8. Malignom und Hyperkalzämie – Pathophysiologie, Hormone ... · duktion im Tumor ist selten....

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8.1. Einleitung Patienten mit Hyperkalzämie infol- ge Malignom sind im Gegensatz zu Patienten mit pHPT meistens deutlich krankheitsgezeichnet und haben häu- fig die klassischen Zeichen einer Hy- perkalzämie (Tab. 1). Die Hyperkalzämie ist eine relativ häufige Komplikation eines Mali- gnoms und tritt in ca. 10 – 20% der Fälle auf [Rosol und Capen 1992]. Die Hyperkalzämie ist am häufigsten mit Mamma- und Lungenkarzinom (Abb. 1) sowie MM/Plasmozytom vergesellschaftet. Daten von 7.667 Patienten seit 1989 (M.D. Anderson-Cancer-Cen- ter in Huston, Texas); seitdem wird das Serum-Kalzium während der ers- ten 2 Monate nach CA-Registrierung Zusammenfassung Das Malignom ist die zweit- häufigste Komplikation der Hyperkalzämie. Die Hyper- kalzämie kann vom Tumor primär herrühren und wird dann am häufigsten durch PTH-related-Protein (PTHrP) vermittelt. Die Hyperkalzämie kann auch von Osteolysen im Knochen herrühren und ist dann meistens zytokinbe- dingt. Eine 1,25(OH) 2 D 3 -Pro- duktion im Tumor ist selten. Mehrere Mechanismen kön- nen auch zusammentreffen. Die sogenannte humorale Hy- perkalzämie beim Malignom (HHM) hat eine schlechte Prognose, und der Patient hat meist nur noch eine be- schränkte Lebenserwartung. Neue Therapien mit BIS kön- nen die Lebensqualität und gegebenenfalls auch die Pro- gnose verbessern (siehe Ka- pitel 17). Skelett und Nieren sind in die Hyperkalzämie mit einbezo- gen. Therapieziel muss die Reduktion der Tumormasse, die Suppression der osteo- klastären Resorption sowie die Vermehrung der renalen Kalzium-Ausscheidung sein. Tab. 1. Differentialdiagnose der Hyper- kalzämie. Malignome (MLN) – Patienten sind im Gegensatz zum primären HPT krank – haben die klassischen Zeichen einer Tumor-Erkrankung (nicht immer) Symptome der Hyperkalzämie – MLN im Allgemeinen schon erkannt – occultes MLN weniger üblich (aber möglich) – Hyperkalzämie ist Resultat der Sekretion von 1. PTHrP durch den Tumor 2. Knochenresorbierende Zytokine (Interleukin-1 und -6) werden sezerniert 3. Extrarenale Konversion von 25(OH)D 3 ® 1,25(OH) 2 D 3 4. Lokale knochenresorbierende Effekte des Tumors (z.B. Mammakarzinom) Abb. 1. Histologie einer Beckenkammbiopsie bei Bronchialkarzinom. Stimulation der osteoklastären Resorption (Osteoklasten rot) bei Infiltration des Markraumes. Un- entkalkte Präparation, saure Phosphatasereaktion (Prof. G. Delling). 8. Malignom und Hyperkalzämie – Pathophysiologie, Hormone und andere Mechanismen, Entstehung und Klinik

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8.1. Einleitung

Patienten mit Hyperkalzämie infol-ge Malignom sind im Gegensatz zuPatienten mit pHPT meistens deutlichkrankheitsgezeichnet und haben häu-fig die klassischen Zeichen einer Hy-perkalzämie (Tab. 1).

Die Hyperkalzämie ist eine relativhäufige Komplikation eines Mali-gnoms und tritt in ca. 10 – 20% derFälle auf [Rosol und Capen 1992].Die Hyperkalzämie ist am häufigstenmit Mamma- und Lungenkarzinom(Abb. 1) sowie MM/Plasmozytomvergesellschaftet.

Daten von 7.667 Patienten seit1989 (M.D. Anderson-Cancer-Cen-ter in Huston, Texas); seitdem wirddas Serum-Kalzium während der ers-ten 2 Monate nach CA-Registrierung

Zusammenfassung

– Das Malignom ist die zweit-häufigste Komplikation derHyperkalzämie. Die Hyper-kalzämie kann vom Tumorprimär herrühren und wirddann am häufigsten durchPTH-related-Protein (PTHrP)vermittelt. Die Hyperkalzämiekann auch von Osteolysen imKnochen herrühren und istdann meistens zytokinbe-dingt. Eine 1,25(OH)2D3-Pro-duktion im Tumor ist selten.Mehrere Mechanismen kön-nen auch zusammentreffen.

– Die sogenannte humorale Hy-perkalzämie beim Malignom(HHM) hat eine schlechtePrognose, und der Patient hatmeist nur noch eine be-schränkte Lebenserwartung.Neue Therapien mit BIS kön-nen die Lebensqualität undgegebenenfalls auch die Pro-gnose verbessern (siehe Ka-pitel 17).

– Skelett und Nieren sind in dieHyperkalzämie mit einbezo-gen. Therapieziel muss dieReduktion der Tumormasse,die Suppression der osteo-klastären Resorption sowiedie Vermehrung der renalenKalzium-Ausscheidung sein.

Tab. 1. Differentialdiagnose der Hyper-kalzämie.

Malignome (MLN)

– Patienten sind im Gegensatz zumprimären HPT krank

– haben die klassischen Zeichen einerTumor-Erkrankung (nicht immer)

Symptome der Hyperkalzämie– MLN im Allgemeinen schon erkannt– occultes MLN weniger üblich

(aber möglich)– Hyperkalzämie ist Resultat der

Sekretion von1. PTHrP durch den Tumor2. Knochenresorbierende Zytokine

(Interleukin-1 und -6) werdensezerniert

3. Extrarenale Konversion von25(OH)D3 � 1,25(OH)2D3

4. Lokale knochenresorbierendeEffekte des Tumors(z.B. Mammakarzinom)

Abb. 1. Histologie einer Beckenkammbiopsie bei Bronchialkarzinom. Stimulation derosteoklastären Resorption (Osteoklasten rot) bei Infiltration des Markraumes. Un-entkalkte Präparation, saure Phosphatasereaktion (Prof. G. Delling).

8. Malignom und

Hyperkalzämie –

Pathophysiologie, Hormone

und andere Mechanismen,

Entstehung und Klinik