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Raumakustik Anhang B 9 Anhang B 9.1 Raumakustik, Labor An der TU-Graz ist diese Lehrveranstaltung derzeit ein Fach für die Studienrichtungen Elek- trotechnik-Toningenieur (Hauptkatalog „Akustik und Aufnahmetechnik“) und Elektrotechnik (Studienzweig „Informationstechnik“, Ergänzungskatalog „Audiotechnik“). Sie ist für Studie- rende im 5. oder 7. Semester als 2-stündige Laborübung vorgesehen und wird als Block abge- halten. Folgende Übungsblöcke werden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Raumakustik, Labor“ abgehalten: 1. Übungsblock: Messung der Nachhallzeit Die Nachhallzeit wird in unterschiedlichen Räumen gemessen und der Einfluss möglicher Fehlerquellen besprochen. Dabei wird sowohl mit der Impulsschallmethode als auch mit der Methode des abgeschalteten Rauschens gemessen und die Ergebnisse verglichen. Vorbereitung: Skriptum RA Kapitel 9.2 (Anhang A). 2. Übungsblock: Messung der akustischen Absorption bzw. Impedanz Im Impedanzrohr werden akustischen Eigenschaften verschiedener Absorbermaterialien bzw. deren Kombinationen gemessen. Im Vergleich dazu wird die akustische Absorption auch mit Hilfe des Kundtschen Rohres bestimmt. Vorbereitung: Skriptum RA Kapitel 2.3.1 und 9.3 (Anhang A). 3. Übungsblock: Bestimmung raumakustischer Gütemaße mit Hilfe der MLS-Methode Mit der MLS-Messtechnik werden die Impulsantwort und die wichtigsten Raumakustischen Gütemaße in verschiedenen Räumen ermittelt und mit den Messergebnissen aus Übungsblock 1 verglichen. Vorbereitung: Skriptum RA Kapitel 5.2 und 7.3. 4. Übungsblock: Computergestützte Simulation der Raumakustik I Während der Übung wird ein Softwarepaket zur Simulation der Raumakustik an Hand eines einfachen Beispiels vorgestellt. Im Anschluss wird von den ÜbungsteilnehmerInnen ein vor- gegebener Raum simuliert und die Ergebnisse interpretiert. 5. Übungsblock: Computergestützte Simulation der Raumakustik II Aufbauend auf Übungsblock 4 wird von den TeilnehmerInnen in Gruppen zu zwei Personen eine raumakustische Planung und Simulation eines konkreten Projekts durchgeführt. Die Art des Raumes, sein Verwendungszweck und die raumakustischen Anforderungen werden dabei vorgegeben oder können von den Gruppen in Absprache mit dem Übungsleiter ausgewählt werden. Institut für Breitbandkommunikation 167

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Raumakustik Anhang B

9 Anhang B

9.1 Raumakustik, Labor An der TU-Graz ist diese Lehrveranstaltung derzeit ein Fach für die Studienrichtungen Elek-trotechnik-Toningenieur (Hauptkatalog „Akustik und Aufnahmetechnik“) und Elektrotechnik (Studienzweig „Informationstechnik“, Ergänzungskatalog „Audiotechnik“). Sie ist für Studie-rende im 5. oder 7. Semester als 2-stündige Laborübung vorgesehen und wird als Block abge-halten. Folgende Übungsblöcke werden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Raumakustik, Labor“ abgehalten: 1. Übungsblock: Messung der Nachhallzeit

Die Nachhallzeit wird in unterschiedlichen Räumen gemessen und der Einfluss möglicher Fehlerquellen besprochen. Dabei wird sowohl mit der Impulsschallmethode als auch mit der Methode des abgeschalteten Rauschens gemessen und die Ergebnisse verglichen. Vorbereitung: Skriptum RA Kapitel 9.2 (Anhang A). 2. Übungsblock: Messung der akustischen Absorption bzw. Impedanz

Im Impedanzrohr werden akustischen Eigenschaften verschiedener Absorbermaterialien bzw. deren Kombinationen gemessen. Im Vergleich dazu wird die akustische Absorption auch mit Hilfe des Kundtschen Rohres bestimmt. Vorbereitung: Skriptum RA Kapitel 2.3.1 und 9.3 (Anhang A). 3. Übungsblock: Bestimmung raumakustischer Gütemaße mit Hilfe der MLS-Methode

Mit der MLS-Messtechnik werden die Impulsantwort und die wichtigsten Raumakustischen Gütemaße in verschiedenen Räumen ermittelt und mit den Messergebnissen aus Übungsblock 1 verglichen. Vorbereitung: Skriptum RA Kapitel 5.2 und 7.3. 4. Übungsblock: Computergestützte Simulation der Raumakustik I

Während der Übung wird ein Softwarepaket zur Simulation der Raumakustik an Hand eines einfachen Beispiels vorgestellt. Im Anschluss wird von den ÜbungsteilnehmerInnen ein vor-gegebener Raum simuliert und die Ergebnisse interpretiert. 5. Übungsblock: Computergestützte Simulation der Raumakustik II

Aufbauend auf Übungsblock 4 wird von den TeilnehmerInnen in Gruppen zu zwei Personen eine raumakustische Planung und Simulation eines konkreten Projekts durchgeführt. Die Art des Raumes, sein Verwendungszweck und die raumakustischen Anforderungen werden dabei vorgegeben oder können von den Gruppen in Absprache mit dem Übungsleiter ausgewählt werden.

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Anhang A Raumakustik

9.2 Messung der Nachhallzeit

9.2.1 Allgemeines

Die Grundlage der raumakustischen Messtechnik ist die Messung der Raumimpulsantwort. Aus ihr können die raumakustischen Gütemaße und die Nachhallzeit des Raumes berechnet werden. Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich in der Art, wie die Impulsantwort gemessen wird. Durch unterschiedliche Erregersignale ergeben sich große Differenzen in Bezug auf Si-gnal-Störabstand, Messgenauigkeit und Energiegehalt des Erregersignals. Die Voraussetzung der statistischen Raumakustik ist ein diffuses Schallfeld. Um diese Diffu-sität zu erzeugen, sind Erregersignale mit hoher Energie erforderlich, welche auch in großen Räumen eine gleich verteilte Energiedichte hervorrufen. Weiters ist ein bestimmter Mindest-schalldruck nötig, um je nach Messverfahren den benötigten Signal-Stör-Abstand zu gewähr-leisten. Die Nachhallzeit in Räumen für Sprach- und Musikdarbietungen wird vorzugsweise in Oktav-Frequenzbändern von 63 Hz bis 4 kHz gemessen. Sind die Räumlichkeiten für andere Zwecke ausgelegt, kann in Terz-Frequenzbändern von 100 Hz bis 5 kHz gemessen werden. Für Messungen in Oktavbandbreite ist die Bandbreite des Erregungssignals größer als eine Oktav und für Messungen in Terzbandbreite größer als eine Terz zu wählen.

9.2.2 Definitionen

9.2.2.1 Abklingkurve Als Abklingkurve wird die zeitliche Abnahme des Schalldruckpegels an einem Ort in einem Raum nach Verstummen der Schallquelle bezeichnet. Dieser Abklingvorgang kann entweder nach dem tatsächlichen Abschalten einer kontinuierlich betriebenen Schallquelle im Raum gemessen oder aus einer Rückwärtsintegration der quadrierten Impulsantwort des Raumes ab-geleitet werden.

9.2.2.2 Besetzungszustände Die in einem Raum gemessene Nachhallzeit wird durch die Anzahl der anwesenden Personen beeinflusst. Für Messzwecke werden die folgenden Besetzungszustände definiert: ANMERKUNG: In Theatern ist zwischen "Sicherheits-Vorhang offen" und "Sicherheits-Vor-hang geschlossen", zwischen "Orchestergraben offen" und "Orchestergraben geschlossen" sowie zwischen "Orchester auf der Bühne" zu unterscheiden. Messungen können je nach An-wendungsfall in allen diesen Fällen sinnvoll sein. Bei offenem Sicherheits-Vorhang ist die Bühnenausstattung von Bedeutung und zu beschreiben.

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Raumakustik Anhang B

Unbesetzter Zustand

Darunter versteht man den gebrauchsfertigen Raum, bereit für Sprecher oder ausführende Künstler und das Publikum, jedoch ohne Anwesenheit dieser Personen. Für Konzertsäle oder Opernhäuser ist das Vorhandensein von Gestühl für die Ausführenden, von Notenpulten und diversen Instrumenten usw. zu berücksichtigen.

Besetzter Zustand

Ein Auditorium oder Theater kann als "besetzt" angesehen werden, wenn 80% bis 100% der Sitzplätze besetzt sind.

9.2.3 Messbedingungen

9.2.3.1 Allgemeines Messungen der Nachhallzeit können bei einem bestimmten Besetzungszustand oder bei allen diesen Zuständen erfolgen. Falls im Raum Vorrichtungen vorhanden sind, mit denen verän-derbare Akustik-Bedingungen eingestellt werden können, kann es wichtig sein, getrennte Messungen für jede der Normal-Einstellungen dieser Vorrichtungen vorzunehmen. Tempera-tur und relative Feuchte der Luft im Raum sind mit einer Genauigkeit von +/- 1°C bzw. +/- 5% zu messen, wenn das Raumvolumen mehr als 200m3 beträgt.

9.2.3.2 Apparaturen zur Messung der Nachhallzeit

Schallquelle

Es sollte eine Schallquelle mit möglichst kugelförmiger Richtcharakteristik (Kugelstrahler) benutzt werden. Sie muss einen genügend hohen Schallpegel erzeugen, sodass sich Abkling-kurven mit dem erforderlichen Mindest-Dynamikbereich ohne ungünstigen Störpegel-Ein-fluss ergeben. Zur Messung ist eine Schallquelle erforderlich, deren Abstrahlung um wenig-stens 45dB über dem Störpegel im jeweiligen Frequenzband liegt. Wenn nur T20 gemessen wird, so genügt es, einen Pegel von wenigstens 35dB über dem Störpegel zu erzeugen.

Mikrofone

Zur Ermittlung des Schalldrucks sind Mikrofone mit kugelförmiger Richtcharakteristik (Ku-gelmikrofone) zu benutzen, deren Ausgangssignale entweder:

• direkt einem Verstärker, Filter und einem Gerät zur Darstellung der Abklingkurven oder einem Analysator zur Ermittlung der Impulsantwort zugeleitet werden oder

• zu einem Aufzeichnungsgerät zu späterer Analyse gelangen. Das Mikrofon sollte möglichst klein sein und vorzugsweise einen Membrandurchmesser von höchstens 13mm haben. Mikrofone mit Durchmesser bis zu 26mm sind zulässig, wenn sie reine Druckempfänger oder als Freifeld-Mikrofone mit einem Diffusor-Vorsatz ausgestattet sind, womit sich bei diffusem Schalleinfall eine frequenzunabhängige Übertragungscharakte-ristik ergibt.

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Anhang A Raumakustik

Übersteuerungsanzeigen

Übersteuerung darf auf keinen Fall in irgend einer Stufe der Messapparatur auftreten. Beim Gebrauch von Impuls-Schallquellen sind zur Überwachung vor Übersteuerungen Spitzenwert-Anzeiger zu benutzen.

9.2.3.3 Messpunkte

Mikrofonstellungen müssen mindestens eine halbe Wellenlänge voneinander entfernt sein, d.h. im üblichen Frequenzbereich einen gegenseitigen Minimalabstand von 2m haben. Der Minimalabstand ist 1,5m. Der Abstand jeder Mikrofonstellung von der nächst gelegenen reflektierende Oberfläche ein-schließlich dem Fußboden muss mindestens eine Viertel-Wellenlängen betragen, was einem Abstand von 1m entspricht.

dmin

dmin

2m

1m

1m

1m

1m

Abb. 8.1: Abstand der Mikrofone von der Schallquelle in der Horizontalebene In Räumen für Sprach- und Musikdarbietungen hat die Höhe der Mikrofone über dem Fußbo-den 1,2m zu betragen, entsprechend der Höhe des Ohrs durchschnittlicher Zuhörer auf typi-schen Sitzen. Kein Mikrofon darf zu nahe an einer Schallquellen-Stellung liegen, um starken Direktschall-Einfluss zu vermeiden. Der Minimalabstand dmin [m] kann aus dem Volumen V [m3] und ei-nem Schätzwert der Nachhallzeit T [s] berechnet werden:

min 2 Vdc T

= ⋅⋅

c ... Schallgeschwindigkeit [m/s]

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Raumakustik Anhang B

dmin

dmin

2m

1,2m

1,2m

Abb. 8.2: Mindestabstand der Mikrofone von der Schallquelle in der Vertikalebene In kleinen Räumen sind diese Anforderungen oft nicht erfüllbar. In derartigen Fällen wird zur Messung der Nachhallzeit T empfohlen, den Direktschall dadurch auszublenden, dass ein Schallschirm zwischen Schallquelle und Empfänger angeordnet wird.

Geringe Messpunktdichte (geringer Mess-Aufwand)

Werden Messungen zur Bestimmung von Raum-Absorption oder der Nachhallzeit für die Auslegung von Beschallungsanlagen durchgeführt, so bedient man sich einer kleinen Mess-punktdichte. Es sind Messungen für 2 Quellpositionen durchzuführen. Diese Quellpositionen müssen re-präsentativ für all jene Positionen sein, an denen sich Schallquellen bzw. Aufführende befin-den. Weiters ist der Mittelwert an drei oder vier Mikrofonpositionen in Flächenbereichen zu be-stimmen, die üblicherweise mit Zuhörern besetzt sind. Wenn die Abweichungen zwischen der an den Einzel-Positionen (Mikrofonpositionen) ge-messenen Ergebnisse die (zweckmäßig ) vorgegebenen Abweichgrenzen überschreiten, ist die Anzahl der Positionen zu erhöhen.

Normale Messpunktdichte

Werden Messungen zur Überprüfung des akustischen Verhaltens eines Bauwerkes gegenüber Planungsvorgaben durchgeführt, so bedient man sich der normalen Messpunktdichte. Die Anzahl und Lage der Schallquellen-Positionen ist so zu wählen, dass zusätzlich zur Hauptbühne alle Flächen erfasst werden, die mit Ausführenden besetzt werden (z.B. Zonen über Bühne, Podien, Orchestergräben usw.).

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Anhang A Raumakustik

Es sind mindestens 2 Quellenstellungen zu wählen. Die Verteilung der Mikrofonstellungen muss die wesentlichen Einflüsse berücksichtigen, die unterschiedliche Nachhallzeiten im Raum hervorrufen kann. Beispiele dafür sind die Unter-schiede für Sitzzonen nahe den Wänden, unter Rängen oder in angekoppelten Räumen (z.B. in Quer- und Altarschiffen von Kirchen, im Vergleich zum Hauptschiff). Dies erfordert eine Beurteilung der Gleichmäßigkeit der „akustischen“ Verteilung auf die ver-schiedenen Benutzungsflächen, der Gleichförmigkeit der Koppelung der einzelnen Volumen-teile und der Annäherung an örtlich bedingte Störungen. Für die Nachhallmessung kann es nützlich sein, den Raum bezüglich folgender Kriterien zu beurteilen, um zu entscheiden, ob der Raum durch einzelne, räumliche Mittelwerte angemes-sen beschrieben werden kann. Falls

• die Materialien der Raumoberfläche gegebenenfalls auch abgehängter Elemente, so beschaffen sind, dass sie bzgl. Ihrer Absorptions- und Diffusions-Eigenschaften annähernd gleichmäßig innerhalb der den Raum umgebenden Flächen verteilt sind

• alle Teile des Raumvolumens annähernd gleichförmig miteinander in Verbindung stehen, so genügen 3 oder 4 Mikrofonstellungen, wobei diese so zu wählen sind, dass sie eine Bezugsfläche in einer Anordnung mit etwa gleichen Abständen über-decken, und die Messergebnisse können gemittelt werden. In Räumen für Musik und Sprachdarbietungen hat die Höhe der Mikrofone über dem Fußboden 1,2 m zu betragen, entsprechend der Höhe des Ohrs durchschnittlicher Zuhörer auf typi-schen Sitzen.

9.2.4 Messverfahren

9.2.4.1 Allgemeines In dieser Lehrveranstaltung werden zwei Verfahren zur Messung der Nachhallzeit verwendet: das Verfahren des abgeschalteten Rauschens und das Verfahren der Impulsschallmessung.

9.2.4.2 Verfahren des abgeschalteten Rauschens

Eine sehr energiereiche Anregung des Raumes ist mit Rauschen möglich. Rauschen ist ein Si-gnal, bei dem alle Frequenzen statistisch verteilt gleichmäßig auftreten. Wird der Raum mit Rauschen angeregt, sind jedoch Amplitude und Phasenlage rein zufällig und nicht mehr re-produzierbar. Um diese statistischen Schwankungen, die nicht vom Raum abhängig sind, aus-zugleichen, werden sehr viele Messungen gemittelt.

Anregung des Raumes

Die Anregungsdauer des Raumes muss so lang sein, dass das Schallfeld den stationären Zu-stand erreicht, bevor der Abklingvorgang einsetzt. Dazu ist es erforderlich, das Signal minde-stens T/2 lang abzustrahlen. Bei großem Raumvolumen muss die Anregungsdauer mindestens eine Sekunde betragen.

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Raumakustik Anhang B

Die Schallquelle sollte allseitig so gleichmäßig wie möglich abstrahlen.

T60

Signalgenerator und Analysator

LD 2900

Messmikrofon Lautsprecher

Abb. 8.3: Schematischer Aufbau zur Messung der Nachhallzeit mit Rauschen als Anregung

Anzahl der Messungen

Die Anzahl der Mikrofonstellungen richtet sich nach der erforderlichen Messpunktdichte. Wegen der Zufallseigenschaft des Anregungssignals ist es jedoch notwendig, über eine gewisse Anzahl von Messungen an jedem Messpunkt zu mitteln, um eine ausreichende Wiederholbarkeit zu erreichen. Es sind deshalb an jedem Messpunkt mindestens 3 Messungen vorzunehmen, deren Ergebnisse gemittelt werden.

9.2.4.3 Verfahren der Impulsschallmessung Die Impulsantwort von einer Quellen- zu einer Empfänger-Position ist eine wohldefinierte Größe, die auf unterschiedliche Art gemessen werden kann. Der Impuls kann mittels Pisto-lenknallen, Funkenstrecken, Rausch-Impulsen usw. erzeugt werden. Elektroakustische Anla-gen werden dafür nicht verwendet, da sie in den meisten Fällen übersteuert werden würden.

T60

Analysator LD 2900

Messmikrofon

Abb. 8.4: Schematischer Aufbau der Nachhallzeitmessung bei impulshafter Anregung

Die Impulsantwort kann direkt gemessen werden, wenn eine Impuls-Schallquelle wie ein Pi-stolenknall oder eine andere, selbst nicht nachhallende Quelle benutzt wird, vorausgesetzt, dass dessen Spektrum hinrechend breit ist.

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Anhang A Raumakustik

Die Impulsschallquelle muss einen solchen Spitzen-Schalldruckpegel erzeugen können, dass der Beginn der Abklingkurve mindestens 45 dB über dem Störpegel im jeweiligen Frequenz-band liegt. Diese Forderung kann vor allem bei größeren Räumen nicht mehr erfüllt werden. Sollte nur T20 gemessen werden, so genügt es einen Pegel zu erzeugen, der wenigstens 35 dB über dem Störpegel liegt.

Der Vorteil des Impulses gegenüber dem oben behandelten Rauschen ist, dass keine anre-gungsbedingten Schwankungen vorhanden sind, da der Impuls eine genau definierte Ampli-tuden- und Phasenlage besitzt. Die Nachhallzeit, als Funktion der Frequenz, ergibt sich durch Auswertungen in Oktav- bzw. Terzbändern. Ein weiterer Vorteil ist der geringe Messaufwand durch die einfache Impulserzeugung.

9.2.5 Auswertung der Abklingkurve

9.2.5.1 Verfahren des abgeschalteten Rauschens

Bei Messungen nach dem Verfahren des abgeschalteten Rauschens werden die Abklingkurven über den Bereich von 5 dB bis 35 dB unter dem Anfangspegel ausgewertet, um T30 und von 5 dB bis 25 dB unter den Anfangspegel ausgewertet, um T20 zu bestimmen. In diesem Bereich ist die Kurve rechnerisch durch eine Gerade mit kleinster quadratischer Abweichung anzunähern, oder es wird, falls die Abklingkurve direkt durch mit einem Pegel-schreiber aufgezeichnet wurde, von Hand eine Gerade so gut wie möglich an die Kurve ange-passt. Die Neigung der Geraden ergibt die Pegelabnahme in dB/sec, woraus die Nachhallzeit errechnet wird. Falls das Verfahren zur Bestimmung der Nachhallzeit darauf beruht, dass Pegelschreiber-Dia-gramme ausgewertet werden, so kann eine visuell bestimmte Linie bester Anpassung durch eine berechnete Regressionsgerade ersetzt werden. Diese ist jedoch nicht so zuverlässig wie eine Regressionsanalyse. Das zur Bestimmung der Pegelabnahme verwendete Verfahren ist im Prüfbericht anzugeben.

Der niedrigste Punkt im Messbericht muss einen ausreichenden Abstand vom Störsignal ha-ben. Für Messungen von T30 muss der Störabstand mindestens 45 dB unter dem Anfangspegel liegen. Bei Messungen über einen Bereich von 20 dB muss der Störabstand mindestens 35 dB niedriger als der Anfangpegel sein.

9.2.5.2 Verfahren der integrierten Impulsantwort (Impulsschallmessung)

Für Messungen die nach dem Verfahren der integrierten Impulsantwort ausgeführt werden, muss die Aufzeichnung zwischen den Pegeln 5 dB unter dem integrierten Gesamtpegel bis wenigstens 25 dB unter diesem Pegel ausgewertet werden. Die ergibt einen Dynamikbereich für die Messung von mindestens 20 dB, jedoch sollte möglichst ein Bereich von 30 dB be-nutzt werden, und der Messbereich ist in jedem Falle im Bericht anzugeben.

Zur Bestimmung der Neigung für die Ermittlung der Nachhallzeit ist eine Gerade nach dem Verfahren der kleinsten Quadrate anzupassen.

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Raumakustik Anhang B

9.2.6 Räumliche Mittelung

Zur Bestimmung räumlicher Mittelwerte können die für den Bereich aller Quellen- und Mi-krofonstellungen gemessenen Ergebnisse entweder für getrennt ausgewiesene Flächenberei-che oder für den Raum als Ganzes kombiniert werden. Diese räumliche Mittelung ist nach ei-nem der beiden folgenden Verfahren vorzunehmen. Das benutzte Verfahren ist im Prüfbericht anzugeben.

a) Arithmetische Mittelung der Nachhallzeiten

Das räumliche Mittel wird erhalten, indem der Mittelwert der einzelnen Nach-hallzeiten für alle wesentlichen Quellen- und Mikrofonstellungen gebildet wird. Die Standardabweichung kann zur Beurteilung der Genauigkeit und der räumlichen Varianz der Nachhallzeit bestimmt werden.

b) Scharmittelung der Abklingkurven

Die einzelnen Abklingvorgänge werden mit synchronisierten Anfangspunkten überlagert. Die Quadrate der Schalldruckverläufe werden für jedes Inkrement des Zeitintervalls der Abklingvorgänge aufsummiert, und die Folge dieser Summen dient dann als Gesamt-Abklingvorgang zur Errechnung von der Nachhallzeit T.

9.2.7 Darstellung der Ergebnisse

Die für jede Messfrequenz ermittelten Nachhallzeiten sind in Diagrammform und als Tabellen anzugeben.

In den Diagrammen werden die Punkte durch gerade Linien miteinander verbunden. Die Ab-szisse stellt die Frequenz in logarithmischem Maßstab dar, wobei 1,5 cm einer Oktave ent-sprechen. Die Ordinate trägt entweder einen lineare Zeitskala, auf der 2,5 cm einer Sekunde entsprechen, oder eine logarithmische Skala mit 10 cm entsprechend 1 Dekade. Die Nenn-werte der Bandmittenfrequenzen für Oktavbänder sollten auf der Frequenz-Achse markiert werden. Ein Einzahl-Wert T30,mid der Nachhallzeit kann durch Mittelung von T30 in den 500 Hz und 1000 Hz Bändern errechnet werden (auch T20 kann verwendet werden). Alternativ werden die sechs Terzbänder von 400Hz bis 1250 Hz gemittelt.

9.2.8 Prüfbericht

Im Prüfbericht ist anzugeben, dass die Messung in Übereinstimmung mit diesen Internatio-nalen Normen ausgeführt wurde. Der Bericht muss enthalten:

a) Name und Ort des untersuchten Raumes

b) Einen Grundriss des Raumes mit Maßstabs-Angaben

c) Das Raumvolumen (Anmerkung: Falls es sich nicht um einen vollständig ge-schlossenen Raum handelt, ist zu erläutern, wie das Raumvolumen definiert wird)

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d) Bei Räumen für Sprach- und Musikdarbietung: Anzahl und Typ der Sitze. Anga-ben über Polsterungen mit Position, Dicke, Art und Material der Polsterung falls vorhanden

e) Eine Beschreibung des Materials der Wände und der Decke

f) Den Bezugs-Zustand oder die Bezugs-Zustände während der Messung sowie An-zahl der anwesenden Personen

g) Den Zustand einer veränderlichen Ausstattung wie Vorhänge, Beschallungsanla-gen, elektronische Nachhallverlängerungs-Systeme usw.

h) Bei Theatern, ob der Sicherheits- und der normale Vorhang gehoben oder ge-schlossen waren

i) Falls zutreffend eine Beschreibung der Bühnenausstattung, evtl. einschließlich ei-nes Konzertzimmeraufbaues usw.

j) Temperatur und rel. Feuchte im Raum während der Messung

k) Typ und Aufstellung der benutzten Schallquellen

l) Eine Beschreibung des verwendeten Schallsignals

m) Die gewählte Messpunktdichte, dazu Einzelheiten zu den Mikrofonstellungen, möglichst auf einer Grundskizze darstellen, mit den Höhen der Mikrofone

n) Eine Beschreibung der Messapparatur, der Schallquelle und der Mikrofone, An-gabe, ob Tonbandaufzeichnungen verwendet wurden

o) Datum der Messung und Bezeichnung der Prüfstelle

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9.3 Messung akustischer Materialparameter mittels Impedanzrohr

Die Messung der akustischen Materialparameter mit einer ebenen Schallwelle kann grund-sätzlich in zwei Arten eingeteilt werden. Die Stehwellenmethode nach ISO 10534-1 und die Übertragungsfunktionsmethode nach ISO 10534-2. Für die Messung wird in beiden Fällen die Ausbreitung einer eindimensionalen Welle mit senkrechter Reflexion benötigt. Dieser Fall lässt sich besonders gut in einem Rohr erzeugen, das an beiden Enden senkrecht abgeschlos-sen ist. Bei den behandelten Messsystemen ist ein Ende durch eine Materialprobe senkrecht abgeschlossen. Das andere Ende wird durch eine über den gesamten Querschnitt möglichst gleich schwingende Kolbenmembran angeregt.

Der nächste Abschnitt soll die theoretischen Hintergründe der beiden Messsysteme darlegen und die Vorteile der Übertragungsfunktionsmethode zeigen.

9.3.1 Stehwellenverhältnismethode nach ISO 10534-1

Bei der Stehwellenmethode wird über einen Schallwandler eine sinusförmige Schallwelle in das Impedanzrohr eingespeist. Diese Schallwelle breitet sich im Impedanzrohr unter be-stimmten Fällen, die nachfolgend erläutert werden, eindimensional aus und wird am Rohrende reflektiert. Die reflektierte Welle überlagert sich mit der hinlaufenden Welle und bildet eine Stehwelle im Impedanzrohr. Da die reflektierte Welle und damit die Stehwelle vom akusti-schen Verhalten des Rohrabschlusses abhängig ist, kann durch das Messen der Druckminima und Druckmaxima der Reflexionsfaktor des Rohrabschlusses (der Probe) bestimmt werden. Die Druckminima und Druckmaxima werden dabei mittels einer Sonde gemessen.

Die ebene Schallwellenausbreitung im Impedanzrohr ist durch die Geometrie des Rohres fest-gelegt. Es ist somit der Messbereich des Impedanzrohres von seinen Abmessungen abhängig. Die untere Grenzfrequenz erhält man dadurch, dass für die Messung zwei Druckminima er-forderlich sind und dass das erste Minimum im Extremfall (schallharte Wand) genau um 4λ von der reflektierenden Oberfläche entfernt ist. Daraus lässt sich bei gegebener Rohrlänge die theoretische untere Grenzfrequenz berechnen: ,u tf

,3 3 4 4R u t

R

cl fl

λ ⋅≥ ⇒ =

Von der Rohrlänge wird noch viermal der Durchmesser abgezogen, da sich erst ab die-sem Abstand eine ebene Welle über den gesamten Rohrquerschnitt ausbilden kann. Somit er-gibt sich die untere Grenzfrequenz aus

Rl d

uf

fu = 3c / 4 (lR-4d)

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Die obere Grenzfrequenz wird durch den Rohrdurchmesser bestimmt. Um sicherzustellen, dass im Impedanzrohr nur ebene Wellen entlang des Rohres auftreten, soll der Rohrdurch-

messer

of

2d λ< sein. Ist die Wellenlänge der Schallwelle kleiner, können sich auch Quermo-

den im Impedanzrohr ausbilden, und die Bedingung einer ebenen Schallwelle über den Rohr-querschnitt ist nicht mehr erfüllt. Dadurch ergibt sich eine obere Grenzfrequenz von of

2o

cfd

=⋅

.

Der Frequenzbereich, in dem man Untersuchungen im Impedanzrohr machen kann, liegt so-mit zwischen den beiden Grenzfrequenzen und . uf of

Nimmt man ein Rohr mit und 2 mRl = 0,1 m d = ergibt sich für den verwendbaren Fre-quenzbereich

3 343,3 135,5 Hz4 2 4 0,1uf

⋅= =

⋅ − ⋅

343,3 1716,5 Hz2 0,1of = =⋅

Um den Zustand im Rohr beschreiben zu können, wird der Schalldruckverlauf in eine hinlau-fende und in eine zurücklaufende Schallwelle zerlegt.

( ) -, jkx j t jkx j th rp x t p e e p e eω ω= + (9.1)

Da das Impedanzrohr bei der Stehwellenmethode für eine hinreichend tiefe Grenzfrequenz sehr lang sein muss, tritt eine Dissipation der Schallwelle auf. Diese Dissipation beeinflusst das Messergebnis. Sie setzt sich aus dem Einfluss der Reibung der schwingenden Luftsäule an der Rohrwand und der durch Kompression und Dilatation des Schallfeldes verloren gegange-nen Energie zusammen. Bei diesen adiabatischen Druckschwankungen treten im Schallfeld Temperaturschwankungen auf, die teilweise nicht mehr in Form von Schallenergie zurückge-wonnen werden können.

Diese Einflüsse lassen sich durch die Erweiterung der Ausbreitungskonstanten Γ erfassen. Die zuerst rein imaginäre Ausbreitungskonstante jkΓ = wird nun um den reellen Faktor γ erweitert.

jkΓ γ= +

Gl. (5.1) erhält dadurch folgende Form:

( , ) x jkx j t x jkx j th rp x t p e e p e eγ ω γ− − += + ω

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Raumakustik Anhang B

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Durch Umformen ergibt sich

( ) 2 2, 1jkx x j kx x j trh

h

pp x t p e e e

pγ γ− − +

⎡ ⎤= ⋅ + ⋅⎢

⎢ ⎥⎣ ⎦

ω⋅⎥ (9.2)

Dividiert man die reflektierte Welle durch die hinlaufende Welle, erhält man den Reflexions-faktor ( )r x .

( )( )( )

42

xj xr

h

p xr x e e

p x

πγλ= ⋅ ⋅

Der Betrag des Reflexionsfaktors nimmt in Richtung der Quelle (negative x-Richtung) mit 2 xe γ ab. Er hat am Ende des Rohres bei 0x = den Maximalwert.

Daraus ergibt sich:

( )( )( )

00

00

0jr

h

pr r

pe δ= = ⋅

Dieses Ergebnis in Gl. (5.2) eingesetzt ergibt:

( ) ( )( )02 201 j kx xjkx x j t

hp x p e r e eδ γγ ω+ +− −= ⋅ + ⋅ ⋅

Der Ausdruck in der Klammer beschreibt die Druckverteilung im Rohr. Für die nachfolgen-den Betrachtungen wird der Dämpfungsterm vernachlässigt.

Abb. 8.5: Druckverlauf im Impedanzrohr bei einer Reflexion von 0 0,8r =

Das Verhältnis von ( )( )h

p x

p x ist ein Zeiger, dessen Zeigerspitze einen Kreis mit dem Radius

0r beschreibt.

( )( )0

0h

p

p

( )( )h

p x

p x

0x =

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Anhang A Raumakustik

Dieser Zeiger erreicht seinen Maximalwert bei

( )( )

max01

h

p xr

p x= +

und seinen Minimalwert bei

( )( )

min01

h

p xr

p x= − .

Bildet man jetzt den Quotienten von Minima zu Maxima, lässt sich sofort der Betrag des Re-flexionsfaktors berechnen.

( )( )

0min

0max

11

p x rrp x

−=

+

Umgeformt ergibt das

( )( )( )( )

min

max0

min

max

1

1

p x

p xr

p x

p x

=

+

.

Mit der Definition des Stehwellenverhältnisses

( )( )

min

max

p xm

p x=

ergibt sich für den Betrag des Reflexionsfaktors

011

mrm

−=

+

Um den Winkel 0δ zu erhalten, nimmt man Gl. (9.2) und fordert, dass die Exponentialfunk-tion 1 wird.

( )

( ) ( )

( )

02

0

0

0

12 2 1 0

2 14

42 1 2 2 1

j kxekx n x

x n

xn kx n

δ

δ π

δλπ

δ π πλ

+ = −

+ = − + <

⎛ ⎞− = + +⎜ ⎟⎝ ⎠

⎛ ⎞= − + + = − + +⎜ ⎟⎝ ⎠

180 Institut für Breitbandkommunikation

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 181

Für das erste Minimum an der Stelle x−Δ erhält man somit

0

0

1 04

41

x n

x

δλΔπΔδ πλ

⎛ ⎞− = + =⎜ ⎟⎝ ⎠

⋅⎛ ⎞= − +⎜ ⎟⎝ ⎠

Bis jetzt wurden die Verhältnisse im Rohr beschrieben, ohne dabei die Rohrverluste berück-sichtigt zu haben.

In Gl. (9.2) wurde der Dämpfungsbelag bereits eingeführt. Dieser ist aufgrund der homogenen Beschaffenheit der Rohrinnenwand konstant.

Abb. 8.6: Stehende Welle im Impedanzrohr [ISO 10534-1, S.3]

Abb. 8.6 zeigt den Druckverlauf im Impedanzrohr unter Berücksichtigung der Dissipation. Will man nun den Betrag eines am Ort 0x = befindlichen Materials bestimmen, muss man den im Rohr ermittelten Betrag des Reflexionsfaktors ( )r x auf den Ort beziehen: 0x =

( ) ( ) 20 xr x r e γ= ⋅

Zur Bestimmung des Reflexionsfaktors an der Stelle 0x = , muss der Dämpfungsbelag γ er-mittelt werden. Aus zwei Reflexionsfaktormessungen an der schallharten Wand kann man den Dämpfungsbelag bestimmen.

( )( )

( )min,1min,1 min,2

min,2

2min,1 20

2min,2 0

xx x

x

r x r ee

r x r e

γγ

γ−⋅

= =⋅

min,1 min,2 2x x λ

− =

( )( )

min,1

min,2

1 Nln inm

r x

r xγ

λ

⎡ ⎤ ⎡ ⎤⎢ ⎥= ⎢ ⎥⎢ ⎥ ⎣ ⎦⎣ ⎦

p

x l= −

( )max 1p x

( )0p

( )min,1p x ( )min,2p x

( )p x

0x =

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Anhang A Raumakustik

182 Institut für Breitbandkommunikation

Somit kann man von einem Reflexionsfaktor ( )r x , der am Ort x gemessen wurde, auf einen

Reflexionsfaktor ( )0r zurückrechnen.

( ) ( ) 20 xr r x e γ−= ⋅

9.3.2 Übertragungsfunktionsmethode nach ISO 10534-2

Bei der Übertragungsfunktionsmethode dient als Schallquelle ein Rauschgenerator der breit-bandiges weißes Rauschen erzeugt. Dieses Signal wird über einen Lautsprecher in das Impe-danzrohr eingekoppelt. Die Signalerfassung erfolgt über zwei Mikrofone, die an fixen Posi-tionen 1x und 2x an der Rohrinnenwand montiert sind und die dort auftretenden Schall-drücke messen. Diese werden dann in eine komplexe Übertragungsfunktion umgerechnet. Wenn die Übertragungsfunktion gegeben ist, lassen sich der Reflexionsfaktor r , der Absorp-tionsgrad α und die akustische Impedanz aZ berechnen.

Die Messmethode basiert auf dem Faktum, dass der Reflexionsfaktor r aus der gemessenen Übertragungsfunktion 12H M M zwischen zwei Mikrofonen und bestimmt werden kann. 1 2

Abb. 8.7 zeigt die Schnittzeichnung eines Impedanzrohres mit zwei Mikrofonen. Der Laut-sprecher liegt bei x l=

M M

. Er erzeugt ein stationäres Rauschsignal, das an der Probenoberfläche teilweise reflektiert wird. Es entsteht ein resultierendes Wellenfeld, das sich aus der Überlage-rung der einfallenden Welle und der reflektierten Welle ergibt. Die Mikrofone und messen den resultierenden Schalldruck an ihren jeweiligen Positionen.

1 2

Abb. 8.7: Schnittzeichnung des Impedanzrohres mit einfallender ( hp ) und reflektierter ( rp ) Komponente des

stationären Rauschsignals [B&K: Impedanzmessrohr mit zwei Mikrofonen, S.3]

Die obere Grenzfrequenz berechnet sich gleich wie bei der Stehwellenmethode. Die untere Grenzfrequenz ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen Mikrofondurchmesser und -abstand: Der Mikrofonabstand soll größer als der 5-fache Mikrofondurchmesser sein, damit die Mikrofone die Druckunterschiede noch auflösen können.

Generell soll eine hohe obere Grenzfrequenz bei guter tieffrequenter Auflösung ewrreicht werden. Daraus ergibt sich dann die praktische Realisierung von Rohrlänge, Mikrofonabstand und Frequenzauflösung.

1x 2x

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 183

Die einfallende Welle hp und die reflektierte Welle rp des Schalldrucks an der Position x sind:

, (0) jkxh x hp p e= ⋅

und

, (0) jkxr x rp p e−= ⋅ .

Die Überlagerung des Wellenfeldes für einen bestimmten Zeitpunkt t ergibt an den Mikro-fonpositionen 1x und 2x folgende Beziehungen für die Schalldrücke:

11 (0) (0) 1jkx jkx

h rp p e p e−= ⋅ + ⋅ (9.3)

und 2

2 (0) (0) 2jkx jkxh rp p e p e−= ⋅ + ⋅ . (9.4)

Für die Übertragungsfunktionen muss man in den Frequenzbereich wechseln und den zeitli-chen Schalldruckverlauf ( ),p x t mittels Fouriertransformation in den Frequenzbereich trans-

formieren ( ( ),p x ω ).

( ) ( ){ } ( ) ( )111 1, , 0 0 1jkx jkx

h rp x F p x t p e p eω = = ⋅ + ⋅

( ) ( ){ } ( ) ( )222 2, , 0 0 2jkx jkx

h rp x F p x t p e p eω = = ⋅ + ⋅

Die Übertragungsfunktion ergibt sich durch Division der Fouriertransformierten von Gl. (9.4) durch Gl. (9.3).

( )( )

( ) ( )( ) ( )

2 2

1 1

212

1

0 0,

, 0 0

jkx jkxh r

jkx jkxh r

p e p ep xH

p x p e p e

ω

ω

⋅ + ⋅= =

⋅ + ⋅ (9.5)

Zur Berechnung der akustischen Gütemaße ist es sinnvoll, die Übertragungsfunktionen nur für die hinlaufende Welle hH bzw. für die reflektierte Welle rH zu definieren.

Diese Übertragungsfunktionen stellen aber nichts anderes als einen Phasenfaktor zwischen den Mikrofonen und dar. Dieser Phasenfaktor beschreibt zu einem bestimmten Zeit-punkt t die räumliche Phase der Schalldruckwelle zwischen den Mikrofonen und .

1M 2M

1M 2M

Die Übertragungsfunktion für die hinlaufende Welle lautet

( )1 22

1

jk x x jkshh

h

pH e

p− − −= = = e

2

, (9.6)

wobei hier (Mikrofonabstand) ist. 1s x x= −

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Anhang A Raumakustik

184 Institut für Breitbandkommunikation

Die Übertragungsfunktion für die reflektierte Welle lautet:

( )1 22

1

jk x x jksrr

r

pH e

p−= = = e (9.7)

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-3

-2.5

-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

Frequenz [Hz]

Betrag Phase [Rad]

Abb. 8.8: Betrag und Phase von hH (s = 0,1 m)

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

0.5

1

1.5

2

2.5

3Hr

Frequenz [Hz]

Betrag Phase [Rad]

Abb. 8.9: Betrag und Phase von rH (s = 0,1 m)

Setzt man nun in Gl. (9.5)

r hp r p= ⋅ ,

ergibt sich folgende Form:

( ) ( )( ) ( )

2 2 2 2

1 1 1120 0

0 0

jkx jkx

1

jkx jkxh h

jkx jkx jkx jkxh h

p e r p e e r eHp e r p e e r e

− −

− −

⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅= =

⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅

Aus dieser Gleichung lässt sich jetzt der komplexe Reflexionsfaktor r berechnen.

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 185

( )

( )

2 2

1 1

1 1 2 2

1 2 2 1

1 2 2 1

2 1 1 2

1 2 2

12

12

12 12

12 12

12 12

12 12

jkx jkx

jkx jkx

jkx jkx jkx jkx

jkx jkx jkx jkx

jkx jkx jkx jkx

jkx jkx jkx jkx

jkx jkx jkx

e r eHe r e

H e r e e r e

H r e r e e H e

r H e e e H e

e H e H e erH e e e H e

− −

− −

− −

− − − −

+ ⋅=

+ ⋅

⋅ + ⋅ = + ⋅

⋅ ⋅ − ⋅ = − ⋅

⋅ ⋅ − = − ⋅

− ⋅ ⋅ −= =

⋅ − − ⋅

( )( )

( )( )( )( )

1

1 2 12 1 1

2 1 1 1 2 1

1212

12 12

jkx

jk x x jkxjkx jkx jkx

jkx jkx jkx jk x x jkx

H e eH e e er

e e H e e H e

− −−

− − − −

− ⋅− ⋅ ⋅= =

⋅ − ⋅ − ⋅

( )( )

112 2

12

jksj kx

jks

H er e

e H

−−= ⋅

Setzt man noch Gl. (9.6) und Gl. (9.7) ein, erhält man

( )( )

112 2

12

h j kx

r

H Hr

H H−

= ⋅−

e (9.8)

Der Reflexionsfaktor r an der Stelle 0x = kann nun aus der Messung der Übertragungs-funktion, den Abständen 1x , und der Wellenzahl berechnet werden. s k

9.3.3 Vergleich der beiden Methoden

Gegenüber der Messung nach ISO 10534-1 (Stehwellenverhältnis) ergibt sich durch die Mes-sung nach ISO 10534-2 (Übertragungsfunktionsmethode) ein Vorteil. Die Übertragungs-funktionsmethode misst mit weißem Rauschen, welches bereits alle Frequenzen beinhaltet und damit sehr viel Zeit spart. Die Messung selbst dauert nur einen Bruchteil dessen, was eine Messung nach ISO 10534-1 dauern würde. Zusätzlich kann bei der Zwei-Mikrofon-Methode die Absorption an der Rohrinnenwand vernachlässigt werden, da die Länge des Impedanzroh-res sehr kurz gegenüber der Stehwellenmethode ist ( 40 cmRl = ). Die Ausbreitungskonstante ist daher eine rein imaginäre Größe.

9.3.4 Adaptierung der Theorie

Bei der Umsetzung der Theorie für die praktische Anwendung sind einige Faktoren zu be-rücksichtigen. Sie sind in diesem Kapitel zusammengefasst und erläutert. Am Ende des Ab-schnitts wird auf die möglichen Fehlerquellen des Messsystems und auf ihre Vermeidung ein-gegangen.

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Anhang A Raumakustik

186 Institut für Breitbandkommunikation

9.3.4.1 Ermittlung der Übertragungsfunktion 12H

Die beiden Mikrofone messen die Schalldrücke an den jeweiligen Mikrofonpositionen. Die Drucksignale gelangen zu einem FFT-Analysator, wo dann die Fouriertransformierten

( )11 ,p x ω und ( )22 ,p x ω der Schalldrücke ( )11 ,p x t und ( )21 ,p x t gebildet werden. Fol-gende Zusammenhänge ergeben sich, wenn man die Leistungsdichtespektren berechnet:

( ) ( )*1 111 1 1, ,S p x p xω ω= × Autoleistungsspektrum, Mikrofon 1

( ) ( )*2 222 2 2,S p x p x ,ω ω= × Autoleistungsspektrum, Mikrofon 2

( ) ( )*2 112 2 1, ,S p x p xω ω= × Kreuzleistungsspektrum, Mikro 1 - Mikro 2

( ) ( )*1 221 1 2, ,S p x p xω ω= × Kreuzleistungsspektrum, Mikro 2 - Mikro 1

Die mit "*" gekennzeichneten Größen sind die konjugiert komplexen Größen der Schall-drücke. In den folgenden Abbildungen sind gemessene Auto- und Kreuzleistungsspektren ab-gebildet. Alle Abbildungen in diesem Abschnitt wurden im leeren, quadratischen Impedanz-rohr ermittelt. Für die Auswertung wurde folgender Parametersatz verwendet:

Abtastrate: 11025 Hz

Fensterlänge: Abtastwerte 122

FFT-Auflösung: Punkte 152

Mittelungsfaktor: 50

Mikrofonabstand : 10 cm s

Es ergibt sich dabei eine Messzeit von 122 50 11,1 s

11025⋅ = .

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

1000

2000

3000

4000

5000

6000

Frequenz [Hz]

Betrag

Abb. 8.10: Gemessenes Autoleistungsspektrum 11S

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 187

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

Frequenz [Hz]

Betrag

Abb. 8.11: Gemessenes Autoleistungsspektrum 22S

Abb. 8.10 und Abb. 8.11 zeigen den Betrag der gemessenen Autoleistungsspektren der beiden Mikrofone. Da die Autoleistungsspektren reell sind, sind die beiden Phasenverläufe gleich Null und werden nicht abgebildet. Die Autoleistungsspektren zeigen deutlich die sich bei

( 1, 2,32

n n )λ⋅ = ausbildenden Stehwellen. Durch die symmetrische Anordnung der Mikro-

fone ist bei der Mirkofonposition 1 die erste und die dritte Grundschwingung stark gedämpft. Die stehenden Wellen besitzen hier eine Nullstelle. Bei der zweiten Mikrofonposition wird hingegen die zweite Grundschwingung stark gedämpft.

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

50

100

150

200

250

300

350

400

450

Frequenz [Hz]

Betrag

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-3.5

-3

-2.5

-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

Frequenz [Hz]

Phase

Abb. 8.12: Gemessenes Kreuzleistungsspektrum 12S

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Anhang A Raumakustik

188 Institut für Breitbandkommunikation

In 8.12 ist das Kreuzleistungsspektrum 12S dargestellt. Da das Kreuzleistungsspektrum kom-plex ist, ist auch die Phase abgebildet. Die drei Grundschwingungen sind wiederum deutlich ausgeprägt. Die Phase des Kreuzleistungsspektrum wechselt zwischen 0 und π− .

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

50

100

150

200

250

300

350

400

450

Frequenz [Hz]

Betrag

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-0.5

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

Frequenz [Hz]

Phase

Abb. 8.13: Gemessenes Kreuzleistungsspektrum 21S

Das Kreuzleistungsspektrum 21S ist in Abb. 8.13 dargestellt. Es zeigt die gleichen Leistungs-spitzen bei den Resonanzstellen, die Phase dreht sich aber auf π .

Die Übertragungsfunktion wird je nach Rauschverhältnis der Signale unterschiedlich gebildet. Mit Gl. (9.9) wird gewöhnlich H12 gebildet, sie kommt auch beim aufgebauten Messsystem zum Einsatz. Gl. (9.10) wird für verrauschte Signale am Mikrofon 1 verwendet, da in dieser Gleichung das Drucksignal ( 1,1p x )ω nur einmal in die Berechnung der Übertragungsfunk-tion eingeht. Für den Fall, dass beide Mikrofonsignale verrauscht sind, wird Gl. (9.11) zur Be-rechnung der Übertragungsfunktion herangezogen.

( ) ( )( ) ( )

*12 2 1

12 12*11 1 1

, ,

, ,ϕω ω

ω ω

⋅= = = ⋅

⋅jp x p xS

HS p x p x

H e (9.9)

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 189

( ) ( )( ) ( )

*22 2 2

12 12*21 1 2

, ,

, ,ϕω ω

ω ω

⋅= = = ⋅

⋅jp x p xS

HS p x p x

H e (9.10)

12 2212 12

11 21

jS SH

S SH e ϕ= ⋅ = ⋅ (9.11)

9.3.4.2 Kalibrierung (Sensor-Switching Methode)

Wie beschrieben ergibt sich die Übertragungsfunktion aus den Leistungsspektren der beiden Mikrofonsignale. Da für das Messsystem Studiomikrofone und als Vorverstärker ein handels-übliches Mischpult verwendet werden, können geringfügige Phasen- und Amplitudenunter-schiede auf Grund der unterschiedlichen Frequenzgänge der Mikrofone und der beiden Mi-krofonkanäle auftreten. Diese Unterschiede der beiden Messkanäle führen zu einer fehlerhaf-ten Berechnung. Bei der Kalibrierung wird die Übertragungsfunktion zweimal gemessen, einmal mit vertauschten Mikrofonen und einmal mit den Mikrofonen an ihrer ursprünglichen Position. Das geometrische Mittel beider Funktionen ergibt eine komplexe Korrekturfunktion, mit der dann die Übertragungsfunktion korrigiert wird.

Folgende Ausführungen sollen die Kalibrierung nach der Sensor-Switching Methode erklären.

1,2 Messstellen

1,M M 2 Messmikrofone

1 2,P P Fouriertransformierte der Messsignale

1,CH CH 2 Messkanäle

1,CH CHH H

2 Übertragungsfunktionen der Messkanäle

12CH "original" gemessene Übertragungsfunktion

21CH "vertauscht" gemessene Übertragungsfunktion

12H akustische Übertragungsfunktion von Position „1“ nach Position „2“

21H akustische Übertragungsfunktion von Position „2“ nach Position „1“

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Anhang A Raumakustik

190 Institut für Breitbandkommunikation

1M 2M

1CH 2CH

1CHH 2CHH

12CH

12H1 2 Messrohr

originale Konfiguration

2M 1M

2CH 1CH

2CHH 1CHH

21CH

21H1 2

1P 2P

Messrohr

vertauschte Konfiguration

1P 2P

Abb. 8.14: Anordnung der Messstellen und Messkanäle beim Kalibrieren gemäß Sensor-Switching Methode sowie die zugehörigen Übertragungsfunktionen

Abb. 8.14 zeigt alle in der gesamten Messkette auftretenden Übertragungsfunktionen, bzw. die Positionen für die normale Kalibrierung und für die inverse Kalibrierung. Die Punkte „1“ und „2“ zeigen den Ort der Messung an. Dort werden die Schalldrücke mit den Mikrofonen gemessen.

1CH CH 2, H H sind die Übertragungsfunktionen der Messkanäle.

Das Ziel der Kalibrierung ist es, das Übertragungsverhalten der beiden Messkanäle zu elimi-nieren, so dass nur mehr das akustische Übertragungsverhalten an den Messpunkten vorliegt.

Bei der "originalen" Konfiguration sind die Mikrofone in der Normalstellung montiert, so wie sie auch für die Messung verwendet werden.

Bei der "vertauschten" Konfiguration sind die Mikrofone vertauscht, es wird die Übertra-gungsfunktion in die verkehrte Richtung gemessen.

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 191

Berechnung der Kalibrierfunktion CH

Bei der Berechnung der Übertragungsfunktion wird Gl. (9.9) verwendet. Bei der Messung der Übertragungsfunktion für die "originale" Konfiguration

12CH ergibt sich:

( )( ) ( )( )( )( ) ( )( )

2 1 2 112

11 11 1

* *2 1 12

12* *11

1 1

, ,

, ,

ω ω

ω ω

⋅ ⋅ ⋅ ⋅= = ⋅

⋅⋅ ⋅ ⋅

CH CH CH CH CHC

CHCH CHCH CH

p x H p x H H H HSH H

S HH Hp x H p x H2= ⋅ (9.12)

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Frequenz [Hz]

Betrag

Abb. 8.15: Betrag der gemessenen Übertragungsfunktion

12CH

Der Phasenverlauf des in Abb. 8.15 dargestellten Betrages der Übertragungsfunktion 12CH ist

identisch mit dem in Abb. 8.12 gezeigten Verlauf des Kreuzleistungsspektrum 12S , da das Autoleistungsspektrum 11S reell ist.

Die gemessenen Leistungsdichtespektren sind also eine Überlagerung der akustischen Über-tragungsfunktionen mit den Messkanälen. In Gl. (9.12) ist diese Überlagerung durch eine Multiplikation der akustischen Übertragungsfunktion 12H mit der Übertragungsfunktion der Messkanäle

1CHH und 2CHH dargestellt.

Vertauscht man nun die Mikrofone 1 und 2, erhält man die Funktion 21CH .

( )( ) ( )( )( )( ) ( )( )

2 1 2 121

11 11 1

* *1 2 21

21* *22

2 2

, ,

, ,

ω ω

ω ω

⋅ ⋅ ⋅ ⋅= = ⋅

⋅⋅ ⋅ ⋅

CH CH CH CH CHC

CHCH CHCH CH

p x H p x H H H HSH H

S HH Hp x H p x H2= ⋅ (9.13)

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Anhang A Raumakustik

192 Institut für Breitbandkommunikation

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

10

20

30

40

50

60

70

Frequenz [Hz]

Betrag

Abb. 8.16: Betrag der gemessenen Übertragungsfunktion

21CH

Abb. 8.16 zeigt den Betrag der Übertragungsfunktion 21H . Der Phasenverlauf entspricht dem des Kreuzleistungsspektrum 21S .

Durch die aus den beiden Messungen gewonnenen Übertragungsfunktionen 12CH und

21CH

kann man die Kalibrierfunktion CH bestimmen.

2 212 21

1 1

12 21CH CH

C C CCH CH

H HH H H H H

H H= ⋅ = ⋅ ⋅

2

1

CHC

CH

HH

H= (9.14)

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000.4

0.45

0.5

0.55

0.6

0.65

0.7

0.75

0.8

0.85

0.9

Frequenz [Hz]

Betrag

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Raumakustik Anhang B

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-0.3

-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

Frequenz [Hz]

Phase

Abb. 8.17: Kalibrierfunktion CH

Aus der gemessenen Übertragungsfunktion 12CH und der Kalibrierfunktion CH kann man

nun die Übertragungsfunktion berechnen.

1212

C

C

HH

H= (9.15)

Gl. (9.15) ist jetzt die korrigierte Übertragungsfunktion zwischen den Messpunkten „1“ und „2“. Der unerwünschte Einfluss von Phasen- und Amplitudenabweichungen der beiden Mi-krofonkanäle ist eliminiert.

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Frequenz [Hz]

Betrag

Institut für Breitbandkommunikation 193

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Anhang A Raumakustik

194 Institut für Breitbandkommunikation

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-3.5

-3

-2.5

-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

Frequenz [Hz]

Phase

Abb. 8.18: Korrigierte Übertragungsfunktion 12H

9.3.5 Ermittlung der akustischen Materialparameter

9.3.5.1 Reflexionsfaktor und Reflexionsgrad Mit Gl. (9.8) lässt sich der Reflexionsfaktor berechnen.

( )( )

112 2

12

jksj kx

jks

H er e

e H

−−= ⋅

Der Reflexionsfaktor ist nun der Ausgangspunkt für die weiteren Materialparameter. Diese werden aus dem Reflexionsfaktor berechnet. In Abb. 8.19 ist der gemessene Reflexionsfaktor des leeren, quadratischen Impedanzrohres abgebildet. Theoretisch müsste sich über dem ge-samten Frequenzbereich 1=r ergeben. Die Messung (Abb. 5.6) ergibt allerdings unterhalb von 100 Hz und oberhalb von 1500 Hz Abweichungen zum erwarteten Ergebnis. In diesem Bereich ist die Messung allerdings nicht mehr gültig, da die Mikrofone die sich bei diesen Wellenlängen ergebenden Druckunterschiede, die im Bereich der Messungenauigkeiten lie-gen, nicht mehr auflösen können. Damit ist in diesem Frequenzbereich keine sinnvolle Aus-wertung mehr möglich.

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 195

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

1.1

Frequenz [Hz]

Betrag

Abb. 8.19: Betrag des gemessenen Reflexionsfaktors im leeren Impedanzrohr

Abb. 8.20 zeigt den Phasenverlauf des gemessenen Reflexionsfaktors. Laut Theorie muss er Null sein, da eine vollständige Reflexion stattfindet.

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-3.5

-3

-2.5

-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

Frequenz [Hz]

Phase

Abb. 8.20: Phase des gemessenen Reflexionsfaktors im leeren Impedanzrohr

Will man die Verhältnisse von absorbierter Energie und reflektierter Energie darstellen, ist es zweckmäßig, den Reflexionsfaktor in den Reflexionsgrad umzuwandeln. R

2R r=

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

1.1

Frequenz [Hz] Abb. 8.21: Gemessener Reflexionsgrad im leeren Impedanzrohr R

r

R

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Anhang A Raumakustik

196 Institut für Breitbandkommunikation

In Abb. 8.21 ist der Reflexionsgrad abgebildet. Die im Vergleich zum Reflexionsfaktor hö-here „Rauhigkeit“ der Messung ergibt sich durch die Berechnung. Durch das Quadrieren des Reflexionsfaktors wird der Rauschanteil verstärkt.

9.3.5.2 Absorptionsgrad

Der Absorptionsgrad α beschreibt die vom Material aufgenommene Energie. Er gibt somit die dem Schallfeld entzogene Energie an.

1 Rα = −

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-0.1

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

Frequenz [Hz] Abb. 8.22: Gemessener Absorptionsgrad α im leeren Impedanzrohr

9.3.5.3 Spezifische akustische Impedanz und spezifische akustische Admittanz

Die Darstellung der spezifischen Impedanz Zcρ ⋅

und der spezifischen Admittanz cZρ ⋅ hat

den Vorteil, dass das Ergebnis unabhängig von den Eigenschaften der Luft ist, da der Einfluss der Temperatur, der in der Schallkennimpedanz 0Z cρ= ⋅ enthalten ist, herausfällt.

( ) ( )( )

( ) ( )( )

( )

( )( )0

0

0 1 00 1 00

00 11 0

h

x h

p rp rZ Z

pv rr

Z

+⎡ ⎤ +⎣ ⎦= = =−

−⎡ ⎤⎣ ⎦0

Da bei der Übertragungsfunktionsmethode eine imaginäre Ausbreitungskonstante jkΓ = an-genommen wird, ist ( )0r r= .

01 1 = 1 1

r ZZ Zr cρ

+ += ⋅ ⇒

− ⋅rr−

α

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Raumakustik Anhang B

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

20

40

60

80

100

120

140

Frequenz [Hz]

Betrag

Zcρ ⋅

Abb. 8.23: Betrag der gemessenen spezifischen akustischen Impedanz im leeren Impedanzrohr

Abb. 8.23 zeigt den Betrag der gemessenen akustischen Impedanz. Theoretisch sollte sich ein unendlich hoher Wert für die akustische Impedanz ergeben, welcher bei der Messung aber si-cher nicht erreicht wird . Die in der Abbildung dargestellten Werte zeigen über den ganzen Frequenzbereich hohe Werte und entsprechen den Erwartungen.

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

Frequenz [Hz]

Phase

ϕρ

⎛ ⎞⎜ ⎟⋅⎝ ⎠

Zc

Abb. 8.24: Gemessener Phasenverlauf der akustischen Impedanz im leeren Impedanzrohr

Die spezifische akustische Admittanz ist die Umkehrfunktion der spezifischen akustischen Impedanz.

11

c rZ rρ ⋅ −

=+

Institut für Breitbandkommunikation 197

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Anhang A Raumakustik

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 16000

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

0.06

0.07

0.08

0.09

0.1

Frequenz [Hz]

Betrag

cZρ ⋅

Abb. 8.25: Gemessener Betrag der spezifischen akustischen Admittanz im leeren Impedanzrohr

Da die akustische Admittanz die Umkehrfunktion der Impedanz ist, sollte der Wert der spezi-fischen akustischen Admittanz zu Null werden. Der in Abb. 8.25 gezeigte Wert der spezifi-schen akustischen Admittanz entspricht diesem theoretischen Wert sehr gut.

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

Frequenz [Hz]

Phase

ρϕ ⎛ ⎞⋅⎜ ⎟⎝ ⎠

cZ

Abb. 8.26: Gemessener Phasenverlauf der akustischen Admittanz im leeren Impedanzrohr

Abb. 8.26 zeigt den Phasenverlauf der spezifischen akustischen Impedanz.

9.3.6 Dissipation bei der Übertragungsfunktionsmethode

In der Theorie geht man grundsätzlich von einer verlustfreien Ausbreitung der Schallwelle im Impedanzrohr aus. In der Praxis tritt jedoch auch bei der Übertragungsfunktionsmethode eine Dämpfung der Schallwelle auf. Im Gegensatz zur Stehwellenmethode ist die Dissipation bei der Übertragungsfunktionsmethode wegen der deutlich kürzeren Rohrlänge aber wesentlich kleiner. Um ein exakteres Messergebnis zu erzielen, kann man nach ISO 10534-2 eine Ab-schätzung der Absorption der Schallwelle im Impedanzrohr einfügen. Die Abschätzung der Dissipation beträgt laut ISO 10534-2:

0

0,0194 fc d

γ = ⋅⋅

198 Institut für Breitbandkommunikation

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Raumakustik Anhang B

Institut für Breitbandkommunikation 199

Die Ausbreitungskonstante Γ ist nun nicht mehr rein imaginär, sondern komplex.

jkΓ γ= +

9.3.7 Fehler im Impedanzrohr

In diesem Abschnitt werden die Fehlermöglichkeiten der Übertragungsfunktionsmethode auf-gezeigt und Ergebnisse von Studien zur Fehlervermeidung angeführt.

9.3.7.1 Systematische Fehler

Systematische Fehler treten vorwiegend bei der Planung des Messsystems auf. Sie wurden so weit wie möglich schon bei der Entwicklung der Hardware minimiert. Diese Ergebnisse sind in die Berechnung der Rohrabmessungen eingegangen.

- Die Länge des Impedanzrohres von der Schallquelle bis zur Oberfläche der zu mes-senden Probe sollte nicht mehr als 5 - 10 Rohrdurchmesser betragen, um die Dissipa-tion der Schallwellenausbreitung nicht unnötig zu erhöhen.

- Da zur Berechnung der akustischen Materialparameter nur eine hinlaufende und eine reflektierende Schallwelle benötigt werden, sollte die Quelle selbst reflexionsfrei sein, um Mehrfachreflexionen an den gegenüberliegenden Wänden (Schallquelle-Probe) zu vermeiden. Auch ist der Übertragung von Körper- oder Störschall in das Impedanz-rohr entgegenzuwirken. Als Schallquelle sollte eine gleiochphasig swchingende Kolbenmembran verwendet werden, deren Fläche mind. 2/3 des Rohrdurchmessers anregt.

- Die Mikrofone sollten so eng wie möglich zueinander montiert werden und Mikrofon 1 (der Schallquelle näher) sollte so nahe wie möglich an der zu messenden Probe po-sitioniert werden. Der minimale Abstand der beiden Mikrofone beträgt 10 cm.

- Es sollte eine Schmalbandanalyse (FFT) zur Bildung der Leistungsdichtespektren

verwendet werden, wobei die Frequenzauflösung PunkteHz

nicht unterschreiten

sollte. Diesem Wert entspricht eine FFT-Blockgröße von 152 Punkten bei einer Ab-tastfrequenz von 11025 Hz.

3

- Phasen- und Amplitudenfehler werden minimiert, indem man den Kalibriervorgang macht. Die durch die Kalibrierung gewonnene Korrekturfunktion kompensiert die Phasen- und Amplitudenfehler der Messkette.

Als Beispiel eines systematischen Fehlers ist in Abb. 8.27 eine Messung des Absorptionsgra-des im runden, leeren Impedanzrohr dargestellt. Die Absorptionsspitze bei 650 Hz ergibt sich durch die Übertragung von Körperschall des Lautsprechergehäuses auf das Impedanzrohr. Eine Entkopplung der beiden Systemteile verhindert die Übertragung und damit die Verfäl-schung des Messergebnisses.

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Anhang A Raumakustik

200 Institut für Breitbandkommunikation

Abb. 8.27: Verfälschung des Messergebnisses durch Körperschall

9.3.7.2 Zufällige Fehler

Zufällige Fehler entstehen bei der Messung der Materialparameter und sind nur bedingt ver-meidbar. Sie entstehen aus einem unzureichenden Signal-Rauschabstand der Druckaufnehmer (Mikrofone). Aber auch das Messsignal selbst (weißes Rauschen) verursacht Fehler. Diese er-geben sich aus dem zufälligen Amplituden- und Phasenverlauf des Signals.

Um zufällige Fehler durch ein Störsignal zu minimieren, ist es notwendig, eine hohe Kohä-renz zwischen den beiden Mikrofonen zu erhalten. Eine Möglichkeit besteht darin, die Di-stanz der Mikrofone zueinander zu verkleinern. Eine enge Positionierung der Mikrofone re-duziert aber die Empfindlichkeit der Messanordnung speziell im niedrigen Frequenzbereich bzw. führt zu einer Erhöhung der unteren Grenzfrequenz.

Die zufälligen Fehler werden bei niedrigen Frequenzen ( 0k s⋅ → ) und im oberen Messfre-quenzbereich ( k s π⋅ → ) recht groß, da in diesen Frequenzbereichen die Druckunterschiede sehr klein werden. Es ist deshalb ein sinnvoller Mikrofonabstand zu wählen, der einerseits eine relativ hohe obere Messfrequenz, als auch eine gute untere Frequenzauflösung erlaubt.

Durch Mittelung von Datensätzen können zufällige Fehler, insbesondere der zufällige Am-plituden- und Phasenverlauf des Messsignals, minimiert werden. Ein möglicher Weg, eine vernünftige Anzahl von Mittelungen zu finden, ist in der Norm ISO 10534-2 beschrieben.

212

⎛ ⎞= ⎜ ⎟⎝ ⎠

,

wobei die Anzahl der Mittelungen und n σ die Standardabweichung ist.

Für eine gewünschte maximale Standardabweichung von z.B. 0,1σ = , ergibt sich die dazu notwendige Anzahl der Mittelungen zu

21 25

2 0,1n ⎛ ⎞= =⎜ ⎟⋅⎝ ⎠

.

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Raumakustik Anhang B

9.3.7.3 Präparationsfehler

Unter Präparationsfehler werden in diesem Abschnitt Fehler durch den falschen Einbau der Proben in das Impedanzrohr verstanden. Um die Messfehler bei der Bestimmung der akusti-schen Materialparameter zu minimieren, ist eine sorgfältige Probenpräparation notwendig. Die Materialproben sollen den gleichen Querschnitt wie der Rohrinnendurchmesser aufwei-sen. Es ist darauf zu achten, dass die Oberfläche der Probe möglichst glatt ist, da strukturierte Oberflächen zu unregelmäßigen Wellenfronten führen, welche das Messergebnis verfälschen. Auch können im Rohr nur solche Proben gemessen werden, die ihre Wirkungsweise durch das Herausschneiden einer Probe in der Größe des Rohrquerschnittes nicht verändern. Das sind vor allem poröse Absorber.

Institut für Breitbandkommunikation 201

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Anhang A Raumakustik

202 Institut für Breitbandkommunikation

9.4 Literaturverzeichnis Brunnader, R.: Aufbau und Programmierung der 2p Messmethode im Impedanzrohr für die Messung akustischer Materialparameter Entwicklung eines modularen Messsystems zur Be-stimmung Raumakustischer Gütemasse, Diplomarbeit, TU Graz, 2002 Cremer, L. / Müller H.A.: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Raumakustik, Band I: Geometrische Raumakustik, Statistische Raumakustik, Psychologische Raumakustik, S. Hirzel Verlag Stuttgard, 1978 Cremer, L. / Müller H.A.: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Raumakustik, Band II: Wellentheoretische Raumakustik, S. Hirzel Verlag Stuttgard, 1978

Fasold, W. / Veres, E.: Schallschutz und Raumakustik in der Praxis, Verlag für Bauwesen Berlin, 1998 Nocke, C.: Bestimmung der akustischen Impedanz geschichteter Materialien bei streifendem Schalleinfall, Diplomarbeit, Universität Oldenburg, 1995 Nocke, C.: In-situ Messung der akustischen (Wand-)Impedanz, Dissertation, Universität Oldenburg, 2000

ÖNORM EN ISO 3382, Akustik, Messung der Nachhallzeit von Räumen mit Hinweis auf an-dere akustische Parameter

ÖNORM S 5104, Bauakustische Messungen – Messungen des Schallabsorptionsgrades im Hallraum

Oppenheim A.V. / Schäfer R.W.: Discrete-Time Signal Processing, Prentice Hall, 1999

Rife, D. D. / Vanderkooy J.: Transfer-Function Measurement with Maximum-Length Se-quences, Journal of Audio Engineering Society, Vol.37, No.6, 1989 Saurug, R.: Entwicklung eines modularen Messsystems zur Bestimmung Raumakustischer Gütemasse, Diplomarbeit, TU Graz, 2001