Fassadenplatten aus Drosselfels-Marmor prä-gen wesentlich das Erscheinungsbild dieses modernen Baus (Abb. 5.9-7). Westlich von Kelheim wird bei Es-sing der rötlich schattierte Kelheimer Auerkalk gewon-nen (Abb. 5.9-8). Beide sind in Struktur und Eigen-schaften mit dem „Schopflocher Elfenbeinmarmor“ der Schwäbischen Alb vergleichbar (Kap. 4.26.3.4).

5.9.3 Solnhofener Plattenkalk (Solnhofener Kalkstein)

Bei Eichstätt, Langenaltheim und Solnhofen liegen die meisten Steinbrüche in den wegen ihrer Fossilfunde weltbekannten Solnhofener Plattenkalken (Abb. 5.9-10 und -11). Kleinere Abbaugebiete liegen bei Pfalzpaint, Zandt und Painten. Im Ganzen zieht sich das Verbrei-tungsgebiet der Plattenkalke der Frankenalb über fast 100 km Länge in West–Ost-Richtung hin. Den größ-ten Umfang hat der Plattenkalkabbau in den Gebieten Solnhofen und Eichstätt.

Die heute von der Natursteinindustrie genutzten La-gerstätten befinden sich stratigraphisch ausschließ-lich in den Oberen Schiefern bzw. den Oberen Soln-hofener Plattenkalken (zeta 2b in Abb. 5.9-4) (meyer & schmiDt-kaler 1991). Gehandelt werden diese Gesteine oft unter den Bezeichnungen Solnhofener Natursteinplatten oder einfach „Solnhofener“. Bei diesen Plattenkalken, aufgrund ihrer gleichmäßigen Spaltbarkeit auch als „Solnhofener Schiefer“ bezeich-net, handelt es sich um reine, dichte und harte Kalk-steine von hellgelblich bis hellbräunlichgrauer Farbe, die in Schichten von wenigen Millimetern bis ca.

20 cm Dicke absondern (Abb. 5.9-3, -9 und -12 B). Die Steinhauer sprechen bei Schichtstärken von 1–10 cm von „Plattenkalk“ und von 0,5–1 cm von „Schiefer“. Als „Flinze“ werden die harten Kalkplatten mit ebenen Trennflächen bezeichnet, die dazwischen liegenden blättrigen Mergelkalke als „Fäulen“ (fesefelD 1962). Die Flinze weisen einen Kalkgehalt von 94–96 % CaCO3, die Fäulen von 75–90 % CaCO3 und einen hö-heren Tongehalt auf4.

Diese „Fäulen“ ermöglichen das leichte Ablösen der Platten im Abbau (Abb. 5.9-12). Horizontweise treten „krumme Lagen“ auf; dabei handelt es sich durch sub-aquatische Gleitung gefaltete Flinze. Die größten ge-nutzten Mächtigkeiten erreichen die Plattenkalke auf dem Hummelberg bei Solnhofen mit 25 m, sonst be-tragen die nutzbaren Mächtigkeiten in den Plattenkalk-steinbrüchen meist 10–20 m. Trennende, nicht nutz-bare Horizonte sind die genannten krummen Lagen. Die einzelnen, für die Steinindustrie nutzbaren dünnen Schichten tragen traditionelle Bezeichnungen, die auf ihre Dicke und Eigenschaften anspielen, wie z. B. „Dreipflasterstein-Lage“, „Rauhe Lage“, „Fünfviertel-Zölliger“. Eine ausführliche Darstellung des Aufbaus der Plattenkalklagerstätte im Gebiet um Eichstätt ist bei meyer & schmiDt-kaler (1991) zu finden.

Weltweit bekannt sind diese Schichten – wie der Po-sidonienschiefer von Holzmaden in Baden-Württem-berg (Kap 4.19) – wegen ihres Reichtums an gut er-haltenen Fossilien; am berühmtesten sind die Funde des „Urweltvogels“ Archaeopteryx lithographica und Archaeopteryx bavarica. Ähnliche Plattenkalke wer-den zeitweise in einem allerdings sehr viel kleineren

4 Internetseite: www.fossilien-online.de (Stand März 2012).

Abb. 5.9-10: Blick auf den größten und ältesten Steinbruch zur Gewinnung von Solnhofener Plattenkalken auf der Langen-altheimer Haardt, westlich von Solnhofen (Foto 2010).

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Vorkommen bei Renquishausen im Landkreis Tuttlin-gen abgebaut (Kap. 4.18.2).

Zusammensetzung: Korngrößen, Kornverzahnung und Porosität sind bei den Plattenkalken so gleichmäßig, dass sie sich selbst zum Steindruck eignen (s. Über-sicht); früher wurden sie daher auch als „lithogra-phische Schiefer von Solnhofen“ bezeichnet. Die mi-neralische Zusammensetzung besteht aus 94–95 % Calcit, 3–4 % Dolomit und 1–3 % Ton und Eisenhy-droxiden. Als chemische Zusammensetzung konnten Dobner et al. (2002) ermitteln: SiO2: 1,32 %; Al2O3: 0,36 %; Fe2O3: 0,35 %; MnO: 0,03 %; MgO: 0,82 %; CaO: 53,85 %; K2O: 0,11 %; Glühverlust: 43,1 % (Mit-telwerte aus 18 Proben).

Technische Eigenschaften:(1) Nach Angaben des Natursteinlabors des BayGLA (heute Bay. LfU), Mittelwerte (Dobner et al. 2002):Rohdichte: 2,58 g/ cm3; Reindichte: 2,69 g/ cm3; Poro-sität: 3,85 Vol.-%; Wasseraufnahme unter Atmosphä-rendruck: 1,44 M.-%; Wasseraufnahme unter Vakuum: 1,49 M.-%; Sättigungswert/s-Wert: 0,96; Druckfe-stigkeit: max. 181 MPa; Biegfestigkeit, einaxial: meist 20–25 MPa (nach Industrieangaben); Biegefestigkeit, biaxial: 22,0 MPa; Frostbeständigkeit: eingeschränkt, daher hauptsächlich im Innenbereich geeignet. Wärme-leitfähigkeit: 2,3 W/K x m (nach Industrieangaben).

(2) Die Fa. Johann Stiegler, Solnhofen (www.stieg-ler.com und Prospektunterlagen), gibt für die Platten-kalke von Solnhofen an:Rohdichte: 2,7 g/ cm3; Druckfestigkeit: 215 MPa; Biege-zugfestigkeit: 28 MPa; Abriebfestigkeit: 14,0 cm3/50cm2; Wasseraufnahme (massebezogen): 1,3 %; Wärmeleitfä-higkeit: 2,3 W/m.

Gewinnung und Verwendung: Die Gewinnung und Formatierung der Plattenkalke erfolgt tradi-tionell – wie schon zu römischer Zeit – händisch (Abb. 5.9-12). Für das Lösen der Platten wird tradi-tionell eine Spitzhacke, auch „Grubhaue“ bezeich-net, verwendet. Maschinen spielen zur Beseitigung des Abraums, zum Transport und natürlich bei der Erzeugung zugeschnittener Platten eine Rolle. Eine maschinelle Unterstützung bieten neuerdings kleine Radlader mit einer „tortenschaufelartigen“ Hebevor-richtung, mit der größere Platten abgehoben werden können (Abb. 5.9-12 B).

Die Solnhofener Natursteinindustrie beschreibt den Gewinnungsvorgang bei den Plattenkalken so5: „Nach dem Freilegen von geeigneten Schichten werden grö-ßere Plattenpakete vorsichtig mit Brechstangen und Spitzhacken herausgehebelt. Anschließend wird das Paket Lage für Lage in einzelne Platten aufgespaltet. Die erfahrenen Steinbrecher trennen dabei die für die Weiterverarbeitung geeigneten Platten mit sehr hohem Kalkanteil (die sog. Flinze) von den unbrauchbaren tonhaltigen Platten (sog. Fäulen). Anschließend wird jede einzelne Platte durch Anschlagen mit einem klei-nen Hammer auf versteckte Risse geprüft.“ Qualitativ hochwertige Platten erzeugen beim Abschlagen einen hohen, klaren Ton.

5 www.solnhofener-naturstein.de

Nur 20–25 % des abgebauten Gesteins gehen, so geprüft, in die Weiterverarbeitung. Noch im Stein-bruch werden die Platten dann mit speziellen For-matierhämmern und Zangen auf die geforderten Maße gebracht (Abb. 5.9-12 D). Dicke oder beson-ders große Platten kommen zur Endbearbeitung in die Sägerei und Schleiferei. Wegen des für heutige Gewinnungsbetriebe ungewöhnlich hohen Anteils sorgfältiger händischer Arbeiten hat sich bei Soln-hofen das Handwerk der Hackstockmeister erhalten. Es handelt sich hierbei um selbständige Kleinunter-nehmer, die auf eigene Kosten Platten abbauen, auf Qualität prüfen und in vorbestellte Plattenformate bringen (Abb. 5.9-11 und -12). Der Steinbruchbesit-zer, von dem Teile des Bruches gepachtet sind, ver-pflichtet sich zur Abnahme bestimmter Mengen und Plattenformate.

Jährlich werden, wie eingangs ausgeführt, rund 300 000 m2 pro Jahr produziert, was etwa einer Ab-baumenge von 90–100 000 t entspricht; davon kön-nen trotz schonender Gewinnung nur maximal 20 % als Natursteinplatten für den Verkauf verwendet wer-den (Dobner et al. 2002); die Produktionsmenge liegt also etwa bei 15–20 000 t/a.

Als berühmte Bauwerke, bei denen Solnhofener Plat-ten verwendet wurden, werden der Stephansdom in

Abb. 5.9-11: Händische Gewinnung von Solnhofener Plat-tenkalken in einem Steinbruch nordwestlich von Eichstätt, auch heute noch eine personalintensive Tätigkeit. Die Plat-ten werden in nur cm dicken Schichten abgehoben und so-fort in Formate und Größen sortiert (Foto 2009).

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(b)

(a) (c)

Abb. 5.9-12: Gewinnung und Weiterverarbeitung von Plattenkalken im Steinbruch der Fa. Johann Stiegler in Solnhofen: (A) Lösen der Platten mit der „Grubhaue“ genannten Spitzhacke; (B) besonders dicke Platten werden mit einem kleinen Radlader mit tortenschaufelartiger Vorrichtung abgehoben; (C) Abnehmen von zu dünnen oder zu mergeligen Kalklagen, den sog. Fäulen, bis auf die kompakte Platte ausreichender Stärke mit Hammer und Meißel; (D) Zurichten der Platten in die gewünschten, mit Schablonen vorgezeichneten Formate durch den Hackstockmeister; als Werkzeug wird ein langstieliger Formatierhammer, der sog. Hackhammer, verwendet.

(D)

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Wien oder die Hagia Sophia in Istanbul (Bodenbelag aus dem 15. Jh.) genannt. Na-türlich wurden im weiten Umfeld der Abbaustätten zahlreiche Gebäude mitsamt ihren Dächern aus Platten-kalken errichtet; mit Plat-tenkalken gedeckte Dächer werden „Legschieferdächer“ bezeichnet. Die Solnhofener Plattenkalke werden heute fast ausschließlich als Wand- und Bodenplatten verkauft. Der früher wichtige Einsatz für die Lithographie oder zum Decken von Dächern ist fast ausgestorben (nur noch zur Renovierung).

Die angebotenen Stärken für Wandplatten liegen zumeist zwischen 7 und 9 mm, für Bo-denplatten zwischen 10 und 30 mm, Stufen und Abdeck-platten sind meist 30–50 mm stark (Abb. 5.9-13). Di-ckere Schichten werden aufgesägt und geschliffen. Die Formate für quadratische Bodenplatten bewegen sich im Dezimeterbereich bis max. etwa 60 x 60 cm, Polygonal-platten mit Naturkluftflächen können mehrere Quadrat-meter groß sein. Die Produktionsabfälle werden teilwei-se in der Zementindustrie oder beim nicht qualifizierten Wegebau eingesetzt.

Naturkundliche Museen: Vier großartige Museen infor-mieren über den Fossilreichtum, den Stand der palä-ontologischen Erkenntnisse und über den Steindruck: Das Jura-Museum auf der Willibaldsburg in Eichstätt, das Bürgermeister-Müller-Museum im Rathaus von Solnhofen, das Museum Bergér in Eichstätt-Harthof sowie das Fossilien- und Steindruck-Museum in Gun-zenhausen, Sonnenstraße (Exponate aus dem ehema-ligen Museum auf dem Maxberg). Zahlreiche Buch-publikationen befassen sich mit dem Fossilreichtum der Schichten um Solnhofen und Eichstätt, z. B. kuhn (1966), mayr (1967), leich (1968), barthel (1978), meyer & schmiDt-kaler (1990, 1991). Rund 650 Tier- und 25 Pflanzenarten wurden in den Solnhofener Plat-tenkalken identifiziert.

Bezugsmöglichkeiten von Produkten aus und Rohma-terial von Solnhofener Plattenkalken und Jura-Dick-bankkalken aus Gewinnungsbetrieben auf der Fränki-schen Alb (Beispiele):(1) Johann Stiegler KG, Frauenberger Weg 1, 91807 Solnhofen, Internet: www.stiegler.com. (2) Fa. Georg Bergér GmbH, Postfach 1116, 85065 Eichstätt, Gut Harthof, 85072 Eichstätt, Internet: www.berger-soln-hofener.de. (3) SSG Solnhofen Stone Group (Firmen Solnhofener Aktienverein, Henle Plattenwerk, Gun-delsheimer Marmorwerk), Maxberg 1, 91807 Soln-hofen, Internet: www.gm-solnhofen.de. (4) ALSO Na-turstein GmbH (früher A. Schöpfel GmbH), Postweg 4, 85132 Schernfeld bei Eichstätt, Internet: www.juramarmor.com. (5) JUMA GmbH & Co. KG, Kipfen-berger Str. 22, 85137 Walting-Gungolding, Internet: www.juma.com. (6) Vereinigte Marmorwerke Kaldorf GmbH, Auweg 6, 85135 Kaldorf, Internet: www.vm-kaldorf.de. (7) Franken-Schotter GmbH & Co. KG, Hungerbachtal 1, 91757 Treuchtlingen-Dietfurt; Internet: www.franken-schotter.de. (8) Grünsfelder Naturstein GmbH & Co., Leuchtenbergstr. 31, 97947 Neustadt an der Donau, Internet: www.scheuermann-naturstein.de.

Kurzfassung: Im zwischen Treuchtlingen und Eich-stätt gelegenen größten deutschen Revier von Na-turwerksteinbrüchen werden aus den Schichten des Oberjuras einerseits Dickbankkalke und andererseits Solnhofener Plattenkalke gewonnen. Diese sehr gleichkörnigen, ebenschichtigen Kalksteine entstan-den in besonders ruhigen, durch Barren vom offenen Meer abgetrennten Wannen, was vor allem bei den Solnhofener „Schiefern“ zur ungewöhnlich guten Er-haltung von Fossilien beigetragen hat. Noch um 1965 waren 176 meist kleine Betriebe mit der Gewinnung und Verarbeitung von Solnhofener Plattenkalken be-fasst. Heute sind insgesamt 35 Jurasteinbrüche in Betrieb; in 16 werden Plattenkalke, in 19 Dickbank-

kalke gewonnen. Die Dickbankkalke, wegen ihrer guten Polierfähigkeit als „Juramarmor“ bezeichnet, werden mit moderner Technik aus etwa 30–35 m mächtigen Lagerstätten gelöst und überwiegend zu polierten Platten für Bodenbeläge, Wand- und Fas-sadenverkleidungen und Treppenanlagen verarbei-tet. Die in einer Mächtigkeit von 10–25 m genutzten Solnhofener Plattenkalke werden heute noch fast ausschließlich händisch abgebaut und von einem „Hackstockmeister“ zu den gewünschten Formaten verarbeitet. Verwendet werden sie heute fast aus-schließlich als Wand- und Bodenplatten; der früher so wichtige Einsatz im Steindruck (Lithographie) oder für den Hausbau ist Geschichte.

Abb. 5.9-13: Nach Auftrag formatierte Solnhofener Platten verschiedener Schichtstär-ken für Boden- und Wandbeläge.

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5.10 Ries-Suevit NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.10 Ries-Suevit [Bayern und Baden-Württemberg]

– Wolfgang Werner –

Übersicht, Bezeichnung: Der Suevit des Nördlinger Ries wird auch als Schwabenstein, Nördlinger oder Bayerischer Trass, Ries-Tuff oder Ries-Trass bezeich-net. Makroskopisch ähnelt der Suevit vulkanischen Tuffbrekzien (Abb. 5.10-1 und -2), weshalb man ihn noch bis in die 1960er Jahre für ein vulkanisches Ge-stein hielt1. Der Begriff „Suevit“ geht auf aDolf sau-er zurück, der das ungewöhnliche Gestein nach dem lateinischen Wort für den Volksstamm der Schwaben Suevia benannte. Nach sachs (2009, 2011) erschien die Bezeichnung Suevit erstmals 1919 in einem Be-gleitwort von aDolf sauer zur Geognostischen Spe-zialkarte von Württemberg, Blatt Bopfingen, sowie auf der zugehörigen Legende der Karte als „Suevit (vulk. Tuffe)“. sauer hielt also wie seine Zeitgenossen den Suevit für ein vulkanisches Gestein, er erkann-te aber die ungewöhnliche Zusammensetzung des Gesteins, das er aus basischen Schmelzen ableitete, welche mit „granitisch-gneisartigem Material“ ver-mischt worden waren. Daher gab er ihm einen eige-nen Namen. Um 1900 wurde der „Tuffstein“ aus dem Ries auch als „Trachyttuff des bayerischen Rieses“ bezeichnet und als stabiler, gut zu bearbeitender Bau-stein angepriesen (staub 1907). Es darf daher nicht verwundern, wenn z. B. in der Beschreibung2 zur Ju-gendstilkirche von Stuttgart-Gaisburg das einmalige Suevit-Ensemble aus mittelalterlichem Taufstein und moderner Kanzel (Abb. 5.10-11) als aus „Trachyt-Tuff“ erstellt beschrieben wird.

Heute steht der Begriff Suevit für alle Impaktite, die bei größeren Meteoriteneinschlägen auf der Erde entstan-den, welche genügend Energie besaßen, um Gesteine der Erdkruste aufzuschmelzen (buchner & schmieDer 2009). Solche dem Nördlinger Suevit makroskopisch oft ähnlichen Gesteine treten z. B. in Westfrankreich, Schweden, Finnland, Norwegen, Russland, den USA und Kanada auf. Zu den ältesten gehören der Suevit von Rochechouart in Westfrankreich mit einem Alter von ca. 200 Mio. Jahren und der des Manicouagan-Kraters in Quebec mit 215 Mio. Jahren (vgl. buchner & schmieDer 2009).

Die meisten Vorkommen von Ries-Suevit liegen auf Bayerischem Staatsgebiet, doch westlich und süd-westlich von Nördlingen, Richtung Bopfingen und Neresheim, treten Suevitvorkommen auch auf baden-württembergischem Territorium auf. Die Karte der Abb. 5.10-3 zeigt, dass vor allem im nördlichen Vor-land von Oettingen und südwestlich von Nördlingen zahlreiche kleine Suevitvorkommen bekannt sind; grö-ßere Vorkommen befinden sich auf den Bunten Trüm-mermassen am Südrand des Rieskraters.

1 Umfangreiche Information über Gestein, aktuelle Auf-schlüsse und geologische Entstehung sind z. B. unter www.geopark-ries.de zu finden.

2 http://www.gaisburger-kirche.de/html/kirche.htm (Stand Juni 2013)

Gute Aufschlüsse existieren an der Altenbürg süd-lich von Utzmemmingen in Baden-Württemberg so-wie in den bayerischen Steinbrüchen an der Aumühle nordwestlich von Oettingen, südwestlich von Polsin-gen, bei Otting nördlich des Schlosses, südlich von Amerdingen-Bollstadt und besonders nördlich von Seelbronn. Der Stbr. Seelbronn, in dem ein ca. 6 m mächtiger, besonders kristallinreicher Suevit ansteht (Abb. 5.10-2), wird seit 1989 von der Fa. Schwenk zur Gewinnung von Trass betrieben; oft fallen beim Abbau mit dem Bagger bis 1 m3 große Blöcke an, die auch für Renovierungszwecke verwendet werden können. Der Steinbruch Altenbürg lieferte vermut-lich das meiste Baumaterial für die St. Georgskirche in Nördlingen, das Rathaus und die noch fast voll-ständig erhaltene Stadtmauer. Im heute als Geotop ausgewiesenen Steinbruch Altenbürg grenzt ge-schichteter Suevit an Bank- und Massenkalke des Oberjuras (Abb. 5.10-5). Der von der Fa. Märker zur Trassgewinnung betriebene Steinbruch bei Otting ist durch den Nachweis der SiO2-Hochdruckmodifikation

Abb. 5.10-1: Der Ries-Suevit, ein durch den Einschlag eines Meteoriten vor rd. 14,5 Mio. Jahren entstandenes, durch Gesteinsglas verkittetes Gestein. Dieses Impaktgestein wurde früher häufig als Bau- und Werkstein verwendet, heu-te ist es wegen seiner auf den hohen Glasanteil zurückzu-führenden Puzzolanität als Rohstoff für die Portlandzement-Industrie gefragt. Die zahlreichen Einschlüsse bestehen zum einen aus Fetzen von schwarzem Glas (sog. Flädle), zum anderen aus Grundgebirgsbruchstücken. Mit bloßem Auge erkennbar sind helle granitische Gesteine, dunkelgrüne Am-phibolite sowie rötlichbraune Metamorphite (größte, rund-liche Komponente, Größe: 2 cm). Herkunft: Stbr. Aumühle der Fa. Märker, NW von Oettingen.

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5.10 Ries-SuevitNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Abb. 5.10-2: Varietät des Ries-Suevits aus dem in Betrieb befindlichen Steinbruch Seelbronn mit großen, hellen Kris-tallinkomponenten und schwarzen Glas-„Flädle“. Dieser Bruch dient der Fa. Schwenk Zement vor allem zur Gewin-nung von Trass für die Herstellung von Puzzolanzementen; große Blöcke werden zur Renovierung historischer Bauten verwendet.

Abb. 5-10-3: Übersichtskarte mit Darstellung der Ausdehnung des Nördlinger Rieskraters mit Verbreitung von Suevit-Vorkommen und Bunten Riestrümmermassen außerhalb des Kraters (nach: hüttner 1977, verändert). Eingetragen sind wichtige, im Text erwähnte Steinbrüche: (1) Altenbürg, (2) Seelbronn, (3) Otting, (4) Aumühle.

Coesit durch chao et al. (1960) und den Besuch der US-Astronauten im Jahr 1970 berühmt geworden; die hier entnommenen Proben lieferten den Beweis, dass der Rieskrater nicht vulkanischen Ursprungs ist, sondern durch einen Meteoritenimpakt entstan-den ist. Im alten Steinbruch bei Bissingen-Ober-ringingen (Abb. 5.10-6), südlich des Kraterrands, sind die fast orthogonalen Kluftmuster zu erkennen, die in den nur wenige Me-ter mächtigen Suevitabla-gerungen die Gewinnung von Werksteinquadern er-möglichten. Der Bruch an der Aumühle (Abb. 5.10-7) bei Oettingen, nahe der Straße nach Westheim, wird heute noch von der Fa. Märker zur Trassge-winnung genutzt. Als Teil eines Geotoplehrpfades bietet er gut erläuterte Ein-blicke in die Erdgeschichte des Rieses.

Entstehung: Der Ries-Suevit geht auf den Ein-schlag eines mehrere Hun-dert Meter, vielleicht sogar 1 km großen Meteoriten im mittleren Miozän und die dabei entstandenen stark erhitzten Gesteins-bruchstücke aus dem beim Einschlag zertrümmerten Deck- und Grundgebirge zu-rück (Abb. 5.10-4). Radio-metrische Altersdatierun-gen lieferten Alterszahlen, die überwiegend zwischen 14,4 und 14,8 Mio. Jah-ren schwanken (buchner & schmieDer 2009, gentner

& Wagner 1969). Es handelt sich also um ein Im-paktgestein (Impaktit), das aus einer Glutwolke ent-standen ist. Der Wassergehalt der mesozoischen Ton- und Sandsteine, die unterhalb der Oberjura-Kalk-steine in großer Mächtigkeit anstanden, führte durch das schlagartige Verdampfen des Wassers zu einer „phreatomagmatischen Eruptionssäule“ (baier 2012: 55), was nach baier auch die Ignimbrit-ähnliche Struk-tur des Suevits erklärt.

Die silikatischen Gläser gehen nach seiner Überzeu-gung vor allem auf aufgeschmolzene, wasserreiche Sedimente zurück. Die festen und geschmolzenen Bestandteile kamen kurz nach den ausgeworfenen Bunten Trümmermassen innerhalb des Kraters und im Gebiet der südlichen Umrandung des Einschlagskra-ters in heißem Zustand zur Ablagerung (Abb. 5.10-4). hüttner (1977) stellte fest, dass der Suevit zahlreiche isolierte Körper mit 10 m bis mehrere 100 m Ausdeh-nung und mit Mächtigkeiten meist zwischen 10 und 30 m bildet. Hierbei handelt es sich um Erosionsreste, die meist in kleinen Senken erhalten blieben. Die ur-sprüngliche Mächtigkeit des Suevits war sicher deut-licher höher; Bohrungen im Krater wiesen nach, dass der Suevit unterhalb der Seesedimente Mächtigkeiten bis 400 m erreicht (villinger 2011). Die Verbreitung der Erosionsreste von Suevit an der Oberfläche ist in Abb. 5.10-3 dargestellt.

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5.10 Ries-Suevit NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Gesteinsbeschreibung: Es handelt sich beim Su-evit um eine mäßig verfestigte, aber zähe, graue bis braungraue, tuffartige und glasreiche polymikte Brekzie. Erkennbar sind vor allem Kristallinbruch-stücke, seltener Sedimentgesteine (Abb. 5.10-1 und -2); im Stbr. Seelbronn erreichen die Kristallin-bruchstücke 20 cm Größe, meist liegen sie im mm- bis cm-Bereich. Die Bestandteile der mesozoischen Sedimentgesteine, die das kristalline Grundgebirge ursprünglich überlagerten, treten vornehmlich in der

feinkörnigen Grundmasse auf. Besonders auffallend sind die bis handtellergroßen, schwarzen Glasfla-den (Abb. 5.10-2). Der mit bloßem Auge erkennba-re Glasanteil liegt bei durchschnittlich etwa 15 % (PoschloD 1990). Mikroskopisch lässt sich oftmals ein Glasanteil von über 50 % nachweisen (Weinig in: Dobner et al.1987). Komponenten (incl. Glasfladen), feinkörniges bis dichtes Bindemittel und Porenraum machen jeweils ein Drittel in der Gesteinszusammen-setzung aus. Der Suevit liegt überwiegend direkt den Bunten Trümmermassen auf. Besonders gute Aufschlüsse, die Einblicke in frisches Gestein und in die Verbandsverhältnisse erlauben, existieren durch die betriebenen Steinbrüche Seelbronn und Aumühle (Abb. 5.10-7).

Technische Eigenschaften des in der Zusammenset-zung stark schwankenden Impaktgesteins nach An-gaben von PoschloD (1990) und unveröff. Laborbe-richten von K. PoschloD (Naturwerksteinlabor der LfU Bayern):Rohdichte: 1,55–1,95 g/cm3; Reindichte: 2,56–2,6 g / cm3; Porosität: 15–40 Vol.-%; Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck: 8–22 M.-%; Wasserauf-nahme unter Vakuum: 10–26 M.-%; Sättigungsgrad/s-Wert: 0,7–0,84; Druckfestigkeit: bis max. 40 MPa.Die Witterungsbeständigkeit des Gesteins ist gut, wenn es nicht dauernder oder häufiger Durchfeuch-tung ausgesetzt wird. liebl & heuschkel (2009) er-mittelten, dass das hochporöse, bruchfrische Gestein ein spez. Gewicht von 1,86–1,90 g/ cm3, nach dem Trocknen aber nur noch 1,51–1,56 g/ cm3 aufweist. Die Granite und Gneise des Grundgebirges, die in den zahlreichen Komponenten zu finden sind, weisen ein spez. Gewicht von 2,9–3,0 g/ cm3 auf.

Abb. 5.10-4: Modell zur Entstehung des Ries-Suevits (Rückfall- und Auswurfssuevit) nach dem Kollaps der durch den Ein-schlag entstandenen Glutwolke (nach: Erläuterungstafel von D. Stöffler et al. am Geopark-Wanderweg, Station bei den Ofnethöhlen am Riegelberg, verändert).

Abb. 5.10-5: Suevit-Steinbruch Altenbürg südlich von Utzmemmingen (Baden-Württemberg); der Suevit grenzt an gebankte Oberjura-Kalksteine (Lacunosa-Mergel). Aus diesem Steinbruch soll im 15./16. Jh. viel Baumaterial für Nördlingen, z. B. für die St. Georgskirche, gewonnen wor-den sein. Der Steinbruch ist heute ein viel besuchtes Geo-top (Foto 2010).

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Abb. 5.10-6: Alter Suevit-Steinbruch bei Oberringingen, Wandhöhe ca. 3 m (Foto 1997).

Abb. 5.10-7: In Betrieb befindlicher Suevit-Trass-Steinbruch an der Aumühle bei Oettingen (Foto 2010). Der komponen-tenreiche, graue Suevit überlagert die hier vor allem aus tonigen Gesteinen bestehende Bunte Brekzie. Dicke der zum Steinbruch hin einfallenden, nicht abgebauten Suevit-schicht: ca. 2 m.

Abb. 5.10-8: Die im Zeitraum 1427–1505 errichtete St. Georgskirche in Nördlingen, bekanntestes Beispiel für die Verwen-dung von Suevit als Bau- und Werkstein: (A) St. Georg mit dem Kirchturm „Daniel“; (B) Portalgewände und Mauer aus Suevit, bauzeitliche und renovierte Elemente.

(a) (b)

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5.10 Ries-Suevit NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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des Trasszements erreicht der Beton höhere Elastizität, geringere Rissanfälligkeit und Wasserdurchlässigkeit sowie höhere Stabilität gegenüber Säuren und Umweltschad-stoffen (liebl & heuschkel 2009).

Suevitmächtigkeiten ab etwa 6–7 m sind heute für die Ze-mentindustrie wirtschaftlich interessant. Abgebaut wird der Suevit derzeit als Trass-rohstoff für die Portlandze-mentherstellung noch in den Steinbrüchen Aumühle bei Oettingen bzw. Hainsfarth und bei Otting (Märker Ze-ment, Harburg) sowie bei Seelbronn (Schwenk Zement, Ulm). Im Stbr. Seelbronn, am südwestlichen Riesrand und ca. 1,5 km südlich von Aufhausen gelegen, werden auch gelegentlich Blöcke für die Naturwerksteinbearbei-tung, vorrangig für Restaurie-rungszwecke, gewonnen. Ein umfangreiches Erkundungs-bohrprogramm wurde vom damaligen Bayerischen Geo-logischen Landesamt (heute Landesamt für Umwelt) in den Jahren 1996/1997 auf noch nicht erschlossene Suevit-vorkommen im Ries durchge-führt. Die Suevitvorkommen auf baden-württembergischer Seite sind Gegenstand der laufenden Erkundungsarbei-ten des LGRB für die KMR 50, Blatt L 7128 Nördlingen.

Verwendung als Naturwerk-stein: Der Suevit war lange Zeit ein geschätzter, weil leicht zu gewinnender und zu bearbeitender Baustein. Dies führte zur Anlage vieler Steinbrüche und somit zur Schaffung wichtiger Auf-schlüsse für die Erforschung

des Rieses. Die ersten waren wieder die Römer. Sie verwendeten das Gestein für das Kastell in Munnigen (Paa 2009). Das berühmteste Bauwerk aus diesem exotischen Material ist die im Zeitraum 1427–1505 errichtete gotische St. Georgskirche in Nördlingen (Abb. 5.10-8). Weitere Bauwerksbeispiele sind das Rathaus sowie die Tortürme und Wehrmauern in Nördlingen, der Bergfried der Burg Hohentrüdingen (12. Jh.), die Stauferburg Niederhaus bei Hürnheim (12. Jh.), die Schlösser in Dillingen, Dischingen, Har-burg und Höchstädt, Schloss und Kirche in Reimlin-gen, die in der Mitte des 12. Jh. erbaute romanische Klosterkirche in Heidenheim (Lkr. Weißenburg-Gun-

Verwendung: Das industrielle Interesse an diesem zu den Trassrohstoffen zählenden Gestein liegt derzeit ausschließlich im Bereich der Zementindustrie, da sich der Suevit zur Herstellung von Puzzolan-Zemen-ten eignet. Diese Eigenschaften wurden schon 1784 vom Ingenieur carl von casPers für den Festungs-bau in Ingolstadt entdeckt (liebl & heuschkel 2009). Die Firmen Schwenk und Märker bauen den Suevit noch heute als Zementzuschlagstoff ab. Durch das in den Glaskomponenten (Fladen) enthaltene, leicht reaktive Siliziumoxid, kann der gemahlene Trass mit Kalk wasserbeständige Zementverbindungen einge-hen. Durch das langsame und gleichmäßige Abbinden

Abb. 5.10-9: Aus Suevitquadern errichtetes Portal zum Eisenbahnbundesamt in Mün-chen, Außenstelle, Arnulfstr. 9–11 (Foto 2009).

Abb. 5.10-10: Reich ornamentiertes Portalgewände am ehemaligen Reichsbankgebäude in Esslingen a. N., errichtet 1909 aus Ries-Suevit (Foto 2010).

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5.10 Ries-SuevitNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Kurzfassung: Der Ries-Suevit, bis 1960 für ein vulkanisches Gestein gehalten und von der Na-tursteinindustrie als „Trachyttuff“ vertrieben, ist ein vor ca. 14,5 Mio. Jahren beim Einschlag eines großen Meteoriten entstandenes, polymiktes Ge-stein aus Kristallin- und Sedimentgesteinsbruch-stücken, die durch eine poröse Gesteinsglasmat-rix verkittet werden. Charakteristisches Merkmal sind die schwarzen, mm bis mehrere cm großen Glasfladen. Der Suevit aus dem Nördlinger Ries ist heute namensgebend für alle ähnlichen Impaktge-steine weltweit. Während der auch als Ries-Trass bezeichnete Suevit wegen seines hohen Glasan-teils derzeit fast ausschließlich als Puzzolan-Roh-stoff für die Zementindustrie verwendet wird, war er vor allem in Mittelalter und früher Neuzeit ein wichtiger Bau- und Werkstein; eine Renaissance erlebte er als Werkstein im frühen 20. Jahrhundert, wie zahlreiche Jugendstil- oder neoklassizistische Bauwerke belegen. Zu Renovierungszwecken kann der Ries-Suevit aus einem der Steinbrüche der Ze-mentindustrie oder durch Neuaufschluss in einem der zahlreich nachgewiesenen kleinen Vorkommen im und um das Ries gewonnen werden.

Abb. 5.10-11: Taufstein, Kanzel und Altar aus Suevit in der ev. Kirche von Stuttgart-Gaisburg, Faberstraße 17. Die im Jugendstil um 1911–1913 errichtete Kirche weist ein be-merkenswertes Ensemble von mittelalterlichem Taufstein und modernem Altar und Kanzel aus Suevit (fälschlich als Trachyttuff bezeichnet) auf.

zenhausen, Mittelfranken), die St. Martinskirche in Deinigen (14. Jh.), Kloster und Kirche in Kaisheim (grimm 1990, mattmüller 1994, Paa 2009), Verwal-tungsbauten in Augsburg und München, das Deut-sche Museum und das Bundesbahn-Zentralamt in München (Abb. 5.10-9). Im 18. Jh. wurde der Suevit wegen seiner Feuerbeständigkeit auch für den Bau von Backöfen verwendet (sachs 2011).

Weniger bekannt ist, dass für das alte Reichsbank-gebäude in Esslingen a. N. – ein zweigeschossiger Walmdachbau von 1909 – ebenfalls Suevit aus dem Nördlinger Ries verwendet wurde (Abb. 5.10-10). In der Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland (Kulturdenkmale in Baden-Württem-berg, Band I.2.1, 207 f.) ist zu finden: „Der blockhaft wirkende Bau vermittelt nicht zuletzt durch die ro-buste Tuffsteinverkleidung der Schauseiten den für Bankgebäude wünschenswerten Eindruck von Soli-dität, Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit“. Auch als

Ornamentstein wurde der Impaktit verwendet, wie am Taufstein der Dreifaltigkeitskirche in Haunstein oder den Portalen der St. Georgskirche zu sehen ist (Abb. 5.10-8 B). Besonders bemerkenswert ist das Ensemble von Altar, Kanzel und Taufstein aus Sue-vit in der evangelischen Kirche in Stuttgart-Gaisburg, Faberstraße 17 (Abb. 5.10-11), das zwischen 1911 und 1913 entstanden ist (Paa 2009). Der in das En-semble integrierte Taufstein stammt aus der Zeit vor 1584 (http://www.ev-ki-stu.de/gemeinden/stuttgart-mitte/gaisburg/).

Weil der Suevit heute zur Trasszementherstellung mittels Sprengung gewonnen wird, ist die Verwen-dung des Gesteins als Werkstein aufgrund der meist geringen Größe rissfreier Blöcke schwierig. Der Sue-vit wird daher künftig wohl hauptsächlich für Reno-vierungen des historischen Gebäudebestandes und nicht für neue Bauten nachgefragt sein. Für diesen Zweck darf er nur mittels engständigem Bohren und Keilen oder Seilsägen bzw. Schrämen gewonnen werden.

Aufgrund des oberflächennahen Auftretens und der gut schneidfähigen Beschaffenheit des Suevits soll-te es aber unter Verwendung der Erkundungsdaten des früheren Bayerischen Geologischen Landesamts (heute LfU Bayern) leicht möglich sein, einen eige-nen kleinen Steinbruch für Renovierungszwecke zu eröffnen.

Hinweis: Über die Bezugsmöglichkeit und aktuelle Nutzung von Suevit als Werksteinmaterial sind In-formationen bei der St. Georgs-Bauhütte Nördlingen Michael Scherbaum GmbH, Industriestr. 10, 86720 Nördlingen zu erhalten.

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5.11 Schwarzachtobler Quarzsandstein NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.11 Schwarzachtobler Quarzsandstein [Österreich, Vorarlberg]

– Wolfgang Werner –

Übersicht: Der südöstlich von Bregenz abgebau-te Schwarzachtobler Quarzsandstein ist der einzi-ge derzeit gewonnene Werksandstein Österreichs (Abb. 5.11-1). Er gehört in die Gruppe der Molasse-sandsteine, die im nachfolgenden Kapitel an den bis-lang bekannteren Beispielen aus Rorschach am Bo-densee und Bollingen am Zürichsee näher erläutert werden. Der Schwarzachtobler Molassesandstein kann für die Erhaltung denkmalgeschützter, aus Mo-lassesandstein errichteter Bauten auch in Deutsch-land an Bedeutung gewinnen, weil er besonders wit-terungsbeständig ist. Für Neubauten wird er aktuell besonders in Form von Bodenplatten im Innen- und Außenbereich nachgefragt, was seinen Abbau wie-der lohnend macht.

Exkurs: Auf dem Sektor der Naturwerksteine ist Ös-terreich ansonsten besonders für seine zahlreichen Granite (Nieder- und Oberösterreich), Marmore und werksteinfähigen Metamorphite bekannt, die hier nicht besprochen werden können. Für moderne Bau-werke werden seit Jahrzehnten besonders die vielen verschiedenen Marmore (Sölker, Wachauer, Adne-ter, Schwarzenseer, St. Margarethener und Unters-berger Marmor, Rauchkristall) sowie Serpentinite, Chloritschiefer und Diabase aus Kärnten und Tirol (Dorfergrün, Tauerngrün usw.) verwendet. Ein schö-nes Beispiel für einen echten Marmor, also einen bei der Gebirgsbildung umgewandelten Kalkstein, zeigt Abb. 5.11-2 aus einem Steinbruch bei Sölk, Steier-mark. Wie in Kap. 1.3.5.2 beschrieben, betreibt die Fa. Lauster Steinbau, Stuttgart, mehrere Steinbrü-che in metamorphen Gesteinen der österreichischen Zentralalpen. Nähere Informationen zu alpinen Na-turwerksteinen bietet die Vereinigung Österreichi-scher Natursteinwerke1.

Gesteinsbeschreibung, technische Eigenschaften: Beim Schwarzachtobler Quarzsandstein (Abb. 5.11-1) handelt es sich nach dem Prüfzeugnis (4.6.2010) der Prüf- und Überwachungsgesellschaft Arbeitsgemein-schaft ARP/ECV aus Leoben um einen mittelgrauen, gut sortierten und sehr homogenen Feinsandstein der oberoligozänen Bausteinschichten. Vorherrschende Minerale sind Quarz, Karbonate (Fossilbruchstücke) und Feldspäte in einem dichten Karbonatzement. Hellglimmer und Glaukonit sind selten, akzessorisch treten die Schwerminerale Granat, Zirkon und Turma-lin auf. Der Quarzgehalt beträgt 57 %. Die Korngröße liegt durchweg unter 0,3 mm. Wegen seiner guten Kornbindung und Gleichmäßigkeit im Aufbau ist er polierfähig („matt polierfähig“). Bemerkenswert sind die hohe Druckfestigkeit von über 240 MPa und die sehr geringe Wasseraufnahme von unter 0,4 %.

1 Internetseite: http://www.naturstein.at/natursteine/schwarzachtobler-quarzsandstein.htm

Abb. 5.11-2: Der intensiv verfaltete Sölker Marmor (Steier-mark) als weiteres Beispiel für die Vielfalt der Naturwerk-steinvorkommen Österreichs (Foto 2005).

Abb. 5.11-1: Molassesandstein aus dem Steinbruch am Schwarzachtobel, Bregenzerwald; auf den Schichtflächen treten bisweilen inkohlte, miozänzeitliche Pflanzenreste auf. Kurze Bildseite entspricht 20 cm.

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5.11 Schwarzachtobler QuarzsandsteinNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Technische Eigenschaften nach Angabe der Fa. ABSW Rheintal-stein GmbH gemäß Prüf- und Über-wachungsgesellschaft Ar beits ge-meinschaft ARP/ECV, Leoben:Rohdichte: 2,65 g/ cm³; Rein dich-te: 2,77 g/ cm³; Porosität: 4,38%; Wasseraufnahme: 0,37%; Druck-festigkeit: 244,8 MPa; Biegezugfes-tigkeit: 15,6 MPa; Verschleißwert: 5,89 cm³/50cm²; Frost be stän dig-keit: Ja, Tausalzbeständigkeit: Ja.

Gewinnung, Verwendung:Der Schwarzachtobler Quarz-sandstein war über Jahrhun-derte hinweg vor allem im Zusammenhang mit der Er-zeugung von Schleifsteinen berühmt, die auch nach Über-see geliefert wurden. Der Abbau ist seit dem 17. Jh. belegt. Nach Angaben der Betreiberfirma Rheintalstein2 in Schwarzach wurde der Abbau in den verfalteten Schichten der Molasse im Bereich des Schwarzach-tobels und die Verarbeitung der Feinsandsteine von sog. Steinbauern vorgenommen: „Schwarzacher Naturwetz-steine waren ein gefragtes Qualitätsprodukt, das bereits Anfang 1800 bis nach Frank-reich, den Niederlanden, Preußen und Sachsen ver-kauft wurde. Mit der Erfin-dung des Schleifzirkels durch den Schwarzacher Mühlen-bauer Gebhard Dietrich wur-de der Erzeugungsprozess durch das Unternehmen Troll, Hefel & Cie. entscheidend mechanisiert und somit die Produktion wesentlich erhöht. Allmählich gewann der Ex-port auch zunehmend an Bedeutung. Im besten Ge-schäftsjahr 1926/27 wur-den 1,62 Millionen Stück Wetzsteine produziert. Ne-ben Ös terreich, Deutschland, Un garn, Jugoslawien, Rumä-nien, Frankreich und Italien fanden die Steine Absatz bis nach Persien, Süd- und Nord-amerika sowie Japan. Mit der aufkommenden Mecha-nisierung der Landwirtschaft und der vermehrten Erzeu-gung von Kunstwetzsteinen ging auch die Bedeutung der Schwarzacher Wetzsteine

2 Internetseite: http://www.rhein-talstein.at/geschichte.html

Abb. 5.11-4: Mit hydraulischen Bohrlafetten werden die Sandsteinlager in zwei Rich-tungen abgebohrt. Im Hintergrund die in den Bregenzerwald führende Talstraße am Schwarzach tobel.

Abb. 5.11-3: Abbau von Schwarzachtobler Molassesandstein (2011) im Steinbruch der Fa. Rheintal-Stein im Bregenzerwald. Die beiden mit 40° einfallenden Sandsteinlager werden engständig abgebohrt. Das Lösen der Blöcke erfolgt durch in die Bohrlöcher eingegebene Quellzemente und damit auf eine besonders schonende Art.

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5.11 Schwarzachtobler Quarzsandstein NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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allmählich zurück.“ Die Pfarrkirche Hl. Sebastian in Schwarzach ist 1901/03 aus Molassesandsteinen der Bausteinschichten aus dem Schwarzachtobel er-richtet worden. Um 1950 wurden die letzten Brüche am Schwarzachtobel aus Rentabilitätsgründen still-gelegt.

Im Jahr 2009 aber wurde aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach heimischem Natursteinmaterial ein alter Bruch am Schwarzachtobel südlich von Schwarzach wiedereröffnet. Der Steinbruch befindet sich östlich der Ortschaft Schwarzach, die zwischen Bregenz und Dornbirn gelegen ist, an der Tobelstra-ße (Abb. 5.11-4). Betreiber ist die Fa. Rheintalstein aus Dornbirn. Der Abbau konzentriert sich auf eine ins gesamt 6 m mächtige Feinsandsteinschicht, die aus einem unteren 4 m mächtigen und einem direkt überlagernden 2 m mächtigen Lager besteht. Über- und unterlagert werden diese Lager von tonig-merge- li gen Schichten mit zahlrei chen geringmächtigen Fein sand stein bänken. Im Steinbruch fallen Lagen mit inkohlten Pflanzenresten und sogar mit einzelnen Baumstämmen auf, weiße und graue Quarzgerölle treten partienweise auf. Die Schichtenfolge fällt mit 30–45° nach SSW ein, weshalb die Gewinnung in einem steilen Hangabbau erfolgen muss (Abb. 5.11-3 und -4). Gelöst werden die großen Rohblöcke (bis über 150 t) mittels engständigem Reihenbohren und Sprengen mittels Quellzement. Die mit schweren Baggerfahrzeugen bewegten Blöcke werden dann vor Ort in 10–25 t schwere Blöcke zerteilt.

Der Schwarzachtobler Sand stein eignet sich als stra-pazierfähiger, sehr gleichmäßiger Sandstein z. B. für Mauersteine, Treppen, Küchenarbeitsplatten, Bo-denbeläge, Wandverkleidungen (Abb. 5.11-5), Ofen-verkleidungen, Massivarbeiten wie Grab- und Denk-male, Skulpturen usw. Wachsende Nachfrage ist aus dem Bereich der Denkmalpflege zu erwarten, weil

viele historische Bauten in Vorarlberg aus diesem Sandstein errichtet wurden und dieses Material auch für die Renovierung der sehr zahlreichen Bauwerke rings um den Bodensee geeignet ist.

Bezugsmöglichkeit: ABSW Rhein talstein GmbH, Verwaltung: Schwefel 81, A-6850 Dornbirn, Inter-net: www.rheintalstein.at; Steinbruch: Tobelstraße 419, A-6858 Bildstein, Alte Schwarzachtobelstraße (Fahrtrichtung Alberschwende). Büro: ABSW Rhein-talstein GmbH, Hof steigstr. 63, A-6858 Schwarz-ach, Internetseite (mit Angabe von Prüfzeugnissen): www.rheintalstein.at/natursteinhandel.

Kurzfassung: Der Schwarzachtobler Quarzsand-stein, benannt nach dem im Bregenzerwald nahe Schwarzach gelegenen Wildbach, ist ein hellgrauer, karbonatisch gebundener Molasse-Sandstein. Kennzeichnend sind seine sehr hohe Druckfestig-keit, geringe Wasseraufnahme und die für einen Sandstein ungewöhnliche Polierfähigkeit. Zwi-schen dem 17. Jh. und der Mitte des 20. Jh. war dieser harte, sehr gleichmäßige Quarzfeinsandstein vor allem in Form von Schleifsteinen aller Art ein Verkaufsschlager; die Produkte wurden bis nach Nordamerika und Japan geliefert. Nach einem hal-ben Jahrhundert Stillstand wurde der alte Bruch am Schwarzachtobel mit seinem 6 m mächtigen, mit rd. 40° einfallenden Werksteinlager 2009 wie-der für die Werksteingewinnung reaktiviert, weil die Nachfrage nach hochwertigem heimischem Sandstein deutlich angestiegen ist. Beim Vorkom-men von Schwarzachtobler Quarzsandstein han-delt es sich um die einzige in Abbau befindliche Werksandsteinlagerstätte Österreichs.

Abb. 5.11-5: Typische Produkte für den Außenbereich aus Schwarzachtobler Molassesandstein: (A) Mauer steine, Sichtflä-che bossiert; (B) schmale Verblendsteine, sog. Riemchen; Höhe der Riemchen: 3 cm.

(a) (b)

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5.12 Rorschacher und Bollinger MolassesandsteinNaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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5.12 Rorschacher und Bollinger Molassesand stein [Schweiz, Kanton St. Gallen]

– Wolfgang Werner –

5.12.1 Übersicht

Die Molassesandsteine der Schweiz sind seit Jahrhun-derten bedeutende Bau- und Werksteine für die Schweiz und das deutsche Gebiet rings um den Bodensee. Meh-rere traditionsreiche Firmen gewinnen diese gleichkörni-gen, hell- bis mittelgrauen, z. T. grünlich oder bräunlich getönten Feinsandsteine aus unterschiedlich gelagerten Molasseschichten, wobei nicht selten die Anlage tiefer Steinbrüche erforderlich ist (Abb. 5.12-1 und -4). Seit langem werden sie als Werk- und Ornamentsteine nach Südwestdeutschland eingeführt, seit über 1000 Jahren sind sie von großer Bedeutung bei der Errichtung und Erhaltung bedeutender Bauwerke vor allem sakraler Art.

Als berühmte Beispiele für große Bauwerke oder Bau-werksensemble aus Molassesandsteinen sind die seit dem Jahr 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören-den Klosteranlagen auf der Insel Reichenau, das Schloss Salem, die St. Nikolaus-Kirche in Friedrichshafen, das Konstanzer Münster und die Altstadt von Überlingen zu

nennen. Beim Konstanzer Münster (Abb. 5.12-5 A–C) handelt es sich um eine 1089 geweihte, romanische, drei-schiffige Säulenbasilika. Der gotische Westturm stammt aus dem 12. bis 15. Jahrhundert, die Seitenkapellen aus dem 15. Jahrhundert, die neugotische Turmspitze aus dem 19. Jahrhundert (Abb. 5.12-5 A). Die aus jeweils 16 Säulen bestehenden Säulenreihen im Langschiff wur-den im 11. Jahrhundert aufgerichtet; jede Säule wurde aus einem einzigen Block von Rorschacher Sandstein ge-fertigt. Auch die übrigen verbauten Gesteine stammen überwiegend aus dem Gebiet um Rorschach1.

Molassesedimente sind klastische Sedimente, die in ei-nem vorwiegend terrestrischen oder flachmarinen Mili-eu zur Ablagerung kamen. Diese Sedimente der alpinen Molasse entstanden im nördlichen Vorland der aufstei-genden Alpenkette (zur Gliederung der Molassesedimen-te vgl. Kap. 4.20). Ein guter Aufschluss im Molasse-sandstein auf der deutschen Seite des Bodensees ist im Stadtgarten von Überlingen zu finden (Abb. 4.20-15).

Von den vielen Vorkommen von fein- bis mittelkörnigen Sandsteinen der tertiärzeitlichen alpinen Molasse in der Schweiz sind hier besonders jene hervorzuheben, die bei Rorschach am Bodensee und Neuhaus am Zürichsee in Abbau stehen. Der Rorschacher Sandstein wird geolo-gisch der Oberen Meeresmolasse (Miozän) zugeordnet, der Bollinger Sandstein von Neuhaus u. U. der Unteren Süßwassermolasse (Oligozän–Miozän); letzterer wird in der Schweiz oft als „granitischer Sandstein“ bezeichnet. Diese hellgrauen bis grünlich grauen, meist fein- und gleichkörnigen, feldspatreichen Sandsteine sind seit vie-len Jahrhunderten für Bauzwecke und Bildhauerarbeiten sehr beliebt, da sie sich bruchfrisch sowohl vom Stein-metz als auch vom Bildhauer hervorragend bearbeiten lassen und durch anschließendes Aushärten an der Luft langfristige Stabilität erhalten.

1 Mitteilung v. Münsterbaumeister a. arnolD. Die Mün-sterbauhütte Konstanz hat zur Außeninstandsetzung in den 1960er Jahren vielfach Guntliweider Hartsandstein (Molasse) eingesetzt, für den Turm wurden in den letzten Jahren aber vor allem Rorschacher und für besonders exponierte Bereiche, wie die Turmplattform, Bollinger Sandstein verwendet (Abb. 5.12-5 B).

Abb. 5.12-1: Steinbruch im Bollinger Sandstein bei Neuhaus am oberen Zürichsee (Foto 2010). Die steil einfallenden Schichten der Unteren Süßwassermolasse erfordern eine schachtartige Abbauweise. Nach Abschluss der Arbeiten in einem Tagebau wird dieser mit Gesteinsmaterial wiederver-füllt. Im Schichtstreichen wird dann ein neuer Steinbruch angelegt, der durch große Blöcke oder eine schmale Feste vom alten Bruch getrennt wird.

Abb. 5.12-2: Unweit des Bodensees gelegener Steinbruch der Fa. Bärlocher im Rorschacher Molassesandstein (2010), Kanton St. Gallen. Die mit ca. 20° zum See hin einfallenden Sandsteinpakete der Oberen Meeresmolasse werden mittels Seilsäge in etwa 6 m hohe Segmente zerteilt und dann ent-lang der Schichtung gespalten. Mit engständigem Bohren und hydraulischem Keilen werden die Blöcke weiter zerteilt (s. Abb. 5.12-3 A).

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5.12 Rorschacher und Bollinger Molassesandstein NaturwerksteiNe aus BadeN-württemBerg

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Abb. 5.12-3: Rorschacher Sandstein in typischer parallelstreifiger Ausbildung und dem charakteristischen Farbwechsel ent-lang schichtungsparalleler Bewegungsbahnen: (A) Stapel von Rohblöcken, max. 0,8 m stark. (B) Detail einer Tranche; der Farbwechsel markiert mit Harnischen belegte Bewegungsbahnen, an denen die Rohblöcke plattenartig aufspalten.

(a) (b)

Näher eingegangen wird nachfolgend auf die nah zu Baden-Württemberg gelegenen Abbaugebiete bei Ror-schach am Bodensee und bei Bollingen. Auf den Ber-ner Molassesandstein wird hingewiesen: Er wird bei Ostermundigen und Köniz-Gurten abgebaut, ist aktuell für Renovierungen an deutschen Bauten aber weniger bedeutsam. Es handelt sich um einen olivgrünen, grau-grünen bis blaugrünen Feinsandstein mit Korngrößen zwischen 0,08 und 0,5 mm. Die detritischen Körner bestehen aus 55–65% Quarz, 10–20% Feldspat, 20–25% Gesteinsbruchstücke und 2–4% Schwerminerali-en. Weitere Informationen über die Naturwerksteine der Schweiz liefert das empfehlenswerte Buch „Die minera-lischen Rohstoffe der Schweiz“.

5.12.2 Rorschacher Sandstein

Dieser fein- und gleichkörnige, hellgraue bis grünlichgraue, karbonatisch gebundene Molassesandstein wird bei Staad und Rorschach (Kanton St. Gallen) am südlichen Boden-see seit dem Mittelalter abgebaut (Abb. 5.12-2 und -3). Das Gebiet galt lange als das „Carrara der Schweiz“. Dieser Sandstein wird erdgeschichtlich in die untermio-zäne Obere Meeresmolasse gestellt und aufgrund seiner gleichmäßig plattigen bis dünnbankigen Beschaffenheit auch als Plattensandstein bezeichnet (Quervain 1969, Schweiz. Geotech. Komm. 1997).

Der Rorschacher Sandstein findet seit vielen Jahrzehn-ten Verwendung zur Renovierung historischer Bauten rund um den Bodensee und darüber hinaus. Als bedeu-tende Bauwerke Baden-Württembergs, die in den letzten Jahrzehnten mit „Rorschacher“ renoviert wurden, sind nach Angaben der Betreiber z. B. das Konstanzer Müns-ter (Abb. 5.12-5 C) und das nahe gelegene Schnetztor (Stadtturm aus dem 14. Jh.), das Kloster Birnau bei Überlingen, die Stadtmauer in Überlingen, das Schloss Salem und das Schloss Monfort (von 1863) in Langen-argen zu erwähnen. Die Brüche im oberschwäbischen

Alpenvorland, aus denen früher viele Bau- und Orna-mentsteine für zahlreiche bedeutende Bauten geliefert wurden, sind seit langem stillgelegt (vgl. Kap. 4.20), wodurch den Steinbrüchen in der Schweizer Molasse für den Erhalt historischer Bauten in Baden-Württem-berg langfristig Bedeutung zukommt.

Noch um 1900 waren bei Rorschach und den Nachbar-orten rund 40 Steinbrüche in Betrieb (Quervain 1969), in denen über 500 Arbeiter beschäftigt waren. Einer der größten, heute noch produzierenden Betriebe ist die 1890 gegründete Fa. Bärlocher mit derzeit rund 40 Be-schäftigten (2010), die in ihrem unmittelbar oberhalb des Werkes gelegenen Steinbruch in Buchen-Staad, am Ostausläufer einer Hügelkette südlich von Rorschach, entlang einer über 300 m langen Abbaufront den Sand-stein mittels Seilsägen und Loch-an-Loch-Bohrungen mit einem großen Bohrwagen löst (Abb. 5.12-2).

Nach Auskunft von hans-Jakob bärlocher werden pro Jahr 12 000 bis 15 000 m3 Sandstein gelöst, wo-von fast 95 % verwertbar sind. Der obere Abschnitt des im Steinbruch Bärlocher aufgeschlossenen Sand-steinlagers ist vor allem für Mauersteine verwendbar, der mittlere für Bodenplatten, der untere liefert auch hochwertigen Bildhauerstein (koch 2006). Große Be-deutung hat neben der Erzeugung von Boden- und Fassadenplatten die Produktsparte Garten- und Land-schaftsbau, für die vor allem Mauerplatten, bossierte Mauersteine, Treppenstufen, Brunnen, Gartenmöbel, aber auch großformatige Platten und Blöcke (z. B. Uni-versitätspark in Zürich) erzeugt werden. Aus dem Stein-bruch der Fa. Bärlocher können Platten in der Größe von mehreren Quadratmetern geliefert werden (z. B. für Sichtschutz oder Gebäudeverkleidungen), was mit der geologischen Entstehung des Werksteinlagers zu tun hat (s. u.). Daneben werden großformatige Werkstein-blöcke für Ornamentsteine und Gebäuderenovierungen ausgeliefert. Als Verwendungsbeispiele für Rorschacher Sandstein können die Kuppel des Bundeshauses in Bern,

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das Gebäude der UBS-Bank in St. Gallen, die Kathedrale St. Gallen und die Parkanlage der DG-Bank in Hannover genannt werden. Bei der Gesteinsbearbeitung anfallen-de Reststücke werden für Gabionen verwendet.

Geologie: Der Rorschacher Sandstein ist im Gegensatz zum bei Überlingen aufgeschlossenen Molassesand-stein gleicher Zeitstellung (Kap. 4.20.4, Abb. 4.20-15) in einem ruhigen Ablagerungsmilieu unterhalb der Wel-lenbasis abgelagert worden, wie die mächtigen und ho-mogenen Sandsteinbänke mit feiner Parallelschichtung belegen (koch 2006). Die o. g. unterschiedliche Ver-wendbarkeit des Rorschacher Sandsteins geht nach den petrographischen Untersuchungen von r. koch auf die Zunahme von in die Schichtung eingeregelten Glimmern vom Liegenden zum Hangenden zurück. Daher zeigen die jüngeren Sandsteinbänke ein ausgeprägtes schicht-paralleles Aufspalten (Mauerstein- und Plattenqualität). Die Feinsandsteine sind von hellockerbraunen, schicht-parallelen Bändern durchzogen (Abb. 5.12-2 und -3).

Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die Schichtfugen bei der tektonischen Aufrichtung des Gesteinsstapels in unregelmäßigen Abständen zu Har-nischflächen mit gleichmäßigen Harnischstriemungen umgebildet wurden. Entlang dieser Gleitflächen konnte Schichtwasser eindringen und die im Gestein enthalte-nen eisenhaltigen Minerale (Karbonate, Erze, Chlorit) zu Limonit oxidieren. Die klastischen, im Mittel zwischen 0,1 und 0,3 mm großen Körner bestehen überwiegend aus Quarz, untergeordnet Feldspat, Calcit und Dolo-mit. Das Bindemittel besteht aus feinkristallinem Calcit und Tonmineralen. Die mit etwa 15–30° nach Norden, d. h. zum Bodensee hin einfallende Gesteinsschicht von Meeresmolasse-Sandsteinen ist zwischen 8 und 12 m mächtig, im Durchschnitt etwa 10 m.

Technische Eigenschaften (nach Quervain 1969, INSK und Callwey Steinkartei, K. fuchs von 1998; weitere Daten siehe www.baerlocher-natursteine.ch): Rohdichte: 2,45–2,65 g/ cm3; Reindichte: 2,64–2,72 g/ cm3; Po-rosität, absolute: 4–8 Vol.-%; Porosität, effektive: 3–5 Vol.-% (nach Callwey 0,5–2,5 Vol.-%); Wasseraufnahme: 1–2,5 %; Druckfestigkeit: 74 MPa (nach Callwey 30–180 MPa); Bieg-zugfestigkeit: 6,9 MPa (nach Callwey 3–15 MPa); thermische Dehnung: 0,2–0,8 mm/m bei 100 °C; Frostbeständigkeit: gut.

Abb. 5.12-4: Bollinger Sandstein vom Zürichsee, ein fein- bis mittelkörniger, homogener, massig wirkender, karbonatisch gebundener Arkosesandstein. Wegen seiner weißen Feldspat-körner wird er auch als „granitischer Sandstein“ bezeichnet.

5.12.3 Bollinger Sandstein

Der Bollinger Sandstein, auch als Bollinger Hartsandstein bezeichnet, wird z. B. von den Firmen Müller in Neuhaus und Kuster in Bollingen gewonnen; vergleichbare Mo-lassesandsteine baut die Firma J. & A. Kuster (Sitz in Bäch) auch in Guntliweid bei Nuolen und in Bäch ab. Der Bollinger Molassesandstein vom Zürichsee ist ein homo-gener, hellgrauer bis aschgrauer, bisweilen leicht grün-lich oder rötlich grauer, fein- bis mittelkörniger, selten grobkörniger, feldspatreicher Sandstein (Abb. 5.12-4). Im Vergleich zum Rorschacher ist er etwas gröber, ent-hält mit dem bloßen Auge noch erkennbare weißliche bis hellrosa Feldspäte, weshalb er auch als „granitischer Sandstein“ bezeichnet wird. Innerhalb der Werkstein-bänke ist er strukturlos, also „massig“ ausgebildet. Er wird stratigraphisch der Unteren Süßwassermolasse zu-geordnet (Alter Oligozän/Aquitan).

Das Gestein wird schon seit römischer Zeit genutzt. An-fang des 20. Jh. standen noch 40 Steinbrüche bei St. Margarethen, bei Jona, Bollingen, Schmerikon, Neuhaus und Uznaberg in Betrieb (Quervain 1969). Der aktuelle Abbau des Bollinger Sandsteins erfolgt auf dem bewal-deten Hügelzug zwischen Schmerikon und Eschenbach nördlich des oberen Zürichsees. Die Fa. Müller2 in Neu-haus am Zürichsee (nahe Rapperswil) baut den Bollinger Sandstein im Steinbruch Brand seit Generationen ab. Genutzt wird hier eine 70° nach Norden einfallende, etwa 20 m mächtige Sandsteinschicht, die durch ein Zwischenmittel mit Tonlinsen in ein nördliches und ein südliches Lager geteilt wird (Abb. 5.12-1). Der Abbau erfolgt im Schachtabbauverfahren bis in eine Tiefe von fast 60 Metern. Darunter treten nach Auskunft des Be-treibers zunehmend eisenhaltige Karbonatkonkretionen auf, die sich mit der Zeit braun fleckenartig verfärben und daher am steinsichtigen Bauwerk ein unerwünsch-tes Bild abgeben können.

Nach einem Gutachten der Schweizerischen Geotechni-schen Kommission (R. künDig, 1991) handelt es sich bei den klastischen Komponenten des Sandsteins vor allem um Quarz, Feldspäte und wenig Schichtsilikate. Der An-teil ist wie folgt: Quarz: 35 %; rötlicher Kalifeldspat: 19 %; Plagioklas: 9 %; Chlorit: 3 %; Glimmer: 2 %; Erzminerale: 1 %. Das Bindemittel ist Kalkspat. Es handelt sich also um einen karbonatisch gebundenen Arkosesandstein. Der Sandstein enthält etwa 13 % Poren, die aber nur teil-weise miteinander in Verbindung stehen. Die klastischen Komponenten sind 0,05–0,6 mm groß und schlecht sor-tiert. Mangels schichtiger Einregelung der Minerale ist im Handstückbereich keine Bänderung erkennbar.

Technische Eigenschaften:(1) Vorkommen Neuhaus, Steinbruch Brand (nach INSK und Firmenangaben): Rohdichte: 2,4–2,5 g/ cm3; Porosität, absolute: 6–11 Vol.-%; Porosität, scheinbare: 5,5–9 Vol.-%; Wasseraufnahme: 2,2–3,5 M.-%; Druckfestigkeit: (A) Südliches Lager, senkrecht zur Schichtung: 109,5 MPa, parallel zur Schichtung: 92,6 MPa; (B) Nördliches Lager, senkrecht zur Schichtung: 87,2 MPa, parallel zur Schichtung 72,0 MPa; Biegezugfestigkeit 7,2–7,3 MPa.(2) Vorkommen Leholz, Gemeinde Johna (St. Gallen) (LPM AG Baustoffprüfinstitut):

2 www.muellernatursteinwerk.ch, Adresse: Alte Uzna-bergstrasse, CH-8732 Neuhaus

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Rohdichte: 2,38–2,44 g/ cm3; Porosität, absolute: 6–11 Vol.-%; Porosität, scheinbare: 5,5–9 Vol.-%;Druckfestigkeit (Mittelwert): 69 +/- 8,7 MPa; Biegezugfestig-keit: 4,9 +/- 0,8 MPa; Frostbeständigkeit: hoch.

Die Druckfestigkeitswerte zeigen bereits, dass es sich um einen recht homogenen, fast massigen Sandstein mit guter calcitischer Kornbindung handelt. Die Schich-tung ist am Rohblock nur schwer zu erkennen, im Stein-bruch wird sie durch weitständige Lagerfugen und die gelegentliche Einschaltung von Mergellagen erkennbar (Abb. 5.12-1). Die Frostbeständigkeit ist in Bereichen ohne Staunässe gut. Feinkörnige Lagen zeigen wegen des etwas höheren Tongehalts etwas mehr Neigung zum hygrischen Quellen und somit zur Schalenbildung. Die La-ger weisen geringfügig unterschiedliche Zusammenset-zung und daher auch gesteinsphysikalische Eigenschaf-ten auf. Günstiger sind die etwas gröberen Sandsteine des nördlichen Lagers. Die in Abbau stehenden Sand-steinlager ermöglichen die Gewinnung von Rohblöcken von mehreren Kubikmetern Größe; die größten Blöcke erreichen 25 t Gewicht. Die besten, massigen Bänke sind frostbeständig, die feinporigen, kalkig gebundenen Sand-steine sind jedoch sulfatempfindlich (Quervain 1969).

Als Beispiele für die Verwendung von Bollinger Sand-stein sind zu nennen: Stiftskirche in Einsiedeln, Groß-münster und Frauenmünster in Zürich, Stiftskirche St. Gallen, Großbauten in Zürich besonders aus der Zeit von 1860–1910. Als Beispiele für Neubauten, bei denen Mo-lassesandsteine aus dem Gebiet Neuhaus am Zürichsee verwendet wurde, sind nach Angaben der Fa. Gebr. Mül-ler (Neuhaus) das Forstamt in Radolfzell, das Vincentius Krankenhaus und die Gaststätte Central in Konstanz so-wie das Zollhaus in Ludwigshafen anzuführen. Heute wird der Bollinger Molassesandstein vor allem für Fassaden-, Boden- und Gartenplatten, Brunnen, Mauersteine, Innen-architektur, Tische, Kamine, aber auch für Säulen, Balust-raden, Figuren und vielfältige Ornamentsteine verwendet.

Bezugsmöglichkeiten: (1) Rorschacher Sandstein: Bär-locher Steinbruch und Steinhauerei AG, Postfach 13, CH-9422 Buchen-Staad, Internet: www.baerlocher-natursteine.ch. (2) Bollinger Sandstein / Bollinger Hartsandstein: Müller Natursteinwerk AG, Steinbruch-strasse 5, CH-8732 Neuhaus, Internet: www.mueller-natursteinwerk.ch.

Kurzfassung: Die hell- bis mittelgrauen, im frischen Zustand oft grünlichgrauen, feinkörnigen und rein karbonatisch gebundenen Molassesandsteine werden im Bodenseeraum seit über Tausend Jahren in gro-ßem Umfang verbaut. Weltberühmte Bauwerke oder Bauwerks ensemble wie das Kloster Reichenau, das Konstanzer Münster, die Altstadt von Überlingen oder das Schloss in Salem sind aus diesem Gestein errich-tet worden. Während in Baden-Württemberg nirgends mehr Molassesandsteine gewonnen werden, werden in der Schweiz noch zahlreiche Steinbrüche in dieser For-mation betrieben. Als Musterbeispiele werden in die-sem Kapitel der (1) bankig–plattige Rorschacher Sand-stein der Oberen Meeresmolasse (Miozän) und der (2) Bollinger Sandstein von Neuhaus am Oberen Zürichsee der Unteren Süßwassermolasse (Oligozän–Miozän) aufgeführt. Der Bollinger Sandstein wird wegen seiner Feldspatkörner und dem massigem Erscheinungsbild auch als „granitischer Sandstein“ bezeichnet.

(b)

Abb. 5.12-5: Das Konstanzer Münster, zwischen dem 11. und 19. Jh. vollständig aus Molassesandstein errichteter bedeu-tender Sakralbau am Bodensee: (A) Neogotische, im 19. Jh. aufgerichtete Turmspitze; (B) Brüstung der Turmplattform, neu erstellt aus Bollinger Molassesandstein; (C) der weiche, kar-bonatisch gebundene Molassesandstein macht seit Jahrhun-derten Renovierungsmaßnahmen erforderlich: neue, noch helle und alte, mit gelblichbrauner Patina überzogene Quader aus Rorschacher Sandstein an der Basis des Hauptturms, Südseite.

(c)

(a)