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MAGAZIN FÜR HOLZBLÄSER Eine Vierteljahresschrift · Einzelheft 6,50 Heft 4/2005

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Heft 4/2005

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Ulrich Thieme Andreas StrunkeitBlockflöte und Gesang – Arien undKammerkantaten für Gesang undobligate Block flöte(n)Seminar 4: 12. November 2005

Andreas Strunkeit, Blockflötist und erfahrener Ge -sangs pädagoge und Ulrich Thieme, Professor fürBlockflöte an der Hochschule für Musik und The-ater Hannover werden barocke Kantaten unter denAspekten Technik, Interpretation und Zusammen-spiel mit den Teilnehmern erarbeiten.Der Kurs wendet sich an alle Blockflötisten undSänger, die sich für das überschaubare, dabei äußerstreizvolle Repertoire von Werken interessieren, indenen Blockflöte(n) und Gesang mit Basso conti -nuo zusammenwirken.Bereits bestehende Ensembles dieser Formationsind besonders willkommen. Herzlich eingeladensind natürlich auch Blockflötisten und Sänger, die(spätestens) auf dem Kurs einmal in dieser Beset-zung spielen möchten. Sie werden gebeten, ihreLiteraturwünsche zusammen mit ihrer möglichstfrühzeitigen Anmeldung zu übermitteln, damit dieEnsembles zusammengestellt werden können. Pas-sive Teilnahme ist ebenfalls möglich.Ein Cembalo (in 440 und 415 Hz) und ggf. auch einBegleiter stehen zur Verfügung.Alter: ab 16

Termin: jeweils Samstags von 10.00 – 17.00 Uhr (Mittagspause von 13.00 – 14.00 Uhr)

Ort: Kreismusikschule Celle, Kanonenstr. 4, 29221 CelleTeilnahmegebühr: 40,00 Euro (aktiv) / 25,00 Euro (passiv)

Weitere Informationen und Anmeldung: Moeck Musikinstrumente + Verlag, Lückenweg 4, 29227 Celle Organisation: Franz Müller-Busch, Tel. 05141-885346

SS pp ii ee ll rr ää uu mm ee –– MOECK Seminare2005/2006

Carin van HeerdenDer singende TelemannSeminar 5: 18. Februar 2006

Werke von Georg Philipp Telemann für und mitBlockflöte werden in diesem Workshop in Einzel-und Kammermusikstunden erarbeitet. TelemannsLeitsatz Singen ist das Fundament zur Music in allen Dingen... Wer die Composition ergreifft, mußin seinen Sätzen singen soll die gemeinsame Arbeitan seinen Solo- und Kammermusikwerken prägen.Eingeladen sind alle BlockflötistInnen die das Me-lodische bei Telemann lieben.Ein Cembalo in 440 und 415 Hz sowie ein Beglei-ter stehen bei Bedarf zur Verfügung.Folgende Werke können u. a. erarbeitet werden:6 Partitas (Die kleine Kammermusik für Block flöteund B.c.)12 Fantasien für Blockflöte soloSonaten für Altblockflöte und B.c.Duette (darunter auch die Sonaten im Kanon)Triosonaten (auch mit anderen Instrumenten)

Ohne Mindestalter

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TIBIA · Magazin für Holzbläser 30. Jahrgang · Heft 4/2005

InhaltEditorial 570Adrian Brown: Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden 571Das Porträt: Historische Holzblasinstrumente im Cirque du SoleilWayne Evan Hankin – Porträt eines Musikersvon Sabine Haase-Moeck 585Alban Peters: Luciano Berio: Sequenza VIIaAnregungen zum Spielen Neuer Musik auf Oboen mitvollautomatischer Mechanik 590Peter Thalheimer: Jenseits von Bassano, Bach und BerioVersuch eines Curriculums für die fachspezifischen Ergänzungs-fächer im Blockflötenstudium 599Ronald Haase: Computertomographie – eine moderne Methodezur exakten Vermessung von Blockflöten 606

Summaries 614

BerichteKerstin de Witt und Jostin Gundersen: Sommerkurs für AlteMusik in Prachatice, Tschechien 616

Frisch aus der Quelle„Früher war ja alles besser!“ 617

RezensionenZeitschriften 618Bücher 619Noten 622Tonträger und AV-Medien 637

Leserforum 642

Neues aus der Holzbläserwelt 644

Veranstaltungen 645

Impressum 648

TIBIA-Kunstbeilage: Thomas Gainsborough, BILDNIS JOHANN CHRISTIAN FISCHERÖl auf Leinwand (1780), ca. 227 x 150 cm, London Buckingham Palace

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Verehrte Leserinnen und Leser,

Vielleicht haben sie sich schon einmal darüber gewundert, dass die Seitenzählung in Tibia jeweils zwei Jahrgänge umfasst und dass es alle zwei Jahre ein Inhaltsverzeichnisfür diese beiden Jahrgänge gibt. So ist es Usus bei wissenschaftlichen Zeitschriften, diez. B. von Bibliotheken zu „Büchern“ aufgebunden und als Fachliteratur dauerhaft inden Bestand aufgenommen werden. Es gibt also nicht nur ein Heft und einen Jahrgangvon Tibia, sondern immer auch einen „Band“.

Mit dem letzten Heft Ihres Abonnements für das Jahr 2005 erhalten Sie zusätzlich zumInhaltsverzeichnis 2004/2005 erstmals auch einen Schuber für die Hefte dieser beidenJahrgänge, so dass Sie sich Ihren „Band“ selbst zusammenstellen können, es ist übrigensder 15. seit dem erstmaligen Erscheinen von Tibia im Jahre 1976. Tibia lässt sich aufdiese Weise leicht zugänglich wie ein Fachbuch im Bücherregal aufbewahren.

Wir hoffen sehr, dass Ihnen diese Neuerung Freude macht, zumal wir im kommendenJahrgang Abschied nehmen müssen von dengewohnten Tibia-Kunstbeilagen, die Her-mann Moeck seit der ersten Ausgabe 1976sehr engagiert und mit großer Sachkenntnisbetreute. Mit ganzem Herzen widmete ersich der Aufgabe, für Tibia musik-ikono-graphisch bedeutsame Titelbilder auszu-wählen und mit instrumentenkundlichenKommentaren zu versehen, und es sind Altersgründe, die ihn dazu bewegen, sichdieser liebgewordenen Pflicht zu entledigenund sich auch aus der Tibia-Herausgeber-schaft zurückzuziehen. Wir danken ihm fürseinen großen Einsatz. Tibia wäre ohne ihnin dieser Form nicht möglich gewesen.

Sabine Haase-Moeckfür die Tibia-Redaktion

Dr. Hermann Moeck

Editorial

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Blockflötenbauer nur wenige, die dieses Instru-ment nicht in verschiedenen Größen und Stim-mungen anbieten. Von den Spielern wird es fürganz unterschiedliche Musik verwendet, von dermittelalterlichen Estampie bis zur zeitgenössi-schen elektronischen Komposition. Der Begriff„Ganassiflöte“ bezeichnet heute ein Instrumentmit großem Tonumfang, für das man in der obe-ren Lage andere Griffe braucht als für das ge-bräuchlichere Barockmodell. Und jahrelang sahman in ihr das historische Bindeglied zwischender weit gebohrten Renaissanceflöte und ihremobertönigen und raffinierteren barocken Nach-folger. Der Unterschied liegt im wesentlichen inder trompetenartigen Bohrung und den großenTonlöchern, die der Ganassiflöte einen Ambitusvon fast 2 1⁄2 Oktaven verleihen, also einen Ton-umfang, der über den einer normalen Renais-sanceflöte hinausgeht.

In Begriffen der Akustikausgedrückt, werdendiese hohen Töne durchunterschiedliche Griffeerzeugt: Die wichtigeStufe XV (Doppelokta-ve) wird als vierter Teil-ton von Stufe I gegrif-fen, indem man alleLöcher bedeckt, aber einige nicht vollendsschließt, anders als beimgewohnten barockenGriff, der vom drittenTeilton der Stufe III ab-geleitet ist. Außerdemgibt Ganassi den GriffØ16 für Stufe XIV an;das ist die Oktave, alsoder zweite Teilton von

Es ist ein Phänomen, dass die bloße Erwähnungder Ganassiflöte, die richtiger Ganassiblock flöteheißen müsste, überall zu Kontroversen führt.Mein Ziel ist es, einen möglichst vorurteilslosen,objektiven Überblick über die VerbindungenGanassis zur Blockflöte aus historischer sowiemoderner Sicht zu geben und endlich Klarheitzu schaffen.

Man kann unmöglich über die moderne Ge-schichte der „Ganassiflöte“ schreiben, ohne aufden weitschweifigen Disput einzugehen, der sichin den frühen 1990er Jahren im American Recor-der und im britischen Recorder and Music Ma-gazine austobte. Es schien hauptsächlich um dieFrage zu gehen, welcher moderne Blockflöten-bauer als erster eine Kopie des illustren Instru-ments in Wien gemacht hatte. Ich habe mich be-müht, diesen Aspekt wohlweislich zu umgehen,also jedwede Diskus-sion darüber, wer dererste war, der dies undjenes getan hat, auszu-sparen, und mich ledig-lich auf die Wirkung,die diese Veröffentli-chungen zu ihrer Zeithatten, zu konzentrie-ren.1

Einführung

Die Ganassiflöte hatsich heute als Blockflö-tentyp etabliert. Tat-sächlich findet man beischneller Durchsichtder Kataloge moderner

Adrian BrownDie „Ganassiflöte“ – Tatsachen und LegendenDieser Artikel basiert auf einem Vortrag, gehalten beim European Recorder Performance Festivalim Oktober 2004 in Amsterdam.

Adrian Brown lernte denBeruf des Instrumenten -machers von 1979–1982 amLondoner College of Furni-ture und spezialisierte sichauf den Bau von Blockflötenunter der Ägide von Ken-neth Collins. Seit 1982 ist erselbstständiger Blockflöten-bauer und hat in den meisten

größeren Blockflötensammlungen Forschungen betrieben. Er ist der Autor des Selbsthilfebuches für Blockflötenspieler The Recorder. A Basic Work -shop Manual und betreibt eine Internetseite über historische Renaissance-Blockflöten (www.adrianbrown.org/database). Er hält regelmäßig Vorträge, indenen er die Ergebnisse seiner Blockflötenforschungvorstellt und arbeitet mit dem KunsthistorischenMuseum Wien zusammen, über dessen Blockflöten-sammlung er einen neuen Katalog erarbeitet hat, derin Kürze erscheint.

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Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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Stufe VII. Dieser Griff erscheint erstmals 1529bei Agricola und unterscheidet sich stark von denspäter bei Jambe de Fer beschriebenen Griffen.2

Woher kam also die Ganassiflöte und für welcheMusik war sie gemacht? In den letzten Jahrenbin ich mit meinen eigenen Antworten auf dieseFragen immer unzufriedener geworden. Außer-dem schien mir ein großer Widerspruch zu klaf-fen zwischen dem, was viele meiner Kunden undKollegen aus Ganassis Abhandlung herauslasen,und dem überlieferten Instrument aus demKunsthistorischen Museum in Wien selbst. ZuBeginn meiner Zusammenarbeit mit dem Kunst-historischen Museum wurde ich fortwährendvon Kollegen und Kunden gefragt, ob ich dieGanassiflöte habe spielen dürfen. Das Stichwort„Ganassi“ erbrachte im Internet zahlreiche An-gebote an „Altblockflöten nach Ganassi“, abernur wenige Informationen über den Mann selbstoder über den tatsächlichen Zusammenhangzwischen ihm und unserer „Ganassiflöte“. Ichbeschloss also, mich auf die historische Spuren-

suche zu begeben und zu Ganassis Person, sei-nem Buch und dem Venedig der 1530er Jahre zu-rückzukehren.

Das Buch

Der Titel von Ganassis erstem Buch, Opera In-titulata Fontegara, kann folgendermaßen über-setzt werden: Das Buch, Fontegara genannt, dasFlöte zu spielen lehrt mit aller Kunst, die diesemInstrumente zukommt. Es behandelt besondersdas Verzieren, das nützlich ist für jedes Blas- undSaiteninstrument und auch für den, der Freudeam Gesang hat.3Ganassi selbst veröffentlichte es1535 in Venedig im Alter von 42 Jahren. Der Be-griff „Fontegara“ soll von „Fontego“ kommen,dem Namen des venezianischen Getreidemark-tes in der Nähe von Ganassis Wohnort in Vene-dig. Er könnte auch als Wortspiel zwischen Fonte (die Quelle) und Gara (ein Kurs oderWettbewerb) gemeint sein. Auf jeden Fall war es

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die erste Abhandlung oder das erste Lehrbuchder Geschichte, das ausdrücklich für Blockflö-tenspieler geschrieben wurde, und zwar, wieman aus Ganassis Situation schließen kann, fürAmateurmusiker.

Ganassi war seit 1517 Mitglied der Pifferi desDogen von Venedig. Er wurde für den kurz zu-vor verstorbenen Spieler der Instrumente in Alt-lage eingestellt. Wie die meisten professionellenMusiker seiner Zeit wird er seinen Beruf durchLehrjahre bei einem Meister erlernt haben, we-niger durch Lehrbücher oder Abhandlungen.4Das Buch ist ungewöhnlich, denn anders als inden meisten Lehrbücher des 16. Jahrhunderts,die in einem oft enzyklopädischen Stile ge-schrieben wurden, gibt Ganassi detaillierte In-formationen über Artikulation, Atemkontrolle,Triller, Griffweisen und natürlich Diminutions-techniken, die mehr als Dreiviertel der gedruck -ten Seiten ausmachen. Ein überliefertes Exem-plar enthält – in Ganassis eigener Handschrift –einen Anhang mit 175 Variationen über eine ein-

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zige Kadenz, geschrieben für einen unbekanntenflorentinischen Adligen.5 Ganassi druckt zahl-reiche Grifftabellen in seinem Buch ab, von de-nen die meisten sich auf normale Renaissance-blockflöten mit dem Umfang einer Oktave undeiner großen Sexte beziehen. Sie gelten für dieStandardgrößen Bass in f, Tenor/Alt in c undDiskant in g und stimmen sowohl mit früherenAbhandlungen von Virdung und Agricola alsauch mit späteren Arbeiten von Jambe de Fer,Zacconi und Cerone überein.6Mit den drei letz-ten Tabellen jedoch, die anscheinend nur für diekleinste der drei Flöten gelten, gelang es Ganassi,in die Geschichte einzugehen. Er erweitert denTonumfang des Instruments auf über 2 1⁄2 Okta-ven und nennt dafür Griffe, von denen demKundigen einer zweifelhafter als der andere vor-kommt. Als Einleitung für diese Grifftabellenschreibt er: Wisse, mein höchst würdiger Leser, dass ich michviele Jahre hindurch im Flötenspiel geübt undmich daran ergötzt habe, alle hervorragendenSpieler meiner Zeit kennen zu lernen und mit

Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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ihnen zu musizieren. Dabei habe ich nie einenin jener Kunst bewanderten Menschen gefun-den, der mehr als die gebräuchlichen Töne ge-spielt hätte, es sei denn, dass er einen oder zweiandere hätte hinzufügen können. Ich habedaraufhin die Griffmöglichkeiten überprüftund hierbei gefunden, was andere nicht ge-wusst haben. Nicht etwa, dass ihnen dieKenntnis jenes Weges mangelte, nur haben sieihn der Beschwerlichkeit wegen aufgegeben.Ich habe also außer den genannten üblichenTönen sieben weitere gefunden, von denenich dir nun genaue Kunde geben werde. Zu-nächst muss ich bemerken, dass die Flöten, dievon verschiedenen Meistern hergestellt sind,nicht nur in der Mensur, sondern auch in derBohrung der Grifflöcher und sogar im Wind-kanal voneinander abweichen. Da die einzel-nen Meister nicht in gleicher Weise hören undinfolgedessen auch verschieden spielen, stim-men sie die Instrumente unterschiedlich ein.Dies wiederum bewirkt von einem Meisterzum anderen einen Unterschied in der Art zublasen. Darum habe ich in den folgenden Tabel-len einige Griffe mehrerer Meister zusammenge-stellt, und du kannst an Hand dieser Beispiele sehen, worin sie voneinander abweichen.7

Kurz und gut: nach Ganassis Ansicht sind alsooffenbar alle Blockflöten verschieden gebaut, dieSpieler müssen flexibel und technisch gut sein,um sauber zu spielen. Wie schon erwähnt, habennur drei Grifftabellen das hohe Register und die-se sind praktischerweise gekennzeichnet mit denmutmaßlichen Markenzeichen dreier verschie-dener Blockflötenbauer. Das erste, ein verziertesA, war das Markenzeichen der Familie Schnitzeraus Nürnberg und München, und ein doppeltesA findet man auf mehreren überlieferten Instru-menten. Mit dem zweiten Zeichen, einem Klee-blatt, sind Blockflöten markiert, die auch denNamen Hans Rauch von Schrattenbach tragen,auch hier öfter als Doppelzeichen benutzt.8Dieletzte Grifftabelle trägt ein einfaches B, das bis-her noch keinem bekannten Bauer oder Instru-ment zugeordnet werden konnte.9 Interessantan dieser letzten Grifftabelle ist, dass zusätzlichzu dem bekannten Griff für die XV. Stufe ein be-

merkenswerter Alternativgriff angegeben wird,der dem Griff für dieselbe Note bei Jambe de Fer25 Jahre später verdächtig ähnlich sieht und derunserem heute üblichen Barockgriff für diesenTon sehr nahe kommt. Ärgerlicherweise gibtGanassi kaum Hinweise darauf, was die Spielermit seinen sieben Extratönen tun sollen: Trotzdes Aufhebens, das wir heute um sie machen,verwendet er nur zwei von ihnen in seinen Di-minutionen. Stufe XVI gebraucht er als höchstenTon nur zweimal, seinen zweithöchsten Ton(Stufe XV) sechsmal, und alle zusammen tau-chen nur in vier seiner Diminutionen auf.10

Der Ganassi-Spuk

Das Instrument, so wie wir es heute kennen,wurde in den späten 1970er Jahren berühmt, alsverschiedene Blockflötenbauer unabhängig von-einander daran experimentierten, eine Block -flöte zu bauen, die mit Ganassis Griffen spielbarwar. Am bekanntesten wurden die Versuche desAustraliers Fred Morgan und des Amerikaners

Einleitung zu den Grifftabellen

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Bob Marvin im Jahr 1975. In diesem Jahr bauteMorgan seine erste Ganassiflöte nach Zeichnun-gen, die er ein paar Jahre früher in Wien gemachthatte. Später skizzierte er in einem Artikel in derZeitschrift Early Music seine Entdeckung unddie technischen Merkmale, die ein Instrumenthaben muss, wenn man darauf in Ganassi-Griff-weise spielen will.11 Er beschrieb eine Block -flöte, die ihre Entsprechung in der SAM 135 ausder Wiener Sammlung fand: Als ich (auf Drän-gen eines Blockflötenspielers) anfänglich darübernachdachte, wie man ein solches Instrumentbauen könnte, besaß ich die Daten zweier ver-schiedener Instrumente in g1 aus der Sammlungalter Musikinstrumente im KunsthistorischenMuseum in Wien, die ich drei oder vier Jahrefrüher vermessen hatte. Eines hat eine konischeBohrung und ist mit Ganassis Griff für die XV.Stufe nicht vereinbar, aber das andere hat eineim wesentlichen zylindrische Bohrung mit einerErweiterung am Schall-Loch. Alles, was für dieKlangerzeugung wichtig ist, ist an dieser Flöteschwer beschädigt, und ich habe die Ganassi-

Ganassi-Grifftabelle mir Markierung verschiedenerGriffe für Stufe XV

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Griffe nicht ausprobiert,weil ich beim Vermessennicht daran dachte, abermit dieser Griffweise imSinn kam mir die Bohrung nun viel ver -sprechend vor. Eine Ko-pie, die ich nach diesenMaßen herstellte, klanggut und spielte tatsäch-lich den Ton der XV.Stufe mit dem Ganassi-Griff, allerdings einbiss chen zu hoch. DieTöne darüber warengut, und ihre Stimmungkonnte mit kleinen Än-derungen der Griffe an-gepasst werden, aber esgab keine Möglichkeit,den Ton selbst auf dieseWeise anzupassen. Er

blieb, selbst wenn man alle Grifflöcher schloss, zuhoch.

Eine kleine Veränderung in Länge und Aus-buchtung des Schallstücks (…) brachte den Tonwie auch den Grundton sauber zum Stimmen.Ich kenne außer dem Original in Wien keinebensolches Instrument mit zylindrischer Innen-bohrung, die sich am unteren Ende erweitert.Mit großer Wahrscheinlichkeit (wie man Ganas-sis Bemerkungen entnehmen kann) wurde es vonseinem Hersteller nicht gebaut, um darauf Ga-nassis neue hohe Töne zu spielen, aber das In-strument verkörpert das Prinzip, anhand dessenwir heute Flöten bauen können, die genau dazuin der Lage sind. Wichtig ist, dass diese neue „Ga-nassi“-Blockflöte in erster Linie dadurch ent-standen ist, dass man Ganassis theoretischeSchriften studierte. Hinzu kam die glücklicheEntdeckung dieses einen erhaltenen Instruments,das man zur Grundlage nehmen konnte für einZiel, das sein Erbauer im 16. Jahrhundert garnicht hatte. Insofern ist dies neue Instrument keineswegs eine Kopie, sondern eigentlich eineFortführung der Arbeit der alten Instrumenten-bauer.12

Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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Wenn man diese Ausführungen auf -merksam liest, wird deutlich, dassMorgan an keiner Stelle den An-spruch erhebt, das Instrument stün-de in einer irgendwie gearteten direkten Verbindung zu Ganassi. Erstellt fest, dass eine Kopie nach sei-nen Messdaten Ganassis XV. Tonspielt, allerdings zu hoch. Er gehtsogar so weit, zu sagen, dass seinHersteller es gewiß nicht gebaut ha-be, damit man darauf Ganassis neuehohe Töne spielen könne. Dennochwar, trotz der deutlichen Vorbe halteMorgans, eine Legende geboren!Die Ehrfurcht, mit der man diesesInstrument damals betrachtete,kommt in dem folgenden Auszugaus einem Artikel von Angelo Za-niol zum Ausdruck, der Mitte der80er Jahre in französischen, deut-schen und englischen Zeitschriftenabgedruckt wurde:13

Dass dies Geheimnis nun endlich ge-lüftet werden konnte, ist der For-schung des genialen australischenBlockflötenbauers Fred Morgan zuverdanken, der von seinem FreundFrans Brüggen, dem König der zeitgenössischen Blockflötenspieler, dazu gedrängt worden war. Ausge-hend von theoretischen Überlegun-gen ziemlich einfacher Natur (abernatürlich muss man sie bedenkenund anwenden), erinnerte sich HerrMorgan, dass in der unerschöpf-lichen Fundgrube des Kunsthistori-schen Museums in Wien eine Re-naissanceblockflöte in g1 mit einerhöchst ungewöhnlichen Bohrungexistierte, die bisher unbeachtet geblieben war,weil ihr Labium so schwer beschädigt war, dassman sie nicht spielen konnte. Eine Kopie dieserBlock flöte, geringfügig verändert, um verschie-dene unsaubere Töne zu korrigieren, bewies, dass seine Intuition richtig gewesen war. Hier war dasInstrument, das man so lange gesucht hatte.

Seine Wiederentdeckung ist deshalbso bedeutsam, weil dieses Instru-ment, wie Ganassi schon sagte, wahrhafte Glanz leistungen voll-bringen kann.14

La Fontegara ist im venezianischenIdiom seiner Zeit geschrieben – ei-ne Herausforderung für den heuti-gen Leser – doch lassen weder die französische noch die deutscheÜbersetzung erkennen, dass dasOriginal Textstellen enthält, in de-nen auch nur annähernd von„wahrhaften Glanzleistungen“ dieRede ist. Obendrein gibt es außer in der oben zitierten Passage keineandere Erwähnung spezifischer In-strumente in der Abhandlung.

Es gab aber noch einen anderenGrund, weswegen das Wiener In-strument zu so viel Ruhm kam. Morgan verbrachte zu Beginn der1980er Jahre einige Zeit in Holland.Während seines Aufenthaltes unterrichtete er eine Klasse vonBlock flötenbauern am Konserva -torium in Den Haag. Dort verteil-te er freigebig Zeichnungen seinesneuen Ganassi-Instruments an dieeifrigen Studenten, die dann baldinnerhalb der ganzen Block flöten -bauer-Szene zirkulierten. An dies-er Stelle sollte man erwähnen, dasses sich bei diesem Instrument um eine auch für Neulinge besondersleicht nachzubauende Blockflötehandelte. Die zylindrische Boh -rung, die vergleichsweise wenigWerkzeug erfordert, und Morgans

simple Konstruktion eines Rings, mit dem mandas Stimmmodul (Unterstück) mit dem Klang-modul (Kopfstück) auf einfache Weise verbin-den konnte, verschafften dem unerfahrenenBlock flötenbauer Stunden vergnügter Kurzweilzwischen Bergen verschlissener Kopf- undUnterstücke.

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SAM 135, Foto: S. Borsch

Adrian Brown

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Ungefähr zur gleichen Zeit näherte sich der ame-rikanische Blockflötenbauer Bob Marvin demThema auf andere Weise. Er hatte 1970 europäi-sche Museen bereist und offenbar alle Blockflö-ten auf ihre Fähigkeit getestet, Ganassis hoheTöne zu spielen. Sein späterer Artikel im GalpinSociety Journal von 1972 erwähnte nur ein einzi-ges taugliches Instrument, eine Altblockflöte ausElfenbein in Paris.15Marvin baute dann seine ei-gene Ganassiflöte, ging aber anders vor. Er ko-pierte nicht das Pariser Instrument, sondernorientierte sich an dem Holzschnitt auf der Ti-telseite des Buchs von Ganassi, indem er das Ge-sicht des Spielers als Maßstab für die Abmes-sungen des Instruments nahm. Marvins eigeneÄußerungen über sein Vorgehen im FoMRHIQuarterly (Spring 1978) sind aufschlussreich.16Über eine mögliche Ganassiblockflöte schreibter: Es ist unwahrscheinlich, dass eine solche Boh-rung nur dazu entwickelt worden sein soll, diedritte Oktave zu spielen. Wahrscheinlicher ist,dass man eine bessere Tonqualität erreichenwollte und dass das obere Register nur ein will-kommenes Zufallsprodukt war. Über sein eige-nes Instrument, das, obwohl es eine engere Boh-rung und einen engeren Aufschnitt hatte, demInstrument Morgans ziemlich ähnelte, fügte erhinzu: Die dritte Oktave ist zwar da, aber sie istnicht leicht zu spielen und ich bezweifle, dass inder Höhe schöne Musik gemacht werden kann.Ein Spieler kann die Töne spielen, aber für aus-drucksvolle Melodien sind die armselige Anspra-che und die schwierigen Griffverbindungen sehr limitierend.

Trotz der Griffschwierigkeiten in der dritten Ok-tave machte die ungemein starke Tiefe des Instru-ments bald Furore in der Blockflötenwelt. DieÜberlegenheit des Morganschen Modells wurdedadurch gefestigt, dass Frans Brüggen und ande-re es für Einspielungen verwendeten, und da diePläne leicht zu haben waren, verbreitete sich dieGanassiflöte schnell, wobei jeder Blockflöten-bauer das originale Modell Morgans an seine eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten anpasste.In den späten 1980ern gab es sogar den Versucheines Blockflötenbauers, sich den Namen Ganas-si als eingetragenes Markenzeichen zu sichern.17

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Die Meinungen gehen auseinander, dochder Mythos bleibt bestehen

Unter der Oberfläche ging es aber nicht ganz soeinhellig zu. Auf Blockflötenfestivals erhobensich Stimmen, die das Für und Wider der Ga-nassiflöte diskutierten. Blockflötenbauer fragtensich, warum offenbar nur ein einziges Exemplarüberliefert ist, und tauschten ihre Erfahrungenvergangener Museumsbesuche aus. Langsamkam heraus, dass auch andere Blockflöten, sogareinige der Bass- und Bassettgrößen, mit Ganassi-Griffen spielbar waren. In Wien jedoch wurdeim Gefolge der Umbauten der Instrumenten-ausstellung in den frühen 90er Jahren der Ruhmder SAM 135 gefeiert, indem man ihr einen pro-minenten Platz in der neuen Vitrine für die Re-naissanceblockflöten gab. Viele Blockflötenbau-er fuhren nach Wien, um die Instrumente zuvermessen, und nach einigen Fast-Katastrophenmussten jegliche weiteren Messungen verbotenwerden.

Auch die Blockflötenspieler taten ihr Bestes, denNamen Ganassi hochzuhalten. Keine Erstein-spielung war komplett ohne mindestens eine ita-lienische Sonate, gespielt auf entweder einer Alt-Ganassi oder einer Sopran-Version, auf der mandiese Stücke engelsgleich in die musikalischeStratosphäre blies. Niemand hinterfragte, was esfür einen Sinn machte, so späte Stücke auf In-strumenten zu spielen, die vermutlich fast einJahrhundert früher entstanden waren. Was alskreatives und interessantes Experiment begon-nen hatte, wurde schnell zur unbezweifelten Tat-sache, und es gab sogar Ganassiflöten, die sich imRepertoire des späten 17. Jahrhunderts tummel-ten, ehe Morgan die Sopran-Version stoppte undstattdessen lieber die Narwalzahn-Blockflöten18aus dem Museum in Kopenhagen nachbaute.19

In den 1980er Jahren konnte die Ganassiflöteallerdings der zeitgenössischen Musik sehr posi-tive Impulse geben. Man kann sich vorstellen,welche Wirkung dieses Instrument auf Kompo-nisten ausübte, die an den weichen, zarten Klangder Barockflöte gewöhnt waren. Langfristig warzu beobachten, dass die Ganassiflöte zuneh-

Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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mend in zeitgenössischen Kompositionen be-rücksichtigt wurde. Walter van Hauwes Kataloggibt 40 moderne Stücke an, die eigens für siekomponiert wurden, und auch der befangensteHörer muss zugeben, dass das Instrument oft-mals gut zu dem Stück passt. Dies ist sicher dasFeld, auf dem die Ganassiflöte zu ihrem Rechtkommt. Mit ihrem kräftigen, flexiblen Klangund den leicht zu produzierenden Überblas-,Flageolett- und Mehrklängen ist sie hier hei -mischer als in den schnellen melodischen Läufeneiner italienischen Sonate.

Das Dunkel lich-tet sich

1996 erhielt dieenglische Forsche-rin Maggie Kilbey(vormals Lyndon-Jones) ein Stipen-dium dafür, diev e r s c h i e d e n e n„!!“-Zeichen, mitdenen eine große

Mehrheit der erhaltenen Holzblasinstrumenteder Renaissance markiert sind, zu untersuchenund zu katalogisieren. Neben den über 40

Block flöten im Kunsthistorischen Museum inWien gibt es vier Originalfutterale für Blockflö-ten. Diese seltenen Objekte (es gibt nur acht er-haltene Exemplare weltweit) sind deshalb sohochinteressant, weil sie Hinweise geben auf dieKombinationen der verschieden großen Instru-mente der originalen Blockflöten-Sätze. AlsMaggie Kilbey die Überreste eines dieser Futte-rale (Inventarnummer SAM 171) untersuchte,entdeckte sie ein kleines „!!“-Zeichen im Deckel.Diese Zeichen waren keineswegs genormt. In ihrem Forschungsbericht teilte sie alle erhalte-nen Instrumente in Gruppen ein, die auf Stil undForm ihres Prägestempels beruhten, und fandmehr als 20 verschiedene Arten des „!!“-Zei-chens.20 Sie entdeckte, dass der Stempel im Deckel mit dem auf dem Schallloch der SAM 135,der berühmten Ganassiflöte, übereinstimmte.Leider wurde dieses Futteral im Laufe des 20.Jahrhunderts schwer beschädigt. In den 1920erJahren war es aber im Originalzustand ver -messen worden, und das Lederfutteral, das ur-sprünglich die Röhrenkonstruktion umschloss,ist immer noch in erstaunlich gutem Zustand.Kurz und gut, es war möglich, die Länge derSAM 135 mit den Überresten des Futterals zuvergleichen und festzustellen, dass die Ganassi-flöte mit hoher Wahrscheinlichkeit darin aufbe-wahrt worden war.

Für viele, auch für mich,kam es wie ein Schock, dassdie illustre Blockflöte SAM135 vielleicht nur Teil einesnormalen Blockflötenquar-tetts war. Dazu muss manerwähnen, dass das FutteralSAM 171 Abteilungen fürvier Blockflöten von dreiGrößen hat: Die größte istfür eine Flöte, die wir heuteTenorblockflöte nennenwürden gedacht, zwei Alt-blockflöten sind für diemittleren Fächer bestimmt,und eine Sopranblockflötemacht das Set komplett.Diese Größen waren, dem

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SAM 135 in dem unvollstängig erhaltenen Futteral SAM 171 Foto: M. Kilbey

!!-Stempel auf der SAM 135Foto: A. Brown

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Renaissance-Standard gemäß, in Quinten ge-stimmt, so dass wir es hier anstatt mit der üb -licheren Formation Renaissance-Bass in f, Te -nor -Alt in c1 und Diskant in g1, mit einemConsort ungefähr eine Quinte höher zu tun haben: Blockflöten in c1, g1 und d2.21

Dies kleine Consort entspricht einem normalenRenaissance-Set für vierstimmige Musik. DerTenor würde die Bass-Stimme spielen, die bei-den Altflöten die Mittelstimmen und der kleineDiskant die Oberstimme. Es hat schon etwasRührendes, wenn man sich vorstellt, wie unseremoderne Ganassi, weit entfernt von jedwedersolistischen Ambition, den Cantus firmus der

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Tenor- oder Altstimme einer Vokal-komposition aus der Renaissancezeitspielt, anstatt in federnden 16tel-Läu-fen einer italienischen Canzone zubrillieren. Einige Leser mögen derIdee eines Consorts, bestehend nuraus kleineren Größen, vielleichtskeptisch gegenüberstehen, es gibtaber Beweise dafür, dass dies nichtsUngewöhnliches war. In einem Ge-nueser Dokument des Jahres 1596 istdie folgende Beschreibung zu lesen: Erstens sechs stille Zinken aus Buchs-baumholz in einem Kasten, in derStimmung tutto punto; sechs helleZinken, deren Stimmung genau mezzo punto sein muss, zusammen ineinem Buchsbaumkasten, teils fürRechtshänder, teils für Linkshänder;sechs Flöten, deren Stimmung genaumezzo punto sein soll, aus Buchs-baumholz, alle in einem normalenKasten; acht Block flöten aus Buchs-baumholz in einem Kasten, bestehendaus folgenden Größen: zwei kleineSopranini, vier etwas größere undzwei Tenöre, die den vori gen vier fol-gen, aber ohne Klappen am unterenEnde, die Stimmung sollte mezzopunto sein. Die oben genannten In-strumente sollten aus solidem, gut ab-gelagertem Holz gefertigt und vor al-lem korrekt gestimmt sein, und um sie

wirklich in vollendeter Qualität zu erhalten,sollte man sich nach Venedig an Gianetto da Bassano oder Gerolamo „degli instrumenti“ oderFrancesco Fabretti und Brüder wenden, weil siealle höchst erfahren mit dieser Art Instrumentesind.22

Wie Peter van Heyghen gezeigt hat, ist dieseStelle nicht nur interessant wegen des Hinweisesauf die Stimmung mezzo punto23, sondern auchwegen der Beschreibung des achtteiligen Setskleiner Blockflöten ohne Klappen.24 Hinzukommt die Erwähnung Bassanos als eines vene-zianischen Blockflötenbauers. Wie jeder weiß,sind Tenöre die größten Blockflöten, die man

Deckel des Futterals SAM 171 mit Detailfoto des !!-StempelsFoto: A. Brown

Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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ohne Klappen bauen kann, und die Textstellenennt Tenoletti als logischerweise größte Block -flöte. Was hier beschrieben wird, ist mit hoherWahrscheinlichkeit ein Consort, das zwei Setsdes Wiener Typs umfasst und das für achtstim-mige, doppelchörige Musik verwendet werdenkonnte.25

Andere erhaltene Blockflöten

Wie schon gesagt, wurden im Lauf der Zeit zahl-reiche andere erhaltene Blockflöten gefunden,die zumindest die wesentlichen Extra-Töne ausGanassis Grifftabelle spielen. Zu ihnen gehörendie meisten der 10 Blockflöten, die mit dem AA-Zeichen gestempelt und deshalb der FamilieSchnitzer zuzuschreiben sind. Andere Blockflö-ten, die die !!-Stempel tragen, funktionierenauch auf diese Weise. Der Alt in Paris wurdeschon 1972 von Marvin erwähnt. Außerdem gibtes einen einzelnen Tenor in Bologna, einen Te-nor und einen Bass in Rom, einen Bass in Ham-burg, einen anderen Tenor mit Klappe in Wienund noch einen kürzeren Tenor in derselbenSammlung. Tatsächlich spielen etwa 12% allererhaltenen Renaissance-Blockflöten Ganassishohe Töne. In vielen Fällen mag es allerdingstreffender sein, zu sagen, dass man die hohenTöne aus den Instrumenten herausquetschenmuss, denn diese Töne sind oft alles andere alsperfekt, wie schon Morgan an seiner Kopie derSAM 135 bemerkte. Man erinnere sich daran,was Ganassi in seiner Einleitung zu den Griffta-bellen schreibt: Bestimmte Meister stimmen dieInstrumente unterschiedlich, und wie ihre Ohrenverschieden sind, unterscheidet sich auch ihreSpielweise.

Alle oben genannten Blockflöten scheinen einstTeile größerer Consorts gewesen zu sein, denn esgibt oft non-Ganassi „Geschwister“-Flöten, diediese These belegen. Es stellt sich die Frage, obes überhaupt einen Extra-Zweig Ganassi flötengegeben hat, der darauf wartete in Aktion zu tre-ten, sobald die erste Stimme den Tonraum über-schritt! Sicher ist jedenfalls, dass weder die er-haltenen Instrumente noch sonstige Quellen

Beweise dafür enthalten, abgesehen von ikono-graphischen Beispielen, in denen Nymphen undHirten in pastoralen Gefilden trompetenförmi-ge Blockflöten spielen. Allerdings ist die Ikono-graphie ein vieldeutiges und unscharfes Instru-ment bei der Suche nach harten Fakten überBlockflöten und ihren Gebrauch. Viele „Ganas-sis“ auf den Bildern sind eher klein, was ein Hin-weis darauf sein könnte, dass kleinere Consort-Größen öfter trompetenartig gebaut wurden alsihre größeren Brüder. Das Problem ist das Feh-len eines exemplarischen Sopran- und Altinstru-ments mit genügender Aussagekraft.

Wenn wir nun auf das Thema „SAM 135 undFutteral SAM 171 für vier Blockflöten“ zurück -kommen, wird deutlich, dass das größte Instru-ment, das dieses Set ursprünglich beherbergenkonnte, der Größe der SAM 150 entsprach, d. h.einer „normalen“ Consort-Tenorflöte. Sie hatden normalen Umfang einer Consort-Block flöteund Marvin hielt sie für das besterhaltene von dreiähnlichen Instrumenten in Wien, was zur Folgehatte, dass sie zum Grundmodell der meisten Re-naissance-Tenöre moderner Block flötenbauerwurde.26

Vorausgesetzt es gibt einen Zusammenhang zwi-schen den beiden Instrumenten und dem Futte-ral, dann könnte hier der Ausgangspunkt für ei-ne interessante Consort-Variante liegen, der sichmoderne Blockflötenbauer widmen sollten:kräftige, kleine Instrumente mit breiten Wind-kanälen, die entweder Teile eines größeren En-sembles sind oder ein eigenständiges Consortbilden. Könnte sich Praetorius’ Bemerkung„weil die kleinen gar zu starck und laut schreien“auf solche Instrumente beziehen?

Was genau sind die Merkmale einer „Ga-nassi-Blockflöte“?

Wir haben gesehen, dass, um den Ton der XV.Stufe mit Ganassi-Griffweise zu spielen, ein Instrument etwas länger und etwas weniger konisch gebohrt sein muss als ein normales Re-naissancemodell. Jedoch müssen, um die XIV.

Adrian Brown

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Stufe mit Ø17 oder ähnlichem Griff zu spielen,andere Baukriterien berücksichtigt werden, diefür jedes Instrument individuell gelten. ZumVergleich soll die nebenstehende Abbildung die-nen. Sie zeigt drei Tenorblockflöten mit dem !!-Zeichen: rechts die schon erwähnte Tenorflö-te SAM 150, in der Mitte ein ähnliches Instru-ment in Rom und links ein kleinerer Tenor inBologna.27 Die beiden letztgenannten Instru-mente können gerade so eben die hohen Tönevon Ganassi spielen, der Tenor rechts (SAM 150)kann das nicht. Es sind die kleinen, aber wirksa-men Unterschiede in Anordnung und Größe derTonlöcher sowie etwas andere Bohrungsprofile,die es den Instrumenten aus Bologna und Romerlauben, Ganassis hohe Töne zu spielen. Daranist nichts Ungewöhnliches, es ist nur Folge einesetwas anderen Zugangs zum Design.

Zusammenfassung

Die populäre Meinung, es habe einen besonde-ren Typus von Renaissanceblockflöten gegeben,eigens gebaut, um das obere Register zu erwei-tern, scheint wenig beweisfähig zu sein. Dass esSpieler (wie Ganassi) gegeben hat, die daraninteressiert waren, zusätzliche Töne zu finden,ist verständlich, aber jegliche Annahme einer direkten Verbindung zwischen Ganassi und derBlockflöte SAM 135 in Wien muss reine Speku-lation bleiben. Die SAM 135 war wahrscheinlichTeil eines vierteiligen Consorts und wurde füreine der Mittelstimmen benutzt. Es gibt nochviel mehr Blockflöten mit ähnlichen Merkmalen,auf denen man mit Ganassis Griffen hohe Tönespielen kann. Auch sie gehörten ursprünglich zugrößeren Consorts.

Die Ganassiflöte, wie wir sie heute kennen, wur-de in den 1970er Jahren „erfunden“, und zwarim Gefolge bahnbrechender Forschungen eini-ger Blockflötenbauer. Das Morgan-Modell wur-de das berühmteste, zum einen wegen der Ein-spielungen und Konzerte gefeierter Spieler mitdem Instrument, zum anderen wegen der groß-zügigen Verteilung der Baupläne durch Morgan.Seit damals hat sich die Ganassiflöte zum Lieb-

Renaissanceblockflöten in Bologna (Foto: M. Tiella),Rom (Foto: Museo degli Strumenti Musicali) und Wien(Foto: Kunsthistorisches Museum Wien)

lingsinstrument der modernen Blockflötenspie-ler entwickelt, und über 40 Kompositionen sindeigens für sie geschrieben worden.

Nachwort

In dem Jahr nach dem European Recorder Per-formance Festival habe ich mich mit Fragen be-schäftigt, die mir in Zusammenhang mit meinemVortrag gestellt worden waren. Bei den meisten

Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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ging es vor allem um die Idee eines kleinenConsorts mit zylindrisch gebohrten Blockflötenfür die hohen Stimmen. Ich hatte den Eindruck,dass die Zögerlichkeit, sich dieser Idee zu öffnen,mehr mit der langen Gewöhnung an die Ganassi-Altblockflöten des Morgan- und Neo-Morgan-Typs zusammenhing, als dass sie auf grundsätz-licher Ablehnung beruhte. Entschlossen, meineTheorien mit einem kleinen Consort (in c1, g1, g1,d2) zu testen, fertigte ich originalgetreue Kopiender Wiener Instrumente SAM 150 und 135 alsBlockflöten in c1 und g1 und rechnete die letzterezu einer winzigen Blockflöte in d2 um.

Natürlich hängt viel vom voicing dieser Instru-mente ab, doch indem ich mich an die Vorlagenhielt und auch ein paar eigene Ideen einbrachte,gelang es mir, ziemlich homogene Instrumenteherzustellen, die weniger trompetenartig im tie-fen Register klangen. Diese stellte ich dann inVorlesungen an der Royal Academy in Londonund auch in meiner eigenen Werkstatt vor, unddie Idee, diesen Weg weiterzuverfolgen, stieß aufZustimmung. Die Instrumente haben trotz ihrerhohen Stimmung einen reinen Klang, der sichsubjektiv tiefer anhört, als er eigentlich ist. DasEnsemble Mezzaluna probierte das Consort indiesem Sommer bei den Festivals in Brügge undUtrecht aus, und setzte es bei homophonenTanzliedern recht wirkungsvoll ein.

Es gab auch Experimente mit polyphonen Kom-positionen, aber hier hängt die Eignung sehr vondem jeweils geforderten Ambitus der Instru-mente ab. Das gilt besonders für die Diskant-stimme, die schnell dominant wird, wenn das In-strument den Ton XII überschreitet. In weiterenVersuchen wurden die zylindrisch gebohrten In-strumente als höchste Stimmen in „normalen“Consorts verwendet, was sowohl von Spielernals auch vom Publikum großenteils positiv auf-genommen wurde.

Mit der Blockflöte in g1 als höchster Stimme ei-nes normalen Consorts in f, c1, c1, g1 kann maninteressante Varianten zu herkömmlich besetz-ten Stücken erzielen, besonders dann, wenn diehöchste Stimme eine eher „führende“ Rolle

spielt. Der offene Klang der Töne XII, XIII undXIV (vermindert) gibt der Musik ein ganz ande-res Gepräge, als es der eher gepresste Klang deskonisch gebohrten Instruments vermag, auf demman oftmals noch Mühe hat, diese Töne über-haupt sauber zu spielen. Sehr erfolgreich warenauch die Versuche, den Sopran in d2 als Ober-stimme in einem normalen Consort für Holbor-nes fünfstimmige Pavanen und Galliarden 28 zuverwenden. Benutzt man vier verschiedene, imQuintabstand liegende Blockflötengrößen, kannman dieser scheinbar hinlänglich bekannten Mu-sik neue, belebende Impulse geben.29

Ich möchte diese Instrumente weiterentwickeln,denn ich bin der Ansicht, dass sie eine Bedeu-tung haben, die einige unserer herkömmlichenVorstellungen vom Wesen des Renaissanceblock -flöten-Consorts verändern wird.

––––––––––––––ANMERKUNGEN1 zum Ablauf der Diskussion vgl. Richard Griscom andDavid Lasocki: The Recorder. A Research and Informa-tion Guide, New York und London 2003, Routledge, S. 249-51 und Alec Loretto: The Ganassi Affair, erschie-nen im Selbstverlag. Ich will weder zu dieser Kontrover-se beitragen noch Partei ergreifen, sondern lediglich aufihre Existenz hinweisen.2 Martin Agricola: Musica Instrumentalis Deutsch, Wit-tenberg 1529; Philibert Jambe de Fer: Epitome Musical,Lyon 15563 Silvestro Ganassi: La Fontegara …, hrsg. und übersetztvon Hildegard Peter, Berlin 1956, R. Lienau Verlag, S. 124 weitere biographische Informationen in The NewGrove Dictionary of Music and Musicians, 2. Auflage,Stichwort „Ganassi“; David Lasocki: Renaissance Re -corder Players: Who they were, where they played, whatthey played, and what kinds of lives they led, in: Ameri-can Recorder, 45. Jg., Nr. 2/2004, S. 8-23; SylvestroGanassi: Oeuvres complètes, Band 1, La Fontegara (1535),hrsg. von Christine Vossart und Jean-Philippe Navarre,Sprimont 2002, Pierre Mardaga5 Dieses Exemplar befindet sich in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel/Deutschland. Der Einbandaus dem 16. Jh. enthält einen Brief Ganassis an einen ge-wissen „messer domenego“. Die 175 Kadenzen befindensich sowohl in dem gedruckten La-Fontegara-Abschnittals auch auf Manuskript-Seiten. Der Brief erwähnt 300Kadenzen auf ein einziges Thema und elementare Erläu-terungen für la lira (Lira da braccio) und uiola da tasti(Viola da Gamba), und es kann sehr gut sein, dass die Ka-denzen für diese Instrumente gedacht waren. Ich dankeChristian Hogrefe von der Herzog-August-Bibliothek

Adrian Brown

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für diesen Hinweis und Marco Tiella für seine Hilfe beider Übersetzung (ins Englische).6Alle Lehrwerke vor Praetorius legen ein virtuelles Block -flötenconsort, bestehend aus diesen drei Größen, naheund geben keinen Hinweis auf die größeren Instrumente,die es aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts aberdurchaus noch gab. Daraus kann man folgern, dass dieBlockflöten-Consorts aus drei Größen im Abstand vonQuinten bestanden, deren Stimmton beliebig war. Vgl.auch meinen Artikel im Symposiumsbericht Musiques deJoye: Proceedings of the International Symposium on theRenaissance Flute and Recorder Consort, Utrecht 2003,hrsg. von David Lasocki, Utrecht 2005, STIMU, S. 77-987 Silvestro Ganassi: La Fontegara …, hrsg. und ins Deut-sche übersetzt von Hildegard Peter, a.a.O., S. 12; Sapi lettor mio dignissimo che molti anni ho esperimenta-do el modo de sonar & diletatomi di uedere & praticarecon tutti li primi sonatori che a mio tempo sono stati ondeche mai ho trouato homo degno in tale arte che piu deleuoce ordinarie habi essercitato dil che potrebono hauereagionto una de piu o due uoce onde hauendo io essamina-to tal modo ho trouato quello che altri non ha saputo nonche in loro sia ignorato tal uia ma per fatica lasciato cioesette uoce de piu de lordinario detto dele quali ti daro tut-ta la cognitione : & prima aduertisse che li flauti quali sonoformadi da uarii maestri sono differenti luno dal altro nonsolo del foro ma nel compassar le uoce & anchora nel uento& tali maestri alcuni di loro son differenti nel cordare essoinstrumento per causa del suo sonar uariado luno da laltroanchora lorechio : & per tal differentia nasce uno uariadomodo di sonar quello de uno maestro e quello de un altro& cosi ti mostrero la uia de piu maestri per li segni quellihanno differenti li quelli segni saranno dimostrati ne la figura di flauti. (Sylvestro Ganassi: Oeuvres complètes,Band 1, La Fontegara (1535), hrsg. von Christine Vossart undJean-Philippe Navarre, Sprimont 2002, Pierre Mardaga.)8 Wir wissen wenig von diesem Instrumentenbauer.Schrattenbach ist ein kleines Dorf im Allgäu, und der Na-me von Schrattenbach war vielleicht weniger ein Adels-prädikat als lediglich ein Hinweis auf seinen Heimatort.Hier blüht die Spekulation, aber die Logik der Verhält-nisse legt eher ein urbaneres Umfeld nahe, wie z. B. dienahegelegenen Orte Ulm oder Augsburg.9 Eine Verbindung zu Bassano, die auch vorgeschlagenwurde, erscheint mir als schwächster Lösungsversuch desRätsels, da schon HIERS/HIES und die Hasenfuß-Sym-bole dieser Familie von Instrumentenbauern zugeschrie-ben werden. Vgl. Maggie Kilbey (vormals Lyndon Jones):A Checklist of Instruments Marked !!, in: The Galpin Society Journal, 52. Jg., 1999, S. 243-280 und David La-socki und Roger Prior: The Bassanos: Venetian Musiciansand Instrument Makers in England, 1531–1665. Alders-hot 1995, Ashgate10Hinzu kommt, dass 12 von 175 Variationen im Anhangdes Wolfenbütteler Exemplars diese Töne enthalten, eineVariation geht sogar bis zum hohen B hinauf. Aber, wieschon in Anmerkung 5 ausgeführt, können wir nicht sicher sein, dass sie für die Blockflöte gedacht waren.

11 Fred Morgan: Making Recorders Based on HistoricalModels, in: Early Music, 10. Jg., 1982, Nr. 1, S. 14-2112When I first began to think of making such an instru-ment (at the instigation of a recorder player), I had measurements for two different g’ instruments, both in the Sammlung alter Musikinstrumente of the Kunst -historisches Museum in Vienna, which I had obtained ona measuring trip three or four years previously. One ofthese has a contracting bore and does not play successfullywith Ganassi’s fifteenth fingering, but the other has a basically cylindrical bore with an expansion at the bell.The voicing of this instrument is badly damaged, and Ihad not tried Ganassi’s fingerings on it as I was unawareof them when I measured it; but in the light of these fin-gerings the bore looked hopeful. A copy made from themeasurements sounded well, and certainly played the fif-teenth note with Ganassi’s fingering, though really a littletoo high. The notes above it were fine, and their pitchcould be adjusted by small changes in fingering; but therewas no possibility of adjusting in this way the note itself,which, even with the use of all the fingers, still tended tobe sharp. A minimal modification to the length of the bell and theamount of flare (though one thought of only after duesoul-searching about a possibly wilful change to an old design) gave the note, and also the fundamental well intune. The original g’ instrument in Vienna is the only oneI know of with this bell-flared cylinder bore. Almost cer-

Die „Ganassiflöte“ – Tatsachen und Legenden

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tainly (we can say from Ganassi’s statements) it was not ac-tually intended by its maker to play Ganassi’s new highnotes, but it embodies the principle by which we can nowmake instruments that do. The important point is that thisnew ‘Ganassi’ recorder has come about through an exam-ination primarily of Ganassi’s theoretical work, and secondarily by the lucky discovery of this one surviving in-strument on which a design intended for a special purposenot envisaged by its 16th-century maker could be based.So this new instrument is by no means a copy, but does derive directly from the work of the old makers.13Angelo Zaniol: Pour chaque musique sa flûte à bec, in: Flû-te à bec, Nr. 6 (3/1983), S. 3-14, englische Version: The Re-corders of the Middle Ages and Renaissance, (Teil 2 von 3),in: Continuo, 8. Jg., Nr. 1, 1984, S. 12-15; deutsche Version,mit einigen Änderungen: Von Dordrecht bis Rosenborg … Jeder Musik ihre Blockflöte, in: Tibia 2/1988, S. 73-8314 Si ce mystère a finalement pu être percé, c’est grâce auxrecherches du génial facteur australien de flûtes à bec FredMorgan, qui a été poussé à les entreprendre par son amiFrans Brüggen, le prince des flûtistes à bec contemporains.Parti de quelques considérations théoriques assez simples(mais comme toujours, il fallait y penser!), M. Morgans’est souvenu qu’il existe dans cette mine inépuisable qu’estle Kunsthistorisches Museum de Vienne une flûte à bec ensol’ de la Renaissance avec une perce tout à fait insolite,flûte que personne n’avait auparavant remarquée, car, sonbiseau étant sérieusement endommagé, elle n’est plus àprésent jouable. Une copie de cette flûte à bec, légèrementmodifiée pour corriger quelques défauts de justesse, aprouvé que son intuition était exacte: il s’agissait bien del’instrument tant cherché, et c’était une découverte mémorable car cette flûte à bec, conformément à la description que Ganassi nous en avait faite, est vraimentcapable de exploits enthousiasmants.15 Altblockflöte E. 1935, Paris: Musée de la Musique, vgl.Bob Marvin: Recorders and English Flutes in European Col-lections, in: Galpin Society Journal, 25. Jg., 1972, S. 30-5716 Bob Marvin: A Ganassi Flauto, in: FoMRHI Quarterly,71 (April 1978), S. 46, It seems unlikely that such a borewould have been developed just to play the third octave;it would seem more likely that the tone quality was whatwas sought, with the upper register a serendipitous bonus.und While the third octave is „there“, it is not easy to play,and I doubt that much satisfactory music can be made upthere. A player can get the notes, but to play expressivemelodies seems terribly limited by the poor response of thenotes and the difficult fingering transitions.17Anzeige in Early Music, Jg. 12, Nr. 1 (Februar 1984), S. 11218 die sogenannten Rosenborgflöten19 Fred Morgan: A recorder for the music of J. van Eyck,in: American Recorder, May 1984, S. 47-49. Für die allgemeine Diskussion über Aufführungspraxisund die Blockflöte im 17. Jh. s. Peter van Heyghen: TheRecorder in Italian Music 1600 –1670, in: The Recorder inthe 17th Century, Proceedings of the InternationalRecorder Symposium, Utrecht 1993, hrsg. von DavidLasocki 1995, STIMU, S. 3-63

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20Maggie Kilbey (vormals Lyndon Jones): A Checklist of In-struments Marked !!, in: The Galpin Society Journal, a.a.O.21 bezogen auf die originale Stimmung von ca. a1 = 460 Hz22 A. Ferretto in: Maria Rosa Moretti: Musica e costumea Genova: tra Lingue cinquecento e seicento, F. PirellaVerlag, Genua 1992, S. 20, zitiert nach Lasocki (Hg.):Musique de Joye, a.a.O., S. 482E prima sei cornetti muti, tutti in una cassa, di tuono di tutto punto, di legname di busso; sei cornetti chiari, il tuonoloro ha da essere di mezzo punto giusto, tutti in una cassadi legname di busso, parte dritti e parte mancini; sei fiffari,il tuono loro sia di mezzo punto giusto, di legno di busso,tutti in una cassa; otto flauti tutti in una cassa, le qualitàloro saranno due sopranini piccoli, quattro più grossetti edue tenolotti, seguenti alli quattro però senza chiave infondo, il tuono loro sia di mezzo punto e di legno di busso.Tutti le detti instrumenti siano di legname piuttosto massiccio secco e non fresco, di tuono soprattutto giusti, eper averli in tutta perfezione si potrà far capo a Venezia aGianetto da Bassano, o vero Gerolamo degli instrumenti,o Francesco Fabretti e fratelli, perché tutti questi sono molto intelligenti di questi in strumenti.23 Mezzo punto, Stimmton, der ca. einen Ganzton überdem im Norditalien des 16. und 17. Jahrhunderts üblichentuono corista (Chorton) lag. Nach Bruce Haynes lag dertuono corista ungefähr bei a1 = 409 Hz, tutto punto bei a1= 443 Herz und mezzo punto bei a1 = 470 Hz; s. BruceHaynes: Pitch Standards in the Baroque and Classical Periods, Vol. I, Dissertation an der Universität Montréal1995, S. 56-7324 Peter van Heyghen: The Recorder Consort in the Six-teenth Century: Dealing with the Embarrassment of Riches, in: Musiques de Joye, Proceedings of the Interna-tional Symposium on the Renaissance Flute and RecorderConsort, Utrecht 2003, hrsg. von David Lasocki, Utrecht2005, STIMU25 ebda., S. 256-25726Marvin: Recorders and English Flutes, a.a.O., S. 55-5727Rome, Museo degli Strumenti Musicali, Inventarnum-mer 717 und Bologna, Accademia Filarmonica, Inventar-nummer 594. Diese beiden Instrumente unterscheidensich durch einen Ganzton. Das Instrument aus Bolognawurde deshalb auf dem Foto vergrößert, damit man dieProportionen vergleichen kann.28 Pavans, Galliards, Almains and Other Short Aeirs bothGrave, and Light, in Five Parts, for Viols, Violins, or Other Musicall Winde Instruments (London, 1599); 65Stücke, hrsg. von B. Thomas, London, 198029 Spielt man in dieser Kombination, ergeben sich prak-tische Probleme, da die Sopranstimme relativ zur Bass -stimme drei Vorzeichen mehr spielen muss. Dies kann erleichtert werden, folgt man Praetorius' Vorschlag (s.Syntagma Musicum II, 37). Für eine Abhandlung überSchlüssel und ihre Auswirkung auf die Aufführungs -praxis, siehe auch: Peter van Heyghen: The RecorderConsort in the Sixteenth Century: Dealing with the Em-barrassment of Riches, in: Musiques de Joye, a.a.O. o

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Ich bin durch die Ereignisse des 11. September2001 zum Cirque du Soleil gekommen. Vorherwar ich freier Musiker und der Alten-Musik-Szene in New York verbunden, doch die Zer-störung des World Trade Center führte dazu,dass das musikalische Leben New Yorks er-lahmte und sich nur sehr langsam erholte. MeineEinkünfte sanken rapide und ich hatte nur ge-ringe Ersparnisse, auf die ich zurückgreifenkonnte. In dieser Situation machte mich meinKollege Tom Zajac auf eine Anzeige im In ternetaufmerksam: „Holz-bläser für Alte Musikmit Erfahrung im Spie-len von Dudelsack,Schalmei, Krumm hornund anderen Holz -blasinstrumenten derRenaissance gesucht“für einen Job in LasVegas. Ich wollte NewYorks rege Kultur nurungern gegen das bar-barische Las Vegas ein-

tauschen, aber die Anzeige machte mich neugie-rig. Ich fuhr nach Montreal, dem Sitz der Orga-nisation, und stellte dort in einer 3 1/2-stündigenVorstellung mein Können auf all meinen Instru-menten vor. Eine Woche später bekam ich einen66-seitigen Vertrag, allerdings nicht für Las Vegas, sondern für eine fahrende Show mit demTitel Varekai, die noch in der Entwicklung war.Innerhalb eines Monats gab ich mein gewohntesNew Yorker Leben auf, was auch bedeutete, dassich mich von meiner Ausrichtung auf Alte

Musik verabschiedenmusste, denn im Cir-que du Soleil warenauch andere Musik-richtungen, wie Pop,südamerikanische undsonstige Weltmusik,gefragt. Die üblichenTonarten C, D, F undG reichten nicht mehraus. Ich musste auch in B-Dur und h-Mollauf Alt- und Sopran-

Sabine Haase-Moeck stu-dierte Germanistik und So-ziologie und absolvierte beide Staatsprüfungen fürdas höhere Lehramt. Nachmehreren Jahren der Un ter -richtstätigkeit in der Er-wachsenenbildung wurdesie Leiterin des Moeck Ver-lags und Chefredakteurin

von Tibia. Seit 2002 ist sie Inhaberin der FirmaMoeck.

Historische Holzblasinstrumente im Cirque du SoleilWayne Evan HankinEin Porträt von Sabine Haase-Moeck

Im Januar 2004 lernte ich Wayne Hankin in LosAngeles kennen. Sein Lebensweg und besondersseine Tätigkeit beim Cirque du Soleil interessier-ten mich sehr, und so blieben wir in E-Mail-Kon-takt. Als wir uns im Mai 2005 in Boston wieder -trafen, entstand die Idee, diesen ungewöhnlichenMusiker auch den Tibia-Lesern vorzustellen.Aus vielen Fragen und Antworten entstand dashier abgedruckte Porträt.

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rauschpfeifen spielen können. Statt nach Notenzu spielen, musste ich auch in As-Dur oder h-Moll auf der Sopranblockflöte oder in A-Durauf der Renaissance-Traversflöte improvisierenkönnen. Die vertraute Umgebung der Kirchenund Konzertsäle wurde ersetzt durch ein wild-fremdes Zirkuszelt. Auch die Musik selbst än-derte sich beträchtlich.

Eigentlich ist die Beziehung zwischen Alter Mu-sik und Zirkus noch relativ unerforscht. Zirkus-musik basiert meistens auf Strömungen der je-weiligen Epoche, ändert sich also ständig imWandel der Zeiten und Moden. Deshalb wirdZirkusmusik heute weniger auf Instrumentender Alten Musik gespielt, sondern es werden In-strumente verwendet, die man auch in Rock -bands oder Spielmannszügen findet. Diese Mu-sik ist den Zuschauern vertraut, außerdem ist sielaut genug, um im Zirkusgeschehen nicht unter-zugehen.

Im Mittelalter und in den Zeiten der Renaissan-ce hingegen wurden zirzensische Darbietungenauf Instrumenten der damaligen Zeit angekün-digt und begleitet. Wir heute verbinden mit Zirkusmusik die Dampfpfeifenorgel, die dieTrapez nummern begleitet oder die berühmte ab-wärts verlaufende chromatische Linie im Sousa-Stil, bei deren Erklingen man im Geiste Clownsin Miniautos und Bären auf Motorrädern an sichvorbeifahren sieht. Diese Stereotype beruhen aufder Zirkusmusik des 19. Jahrhunderts. Zirkus-musik ist für uns nichts anderes als das, und dochgibt es zahlreiche Darstellungen aus Mittelalterund Renaissance, auf denen Akrobaten von Mu-sikern der Zeit begleitet wurden, und die dortgezeigten akrobatischen Künste unterscheidensich kaum von den heutigen.

Wie also passt ein Musiker der Alten Musik in ei-nen modernen Zirkus von heute? Zunächst ein-mal kann man mittels moderner Technologiejedes Instrument so verstärken, dass alle Instru-mente sich von jedem Platz aus Gehör verschaf-fen können. Dann ist es so, dass Musiker heutevielseitig sein müssen. Ich bin ein Holzbläser derAlten Musik, d. h., dass ich nicht bei der Block -

flöte stehengeblieben bin. Genau wie Musikan-ten aus dem Mittelalter und der Renaissancespiele ich mehrere Instrumente. Das war damalsganz normal und ist es heute bei vielen Berufs-musikern auch. Der Zirkus kann sich das zunut-ze machen und obendrein auf elektronischeEffekte zurückgreifen. Das Keyboard kann alleOrchesterinstrumente nachahmen und sogar derGeiger hat eine Sound Box und kann damit un-glaubliche Klänge erzeugen. Ich bin aber stolzdarauf, dass ich keine elektronischen Erweite-rungen brauche. Alle Instrumente, die ich inVarekai spiele, sind akustische Instrumente.

Zirkus kann viele verschiedene Musikstile ver-tragen, nicht nur die übliche Blaskapelle. Heutehört man dort sehr viel Weltmusik, oft in Zu-sammenhang mit einem entsprechenden Bild. Inder Show O sieht man einen Kora-Spieler vor ei-nem Hintergrund, der die afrikanische Savannezeigt. In meiner Show spiele ich einen GroßenBock (Tenordudelsack) vor einem geheimnis -vollen dunklen Wald. Das Publikum ist gekom-men, um etwas ganz Neues zu erleben, manmuss also viel bieten. Und darauf beruht auchdas Konzept des Cirque du Soleil.

Zunächst einmal möchte man ein erfolgreichesUnterhaltungsprogramm machen, aber dabeistehen Originalität und Kreativität im Vorder-grund. Man ist dort nicht daran interessiert, deneinmal erreichten Erfolg immer wieder auszu-schlachten, wie man es z. B. von Disney kennt.Das Konzept des Cirque du Soleil ist es, die be-gabtesten Leute zusammenzubringen und sieimmer neue Ideen entwickeln zu lassen. MeinerAnsicht nach gelingt das auch meistens, be-sonders dann, wenn Zirkustraditionen in dasAmbiente eines Theaters oder einer Bühnen -show versetzt werden. In Varekai z. B. werdenneue Unterhaltungsformen mit Überliefertemund Bewährtem vermischt. Das Neue könnte z. B. eine Krücken-Nummer oder die RussischeSchaukel sein, während Schlangenmenschen,Reifenakrobaten und Clowns eher zu den tradi-tionellen Zirkuskünstlern gehören. Schlangen-menschen gab es schon im alten Ägypten und inRom. Es ist also nicht alles neu, doch wirkt es

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Porträt

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neu und unge wöhnlich, wenn esin einer wunderbaren Bühnen-ausstattung mit tollen Kostümenund einfalls reichen Leinwand-projektionen daherkommt.

Die Musik spielt dabei nicht dietragende Rolle. Die Menschenkommen wegen des visuellenFeuerwerks, die Musik gibt da-bei nur die Funken ab. Sie ist mitSicherheit eine wichtige Kompo-nente und kann die Show atmo-sphärisch sehr verdichten, aberwir haben hier kein Musikkon-zert. Es ist am ehesten mit Film-musik vergleichbar. Die Musikentfaltet ihren Zauber im Hin -ter grund.

Jede Show hat ihren eigenen Charakter und wirdmusikalisch von Komponisten wie Benôit Jutrasoder René Dupéré bedient, die dem Cirque sehrnahe stehen und Wert auf eine große Palette kom -positorischer Ausdrucksmöglichkeiten legen. Injeder Show kann man praktisch alle Musik-stile finden: Folk, Rock, Pop, Jazz, Musik ausNahost, Asien, Lateinamerika, Worldmusik undauch klassische und vorklassische Stücke. Aberdie meisten Shows neigen zum Grandiosen undLauten. Es ist schließlich Zirkus, und da geht esgroßartig zu. Leuchtende Kostüme, wilde Szenenmit lebhaftem Lichtspiel und bombastischemSound, das ist die Grundlage. Die pulsierendeMusik soll den Artisten bei der Darbietung ihrerBravourstücke Energie und Halt geben. Es gibtauch zarte Musik, aber die meisten Artisten wollen harte, laute Rhythmen. Jeder, der Jutra’sO oder Mystere gesehen hat, wird Nino RotasEinfluss wahrgenommen haben, während Du-pérés Arbeit für Allegria ihren karnevalistischenGeist aus einer breiten Palette verschiedensterWeltmusiken bezieht. Aber man sollte auch dasunbesungene Verdienst der Musiker erkennen,die in diesen Shows spielen. Die Komponistenstellen oft Musiker für die exotischeren Auffüh-rungsteile an. In O gibt es z. B. eine Szene wie inder afrikanischen Savanne. Man sieht Bilder von

Elefanten, und ein Kora-Spieler spielt dazu. Eswürde mich nicht überraschen, wenn der Kom-ponist zum Koraspieler lediglich gesagt hätte,mach etwas mit deinem Instrument. Wie sollte erauch für Kora schreiben, wenn er sie selbst nichtspielt? Nach meiner Erfahrung bekommt mandas, was man will, entweder, indem man das Instrument selbst lernt, oder, indem man dieMusiker machen lässt . Unsere Komponistenmachen nicht den Fehler, sich die Ehre anzu-rechnen für Dinge, auf die sie wenig oder gar keinen Einfluss haben, wie z. B. die Improvi -sation, die wie ein Fluss durch jede Show fließt.Sie wissen, dass sie nicht alles bis ins kleinstekontrollieren müssen, und teilen nicht endlos Notenblätter aus. Und das ist gut so, denn dieMusiker spielen ihre Show bis zu 10-mal in derWoche, Monat für Monat. Wenn man ein paarhundert Shows musikalisch gefüttert hat, gibt esnichts mehr zu erklären. Die Probenphasen fin-den statt bevor auch nur eine Eintrittskarte ver-kauft wurde.

Es gibt zwei Arten von Musik: auskomponierteund skizzierte. Ein auskomponiertes Stück wirdnatürlich Note für Note gespielt. Es beginnt undendet Nacht für Nacht zur gleichen Zeit, denndie Choreographie ist darauf abgestimmt. Ein

Wayne Evan Hankin war über 25 Jahre in der Musikszene New Yorkszu Hause. Er hat mit verschiedenen Ensembles zusammen gespielt, waran Plattenproduktionen bei Sony, Catalyst, Newport Classics, Lyrachord and ECM beteiligt. Als Musikdirektor für Meredith Monk dirigierte er The Games, Book of Days und Atlas für die HoustonGrand Opera. Er hat an Radiosendungen wie Schickele Mix und Per-formance Today sowie an Filmen (Book of Days und Resident EvilII) mitgewirkt und an Fernsehshows teilgenommen: Solstrum (Bravo),Miss Spider (Nickelodeon), The Tonight Show mit Jay Leno (NBC),Niteline, Monday Night Football (ABC), CBS Sunday Morning(CBS) und Full Spectrum Warrior (x-box). Auch beim New YorkShakespeare Festival und an Theatern wie dem Alley Theatre,Long Wharf Repertory, Center Stage und dem American Reper-tory Theatre war er als Musiker tätig. Er komponiert zeitgenössischeMusik für Alte Instrumente und veröffentlicht bei Verlagen, wie MelBay und Yamaha.

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Wayne Evan Hankin

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skizziertes Stück kann während der Vorstellungverlängert oder verkürzt werden, je nach Erfor-dernis. In Icarians z. B. jonglieren die Artistennicht mit Keulen und Bällen, sondern mitmenschlichen Körpern. Manchmal läuft allesperfekt, und die Musik nimmt ihren Lauf, abermanchmal brauchen sie mehr Zeit oder sie wol-len eine Darbietung wiederholen, weil sie beimersten Mal nicht geklappt hat. In dem Fall mussder Dirigent entscheiden, ob wir warten, weiter-spielen oder improvisieren sollen, um Zeit zuschinden. Manchmal geschieht ein Unfall, dannspielt man weiter, d. h. man improvisiert, bis derInspizient sagt, wie es weitergeht, oder die Mu-sik hört ganz auf, wenn die Show unterbrochenwerden muss.

Der Bandleader Michael Cyr ist Musikdirektorvon Varekai, und sein Beitrag waren im wesent-lichen die Arrangements, und vor allem der mu-sikalische „Drive“, der Varekai zur musikalischbesten Show des Cirquemacht. Die meisten Mu-siker sind über 40, sie sind alle schon weit her-umgekommen. Michael ist nicht nur ein guterKeyboard-Spieler, sondern er kann auch gut mitSchwierigkeiten umgehen. Zu Beginn der Showwaren wir noch nicht gut in Form. Zuerst fehlteuns ein Drittel der Partitur, dann erwies sich dieMusik als weithin unspielbar, und drittens wur-de der spielbare Anteil der Musik durch end loseselektronisches Zuspiel ruiniert, was den Tod jeder Live Musik bedeutet. Michael machte dreiDinge: erstens warb er einen Bassspieler an (Richard Drouin), zweitens verzichtete er aufviele Passagen, so dass die Musik nicht länger inewigen Wiederholungen ertrank, und drittensbezog er die Musiker aktiv mit ein. Ich kann dasgar nicht oft genug betonen, denn hätte er nichtgekämpft und hätte er nicht so viel Vertrauen indie Kreativität der Musiker gesetzt, wäre dieShow musikalisch nie in Fahrt gekommen.

Natürlich muss man sich beim Improvisieren andie Parameter der Show halten. Freie Impro -visationen sind nicht mein Problem. Jeder, derdie alten Renaissance- und Barockinstrumentespielt, weiß allerdings, dass man nicht unbedingtgern in Tonarten mit vielen Kreuzen oder Bs im-

provisiert. Aber genau das ist mein musikali-scher Alltag. Wenn sich die Musik z. B. um einenHalbton erhöht, muss ich statt in As-Dur in A-Dur improvisieren.

Die Band besteht aus 4 Keyboards, Schlagzeug,folklorischer Percussion, Bass und Violine.Dann komme ich. Im Verlauf der Show spiele ichungefähr 35 Instrumente, vorwiegend Blasin-strumente, aber auch ein bisschen Schlagwerkund Streichinstrumente: Blockflöten (Sopraninobis Bass), Flöten (Alt in a und g), Rauschpfeifen(Sopranino und Alt), Hornpipes in g, gis und a,Doppel-Okarina in a/e, Nasenflöte, 2 Dudel -säcke (Großer Bock in d und Hummelchen in f),eine Pfeife mit 6 Grifflöchern in g, 2 Einhand-flöten in c, Bambus-Saxophon in e, verschie denePfeifen, Psalterium, Melodica, Maultrommeln inc, d, f, g, a, Waldteufel, Tambourin, u.a.

Normalerweise hören wir Musiker den natür-lichen Ton unserer Instrumente. Nicht so hier:Der Ton, den wir hören, ist nicht mehr dernatür liche, sondern ein über Kopfhörer empfan-genes Funksignal. Es klingt entfernt, als hättenwir einen Kopfhörer auf oder spielten unterWasser. Man fühlt sich nicht länger in engemKontakt mit seinem Instrument, weil man so-wohl von den Obertönen als auch von der eige-nen Lautstärke abgeschnitten ist. Davon kannman sich leicht irritieren lassen. Wenn der Mix z. B. zu leise ist, versucht man, lauter zu spielen,was leicht zum Überblasen führt. Problematischist auch, dass das Mikrophon nicht nur das Orchester wiedergibt, sondern alle Geräuscheinklusive Klangeffekte, Beifall des Publikums,Klimaanlage, und all das mit einer Verzögerungvon 1/4 Sekunde, so dass man nichts wirklich klarhört. Manchmal sind die Außengeräusche sostark, dass man das tiefe Register des eigenen In-struments nicht mehr hört. Was mich bei derStange hält, ist der Dirigent, der die Einsätzegibt, und das Metronom, das mich davon abhält,im Tempo zurückzufallen. Wenn man sich jetztnoch vergegenwärtigt, dass der Empfänger inder Gürteltasche plötzlich nichts mehr sendet,die Batterien ihren Geist aufgeben und sich dasalles fast im Dunkeln abspielt, dann bekommt

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Porträt

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man eine Idee davon, wie meine Arbeit norma-lerweise aussieht, 9–10 Shows in der 6-Tage-Woche.

Mein Arbeitstag ist also ein anderer geworden,aber alles Neue verlangt eben Veränderungen.Als ich zum Cirque kam, nahm ich gleichzeitigAbschied von der ver-trauten Welt der Altenund auch der klassi-schen Musik. Dasheißt, man spielt dieseMusik nicht oder ver-mischt sie mit Elemen-ten der populären Mu-sik. Hinzu kommt dastägliche „Chaos-Ma-nagement“: Wenn z. B.der Geiger ausfällt,versucht das Orchesterzunächst, selbst damitfertig zu werden, d. h.,ich würde am Ende einen Teil seines Parts,aber nicht sein Instru-ment spielen. Wennaber der zweite Keyboarder fehlt, würde ichnicht nur einen Teil seines Parts übernehmen,sondern ihn auch noch auf dem Keyboard spie-len müssen. So muss man hier stets auf Drahtsein, denn diese Dinge können jederzeit ohnegroße Vorwarnung passieren.

Hat die Arbeit im Cirque dazu geführt, dass ichmich weiterentwickelt habe? Ja, in gewisserWeise. Natürlich improvisiere ich viel und lernedadurch immer mehr, aber fast noch wichtiger istes, das einmal erreichte beständig anbieten zukönnen. Manchmal strömen die neuen Ideen nurso, es gibt aber auch Zeiten, da fällt einem nichtsein, oder man hat einfach keine Lust zu spielenund schon gar nicht öffentlich. Da darf man natürlich die Kollegen und das Publikum nichtim Stich lassen und muss Strategien entwickeln,wie man trotzdem auf Niveau bleibt.

Andererseits, wie soll man sich weiterentwi -ckeln, wenn man tagein, tagaus in der gleichen

Show spielt? Die Antwort liegt für mich darin,innerhalb oder außerhalb des Cirque eigene Pro-jekte zu machen. Ich komponiere z. B. undschreibe Lehrbücher für Mel Bay und Yamaha,und ich versuche, während meiner Freizeit an-dere Musik zu spielen. Das ist wichtig, weil manFähigkeiten verlieren kann, wenn man sie nichtaktiv erhält. Der Cirque du Soleil sorgt sehr für

seine Mitarbeiter. DenEigentümern liegt dasGlück der einzelnenMitarbeiter sehr amHerzen, und manmuss es ihnen hochanrechnen, dass sienicht wie andere Fir-men jede nur erdenk -liche Maßnahme er-greifen, um dieKosten zu senkenoder Aktionäre zu be-friedigen.

Für mich ist diese Zu-sammenarbeit lebens-wichtig. Was ich daran

so mag, ist, dass sie mir ein besonderes Leben er-möglicht. Bevor ich beim Cirque anfing, konnteich keine nennenswerten Ersparnisse machen.Jetzt spare ich viel und kann auch noch in Ruhereisen. Wenn ich klug bin, kann ich praktisch je-den Cent meines Einkommens sparen, denn dieFirma sorgt für fast alles. Wenn ich nicht mehrauf Tournee gehe, möchte ich ein Haus, einenGarten und eine Bib li othek haben, denn das ver-misse ich sehr. Momentan bin ich nicht wirklichin der Lage, wissenschaftlich zu arbeiten. ÜberGeld mache ich mir kaum Gedanken. Ich spielein 350 Shows pro Jahr, das gibt mir ein Gefühl derSicherheit. Und dabei ist es manchmal noch wieFerien. Ich liebe das Umhervagabundieren, dennes macht einen von vielen alltäglichen Verpflich-tungen frei. Doch man muss dafür geschaffensein oder zumindest sehr genau wissen, auf wasman sich einlässt, denn das ewige Umherziehenhat auch seine Tücken. Einsamkeit, Entfrem-dung, Depressionen, auch das kann dieses Lebenbieten. o

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Wayne Evan Hankin

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Mehr als ein Vierteljahrhundert ist seit der Ent-stehung von Luciano Berios Sequenza VIIa perOboe1 und ihrer Uraufführung durch HeinzHolliger vergangen. Wie kaum ein anderes Werkdes 20. Jahrhunderts hat sie sich schnell alsfester Bestandteil des Oboenrepertoires und alsPflichtstück bei Wettbewerben etabliert, wozuneben seiner musikalischen Komplexität gewissauch der hohe technische Schwierigkeitsgradbeigetragen hat, der die Beherrschung zahlrei-cher neuer Spieltechniken für die Oboe erfor-dert. Um so erstaunlicher ist die verschwindendgeringe Anzahl von Abhandlungen über Se -quenza VIIa. Es liegen einige teilweise ältereVeröffentlichungen vor, die sich dem Werk vonder musikwissenschaftlichen Seite her annähern,außerdem existieren allgemeine Kompendienüber neue spieltechnische Möglichkeiten auf derOboe mit Griffvorschlägen und technischenHinweisen.2 Die einzigen öffentlich zugäng-lichen praktischen Spielanweisungen, die sichkonkret mit dem Werkbeschäftigen, findensich jedoch im Vor-wort zur Notenausga-be sowie im Beiheftder von Heinz Holli-ger herausgegebenenStudien zum SpielenNeuer Musik Pro mu-sica nova, beziehensich dort allerdings aufdie erste, von Beriospäter Studie zu Se-quenza VII betitelteFassung.

Anzunehmen ist, dassdem Komponisten dieGriffvorschläge fürverschiedene Klang-farben, Mehrklänge,

Flageolett- und Vierteltöne aus dem Buch NewSounds for Woodwinds von Bruno Bartolozzivorlagen, das im Jahre 1967 zum ersten Mal her-ausgegeben wurde.3Da beide Fassungen der Se-quenza VII in enger Zusammenarbeit mit HeinzHolliger entstanden, bei dem sich Berio genaue-stens über die technischen Möglichkeiten des In-strumentes informierte,4 bleiben dessen Kom-mentare und Anmerkungen als Quellen auserster Hand unerlässlich und sollten auf jedenFall zu Rate gezogen werden.

Dennoch können die Vorschläge Holligers be-züglich der in Sequenza VIIa geforderten beson-deren Spieltechniken durchaus ergänzt werden,teilweise können Alternativlösungen zusätzlicheMöglichkeiten anbieten. Hinzu kommt, dass so-wohl seine, als auch die Vorschläge Bartolozzisfür Oboen mit halbautomatischer Mechanikkonzipiert sind, die es möglich macht, 1. und 2. Oktavklappe unabhängig voneinander zu

betätigen. Auch dieAutorengruppe umPeter Veale kommt indem sehr ausführlichenKom pendium DieSpieltechnik der Oboenach Versuchen auchauf vollautomati-schen Oboen zu demSchluss, dass oboistischanspruchsvollere zeit-genössische Musik ambesten auf einem halb-automatischen Instru-ment gespielt werdensollte.5Richtig ist, dassdie in zeitgenössischerMusik gefordertenTechniken auf halbau-tomatischen Instru-menten in einigen Fäl-

Alban PetersLuciano Berio: Sequenza VIIaAnregungen zum Spielen Neuer Musik auf Oboen mit vollautomatischer Mechanik

Alban Peters wurde 1977geboren und erhielt seit sei-nem zwölften LebensjahrOboenunterricht, zunächstbei Prof. Christian Schnei-der, mit Beginn des Lehr -amts studiums in den FächernMusik und Phi losophie beiMichael Niesemann an derMusikhochschule Köln.

2003 schloss er sein Studium der Schulmusik mit einer Staatsarbeit über den französischen Kompo-nisten Gérard Grisey ab, im Juli 2004 den Diplom-studiengang „Künstlerische Ausbildung“ im Haupt-fach Oboe. Zur Zeit setzt er sein Studium mit demAufbaustudium „Konzertexamen“ an der Musik-hochschule Köln fort.Alban Peters konzertiert regelmäßig mit dem KölnerBarockensemble „Nel Dolce“. Seit Beginn des Jahresist er als Praktikant Mitglied der Duisburger Phil-harmoniker und freier Mitarbeiter beim Westdeut-schen Rundfunk.

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len zuverlässiger und bequemer zu erzeugensind. Dennoch sollte sich keiner vorschnell zudem Schluss verleiten lassen, dass zeitgenössi-sche Werke auf vollauto matischen Instrumen-ten schlichtweg nicht spielbar seien!

Eines der Hauptanliegen dieses Artikels ist esdaher, am Beispiel von Sequenza VIIa Mög-lichkeiten zur Ausführung neuer Spieltechni-ken auch auf der vollautomatischen Oboe auf-zuzeigen und auf diese Weise auch Spielern derentsprechenden Instrumente Anregungen undHilfestellungen für die Beschäftigung mit zeit-genössischer Musik zu geben. Vor allem Flage-olett-Töne und Mehrklänge erfordern wegender Abhängigkeit der ersten beiden Oktavklap-pen andere Griffmöglichkeiten und verlangeneinige Bereitschaft zum Experimentieren. AlleGriffe sind mit verschiedenen Instrumenten, imZusammenhang und bei der Aufführung er-probt und gut umsetzbar.6

Anmerkungen:Die Notation der Griffe orientiert sich wegender besseren Vergleichsmöglichkeit an derSchreibweise, die sowohl in den AnmerkungenHeinz Holligers als auch in Die Spieltechnik derOboe Verwendung findet.

Die in der Grifftabelle eingeklammerten Buch-staben bezeichnen entweder die Klappen, die fürden jeweiligen Klang nur benötigt werden, fallses sich um ein Instrument ohne h-c-Automatikhandelt, oder es handelt sich um Klappen, dienicht unbedingt erforderlich sind, im Kontextaber das Greifen erleichtern.

Luciano Berio gliedert Sequenza VIIa in sichrhythmisch beschleunigende Einheiten zwischendrei Sekunden und einer Sekunde. Jede der ins-gesamt dreizehn Zeilen ist auf diese Weise in drei-zehn Einheiten unterteilt, so dass sich insgesamt169 Einheiten ergeben. Wie auch in musikwis-senschaftlichen Aufsätzen wird in diesem Artikelzur besseren Orientierung der Begriff „Takte“beibehalten und nach dem Vorbild des Koordi-natenkreuzes beziffert; die Angabe „Takt 8/3“bedeutet demnach „achte Zeile, dritte Einheit“.

WICHTIG:Als Vorberei-tung für dasStück mussdie h-Halb-lochklappeetwas aufge-schraubt wer-den, nur sosind die Syno -

nymgriffe 3, 4 und 5 für den Ton h1 ausführbar!Es empfiehlt sich je nach Instrument eine halbeoder ganze Drehung, um den Ursprungszustandproblemlos und schnell wiederherstellen zu kön-nen. Bei neueren Modellen befindet sich dieSchraube auf der Seite.

1. Synonymgriffe für den Ton h1

Der zentrale Ton der Sequenza VIIa ist das h1,das in der endgültigen Fassung während der ge -samten Dauer des Stückes im Hintergrund er-klingt, die Tonquelle ist vom Komponisten frei-gestellt. Zu den wichtigsten Voraussetzungenzählen demnach die insgesamt sechs Synonym-griffe für diesen Ton.

Die Griffe sind von 1-5 so gewählt, dass sie sichin der Klangfarbe immer weiter vom normalenh1 entfernen und zugleich in ihrer Intensität ab-nehmen, dabei orientieren sie sich an den vonLuciano Berio vorgeschriebenen Dynamikstu-fen. (s. Abb. 2)

HINWEIS: Einige der Griffe sind nur in dervorgeschriebenen Dynamik ausführbar, insbe-sondere im p- bis ppp-Bereich. Vor allem bei denGriffen 3 und 4 schlägt der Ton schnell in d3 um.Eine alternative Möglichkeit ist bei beiden dieHinzunahme der Gis-Klappe (vgl. Abb. 2), wo-durch der Ton an Stabilität gewinnt. Die Aus-führung von Akzenten und Crescendi wird hier-durch erleichtert, allerdings muss die Intonationmit den Lippen etwas nach unten korrigiert wer-den. Vereinzelt sind Griffkombinationen nurunter Zuhilfenahme der „rechten“ Gis-Klappeausführbar (z. B. Takt 1/3 oder 1/5).

Luciano Berio: Sequenza VIIa

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2. Weitere Synonymgriffe

Für die Töne f2, fis2, gis2, a2, b2, c3, des3 und g3

werden ebenfalls Synonym- und Flageolettgrif-fe gefordert, wobei sich vor allem bei letzterenfür ein Instrument mit vollautomatischer Me-chanik teilweise größere Änderungen gegen überden Vorschlägen Heinz Holligers ergeben. Pro-bleme bereitet das Piano-Flageolett für g3 in Takt10/7, für das es in der Druckausgabe der Noten

Auch wenn darauf geachtet wurde, dass sich dieverschiedenen Griffe in allen Kombinationenmöglichst schnell und bequem ausführen lassen,so lässt sich unangenehmes „Rutschen“ nichtvollkommen vermeiden, zum Beispiel bei denGriffverbindungen 2-1, 1-2 (Takte 8/2 und 8/7).Der in Takt 8/2 geforderte Flageolett-Griff ist lediglich eine weitere Klangfarbenvariante, da einige der Alternativen zur Erzeugung von h1

bereits Flageolett-Griffe sind.

Abb. 2: Synonymgriffe für h1

Abb. 3: Synonym- und Flageolettgriffe für f2, fis2, gis2, a2, b2, c3, des3 und g3

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keinen Vorschlag gibt. Hier ist der angegebeneAlternativgriff eine Möglichkeit, einen deut-lichen Klangfarben- und Dynamikunterschiedzu erzeugen. (s. Abb. 3)

3. Doppeltriller

Auf dem Triller d1-es1 (T. 5/1 und 5/6) lässt sichdurch abwechselndes Trillern mit der linken und rechten Es-Klappe, auf dem Triller fis1-gis1

(T. 13/3) durch abwechselndes Trillern mit demZeige- und Mittelfinger der rechten Hand aufder Fis-Klappe eine höhere Trillergeschwindig-keit als die normale erreichen. (s. Abb. 4)

4. Überblaseffekte

Auf insgesamt vierzehn Tönen verlangt LucianoBerio in seiner Sequenza VIIa Überblaseffekte.Nur für einige sind in den Noten Griffvorschlä-

ge angegeben, die jedoch eine gute Vorstellungder vom Komponisten und Heinz Holliger ge-meinsam entwickelten Klangabsichten vermit-teln: Durch „Über“-Blasen im Forte-Fortissimowerden Ober- und Untertöne des notierten To-nes in schneller Folge gleichfalls hörbar gemacht,so dass ein unstetiger, sehr geräuschhafter Klangentsteht.

Die Möglichkeiten zur Erzeugung eines solchenEffektklanges lassen sich in mehrere Gruppeneinteilen; bei allen sollte das Rohr zur Verstär-kung des Effektes weiter in den Mund genom-men werden als gewöhnlich:

1. Überblasen tiefer Töne bei normalem Griff:Bei tiefen Tönen wird bei normalem Griffaber mit sehr viel Lippen- und Atemdruckhauptsächlich der 1. Oberton zum gleichzei-tigen Klingen gebracht, so bei d1 in Verbin-dung mit dem Doppeltriller d1-es1 in Takt 5/6.Bei den in mittlerer Oktavlage notierten Tö-

Abb. 4: Doppeltriller

Abb. 5: Doppeltriller

Luciano Berio: Sequenza VIIa

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nen wird die Ober- zur Unteroktave (ähn-lich wie beim „Fallen lassen“, siehe Ab-schnitt 3.) umgedeutet, so dass sich für denTon d2 in Takt 12/1 derselbe Griff ergibt.Heinz Holligers Griffvorschlag für das„Überblasen“ auf h2 (siehe Abschnitt 2) zeigtim Vergleich, dass der entstehende Effektdiese Umdeutung rechtfertigt. (s. Abb. 5)

2. Erzeugung der Ober-/Unteroktave durchHalbloch-Oktavierung:Der Überblaseffekt auf den Tönen f2 und fis2

in Takt 12/1 wird durch die Öffnung des h-Halbloches mit dem Zeigefinger der linkenHand bei viel Atem- aber wenig Lippendruckerzeugt; auch hier klingt entsprechend Ab-

Abb. 6

Abb. 7

Abb. 8

schnitt 1 vor allem die Unteroktave der no-tierten Töne stark mit. Bei h1 in den Takten2/12-13, 8/3 und 12/1 lässt sich dieser Effektdurch die Hinzunahme der ersten Oktav-klappe verstärken. (s. Abb. 6)

3. „Fallen lassen“ bei normalem Griff:Bei Tönen der 3. Oktave werden Untertönedurch weniger Lippendruck („fallen lassen“)und normalen Atemdruck zum Klingen ge-bracht: c3 und cis/des3 in den Takten 3/8-9,8/3 und 12/1. Der überblasene Triller c3-des3

in Takt 3/8-9 wird am Zuverlässigsten mitdem Zeigefinger der linken Hand ausgeführt.Bei g3 in Takt 12/1 verstärkt sich der Effekt,wenn man statt der 3. die 1. Oktavklappe be-tätigt. (s. Abb. 7)

4. Alternativgriffe:Auf den folgenden Tönen erfordern dieÜberblaseffekte eigene Griffe, die sehr ober-bzw. untertonreiche und damit besonders ge-räuschhafte Klänge hervorbringen. Bei e1 inTakt 11/11 genügt das einfache Hinzufügender C1-Klappe zum normalen Griff. Der Tril-

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ler h1-c2mit zusätzlichem Glissando (T. 3/11),das durch Abrollen des linken Mittelfingerserzeugt wird, b2 (T. 8/3) und a2 (T. 8/3, 8/5)verlangen komplexere, eigene Griffe, die mitviel Luft bei normalem Lippendruck ähnlicheKlangeffekte hervorbringen. (s. Abb. 8)

Der Überblaseffekt auf dem Ton es3 in den Tak-ten 11/13 und 12/1 entsteht bei dem normalenGriff automatisch durch die aufgeschraubte h-Halblochklappe. (s. Abb. 9)

HINWEIS: In den Takten 11/11, 12/4 und 12/8wird ein normal klingendes es3 verlangt, der ent-stehende Überblaseffekt ist an diesen Stellenuner wünscht. Eine Möglichkeit zu seiner Ver-meidung ist der in Abbildung 9 angegebene Al-ternativgriff. Die Abhängigkeit von Instrumentund Rohr ist hierbei sehr hoch, eine eventuelltiefere Intonation muss durch erhöhten Lippen-druck ausgeglichen werden.

Abb. 9 Die komplexen Folgen von Überblastönen inden Takten 8/3 und 12/1 erfordern die Kombi-nation einer Reihe von ungeläufigen Griffen undständig wechselnde Lippenstellungen, ihreBeherr schung erfordert daher beim Üben vielGeduld.

5. Mikrointervalltriller

Die Zeichen traditioneller Notenschrift werdenvon Luciano Berio in seiner für Sequenza VIIaentwickelten Notation in Einzelfällen mit neu-en Bedeutungen unterlegt. So sind die von ihmgeforderten Triller durchweg Triller mit Mikro-intervallen, wenn es nicht ausdrücklich andersangegeben ist (wie in den Takten 3/8-9 und 6/1oder den Mehrklängen in den Takten 4/11, 4/13,6/3 und 13/2). Die Griffvorschläge sind iden-tisch mit denen Heinz Holligers in der Noten-ausgabe und auf allen Instrumenten problemlosumsetzbar. (s. Abb. 10)

6. Mehrklänge

Wegen der Abhängigkeit der ersten und zweitenOktavklappe müssen bei vollautomatischenOboen die gleichzeitig erklingenden Obertöneeines nicht notierten Grundtones an einer oder

Abb. 10

Luciano Berio: Sequenza VIIa

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mehreren anderen Stellen der schwingendenLuftsäule abgegriffen werden. In virtuosen Wer-ken Neuer Musik sind dabei Kompromisse zwi-schen allzu komplizierten Griffen, der Zuverläs-sigkeit der Ansprache in der vorgeschriebenenDynamik und der Reinheit des Mehrklanges un-vermeidlich, ein Problem, das sich in SequenzaVIIa nur bedingt stellt, da Luciano Berio Mehr-klänge (oder Doppelflageoletts) überwiegendauf längeren Notenwerten oder auf Fermaten-klängen einsetzt. Bei keiner anderen modernenSpieltechnik ist das Klangergebnis neben derFingerstellung so abhängig von Luft- und Lip-pendruck sowie der Position des Rohres imMund, weswegen eigenes Experimentieren un-ausweichlich bleiben wird. Die folgenden, aufverschiedenen Instrumenten getesteten Griff-vorschläge sollen einen Ausgangspunkt bilden,von dem aus sich das gewünschte Ergebnisschnell erreichen lässt. Wie bei den Überblas -effekten sollte auch hier bei allen Klängen dasRohr weiter in den Mund genommen werden alsgewöhnlich.

Der am häufigsten eingesetzte Mehrklang ist derTriller der Quinte f2-c3 zu ges2-des3, des3 bedingtdurch das Obertonspektrum leicht erhöht (T.4/11, 4/13, 6/3 und 13/2); f2-c3 erscheint in Takt12/11 auch als Ruheklang. Beide Griffe erfor-

dern etwas gelockerten Lippendruck bei erhöh-tem Luftdruck, getrillert wird mit der e- und f-Klappe. (s. Abb. 11)

Eng verwandt ist die Quinte fis2-cis3 unter denFermaten der Takte 12/7 und 13/7. Die Intensitätdes leicht erhöhten cis3 lässt sich mit der Halb-lochöffnung des linken Zeigefingers regulieren –je weiter das Halbloch geöffnet ist, desto mehrtritt der Ton in den Vordergrund.

Die Mehrklänge es2-b2 sowie d2-a2 lassen sich aufeiner vollautomatischen Oboe nur im pianissi-mo hervorbringen und kippen bei zuviel Luft-druck schnell in die dann laut klingende untereNote um. Am zuverlässigsten lässt sich dieQuinte es2-b2 erzeugen, indem man vom Flageo -lettgriff für b2 ausgehend das a-Halbloch durchAbrollen des Mittelfingers bei leicht erhöhtemLippendruck langsam schließt, bis es2 geradehörbar wird. Beim Doppelflageolett d2-a2 ist esbesser, vom a2-Flageolettgriff auszugehen undstattdessen bei gleichbleibendem Lippendruckund konstanter Mittelfingerposition langsamden Luftdruck zu erhöhen, bis der untere Tonerklingt. Die kurze Einschwingdauer, die die aufdiese Weise hervorgebrachten Spaltklänge auf-weisen, bis sie stabil stehen, ist in Sequenza VIIawenig problematisch, da beide als Fermaten-klänge über eine Dauer von mehreren Sekundenkomponiert sind. (s. Abb. 12)

Der Übergang von e3 in den Mehrklang e3-a2-b1

in Takt 13/5 erfolgt durch schnelles Umgreifenbei gleichzeitiger Lockerung des Lippendrucks,möglichst ohne die Intonation des e3 zu verän-dern. Dieselbe Vorgehensweise wählt man in denTakten 13/9 und 13/10: Zu dem normalen cis3-Griff wird die H-Klappe hinzugefügt, der Lip-

Abb. 11

Abb. 12

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Alban Peters

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pendruck gleichzeitig gelockert. Entsprechendentgegengesetzt erfolgt die Rückkehr zu cis3. (s. Abb. 13)

In den letzten beiden Takten empfiehlt sich dieVerwendung eines alternativen c3-Flageolettgrif-

Abb. 13

Abb. 14

fes, um den Übergang zum Doppelflageolett c3-fis3 zu erleichtern. Für das c-Flageolett ist einleicht erhöhter Lippendruck erforderlich, umein „Umkippen“ zu vermeiden, für den Mehr-klang wird die a-Klappe halb geschlossen. Ach-tung: auch dieser Griff ist nur im Piano-pianis-simo möglich; je leiser das c3 gespielt wird, destodeutlicher tritt im Verhältnis das fis2 hervor!(s. Abb. 14)

Mit dem Tod von Luciano Berio im Jahre 2003ist die Serie der Sequenze, die ihn seit der Ent-stehung der ersten Sequenza für Flöte 1957 sein

Leben lang begleitet hat, endgültig zu Endegegangen . Entstanden sind dabei nicht alleinauskomponierte Kompendien zu neuen techni-schen Möglichkeiten auf traditionellen Instru-menten, sondern Musikgeschichte schreibendeWerke, die zugleich immer auch Portraits der je-

weiligen Solisten sind, mit denen sie in enger Zu-sammenarbeit entstanden. Die von Heinz Hol-liger gesammelten Erfahrungen für die bis heuteMaßstäbe setzende Aufführung von Oboenmu-sik des 20. Jahrhunderts schlagen sich auf dieseWeise in Sequenza VIIa besonders nieder. FürOboisten – insbesondere für die Spieler vonvollautomatischen Instrumenten und den damitverbundenen anderen technischen Ausgangs-voraussetzungen – bleibt das Werk eine beson-dere Herausforderung, zu deren Bewältigungdieser Artikel Anregungen und Ansatzpunktezum eigenen Experimentieren geben soll.

Luciano Berio: Sequenza VIIa

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––––––––––––––ANMERKUNGEN1 Erste Veröffentlichung 1969 unter dem Titel SequenzaVII per Oboe2 Genaue Angaben zu Noten und Literatur am Endedes Artikels3 Vgl. Gartmann 1995, S. 604 Ebda., S. 60ff.5 Veale, Mahnkopf, Motz, Hummel, Kassel 1994, S. 1496 Bei der Aufführung wurde eine ältere vollautomati-sche Oboe der Firma Marigaux (22000er Serie) verwen-det.

LITERATURNotenLuciano Berio: Sequenza VIIa per oboe (1969, rev.2000), Universal Edition, Wien 2001Luciano Berio: Studie zu Sequenza VII (1969), in: ProMusica nova, Studien zum Spielen Neuer Musik, Mu-sikverlag Hans Gerig, Köln o.J.

Spieltechnische Hinweise zu Sequenza VIIaHeinz Holliger: Vorschläge für die verschiedenenFlageo lett- und Synonymgriffe, Beilage zur Druckaus-gabe, Universal Edition, Wien 2001Heinz Holliger: Zeichenerklärungen und Kommentare,Anhang zu Pro Musica nova, Studien zum Spielen Neu-er Musik, Musikverlag Hans Gerig, Köln o.J.

Neue Spieltechniken auf der OboeBruno Bartolozzi: New Sounds for Woodwind, OxfordUniversity Press, London 1967, deutsch: Neue Klängefür Holzblasinstrumente, Edition Schott 1971.Peter Veale / Claus-Steffen Mahnkopf / Wolfgang Motz/ Thomas Hummel: Die Spieltechnik der Oboe, EinKompendium mit Anmerkungen zu Oboe d’amore undEnglischhorn, Bärenreiter, Kassel 1994

Musikwissenschaftliche LiteraturPeter Förtig: Zu Luciano Berios „sequenza per oboe so-lo“, in: Tibia 2/1976, S. 72-76Thomas Gartmann: „recherche musicale“, Eine analyti-sche Studie zu Sequenza VII, in: „…daß nichts an sichjemals vollendet ist.“ Untersuchungen zum Instrumen-talschaffen Luciano Berios, Paul Haupt, Bern 1995, S. 60-76Paul Roberts: On Luciano Berio’s Sequenza VII forOboe, in: Mitteilungen der Paul Sacher Stiftung Nr. 16,3/2003, S. 36-41Ivanka Stoianova: Über die Brechtschen Prinzipien derOperndramaturgie bei Luciano Berio: Musikalische Er-zähltechnik und zeitgenössisches episches Theater, in:Kongreßbericht Bayreuth 1981, Kassel 1984, S. 320-397

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598 TIBIA 4/2005

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Über die Inhalte des künstlerischen Unterrichtseines Studiums mit dem Hauptfach Blockflötegibt es weitgehende Übereinstimmung: Einefunktionsfähige Spieltechnik und ein Repertoirevon der Renaissance bis zur Gegenwart geltenals grundsätzliche Ziele der Arbeit an der Mu-sikhochschule. Abweichende Vorstellungen äu-ßern sich höchstens in einer unterschiedlichenSchwerpunktsetzung, also z. B. mehr oder we-niger Neue Musik, mehr oder weniger Solo-bzw. Ensemblespiel.

Neben dem Hauptfachunterricht haben Musik-studenten einen Kanon von Theorie- und Pra-xisfächern zu absolvieren. Dieser differiert zwarvon Hochschule zu Hochschule, ist aber in ver-gleichbaren Studiengängen in der Summe ähn-lich. Zu diesen Fächern gehören z. B. Gehörbil-dung und Tonsatz.

Ein deutlich wahrnehmbarer Dissens zwischenverschiedenen Ausbildungsinstituten bestehtallerdings in den wei -teren fachspezifischen Fächern wie z. B. derDidaktik-Methodikinnerhalb der musikpä-dagogischen Studien-gänge. Vergleicht manhier die Angebote ver-schiedener Institute, soreicht die Skala von ei-ner viersemestrigen ein-stündigen Alibi-Didak-tik-Veranstaltung bis zueinem studienbegleiten-den Block von ergän-zenden Fächern, die imzeitlichen Volumen demHauptfachunterrichtentsprechen. (Der Vari-ante eines Blockflöten-

Peter ThalheimerJenseits von Bassano, Bach und BerioVersuch eines Curriculums für die fachspezifischen Ergänzungsfächer im Blockflötenstudium

studiums ohne didaktisch-methodische Ausbil-dung soll hier keine weitere Aufmerksamkeit ge-schenkt werden, weil sie für unsinnig gehaltenwird.)

Um welche Inhalte geht es nun in diesen ergän-zenden Fächern? Sie müssen alle Themen ab-decken, die einerseits „blockflötenspezifisch“sind und deshalb im allgemeinen Fächerkanonnicht vorkommen, andererseits aber nicht sinn-voll im Hauptfach-Einzelunterricht unterge-bracht werden können. Dieser Bereich reicht also von den Standardthemen der Didaktik-Me-thodik (z. B. Analyse von Blockflötenschulen)über die Literaturkunde (z. B. Blockflötenmusikvon Telemann) und die Aufführungspraxis (z. B.Artikulationssilben bei Hotteterre) bis zu Pro-blemkreisen, in denen vielfältige theoretische,historische und praktische Fragen zusammen-kommen (z. B. die Stimmtondifferenz in denfrühen Kantaten J. S. Bachs und die heutigen Lö-sungsmöglichkeiten).

Für die hier umrissenenBereiche, die zweifels-frei wichtig sind für dieAusbildung von Block -flötenspielern, wurdenoch nie ein detaillier-tes Curriculum ver -öffentlicht. Hans-Mar-tin Lindes Handbuch des Blockflötenspiels(zwei te erweiterte Aus-gabe 1984) machte zwareinen Anfang in dieseRichtung, ist aber schonlängst nicht mehr ak-tuell und umfassend ge-nug. Was also erfahrendie Blockflöten-Studie-renden derzeit an den

Peter Thalheimer wurde1946 in Stuttgart geboren,studierte Querflöte, Block -flöte, Schulmusik und Mu -sikwissenschaft in Stutt gartund Tübingen; anschließendLehrtätigkeit an der Staat-lichen Hochschule für Mu-sik und Darstellende KunstStuttgart und als Schulmusi-

ker sowie Lektor eines Musikverlages. Seit 1978 Dozent für Blockflöte, Traversflöte, Querflöte, Auf-führungspraxis und Methodik am Meis tersinger-Konservatorium Nürnberg, jetzt Hochschule fürMusik Nürnberg-Augsburg. Zahlreiche Kurse und Konzerte, Rundfunk- undTonträgerproduktionen als Solist und mit verschie-denen Ensembles in Europa und den USA; Noten -editionen, Publikationen zur Aufführungspraxis, zurInstrumentenkunde und zur Holzbläsermethodik.Seit 2005 Mitherausgeber von Tibia.

Jenseits von Bassano, Bach und Berio

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600 TIBIA 4/2005

Ausbildungsinstituten in diesen Bereichen, wassollten sie erfahren?

Mehrere Versuche, einen informativen Aus-tausch unter den Kolleginnen und Kollegen her-beizuführen, die diese Thematik an den Hoch-schulen unterrichten, sind bisher gescheitert.Auf Anregung der Präsidentin der ERTA, Prof.Gudrun Heyens, die an der Folkwanghoch-schule in Essen lehrt, wird deshalb im folgendenein Konzept für diese Themenbereiche zur Dis -kussion gestellt. Dieses Konzept liegt derzeitdem Unterricht an der Hochschule für MusikNürnberg-Augsburg, Abteilung Nürnberg, zu-grunde.1 Es ist zu verstehen als ein durchaussubjektiver Versuch, die für notwendig erachte-ten Themen zu sammeln und bestimmtenUnterrichtsfächern zuzuordnen. Die Übersichtüber die Inhalte ist deshalb bewusst stichwort-artig, ja gelegentlich sogar ungenau formuliert.Keinesfalls sollte eine Vorgabe gegeben werden,wie die einzelnen Themen gegeneinander zu ge-wichten und wie die thematischen Stichwortemit Inhalten zu füllen sind. Dies fällt in dieKompetenz des Dozenten.

Subjektiv sind auch die Abgrenzungen im Über-gangsbereich von der allgemeinen Musikpäda-gogik zur fachspezifischen Didaktik-Methodik.Schließlich musste im Zusammenhang mit dieserAbgrenzung auch über die Anordnung der Fä-cher innerhalb des Studienverlaufes entschiedenwerden. Als Ergebnis dieser Überlegungen ent-stand ein Studienverlaufsplan (s. S. 601).

Die Ergänzungsfächer begleiten also den Studie-renden parallel zum Hauptfachunterricht durchdas gesamte Studium. Die einzelnen Fächer sindwie folgt angelegt:

Körperbewusstsein und Übetechnik

Körperbewusstsein und Übetechnik ist ein Se-minar für alle Holzblasinstrumentenspieler. Esist grundsätzlich im 1. und 2. Studiensemester zubelegen. In der Studienordnung ist es als Wahl-pflichtfach ausgewiesen und ist deshalb auch

ersetz bar durch ein anderes Angebot aus demsenso-motorischen Bereich, z. B. Alexander-Technik oder Feldenkrais. Diese Thematik er-fordert eine kleine Gruppe mit 6-8 Studieren-den. Das Seminar dauert 2 Semester mit je 45Minuten je Unterrichtswoche.

Dieses Seminar (und seine Plazierung zu Beginndes Studienverlaufs) entstand aus der Beobach-tung heraus, dass die Studierenden zu Beginn ihrer Unterrichtstätigkeit in ihrer eigenen Spiel-technik bezüglich Haltung, Atmung und Bewe-gung noch so unsicher sind, dass ein Nachdenkenüber die spieltechnischen Grundlagen ihrer zu-künfigen Schüler als völlig verfrüht erscheinenmusste. Deshalb wurde dieses Seminar so ange-legt, dass der Studierende für diese Unterrichts -einheit noch einmal in die Rolle des Schülersschlüpft und sein eigenes Körperbewusstsein insZentrum stellt. Die methodische Aufbereitungund der damit verbundene Wechsel des Studie-renden in die Lehrerrolle schließen sich im 1. Se-mester des Didaktik-Methodik-Seminars an.

Für die praktische Arbeit an Haltung, Atmungund Bewegung wurde eine Sammlung vonÜbungen angelegt, die speziell auf die Problema-tik der Holzbläser ausgerichtet ist. Bewusst wur-de bei der Auswahl der Ansatzpunkte und derÜbungen auf alles verzichtet, was als nicht ratio-nal begründbar angesehen werden könnte. Weildie Sammlung gedruckt vorliegt, kann hier auf ei-ne ausführliche Darstellung verzichtet werden.2

Die Arbeit am Körperbewusstsein (Haltung,Atmung, Bewegung) nimmt den Zeitraum einesWintersemesters ein. Im Sommersemester wer-den auf der Basis der allgemeinen Lerntheoriedie Grundlagen der Übetechnik erarbeitet. DenAbschluss bildet praktische Arbeit an der Übe-technik der Teilnehmer. Die Studenten stellen inder Gruppe Problemstellen aus der derzeit inArbeit befindlichen Literatur zur Diskussion.Unter der Supervision des Seminarleiters wer-den Lösungswege gesucht und erprobt. Die Zu-sammensetzung der Gruppe aus Spielern unter-schiedlicher Holzblasinstrumente hat sich dabeials sehr fruchtbar erwiesen.

Peter Thalheimer

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1. + 2. Sem. 3. + 4. Sem. 5. + 6. Sem. 7. + 8. Sem.

Körperbewusstsein u. Übetechnik

Instrumenten- u. Literaturkunde

Aufführungspraxis

Lehrpraxis

Didaktik-Methodik

Unterrichtspraktikum

oder

oder

oder

oder

Studienverlaufsplan

Instrumenten- und Literaturkunde

Das Fach Instrumenten- und Literaturkunde be-ginnt im 1. oder 3. Studiensemester, zwei Jahr-gänge werden zusammengefasst. Dauer: 2 Seme-ster mit 45 Minuten je Unterrichtswoche,Abschluss mit Klausur.

Der Themenkatalog für die Instrumentenkundeumfasst:– Akustik der Blockflöte– Innenbohrung, „Mensur“, Überblasverhalten – Material, weitere Bauparameter– Baugeschichte – Stimmungen, Stimmwerk – Instrumentenbauer – Bewertung eines Instruments – Pflege, kleine Reparaturen – andere Holzblasinstrumente – Unterschiedeund Gemeinsamkeiten

In die Literaturkundewird mit grundsätzlichenÜberlegungen eingeführt: – Das Edieren von Musik

– Editionsvergleiche – Original und Bearbeitung – Literaturlisten

Anhand von Literaturlisten und den Notenaus-gaben wird ein Überblick über die gedruckt vor-liegende Blockflötenmusik erarbeitet. Dabeiwird das Material nach verschiedenen Kriteriengeordnet:

Besetzung (innerhalb der Besetzungsgruppenstilistisch geordnet), z. B.: – Blockflöte solo – Duette – Blockflötenensemble – Blockflöte + Bc / Tasteninstrument – Kammermusik mit anderen Instrumenten – Blockflötenkonzerte – Csakan- und Flageolett-Musik – Blockflöte(n) mit Singstimme(n)

Komponisten, z. B.: Händel, Telemann, J. S. Bach, Hotteterre, Dieupart

Jenseits von Bassano, Bach und Berio

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Methodische Gesichtspunkte, z. B. – Ergänzungsliteratur – Literatur zum Einstieg in Neue Musik und er-weiterte Spieltechnik

– Etüden – Orchesterstudien – Eigener Literaturplan

Aufführungspraxis

Da dieses Seminar nicht nur für Blockflöten-spieler bestimmt ist, sind nicht alle im 8-semestri-gen Turnus angebotenen Themen für Block -flötenspieler relevant. Wenn während ihrerStu dienzeit die für Blockflötenspieler wichtigenThemen angeboten werden, besuchen sie das Seminar, insgesamt 6 Semester lang (Pflichtfach).

Einführung– Notation und deren Deutung – Die Aufführung – Entstehung einer „Interpre-tation“

16./17. Jahrhundert– Entstehung der Instrumentalmusik – Tempo, Tempobezeichnungen – Diminution als Kompositionstechnik – Artikulationstechnik – Tanzcharaktere

18. Jahrhundert – Figurenlehre, Rhetorik– Nationalstile

– Franz. Stil: – Artikulationstechnik – Inégalité – Verzierungslehre

– Ital. Stil: – Artikulationstechnik – Verzierungslehre, Kadenzen – Rhythmus – Tempo, Phrasierung, Agogik

– Vermischter Stil – Empfindsamer und galanter Stil

19. JahrhundertKadenz im Bläserkonzert

20. JahrhundertEinführung (Agogik, Intonation u.a.)

Epochenübergreifendes– Betonungslehre – Prinzipien der Phrasierung und der Agogik – Improvisation (Grounds, Kadenzen etc.)– Stimmton und Stimmtondifferenz– Musikalische Temperatur– Tonartencharakteristik

Das Instrumentarium als Quelle zur Auffüh-rungspraxis – Streich- und Zupfinstrumente– Blasinstrumente– Tasteninstrumente

Besetzungspraxis – Prinzipien Mittelalter und Renaissance – Mehrchörige Musik – Ensembles im 18. Jahrhundert

Lehrpraxis

Das Fach Lehrpraxis beginnt immer im 3. Se -mester mit der Hospitation bei den Lehrprobender älteren Jahrgänge. Die Hospitation bildet dieVorbereitung für die eigenen Lehrproben, dievom 5.-8. Semester gehalten werden. Dauer insgesamt 6 Semester mit 90 Minuten je Unter-richtswoche, Abschluss durch Prüfung (2 Lehr-proben je 30 Minuten, Gruppen- und Einzel-unterricht, 15 Minuten Colloquium).

Peter Thalheimer

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In der wöchentlichen Unterrichtszeit von 90 Mi-nuten findet eine Lehrprobe von 30 MinutenDauer statt. Die Studierenden bringen dazu ihreeigenen Schüler mit. Es wird darauf geachtet,dass im Einzel- und Gruppenunterricht ab-wechselnd Anfänger, Fortgeschrittene, Kinder,Jugendliche und Erwachsene unterrichtet wer-den. Im Anfängerbereich wird mehrere Wochenhintereinander derselbe Schüler bzw. dieselbeSchülergruppe unterrichtet.

Die Nachbesprechung (incl. gemeinsamer Pla-nung des weiteren Vorgehens) dauert 60 Minu-ten. In diesem Zusammenhang werden auchThemen besprochen, die theoretisch schwer ver-mittelbar sind, am praktischen Beispiel aber gutdiskutiert werden können, wie z. B. Unterrichs-sprache, Fragetechnik, Körpersprache, Körper-kontakt. Erfahrungsgemäß werden die wichtig-sten dieser Themen in den 3 Jahren, die einStudierender die Lehrpraxis besucht, quasi auto-matisch berührt.

Didaktik-Methodik

Das Seminar Didaktik-Methodik beginnt im 3.oder 5. Studiensemester, zwei Jahrgänge werdenzusammengefasst. Dauer: 4 Semester mit 45 Minuten je Unterrichtswoche, Abschluss mitKlausur.

Der Themenkatalog muss mit den Inhalten desallgemeinen Seminars „Musikpädagogik“ abge-stimmt sein, ebenso mit „Körperbewusstseinund Übetechnik“ und „Instrumenten- und Lite-raturkunde“. Bei der Anknüpfung an die Inhal-te dieser Fächer kann die Wiederholung wichti-ger Teilbereiche durchaus sinnvoll sein. Dies gilt insbesondere für die arbeitstechnischen The-men: – Technik des Lernens – Konsequenzen fürUnterrichtspraxis

– Technik des Übens in der Unterrichtspraxis – Üben von Technik in der Unterrichtspraxis – Medien und andere Hilfsmittel (z. B. Metro-nom) beim Üben und im Unterricht

Im Zentrum der Arbeit im Methodik-Didaktik-Seminar stehen die Betrachtungen zur Spieltech-nik, also zu folgenden Themenkreisen:– Haltung, Bewegung, Körpergefühl – Atmung – „Stütze“– Artikulation – Atemvibrato – Grifftechnik, Griffsammlungen – Triller- und Hilfsgriffe – Daumentechnik – Intonation, Dynamik, Klangfarbe – Erweiterte Spieltechnik des 20. Jahrhunderts – Stilistik und Tongestaltung

Zu jedem dieser Themenkreise werden die ak-tuellen didaktischen und methodischen Lehr-meinungen referiert, insbesondere die kontro-versen Positionen, die in der Literatur vertretenwerden. Vor dem Hintergrund dieser „Metho-dologie“ werden gemeinsam didaktische Posi-tionen und die sich daraus ergebenden methodi-schen Wege erarbeitet. Beispiel Daumentechnik:Welche verschiedenen Lehrmeinungen werdenin der Literatur vertreten? Vor- und Nachteileder verschiedenen Techniken, Auswahl eineroder mehrerer empfehlenswerten Varianten, Be-schreibung der methodischen Konsequenzen,insbesondere für den Anfängerunterricht. Inwelchen Fällen soll ein Schüler „umlernen“?

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Unter-richtsmethodik. Hier wird an die Thematik derallgemeinen Musikpädagogik angeknüpft, z. B.in Themen wie:– Unterrichtsführung, Interaktion– Einstieg, Motivation– Einführung in Notation (grafisch, mit Noten)– Unterrichtsplanung, schriftliche Ausarbeitung– Elternarbeit

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Jenseits von Bassano, Bach und Berio

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Die Kombination der Grundlagen aus der allge-meinen Musikpädagogik mit fachspezifischenErgänzungen führt erfahrungsgemäß zu einemguten Ergebnis.

Zur fachspezifischen Unterrichsmethodik gehö-ren die folgenden Themenkreise:

– Traditionelle und neue Wege im Anfänger-unterricht

– Einzel- und Gruppenunterricht – Kinder- und Erwachsenenunterricht – Blockflötenensemble, Blockflötenchor3– Lehrplan und „Handreichungen“ des Verban-des Deutscher Musikschulen

– Lust und Frust von Wettbewerben (u.a. „Ju-gend musiziert“)

Erst nachdem die Fragen der Spieltechnik ge-klärt sind und ein Bewusstsein für die Problemeder Unterrichtsmethodik entwickelt wurde, istes sinnvoll, sich mit Blockflötenschulen zu be-schäftigen:– Kriterien zur Beurteilung von Schulwerken – Schulwerke – Eigene Planung von Unterrichtseinheiten

Beim Thema Schulwerke kann es nicht darumgehen, den Umgang mit einem oder mehrerenderzeit aktuellen Schulwerken einzuüben, son-dern vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zurSpieltechnik und zur Unterrichtsmethodik Beurteilungskriterien zu entwickeln. Die Erfahrung zeigt, dass selbst gute Blockflötenschu-len innerhalb weniger Jahre von besseren ver-drängt werden können. Auf solche Entwicklun-gen müssen zukünftige Blockflötenlehrervorbereitet sein und mit Sachkenntnis reagierenkönnen.

Unterrichtspraktikum

Wie alle übrigen Musikpädagogik-Studierendenabsolvieren Blockflötisten während ihrer Zeit imDidaktik-Methodik-Seminar ein Praktikum. Esbesteht aus zwei vierwöchigen Blöcken, jeweilsin den März-Semesterferien.

Der Didaktik-Methodik-Lehrer wählt dafür ei-ne Blockflötenlehrerin oder einen Blockflöten-lehrer (Mentor) aus, bei dem die Studierendenvier Wochen in Folge den kompletten Unterrichtdesselben Wochentags hospitieren. Der Mentorübernimmt die Vor- und Nachbesprechung mitden Studierenden und wird dafür von der Hoch-schule honoriert. Bei der Auswahl der Mentorenwird besonders darauf geachtet, dass verschiede-ne Unterrichtsformen und auch Ensemblestun-den einbezogen werden können. Abwechselndwerden Musikschullehrer und Privatmusik lehrerals Mentoren engagiert. Eigene Unterrichtsver-suche der Studierenden sind in diesem Rahmenaus rechtlichen Gründen nicht vorgesehen.

Nach dem Praktikum erstellt der Student anhandeines Fragenkatalogs einen Praktikumsbericht.Dieser wird vom Mentor kommentiert und anden Didaktik-Methodik-Lehrer weitergegeben.

Ausblick

Hochschullehrer, die einen kleineren oder größe-ren Teil der hier umrissenen Thematik unterrich-ten, sind in der Regel Autodidakten. Eine ent-sprechende Ausbildung zum Didaktik-Metho dik-Lehrer gibt es noch nicht. Um in diesen Bereichenden Stand der Forschung zu kennen, um alle aktu -ellen Entwicklungen wahrzunehmen und umkurzlebige Tendenzen in der Szene als solche zuerkennen, ist ein überdurchschnittliches und dau-erhaftes Engagement des Dozenten nötig. Aberwer kann das jahrelang leisten, insbesondere,wenn er, wie mancherorts üblich, nur im Lehrauf-trag zu schlechten Bedingungen beschäftigt wird?Oft bleibt deshalb nur der Mut zur Lücke. Aberhaben die zukünftigen Block flötenspieler und -lehrer nicht ein Recht darauf, während ihrer Aus-bildung möglichst viel vom aktuellen Wissens-und Forschungsstand zu erfahren?

Noch fängt jeder, der sich mehr oder wenigerkurzfristig vor die Aufgabe gestellt sieht, einesoder mehrere Fächer aus diesem Bereich an einerHochschule zu unterrichten, wieder ganz vonvorne an: Berge von Literatur sind zu sichten,

Peter Thalheimer

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liebgewordene Positionen der eigenen Unter-richtspraxis müssen überdacht und ggf. revidiertwerden. Um diesen Vorgang abzukürzen, hat ei-ne Arbeitsgruppe von Didaktik-Methodik-Leh-rern an der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg, Abteilung Nürnberg, einen neuenStudiengang konzipiert, in dem die bisher erar-beiteten Inhalte der fachspezifischen Ergän-zungsfächer an die jüngere Generation weiter-gegeben werden können. Es handelt sich um einviersemestriges „Musikpädagogisches Aufbau-studium“, das im Anschluss an ein musikpäda-gogisches Grundstudium absolviert werdenkann. „Eine höhere Qualifizierung ist für diplo-mierte Musikpädagogen bisher nur im künstle-rischen oder im wissenschaftlichen Bereichmöglich, nicht aber in einem praxisorientiertenMusikpädagogischen Aufbaustudium.“ Das Be-rufsfeld der Absolventen „reicht vom Fachgrup-penleiter einer Musikschule bis zum Lehrer fürMethodik/Didaktik an Berufsfachschulen undMusikhochschulen.“4

Bleibt zu hoffen, dass bei allen, die sich intensivmit der Blockflöte beschäftigen, die Einsichtwächst, dass es neben dem Studium des Instru-ments und seiner Literatur, also jenseits von Bas-sano, Bach und Berio, noch weitere wichtigeThemenkreise gibt. In Verbindung mit einemkünstlerischen Blockflötenstudium auf hohemNiveau können die Erkenntnisse aus diesen Be-reichen eine vielfältige Ausbildung begründen,die Blockflötenspieler optimal auf ihren zukünf-tigen Beruf im Spannungsfeld von Kunst, Wis-senschaft und Pädagogik vorbereitet.

––––––––––––––ANMERKUNGEN1 Vorausgegangen sind ein Seminar an der Hochschulefür Musik und Darstellende Kunst Stuttgart (1971–1978) und Seminare am Meistersinger-KonservatoriumNürnberg (seit 1978), dem Vorgänger-Institut derHochschule für Musik Nürnberg-Augsburg, AbteilungNürnberg. Dazu siehe auch Peter Thalheimer: DasHolzbläserseminar am Meistersinger-Konservatorium inNürnberg – aus der Sicht des Methodiklehrers; in: Flöteaktuell 4/1993, S. 27-282Haltung, Bewegung und Atem. Ausgewählte Übungenfür Holzblasinstrumentenspieler, zusammengestellt inZusammenarbeit mit Dr. Gernot Pillat, in: Peter Thal-heimer: Aspekte zur Holzbläsermethodik. Schriftenreiheder Bundesakademie Trossingen, Band 17, Trossingen1992, 4. Auflage 1999. (Restexemplare der vergriffenen4. Auflage können direkt beim Autor bezogen werden.)3 Ausführliche Darstellung in: Aufbau und Leitung einesBlockflötenchores. Ausgewählte methodische Aspekte;in: Peter Thalheimer: Aspekte zur Holzbläsermethodik,a.a.O., S. 84-105.4 Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums fürWissenschaft, Forschung und Kunst vom 15. Februar2005, Nr. XII/6-K2748/4-12/3 169. – Die Studien- undPrüfungsordnung des Musikpädagogischen Aufbaustu-diums ist abzurufen unter http://hfm-n-a.de/download_texte/stuPOMuP_%20Aufbau_05.pdf o

Jenseits von Bassano, Bach und Berio

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tertomographen in Konstruktion und Funktionganz erheblich von denen, die in der MedizinVerwendung finden.

Computertomographen für medizinische Zwecke

Für medizinische Untersuchungen konzipierteTomographen sollen mit der geringstmöglichenStrahlung ausreichend gute Bilder liefern, unddies möglichst schnell. Von zentraler Bedeutungist dabei die auf den Patienten einwirkendeStrahlenintensität und die „verabreichte“ Strah-lungs-Gesamtdosis. Die Gesamtdosis ist ganzwesentlich auch abhängig von der Dauer derStrahlungseinwirkung. Eine möglichst schnelleUntersuchung ist folglich schon deshalb ge-wünscht, weil sie den Patienten weniger belastet.Im Sekundenbereich liegende Untersuchungs-zeiten verringern aber auch das Risiko der Ver-wacklung der Aufnahmen, beispielsweise durchAtembewegungen. Außerdem kann eine mög-lichst schnelle Untersuchung in akuten Notfäl-len lebensrettend sein, z. B. bei starken Blutun-gen, sei es durch Unfälle oder auch aus innererUrsache.

Die in der Medizin eingesetzten Computerto-mographen fertigen zeilen- bzw. schichtweiseRöntgenaufnahmen des Querschnitts des unter-

suchten Patienten an,indem das eigentlicheRöntgengerät rasendschnell in gegenwärtignur noch 0,37 Sekundenpro Umdrehung umden Körper rotiert. DasRöntgengerät bestehtdabei aus einem Senderund dem genau gegen -über liegenden Empfän-ger, dem Zeilen-Detek-tor.

Im März wurden wir von Klaus Martius vomGermanischen Nationalmuseum Nürnberg überdie Untersuchung einer Kynsecker Blockflötean der Fachhochschule Aalen mit Hilfe einesspeziell für Materialuntersuchungen konzipier-ten Computertomographen (CT) informiert.

Die seit den 80er Jahren in der medizinischenDiagnostik eingesetzte Röntgen-Computerto-mographie ist heute als Untersuchungsmethodeebenso unentbehrlich wie die Ultraschalldiag-nostik. Beide Verfahren ermöglichen den Ein-blick selbst in tiefste Körperregionen und erlau-ben so eine sichere Diagnose gerade in Fällen, indenen früher oft nur eine (tatsächlich so ge-nannte) Probeoperation die gewünschten Er-kenntnisse lieferte. Diese beiden in der Medizindeshalb treffend als „nicht-invasiv“ bezeichne-ten Verfahren werden seit einiger Zeit auch inForschung und Industrie zur schonenden undzerstörungsfreien Untersuchung von Material-eigenschaften und der dreidimensionalen Dar-stellung innerer Strukturen verschiedenster Ob-jekte genutzt. Immer häufiger wird vor allem dieComputertomographie auch für die Untersu-chung archäologischer Fundstücke oder wert-voller Kunstobjekte eingesetzt. Vor diesemHintergrund stellt sich die Frage, ob die Mög-lichkeiten dieser modernen Technik auch für dieErforschung histo ri -scher Blockflöten oderden modernen Block -flötenbau nutzbar ge-macht werden können.

Trotz ihres gemein -samen technischenGrund prinzips unter-scheiden sich die -ausschließlich für Ma-terialuntersuchungeneingesetzten Compu-

Dr. Ronald Haase machtenach seiner Schulzeit einekaufmännische Ausbildungund wurde sehr schnell dar-auf Manager eines amerika-nischen Lufttransportunter-nehmens, deren Filiale amHamburger Flughafen er lei-tete. In einer zweiten Aus-bildung studierte er Medizin

und arbeitete lange Zeit als Unfallchirurg in Ham-burg und Celle. Seit 2002 ist er der kaufmännischeund technische Leiter der Firma Moeck.

Ronald HaaseComputertomographie – eine moderne Methode zur exakten Ver-messung von Blockflöten

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Durch die Rotation wird die untersuchte Kör-perregion aus vielen verschiedenen Winkelposi-tionen durchstrahlt. Im Gegensatz zur konven-tionellen Röntgentechnik können so auchDetails, die sich in einer bestimmten Projektionüberdecken, in allen drei Dimensionen sichtbargemacht werden. In einer Umdrehung werdeninzwischen bis zu 64 Schichten geröntgt, ver-gleichbar einer Salami, die in einem Arbeitsgangin 64 dünnste Scheiben geschnitten wird. ZurVerringerung der Strahlendosis und der Unter-suchungszeit wird in der Medizin üblicherweisemit einer Schichtdicke von 0,4 bis 0,8 mm gear-beitet. Automatisch wird zugleich die Liege mitdem Patienten zwecks Anfertigung weitererSchichten schrittweise vorgeschoben. Auf dieseWeise kann beispielsweise in weniger als 10 Se-kunden die gesamte Lunge eines Erwachsenentomographiert werden. Es bedarf dann eines leistungsfähigen Computers, um aus einer riesi-gen Menge von Messdaten die für Auge und Ge-hirn des Menschen erkennbaren Bilder zu kon-struieren. Dies geschieht, indem einer vomComputer errechneten absorbierten Strahlen -dosis an einem bestimmten Schnittpunkt derStrahlen im untersuchten Körper ein bestimmterGrauwert zugeordnet wird. Der jeweilige Grau-wert entspricht einer bestimmten Dichte desuntersuchten Gewebes. So wird beispielsweiseein Tumor oder ein Infarkt deshalb sichtbar, weildie Dichte seines Gewebes sich von der des um-liegenden gesunden Gewebes unterscheidet. Dasfertige CT-Bild ist in gewisser Weise dem Nega-tiv einer Photoaufnahme vergleichbar: beson -

ders dichtes Material wie z. B. Knochen stelltsich hellgrau oder gar weiß dar, Lufteinschlüsseerscheinen schwarz.

Die komplizierten und umfangreichen Berech-nungen benötigen nicht selten 30 Minuten, eineZeitspanne, die bei der Behandlung akut

Schwerverletzter schon problematisch werdenkann. Die Bildberechnung benötigt somit sehrviel mehr Zeit als die eigentliche Röntgenunter-suchung. Moderne Computertomographen, so-genannte 3D-CT, rekonstruieren aus der Fülleder Einzelmesspunkte der übereinander liegen-den Schichten bei Bedarf auch dreidimensionaleBilder. Solche dreidimensionalen Rekonstruk-tionen sind eine große Hilfe bei der Planung undDurchführung chirurgischer Eingriffe, zum Bei-

Abb. 1: Computertomograph aus der Medizin

Abb. 2: In der linken Hirnhälfte zeigt sich eine ausge-dehnte Infarktzone, erkennbar an der geringeren Dichteim Vergleich zum gesunden Hirngewebe rechts. Ein der-art ausgedehnter Schlaganfall führt zu Lähmungen derrechten Körperhälfte und ausgeprägten Sprachstörungen.(Seitenangaben in der Medizin beziehen sich stets auf dietatsächliche Lokalisation im Körper aus der Sicht des Pa-tienten.)

Computertomographie …

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Abb. 3: Das 2D-Bild des Brustkorbs zeigt in der rechtenLunge einen etwa 3cm großen Tumor. Der solide Tumorhat eine höhere Dichte als das luftgefüllte gesunde Lun-gengewebe

Abb. 4: 3-D-Rekonstruktion einer komplizierten Tibia-kopffraktur (Tibia=Schienbein, beliebtes Material für denurgeschichtlichen Knochenflötenbau und Namensgebe-rin dieser Zeitschrift)

spiel bei Krebserkrankungen oder in der Unfall-chirurgie.

Die relativ große Schichtdicke bewirkt, dass dieMessgenauigkeit in der Längsachse des unter-suchten Körpers 0,4 mm nicht unterschreitenkann. In der horizontalen Ebene kann allerdingseine deutlich höhere Messgenauigkeit von bis zuetwa 0,1 mm erreicht werden. Damit gelangtman zwar schon in die Nähe eines für technischeUntersuchungen konzipierten CTs, gleichwohlsind für Materialuntersuchungen oft sehr vielhöhere Auflösungen erforderlich.

Computertomographen für Materialunter su-chungen

Die optimale Bildqualität hat bei den meistenMaterialuntersuchungen absoluten Vorrang. Füreine höchstmögliche Auflösung können Nach-teile wie die sehr hohe Strahlenintensität undsehr lange Untersuchungszeiten problemlos ver-nachlässigt werden. Allen für Materialuntersu-chungen konstruierten Geräten ist gemeinsam,dass die von ihnen „verabreichte“ hohe Strah-lendosis für jedes Lebewesen äußerst bedrohlichoder gar tödlich wäre.

Strahlungsschäden des untersuchten Materialssind nicht zu befürchten, auch nach intensivsterDurchstrahlung wird das untersuchte Objektselbst nicht zur Strahlenquelle. Der „Patient“, inunserem Fall die Blockflöte, bleibt auch überStunden hinweg ruhig liegen.

Deshalb wurden für Materialuntersuchungenspezielle Computertomographen konstruiert. Indiesen wird das Untersuchungsobjekt sehr lang-sam im Röntgenstrahl gedreht.

Für eine Rotation um 360 Grad werden dabei 2bis 3 Minuten benötigt. Auch für Materialunter-suchungen werden heute noch Zeilendetektorenverwendet, die jedoch jeweils nur eine Zeile, alsoeine Schicht, pro Umdrehung aufzeichnen. Dergeringstmögliche Abstand der einzelnen Zeilenvoneinander ist allerdings erheblich kleiner alsbei den Medizin CTs. Nachteilig sind dann je-

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Abb. 5: Konstruktionsprinzip eines CT für Materialun -ter suchungen

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doch die erforderlichen langen Untersuchungs-zeiten: der Scanvorgang kann Stunden oder garTage dauern. Um große Objekte mit hoher Auf-lösung zu tomographieren muss das Gerät u.U.einige Tage im Dauerbetrieb arbeiten.

Auch die anschließende Umwandlung der riesi-gen Datenflut in für unser Auge sichtbare Bilderverschlingt viele Stunden oder gar Tage. In die-sem Rechenprozess werden aus unzähligen Ein-zelprojektionen zwei- und bei Bedarf auch drei-dimensionale Bilder konstruiert. Zugleichwerden die zwangsläufig entstehenden Bildver-zerrungen mathematisch korrigiert. DerartigeVerzerrungen treten übrigens nicht nur bei dercomputertomographischen, sondern auch derkonventionellen Röntgentechnik auf. Die kegel-förmige Aussendung der Röntgenstrahlen auseiner punktförmigen Strahlenquelle ist demLichtkegel einer Taschenlampe vergleichbar. DerSchatten eines angeleuchteten Gegenstand ist,abhängig von seiner Entfernung zur Strahlen-quelle, immer größer als der Gegenstand selbst.

Moderne Computertomographen arbeiten in-zwischen mit einem kompakten kegelförmigenStrahlenbündel. Die Strahlen treffen nachDurchdringung des sich drehenden Objektsstets aus mehreren Hundert Projektionen zu-gleich auf eine Detektorfläche. Das zeitrauben-de Erfassen vieler einzelner Zeilen kann so zu-mindest bei kleineren Objekten durch eineeinzige Rotation im Strahlenkonus ersetzt wer-den. Das Auflösungsvermögen der Flächende-tektoren wird in Pixel gemessen. Die in Mikro-meter (1µm = 0,001mm) gemessene Pixelgrößebestimmt die maximal erreichbare Auflösungund damit die Genauigkeit, mit der das Objektvermessen werden kann.

Die vom Computer berechnete dreidimensionaleBildkonstruktion hat in allen Raumrichtungen diegleiche Auflösung. Die kleinste noch messbarewürfelförmige Volumeneinheit wird als Voxel(Volumenpixel) bezeichnet. Die ebenfalls inMikrometer angegebene Voxelgröße ist somit dasMaß für die maximal erreichbare Detail er kenn -barkeit. Strukturen, deren Größe unterhalb der

Voxelgröße liegt, können nicht mehr dargestelltund folglich auch nicht vermessen werden.

Der entscheidende Vorteil der für Material-untersuchungen konstruierten CTs liegt also inder gegenüber den Medizin-CTs erheblich ver-besserten Auflösung. Die Messgenauigkeit kannbei hochauflösenden Computertomographenbei nur noch wenigen Mikrometern liegen, die-ser Wert wird allerdings nur bei sehr kleinen Ob-jekten in Zentimetergröße erreicht. Tomogra-phen, die auch die Untersuchung größererObjekte, z. B. einer Altflöte, zulassen, ermög-lichen Messgenauigkeiten von etwa 50 Mikro-meter, also einem Zwanzigstel Millimeter. DieseGenauigkeit der Messdaten entspricht nähe-rungsweise durchaus schon den Anforderungendes modernen Blockflötenbaus.

Bei der Untersuchung einer Kynsecker-Flötedes GNM in der Fachhochschule Aalen konnteeine Auflösung von 0,12 mm erreicht werden.

Für uns war die Information über diese Untersu-chung der Anlass, Blockflöten aus der SammlungMoeck mit Hilfe eines uns zugänglichen Compu-tertomographen zu untersuchen, nämlich eineAnciuti-Altflöte von 1729 und eine ebenfalls ausdem 18. Jahrhundert stammende Rippert-Alt flöteaus Elfenbein. Bedient haben wir uns dabei einesmodernen Tomographen, eines „SOMATOMSensation 10“ von Siemens. Dabei handelt es sichum ein 3D-CT, welches folglich auch dreidimen-sionale Bildrekonstruktionen liefert.

Trotz der vergleichsweise schlechteren Auflö-sung eines solchen Medizin-CT konnten wir soerste Erfahrungen über die Einsatzmöglichkei-ten und den möglichen Nutzen dieser Technikfür die Blockflötenforschung sammeln.

Aus der Fülle der mehr als 1000 CT-Bilder habenwir einige Aufnahmen ausgewählt, welche dieVorteile der Untersuchungsmethode besondersanschaulich machen.

Eine mehrteilige Flöte kann in einem Arbeits-gang untersucht werden. Die dabei nebeneinan-

Computertomographie …

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der liegenden oder stehenden Flötenteile werdenspäter bei der am Computer stattfindenden Bild-bearbeitung voneinander getrennt, so dass jedesTeil isoliert untersucht werden kann. Die amBildschirm dreidimensional abgebildeten Teilekönnen im virtuellen Raum in allen Ebenen vollkommen frei rotiert und so von jeder ge-wünschten Seite aus betrachtet werden.

Abb. 9, frontal

Mit Hilfe des Bearbeitungsprogramms kann dieFlöte in jeder beliebigen Ebene „durchgeschnit-ten“ werden (s. Abb. 7). Vorzugsweise werdendie Schnitte in einer der drei senkrecht zueinan-der stehenden Ebenen des xyz-Koordinaten -systems gesetzt, die mit den in der Medizin ver-wendeten Begriffen frontal, sagittal und axial,bezeichnet werden.

Abb. 6 Abb. 7

Abb. 8

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Abb. 10, sagittal Abb. 11, axial

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Von größter Bedeutung ist nun, dass in jederSchnittebene mit einem speziellen Computer-programm beliebige Abstände, Durchmesser,Radien oder Winkel exakt vermessen werdenkönnen. Wichtige Konstruktionsdaten wie dieMaße für Aufschnitt und Versatz oder die Ra-dien der Längs- und Querwölbungen von Ober-und Blockbahn lassen sich so gewinnen. Abb. 12zeigt z. B. eine Messung des Kopfdurchmessersam Endpunkt der Oberbahn direkt vor der Fase.

Die Position einer bestimmten Schnittebenekann dabei frei bestimmt werden. Die genauePosition der gewählten Schnittebene (Abb. 13)kann mittels einer Aufnahme aus der senkrechtzu dieser stehenden Ebene (Abb. 14), über dieein entsprechendes Messgitter gelegt wird, ge-nauestens ermittelt werden.

Die CT-Technik ermöglicht auch die exakte Ver-messung von Bohrungen und Tonlöchern. Mess-daten wie Durchmesser und Winkel von Ton-lochunterschneidungen oder des Verlaufs schräggebohrter Tonlöcher, beispielsweise im Unter-stück unserer Anciuti-Flöte, können sehr vielexakter erhoben werden als mit konventionellenVermessungsmethoden.

Die einzelnen Schnittbilder einer Ebene könnenam Computer zu einem „Film“ aneinanderge-reiht werden, eine technische Spielerei, die bei-spielsweise dem Betrachter der axialen Bilderse-rie den Eindruck vermittelt, die Flöte wie einenTunnel zu durchlaufen.

Neben den praktisch grenzenlosen Möglichkei-ten, das Instrument zu vermessen, liefern dieCT-Bilder auch andere interessante Informatio-

Abb. 13: axialer Schnitt

Abb. 14: sagittaler Schnitt durch den Anciuti Flötenkopf

Abb. 12

Computertomographie …

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nen. So werden die Auswirkungen von Repara-turen oder Restaurationen ebenso sichtbar wie z. B. Risse.

Die Axialaufnahme (Abb. 16) des Kopfes einerRippert-Altflöte (18. Jh.) lässt auf der rechtenSeite einen bisher nicht bekannten zweiten Risserkennen, der äußerlich nicht erkennbar ist (s.Foto, Abb. 17), da er die Oberfläche an keinerStelle erreicht.

Wie kann nun die moderne Computerto-mographie nutzbringend in der Erforschung historischer Blockflöten oder anderer Holz-blasinstrumente eingesetzt werden?

Die Computertomographie ist heute daseinzige zerstörungsfreie Verfahren, umnahezu beliebig komplexe volumetri-sche Strukturen zu vermessen und weit-gehend automatisch zu digitalisieren.Die wesentlichen Vorzüge dieser Unter-suchungsmethode machen sie gerade fürdie Erforschung wertvoller Einzelstückezur zukünftigen Methode der Wahl.

Die quasi berührungslose CT-Untersu-chung führt zu keinerlei Beschädigung oder garZerstörung der Instrumente. Die von AdrianBrown in diesem Tibia-Heft erwähnten „Fast-Katastrophen“ bei den vielleicht mit zuviel Ehr-geiz und Ungestüm erfolgten vielfachen Ver-messungen unersetzlicher historischerInstrumente wie der Ganassi-Flöte (SAM 135)im Kunsthistorischen Museum Wien könnenmit Hilfe der Computertomographie heutzuta-ge leicht vermieden werden.

Die Qualität der durch CT-Untersuchungen er-hobenen Messdaten geht außerdem weit überdie konventioneller Vermessungen hinaus.

Die für die Auswertung der CT-Daten entwi -ckel ten Computerprogramme lassen neben ein-fachen Längenmessungen oder Durchmesserbe-

Abb. 15: Sagittalschnitt durch Mittel- und Unterstück derAnciuti-Flöte

Abb. 17

Abb. 16

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stimmungen auch exakte Winkelmessungen undRadiusbestimmungen zu. Bei technischen Un -ter suchungen mit hochauflösenden Computer-tomographen sind Messgenauigkeiten im Be-reich von etwa 0,05 mm heute bereits derStan dard, grundsätzlich sind sogar schon Auflö-sungen bis zu 0,001 mm möglich.

Selbst schwer oder überhaupt nicht zugänglicheRegionen können computertomographisch nichtnur optisch dargestellt, sondern auch äußerst ge-nau vermessen werden.

So lässt sich der Windkanal der Blockflöte exaktvermessen: die Länge, die Radien etwaiger Quer-und Längswölbungen sowohl der Oberbahn alsauch des Blocks, der Konuswinkel und selbstdie einer konventionellen Vermessung bisherkaum zugänglichen Innenwölbungen der seit-lichen Begrenzungen des Windkanals könnengenau bestimmt werden. Nicht nur die Heraus-nahme des Blocks erübrigt sich, nein, die gesam-te Vermessung erfolgt (fast) berührungslos.

Auch die empfindlichste Region der Blockflöte,das Labium, lässt sich mit Hilfe dieser Technikerstmals in einer bisher nicht möglichen Genau-igkeit vermessen. Neben Aufschnitt und Versatzkönnen sogar die Wölbungen der Ober- undUnterflächen des Labiums und die verschiede-nen Labialwinkel ohne das sonst allgegenwärti-ge Risiko einer Beschädigung bestimmt werden.Ovalär verformte engste Innenbohrungen wer-den für eine exakte Vermessung zugänglich.

Der Einsatz der modernen technischen Compu-tertomographie lässt auch für die Vermessung aller möglichen anderen Musikinstrumente, wie.z. B. Oboen oder Krummhörner, ähnliche Vor-teile erwarten. Die sich dem Zugang durch kon-ventionelle Messfühler widersetzenden Engstel-len oder Krümmungen stellen für die Compu-tertomographie kein Hindernis dar.

Ein weiterer Vorzug: jedes Instrument müsstenur einmal tomographiert werden, der damitentstehende Datensatz lieferte ausreichendesMaterial für jede erdenkliche weitere Frage.

Wiederholte „zerstörerische“ Messungen wür-den sich so erübrigen.

Für industrielle Zwecke konstruierte Spezial-programme ermöglichen außerdem in einemzweiten Schritt die direkte Übertragung der mitHilfe des Computertomographen erhobenenMessdaten in so genannte CAD-Programme(Computer Aided Design). Mit Hilfe dieser CADProgramme werden heute äußerst präzise digi-talisierte Konstruktionszeichnungen angefer-tigt. CAD-Zeichnungen wiederum bilden dieGrundlage für die Erstellung der Arbeitspro-gramme moderner computergesteuerter Ma-schinen (CNC).

Das gesamte Verfahren wird als Reverse Engi-neering bezeichnet, da der normale Konstruk-tionsprozess umgekehrt wird: aus einem näm-lich bereits vorhandenen „Produkt“ wird einCAD-Datenmodell erstellt.

Ob dann ein solches Datenmodell wieder ohnegroßen Aufwand in ein wohlklingendes Instru-ment „verwandelt“ werden kann, bleibt fraglich.Schließlich genügen die historischen Vorbildernicht unbedingt den modernen Ansprüchen. Je-der erfahrene Blockflötenbauer weiß außerdem,dass selbst eine vermeintlich exakte Kopie einesklangschönen Instruments oftmals wenig An-lass zur Begeisterung bietet. Meistens ist die ersteRekonstruktion nur ein erster Schritt und biszur Perfektion des Instruments ist es ein weiterWeg.

Im Alltag des modernen Blockflötenbaus wirddie Computertomographie auch in Zukunftwahrscheinlich kaum eine Rolle spielen. Grundist nicht nur die aufwendige und damit kosten-intensive moderne CT-Technik, sondern auchdie mit der Betreibung von Röntgenanlagen ver-bundenen sicherheitstechnischen Erfordernisse.Moderne Flöten werden wohl weiterhin vor-zugsweise konventionell vermessen werden,wenn es sein muss, auch „invasiv“. Schließlich istjeder Punkt des Instruments mit Hilfe einer Sägeerreichbar … o

Computertomographie …

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Peter ThalheimerBeyond Bassano Bach and BerioDraft for a curriculum for complementary sub-jects specific to a recorder music course

A broad consensus has been established for theartistic content of a recorder music course: thebasic aims at a music college are a functionalplaying technique and a repertoire ranging fromthe Renaissance up to contemporary literature.Sometimes more sometimes less emphasis is pla-ced on contemporary music, or solo and ensem-ble playing, for example. However, there is a definite lack of agreementwithin other areas specific to recorder courses.These should cover all other topics which on the

Adrian BrownThe Ganassi Recorder: Separating Fact from Fiction

This article takes a close look at the “Ganassi” re-corder, comparing the modern reconstructions thatwe know so well, to what Ganassi actually wroteabout the recorder. The received view that an altoin the Vienna Kunsthistorisches museum is the solesurviving example of this type is challenged, asBrown notes that many other renaissance recorderswill also play with Ganassi’s fingerings. Recent evidence is discussed which suggests that the Vienna instrument may have been part of a smallrecorder consort, and Brown even questions theexistence of a separate tribe of solo renaissance recorders. In a postscript, he describes attempts atreconstructing a small consort based on these theories, which he hopes may yield clues about theoriginal use of the recorders.

Alban PetersLuciano Berio: Sequenza VIIa

Suggestions for playing contemporary music onoboes withfully automaticmechanism.Sequenza VIIa was composed over 25 years ago byLuciano Berio and remains very much a challengefor every oboist. It has long been established as astandard work in oboe literature, but the publishedpractical tips on mastering the many new playingtechniques, besides the general compendia (viz.

Ulrike Volkhardt/Vroni Priesner

DIE KLEINE

ZAUBERFLÖTE

Neue überarbeitete Ausgabe von

Ulrike Volkhardt

Die erste Online-Blockflötenschule • www.zauberfloete.org

literature information) are limited in the variousmusic editions mainly to the playing instructionsby Heinz Holliger, to whom the work is dedicated.The intention of this article is not to attempt to replace Heinz Holliger’s suggestions, as these arethe result of close cooperation with the composerand are therefore vital as a first hand source. However, all the playing instructions are for oboeswith semi-automatic mechanism. This article givessuggestions and tips using the new playing techni-ques in Sequenza VIIa as an example, and offerscomplementary and alternative solutions for play-ing on oboes with fully automatic mechanism.

Translation: Angela Meyke

Summaries for our English Readers

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one hand, are specific to recorder playing, thusnot included within the general curriculum, butdo not find a place within individual tuition.This area ranges from standard topics such asdidac tics and methodology (e.g. analysis of dif-ferent recorder schools), literature studies (e.g.Telemann’s recorder music) and performancepractice (e.g. articulation syllables according toHotteterre) to the difficulties in the numeroustheoretical historical and practical queries whicharise (e.g. the difference in tuning in Bach’s ear-lier cantatas and the available solutions today).No detailed curriculum has ever been publishedfor the areas mentioned above, although they arewithout doubt an important aspect in trainingrecorder players. The author discusses a conceptfor these areas in his article. The tuition at theMusic College in Nürnberg-Augsburg, at thefaculty seated in Nürnberg, is based on this con-cept. Translation: Angela Meyke

Ronald HaaseThe computer tomograph – a modern method ofthe precise measurement of recorders

The computer tomograph used for medical diagnosis since the 80s, is nowadays as indispen-sable as ultrasound scans. For some time now,these two “non-invasive” methods have beenused within research and industry to investigate,with minimal damage, the properties of variousmaterials and the three-dimensional depiction ofthe inner structures of a wide range of objects.The computer tomograph is used increasinglyfor examining archaeological finds and preciousworks of art. The author describes the differences between thecomputer tomograph in a medical context and itsuse in the examination of different materials andthen addresses the question of the use of thisform of investigative procedure when resear-ching historical instruments. Translation: Angela Meyke

Summaries for our English Readers

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Lehrkräfte aus mehreren Ländern Europas(Tschechien, Deutschland, den Niederlanden,Italien, Großbritannien und Norwegen) botenden Kursteilnehmern (zum großen Teil ausTschechien, aber auch aus anderen Ländern) ei-ne Vielfalt an Unterricht, Vorlesungen und Kon-zerten an. Der Kurs wurde von einer bunten Mi-schung motivierter Schüler besucht: Kinder,Rentner, Laien und angehende Profis waren alsTeilnehmer vertreten.

Nach der Hälfte des zweiwöchigen Kurseswechselte das gesamte Dozentenkollegium. Inder ersten Woche wurde in diesem Jahr haupt-sächlich Block- und Traversflötenunterricht ge-geben, sowohl im Einzelunterricht als auch imEnsemble (Prof. Peter Holtslag, Kerstin de Wittund Julie Brana, Alan Davis und Jostin Gunder-sen). Dazu wurde noch ein Didaktikkurs fürBlockflötenlehrer von Kursleiter Jan Kvapil an-geboten, sowie eine Vorlesung über Blockflö-tenbau von der Herstellerin Jaqueline Sorel, diedann für die Studenten auch einfache Reparatu-ren ausgeführt hat.

Seit vielen Jahren wird ein Sommerkurs für AlteMusik in Prachatice im Süden Tschechiens ange-boten. Prachatice ist eine sehr schöne, alte Stadt,mit dem Auto etwa zwei Stunden südlich vonPrag oder auch mit dem Zug erreichbar. In die-sem Jahr fand der Kurs vom 10.-24. Juli statt.

Kerstin de Witt und Jostin Gundersen

Sommerkurs für Alte Musik in Prachatice, Tschechien

In der zweiten Woche wurde durch das Ensem-ble Florilegium, die Sängerin und Mittelalter-Spezialistin Rebecca Stewart, die LautenistinEvangelina Mascardi und den Blockflöten- undCymbalspieler Jan Rokyta eine größere Vielfaltan Instrumental- und Gesangsunterricht ange-boten, darunter auch ein Orchesterprojekt.

Viele Studenten haben an beiden Kurswochenteilgenommen. Die Kursgebühr der zweitenWoche ist dann immer deutlich geringer. Für alleStudenten sind einfache Übernachtung, Verpfle-gung und sämtliche Kurskonzerte im Preis miteingeschlossen.

Durch die herzliche Atmosphäre, die große Mo-tivation der Schüler und Lehrer und, nicht zuvergessen, durch die schöne Umgebung, war derKurs sowohl für die Teilnehmer als auch für dieLehrer wieder einmal ein sehr gelungenes Erleb-nis. Außerdem wird durch das stetig steigendeNiveau der Schüler das Arbeiten zunehmend er-freulicher.

Im nächsten Jahr wird der Kurs ebenfalls im Julistattfinden. In Vertretung des gesamten Lehrer-kollegiums, laden wir hiermit alle Interessentenein, eine schöne Kurswoche, oder zwei, in Pra-chatice zu verbringen! o

Berichte

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„Früher war ja alles besser!“Diesen Satz hört man immerwieder, wobei neben einer ge-wissen Unreflektiertheit eineSehnsucht nach den Jugendjah-ren und größerer Beweglichkeiteine Rolle spielen. Was nun dieAussagen von Waldemar Woehlin seinem 1930 erschienenenBändchen über die Blockflöteangeht, kann man getrost sagen,dass sich die Blockflötenme-thodik in eine sprachlich undinhaltlich deutlich angenehme-re und genauere Richtung ent-wickelt hat. Man sollte sich dabei vor Augen halten, dass die Renaissance der Blockflöte1930 noch ganz am Anfangstand und Herr Woehl imGrunde höchstens auf Lehr-werke des Barock zurück -greifen konnte. Was in unserenOhren eher etwas martialischund lächerlich klingt, war da-mals durchaus geeignet, dieGrund lagen des Blockflöten-spiels zu vermitteln. Heutzutage gibt es schongenügend andere Explosionen – den Beginn eines Blockflötentons möchte man nicht auchnoch damit in Verbindung bringen.

Franz Müller-Busch

Quelle: Die Blockflöte. Kurze Einführung in ihr Wesen, ihre Möglichkeitenund ihre Handhabung von Waldemar Woehl. Im Bärenreiter-Verlag zu Kassel 1930

Qualifizierte MusikseminareVioline, Traversflöte, Cembalo/Pianoforte, Oboe, Fagott,Ensemble, Blockflöte, Cello, Historische Blasinstrumente u.a.

Flötenhof e.V. – Schwabenstraße 14 – D-87640 EbenhofenTel. 08342-899111 – Fax: [email protected] · www.alte-musik.info

www.martin-praetorius.de

Frisch aus der Quelle

„Früher war ja alles besser!“

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Georg Otto Klapproth: Hundert JahreHeckel phonRohrblatt, Magazin für Oboe, Klarinette, Fagott und Saxophon, Verlag K. Hofmann, SchorndorfHeft 2, Juni 2004, S. 54-66 Heft 3, September 2004, S.113-123

Klapproth, ehemals Solo-Englischhornist imSinfonieorchester des WDR in Köln und Spezi-alist auf dem Heckelphon, strafte zeit seiner Tä-tigkeit einen Ausspruch meines Lehrers KarlSteins Lügen, der, als ich während meines Studi-ums das Hindemith-Trio auf dem Heckelphonspielen wollte, sagte: Was wollen Sie denn damit?Das ist doch ein Gerät, das spielt man nicht, dashält man nur!

Nach seiner aktiven Zeit als Bläser widmet sichKlapproth nun der Geschichte dieses Instru-mentes und hat sich zum deutschen Spezialistenersten Ranges entwickelt. In seinem Artikel ver-

folgt er minutiös die Entstehungsgeschichte desInstrumentes. Wegen seiner guten Verbindun-gen zur Firma Heckel konnte er Einsicht neh-men in die Korrespondenz von Wilhelm Heckel und seine geschickten Verkaufsstrategien nachder Fertigstellung des Heckelphon-Prototyps.Er ermittelte die Spieler, die in den Urauffüh-rungen der ersten Opern, in denen das Heckel-phon eingesetzt wurde, bliesen. Vor allem stellteer umfangreiche und wohl weitgehend kompletteListen von Werken mit Heckelphon zusammen:so beschreibt der Autor neben dem orchestralenEinsatz des Instrumentes die nicht eben zahlrei-chen Konzerte für Heckelphon und Orchestervon Hans Mielenz und Michael Denhoff, sowiekammermusikalische Werke von Raymond Mou -laert (1907), Hindemith (1929), Hadamowsky(um 1930), dann Henri Zagwijn (1951), Castérè-de, Sinopoli, Becher, Hespos und anderen. Einausführliches Kapitel widmet Klapp roth denKlangmöglichkeiten, auch Fragen des Mund-stückbaues werden ausführlich erörtert. SeineHoffnung auf größere Popularität des Instru-mentes bei Komponisten und Spielern beendetden ebenso instruktiven wie liebevoll geschrie-benen Artikel. Christian Schneider

Michael Finkelman: The Heckelphone cele-brates 100 yearsThe Double Reed, Organ der IDRS, Vol. 27, No. 4, 2004, S. 33-54

Michael Finkelman ist unseren Lesern als Spezi-alist für tiefere und tiefe Oboeninstrumente auseiner Reihe von Aufsätzen bekannt. Seine Elogeauf das Heckelphon ähnelt der von Klapp rothnicht nur, was den Umfang betrifft. Auch er be-schreibt minutiös Vorgeschichte und Erfindungdes Instrumentes und seine unmittelbar fol gendegeschickte Vermarktung durch Wilhelm Heckel. Bei Finkelman erfahren wir natürlich ausführ-lich vom Einsatz des Instrumentes in den USA,wo bereits 1922 im Paul Whiteman Orchestra einHeckelphon zum Einsatz kam. Kompo nistenwie Leo Sowerby oder Albert Austin Hardingschrieben für das neue Instrument bereits in den20er und 30er Jahren. Christian Schneider

Zeitschriften

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Richard Müller-Dombois: Der deutsch-däni-sche Komponist Friedrich KuhlauKlassik und Frühromantik im Kontext der geistigen, so-zialen und politischen Bewegungen Europas. Ein syn-chro-synoptisches Lese- und Nachschlagebuch, Det-mold 2004, Syrinx-Verlag, ISBN 3-00-014132-4, 119 S.,€ 28,00

Mit seinem „synchro-synoptischen Lese- undNachschlagebuch“ hat Richard Müller- Domboiseine Musikermonographie vorgelegt, von derman sich – nach Idee und Struktur – wünschte,dass sie Schule machte. Die Fantasie des Rezen-senten jedenfalls wird von der Vorstellung be-flügelt, die Reihe der Großen in der Geschichteder Flöte, die Virtuosen und Komponisten, dieLehrer, Theoretiker und Instrumentenbauerwürden eine ähnlich farbige und vielseitige, da-bei zugleich rationell und übersichtlich gehalte-ne Darstellung ihres Wirkens (und Nachwir-kens) erhalten. Bei Müller-Dombois stehtFriedrich Kuhlau als Komponist für die Flöte imMittelpunkt des Buches, ohne dass diese Fokus-sierung auf eine Werkgattung allerdings im Titelschon ersichtlich wäre. Zumindest zu seiner Zeitwar der in Kopenhagen wirkende Kgl. Kammer-musicus ja mit seinen Kompositionen für dieOper sowie auf den Gebieten von Lied und Kla-viermusik nicht weniger von Bedeutung. ImVorwort nimmt der Autor seinen Leser gleich-sam an die Hand, führt ihn durch seine Überle-gungen, die ihn zu der gewählten Darstellungs-form gebracht haben, und lässt ihn teilhaben anseiner eigenen Faszination vom Gegenstand sei-nes Interesses und seiner Sympathie. DerHauptteil des ansprechend aufgemachten, mitfestem Einband versehenen Buches folgt Kuh-laus Leben von Jahr zu Jahr. Er beginnt 1786 mitdem Geburtsjahr des Komponisten und endetmit seinem Sterbejahr 1832. Auf jeweils einerDoppelseite sind in den sechs Rubriken – Fried -rich Kuhlau, Geschichte der Flöte, Musikge-schichte, Sozial- und Zivilisationsgeschichte,Geistes- und Literaturgeschichte, Politische Ge-schichte – Fakten zusammengetragen, wird be-richtet über wichtige Ereignisse, Veranstaltun-gen und Veröffentlichungen. Werner Steins vorfast 60 Jahren erstmals erschienener Kulturfahr-plan mag bei dieser Gliederung Pate gestanden

haben. Die unvermeidlich notwendige Auswahlaus der Fülle historischer Details trifft der Au-tor nach sehr persönlichen Kriterien und mit derEntschiedenheit eines wirklichen „Kenners undLiebhabers“. Dabei macht er kein Geheimnisdaraus, dass ihm in dem behandelten Zeitraumdie Große Oper und Beethovens Werk für dieMusik und in der Literatur- und Geistesge-schichte Goethe und die Weimarer Klassik Maßund Richtschnur sind. Dies führt jedoch keines-wegs zu einem ideologisch verengten Blick aufandere Ereignisse und Erscheinungen der Zeit.Im Gegenteil. Immer wieder stößt man auf über-raschende Einzelheiten und scheinbare Neben-sächlichkeiten, welche die Lektüre nicht nur in-formativ, sondern durchaus auch unterhaltsammachen. Vielfältige in den Text eingestreute An-merkungen erhellen und begründen zeitge-schichtliche Zusammenhänge ebenso, wie sieden Standort des Autors sichtbar machen. Nichtselten gewinnen diese Kommentare in ihrer apo-diktischen Zuspitzung die Qualität eines zumAphorismus verkürzten Exkurses. So entsteht –in der Zusammenschau der parallel skizziertenEinzelbereiche – das farbige Bild einer Epoche,die durch mancherlei Neuerungen, Umbrücheund Auseinandersetzungen auf fast allen Gebie-ten von Gesellschaft und Politik geprägt ist.Dem Hauptteil vorangestellt sind sechs SeitenEinleitende Übersichten. Sie enthalten, entspre-chend den Rubriken des Hauptteils, einen Ab-riss der Entwicklung seit etwa 1750 bis zu Kuh-laus Geburtsjahr. – Laut Verlagsmitteilung istdas Buch geschrieben für die Flötistenzunft, dieBürger der Stadt Uelzen, der Geburtsstadt Kuh-laus und Gastgeberin des nach ihm benanntenWettbewerbs seit 1980, für die Bürger Kopenha-gens, Kuhlaus lebenslanger Wirkungsstätte, fürdie musikinteressierte Öffentlichkeit aller Län-der, die internationale Musikwissenschaft undfür alle historisch interessierten Menschen. Beieinem derart umfassenden, gleichsam „globalen“Adressatenkreis ist es einerseits verständlich,dass einzelne musikhistorisch bedeutsame oderaus flötenspezifischer Sicht wichtige Aspekteaußer Betracht bleiben zugunsten einer mehr aufein allgemeines Interesse zielenden Darstellung.So erwähnt der Autor beispielsweise Flötenwer-

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ke anderer Komponisten und auch wichtigeKammermusikwerke ganz bewusst „nur in Aus-nahmefällen“ (Vorwort). Andererseits – welchenSinn soll es haben, Kuhlaus nach Zahl und Qua-lität unter Kennern unstrittig als gewichtig undbedeutsam eingeschätzte Flötenwerke gleichsamals Solitäre, und damit als fast allein repräsen -tativ für eine ganze Epoche darzustellen? Wäre ihnen nicht sogar mehr Ehre angetan, wenn siein Beziehung gesetzt würden zu gleichartigenKompositionen von Zeitgenossen, wie Drouet,Gabrielsky, Fürstenau, Tulou, Walckiers, Berbi-guier, Gyrowetz, Pleyel, Moscheles, Kummer,Nicholson und anderen? Oder auch zu Kompo-sitionen für Besetzungen, die sich in KuhlausŒuvre selbst gar nicht finden? Immerhin fielenin jene Epoche auf dem Gebiet der Kammermu-sik die „Erfindung“ und erste Blüte des klassi-schen Bläserquintetts durch Reicha und Danzioder die Etablierung von aus Bläsern (ein -schließlich Flöte!) und Streichern gemischtenGroßensembles mit sieben bis neun Spielern z. B. durch Hummel, Winter, Onslow oderSpohr. Aus der Sicht des Autors mögen derarti-ge Fragen und Überlegungen jedoch ebenso zuder von ihm erhofften „aktiven Auseinanderset-zung“ des Lesers mit dem Buch gehören wiedessen Stutzen über unerwartete Lücken. Sofehlt beispielsweise ein Hinweis auf Adolphe Saxund dessen Beitrag zum Instrumentenbau. Oderman vermisst eine Erwähnung der zweiten Fas-sung von Kuhlaus Trio op. 119 mit Violoncelloan Stelle der 2. Flöte. Zwar ist nicht geklärt, obsie von Kuhlau stammt oder von ihm autorisiertist. Doch stellt sie ein wichtiges Werk innerhalbdes Repertoires für Klaviertrio mit Flöte dar underschien kurz nach dem Tode des Komponistenin einem jener drei Verlage, welche die Erstaus-gabe mit 2 Flöten herausgebracht hatten (WesselLondon). Neben der übersichtlichen Gesamtan-lage hat das nach den Rubriken des Hauptteilsgegliederte Personenverzeichnis guten Anteildaran, das Buch zu einem nützlichen Nach-schlagewerk zu machen. Das Literaturverzeich-nis tut dazu ein Übriges, auch wenn man es sich,nicht zuletzt für die flötenspezifischen und mu-sikhistorischen Themenbereiche, ein wenig aus-führlicher und aktueller gewünscht hätte. Bei

der Seitenzählung hat offenbar der Computergestreikt. Der Handhabbarkeit des Buches unddem Lesevergnügen tut dies indes keinen Ab-bruch. Fazit: dem Autor, Herausgeber und Ver-lag ist in Personalunion der „Versuch“ einer neu-artigen Musikerbiographie gelungen, dem – wieauch immer modifizierte – Nachfolger zu wün-schen sind. Hartmut Gerhold

NEUEINGÄNGENeubarth, Kerstin: Historische Musikinstrumente im20. Jahrhundert. Begriff, Verständnis, kompositori-sche Rezeption, Köln 2005, Verlag ChristophDohr, ISBN 3-936655-26-X, 451 S. mit Noten-beispielen, 17,5 x 24,5 cm, Hardcover, €49,80

Wackernagel, Bettina: Holzblasinstrumente, Kata-log des Bayerischen Nationalmuseums, Bd.XXII, Tutzing 2005, Hans Schneider, ISBN 3-7952-1180-8, 439 S., mit zahlreichen Abb., €70,00

Helmut Winschermann: Ein Lebensweg zuJohann Sebastian BachGespräch mit Tönjes Reyels, Bonn 2005, Loon Verlag, ISBN 3-9808973-5-4, 159 S. mit CD, € 22,00

Anlässlich des 85. Geburtstages von HelmutWinschermann erschien das vorliegende Buch,Zeitdokument und Oboengeschichte gleicher-maßen. Winschermann schildert sein Leben, sei-ne musikalische Karriere, die ihn zu einem derführenden deutschen Oboisten des 20. Jahrhun-derts machte. In den 50er Jahren machte er sichauch einen hervorragenden Ruf als Pädagoge ander Detmolder Musikakademie und leitete spä-ter die von ihm gegründeten Deutschen Bachso-listen, eines der renommiertesten Kammeror-chester. Winschermann, Spezialist für barockeund vorklassische Musik, dessen große Stärkeimmer ein sehr gesanglicher Ton war (er sagtemir einmal: Von guten Sängern können wir Obo -isten am meisten lernen!) wandte sich nach sei-ner Pensionierung dem Dirigieren zu und leitetnoch heute jährlich eine Reihe von BachschenPassionen und Oratorien in Japan. Das Buch istspannend zu lesen, lebendig und auch unterhalt-sam. Christian Schneider

Bücher

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Am 13. August 2005verstarb der britische Komponist

Arnold Atkinson Cookeim Alter von 98 Jahren.

Cooke, der von 1947–1978 am Trinity College of Music in London Harmonie-lehre, Kontrapunkt, Instrumentierung und Komposition lehrte, hinterlässt beiverschiedenen Verlagen ein großes Œuvre an Kompositionen, ganz besonders fürHolzbläser.

MUSIKINSTRUMENTE + VERLAG · CELLE

Im Moeck Verlag sind folgende Werke von ihm erschienen:

Inventionen, für Altblockflöte solo, Zeitschrift für Spielmusik 498Quartett für Blockflöten (SATB), Edition Moeck 1512Quartet Nr. 2, für Blockflöten (SATB), Edition Moeck 1527Sechs Duette, für Blockflöten (SS), Zeitschrift für Spielmusik 466Sonatina, für Blockflötentrio (SAT), Zeitschrift für Spielmusik 412Suite, für Blockflötenquartett (SATB), Zeitschrift für Spielmusik 321Suite Nr. 2, für Blockflötenquartett (SATB),Zeitschrift für Spielmusik 539/540Suite, für drei Blockflöten (SAT) und Klavier (Cemb.) ad lib., Edition Moeck 1513Triostücke, für Blockflöten (SAT), Zeitschrift für Spielmusik 520Variationen über zwei englische Weihnachtslieder, für Blockflöten (SAT), Zeitschrift für Spielmusik 451

Inventionenfür Altblockflöte solo

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Comedian Harmonists: Liederfür Blockflötenquartett (AATB) (Bornmann), Band 4, Schö-naich 2004, Musikverlag Bornmann, MVB 79, €15,00

Wie kann man eine Musik, die in ihrer komödi-antischen Seite so sehr vom Wortwitz, von denKlangfarben der menschlichen Stimme lebt, ohne entscheidende Substanzverluste für Block -flötenquartett bearbeiten? Eigentlich geht esnicht. Statt eines nuancierten, lebendigen Farb-bildes erhält man bestenfalls eine Schwarz-Weiß-Zeichnung. Notgedrungen und folgerich-tig wurde dann im Ungarischen Tanz Nr. 5 vonJohannes Brahms wegen der nicht ausführbarenSchweller der Mittelteil weggelassen. Aber warumüberhaupt diesen Tanz über den Umweg einerBrahmsbearbeitung der Comedian Harmonists?Diese zeichnet sich ja gerade durch den hinzu-gefügten Text aus! Außerdem wird noch unter-schlagen, dass es sowohl bei Brahms wie bei denCome dian Harmonists einen Mittelteil gibt, diesselbst im auf der letzten Seite lobenswerterweiseabgedruckten Text. Das ist schon reichlich kühn.Bei Wenn die Sonja russisch tanzt, eben einerNachahmung der Comedian Harmonists desrassigen russischen Idioms, bleibt auch hier inder Blockflötenversion nur die zugegebenerma-ßen schöne Melodik und Harmonik übrig. Hierebenfalls große Kürzungen einschließlich desSchlussjuchzers.

Die witzige instrumentale Nachahmung vonKlarinette, Saxophon und Trompete etc. einesHarry Frommermann in Ein Freund, ein guterFreund im „instrumentalen“ Zwischenspiel desGesangssextetts ist stillschweigend gestrichen.Der Bass Robert Biberti zeichnete sich durchpräsente Klarheit und Schwärze seiner wunder-baren Stimme aus, wie soll da eine Bassblock flötemithalten? Die angegebene Dynamik: Ober-stimmen piano, Bassstimme forte, führt dann (essei denn, es werden raffinierte und damit ent-sprechend schwere Sondergriffe bei den Ober-stimmen verwendet) doch automatisch zu einermiserablen Intonation. Hier wäre vielleicht ein-mal anzumerken, dass eine Bearbeitung, die aufReduktion zielt, immer problematisch ist. Aberder Verlust kann wettgemacht werden: z. B.

bei der Bearbeitung von Strawinskys Sacre duprintemps für 2 Klaviere wird zwar die unge-heure Wucht der Orchesterfassung geopfert,aber als Gewinn zeigt sich plötzlich die Fülle derHarmonik, und die Architektur des Werkes istdurch die Reduktion neu zu hören. Diese Bear-beitungen werden ihre Liebhaber finden. Co-median-Harmonists-Fans werden das Originalüberall durchscheinen hören und ihre Freudedaran haben, soweit sie als Blockflötisten überden entsprechenden Spielstandard verfügen.Und der ist relativ hoch: viel Chromatik, nichtimmer leichte Tonarten. z. B. As-Dur. Die Be-setzung besteht aus zwei Altblockflöten, eineTenorblockflöte und eine Bassblockflöte.

Frank Michael

Alan Davis: Eine Suite voller Wunderfür 3 Blockflöten (SAT), Wilhelmshaven 2004, Heinrichshofe-n’s Verlag, N 2439, ohne Preisangabe

Sechs Szenen aus Lewis Carolls Kinderbuch Alice im Wunderland begegnen dem Blockflö-tenspieler in dieser Ausgabe. Lewis Caroll ist dasPseudonym von Charles Lutwidge Dodgson, einem Professor für Mathematik am ChristChurch College in Oxford. Das Buch ent -wickelte sich aus einer Serie von Erzählungen,mit denen Dodgson während des Sommers 1862die drei Töchter von Henry Liddell, dem Dekandes Christ Church Colleges, unterhielt. Zu derGeschichte inspiriert wurde Dodgson von derzehnjährigen Alice Liddell, für die er eine hand-schriftliche Kopie mit eigenen Zeichnungen an-fertigte. Dieses Manuskript, betitelt Alice’s Ad-ventures Underground, bekam Alice Liddell1864 geschenkt. Heute wird es in der BritishLibrary aufbewahrt.

Alan Davis versteht es, die bildhaften Geschich-ten auf ebenso musikalisch bildhafte Weisewiederzugeben. Weitgehend traditionell notiert,durchbrochen von Labium-Vibrato, Spaltklän-gen, Flatterzunge und anderen neuzeitlichenTechniken, sind diese kurzen prägnanten Sätzeauf der Sopran-, Alt- und Tenorblockflöte wah-re Klanggeschichten. In Hinab, Hinab, Hinab

Noten

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folgt Alice dem weißen Hasen unter die Erde,wo ihre seltsamen Abenteuer beginnen. FürSchüler ab ca. 10 Jahren, die den chromatischenTonraum ihres Instrumentes beherrschen, stel-len diese Kurzgeschichten eine wahre Bereiche-rung im Repertoire der Neuen Musik dar.

Heida Vissing

Viktor Fortin: Taiwanesische Sonatinefür Altblockflöte (Querflöte) und Klavier, Karlsruhe 2004,Flautando Edition, FE A – 065, € 12,00

Die Taiwanesische Sonatine für Altblockflöteund Klavier des österreichischen Blockflötistenund Komponisten Viktor Fortin wurde2002/2003 für einen gewissen Yen-Ling ge-schrieben. Mehr Informationen zum Stück er-hält der Käufer der Ausgabe leider nicht. Bio-graphie von Komponist und Widmungsträger

Dieses Arrangement ist harmonisch als sieben-stimmiges Stück geschrieben. Die Stimmenvon Sopran- und erster Tenorblockflöte sindidentisch. Sie enthalten beide die Melodie undsorgen für den typischen Glenn Miller-Soundim Ensemble. Um die divisi-Noten des Schluss -akkords spielen zu können, sollten diese Stim-men doppelt besetzt werden. Die beiden Bass-Stimmen entsprechen sich ebenfalls, obwohlin der Großbasslinie Abweich ungen zu findensind. Das Arrangement erlaubt viele Instru-mentationsmöglichkeiten, beispielweise Solo-und Tutti-Fassungen. Das Tempo ist mäßig, q ca. MM 70.

ModeratoAModerato q( ca. 70)

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by Paul Leenhouts

 

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GLENN MILLER (1904–1944)

Moonlight Serenadearranged for recorder orchestra by PAUL LEENHOUTS

MUSIKINSTRUMENTE + VERLAG Postfach 3131 · D-29231 Celle

Tel.: 0 5141/88 530 · Fax: 0 5141/88 5342E-Mail: [email protected] · Internet: www.moeck.com

wie auch Angaben zur Entstehung des Werkesfehlen. Schade …

Die Komposition hat drei Sätze: Allegro molto,Molto tranquillo und Allegro brillante, in denender Autor mit Hollywoods pseudo-asiatischerFilmmusik liebäugelt und mit jazzigen und post -romantischen Klängen stets am Rande des Kit-sches lustwandelt. Immer wieder sah ich michbeim Durchspielen in das Chinesische Restau-rant um die Ecke versetzt. Mit einem Augen -zwinkern serviert, könnte dieses Werk sicherlichauch einem musikalischen Publikum munden,ganz im Sinne einer – wie es Francis Poulenceinmal formulierte – „adorable mauvaise musi-que“.

Der Blockflötenpart liegt trotz des großen Ton -umfangs (bis c4) gut in den Fingern und solltevon Schülern der oberen Mittelstufe zu bewälti-gen sein, vielleicht auch gerade, um an das höchsteRegister der Blockflöte herangeführt zu werden.

Noten

Edition Moeck Nr. 3304 · ISMN M-2006-3304-7 · €16,50

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cher Melodien? Dann ist Vorsicht angesagt, dennder Chaconne-Bass dieser Komposition ist starksuchtgefährdend.

Tarquinio Merula (1595–1665) hat ihn öfters be-nutzt, man kennt ihn z. B. von Su la cetra amo-rosa aus den Arie e Capricci a voce sola und auchClaudio Monteverdi verwandte ihn im MadrigalZefiro torna aus Scherzi musicali aus dem Jahr1632, und so ließe sich die Reihe fortsetzen.

Über den Cremoneser Merula weiß man nichtviel, bis auf die Tatsache, dass er in jungen Jah-ren in Diensten des polnischen Königs stand undals „organista di chiesa e di camera“ am Hofe Sigismund III. in Warschau arbeitete.

Bisher fand sich diese Triosonate nur als Faksi-mile des 1637 als op. 12 in Venedig erschienenenDruckes (Verlag A. Forni BMB, IV, Nr. 150), undes ist sehr zu begrüßen, dass durch die anspre-chende Neuausgabe von Mieroprint dieses Stückeinem breiteren Publikum zugänglich wird.

Da der Bass ein gewisses Tempo braucht, umseinen leichtfüßigen Charakter zu behalten,stellt das Stück recht hohe Anforderungen an eine geschmeidige, schnelle Artikulation der bei-den Oberstimmen, sobald sich statt zwei 16telngleich 6 oder 8 auf einmal aneinanderreihen.

Im Nachwort werden bereits andere Neuaus -gaben aus dem Opus 12 angekündigt, es bestehtalso Anlass zur Vorfreude und Grund, sich die-se Ausgabe nicht entgehen zu lassen, denn wiegesagt: der Bass ist einfach nicht loszuwerden,gute Laune garantiert. Ines Müller-Busch

Tarquinio Merula: Ciaconafür 2 Blockflöten (Violinen), Violone und Basso continuo, hrsg.von Joachim Arndt, Continuo-Aussetzung von ClaudiaSchweitzer, Münster 2004, Mieroprint, Partitur und drei Stim-men, EM 2084, €10,00

Haben Sie ein Lieblingsstück? Ihren persön-lichen Klassiker? Eine Melodie, die so eingängigist, dass sie Sie als Ohrwurm nahezu verfolgt ?Ertappen Sie sich manchmal beim Summen sol-

Darüber hinaus nutzt Fortin auch einige Effekte,wie gleichzeitiges Singen und Spielen, Flatter-zunge und Mehrklänge. Für die alternative Be-setzungsmöglichkeit mit Querflöte gibt derKomponist (nur in der Partitur) spezielle Griffean. Der Klavierpart ist von ähnlichem Schwie-rigkeitsgrad wie der der Blockflöte und verlangtnach einem wendigen und sensiblen Begleiter,damit die Blockflöte von der rechten Hand desPianisten nicht überdeckt wird. Insgesamt einWerk, das sich in Vorspielabenden als dankbarerweisen könnte.

Aufmachung und Notensatz allerdings werdenprofessionellen Ansprüchen in keiner Weise ge-recht: Die Blockflötenstimme wird (wohl zurVermeidung von Wendestellen) in Einzelblät-tern angeboten, Spielanweisungen fügen sichnicht gut in den Notensatz ein, handgeschriebe-ne Griffeintragungen und „Treppchen“ in denAchtel- und Sechzehntelbalken lassen das No-tenbild sehr unruhig erscheinen. Michael Hell

Noten

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Hans Stadlmair: Sonata pastoralefür Blockflöte und Klavier (Hammerflügel oder Cembalo), Rei-he: Neue Blockflöten Bibliothek, herausgegeben von MarkusZahnhausen, Wolfenbüttel 2001, Möseler Verlag, M 22.610, € 24,50

Hans Stadlmair: Concerto serenofür Blockflöte und Streichorchester, Klavierauszug des Kompo-nisten, Reihe: Neue Blockflöten Bibliothek, herausgegeben vonMarkus Zahnhausen, Wolfenbüttel 2003, Möseler Verlag, M 22.606, € 28,50

In den neunziger Jahren schrieb Hans Stadlmair(*1929) auf Anregung des Münchner Blockflö-tisten und Komponisten Markus Zahnhausen eine Reihe substantieller Kompositionen fürBlockflöte (vom Solostück, über Duo und Triobis zum Konzert für Blockflöte und Orchester).Der Möseler Verlag hat bislang zwei dieser Wer-ke im Druck herausgegeben, für 2005 ist das Er-scheinen seiner Intermezzi für drei Blockflötengeplant. Die beiden vorliegenden Kompositio-nen sind 1996 (Sonata pastorale) und 1997 (Con-certo sereno) entstanden, aber nicht nur diesezeitliche Nähe macht sie zu Schwesterwerken.Neben dem unverwechselbaren Stil des Kompo-nisten, dem man die langjährige Tätigkeit alsChefdirigent des Münchner Kammerorchestersanmerkt, ist hier vor allen Dingen die Verwen-dung jeweils mehrerer Blockflötentypen inner-halb einer Komposition, sowie das gleichzeitigeSpielen zweier Blockflöten an den kulminieren-den Passagen zu nennen. Ein wesentlichesMerkmal des Stadlmairschen Stils ist zudem dieperfekte Verquickung von einer generell eher derKlassischen Moderne verhafteten Klangsprachemit Elementen avantgardistischer Blockflöten-techniken (u. a. gleichzeitiges Singen und Spie-len, Flatterzunge, Glissandi, perkussive Effekte)in den jeweiligen Kadenzen der Werke: eine ge-lungene Symbiose der Kompositionstechnikendes letzten Jahrhunderts.

Die Sonata pastorale ist mit etwa fünfundzwan-zig Minuten Länge das umfangreichere Werk.Die verschiedenen Abschnitte der Komposition,die jeweils mit anderen Blockflötentypen (vonBass- bis zu Sopraninoblockflöte) zu spielensind, werden durch Klavierzwischenspiele ver-

Noten

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bunden. Das Werk lehnt sich im Aufbau an Beet-hovens 6. Sinfonie (Pastorale) an und schilderteinen Tag auf dem Lande vom Erwachen der Na-tur am Morgen über ein Vogelkonzert und einenveritablen Sturm zum anschließenden Dank -choral und friedlichen Tagesende. Der „Clavier-part“, im Idealfall für Hammerflügel gedacht,lässt sich ohne Balanceprobleme auch auf demmodernen Flügel ausführen. Das Cembalo alsdritte angegebene Möglichkeit erscheint mirtrotz einer Angabe für den Lautenzug nicht alsdas ideale Aufführungsinstrument: Zu sehr wür-den typische Klaviereffekte wie extrem lang aus-gehaltene Basstöne, Glissandi, feine Unter -schiede in der Dynamik und Klangeffekte imInnenraum des Instruments leiden. Das Werk istgewiss der Gipfelpunkt einer Reihe von Sonatenfür Blockflöte und Klavier bzw. Cembalo vonLennox Berkeley und Walter Leigh (1939) überYork Bowen (1946), Jens Rohwer (1955) und Al-fred Koerppen (1956) bis zu Eliodoro Sollima(gedruckt 1973).

Das dreisätzige Concerto sereno hat eine Auf-führungsdauer von etwa zwanzig Minuten. Dererste Satz Allegro molto ist für Altblockflöte, derzweite Andante für Bassblockflöte, der drittePresto furioso für Sopranino- und Sopranblock -flöte geschrieben. Der von Stadlmair erstellteKlavierauszug dieses virtuosen und besondersim zweiten Satz sehr bewegenden Werkes kannsicher kein vollwertiger Ersatz zur Version mitOrchester sein, da der Orchestersatz sämtlichestreicherische Möglichkeiten aufs idiomatischsteausnutzt und der Klavierauszug nicht sehr pia-nistisch gesetzt ist. Für Studienzwecke allerdingswird er sicherlich eine Hilfe sein, zumal die imselben Verlag erschienene Partitur mit € 49,00doch einen sehr stolzen Preis hat. Vom MöselerVerlag ebenfalls erhältlich ist das komplette Auf-führungsmaterial. Der Titel des Werkes lässt sichsicherlich am ehesten auf den letzten, über-schwenglichen Satz beziehen, da gerade im erstenSatz ein tragisch-dramatisches Element gegenü-ber dem heiteren überwiegt und der zweite Satzan eine elegische Trauermusik gemahnt.

Die Ausgaben mit ausführlichen Spielanweisun-gen, Photographie und Lebenslauf des Kompo-nisten sind sorgfältig gestaltet, der Notensatz istnahezu untadelig (im Concerto, III. Satz, T. 119hat das Notensatzprogramm allerdings einerhyth misch verwirrende Darstellung erzeugt),die Blätterstellen im Blockflötenpart sind im all-gemeinen gut gelöst. Allein in der Cadenza derSonata pastoralewird man um eine kleinkopier-te Lösung nicht herumkommen. Im Klavieraus-zug des Concertos treten dagegen einige kleine-re Probleme auf: Dem Pianisten durchaushilfreich wäre zum Beispiel die vollständige An-gabe sämtlicher Pizzicato-Klänge im Streicher-satz, um dieses nach Möglichkeit zu imitieren(beispielsweise gleich in Satz I/T. 3 oder T. 43-44), und die Darstellung der Solovioline in derKadenz des dritten Satzes in einer zusätzlichenPartiturzeile stellt den Pianisten spätestens dannvor Probleme, wenn in T. 81 das Orchester wie-der einsetzt und er sich entscheiden muss, ob ernun die Solovioline weiterspielen oder in dierechte Hand des Klavierparts wechseln soll.Hier hätte der Komponist für Eindeutigkeit undbessere Spiel barkeit sorgen können. Diese weni-

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TIBIA 4/2005 627

Celle Tel: 05141 / 217298

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ROHMER

Clement Janequin: Canzon delli Uccellifür 4 Instrumente (Bockflöten oder andere BlasinstrumenteSATB, Gamben-, Geigen-Consort oder entspr. Mischbeset-zung), hrsg. von Olaf Tetampel, Bremen 2004, edition baroque,eb 5002, € 11,00

Was singt denn da?Wer mit der „Kosmos-Fra-ge“ an das Stück herangeht, fühlt sich vielleichtim Stich gelassen von der untextierten Instru-mentalversion nach der Vorlage von AngeloGardana 1577: Allenfalls eine Zizibäh-Kohlmei-se und natürlich der unverwüstliche Kuckucksind klar identifizierbar (sachkundig durch einenBiologen, versteht sich). Und wer darüber hin-aus nicht nur Hühner vorführen will, muss sichartikulatorisch und mit sonstigen klanglichenMitteln schon etwas einfallen lassen, nicht nur,damit das Stück zündet, sondern quasi auch alsSelbstschutz, um sich in den exzessiven Ton-wiederholungen nicht zu verlieren. Verglichenmit dem wohl bekanntesten Stück dieser Mach-

art, der von zahlreichen Komponisten in Kurz-form gebrachten La Guerre-Battaglia, nehmendie lautmalerischen Passagen weniger Raum ein.An ihnen kann man die minimalistisch modernwirkenden Motivschichtungen nur bewundern:Die penetrant wiederholten und radikal gegen-einander verschobenen Partikel – hier die Vogel-„Strophen“ – verlangen in der Ausführung eingeradezu stoisches Bewusst sein. Umso schöner,wenn alle Spieler sich danach in das sichere Netzder Rondo-Form fallen lassen können, in Kür-ze: I. ABCA, II. BDA, III. BEA, IV. BFA.

Die ansprechende Ausgabe ist mit Stimmenma-terial bestückt, das je zwei Stimmen in einemExemplar vereint; das dient der Orientierung.Die vom Herausgeber ergänzend vorgenomme-ne Akzidentiensetzung ist leider nicht sehr kon-sequent – man sollte annehmen, dass die wieder-holten Teile gleich ausfallen. Auch über erlaubteQuerstände sollte nachgedacht werden. Diesschmälert jedoch kaum den Wert dieser so wich-tigen Publikation. Isa Rühling

gen Anmer kungen sollen allerdings keineswegsden positiven Gesamteindruck beider Ausgabenschmälern.

Beiden Werken, wahre Meilensteine in der Neu-en Musik für unser Instrument, kann man einehäufige Aufführung nur wünschen, allerdings istneben einem „fitten“ Blockflötisten (besondersauch im Bereich der Dynamik) auch ein wenig-stens ebenso habiler Accompagnateur bzw. einhervorragendes Streichorchester nötig. Aus ei-gener Erfahrung mit der Sonata pastorale weißich über die Dankbarkeit dieser Komposition imKonzert. Das Concerto sereno gehört ohneZweifel zur ersten Riege der nicht gerade zahl-reich gesäten und noch viel weniger gespieltenBlockflötenkonzerte des 20. Jahrhunderts undist sicherlich ebenso effektvoll und technischebenso anspruchsvoll wie eines der Vivaldikon-zerte. Eine CD-Aufnahme der Sonata ist imHandel erhältlich (Rezension siehe Tibia Heft1/2001), vom Konzert liegt bisher erst eineRundfunkaufnahme beim Bayerischen Rund-funk mit Markus Zahnhausen als Blockflötistenund dem Komponisten als Dirigenten vor.

Michael Hell

Noten

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628 TIBIA 4/2005

www.kueng-blockfloeten.ch

RU

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Michel Mériot: Cantilènefür Flöte und Klavier, Paris 2004, Alphonse Leduc, AL 29523, keine Preisangabe

Michel Mériot (1928–2003) erhielt zahlreicheAuszeichnungen und widmete sich zunächst derUnterhaltungsmusik. Er gründete ein Saxo-phonquartett und unternahm als stellvertreten-der Leiter des Orchesters der Police Nationalemit dem Kammerensemble des Orchesters meh-rere Tourneen. Er war Ehrendoktor des Conser-vatoire von Chateau-Thierry. Aus diesem Le-benslauf heraus ist auch seine melodischeingängige und mit einfachen Akkorden unter-legte Cantilène zu verstehen. Eine schöne, fastvolksliedhafte Melodie mit der für französischeMusik typischen Leichtigkeit im Ton. Für beideInstrumente leicht zu spielen. Eine hübscheNummer in einem Schülervorspiel. Das einzigeFragezeichen in dieser Melodik wäre für uns derletzte Ton des Werkes. Könnte das ein Druck-fehler sein? h statt d würde uns mehr überzeu-gen. Aus harmonischen, aber auch aus motivi-schen Gründen. Frank Michael

Franco Cesarini: 1. Flötenquartett op. 26für 4 Flöten, Frankfurt 2004, Musikverlag Zimmermann, ZM34900, € 10,95

Der 1961 geborene Schweizer Komponist Fran-co Cesarini legt mit diesem Flötenquartett einneoklassizistisch orientiertes Werk vor. Es glie-dert sich in vier Sätze: ein im 8/8-Takt in derUnterteilung 3+3+2 pastorales Prélude, ein„nervöses” Scherzomit viel Drive und Witz, einverträumten Notturno und einen lebendigenSchluss-Dance, der die 8/8 analog dem 1. Satz in3+3+2 unterteilt. Das Werk ist eindeutig unterpädagogischen Aspekten komponiert, hat dabeiviel Witz, Verve und melodischen Einfall, so dasses auch für Konzerte durchaus gut geeignet er-scheint. Überdies hat es meinem Quartett an derMusikschule schon beim Blattspielen außeror-dentlich viel Spaß gemacht. Es ist eingängig undschnell zu lernen, kurz, für die Arbeit mit jun-gen Leuten besonders zu empfehlen.

Frank Michael

Giulio Briccialdi: La petite anglaise op. 7für Piccoloflöte und Klavier (Beaumadier), Paris 2005, GérardBillaudot Editeur, € 14,31

Wieder eines dieser netten kleinen Salonstückeaus der Sammlung des bewundernswerten fran-zösischen Piccoloflötisten Jean-Louis Beauma-dier. Dieses Werk ist rhapsodisch angelegt undbietet alles, was eines Piccoloflötisten Herz höher schlagen lassen kann: hübsche Melodien,einige quirlig-virtuose Passagen, einige schöneMollabschnitte und am Ende einen pfiffigenSchluss. Alle Lagen des Piccolo werden ausge-nutzt, und insgesamt ist das kleine Werk nicht zuleicht, aber auch nicht zu schwer, da es sehr gutliegt. Der Genauigkeit halber sei bei einem ansich sauberen Druck noch ein kleiner Druckfeh-ler vermerkt: In Takt 221 muss im letzten Vier-tel das dis aufgelöst werden. Auch wenn sich imKlavierpart hin und wieder thematisches Mate-rial findet, dieser Part ist eher leicht zu nennen.

Frank Michael

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TIBIA 4/2005 629

François Couperin: 4. Concert Royalfür Flöte und B.c. (Michael), Frankfurt/M. 2004, MusikverlagZimmermann, ZM 34840, Partitur, € 14,95

François Couperin (1668–1733), Organist an derKöniglichen Kapelle und Cembalolehrer der königlichen Familie, war am Hofe Ludwigs XIV.in Versailles tätig. 1723 veröffentlichte er seineConcerts Royaux – vier Kompositionen, dieCouperin zusammen mit einigen Kollegen derKöniglichen Kammermusik im Rahmen privaterSonntagskonzerte in Anwesenheit des Hofes zuGehör gebracht hatte. 1724 folgte eine Samm-lung von zehn weiteren Konzerten unter demTitel Les Gouts réunis ou Noveaux Concerts. Sti-listisch zeigt sich Couperin vor allem in dieserSammlung, aber auch in seinen Konzerten von1723 darum bemüht, zwischen dem angestamm-ten französischen Stil und den italienischenKompositionen in der Nachfolge eines Arcan-gelo Corelli zu vermitteln, um einen neuen Ge-schmack zu etablieren, der sich über kleingeisti-ge nationale Streitigkeiten hinwegsetzt undAnspruch auf allgemeine ästhetische Gültigkeiterhebt. Insofern können Couperins ConcertsRoyaux als Wegbereiter des später von JohannJoachim Quantz postulierten gout melé, des ver-mischten Geschmacks, bezeichnet werden. Cou-perins 4. Konzert von 1723 erweist sich musika-lisch als besonders reizvoll: Suitenartig folgenauf ein eröffnendes Prélude eine Allemande, ei-ne Courante Françoise, eine Courante à l’Ita-lienne (mit angehängter, in Achtelketten fortlau-fender Reprise), eine Sarabande, ein Rigaudonsowie eine Forlane en Rondeau. Dabei treteneinzelne Sätze hinter der starren Maske ihres ste-reotypen Tanzsatzcharakters hervor und geratenzu regelrechten Charakterstücken. Von beson-derem aufführungspraktischen Interesse ist, dassCouperin sämtliche Artikulationszeichen undOrnamente penibel notiert und im Falle der Sa-rabande eine zweite Oberstimme (Contre par-tie) ausschreibt, wodurch der eigentlich zwei-stimmige Satz zum Trio wird, was Rückschlüsseauf eine (obligate) Gestaltung in der rechtenHand des Continuocembalisten zulassen könn-te. Frank Michaels Neuausgabe richtet sich nachdem Erstdruck der 1720er Jahre, der das Werk

zweistimmig mit beziffertem Bass notiert; dennnach Couperins Bemerkungen im Vorwort eig-net es sich auch als Cembalosolo. Als Soloin-strumente einer Besetzung mit Basso continuonennt der Komponist Violine, (Travers-)Flöte,Oboe, aber auch Viola da Gamba oder Fagott (!).Frank Michael entscheidet sich hier für dieQuerflöte – vermutlich wegen der günstigenTonarten e-Moll / E-Dur – und liefert außerdemeine solide Aussetzung des Basse chiffrée. DasVorwort bringt einige – inzwischen fast selbst-verständlich gewordene – Hinweise zur Aus-führung der verschiedenen Vorhalte und einige– allerdings sehr subjektive – Empfehlungen zurAufführungspraxis: Als reizvoll hat sich erwie-sen, die vorletzte Wiederholung des Refrains inder Forlane oktaviert zu spielen, die letzteWiederholung wieder tief und piano, das Cem-balo mit Lautenzug, auszuführen.Alles in allemeine uneingeschränkt brauchbare Ausgabe einesbesonders attraktiven Stücks hochbarocker fran -zösischer Kammermusik. Karsten Erik Ose

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630 TIBIA 4/2005

Siegfried Thiele: PentamelesMusik für fünf Flöten, Leipzig 2003, Deutscher Verlag für Mu-sik Leipzig, DVfM 8569, € 29,50

Pentameles: Fünf melodische Stücke für fünfFlöten, die immer mit einem pentatonischenQuintklang schließen. Ja, das Melos, den melo-dischen Erfindungsreichtum Siegfried Thieleskann man in keinem Satz so ausgeprägt findenwie im zentralen dritten Satz: Bedächtig, sin-nend, im nachgestellten Untertitel „platonisch”.In einem durchgehenden Fünfer-Takt (5⁄8 oder5⁄4) beginnen 1. und 2. Flöte antiphonisch, wobeidie melodischen Linien in ihrer Kontur meisterhalten bleiben, jedoch in den Intervallen ge-spreizt oder umgekehrt werden. Ein Dialog, in dem nach und nach die hier hauptsächlich so-listisch agierenden Stimmen meist sich zwargrund sätzlich einig scheinen, aber immer die„Thesen” des anderen minimal modifizieren, inseiner Einfachheit ungemein spannend. Ständigwechselnd vom 5⁄8- zum 5⁄4-Takt scheinen im ers ten Satz (Lebhaft - „pythagoräisch“) zunächstvor allem weiche Tritonusklänge und damit ver-schmolzen Sixt-ajoutée-Klänge zu dominieren,erst am Schluss erscheinen die in allen Sätzenvorhandenen übereinandergeschichteten Quin-ten – der ge spreizte Pentatonik-Akkord, der nurim Schluss des 5. Satzes durch seine enge Lagedie Weichheit des allerersten Anfangs bekommt,nachdem er sich aber gerade in diesem Satz(Lebhaft bewegt,„hyperboräisch“) in Staccato-Quintmixturen ausgiebig rhythmisch profilierthat. Der 2. Satz („kanonisch”) vermischt origi-nell Kadenzhaftes mit streng Kanonischem –auch Umkehrung und Vergrößerung. DieserKadenzcharakter ist auch dem 4. Satz („del-phisch”) eigen. Hier kein strenger Kanon: esscheint, als ob sich der melodische Varianten-reichtum des zentralen 3. Satzes auch hier fort-setzt bis hin zu Artikulationsvarianten: z. B.wird die beginnende 32stel-Girlande der solisti-schen Altflöte in G im 2. Abschnitt in der Flöteüber Alt- und Bassflöte zu einer regelmäßigenstaccato-16tel-Figur. Inzwischen mag klar ge-worden sein, dass die bei Béla Bartók in fünfsät-zigen Werken (z. B. 4. und 5. Streichquartett) ge-staltete Bogenform bei Siegfried Thiele eine

neue, originelle Abwandlung erhält. Den zen-tralen Mittelsatz umschließen zwei kadenzartigeSätze, die Flanken bilden jeweils zwei lebhaftelängere Sätze, wobei im letzten Satz insbeson -dere Ideen des 1. Satzes ganz offensichtlich inVarianten aufgenommen werden, so auch diesenBezug betonen. Eine erschöpfende Analysekann eine Besprechung schon der Kürze willennicht sein. Aber hingewiesen werden muss nochauf die Instrumentationsfantasie Thieles: 5 Flö-ten, davon 1-3 auch Piccolo, 4. meist Altflöteund 5. meist Bassflöte. Besonders originell, wiesich im 1. Satz der Gesamtklang etwa im Golde-nen Schnitt in die Höhe schraubt (2 Piccoli, zweihohe Flöten), um dann in eine tiefe (!) Linienbe-wegung der drei Piccoli umzukippen. Klasse! Indiesem Zusammenhang wäre zu fragen, ob dieletzten 5 Takte der 2. Flöte noch mit Piccolooder doch mit großer Flöte gespielt werden. DieOktava-Angaben in Partitur und Stimme unter-scheiden sich. Für Flöte würde sprechen, dassder Schlussquintklang wesentlich geschlossenerwirkt, als wenn in der Piccolo dann das andert-halb Oktaven höhere h erklingt.

Dem Leipziger Querflötenensemble „Quintes-senz” kann man nur zur Widmung eines solchenMeisterwerkes gratulieren! Frank Michael

Jean-Louis Tulou/Jean-Louis Beaumadier:140 petits exercices et études für 1 oder 2 Piccoli, Paris 2004, Gerard Billaudot, GB 7440,€18,80

Diese Tonübungen und kleinen Stücke, die manauch für die Flöte verwenden könnte, fand Jean-Louis Beaumadier in Jean-Louis Tulous Métho-de populaire op. 108. Es beginnt mit Haltetönen,setzt sich in kurzen leichten Melodien (aus -schließlich in C-Dur) fort, um dann systema-tisch alle Intervalle von der Sekunde bis zur Ok-tave in Bindungen und staccato-Versionen zuüben. Das sind nicht einmal Etüden, sondernwirklich reine Sonderübungen, um Intervallbin-dungen etc. sauber spielen zu lernen. Danachfolgen, wie oft in alten Schulen, Tonleiterübun-gen vermischt mit kleinen Solostücken und

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TIBIA 4/2005 631

Duetten. Auf diese Weise werden sämtliche Dur-und Molltonarten behandelt. Dreiklangsbre-chungen und Septakkorde als Übungen fehlenindes ganz. Die melodischen Duette sind mit 2Piccoli sehr reizvoll zu spielen. Ärgerlich istallerdings, dass es offenbar für diese kleinenStücke keine Komponisten zu geben scheint.Dabei ist die Nr. 105 eindeutig aus Webers Frei-schütz adaptiert. Gewiss, dies Verfahren ohneQuellenangabe mag zu Tulous Zeiten üblich ge-wesen sein. Aber die Aufgabe eines Herausge-bers unserer Zeit wäre doch wohl gewesen, die-se ursprünglichen Autoren, soweit möglich,herauszufinden und kenntlich zu machen. Inso-fern erhebt sich hier die Frage, welche editori-sche Arbeit – außer dem kurzen Vorwort – J.-L.Beaumadier hier geleistet hat. Die letzten zweiNummern sind ausschließlich dem Üben rhyth-misierter chromatischer Tonleitern vorbehalten,jetzt auch bis zu den höchsten Höhen gelangend.Insofern sind diese letzten beiden Nummern inihrem Schwierigkeitsgrad mit einem Mal sehrviel schwerer, fallen somit aus dem Rahmen desRestwerkes. Ist so ein Werk heute noch empfeh-lenswert? Ganz sicher für Lehrer, die ihre Schü-ler z. B. gern Ernesto Köhlers Etüden u. ä. spie-len lassen und die mit einem Extrawerk fürPiccolo einen Anreiz bieten wollen. Dies Werkwäre, auch vom Stil her, heute für Blasmusik -kapellen-Schüler sicher ein Anreiz, sich mit demPiccolo und ihren auch schönen melodischenMöglichkeiten auseinanderzusetzen.

Frank Michael

Beide Werke gehören zu den beliebten Opern-fantasien berühmter Flötisten und verraten inAnlage und virtuoser Kadenzausgestaltung dieMeisterschaft ihrer Autoren. Beide Werke zuspielen macht viel Spaß, wobei die Freischütz-Fantasie in der Geste und damit in der Wirkungnoch großartiger ist. Es spricht für Paul Taffanel,dass er trotz der zeitgenössischen Kadenz-schnörkel zwischen beiden Fantasien stilistischeUnterschiede spüren lässt. Eine barocke Vorlageist natürlich etwas anderes als eine hochroman-tische. Die Schwierigkeitsgrade sind mit 8 (Ra-meau) und 9 (Weber) angegeben. Beide würdenwir einen Grad tiefer ansiedeln, besonders da dieFreischützfantasie obendrein noch sehr gut liegt.Bei beiden Stücken wird jedoch in jedem Fall einlanger Atem vorausgesetzt. Zwei schöne Neuer-scheinungen, für deren Revision Philippe Ber-nold zeichnet. Frank Michael

B 195,- /Stck.

Paul Taffanel: Fantaisie sur le FreischützOpéra de C.-M. von Weber für Flöte und Klavier, Paris 2004,Gerard Billaudot, GB 6746, € 14,75

Paul Taffanel: Fantaisie sur Les Indes Ga-lantesOpéra ballet de J.-Ph. Rameau für Flöte und Klavier, Paris2004, Gerard Billaudot, GB 7293, € 12,30

Fantaisie-Transcription heißt es auf dem Origi-naltitelblatt der Fantasie über Les Indes Ga lan -tes von J.-Ph. Rameau. Letzten Endes gilt dieseBezeichnung auch für die Freischütz-Fantasie.

Isaac Albéniz: Sevillafür Flöte und Klavier, arrangiert von Anthony Hedges, Emer-son Edition, York, Nr. 431, € 7,00

Sevilla ist das 3. Stück aus der Suite Espanola op.47 von 1886 des spanischen Komponisten IsaacAlbéniz (1860–1909). Das Werk ist direkt vonder katalanischen Musik beeinflusst, in den „meno mosso”-Abschnitten bekommt es sogareinen leichten Flamenco-Charakter. Der mittel-schwere Flötenpart ist sehr melodiös, spielt sichgut. Das Werk macht sicher Spaß, wenn maneinen entsprechend versierten Pianisten hat.Dieser Part ist bestenfalls auch mittelschwer.Insgesamt ist das eine gute Bearbeitung und –besonders wegen des spanischen Flairs – auchgeeignete Musik für den Unterricht, um sozusa-gen mal zu entspannen … Frank Michael

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632 TIBIA 4/2005

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Georg Philipp Telemann: Konzert in Dfür Traversflöte, TWV 51: D4, für Flauto, 2 Violini, Viola eBasso continuo, Reihe: Telemann-Archiv, Stuttgarter Ausga-ben, Urtext, Erstausgabe (Hirschmann), Stuttgart 2004, CarusVerlag, CV 39.811, Partitur, € 9,90

Wolfgang Hirschmann und dem Carus-Verlaggebührt Dank, dass sie immer weitere Concertivon Telemann in hervorragend edierten moder-nen Drucken erschließen – auch und gerade jene,die nicht in „bequemen“ Quellen in Darmstadtliegen.

Die Vorlage zu dem vorliegenden Concertobringt eine kriminelle Praxis in Erinnerung, dieder damalige Bibliothekar des Brüsseler Kon-servatoriums, der durch das C.-Ph.-E.-Bach-Werkverzeichnis bekannt gewordene AlfredWotquenne (1867–1939), übte: er fertigte vonOriginalquellen aus dem 18. Jh. Kopien fürseine Bibliothek an und verkaufte offenbar dieOriginale. Seitdem gelten diese als verschollen.Hirschmann hatte als Vorlage für diese Editiondemnach nur eine etwa 200 Jahre später ange -fertigte Abschrift zur Verfügung, deren Zuver -lässigkeit nicht unbedingt gewährleistet ist.

Laut Hirschmann gehört dieses Concerto ineine zusammengehörige Gruppe von 3 Flöten-konzerten Telemannns, die allesamt in der Ton-

art D-Dur stehen und durch mehrere Eigenhei-ten eng miteinander verbunden sind (TWV 51:D2, D3, D4): Dazu gehören Folklorismen (indiesem Falle eine Napolitana als 1. Satz, aberauch polnische Elemente im 2. Satz) und jeweilsein dreiteiliges Menuett als Schlusssatz.

Trotzdem hat es mit diesem Concerto noch einebesondere Bewandnis: auf dem Titelblatt derQuelle steht: Concerto a cinq, Flauto traversierouve Piccolo … (!!) Sehr auffällig ist, dass die So-lostimme aus schließlich und in allen Sätzen ausTönen der diatonischen D-Dur-Skala gebildetist. (Der kurze modulierende 3. Satz ist wie beieinem Trompetenkonzert für Streicher alleinegesetzt.) Für welch eine Art Flöte mag das ge-schrieben sein? Vielleicht wirklich für ein Volks-musikinstrument, auf dem man nicht modulie-ren konnte. Vielleicht hätte die verscholleneOriginalquelle ja hierzu noch weitere Informa-tionen geliefert.

Aber, wie dem auch sei; schon aus klang-farb lichen Gründen ist ein Concerto, das auchfür das Querflötenpiccolo bestimmt ist, ein Uni -kat! Bewundernswert und absolut Telemann -typisch, wie der Komponist trotz dieser Be-schränkung ein thematisch frisches und kurz -weiliges Stück zu Papier bringt!

Michael Schneider

Noten

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TIBIA 4/2005 633

Johann Joachim Quantz: Trio-Sonate c-MollQV 2: Anh. 5, für Flöte, Oboe und Basso continuo, Urtext(Richter), Frankfurt/M. 2004, Musikverlag Zimmermann, ZM34750, € 11,50

Vor längerer Zeit hatte der Musikverlag Zimmer -mann schon einmal diese wunderschöne Trio -sonate veröffentlicht, herausgegeben und den damaligen Gepflogenheiten entsprechend mitvielen dynamischen und Artikulationsbezeich-nungen versehen von C. Blumenthal (ZM 95).

Richter legt nun eine Urtextausgabe vor, die hoheAnsprüche erfüllt. Das dreisprachige Vorwort in-formiert über Fundort der Quelle, Details derHerausgabe und eine kurze Würdigung desSchaffens des Komponisten. Die Ausgabe istsehr gut lesbar, das Wenden der Seiten nirgendsein Problem. Der bezifferte Bass wurde vomHerausgeber durchsichtig ausgesetzt, ein Zuge-ständnis an weniger versierte Continuo-Spieler.

Christian Schneider

Robert Schumann: Drei Romanzenfür Oboe (Violine, Klarinette) und Klavier op. 94, hrsg. von Jo-achim Draheim, Wiesbaden 2004, Breitkopf & Härtel, Nr.8632, € 7,50

Auch die Romanzen liegen in mehreren Ausga-ben vor, zuvor (1988) war im Henle Verlag einevon G. Meerwein und K. Börner besorgte Urtextausgabe erschienen. Die Editionen sind nahezu textidentisch, Draheim verzichtet aufFingersätze. Beide verfügen über instruktive Be-gleittexte, das Vorwort in der Henle-Ausgabe istausführlicher und dreisprachig, das Nachwortbei Breitkopf knapper und zweisprachig. Esbleibt letztlich Geschmacksache, welche Wahlman beim Kauf trifft.

In beiden Ausgaben wird ein Satz Schumanns zitiert, der angesichts der mittlerweile von nahe-zu allen Instrumenten für Aufführungszweckeokkupierten Romanzen zu denken gibt: Wennich originaliter für Violine oder Klarinette com-ponirt hätte, würde es wohl ganz etwas anderesgeworden sein. Was Schumann wohl zu Flöte,Fagott, Saxophon oder Violoncello gesagt hätte?

Christian Schneider

Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo, Har-moniemusik by Johann Nepomuk Wendtfor 2 Oboes, 2 Clarinets, 2 Horns, 2 Bassoons and Contrabas-soon, Vol. I, Wiesbaden 2004, Breitkopf & Härtel, MR 02248,Partitur und Stimmen, €45,00

– Vol. II, Wiesbaden 2004, Breitkopf & Härtel, MR 02249, Par-titur und Stimmen, € 45,00

Ja, bitter ist das schon. Da arbeitet und feilt manmit großer Intensität am virtuosen Tun und ander Kantilene auf seiner Oboe, selber und mitden Studenten, um schließlich als Harmoniemu-siker im Beruf zu stehen. Harmonie, das könnenHolzbläser und Hörner, aber Melodie könnenoffenbar nur Geigen. Und das geht so vonHaydn bis Mendelssohn. Jeder tröstet sich wieer kann: dann sind wir Holzbläser also von Be-rufs wegen die, denen es zukommt, Harmonie indie Welt zu bringen. Und das wäre ja schon rechtsehr dringend.

Doch da gibt’s von der Heiligen Caecilia ein ro sti -ges „Nein!“ mit dem Hinweis, dass die Militär-musik des 18. Jh., also beispielsweise die des„Alten Fritz“, Harmoniemusik war, also 2 Oboen,2 Klarinetten, 2 Hörner und 2 Fagotte. Und die-se, seine Harmonie, klang den meisten rechtschrill im Ohr.

Also, Sancta Caecilia: keine Melodie und nurschrille Harmonie. Was bleibt für uns Bläserdann noch fürs Ego? Die allzu späte Erfindungder Schallplatte, mein Freund. Wie das? Nun,ganz einfach: Die Aufführung einer Oper war ei-ne grandiose Sache. Aber am nächsten Tag gab eshöchstens eine Rezension (und die ist eh nur wieein gemaltes Mittagessen). Klavierauszüge gab’snoch nicht. Und so musste man sich an die Opererinnern, denn die Schallplatte gab es noch nicht.Aber Soldaten, so sagt man, sind findig. Be-sonders im Frieden. Und so erfanden sie (oderdie Musiker aus dem Orchester, so genau weißman das nicht) die Oper, „auf Harmonie ge-setzt“. Und diese Erfindung wurde blitzartig einRiesen erfolg. Die Ouvertüre und die wichtig-sten Arien, sowie später dann, besonders beiMozart, die großen Ensembles wurden für Blä-seroktett arrangiert und fanden sofort den Wegins Wirtshaus, in Straßen, Parks und Schlösser.

Noten

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634 TIBIA 4/2005

Die Arrangeure waren Profis, und sie machtenso die Ohren frei und neugierig auf den nächstenOpernabend. In Wien waren es vor allem drei

Musiker (aus dem kaiserlichen Opernorchester),die den Markt beherrschten: Johann NepomukWendt und sein Sohn Wilhelm sowie JosephTriebensee.

Das war nun eine zauberhafte Revanche an San-ta Cecilia (die Texte waren ja meist italienisch):nun durften auch die Oboisten Melodien singenwie die großen Primadonnen auf der Bühne.

Mit leichter Verspätung wurde aus der Harmo-nie – veritable Kammermusik: Mozarts großeSerenade in c-Moll ist den Streichquartettenschon sehr ebenbürtig. Und der Meister zeigtmit gelassenem Nachdruck, dass er doch erheb-lich mehr kann, als im Triebensee fischen. Trotz-dem: auch die Bearbeitungen von fremder Handzeigen inspiriertes Können und fordern erheb -liche Virtuosität.

Hier nun legt Breitkopf/Musica Rara WendtsIdomeneo nach Mozart vor. Grandiose Musik,wie dem Komponisten voll bewusst war. Des-halb hat er sie dann drei Jahre später in Wienkonzertant aufgeführt. Der Vater Wendt saßmöglicherweise im Orchester dabei. Und daherhat er das Juwel – und von ihm haben wir es ge-erbt. Und wenn ich mich nicht irre, ist das dieErstveröffentlichung. Das ist ein Glücksfall,denn der Idomeneo hat den Durchbruch nie sorecht geschafft, was Wunder bei dem, was danoch nachkommt. Und selbst diese Reduktionsollte klarmachen, dass ein solcher Durchbruchsich lohnt. Aber auch beim Kammermusikabendgibt es eine Menge Schönheit zu entdecken undviel jugendfrisches Genie.

Die Ausgabe ist wunderschön: Eric James hatdafür gesorgt, dass weder Blättern noch Noten-lesen irgendwelche Probleme birgt. Und dassder Text korrekt ist, versteht sich von selbst.Auch wenn wir nun den kostbaren Idomeneo alsHarmoniemusik haben, so haben wir doch nichtdie echte Oper. Das Ganze ist ja doch nur einAppetizer, und so ergeht nun eine dringlicheWarnung an alle Kulturpolitiker (falls die über-haupt die Tibia lesen oder den Katalog vonBreitkopf): Niemand, wer es auch sei, darf sichvon dieser Harmonie dazu „inspirieren“ lassen,ein weiteres Öperchen plattzumachen. Wer sich

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ein lebendiges, wirkliches Musikleben wünscht– oder es sogar für notwenig hält –, der muss bei-des wollen, die preiswerte Harmonie und dieveritable Oper. Denn ohne letzteres gäbe es ebenkeine Harmonie. Albrecht Gürsching

NEUEINGÄNGE

Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e.V.,MünchenOberammergauer Holzbläsertrio, 36 Stückefür zwei Klarinetten und Fagott (Sepp), 2004, A 65, €22,00

Gérard Billaudot Editeur, ParisCastérède, Jacques: La belle époque, Fantaisiede concert en forme de quadrille, pour piccolo(ainsi que flûte) et piano (Beaumadier), 2005, GB7792, €14,31Ciardi, Cesare: La folle op. 64, original pourflûte et piano, pour flûte piccolo et piano (Beau-madier), 2005, GB7846, €8,82Köhler, Ernesto: Valse – caprice op. 14, originalpour flûte et piano, pour flûte piccolo et piano(Beaumadier), 2005, GB7841, €8,82Michelis, Vincenzo de: La cachucha de mi niñaop. 64, original pour flûte et piano, pour flûtepiccolo et piano (Beaumadier), 2005, GB7838, €11,71Rydin, Alexandre: Légende nordique, pour clarinette en sib et piano (Verdier), 2005, GB7788,€8,20Schmitt, Marie-Luce: 3 pièces, pour clarinetteen sib et piano (Dangain), 2005, GB7808, €7,77Tchaikovski, Piotr Illitch: Walzer op. 48, Séré -nade pour cordes, pour 4 clarinettes en sib ( Cirri),2005, GB7740, €20,13Weber, Carl Maria von: Concertino en mib majeurop. 26, original pour clarinette en sib et orchestre,pour clarinette en sib solo et quatuor de clarinettes(Julien-Laferrière), 2005, GB7845, €25,78

Broekmans & Van Poppel B.V., Amsterdamde Reede, Rien (Hg.): Variations on FavoriteThemes for Flute Solo, by Couperin, Hotteterre,Blavet, Mahaut, Taillart, Gunn, Kuhlau, Merca-dante, A. B. Fürstenau, Tulou and Nicholson,Flöten-Reihe, 2005, 1476, €21,95

Tulou, Jean-Louis: Souvenir Anglais, Fantaisiepour deux Flûtes et Piano op. 50 (Preston), Flö-ten-Reihe, 2004, 1706, €19,95

Carus Verlag, StuttgartBuchenberg, Wolfram: Zwiefacher, für Flöte,Klarinette, Violoncello und 2 Harfen, 2005, CV16.052, €16,00Karkoschka, Erhard: In Quarto: papafrebe, fürvier Blockflötenspieler, die auch Schlaggerätebedienen, 2003, CV 11.412, €27,00

Flautando Edition, KarlsruheCsollány, Andrea: Bass – Tett, für 4 Bass block -flöten, 2005, FE A - 074, €6,00Eccles, Lance: Gregorianische Fantasie VictimaePascali Laudes, für Blockflötentrio (TBB), 1990,FE A - 075, €4,00Eccles, Lance: La Folia-Variations, für Block -flötenquintett (SAATB), 2002, FE A - 076, €8,00Schnabel, Dietrich: Feuer & Eis, für Block flö -tenorchester (SSAATTBBBGbGbSbSb), 2005,FE D - 002, €38,00

Edition Güntersberg, Heidelberg (Vertrieb: EditionWalhall, Magdeburg)Abel, Carl Friedrich: Six Easy Sonattas, für Tra-versflöte und Basso continuo WKO 141-146,Sonaten I-III (Koppenwallner/O’Loghlin),2005, G078, €16,00Abel, Carl Friedrich: Six Easy Sonattas, für Tra-versflöte und Basso continuo WKO 141-146,Sonaten IV-VI (Koppenwallner/O’Loghlin),2005, G079, €16,00

Heinrichshofen’s Verlag, WilhelmshavenBoyce, William: Sinfonie Nr. 4, eingerichtet fürBlockflötenensemble (SATB) (Herrmann), 2004,N 3979, €7,50 Heilig/Heger (Hg.): Greensleeves. Irische,schottische und englische Folklore für 2 Quer -flöten (Altblockflöte u. Tenorblock flöte), 2005,N 4535, €8,00Heger, Uwe: Es waren zwei Königskinder, Lie-der und Spielstücke für 2 Querflöten, Heft 1,2005, N 4520, €8,00Heger, Uwe: Straßenmusik à 2, Klezmer, Blues,Ragtime, Latin, Folk, für 2 Querflöten (2 Alt-blockflöten oder Alt- und Tenorblockflöte),Heft 1, 2005, N 4470, €8,00

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Heilig, Sieglinde: Easy Going-Band, Arrange -ments von Piet Swerts für Sopranblockflöte undBegleitung (Blockflöte, Klavier, Gitarre, Percus-sion), 2005, N 2650, €9,95Mozart, Wolfgang Amadeus: Divertimento Nr. 14, KV 270, eingerichtet für Blockflöten -ensemble (ATTB) (Herrmann), 2004, N 3946, €12,50Roost, Jan Van der: I Continenti, für Block flöten -quartett (ATBB), Vol. 6, 2005, N 2595, €19,95

Musikverlag Holzschuh, ManchingAuten rieth, Ronald J.:Con Italianitá, 20 Liederund Tänze aus Italien, für zwei Blockflöten in C(SS oder TT) , Reihe: Recorder World 7, 2005,VHR 3707Ertl, Barbara: Jede Menge Flötentöne! DieSchule für Altblockflöte mit Pfiff, Band 2, 2005,VHR 3612Groß, Karin: Der große Kinderlieder-Baukas-ten. Ein Klavier- und Blockflöten-Kombinier-buch für ein bis zwei Sopranblock flöten undKlavier, Band 1 mit CD, 2005, VHR 3622Groß, Karin: Der große Kinderlieder-Baukas-ten. Ein Klavier- und Blockflöten-Kombinier-buch für ein bis zwei Sopranblock flöten undKlavier, Band 2 mit CD, 2005, VHR 3623Auten rieth, Ronald J.: Klezmer & More, 20 jid-dische Lieder und Tänze, für Blockflötenquar-tett (SATB), Reihe: Recorder World 8, 2005,VHR 3708

Moeck Verlag, CelleBach, Johann Sebastian: Affettuoso aus dem 5.Brandenburgischen Konzert (BWV 1050), fürAltblockflöte, Tenorblockflöte und Cembalo(Klavier) (Zahn), Reihe: Zeitschrift für Spielmu-sik, 2005, EM 793, €3,50Milán, Luys: Drei Pavanen, für Blockflöten -quintett (SAATB) (Autenrieth), Reihe: Zeit-schrift für Spielmusik, 2005, EM 791, €3,50Mozart, Wolfgang Amadeus: Adagio und Alle-gro, KV 594, für Blockflötenquartett (Sino-

SAT)(Koschitzki), Reihe: Q4TT, 2005, EM2827, €10,50Satie, Erik: Gymnopedie Nr. 1, Gnossienne Nr. 3, für Altblockflöte und Gitarre (Teschner),Reihe: Zeitschrift für Spielmusik, 2005, EM 792,€3,50

Ziegenmeyer, Annette: The Delayed Flute, füreinen Blockflötenspieler und Delay, 2005, EM2133, €12,50

Orpheus Music, Armidale/AustralienEccles, Lance: Garden of Eden, for recorder trio(ATB), 2005, OMP 137, $ 19,80Eccles, Lance: Locomotion (Three Waltzes), forrecorder quartet (SATB), 2005, OMP 138, $ 19,80Eccles, Lance: Polska, for recorder quartet(SATB), 2005, OMP 139, $ 19,80Thorn, Benjamin: Musiques de table, for recor-der quintet (AATTB), 2005, OMP 136, $ 24,20Thorn, Benjamin: Zemer Atik and other JewishSongs, for recorder quartet (SATB), 2005, OMP135, $ 24,20

P. J. Tonger Musikverlag, KölnCottom, Sefton: Dreiklang-Suite, für dreiBlockflöten (Querflöten) (AT1T2), Reihe: Se-lect, Neue Musik mit Blockflöten (Lüchtefeld),2004, T 3176, €21,60Hoch, Peter: flötengedanz, für vier (ad lib. fünf)Blockflöten, Reihe: Accort, Neue Musik fürBlockflötenensemble (Lüchtefeld), 2005, T 3272,€25,00 Keusen-Nickel, Ursula: Spiel der Wellen, fürFlöte solo, 2004, T 3278, €6,00Pütz, Marco: Tanzsuite, für Fagott und Klavier,2005, T 3304, €17,80Weiss, Ferdinand: Eine musikalische (S)Tierge-schichte, für Sprecher und Block flötenquartett(SATB), Reihe: Neue Musik für Blockflötenen-semble (Lüchtefeld), 2005, T 3162, €30,60

Edition Tre Fontane, MünsterMattheson, Johann: Der brauchbare Virtuoso.Zwölf Kammer=Sonaten I-III, für Altblock flöteund Basso continuo (Vissing/Kaiser), 2004, ETF2017, €15,00Mozart, Wolfgang Amadeus: Die Entführungaus dem Serail, Ouvertüre für 7 Blockflöten(SATTBBB in C) (Vissing), 2005, ETF 2025, €15,00Ruge, Filippo: Capricci, für Altblockflöte solo(Vissing), 2004, ETF 2022, €12,00Ruge, Filippo: Duetto Notturno, für zwei Alt-blockflöten (Vissing), 2005, ETF 2026, €12,00

Noten

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Costanzo Festa: 32 Variations sur „La Spag -na“Huelgas-Ensemble unter Leitung von Paul van Nevel, Har-monia mundi s.a., Eppelheim 2003, 1 SACD, HMC 801799

Der Zyklus von 125 Variationen, den CostanzoFesta (ca. 1490–1545) über einen 37 Noten um-fassenden Cantus firmus geschrieben hat, suchtin der Renaissancemusik seinesgleichen und istein kompositorisches Lehrstück.

Schon vor Ende des 16. Jahrhunderts in Verges-senheit geraten, wurde diese Komposition erstvon Lodovico Zacconi in seinem Buch pratticadi musica (Venedig 1622) erwähnt. Er geht dabeivon der irrigen Annahme aus, Festa sei der Kom-ponist des cantus firmus. Die Weise war aber be-reits seit dem 15. Jh. unter der Bezeichnung Labasse danse de Spayn, Tenore del re di Spagnaoder kurz „La Spagna“ weit verbreitet.

Bei den Variationen handelt es sich um zwei- biselfstimmige kontrapunktische Sätze über „LaSpagna“, die nie im Druck erschienen sind, son-dern in einer Handschrift überliefert wurden,

die unter der Signatur C 36 in der Biblioteca Ci-vico Museo Bibliografico Musicale in Bolognaarchiviert ist.

Auf dieser CD ist eine Auswahl von 32 Varia-tionen zu hören, die abwechselnd in whole con -sort und broken consort Besetzung erklingen. Esist Festas künstlerischer Einfallsreichtum, der je-den Kontrapunkt zu einem immer wieder über-raschenden Ganzen macht. Dabei macht er essich nicht leicht. Jede Variation beginnt mit derersten und endet mit der letzten Note des Can-tus firmus. Festa lässt das Thema nicht einen Au-genblick pausieren: in allen 125 Kontrapunktengibt es keinen Takt, der nicht wenigstens eineNote des Cantus firmus enthält. Trotz dieserständigen Wiederholung entstanden Sätze vongroßem melodischen Erfindungsreichtum undsehr unterschiedlichen Charakteren.

Mein Favorit ist der sehr tänzerische Kontra-punkt 88: es handelt sich um eine Variation zuvier Stimmen, deren rhythmische Grundlage je-

Johann Sebastian BachThree-Part Inventionsfor 3 clarinettes in B flatbeginner & intermediatetranscriptions: Régis Brauchli

These transcriptionshave been speciallyadapted for three clari-nets in B flat. Some we-re transposed to suitthe clarinet’s tessitura,but also to remain in“easy” key signatures(i.e. with few flats &sharps) in order to ena-ble first and secondgrades’ students to playsome parts.We hope you will enjoythese entertaining andfunny trios.15 inventions, Size 23 x 30,5 cm

52 pages, ISBN 2-9522812-1-1

Régis BRAUCHLI Éditeur28, rue Gabriel Péri, F-94200 Ivry sur Seine

Tonträger

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weils nur ein Notenwert ist. Der Cantus bestehtaus Semi-Breves, der Altus aus Semi-Minimae,der Tenor (c.f.) bewegt sich in Breves und derBassus in Minimae.

Vollendet beherrscht Festa die soggetto cavatogenannte Technik, aus den Vokalen eines Wortesoder Namens durch Gleichsetzung mit den Ton-namen des Hexachordes ein Thema zu bilden. Sobesteht im Kontrapunkt 104 die Oberstimmeaus dem Ostinato mi-fa-re-la, das aus den Voka-len des Namens I-s-A-b-E-ll-A gebildet ist.

Dem Tenor liegt re-mi-fa-ut zugrunde, was f-E-r-d-I-n-A-n-d-U-s entspricht und eine offeneHuldigung an das Spanische Königshaus ist, dader Text der in dieser Variation gesungenenStimmen nur aus der Wiederholung der beidenNamen besteht.

Wahrscheinlich wird man diese CD selten imGanzen anhören, obwohl die ein- bis zwei-minütigen Kontrapunkte hervorragend inter-pretiert sind und durch unterschiedliche Beset-

zungen der klanglichen Variation Genüge getanwird.

Festa schreibt 1536: die basse sind bestens geeig-net, das Komponieren zu lernen und den Kontra-punkt zu singen und auf allerlei Instrumenten zuspielen.

Und als eine solche Inspirationsquelle histori-scher Kompositionspraxis sind sie auch heutenoch überaus hilfreich und willkommen.

Ines Müller-Busch

Alle Bücher von Karl Stangenberg sind erhältlich im Buchhandel oder direktbeim Orlandus Verlag, München Telefon 089 - 79 49 34 • Fax 089 - 791 75 61

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Georg Philipp Telemann: Duos – MatthiasMaute: FantaisiesEnsemble Caprice: Matthias Maute und Sophie Lari vière(Blockflöten), Alexander Weimann (Clavichord), ATMA Clas-sique, Montréal 2004, 1 CD, Best.-Nr. ACD2 2309

Matthias Maute tritt mit dieser neuen CD in ei-ner Doppelfunktion als Interpret von TelemannsSonaten und als Komponist von Fantasien fürClavichord auf.

Tonträger

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Mitreißend spielen er und seine Frau SophieLari vière Duette für zwei Flöten ohne Bass ausverschiedenen der zwischen 1727 und ca. 1750erschienenen Telemannschen Sonatensammlun-gen. Für jedes Duett verwenden die beidenunterschiedliche Flöten, von flûtes de quatre(Sopranblockflöten in b) über Altblockflöten inf und e sowie flûtes de voix bis hin zu Travers-flöten darf man sich bei jeder Sonate über einenbesonderen Klangcharakter freuen. Zusammen-spiel und Intonation sind dabei vorbildlich, wo-bei besonders das überaus dynamische Spiel aufden Blockflöten überrascht. Die Anwendungder dynamischen Möglichkeiten macht dabei of-fenbar – ebenso wie der Umgang mit Rubati undeingeschobenen Accelerandi – dem Namen desEnsemble Caprice alle Ehre: vieles ist hier lau-nisch und überraschend, wirkt dabei in der Re-gel ganz natürlich und einleuchtend, driftet je-doch für meinen Geschmack an ganz wenigenStellen in einen Manierismus ab, der allzu ge-sucht wirkt.

Ein schöner Kontrast ist nach dem reinen un-vermischten Flötenklang der Telemann-Duettedas Spiel von Alexander Weimann auf dem zar-ten und dennoch eine breite dynamische Paletteabdecken den Clavichord. Maute komponierteseine Fantasien für dieses Instrument eigens an-lässlich dieser Aufnahme, um ein harmonischesBindeglied zwischen den unterschiedlichen Ton-arten der Duette zu schaffen. Stilistisch reichendie Fantasien dabei vom Spätbarock bis hin zumempfindsamen Stil und erinnern an Sonaten Do-menico Scarlattis ebenso wie an den späten Tele-mann und Carl Philipp Emanuel Bach. Charak-terlich hätte ihnen auch die Bezeichnung Capriceoder Capriccio nicht schlecht angestanden. Mau-te hat es sich darüber hinaus nicht nehmen las-sen, auch einem Telemann-Duett einen Satz hin-zuzufügen, hier tatsächlich ein hörbar schweresCapriccio für Blockflöte solo.

Die Spielfreude der Musiker überträgt sich aufden Hörer und macht in Verbindung mit der ho-hen musikalischen Qualität der Stücke dieserCD zu einem Genuss. Franz Müller-Busch

Pitti ist der kleinste Sprössling der Vogelfamilie Pieps und lebt in einerwunderschönen Tanne im Wald. Doch die Menschen bedrohen das Zu-hause der Vögel, denn sie wollen die Bäume für das bevorstehendeWeihnachtsfest fällen. Wie die Vögel ihren Wald retten und es für alle,Mensch und Tier, ein fröhliches Weihnachtsfest wird, erfahrt Ihr in die-ser Geschichte. Nach „Das kleine Gespenst Huschwusch“ (ZM 34860) hier nun eineneue Geschichte von Almut Werner, wiederum gut geeignet für dieszenische Aufführung in der Schule oder Musikschule für Kinder ab 7Jahren nach ca. eineinhalb Jahren Blockflötenunterricht.

www.zimmermann-frankfurt.de More than passion!

Regiebuch ZM 35340 EUR 9,95Stimmheft Vögel ZM 35341 EUR 2,95Stimmheft Menschen ZM 35342 EUR 2,00

Almut Werner

Pitti Pieps rettet das WeihnachtsfestEine Geschichte für Blockflöte(n)

Tonträger

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Matthias Schlubeck: Flow My TearsWerke von John Dowland, Andrea Falconiero, Johann Bap-tist Krumpholtz, John Thomas, Gaetano Donizetti, BernardAndrès, Jaques Ibert, Luigi Mauricio Tedesci; Matthias Schlu-beck (Panflöte), Sabrina Kunze, Johanna Seitz (Harfen), Eli-sabeth Seitz (Hackbrett), panofon, Wuppertal 2004, 1 CD,MS-0408-CD

Bereits seit längerem hat der Wuppertaler Pan-flötist Matthias Schlubeck sein Instrumentjenseits von Folklore und Weltmusik zu einemfesten Bestandteil des Konzertlebens gemacht.Mit Originalwerken und Transkriptionen eng-lischer, italienischer, französischer und deut-scher Komponisten schlägt die nun neu erschie-nene CD Flow My Tears einen Bogen vom 16.bis ins 20. Jahrhundert. Neben einer Reise zuden wichtigsten musikalischen Stationen Euro-pas ist sie zugleich eine Reise durch die Harfen-geschichte, von der Barockharfe bis hin zur modernen Doppelpedalharfe. Zu ihrem Aus-gangspunkt, Flow My Tears von John Dowland,wird der Hörer am Ende mit einer zweiten Ver-sion des titelgebenden Eröffnungsliedes zurück -geführt.

Die Möglichkeiten Matthias Schlubecks auf derPanflöte scheinen unbegrenzt zu sein – sein Spielberührt unmittelbar durch einen Ton, dessenAusdrucksmöglichkeiten in sämtlichen Re -gistern sowie in allen klangfarblichen und dyna-mischen Abstufungen mit der gleichen unerhör-ten Klangintensität zu sprechen scheinen, undbeeindruckt durch seine mühelos erscheinendevollkommene Beherrschung des Instrumentes,die die Musik bei aller Virtuosität niemals in denHintergrund drängt.

Sabrina Kunze und Johanna Seitz erweisen sichdabei auf ihren verschiedenen Instrumentenstets als gute und sensible Duopartnerinnen querdurch die verschiedenen Musikstile. Kurze In ter -mezzi ohne Flöte sind „Watching the Wheat“ fürHarfe solo von John Thomas und das raffinierteBernard-Andrès-Arrangement des Duos Johan-na und Elisabeth Seitz für Harfe und Hackbrett.

Flow My Tears ist eine ausgesucht gelungene Er-gänzung der panofon-Serie Panflöte & ein In-strument. Alban Peters

hornroh (Alphornquartett): „Zirp“Balthasar Streiff, Anita Kuster, Martin Roos, Rudolf Linderspielen Alphorn, Büchel, Lure und Alpofon, alle Werke kom-poniert und arrangiert von hornroh, Musikszene Schweiz, 1CD, Nr. 6195; www.musikszene-schweiz.ch (Vertrieb inDeutschland: Helikon Harmonia Mundi GmbH)

Der Klang des Alphorns ist ein besonderer, ergeht unter die Haut. Man wird berührt von die-sen archaischen langgezogenen Tönen, die an diegemeinsame Ursprünglichkeit von tierischenund menschlichen Lauten erinnern.

Wer das mit einer Prise Selbstironie verfasstebooklet liest, erfährt, dass mit dem Alphornbla-sen, wie wir es kennen, keine uralte Volksmu-siktradition der Schweizer Hirten am Leben er-halten wird, sondern vielmehr eine vor 200Jahren von Stadtmenschen neu erfundene undinstitutionalisierte Heimatmelodie mit Rein-heitsgarantie. Aber das Instrument ist viel zuinteressant, als dass man es den Volkstümlerneinfach so überlassen dürfte.

Die größtenteils klassisch ausgebildeten Musi-ker des Alphornquartetts hornroh entwickelnmit großer Experimentierfreudigkeit musikali-sche Ideen – sind zugleich Komponisten undInterpreten. Die moderne Musik auf Naturton-instrumenten ist eigenständig, nimmt dabei aberdurchaus Anregungen aus anderen Musikstilenauf. Ignoranz oder Wertung anderer Stile ist demQuartett fremd. In einem offenen musikalischenKontext scheint alles möglich. In Ah jäwird zu-dem mit der Umwandlung von Sprachmelodiezu geblasener Melodie experimentiert, oder ist esumgekehrt?

Unter dem Begriff „Urrohkunst“ wird imBegleit text die Unschärfe, der durch die Natur-tönigkeit nicht rein klingenden Akkorde be-schrieben. Diese Unschärfe, die die sattenKlangflächen unruhig macht, wird von hornrohbewusst als musikalisches Mittel eingesetzt. Umvon der Naturtonreihe ihrer Instrumente unab-hängig zu sein, verwenden sie u.a. auch ver-schieden gestimmte Hörner und verteilen soMelodiefolgen, die auf Instrumenten gleicherGrundstimmung nicht möglich wären.

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TIBIA 4/2005 641

Trotz der relativen Schwerfälligkeit des Alp -horns sind die Stücke luftig leicht, fast schwere-los, ein Klang, der leicht in die Höhen steigt undso gar nichts Bodenständiges in sich trägt. DieNr. 13, der die CD den Namen Zirp verdankt,beginnt mit traditionellen gehaltenen Akkorden,die mehr und mehr an Stabilität verlieren und indie sich eine Free-Jazz-Improvisation auf einemMundstück einschleicht, die sowohl klagend alsauch fordernd in den Vordergrund tritt. Eine zu-sätzliche Klangfarbe bekommt das Stück durchdas weiße Rauschen langer Aluminiumfoliebah-nen.

Die Welle von Gebrauchsmusik-CDs, die zumEntspannen, Meditieren und Selbstzentrierengekauft und aufgelegt werden, reißt nicht ab.Durchschaubare Konzepte von meist zweifel-hafter Musikqualität.

Wie wäre es, einmal in Zirp hineinzuhören, dieweder diesen Anspruch noch diesen Zuschnitthat, aber durch die mystische Qualität des hol-zigen Alphornklanges all dies leicht erfüllenkann, zudem mit Vorurteilen aufräumt und denBlick für ungewöhnliche Musik weitet?

Ines Müller-Busch

NEUEINGÄNGE

Johann Sebastian Bach: 6 Sonates en trio pour flûteet clavecin obligé d’après les sonates en trio pour or-gue,BWV 525-530, Jean-Michel Tanguy (Flöte),Kristian Nyquist (Cembalo), Pavane Records,Brüssel 2004, 1 CD, Best.-Nr. ADW 7492 (Ver-trieb: Klassik Center Kassel)

British Recorder Concertos, mit Werken von P.Hope, D. Beck, H. Gál, D. Ellis, I. Parrott, D.Dubery; John Turner (Blockflöte), CamerataEnsemble: Richard Howarth (Violine solo),Eira Lynn Jones (Harfe), Janeth Fulton (Schlag-zeug), Philip McKenzie (Leitung), Dutton Labs.Ltd., GB-Watford 2005, 1 CD, Best.-Nr. CDLX7154

duo brillanermit Werken für Klarinette und Kla-vier von C. M. von Weber, C. Saint-Saëns, P.Ben-Haim, K. Penderecki, F. Poulenc; ShirleyBrill (Klarinette), Jonathan Aner (Klavier), Mu-

sikhochschule Lübeck, 2005, 1 CD, Best.-Nr.MHL 148 (Vertrieb: Musikhaus Ernst Robert,Lübeck)

La Tavola Cromatica – Un’accademia musicale dalCardinale Barberini, Werke von E. Bottrigari, P.Nenna, Ch. Waesich, M. Rossi, C. G. da Veno-sa, G. P. del Buono, D. Mazzocchi, G. G. Kaps-berger, T. Merula, P. Eredia; The Earle his Viols:Irene Klein, Jessica Marshall, Brigitte Gasser,Randall Cook, Uri Smilanski, Evelyn Tubb (So-pran), Marie Nishiyama (Harfe), Raumklang,Schloß Gosseck 2004, 1 CD, Best.-Nr. RK 2302

Biagio Marini: Opus 8, con curiose & moderne in-ventioni – 1629, CordArte: Daniel Deuter undMargret Baumgartl (Violine), Heike JohannaLindner (Viola da gamba), Andreas Arend (Chi-tarrone), Johanna Seitz (Harfe), Adrian Rovat-kay (Dulzian), Detlef Reimers (Posaune), Markus Märkl (Cembalo, Orgel), Raumklang,Schloß Gosseck 2004, 1 CD, Best.-Nr. RK 2306

Nordic Spell, Werke von K. Aho, H. Tómasson,Ch. Lindberg; Sharon Bezaly (Flöte), Bis Re-cords AB, S-18450 Åkersberga 2005, 1 CD,Best.-Nr. Bis-CD-1499 (Vertrieb: Klassik Cen-ter Kassel)

Rubbra & Britten – The complete recorder worksmitWerken von E. Rubbra, J. Vásquez, B. Brittenund G. de Machaut; The Flautadors: CatherineFleming, Fiona Russel, Ian Wilson, Celia Ire-land (versch. Blockflöten); Dante Quartet: Kry-sia Osostowicz und Matthew Truscott (Violine),Judith Busbridge (Viola), Pierre Doumenge(Violoncello), Laurence Cummings (Cembalo),Susanna Pell (Viola da gamba), Patricia Rozario(Sopran), Dutton Labs. Ltd., GB-Watford 2004,1 CD, Best.-Nr. CDLX 7142

Antonio Vivaldi: Shades of Red, Concertos & So-natas for Recorder and Strings, Matthias Maute(Blockflöten), Rebel Baroque Orchestra: Jörg-Michael Schwarz und Karen Marie Marmer(Violine), Risa Browder (Viola), John Moran(Violoncello), Anne Trout (Kontrabass), DanielSwenberg (Theorbe, Barockgitarre, Barocklau-te), Dongsok Shin (Cembalo), Bridge Records,USA-New Rochelle, NY 2005, 1 CD, Best.-Nr.9173

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642 TIBIA 4/2005

Zum Porträt Ernst Meyers von Ines Müller-Busch in Tibia 1/2005, S. 335-347

About six weeks ago, a colleague sent me the ar-ticle printed in last January’s Tibia of the inter-view between Ernst Meyer and Ines Müller-Busch. While I would like to thank Ernst Meyerfor the many generous remarks he made aboutthe work of my husband, Fred Morgan, I mustdisagree strongly with his comments on the re-corder-body work currently being conducted bythe Morgan Workshop here in Australia.

Following Fred’s death, I took advice from va-rious colleagues concerning the matter of whet-her or not to continue running the workshop. Itwas unanimously agreed that this would be inthe legacy’s best interests, so we went ahead withproduction – using Fred’s own reamers and de-sign materials, and employing his former wood-turner, Dieter Mücke.

We took no advice on design modification (seethe “6 mm” comment made by Ernst Meyer inTibia, January 2005), as we had every intention

of leaving intact all the design characteristicsFred put in place. With each instrument produ-ced, we keep exactly to Fred’s most recent designdevelopments – any discrepancy found would be due only to human error. This is our raisond’etre – to reproduce precisely what had alwaysbeen done here, making absolutely no changes toFred’s work.

I categorically deny Ernst Meyer’s claims thatwe have modified our instruments or designs inany way. We would not be so foolish as to meddlewith Fred’s superior work.

Ann Morgan, Amsterdam

Vor etwa sechs Wochen erhielt ich von einem Kollegenden Artikel mit dem Interview, das Ines Müller-Busch mitErnst Meyer geführt hat und das in Tibia 1/2005 veröf-fentlicht wurde. Ich möchte Ernst Meyer für die vielengroßherzigen Bemerkungen danken, die er über die Ar-beit meines Mannes Fred Morgan gemacht hat. Gleich-zeitig muss ich vehement seinen Ausführungen zu denBlockflöten-Rohlingen widersprechen, die derzeit hier inAustra lien von der Morgan-Werkstatt hergestellt werden.

Nach Freds Tod beriet ich mich mit verschiedenen Kol-legen, ob eine Weiterführung der Werkstatt sinnvoll seioder nicht. Es war die einhellige Meinung, dass dies demVermächtnis Freds am meisten entsprechen würde. Wirproduzieren also weiterhin Blockflöten und benutzen da-bei Freds Räumer und Werkzeuge, wobei wir auch seinenfrüheren Drechsler Dieter Mücke einstellten.

Anregungen zur Veränderung der Konstruktion (vgl. den„6 mm-Kommentar“ von Ernst Meyer in Tibia 1/2005)haben wir nicht aufgegriffen, da wir die Absicht hatten,alle Charakteristika von Freds Entwürfen unangetastet zulassen. Bei jedem hergestellten Instrument halten wir ge-nau die letzte Entwicklungsstufe des Entwurfs ein – jedeAbweichung wäre nur durch einen menschlichen Irrtumzu erklären. Es ist unser Bestreben, genau das fortzufüh-ren, was hier immer gemacht wurde, d. h. keinerlei Ver-änderungen an Freds Arbeit vorzunehmen.

Ich bestreite entschieden Ernst Meyers Behauptung, wirhätten unsere Instrumente oder Bauprinzipien in irgend-einer Form verändert. Wir wären niemals so anmaßend,uns in Freds überragende Arbeit einzumischen.

(Übersetzung: F. Müller-Busch)

I am writing to you about the article in your Jan-uary 2005 edition of the magazine which is an in-terview with the recorder maker Ernst Meyer. Inthis article Ernst Meyer says many things of in-terest but I must take exception to him making

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TIBIA 4/2005 643

an incorrect statement about the recorderspresently produced by the Morgan RecorderWorkshop in Australia.He states that we have taken advice from outsi-de sources that the instruments are too low inpitch and consequentially are now making allthe instruments 6mm shorter. As I am the personwho actually makes the recorder bodies I can tellyou that this is all nonsense . All the recordersare made to Fred Morgan’s latest design as theystood at the time of his death in April 1999.When Ann Morgan tried to contact Ernst , ma-ny times, about this statement there was no re-ply forthcoming so we are still at a loss as to howhe came to this conclusion. I would have hopedthat Ernst himself may have come up with an ex-planation of how he arrived at this statement andthen have written to you himself to make a re-traction. As he has not I cannot let it stand anylonger. It is indeed false.

Dieter Mücke, Daylesford/Australien

Ich schreibe Ihnen in Bezug auf einen Artikel in der Ja-nuar-Ausgabe Ihrer Zeitschrift: das Interview mit demBlockflötenbauer Ernst Meyer. In diesem Artikel machtErnst Meyer viele interessante Aussagen, aber ich mussmich dagegen verwahren, dass er eine Falschaussage überdie gegenwärtig in der Morgan-Blockflötenwerkstatt inAustralien produzierten Blockflöten macht.

Er behauptet, dass wir externen Hinweisen folgend, dieInstrumente seien zu tief, diese nun um 6 mm gekürztherstellen. Als derjenige, der die Blockflötenteile drech-selt, kann ich Ihnen sagen, dass diese Aussage Unsinn ist.Alle Blockflöten werden nach Fred Morgans letztem De-sign gefertigt, so wie es zum Zeitpunkt seines Todes imApril 1999 war. Ann Morgan hat mehrmals versucht,Kontakt zu Ernst aufzunehmen, erhielt aber keine Ant-wort, so dass wir immer noch nicht wissen, wie er zu sei-ner Überzeugung gelangt ist. Ich hätte mir gewünscht,dass Ernst dazu eine Erklärung abgegeben und Ihnendann selbst geschrieben hätte, um seine Aussage zu wider-rufen. Da er das nicht getan hat, will ich sie so nicht län-ger stehen lassen. Sie ist gänzlich falsch.

(Übersetzung: S. Haase-Moeck)

Zum Beitrag von Georg Meerwein Der Oboist AlfredGleißberg. Die erstaunliche Geschichte eines Fun-des in Tibia 2/2005, S. 433 ff.

Berichtigung:Alain Girard-Thomann aus Biel, ein ausgewie-

sener Kenner historischer Doppelrohrblatt -instrumente und insbesondere ihrer Signaturen,hat den Autor auf folgenden Tatbestand auf-merksam gemacht:

Die Seriennummer, die sich auf dem Becher derOboe d’amore (in A) von BERTHOLD & SOEHNE SPEIER findet, ist nicht als 5454,sondern richtig als 5757 zu lesen, wobei freilichvom Graveur die Ziffern 7 umgekehrt, also aufdem Kopf stehend eingebrannt wurden – ein Irr-tum, der nicht selten bei Instrumenten jener Zeitin dieser oder ähnlicher Weise anzutreffen ist!Ein Beweis dafür ist auch, dass sich in Alain Gi-rards Besitz ein Cor anglais (in F) befindet, eben-falls von Berthold & Soehne und mit der Serien-nummer 6844 versehen, bei der die Ziffern 4korrekt graviert sind und sich somit klar vonden Ziffern 7 in unserem Beispiel unterscheiden.Georg Meerwein dankt dem Kollegen für diesenwichtigen korrigierenden Hinweis.

Georg Meerwein

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644 TIBIA 4/2005

Blockflötenbau Herbert Paetzold- Blockflöten in handwerklicher Einzelfertigung- Nachbauten historischer Blockflöten - Viereckige Bassblockflöten von Basset bis SubkontrabassSchwabenstraße 14 – D-87640 Ebenhofen – Tel. 08342-899111 – Fax: [email protected] · www.alte-musik.info

Bessaraboff-Preis an Ardal Powell

Dem amerikani-schen Flötenbauerund -forscher Ar-dal Powell wurdeder Bessaraboff-Preis der Ameri-can Musical In-strument Society(AMIS) für dasJahr 2005 verlie-hen. Gewürdigtwurde damit seinBuch The Flute,das 2002 im Verlag Yale University Press er-schien (Rezension von Hartmut Gerhold in Tibia 4/2003, S. 605 f).

Aus der Laudatio des Publikationskomitees derAMIS (Vorsitz: Sabine Klaus): Unsere Entschei-dung war nicht leicht zu treffen, denn wir hattenviele gute Bücher zu berücksichtigen. Wir fandenaber, dass Powell sein Werk äußerst umfassendangelegt hat und Musik, Aufführungspraxis, historische, soziale und kulturelle Hintergründeebenso berücksichtigt wie den Instrumentenbau.Er verbindet grundlegende Forschung mit einerfrischen und sorgfältigen Aufbereitung bereitsbekannten Wissens. Das Buch ist in wissen-schaftlichem Stil geschrieben, präsentiert aber

seinen Inhalt in attraktiver Aufmachung und gutlesbarer Weise. Wir sind der Ansicht, dass PowellsWerk auf einer enormen intellektuellen Leistungberuht und dass es bahnbrechend ist, verglichenmit anderen Büchern über die Flöte. Es ist darü-ber hinaus von Bedeutung für die Instrumen-tenkunde allgemein, da es den Leser durch ca.600 Jahre Flötengeschichte führt, dabei aber dieVerbindungen der Flöte zur Entwicklung derMusik und des Instrumentenbaus ganz allge-mein nicht vergisst.

Der Preis wurde auf dem Jahrestreffen in Las Ve-gas verliehen, das dabei zu einem kleinen Flö-tenkongress wurde, bei dem auch Mary Oles -kiewicz anwesend war: David Shorey hielt einReferat über die Journale, in denen Louis LotBuch führte über Instrumentenbau, Verkauf undReparaturen (mit Kundenangaben) in seinerWerkstatt. Peter Spohr nahm den 200. Todestagvon Johann George Tromlitz zum Anlass, in ei-nem Vortrag Bauweise und Spiel eigenschaftenzweier mitgebrachter Instrumente von Tromlitzund A. Grenser zu vergleichen, was zu einer in-tensiven Diskussion über Unterschiede und Ge-meinsamkeiten der beiden Flötenbauer zu ihrerZeit führte.

Neues aus der Holzbläserwelt

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TIBIA 4/2005 645

29.-30.10.2005, Rhythmusarbeit im Gruppen-unterricht, Dozentin: Barbara Metzger, Info:Hamburger Konservatorium, Sülldorfer Land-straße 196, 22589 Hamburg, Tel.: +49 (0)40870877-0, Telefax: +49 (0)40 870877-30, E-Mail:[email protected], www.hamburger-konservatorium.de

3.–6.11.2005, Spirit of Saxophone, in der Hoch-schule für Musik und Darstellende Kunst Frank-furt am Main, Info: www.hfmdk-frankfurt.de(Link: „Höhepunkte“)

12.11.205, Blockflöte und Gesang – Arien undKammerkantaten für Gesang und obligate Block -flöte(n). Andreas Strunkeit (Blockflötist und er-fahrener Gesangspädagoge) und Ulrich Thieme(Prof. für Blockflöte an der Hochschule für Mu-sik und Theater Hannover) werden barockeKantaten unter den Aspekten Technik, Interpre-tation und Zusammenspiel mit den Teilnehmernerarbeiten. Der Kurs wendet sich an alle Block -flötisten und Sänger, die sich für das überschau-bare, dabei äußerst reizvolle Repertoire vonWerken interessieren, in denen Blockflöte(n)und Gesang mit Basso continuo zusammenwir-ken. Ort: Kreismusikschule Celle, Info: MoeckMusikinstrumente + Verlag, Lückenweg 4,29227 Celle, Organisation: Franz Müller-Busch,Tel.: +49 (0)5141 885346, Telefax: +49 (0)5141885342, E-Mail: [email protected]

17.–20.11.2005, Kantaten-Seminar (Kurs Num-mer 5214), Leitung: Peter Kooij (Bariton), Am-sterdam; Laurence Dean (Flöte), Bremen; PaulDombrecht (Oboen), Amsterdam; RhodaPatrick (Fagott), Winsen/Aller; Jesper Chri-stensen (Cembalo), Kopenhagen. Das Seminarbietet Sängern und Instrumentalisten die Gele-genheit, Arien und Kantaten des Barocks ge-meinsam zu erarbeiten. Unter der Anleitung desinternationalen Dozententeams können Teil-nehmer nicht nur die bekannten Vokalwerke J. S.Bachs, Händels und Telemanns, sondern auchMusik weniger bekannter Komponisten wie G.H. Stölzel, J. A. Hasse, Chr. Graupner, C. P. E.Bach, M. P. de Monteclair etc. proben und stu-dieren. Alle Teilnehmer sind aufgerufen, Vokal-werke mit interessanten und lohnenswertenInstrumen talpartien mitzubringen oder vorzu-

schlagen, die sie dann in Kammermusikstundenerarbeiten und gegebenenfalls am Ende des kur-zen aber intensiven Seminars aufführen können.Info: Stiftung Kloster Michaelstein, z. H. Cor-nelia Fiedler, Postfach 24, 38881 Blankenburg,Telefon: +49 (0)3944 9030-82, Telefax: +49(0)3944 9030-30, E-Mail: [email protected], www.kloster-michaelstein.de

26.–27.11.05,Existenzgründung für Musiker undMusikpädagogen (Kurs Nummer 5110), Leitung:Martin Zemke (Kulturmanager), Bremen. DasSeminar zeigt Möglichkeiten und Wege auf, die esfür die Gründung einer Existenz gibt. Angefan-gen von der Geschäftsidee über mögliche Rechts-formen und Organisationsstrukturen werden alle Aspekte einer freiberuflichen Existenz-grundlage beleuchtet. Besonderes Augenmerkgilt dabei den Kapitalbeschaffungsmöglichkei-ten mit Hinweisen auf die entsprechenden För-dermittel in den einzelnen Bundesländern. AlleTeilnehmer erhalten Unterlagen zu den Semi-narinhalten einschließlich einer Dokumentationaller Fördermöglichkeiten. Die Teilnahme andiesem Seminar wird mit einem Zertifikat be-scheinigt. Info: Stiftung Kloster Michaelstein, z. H. Cornelia Fiedler, Postfach 24, 38881 Blan-kenburg, Telefon: +49 (0)3944 9030-82, Telefax:+49 (0)3944 9030-30, E-Mail: [email protected], www.kloster-michaelstein.de

27.12.2005–2.1.2006, Feuerwerksmusik. Musi-zieren zum Jahreswechsel in der Toscana in derVilla Palagione. Festliche, nachdenkliche, heite-re und zukunftsweisende Werke von Bach, Hän-del, Mozart etc. werden das alte Jahr verabschie-den und das neue Jahr begrüßen. DerEnsemblekurs für Blockflöten u.a. Melodiein-strumente wird sich auch den musikalischenFragen des Ensemblespiels und der historischenAufführungspraxis widmen. Der Veranstal-tungsort ist eine Medici-Villa in der Nähe vonVolterra – Siena, Florenz, San Gimignano sindschnell zu erreichen – neben dem Kurs wird ei-ne italienische Silvesterfeier der Höhepunkt dessiebentägigen Aufenthaltes sein. Kursleitung:Heida Vissing/Münster. Info: Tre Fontane Seminare, RonaldBrox, Postfach 1547, Eckenerstr. 12, 48147 Mün-ster, Tel./Fax: +49 (0)251 2301483, E-Mail:

Veranstaltungen

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646 TIBIA 4/2005

[email protected]

21.1.2006,Querflötenreparaturworkshop, Repa-ratur und Pflege der eigenen Flöte mit Querflö-tenmacherin Uta Schulz, Ort: Dresden, Info:Der Flötenkurs, Uta Schulz, Schrammsteinstr. 6,01309 Dresden, Tel.: 0160 93536873, E-Mail:[email protected], www.derfloetenkurs.de

30.1.–3.2.2006,Meisterkurs Flöte, Leitung: PaulMeisen,München, Info: Forum artium, Am Ka-sinopark 1-3, 49124 Georgsmarienhütte, Tel.:+49 (0)5401 34160, Telefax: +49 (0)5401 34223, E-Mail: [email protected], www.forum-artium.de

13.–17.2.2006,Offene Woche an der Berufsfach-schule für Musik des Bezirks Mittelfranken.Schnuppern Sie hinein in den praktischen undtheoretischen Unterricht – informieren Sie sichüber die Ausbildung an der Berufsfachschule fürMusik – und kommen Sie mit Lehrern und Stu-dierenden dieser Schule ins Gespräch! Im An-schluss daran:18.–19.2.2006, Wochenendseminar, Vorbereitungauf eine Aufnahmeprüfung. Vermittelt werdenGrundkenntnisse in Allgemeiner Musiklehre,Gehörbildung und Harmonielehre. Diese wer-den in nachbereitenden Kursstunden am Klaviervertieft. Außerden werden Kursstunden zurpraktischen Aufnahmeprüfung in den Hauptfä-chern Blockflöte und Querflöte angeboten. Info: Berufsfachschule für Musik, Klostergasse1, 91550 Dinkelsbühl, Tel.: +49 (0)9851 57250,Telefax: +49 (0)9851 572522, E-Mail: [email protected], www.berufsfachschule-fuer-musik.de

18.2.2006, Der singende Telemann, Werke vonGeorg Philipp Telemann für und mit Blockflötewerden in diesem Workshop in Einzel- undKammermusikstunden erarbeitet. TelemannsLeitsatz Singen ist das Fundament zur Music inallen Dingen … Wer die Composition ergreifft,muß in seinen Sätzen singen soll die gemeinsa-me Arbeit an seinen Solo- und Kammermusik-werken prägen, Leitung: Carin van Heerden.Eingeladen sind alle Blockflötisten, die das Me-lodische bei Telemann lieben. Ort: Kreismusik-schule Celle, Info: Moeck Musikinstrumente +

Verlag, Lückenweg 4, 29227 Celle, Organisa-tion: Franz Müller-Busch, Tel.: +49 (0)5141885346, Telefax: +49 (0)5141 885342, E-Mail: [email protected]

3.–5.3.2006, Ensemblekurs Blockflöte, Leitung:Barbara Husenbeth, Trossingen, Info: Forumartium, Am Kasinopark 1-3, 49124 Georgsma-rienhütte, Tel.: +49 (0)5401 34160, Telefax: +49(0)5401 34223, E-Mail: [email protected],www.forum-artium.de

27.3.–1.4.1006,Meisterkurs Oboe, Leitung: IngoGoritzki, Stuttgart, Info: Forum artium, AmKasinopark 1-3, 49124 Georgsmarienhütte, Tel.:+49 (0)5401 34160, Telefax: +49 (0)5401 34223, E-Mail: [email protected], www.forum-artium.de

28.4.–1.5.2006, Kloster Schlehdorf (am Kochel-see), Marion Treupel-Franck (Traversflöte,Kammermusik), Olga Watts (Cembalo, Gene -ralbass, Kammermusik), Karin Feneberg (Fel-denkrais, Historischer Tanz), Info: Tel.: +49(0)89 6012755, E-Mail: [email protected]

6.5.2006,Der „gute“ Klang und die Blockflöte –Widerspruch, Utopie und Realität? Was machteinen guten Blockflötenklang aus und wie ent-steht er? Welche Rolle spielt mein Köprer? Mussman jeden Tag einen Marathon laufen und 2 Li-ter Vitaminsaft trinken, um körperlich fit zu seinfür den guten Klang? Leitung: Peter Holtslag,Ort: Kreismusikschule Celle, Info: Moeck Mu-sikinstrumente + Verlag, Lückenweg 4, 29227Celle, Organisation: Franz Müller-Busch, Tel.:+49 (0)5141 885346, Telefax: +49 (0)5141885342, E-Mail: [email protected]

12.-14.5.2006, Meisterkurs Blockflöte, Leitung:Han Tol, Amsterdam/Bremen, Info: Forum ar-tium, Am Kasinopark 1-3, 49124 Georgsma-rienhütte, Tel.: +49 (0)5401 34160, Telefax: +49(0)5401 34223, E-Mail: [email protected],www.forum-artium.de

23.-28.5.2006, Meisterkurs Flöte, Leitung: Mi -chael Faust, Düsseldorf/Köln, Info: Forumartium , Am Kasinopark 1-3, 49124 Georgsma-rienhütte, Tel.: +49 (0)5401 34160, Telefax: +49(0)5401 34223, E-Mail: [email protected],

Veranstaltungen

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TIBIA 4/2005 647

14.-16.10.05 Ebenhoven, Flötenhof: Kurs Cem -balo – Pianoforte, Dozent: Wolfgang Brunner,Info: Flötenhof e.V., Schwabenstr. 14, 87640Ebenhoven, Tel.: 08342-899111, Fax: 08342-899122, [email protected], www.alte-musik. info

21.-23.10.05 Ebenhoven, Flötenhof: Kurs Tra-versflöte – Blockflöte, Dozent: Peter Holtslag,Info: Flötenhof e.V., Schwabenstr. 14, 87640Ebenhoven, Tel.: 08342-899111, Fax: 08342-899122, [email protected], www. alte-musik.info

22.10.05 Bergisch-Gladbach, Musikschule:Blockflötenlehrer-Treffen – Nicht nur für ERTA-Mitglieder!, Thema: Weihnachtsliteratur (In-strumente mitbringen), Info: [email protected]

28.-30.10.05 Schaffhausen, BlockflötenbauKüng: Ein italienisches Konzert und 2 TageKurs mit Maurice Steger, Ort: CH-8200 Schaff-hausen, Zunfthaus Rüden, Oberstadt 20, Info:Küng Blockflöten GmbH, Grabenstrasse 3,CH-8200 Schaffhausen, Tel.: +41 52 630 [email protected]

5.-6.11.05 Fulda: Get together – 3. Fuldaer En-semblekurs mit Konzert, Ltg.: Amsterdam Loe-ki Stardust Quartet, Info: Mollenhauer Blok-kflötenbau, Weichselstraße 27, 36043 Fulda, Tel.:0661/9467-0, Fax: 0661/9467-36, [email protected], www.mollenhauer.com

11.-13.11.05 Ebenhoven, Flötenhof: KursBlock flöte, Dozent: Paul Leenhouts, Info: Flötenhof e.V., Schwabenstr. 14, 87640 Ebenho-ven, Tel.: 08342-899111, Fax: 08342-899122, [email protected], www.alte-musik.info

11.-13.11.2005 Bremen, Blockflötenzentrum:Weihnachtliche Musik für Blockflötenorchester– Einstimmen auf Weihnachten in großer Beset-zung, besonders willkommen sind Bass-, Groß-bass- und Subbassflöten, Ltg.: Martina Bley, Info: Blockflötenzentrum Bremen, MargretLöbner, Osterdeich 59a, 28203 Bremen, Tel.:0421-702852, [email protected]

12.11.05 Fulda: Ausbildung zum Workshoplei-ter „Kinder bauen sich ihre Blockflöte“, Ltg: JoKunath, Info: Mollenhauer Blockflötenbau,Weichselstraße 27, 36043 Fulda, Tel.: 0661-9467-0,Fax: 0661-9467-36, [email protected],www.mollenhauer.com

12.-13.11.05 Fulda: Harmonische Blockflöten –Grundbegriffe und Funktionsweisen, Ltg: NikTarasov, Info: Mollenhauer Blockflötenbau,Weichselstraße 27, 36043 Fulda, Tel.: 0661-9467-0,Fax: 0661-9467-36, [email protected],www.mollenhauer.com

19.-20.11.05 Fulda: Ensemblespiel mit der Block -flötensprache, Ltg: Gisela Rothe, Info: Mollen-hauer Blockflötenbau, Weichselstraße 27, 36043Fulda, Tel.: 0661/9467-0, Fax: 0661/9467-36, [email protected], www.mollenhauer.com

25.-26.11.05 Schaffhausen, BlockflötenbauKüng: Ensemblekurs mit Martina Joos amSamstag, Ort: CH-8200 Schaffhausen, Zunft-haus Rüden, Oberstadt 20Konzert: Luftlosglas – Musik und Texte urauf-geführt von Martina Joos und einem Sprecher,Ort: Hallen für neue Kunst, Baumgartenstr. 23,CH-8200 Schaffhausen, Info: Küng BlockflötenGmbH, Grabenstrasse 3, CH-8200 Schaffhau-sen, Tel.: +41 52 630 0999, [email protected]

ERTA-Veranstaltungen

Informationen:ERTA e.V.Leopoldshafener Str. 3 · 76149 KarlsruheTel.: 0721-707291 · Fax: [email protected] · www.erta.de

Veranstaltungen

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648 TIBIA 4/2005

ImpressumTIBIA · Magazin für Holzbläser

30. Jahrgang · Heft 4/2005Herausgeber:Dr. Her mann Moeck, Prof. Christian

Schneider, Peter Thalheimer, Prof. Dr. Ulrich ThiemeSchriftleitung: Sabine Haase-Moeck

E-Mail: [email protected] der Redaktion:Moeck Musikinstrumente +

Verlag, Postfach 31 31, D-29231 CelleTelefon: 0 5141/88 53 0, Fax: 0 5141/88 53 42E-Mail für redaktionelle Beiträge: [email protected]

Gezeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Mei-nung der Herausgeber, der Schriftleitung oder desVerlages dar. Sämtliche Rechte für alle Länder blei-ben vorbehalten. Nachdruck – auch teil weise – nurmit vorheriger Genehmigung des Verlages. Fürunver langt eingesandte Manuskripte und Fotosübernehmen Verlag und Redaktion keine Haftung.Die Redak tion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt zuver öf fentlichen.

Erscheinungsweise: viermal jährlich – Januar, April, Juli, Oktober. Redaktionsschluss: 15. November, 15. Februar, 15. Mai und 15. August

Bezugskosten: Jahresabonnement im Inland r 20,00, Ein zelheft r 6,50; Jahresabonnement im Ausland r 22,50; zuzüglich Versand kosten

Anzeigenverwaltung: Renate Szentpáli, Moeck Musikinstrumente + VerlagPostfach 31 31, D-29231 CelleTelefon : 0 5141/88 53 45, Fax: 0 5141/88 53 42 E-Mail: [email protected] Zeit gilt Preisliste Nr. 18, r 30,00 (1/16 Seite, s/w)bis r 525,00 (1/1 Seite, 4c) zuzüglich Mehrwertsteuer;anfallende Litho- bzw. Satz kosten werden gesondertin Rechnung gestellt.Anzeigenschluss: 1. Dezember, 1. März, 1. Juni,1. September

Satz: Moeck Musikinstrumente + Verlag, CelleDruck: MHD Druck und Service GmbH, Hermannsburg© 2005 by Moeck Musikinstrumente + Verlag, Celle,

Printed in Germany, ISSN 0176-6511

TIBIA 1/2006 erscheint im Januar 2006 und bringt neben Berichten, Rezensionen und Infor-mationen voraussichtlich Sachbeiträge zu folgenden Themen:Barthold Kuijken: Weiß – Quantz – Blochwitz – Braun – Blavet – Taillart … und J. S. Bach?Kreuz- und Querverbindungen im Repertoire für Flöte solo des 18. JahrhundertsRainer Weber: Symmetrische Instrumentenpaare – ein optisches und akustisches Phänomenbei Holzblasinstrumenten vom 15. bis zum 19. JahrhundertJulia Doht: Die Göttinger BlockflöteBenjamin Thorn: Komponieren im 21. JahrhundertClaudia Ott: Der Nay – eine Längsflöte aus NordafrikaKarl Ventzke: Schwedler-Flöten – eine Übersicht

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BETTINA WACKERNAGEL

Holzblasinstrumente[Katalog]. 2005. 439 S. mit zahlreichen Abbildungen. Quartformat. Leinen. (Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums. Bd. XXII). 3-7952-1180-8 · € 70,-

Seit seiner Gründung im Jahre 1855 besitzt das Bayerische Nationalmuseum eine Musikinstrumentensammlung. Sie ist die älteste unter den drei derartigen SammlungenMünchens in öffentlichem Besitz (Deutsches Museum seit 1906; Musikinstrumenten-Museum im Münchner Stadtmuseum seit 1940). Hinsichtlich der Größe des Bestandeskann sie mit den beiden anderen Sammlungen zwar nicht verglichen werden (320 gegen-über ca. 1400 bzw. über 5000 Nummern), doch gemessen an ihrem geringen Umfangzeichnet sie sich durch viele seltene und kostbare Stücke aus.Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Holzblasinstrumente, über die nun erstmalsein mit modernen wissenschaftlichen Methoden erarbeiteter Katalog vorgelegt werdenkann. In ihm werden Exemplare aller gebräuchlichen Gattungen wie Block- und Quer-flöten, Oboen und Klarinetten verschiedener Stimmlagen sowie Fagotte behandelt. Darüber hinaus werden Rackette, Chalumeaux, Eunuchenflöten und ein SchweizerMusetten bass sowie eine größere Gruppe von seltenen Nürnberger Wildrufen des 17.und 18. Jahrhunderts und drei Sack pfeifen vorgestellt. Angestrebt wurde eine umfas-sende schriftliche und bildliche Dokumentation jedes einzelnen Objekts, einschließlichder Wiedergabe von Röntgenbildern und Diagrammen der Innenbohrungen von mehrals einem Drittel der insgesamt 103 katalogisierten Stücke. Dies ist eine für den Fach-mann unerlässliche Voraussetzung für weitere Forschungen nicht nur auf dem Gebietder Musikinstrumentenkunde, sondern auch der Musikwissenschaft, für die Musik -instrumente als Primärquelle von großer Bedeutung sind. Dem an Musik und Geschichteinteressierten Laien aber soll der Katalog mit seinen Einleitungen zu jeder Instrumen-tengattung, die auf dem neuesten Stand der Forschung über Geschichte, bau- und spiel-technische Gegebenheiten sowie die musikalische Verwendung der Instrumente berich-ten, auch Leitfaden und Anregung sein. Dazu soll auch das Glossar mit den ausführlichenErläuterungen der verwendeten Fachausdrücke sowie die Kurzbiographien im Ver-zeichnis der Instrumentenbauer beitragen.

VERLEGT BEI HANS SCHNEIDER · D-82323 TUTZING

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