5Mutualismus-gesamt

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Programm Sommersemester Synökologie 1: interspezifische Beziehungen - Mutualismus - Vergleich von Beziehungstypen - Koevolution: von Systemen aufgrund mutualistischer Beziehungen zu Superorganismen Synökologie 2: Gesellschaften

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Programm Sommersemester

Synökologie 1: interspezifische Beziehungen - Mutualismus

- Vergleich von Beziehungstypen

- Koevolution: von Systemen aufgrund mutualistischer Beziehungen zu Superorganismen

Synökologie 2: Gesellschaften

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Wiederholung

keine Beeinflussung (0/0)Neutralismus

Beispiele jede Seite durch die andere (-/-)

Konkurrenznegativ beeinflußt eine Seite positiv beeinflußt, (+/0)

Kommensalismuseine unbeeinflußt eine Seite positiv beeinflußt, eine negativ (+/-)Prädation i. w. S.

eine Seite negativ beeinflußt, (-/0)Amensalismus

eine unbeeinflußt jede Seite durch die (+/+)

Mutualismusandere positiv beeinflußt

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Überblick

1. Zum Begriff Mutualismus

2. Entstehung von Mutualismus

3. Typen von Mutualisten

4. Populationsdynamik in mutualistischen Beziehungen

5. Folgen des Mutualismus für Koexistenz und Evolution von Arten

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Was ist Mutualismus? Beziehung gegenseitigen Vorteils

Wie ist es möglich, daß ein Organismus dem anderen aktiv nützt, wo doch in der Selektion der begünstigt sein sollte, der sich selbst am meisten nützt?

Unterschied zu Altruismus

Altruismus:

aktiv bewirkter einseitiger Nutzen für anderen

Mutualismus:

Nutzen für anderen nur, weil dadurch bedingter Nachteil (Aufwand) kleiner als Vorteil, oder gar kein Nachteil (weil Überfluß)

„Partner-Beziehung“

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Terminologie

Odum: obligatorische Beziehung wechselseitigen Nutzens: Mutualismus

Nicht-obligatorische “ “ : Kooperation

Angloamerikanische Literatur oft „Zusammenleben“ im allgemeinen:Symbiose

Im Deutschen eher üblich: Symbiose ist besonders enger Mutualismus

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(quantitative) Relevanz von Mutualismus

Größter Teil der Biomasse, Individuen und Arten lebt in mutualistischen Beziehungen:

Die meisten Waldbäume, Steppengräser, Heidepflanzen sind ohne Pilze und Bakterien, die Stickstoff liefern, nicht lebensfähig

Die meisten Pflanzenarten auf Bestäubung durch Tiere angewiesen

Pflanzenfresser brauchen „Darmflora“ u. ä. zur Verdauung ihrer Nahrung

Nach Endosymbiose-Theorie: alle Lebewesen, die höher entwickelt als Bakterien, aus mutualistischen Beziehungssystemen entstanden

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Entstehung von mutualistischen aus prädatorischen Beziehungen

Beispiel: Bestäubung von Blütenpflanzen

Ursprüngliche Samenpflanzen windbestäubt

Nachteil Samenpflanzen gegenüber Sporenpflanzen:Sporen können überall keimen, wo geeignete abiotische BedingungenPollenkörner nur auf Mykropyle (Empfängnisstelle) der Samenanlagen oder deren Hülle (Narbe)

Massenproduktion von Pollen nötig („Schwefelregen)

Bei Windblütigen Verhältnis Pollenkörner : Samenanlagen etwa 1 Million: 1

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Weitere Eigenschaften entwickelt wie

- Flugfähigkeit (Luftsäcke)

- Auffangeinrichtungen wie klebrige Narben

- Vor allem aber: dichte Bestände

Vor Entstehung der Tierblütigkeit mehr oder weniger keine MischwälderHeutige Nadelwälder mehr oder weniger „Monokulturen“

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Schon bei windblütigen Gymnospermen: gelegentlich Fraß von Pollen

Vor allem Käfer mit primitiven, beißenden Mundwerkzeugen

Für Pflanze nur Nachteile (Weidegänger-Beziehung, +/-)

Dabei aber manchmal Bestäubung

Wenn Käfer häufiger Individuen der selben Pflanzenart aufsucht:Nutzen für Pflanze

Selektionsvorteil für die Pflanzen, die „Raub“ von Pollen begünstigen

Einsparung von Pollen Möglichkeit der Besiedlung windstiller Standorte aufgelockerte Bestände, MischbeständeSeltene Arten

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Nach diesem Muster viele Beziehungen mit gegenseitigem Nutzen entstanden

Meist:

Ein Partner liefert Nahrung,

der andere Schutz vor Feinden, geeignete abiotische Umwelt, Disporenverbreitung

Oder:Wechselseitige Lieferung von Nahrungskomponenten, die für den Organismus selbst nicht zugänglich

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Andere Möglichkeit der Entstehung von Mutualismus:

Zwischen Prädation und Mutualismus: Kommensalismus

und andere (+/0)-Beziehungen

Z. B. zahlreiche Kommensalen in Körperhöhlen niederer Meerestiere (Muscheln, Würmer, Schnecken): Schutz, Nahrungsabfälle

Viele Übergänge Prädation Kommensalismus

Z. B. Kommensalen fressen gelegentlich Wirtsgewebe

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Übergänge Kommensalismus Mutualismus

Z. B. Verdauung überschüssiger Kommensalen-Individuenoder Schutz durch Kommensalen

Beispiel:

Hohltiere (Coelenteraten) auf KrebsenFressen Abfall, wenn Krebs frißt

Manche groß genug, um Krebs durch Nesselkapseln zu schützen Selektionsvorteil für Krebs, Hohltier zu schützen

Einsiedlerkrebse heften sich Hohltier anFolie

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Exkurs:

Andere (+/0)-Beziehung: Parökie

Um Habichthorste Dichte von Rabenkrähennestern deutlich verringert

(bis 2 km)

Wenn Kolkrabe in Habichtnähe brütet, brüten Rabenkrähen im „Windschatten“ des Kolkraben

Ca. 500 m um Rabenhorst habichtfreie Zone

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Rabe toleriert Krähe

vermutlich weil Rabenjunge im April, (Brutbeginn Krähe), schon recht groß: keine Gefahr durch Krähe

Rabe beginnt Territorialverhalten im Januar

Wenn Habicht Mitte Februar Territorialverhalten beginnt, wird er verjagt(interspezifisches Territorialverhalten)

Wohl relativ verbreiteter Ursachentyp für RaumverteilungZ. B. Schutz von Enten in Möwenkolonien

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Beispiele für Typen von Mutualismus(empirisch-konventionell nach irgendwelchen Auffälligkeiten, keine systematische Ordnung) - Freilebende Arten - Mutualisten im Darmkanal - Mykorrhiza - Blütenpflanzen-Bestäuber - Algen in Tieren - Flechten - Stickstoff-Fixierung durch Mikroorganismen an Wurzeln

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Mutualismus zwischen freilebenden Arten Beispiele: Honiganzeiger Honigdachs

Anemonenfisch Seeanemone Putzerfische Kunden Ameisen Akazien Ameisen Blattläuse Käfer in Ameisen- und Termitenstaaten

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Beispiele für Mutualismus freilebender Arten

Honiganzeiger (Indicator indicator) Honigdachs (Meliovora capensis)

(Afrika)

Honiganzeiger führt Honigdachs zu Bienennest (?)

Dachs öffnet Nest, frißt Honig und Larven

Vogel kann nicht öffnen, Dachs kann nicht finden

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Honigdachs

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Anemonenfisch Seeanemone

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Korallenriffe

Anemonenfisch (Amphibrion) sucht Schutz in Seeanemone

Diese schützt erst ihn mit einem Schleimüberzug vor sich (Nesselzellen)

Er schützt sie vor anemonenfischfressenden Fischen

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Anemonenfisch Amphiprion clarkii

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Putzerfische Kunden

45 Arten Putzerfische bekannt

Fische suchen sie („Putzstationen“)

Putzer gewinnen Nahrung, „Kunden“ Befreiung von Parasiten

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Putzerfisch-Station

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Ameisen Akazien

Mittelamerika

Acacia cornigera: hohle Dornen Darin Ameisennester (Pseudomyrmax ferruginea)

Ameisen fressen Zucker und andere Ausscheidungen (eigens für Ameisen entwickelt)

Ameisen schützen Akazie vor Konkurrenz durch Entfernen von Pflanzen, die in Baumkrone hineinwachsen, und vor herbivoren Insekten

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Ameisen Blattläuse

Ameisen nutzen „Honigtau“ = überschüssiger Zucker in Blattlaus-Nahrung (Stickstoff im Minimum)

Ameisen schützen Blattläuse vor Räubern

Melken scheint Saugtätigkeit zu erhöhen

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Ameisen und Blattläuse

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Ameise nimmt Honigtau von Blattlaus

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Käfer in Ameisen- und Termitenstaaten

Werden gefüttert, geschützt, bei Umzug mitgenommen (Ende des freien Lebens)

Scheiden von Ameisen begehrtes Sekret aus

Nur Genußmittel? Wäre das einseitiger Nutzen des Käfers?

Begriff Nutzen wird problematisch

Alle Übergänge zwischen fakultativ und obligat

Bis Verkümmerung der Mundwerkzeuge

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Übergänge zu „Brutparasitismus“

(Parasitismus ist es nur, wenn ganzer Staat als ein Organismus betrachtet)

Kurzflügelkäfer Lemochusa strumosa frißt Ameisenbrut, kann ganzes Volk vernichten

Neben Haupttendenz der Evolution von negativen Beziehungen zu positiven: auch entgegengesetzte Richtung

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Verdauungskanal-Symbiosen

Beispiel für Übergänge:

Ambrosiakäfer (Scolytidae) und Pilze

Tunnel in Holz an Wänden Pilze

Käfer erzeugt Umwelt für Pilz zunächst nebenbei,kein zusätzlicher Aufwand für Käfer

= Kommensalismus seitens der Pilze

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Käfer fressen Pilze - Pilze verdauen für den Käfer Nutzen für den Käfer,

aber:kein echter Mutualismus, weil Käfer keinen zusätzlichen Aufwand hat

- Auf Individual-Ebene Prädation (Käfer frißt Pilz)

- Auf Populations-Ebene: „unechter Mutualismus“

zum Teil aber:

Sporenverbreitungseinrichtungen u. a. eigens dem Pilz dienende Eigenschaften des Käfers = zusätzlicher Aufwand = echter Mutualismus

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Beispiel für Übergänge zu Verdauungskanal-Mutualismen Blattschneider-Ameisen

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Blattschneiderameisen (Atta colombica)

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Atta mexicana

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Verdauungskanal-Mutualismen

- Wiederkäuer

hohe Diversität – wegen konstanter Umwelt?

Komplizierte Beziehungsnetze: Pflanzenfresser (meist Bakterien mit Cellulase), Konsumenten 2. Ordnung (meist Protozoen), Konsumenten 3. Ordnung (meist Protozoen), Destruenten

- Bakterien und andere Einzeller im Termitendarm

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Beispiel für Über-Mutualismus: Termiten {Flagellaten Spirochaeten}

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Algen in Tieren

Häufig bei Coelenteraten

Beispiel: Süßwasserpolyp (Hydra viridis) Chlorella folie

Normale freilebende Chlorella-Zellen werden verdautAus Hydra isolierte Chlorella-Zellen werden als Symbionten eingebaut

Hydra ohne Algen lebensfähig: fakultativer Mutualismus

Mit Alge lebt Hydra oft ganz von PhotosyntheseAtmung bis zu 100 % durch O2-Produktion der Algen lebt „als Pflanze“: autotroph

Intrazellulärer Mutualismus extrem hohes Maß an Synchronisation Korallen: Kalkabscheidung (Nebenprodukt der Photosynthese der Algen

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Hydra

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Zwischen Raub/Parasitismus und Mutualismus:

Manche Invertebraten (z. B. Gastropoden) fressen Algen

Verdauung bis auf Chloroplasten

Chloroplasten-Photosynthese geht in dem Tier einige Wochen oder Monate weiter

Wirt nutzt Kohlenhydrate und Sauerstoff

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Um welchen Beziehungstyp handelt es sich?

Gastropode frißt Algen, und zwar viele, tötet sie:Prädator i.e.S. – oder Weidegänger, denn er konsumiert nur einen Teil?

Der weiterlebende Teil ist (ursprünglich) eigenes Lebewesen (Endosymbiose-Theorie) Tier tötet einen Organismus ganz, ein anderer lebt weiter

Welche Art von Beziehung geht er mit weiterlebendem ein?

Beutet ihn aus, tötet ihn nicht: Parasitismus

Aber Chloroplasten werden geschützt und versorgt (sonst würden sie nicht außerhalb der Alge monatelang weiterleben) Mutualismus

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Problem: Allgemeinbegriffe in Ökologie

Allgemeingültige Vorweg-Definitionen oft nicht möglich

Bedeutung sprachlicher Präzision

„Exaktheit“ bedeutet in „exakten Naturwissenschaften“ im allgemeinen: quantitative Genauigkeit

In Ökologie eher: sprachliche Präzision

Methodische Gemeinsamkeiten mit Geisteswissenschaften

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Flechten Mutualistische Verbindung Pilz-Alge Alge Kohlenhydrate

Pilz Nährsalze und anderes enorme Erweiterung des ökologischen Spektrums: Felswände, Baumstämme; Arktis ... (oft) relativ wenig entwickelter Mutualismus

- manchmal parasitiert Pilz

- Partner können oft auch getrennt leben (in Kultur)

- Partner haben oft freilebende Verwandte Mutualismus oft unabhängig entstanden, Flechten untereinander nicht verwandt

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Vermehrung:

Pilzspore muß zufällig aufpassende Alge treffen

Alge stimuliert dann morphologische Reaktion des Pilzes

Pilz gibt Material, Alge erzeugt Gestalt mittels des Pilzes:algenspezifische, genaue Veränderungen

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Flechten

(Haeckel)

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Klassifizieren der Flechten nach Morphologie

Traditionell wie Arten behandelt(Abteilung im System) Entspricht Geist des 18. Jhs: morphologischer Lebewesen-Begriff = Fremdkörper im heutigen System: Abstammungszusammenhang

d.h.: heutiges System drückt Verwandtschaft aus, nicht Ähnlichkeit

Wenn Kind der Mutter unähnlicher als der Tante: dennoch mit Mutter näher verwandt

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Mykorrhiza Entstehung: Vermutlich aus Parasitismus(Pilz an Pflanze) Sofortiger Übergang Parasitismus-Mutualismus: „verlängertes Wurzelhaar“

Funktion:

Verbesserung der Wasser- und Nährstoffversorgung der Pflanze („verlängertes Wurzelhaar“)

Aufschließen von Humus durch Pilz Beschleunigung von Nährstoffkreisläufen, vor allem N und P Nutzen für Pflanze

Pilze erhalten Kohlenhydrate u. a. organische Verbindungen von Pflanze(vor allem im Spätsommer)

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Verbreitung von Mykorrhiza:

bei den meisten PflanzengruppenAusnahmen, z. B. Kreuzblütler

Meist fakultativ

obligatorisch bei vielen Waldbäumen, Gräsern, Heidepflanzen, generell auf armen, sauren Böden

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Endotrophe Mykorrhiza, z. B. Orchideen

Ektotrophe Mykorrhiza (Mantelbildung),

z. B. die meisten Waldbäume

Die meisten Mykorrhiza-Pilze sind nicht artspezifisch

Einige Ausnahmen, z. B. Birkenpilze (Boletus scaber)

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Kompliziertes Beispiel von Pflanze-Pilz-Mutualismus:

Orchideen – „Ammenpilze“:

einseitiger Nutzen Orchideewar vorher Mutualismus

Sekundärer (tertiärer? quartärer?) Parasitismus bei Orchideen

(z. B. Nestwurz, Neottia nidus-avis, parasitiert an Pilzen, diese zum Teil an Pflanzen: Epiparasitismus)

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Nestwurz(Neottia nidus-avis)

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Stickstoff-Fixierung durch Mikroorganismen an Pflanzenwurzeln Leguminosen Bakterien (Rhizobium) Rhizobium zunächst freilebend kann N2 fixieren ( NH4

+) Wenn Wurzelhaar in der Nähe: Vermehrung von Rhizobium

parasitisches Eindringen in Rinde

Wirt kapselt Rhizobium ein Einkapselung ist zunächst Abwehr

Bakterium induziert durch beta-Indolessigsäure-Produktion gallenartige Wucherungen

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Wurzelknöllchen Vicia sepium

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Bakterium wächst von Zelle zu Zelle weiter Gallen-Reaktion Wucherung breitet sich aus = „Knöllchen“ Bakterien ändern sich zu sich nicht mehr teilenden Bakterioiden Pflanze bildet Gefäßsystem: verbindet Knöllchen mit Phloem Versorgung der Bakterioiden mit Kohlenhydraten, Aufnahme von N-Verbindungen zuletzt: Knöllchen von Pflanze verdaut = prädatorische Beziehung in die andere Richtung Keime der Bakterien werden freigesetzt freilebende Rhizobium-Stadien

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Von Unabhängigkeit zu Parasitismus,

daraus wird Mutalismus,

daraus wieder Prädations-Verhältnis,

dann wieder Unabhängigkeit

Übergänge hier nicht (nur) in Stammesgeschichte, sondern in Individualentwicklung

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Mutualismus mit Rhizobium bringt Vorteile für Leguminosen auf stickstoffarmen Standorten

Abbau der Biomasse der Leguminosen: fixierter Stickstoff reichert sich im Boden an

Leguminosen verlieren Konkurrenz-Vorteil werden verdrängt („Selbstmordverhalten der Leguminosen“) selten dauerhafte Leguminosen-Reinbestände

Beweidung, Tier-Exkremente an andere Stelle:Stickstoffgehalt im Boden sinkt wieder

Leguminosen erneut konkurrenzfähig

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Luftstickstofffixierung bei Nicht-Leguminosen

Bei Leber- und Laubmoosen und wenigen höheren Pflanzen:

N-Fixierung durch Blaualgen

z. B. Möglichkeit des Wachstums von Torfmoosen in extrem stickstoffarmen Hochmooren nur dadurch

Bei Alnus, Hippophae, Myrica, Arctostaphylos, Dryas:

N-Fixierung durch Pilz Frankia

Pflanzen können auf stickstoffarmen Standorten wachsen: Torf, Sanddünen, Kies von Gebirgsflüssen, arktisch-alpine Standorte

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Silberwurz

(Dryas octopetala)

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Evolution der Luftstickstofffixierung

Luftstickstofffixierung bei allen Pflanzen durch den gleichen Genkomplex

Experimentell durch Plasmiden auf andere Arten übertragbar

Genkomplex kann nur einmal entstanden sein

quer übertragen zwischen Organismen, die verwandtschaftlich sehr weit entfernt

Problem mit Begriff Verwandtschaft

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Blütenpflanzen-Bestäuber-Beziehungen

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Entstehung von Tierbestäubung Voraussetzung Zwitterblüten:

Wenn Pollen Lockmittel: nur Blüten mit Pollen werden angeflogen, an diesen müssen auch Fruchtknoten sein, sonst keine Bestäubung.

Bei Zwitterblüten aber: Gefahr der Selbstbestäubung Aufgaben aus Pflanzen-Perspektive: - genügend Pollen zu Organismus gleicher Art transportieren- geringer Energieaufwand für Pflanze- Selbstbestäubung verhindern

= Mehrkriterien-Optimierungsproblem Hat meist nicht eindeutig optimale Lösung, sondern zahlreiche mehr oder weniger gleich gute viele unterschiedliche Lösungswege

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Tierbestäubung erfordert funktionalen Strukturwandel der Blüte:

- Ertragen mechanischer Belastungen

- Pollen und Narbe müssen sich regelmäßig berühren

- Haftenbleiben des Pollens am Tier

- Lockmittel

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Lockmittel Ursprüngliches Lockmittel:

Pollen selbst Überschuß nötig= Beispiel für Präadaption: Funktionswandel

Pollen steht auch unspezialisierten Insekten zur Verfügung (Käfer mit beißenden Mundwerkzeugen)

heute noch z.B. bei Rosa, Anemone, Paeonia

Daneben als Lockmittel:

Abfallprodukte, vor allem zuckerhaltige Säfte Selektion auf Menge und spezialisiertes Anbieten (Lage zu Staubblättern) Entwicklung von Nektardrüsen Funktion: Energieeinsparung im Vergleich zu aufwendigen Pollen evolutionäres Nachziehen der Bestäuber: statt beißender Mundwerkzeuge: saugende

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Weitere Verbesserung: Spezialisierung wenn Bestäuber nur eine Art besuchen: weniger Pollenverlust = Selektionsvorteils für Pflanze Selektionsvorteil für Bestäuber: verringerte Konkurrenz

Spezialisierung seitens der Pflanze durch:Unzugänglich-Machen des Nektars für andere Tiere

Verbergen in Sporn, Blütenröhren

Selektion auf immer speziellere Mundwerkzeuge (Schmetterlingsrüssel)

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Spezialisierung bringt Vorteil präziser ÜbertragungaberNachteil: geringere Menge potentieller Überträger,Risiko, wenn Spezialist ausfällt neben Spezialisierung ist auch Generalisierung „sinnvolle“ „Strategie

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Welche Richtung wird eingeschlagen? Ausschlaggebend: Zusatzfaktoren z.B. : Möglichkeiten der Spezialisierung müssen bei Bestäubern überhaupt vorhanden sein Beispiel: Blüte jahreszeitlich begrenztBestäuber müssen vorhanden sein, die sich ebenso begrenzen können, z.B. Schmetterlinge, die (als Adulte) mit sehr kurzer Zeit auskommen (adulte) relativ langlebige Arten weniger geeignet für Spezialisierung (Kolibris, Fledermäuse, Bienen):Müssen nach Verblühen andere Art aufsuchen

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Lockmittel Müssen auf Sinnesphysiologie der Tiere eingestellt sein

Optische Reize:- Bienen, Hummeln sehen kein Rot, dafür Teile von UV (erscheint uns weiß)- Vögel: Rot für sie sehr auffällig- Fledermäuse: Farbe unwichtig

Komplizierte optische Reize: „Saftmale“ und andere „Schaueinreichtungen“

oft Wegweiser zum Nektar, oft unsichtbar (UV) Beispiel Ophrys: Imitation von Bienen- und Grabwespen-Weibchen

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Chemische Reize:Fliegen: Geruch nach Aas und ExkrementenBienen: stimulierende Wirkung des Duftes bestimmter Blütenarten zeitlich begrenzte Blütentreue

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Ophrys insectifera

Fliegen-Ragwurz

Von Grabwespenbestäubt

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Außer Lockmittel:

Mechanische Verbesserungen nur bestimmte Tiere können bestäuben,werden in die Position gebracht, wo genügend Berührung mit Pollen/Narbe möglich Hebel, Klemm-Mechanismen

Gleitfallenblumen Beispiel Aronstab (Arum maculatum)

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Bis hier 1. Std. 22. 4. 09Aronstab Arum maculatum, Bestäubungsvorgang

GleitfallenblumePflanze zwittrig, Blüten getrenntgeschlechtlich,proterogyn („vorweiblich“)

Kessel oben weit, in Mitte verengt, Hindernisblüten

1. Tag: Erwärmung, KotgeruchPollenbeladene Fliegen (und Käfer) angelockt, gleiten ab (Öltropfen)Bestäuben untere = weibliche BlütenWerden nachts beladen mit Pollen der männlichen Blüten darüberNacht: Geruch hört auf2- Tag: Hindernisblüten welken pollenbeladene Insekten entweichen

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Wiederholung

Programm

Synökologie 1: interspezifische Beziehungen - Mutualismus

- Vergleich von Beziehungstypen

- Koevolution: von Systemen aufgrund mutualistischer Beziehungen zu Superorganismen

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Verbesserung der Lockmittel Verbesserung der Nutzungsfähigkeit bei Tieren: Entwicklung von SinnesorganenBienensprache

bei Pflanzen: Blüten „organisieren sich“ gemäß Lockfunktion und Bestäuberfunktion „Blumen“ Blume = bestäubungsökologisch-funktionale Einheit fällt oft nicht mit Blüte zusammen

Blüte = morphologisch-entwicklungsgeschichtlicher Einheit

Beispiel Korbblütler

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Wiederholung

Was ist Mutualismus – wie ist Mutualismus trotz Selektion auf eigenen Vorteil möglich?

Unterschied zu Altruismus

Terminologie

(quantitative) Relevanz von Mutualismus

Entstehung von mutualistischen aus prädatorischen und kommensalischen Beziehungen

Beispiele für Typen von Mutualismus- Freilebende Arten - Mutualisten im Darmkanal- Mykorrhiza- Algen in Tieren- Flechten

- Luftstickstoff-Fixierung durch Mikroorganismen an Wurzeln

- Blütenpflanzen-Bestäuber

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Blumentypen und Blumenstile Blumentypen nach Baueigentümlichkeiten Scheiben- und Napfblumen z. B. Anemone, Nymphaea, Paeonia primitivster Typ; zunehmende Verengung Becher- und Glockenblumen z. B. Leucojum, Campanula, Calystegia Röhren- und Stieltellerblumen z. B. Primula, Nicotiana Anderer Entwicklungsweg: dorsiventral werden

Schmetterlingsbumen z. B. Leguminosen, Polygala Rachen- und Lippenblumen z. B. Scrophularia, Viola Sonderentwicklungen: Fallenblumen und anderes

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Blumenstile = Anpassung an Tiergruppen Blumenstile aus völlig unterschiedlichen Blütenorganen, Einzelblüten, Teilblüten, Blütenständen gebildet:

je nach Unterscheidungsfähigkeiten und funktionalen Erfordernissen der Tiere ähnliche „Stile“

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Käferblumen

Pollennahrung, robuster Bau (Scheiben-, Napfblüten)starker Duftgrünlich-weiß, ohne Saftmale Beispiele: Magnolia, Cornus

Fliegenblumen - klein, geruchlos, offener Nektar

Beispiel Umbelliferen - Aasfliegenblumen: Geruch, grünlich-purpurn

Beispiel: Arum

Bienenblumen dorsiventral (Rachen-, Lippenblumen): Landeplatz gelb, violett, blau, leichter Duft, mäßig tief verborgener Nektar

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Tagfalterblumen aufrecht, enge Röhren, Nektar tief, oft rot

Beispiel: Dianthus-Arten

Nachtfalterblumen waagrecht/Hängend, enge Röhren, starker Geruch, weißlich

Beispiele: Silene-Arten, Oenothera

Vogelblumen groß, kein Landeplatz, grell rot, blau, gelb („Papageienfarben“), geruchlos Beispiele: Fuchsia, Tropaeolum majus Fledermausblumen robust, nachts blühend, Gärungsgeruch (nur Tropen) Evolution

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Cicerbita Alpina

Tauben-schwänzchen

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Auch Rückkehr zu Windblütigkeit

Windblütigkeit: Vorteile besonders in dichten Beständen (z. B. Erle auf Torf)und bei ungünstiger Umwelt für bestäubende Tiere (z. B. kaltes Klima)

In solchen Situationen- Tierblütigkeit nie vorherrschend geworden (z. B. boreale Nadelwälder)- Sekundäre Windblütigkeit

z. B. Eichen, Erlen, BirkenDurch gleichgerichteten Selektionsdruck wie bei primär windblütigen (z. B. Reinbestände) gleiches Merkmal-Syndrom, vor allem:

- Sehr zahlreiche Pollen, nicht klebrig, flugfähig- Ausstreueinrichtungen (Kätzchen)

- vergrößerte, klebrige Narben- Keine störende Blütenhülle

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Alnus glutinosa