8. Das Zonensystem · PDF file8.1 Einführung Kurze Einführung Ansel Adams...

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Das Zonensystem 8. Das Zonensystem In diesem Kapitel erfahren Sie ... ... die Grundlagen des Zonensystems ... wie Sie auf leichte Art Ihre Duka-Rezepte testen und verbessern können ... welche Vorteile das Zonensystem auch ohne eigene Duka bietet www.fotoschule-ruhr.de www.fotolehrgang.de

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Das Zonensystem

8. Das Zonensystem

In diesem Kapitel erfahren Sie ...... die Grundlagen des Zonensystems

... wie Sie auf leichte Art Ihre Duka-Rezepte

testen und verbessern können

... welche Vorteile das Zonensystem auch

ohne eigene Duka bietet

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8.1 Einführung

Kurze EinführungAnsel Adams entwickelte das Zonensystem, um schon bei der Aufnah-me durch eine genaue Belichtungsmessung und anschließende, andas Motiv (und seinen Kontrast) angepasste Filmentwicklung und Ver-größerung die Grauwerte zu bestimmen, die Motivdetails im endgülti-gen Bild haben werden.Das Zonensystem ist aber nicht nur für die Großformatkamera, bei derman jedes Negativ individuell entwickeln kann, sinnvoll. Auch in derKleinbildfotografie führt eine Auseinandersetzung mit dieser Thema-tik zu einer höheren Sicherheit und Genauigkeit in der Bestimmungder richtigen Belichtungswerte. Außerdem lassen sich auch Kleinbild-filme (eingeschränkt auch Farbe und Dia) an besondere Aufnahmever-hältnisse anpassen. Dabei leistet das Zonensystem ebenfalls guteDienste.

Und was ist es jetzt genau?Nun, das ist nicht so einfach zu erklären, da der Begriff mehrereBereiche umfasst: auf der einen Seite die Motivhelligkeit und dieBelichtung, auf der anderen Seite die Bildwiedergabe (beeinflusstdurch die Ausarbeitung des Bildes im Labor oder in der Bildbearbei-tung).Ich habe diese Bereich getrennt; kümmern wir uns zuerst um dieMotivhelligkeit.

287Einführung

3Das Zonensystem wurde von Ansel Adams entwickelt. Es ist eine

Methode zur gezielten Belichtung, Entwicklung und Vergrößerung

von Schwarzweiß-Negativen. Die bei der Auseinandersetzung mit

dem Zonensystem gewonnenen Erkenntnisse sind aber generell

für jeden an der Fotografie (auch Farbfotografie und Kleinbildfoto-

grafie) Interessierten nützlich.

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288 Das Zonensystem

3Weiterführende Lektüre„Das Negativ“ von Ansel Adams(Falls Sie sich schon mit dem Zonensystem auseinander gesetzthaben, werden Sie im Folgenden feststellen, dass ich einen ande-ren Ansatz verfolge als Ansel Adams. Mir geht es nicht um„Previsualization“ des fertigen Bildes, sondern um dieMöglichkeit, das Material und die Prozesse so weit zu kontrollie-ren, dass ich im Durchschnitt eines Kleinbildfilms zu gutenNegativen komme. Der Ansatz von A. A. geht dagegen mehr in dieRichtung des Einzelbildes und ist somit mehr an den Großformat-fotografen gerichtet.)

„Das Positiv“ von Ansel Adams

„The New Zone System Manual“ von Minor White (Mein Tipp, lei-der nur in Englisch erhältlich, aber sehr verständlich geschrieben.Grundkenntnisse im Englischen reichen aus.)

„Das Zonensystem in der Schwarzweiß- und Farbfotografie“ vonFischer-Piehl (fachlich gut, didaktisch nicht so überzeugend).

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8.2 Die Motivhelligkeiten

Vorbemerkung:Ich werde nun oft von „eine Blende heller“ (oder dunkler) reden. Damitist Folgendes gemeint:Ein Objekt ist um eine Blende heller, wenn eine Belichtungsmessungauf dieses Objekt eine Differenz von einem Blenden- oder Zeitwertim Verhältnis zum Vergleichsobjekt (z.B. zur Graukarte) aufweist.Wenn also das Referenzobjekt eine Einstellung von 1/125 bei Blende 8(1/125 – f8) benötigt, ist ein anderes Objekt im Verhältnis um eineBlende dunkler, wenn dieses 1/125 – f5.6 oder 1/60 – f8 verlangt. Ummich kurz zu fassen, gehe ich im Folgenden davon aus, dass beimMessen die Zeiteinstellung (und natürlich die Einstellung der Film-empfindlichkeit, des Iso-Wertes) gleich bleibt und nur die Blende an-gepasst wird. Also heißt eine Blende dunkler, dass der Belichtungs-messer f5.6 anstelle von f8 oder f16 anstelle von f22 anzeigt (beigleicher Zeiteinstellung, wie gesagt).Umgekehrt bedeutet zwei Blenden heller, dass die Anzeige von f11beim Referenzobjekt zu f22 beim gemessenen Objekt wird. Ich hoffe,es ist klar …

Der Ursprung und die Basis des Zonensystems ist die Schwarzweiß-Fotografie, deshalb setze ich voraus, dass das Ziel eine (möglichsttonwertneutrale) Schwarzweiß-Vergrößerung ist. Allerdings kannman die Erkenntnisse auch auf Farbe und/oder Dias oder auch auf diedigitale Fotografie übertragen.

289Die Motivhelligkeiten

3Unterschiedliche Helligkeiten werden als Zonen (mit unterschied-lichen Werten) bezeichnet. Die Angaben der Zonen erfolgen in römischen Ziffern. Ein niedri-ger Wert bedeutet ein dunkles Objekt. Ein hoher Wert bedeutetein helles Objekt. Die Graukarte als normiertes Objekt erhältdabei den Wert Zone V. Wenn der Unterschied zwischen zweiBeleuchtungsstärken einer Blende entspricht, ist ihr Zonenwertum 1 unterschiedlich.

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MotivhelligkeitDas Zonensystem ist unter anderem eine sprachliche und gedanklicheVereinfachung, um verschiedene Helligkeiten und ihr Verhältnis zuein-ander zu beschreiben.Wenn wir ein Motiv fotografieren, so setzen sich die Helligkeiten derObjekte aus der Beleuchtungsstärke und dem jeweiligen Reflexions-vermögen zusammen. Fürs Erste gehen wir der Einfachheit halberdavon aus, dass die Beleuchtungsstärke im ganzen Bild gleichmäßigist. Die Helligkeit der Objekte wird dann nur von dem Ausmaß ihrerFähigkeit, Licht zu reflektieren, bestimmt. Helle Objekte reflektierenviel Licht, dunkle dagegen wenig (sie absorbieren das meiste Licht). Der Belichtungsmesser reagiert auf das jeweils reflektierte Licht mitunterschiedlicher Anzeige. Wenn wir nun das Bild mit einemSpotbelichtungsmesser abtasten (oder mit einem anderen Belich-tungsmesser nah an die Objekte herangehen), können wir für jedesObjekt die individuelle Helligkeit (Reflektion) ermitteln. Mit demZonensystem ordnet man nun diesen unterschiedlichen Helligkeiten

Wer früh aufsteht wird im Spätsommer/Herbst mit dampfenden Landschaften im flachen Gegenlicht belohnt.w w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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unterschiedliche Werte zu. Diese Werte werden in römischen Ziffernangegeben.Die Basis dieser Angaben ist die Graukarte. Das Messergebnis derGraukarte (oder eines anderen Objektes, das dasselbe Reflektionsver-halten besitzt) erhält den Wert Zone V (Zone5). Wenn nun ein Objektim Bild um zwei Zonen dunkler ist, erhält es den Wert Zone III (Zone3).Ein Objekt, das einen Wert heller ist als die Graukarte, erhält den WertZone VI (Zone6).Hellere Objekt bekommen also Werte über Zone V, Objekte, die dunk-ler sind, erhalten dagegen Werte darunter. Wenn der Unterschiedgenau eine Blende ausmacht, bedeutet das gleichzeitig ein Sprung umgenau eine Zone in die jeweilige Richtung.

Ein Beispiel:Messung auf Graukarte: 1/125 – f8, Andere gemessene Helligkeits-werte in anderen Bereichen des Motivs:

Zeit Blende Zone1/500 22 X Hell1/250 22 IX1/125 22 VIII1/125 16 VII1/125 11 VI1/125 8 V1/125 5.6 IV1/125 4 III1/125 2.8 II1/125 2 I1/125 1.4 0 Dunkel

Durch diese Zuordnung der Helligkeiten und ihrer Messergebnisse zuZonen kann man etwas einfacher unterschiedliche Objekthelligkeitenvergleichen. Objekte, die zur Zone III gehören, sind, unabhängig von ihrer Farbe,um 2 Blenden dunkler als eine Graukarte; Objekte, die zur Zone IXgehören, sind hingegen um 4 Blenden heller (als die Graukarte unddamit um 6 Blenden heller als Objekte der Zone III).

Wenn man sich ein wenig daran gewöhnt hat, ist es wesentlich einfa-cher, unterschiedliche Helligkeiten auf diese Art zu vergleichen. Wiesich diese Zonen als Helligkeiten auf dem Bild wiederfinden lassen,sehen Sie im Zonentendo unter:http://www.fotolehrgang.de/dasbuch.htm.

291Die Motivhelligkeitenw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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Das ist alles?Nein! Bei weitem nicht, doch es ist die Basis. Durch das Einteilen derHelligkeiten in Zonen haben wir nun die Möglichkeit, unterschiedlicheObjekte und ihre Helligkeit zu beschreiben und einzustufen. Wenn einObjekt auf Zone III „fällt“, ist es um 2 Zonen dunkler als die Graukarte.Es ist dabei egal, ob es sich um einen Pullover oder eine Hauswandhandelt, beide wären gleich hell. Wir können uns nun anschauen, wiediese Helligkeiten im Positiv umgesetzt sind.Wenn wir für diese Überlegungen davon ausgehen, dass wir zurErmittlung der Belichtungswerte die Graukarte als Basis ansetzen,wird die Lichtmenge, die bei der Belichtung von der Graukarte aus zumSensor der Digitalkamera oder zum Film kommt, immer gleich bleiben– egal wie hell oder dunkel es ist. Solche unterschiedlichen Motivhelligkeiten als Ergebnis unterschied-licher Beleuchtungsstärke werden ja vom Belichtungsmesser erkanntund in unterschiedliche Belichtungswerte umgesetzt, so dass dieLicht-menge, die auf den Film trifft, immer gleich ist. Also ist der Filmin dem Bereich des Abbildes der Graukarte auch immer gleich belich-tet.Wenn man nun einen standardisierten Prozess vom unbelichtetemFilm zum fertigen Positiv in der Dunkelkammer einsetzt, kann mandavon ausgehen, dass gleiche Belichtungen auch gleich wiedergege-ben werden. Da die gleiche Motivhelligkeit auch zur gleichen Belich-tung führt, werden gleiche Motivhelligkeiten immer gleich wieder-gegeben werden. (Alle Objekte, die auf Zone III fallen, sind immergleich hell und im gleichen Maße dunkler als Objekte, die auf Zone VIIfallen.)Jedes Objekt, das in seinem Reflektionsverhalten (seiner Helligkeit)der Zone V entspricht, wird so hell wiedergegeben wie eine Graukarte.Auch die anderen Zonen werden proportional gleich wiedergegeben.Ein Objekt der Helligkeit Zone III (also 2 Stufen dunkler als dieGraukarte) wird im Verhältnis im Positiv auch immer gleich wiederge-geben. Es erscheint immer gleich viel dunkler als die Graukarte.Genauso ergeht es einem Objekt der Helligkeit Zone VIII: Es erscheintimmer im gleichen Verhältnis heller.Dabei ist es unerheblich, ob es sich um dieselben Objekte handeltoder um andere, die eben nur genauso viel Licht reflektieren.Es ist damit aber überhaupt noch nicht gesagt, wie die unterschied-lichen Helligkeiten und ihr Verhältnis zueinander im Bild wiedergege-ben werden.Sehen wir uns dazu das Zusammenspiel von Motivhelligkeit/Belich-tung und Entwicklung/Vergrößerung im Folgenden einmal genauer an.

292 Das Zonensystemw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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8.3 Die Belichtung

Die WiedergabeEine „richtige“ Belichtung bedeutet landläufig, dass die unterschied-lichen Helligkeiten im Motiv ihrer Helligkeit entsprechend richtigwiedergegeben werden. Wenn wir uns zum Beispiel die Graukarteansehen, so sollte sie im Positiv in etwa der gleichen Helligkeiterscheinen.Dunklere Motivteile werden dann dunkler, hellere Motivteile heller.Leider ist es so, dass der Kontrastumfang vieler Motive weit über dieFähigkeit des Films und des Fotopapiers, Kontraste wiederzugeben,hinausgeht.Ein normales Motiv (eine Landschaft zum Beispiel) hat einen Kontrast-umfang von bis zu 1:10.000 oder mehr. Zwischen den hellsten Berei-chen im Bild (weißen Wolken zum Beispiel) und den dunkelsten Berei-chen (dem schwarzen Kohlehaufen im Bild) liegt dann ein Unterschiedvon 13 oder mehr Blendenschritten.

Die 13 Blendenschritte ergeben sich wie folgt:Das Belichtungsmesser zeigt, wenn man das dunkelste Motivdetailanmisst, 1/8 – f2, eine Messung auf das hellste zeigt 1/1000 – f22. Dasich durch jede Veränderung der Blende (Zeit) die Lichtmenge, die aufden Film treffen würde, verdoppelt, kann man folgenden Schluss zie-hen: Ein Objekt, das um eine Blende heller ist, ist doppelt so hell wiedas Vergleichsobjekt. Ist es um zwei Blenden heller, ist es doppelt-doppelt (also viermal) so hell.

293Die Belichtung

3Der Kontrastumfang eines Motivs ist häufig deutlich größer als die

Möglichkeiten des Fotopapiers, diese Kontraste wiederzugeben.

Deshalb ist es wichtig, die „richtige“ Belichtung und den richtigen

Negativ-/Positivprozess für das Motiv und den Film zu finden. Da

man in der Kleinbildfotografie meist nicht die Möglichkeit hat, ein-

zelne Negative zu entwickeln, gilt es, einen guten Kompromiss für

verschiedene Aufnahmesituationen zu finden. Dabei helfen nor-

mierte Testreihen.

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Daraus ergibt sich dann folgende Tabelle:Gemessene Belichtung:

Die dieser Belich-Zeit Blende tung entsprechende

Lichtmenge:

1/8 2 11/15 2 21/30 2 41/60 2 81/125 2 161/500 2 321/1000 2 641/1000 2.8 1281/1000 4 2561/1000 5.6 5121/1000 8 10251/1000 11 20481/1000 16 40961/1000 22 8192

Hier kann man also ganz gut sehen, das ein Kontrastunterschied von13 Blendenschritten in etwa einem Kontrast von 1:10.000 entspricht.

Eine Messung auf die Wolken führt also evtl. zu einer Angabe von1/1000 und Blende 22, eine Messung auf den Kohlehaufen im Schattenaber zu einer Angabe von 1/8 und Blende 2. Der Film kann aber, imGegensatz zu unseren Augen, nur einen Ausschnitt aus diesemKontrast wiedergegeben. Und das Fotopapier wiederum kann diesen Kontrast im Film(Negativkontrast) auch nur eingeschränkt wiedergeben. Objekte, dieaußerhalb dieses Bereiches liegen, werden entweder weiß oderschwarz. Auch wenn man in der Betrachtung des Motivs mit bloßemAuge Unterschiede in den hellen (dunklen) Bereichen erkennen konn-te, werden diese in der Wiedergabe unterschiedslos weiß (schwarz).Die hellsten Stellen können ja nur so hell werden wie das Weiß desPapiers, die dunkelsten Stellen sind in ihrer Schwärzung von denFähigkeiten der jeweiligen Emulsion abhängig. Aus diesem Grund ist es auch gar nicht wünschenswert, dass im Bildder gesamte Kontrast des Motivs wiedergegeben wird, da dasErgebnis recht flau aussehen müsste.

294 Das Zonensystemw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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Der hohe Motivkontrast würde ja übersetzt in den geringen Papier-kontrast zwischen Papierweiß und -schwarz. Dazu müssten die unter-schiedlichen (Kontrast-)Zonen „zusammengeschoben“ werden.Mit dem Zonensystem kann man nun überprüfen, wie ein bestimmterFilm (mit der entsprechenden Dunkelkammertechnik) die unter-schiedlichen Helligkeiten (Zonen) des Motivs und den Kontrast zwi-schen ihnen wiedergibt.

TestingDazu ist es notwendig, unter wiederholbaren Bedingungen Testauf-nahmen zu machen.Um nun nicht ein Motiv suchen oder aufbauen zu müssen, das denFilm mit einem hohen Kontrastumfang „fordert“, nutzen wir die Tatsa-che, dass es für den Film egal ist, ob wir eine helles Motiv richtig oderein dunkles Motiv überbelichten (oder ein noch helleres unterbelich-ten). Je nach dem Ausmaß der Manipulationen erreicht den Film diegleiche Lichtmenge. Wir können also einen bestimmten Kontrastumfang simulieren, indemwir einfach die Graukarte belichten. Die Auswirkungen der unter-schiedlichen Helligkeiten erhalten wir, indem wir auch Aufnahmenmachen, bei denen die Graukarte über- oder unterbelichtet wird.Diese (künstlich erzeugten) Zonen (und der Kontrast zwischen ihnen)werden nun abhängig von der Ausarbeitung im Labor unterschiedlichwiedergegeben. Der Laborarbeit kommt also besondere Bedeutungzu. Im nächsten Kapitel werden wir sehen, welchen Einfluss die Filment-wicklung hat und wie es zu diesen Einflüssen kommt.

295Die Belichtungw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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8.4 Die Filmentwicklung

Die GrundlagenWenn wir den Film belichten, erzeugen wir auf ihm eine latentes Bild.Durch die Entwicklung werden dann die Stellen des Films, die vielLicht erhielten, schwarz (lichtundurchlässig), dagegen die Bereiche,die wenig oder kein Licht erhielten, weiß (besser: klar).Dunkles wird weiß, Helles wird schwarz: Wir haben ein Negativ.Die Intensität der Entwicklung hat dabei einen starken Einfluss aufdie Stärke der Schwärzung, während wir die klaren Bereiche so fastnicht beeinflussen können.

Das SchachbrettWenn wir zum Beispiel eine weißes und ein schwarzes Feld einesSchachbrettes fotografieren, haben wir zwei Bereiche auf dem Film,die unterschiedlich viel Licht erhielten. Da das schwarze Feld desSchachbrettes nicht das gesamte Licht absorbiert (was ein idealerschwarzer Körper täte), erhielt der Film auch im Bereich des Abbildesdes schwarzen Feldes Licht. Im Laufe der Entwicklung nimmt dieSchwärzung (Dichte) in diesen beiden Bereichen zu. Zu Beginn derEntwicklung sind beide etwa gleich und nehmen parallel an Dichte zu.Doch im Laufe des Entwicklungsprozesses wird der Bereich des Fil-mes, der wenig Licht erhielt (die „Schatten“), in seiner Dichtezunahmeimmer langsamer und bleibt schließlich stehen. Die Schatten würdenauch bei einer deutlichen Verlängerung der Entwicklungszeit nichtmehr dichter, während die „Lichter“ weiterlaufen.Die Schatten werden also von der Entwicklung nicht so stark beein-flusst. Diese Trennung der Dichten zwischen Lichtern und Schatten istja auch eigentlich Sinn der Sache; denn nur wenn eine Trennung in derDichte (Opazität) der Lichter und Schatten eintritt, werden diese imPositiv auch unterschiedlich hell (oder dunkel) wiedergegeben.

296 Das Zonensystem

3Die Belichtung regelt in erster Linie das Maß der Schattenwieder-

gabe. Die Filmentwicklung dagegen steuert primär die Kontrast-

wiedergabe. Durch unterschiedliche Intensität der Entwicklung

kann man diese beeinflussen.

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Man kann den Ablauf in einem Diagramm darstellen.

Kurven malenAuf der senkrechten Achse trägt man die Dichte auf, auf der waage-rechten die unterschiedliche Belichtung. Je weiter rechts eine Eintragerfolgt, desto stärker war die Belichtung, und je dichter nun eineStelle wird, desto höher wird ihr Balken.

Zu Anfang der Entwicklung, nachvielleicht 30 Sek., liegen die Dichtender unterschiedlich stark belichtetenBereiche noch relativ nahe bei einan-der (linkes Diagramm).

Nach einer gewissen Entwicklungs-zeit (z.B. 6 Min.) jedoch müsste dasDiagramm so wie hier aussehen.

Wenn wir nun die Balken für mehrereBelichtungen auftragen und dieBalken miteinander verbinden, er-halten wir eine Schwärzungskurve.

Die Steilheit dieser Kurve ist abhängig von der Intensität der Entwick-lung. (Ich gehe hier von einer Belichtung aus, die das Kontrastspek-trum des Films und des Laborprozesses „überfordert“, damit wir anbeiden Enden der Skala die Extreme sehen.

297Die Filmentwicklungw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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Bei einer weicheren (kontrastärmeren) Belichtung würde ein Teil derKurvenbereiche fehlen. Jeder Film hat seine individuelle Kurve, die aber durch die Entwicklungbeeinflusst wird. So arbeiten hochempfindliche Filme im Allgemeinenetwas weicher als niedrigempfindliche. Bei Belichtungssteigerung istdie Zunahme der Dichte relativ geringer, also wird die Kurve flacher.Niedrigempfind-liche Filme sind dagegen kontrastreicher; sie reagie-ren mit stärkerer Dichtzunahme auf steigende Belichtung, ihre Kurveist also steiler.

Ein Film kann allerdings (in bestimmten Grenzen) in seiner Gradationgesteuert werden. Durch die Art der Entwicklung kann man ihn härteroder weicher machen.Ein Diagram mit drei Kurven kann das veranschaulichen.

Die Dauer der Entwicklung beein-flusst dabei, wie steil die Kurve wird.Je intensiver die Entwicklung, destosteiler wird die Kurve, desto größerist also der Unterschied der Opazität(Dichte) zwischen verschiedenen Be-lichtungen, also der Kontrast desNegativs.

Den Winkel des geraden Kurvenstücks im Verhältnis zur Basis benutztman, um den Gammawert zu errechnen. Ein niedriger Gammawertbedeutet eine flache Kurve, also einen geringen Kontrast.

Die schwarze SonneLeider können wir für das Vergrößern aber nicht jede Art von Dichtenutzen. Nur ein Ausschnitt aus der Kurve ist gut nutzbar. Am unterenEnde der Kurve können wir einen bestimmten Bereich nicht mehr nut-zen, da die Opazität hier so gering ist, dass das Papier schwarz würde.Außerdem ist hier die Kurve so flach, dass die entsprechenden Bild-teile (also die Schatten) sehr flau (kontrastarm) wiedergegeben würden.Auch im oberen Bereich verflacht sich die Kurve, so dass dort keineproportionale Zunahme der Dichte mehr erfolgt. (Diese Bereichewären ebenfalls sehr flau). Unterschiedliche Kontraste würden alsoauch hier verfälscht wiedergegeben. Einige Materialien haben sogar die Eigenschaft, dass übermäßigeBelichtung zu einer Reduktion der Opazität führt; also würden sehrhelle Objekte ab einem bestimmten Punkt wieder dunkler wiederge-geben.

298 Das Zonensystemw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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SolarisationDieser Effekt wird Solarisation genannt. Der Name kommt daher, dassdie Sonne auf Bildern zu diesem Effekt führen kann. Bei modernenMaterialien tritt er aber im Allgemeinen nicht mehr auf. Der Begriffwird allerdings oft auch fälschlicherweise für eine bestimmteDunkelkammertechnik, die „Pseudosolarisation“, verwandt.

Das Fotopapier ist außerdem nur in der Lage, bestimmte Dichte-unterschiede im Negativ in Grautöne umzusetzen. Wenn die Dichtenzu unterschiedlich werden, werden die Bereiche am jeweiligen Endeder Skala nur als Schwarz oder Weiß dargestellt, obwohl man auf demNegativ noch Zeichnung erkennen konnte. Sehen wir uns das auf unse-rem Diagramm einmal an:

Die Dichtebereiche, die in diesemBild rot markiert sind, werden imPositiv ohne Zeichnung rein weißoder rein schwarz wiedergegeben.Wie eng der „nützliche“ Opazitäts-bereich ist, ist von der Papiergrada-tion (bei Multigradepapieren alsovon der Filterung) abhängig.

Der mit der Kurve tanzt …Das Ziel des Zusammenwirkens aller Prozesse von der Belichtung bis zumPositiv ist es, einen bildwichtigen Ausschnitt des bei der Aufnahme vor-handenen Kontrastspektrums (oft ist es für die Fähigkeiten von Filmund Papier zu groß) „auf das Papier zu bringen“.Auf den unteren Teil der Kurve (in den Schatten) haben wir durch unter-schiedliche Negativentwicklung nur wenig Einfluss. Hier macht sich inerster Linie die Belichtung bemerkbar. Die Schatten werden also stär-ker von der Belichtung beeinflusst, wobei stärkere Belichtung dieDurchzeichnung der Schatten verbessert. Leider rutschen dadurchaber auch die Lichter in nicht mehr nutzbare Dichteregionen. Es gilthier, das richtige Maß zu finden, um die Grundlagen für eine „positive“Ausarbeitung zu legen.Den Anstieg der Kurve und damit den Kontrast können wir teilweisedurch die Filmentwicklung steuern. Intensivere Entwicklung bringteinen höheren Kontrast, reduzierte Entwicklung dagegen sorgt für wei-chere Negative. (Natürlich trägt die typbedingte Kontrasttendenz desFilms ihr Scherflein zum Ergebnis bei.)Wie man mit angepasster Belichtung und Entwicklung die Kurve tanzenlassen kann, sehen wir im nächsten Kapitel.

299Die Filmentwicklungw w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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8.5 Wünsche

Was wünsche ich mir vom Film?Das ist die entscheidende Frage bei der Kalibrierung des Negativ-materials.Es ist wichtig, sich vor dem Testen des Films darüber klar zu werden.Ich kann hier nicht sagen, was Sie wollen könnten, aber vielleicht istes hilfreich, wenn ich meine Ziele bei der Kalibrierung des Negativ-/Positivprozesses erkläre.Das Vergrößern sollte so schnell und einfach wie möglich zu einemguten Ergebnis führen. Mit wenig Aufwand kontrolliert zur gutenVergrößerung war also mein Ziel. Gute Vergrößerung heißt dabeinicht, dass es die beste aller Möglichkeiten ist, aber es sollte nah dransein. Die wirklich exzellente Vergrößerung kostet (fast) immer über-proportional viel Arbeit, Material und Zeit, vor allem, wenn man nichtauch alle Prozesse bei der Belichtung (vor allem das Licht) selbst steu-ern kann. Aber man kann den Weg abkürzen.Das Einfachste wäre also, wenn meine Negative in etwa so wären, dassich mit annähernd derselben Grundeinstellung vergrößern kann, ohnedass Nachbelichten oder Abhalten oder andere Dukatechniken (z.B.Gradationswechsel) nötig waren. Das Ziel ist also, Negative zu produ-zieren, die sich leicht in einem mehr oder weniger standardisiertenVergrößerungsprozess ausarbeiten lassen.

Was soll der Film können?Wie sollen nun solche Negative beschaffen sein? Diese Negative soll-ten dann bei meinem (bzw. dann Ihrem) Positivprozess zu Bildern füh-ren, die ausreichende Zeichnung in den Schatten und Lichtern sowieeine stimmige Wiedergabe der mittleren Grautöne aufweisen.

300 Das Zonensystem

3Der Film sollte in der Lage sein, die Kontrastbereiche, auf die wir

häufig stoßen, zu bewältigen.

Diese Bereiche sind sowohl abhängig von den Situationen, in

denen wir fotografieren, als auch von unseren Ansprüchen an das

Bild.

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Was beeinflusst den Kontrast des Positivs?Auf den Kontrast der Positive haben neben dem Kontrast der Negati-ve unterschiedliche Faktoren in der Dunkelkammer starken Einfluss. Eine Duka mit Kondensorvergrößerer arbeitet kontrastreicher als einemit Diffusorvergrößerer. Und wenn der Streulichtanteil des Vergrößerersdurch eine daneben befindliche weiße Wand auf das Fotopapier kommt,werden die Positive ebenso flauer wie bei falscher Dukabeleuchtungoder -abdichtung.Die unterschiedlichen Materialien (Papier und Chemie) beeinflussenden Kontrast ebenso. Nicht vergessen darf man auch überalterte undausgelaugte Entwickler sowie zu lange Verweildauer des Papiers imFixierer. Der wichtigste Faktor sind allerdings die unterschiedlichenVergrößerertypen, da diese sich auch bei identischen Negativen undansonsten gleichem Positivprozess bemerkbar machen:

Kondensorvergrößerer arbeiten hart,Diffusorvergrößerer arbeiten weich.

Je nach Aufnahmesituation (der Aufnahmekontrast als Summe vonLicht- und Objektkontrast ist hier der wichtige Faktor) sehen dieAnforderungen unterschiedlich aus. Um nun bei möglichst vielenNegativen leichtes Spiel beim Vergrößern zu haben, ist es wichtig,einen annähernden Durchschnittswert für die Mehrzahl der bevorzug-ten Aufnahmesituationen zu haben. Ich bin dabei für (Schönwetter-)Außen- und (gut gemachte) Blitzaufnahmen mit einem Film, der einenKontrast von 9 bis 10 Blendenschritten auf das Papier bringen konnte,immer ganz gut zurechtgekommen. Wenn ich allerdings im Nebelhätte fotografieren wollen, wäre diese Art Negative zu weich gewesen,und in südlicher Mittagssonne wäre der Film evtl. zu hart gewesen. Damuss man dann eben auf ein anderes Ergebnis hin kalibrieren.Für besondere Aufnahmesituationen kann man das Filmmaterial unddessen Weiterverarbeitung anpassen. Für Aufnahmen im Nebel kannder Kontrast der Negative ruhig verstärkt werden, indem der Filmunterbelichtet und überentwickelt wird.Dadurch bleiben die mittleren Grautöne in Ihrer Helligkeit erhalten,aber Schatten und Lichter rutschen in Richtung Schwarz bzw. Weiß.Für Aufnahmen, bei denen unter südlicher Mittagssonne weiße, son-nenbeschienene Wände und dunkle Hauseinblicke auf einem Bild vor-kommen, empfiehlt sich hingegen ein durch Überbelichtung undUnterentwicklung im Kontrast abgeschwächter Film.

301Wünschew w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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Diese 10 Blendenschritte sollten auf dem Positiv das ganze Spektrumvon Schwarz bis Weiß abdecken. Das heißt, in Zonen eingeteilt:

(Auf diese Definition der Zonen gehe ich weiter hinten noch etwas aus-führlicher ein.)

Was bedeutet das bei der Aufnahme?Wenn der Film in der Lage ist, die oben angegebenen Zonen so auf dasPapier zu bringen, können wir schon bei der Aufnahme sagen, in wel-chem Grauton ein Motivdetail wiedergegeben werden kann.Wichtige Bereiche sind dabei vor allem die Zonen, die die ersteZeichnung liefern, da alles außerhalb dieses Bereiches in derVergrößerung nicht mehr als Detail auftaucht.

Auch die Zonen IV und VI sind sehr wichtig. Gras und Blattgrün liegthäufig im Bereich der Zone IV, und wir Mitteleuropäer haben einen

302 Das Zonensystem

Zone bei der

Aufnahme

0

I

II

III–IV

V

VI–VIII

IX

X

Blendendifferenz

zu Neutralgrau

bei der Aufnahme

–5 oder mehr

–4

–3

–1 / –2

0

+1 / +3

+4

+5

Wiedergabe auf

dem Papier

tiefstes Schwarz, das das

Papier produzieren kann

etwas heller als dieses

Schwarz, aber noch ohne

Zeichnung

erste leichte Zeichnung in

den tiefen Schatten

dunklere Bildbereiche mit

guter Zeichnung

Neutralgrau

helle Bildbereiche mit

(guter) Zeichnung

helles, srukturloses Grau,

fast Weiß

oder mehr Papierweiß

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Hautton, der in seiner Helligkeit etwa der Zone VI entspricht. EineWiedergabe dieses Hauttones in Zone VII wäre also zu hell (für beson-dere Bildideen kann das natürlich völlig trotzdem richtig sein), undGras, welches so dunkel wie Zone III wiedergeben würde, erscheint oftzu dunkel. Haut in Zone VII und Blattgrün in Zone III wären also ein Zeichen füreinen zu kontrastreichen Negativ-/Positivprozess. Wenn der Film hingegen noch mehr Schatten- und Lichterzeichnunglieferte, wäre er in seiner Wiedergabe zu „matschig“, die Helligkeits-unterschiede in der Wiedergabe zwischen den einzelnen Zonen wärenzu gering. (Es kann allerdings durchaus Aufnahmesituationen geben,in denen diese Art Film richtig wäre.) Natürlich sollte eine Wiedergabeder Zone V möglichst genau das ‚Original‘, nämlich die Graukarte, tref-fen.Um nun diese Anforderungen zu erfüllen, müssen wir erstmal feststel-len, was unser Film mit dem bisherigen Negativprozess leistet. Darumgeht es auf den nächsten Seiten.

303Wünschew w w . f o t o s c h u l e - r u h r . d e

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