9 Das Auge - TU Dortmund...9.1.5 Absorption und Dispersion Distanz z Material Licht Intensität I...

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9 Das Auge Dieses Kapitel behandelt die klassischen optischen Grundlagen des visuellen Systems des Menschen, sowie einige Aspekte der Bildentstehung. Kohärente Optik (Laser) und ihre Anwendungen in der Grund- lagenforschung sowie in der medizinischen Therapie werden im Teil 2 der Vorlesung behandelt. Literatur zu diesem Kapitel: • A. Faller, M. Schünke, Der Körper des Men- schen, Thieme. • J. Bille, W. Schlegel (Hrsg.), Medizinische Phy- sik, Band 3: Medizinische Laserphysik Sprin- ger; Kapitel 1: Das visuelle System des Men- schen; Kapitel 2: Optische Komponenten. • Bergmann, Schäfer, Experimentalphysik; Band 3: Optik, de Gruyter. • Paul Davidovits, Physics in Biology and Medi- cine, Academic Press; Chapter 15: Optics. 9.1 Licht und Optik 9.1.1 Frequenzen und Wellenlängen 1 nm 1 mm 1 m Frequenz Licht UV IR Mikrowellen Radiowellen MHz GHz THz 10 15 Hz Abbildung 9.1: Spektrum der elektromagnetischen Wellen. Abbildung 9.1 zeigt eine Übersicht über das elek- tromagnetische Spektrum, wobei hier nur der Be- reich des sichtbaren Lichtes (etwa 0,4-0,8 μ m) re- levant ist. Die Grundlagen für dieses Kapitel lie- fert die Theorie elektromagnetischer Wellen, welche auf Maxwell’s Gleichungen basiert. Nur für wenige Aspekte muss die Quantenmechanik berücksichtigt werden. Das Auge liefert den größten Teil der Informatio- nen, die wir bewusst über unsere Umwelt aufneh- men. Deshalb liegt die Frage nahe, weshalb gerade dieser relativ schmale Wellenlängenbereich für uns so wichtig ist. Dies liegt unter anderem daran, dass die Sonne in diesem Bereich ihr Emissionsmaximum besitzt und dass Erdatmosphäre in diesem Bereich relativ durchlässig, so dass genügend Licht von der Sonne zur Verfügung steht. Bei größeren Wellen- längen ist einerseits weniger Licht vorhanden, an- dererseits existieren dort auch auf der Erde Quel- len für Wärmestrahlung. Allerdings kann ein Auge nicht sehr effektiv funktionieren, wenn es die Wär- mestrahlung des eigenen Körpers wahrnimmt - man würde auch bei geschlossenen Augen große Hellig- keit “sehen”. Spektrum einer Lampe langwellig kurzwellig Abbildung 9.2: Zerlegung des weissen Lichts. Auch im Bereich des sichtbaren Lichts findet man unterschiedliche Wellenlängen. Diese entsprechen unterschiedlichen Farben des Lichts. Sichtbares Licht enthält unterschiedliche Wellenlängen, wobei wir den kurzwelligen Bereich blau sehen, den lang- welligen Bereich rot. Man kann dies im Experiment 211

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  • 9 Das Auge

    Dieses Kapitel behandelt die klassischen optischenGrundlagen des visuellen Systems des Menschen,sowie einige Aspekte der Bildentstehung. KohärenteOptik (Laser) und ihre Anwendungen in der Grund-lagenforschung sowie in der medizinischen Therapiewerden im Teil 2 der Vorlesung behandelt.

    Literatur zu diesem Kapitel:

    • A. Faller, M. Schünke, Der Körper des Men-schen, Thieme.

    • J. Bille, W. Schlegel (Hrsg.), Medizinische Phy-sik, Band 3: Medizinische Laserphysik Sprin-ger; Kapitel 1: Das visuelle System des Men-schen; Kapitel 2: Optische Komponenten.

    • Bergmann, Schäfer, Experimentalphysik; Band3: Optik, de Gruyter.

    • Paul Davidovits, Physics in Biology and Medi-cine, Academic Press; Chapter 15: Optics.

    9.1 Licht und Optik

    9.1.1 Frequenzen und Wellenlängen

    1 nm 1 mm 1 m

    Frequenz

    Licht

    UV

    IR Mikrowellen

    Radiowellen

    MHzGHzTHz1015Hz

    Abbildung 9.1: Spektrum der elektromagnetischenWellen.

    Abbildung 9.1 zeigt eine Übersicht über das elek-tromagnetische Spektrum, wobei hier nur der Be-reich des sichtbaren Lichtes (etwa 0,4-0,8 µm) re-levant ist. Die Grundlagen für dieses Kapitel lie-fert die Theorie elektromagnetischer Wellen, welcheauf Maxwell’s Gleichungen basiert. Nur für wenigeAspekte muss die Quantenmechanik berücksichtigtwerden.

    Das Auge liefert den größten Teil der Informatio-nen, die wir bewusst über unsere Umwelt aufneh-men. Deshalb liegt die Frage nahe, weshalb geradedieser relativ schmale Wellenlängenbereich für unsso wichtig ist. Dies liegt unter anderem daran, dassdie Sonne in diesem Bereich ihr Emissionsmaximumbesitzt und dass Erdatmosphäre in diesem Bereichrelativ durchlässig, so dass genügend Licht von derSonne zur Verfügung steht. Bei größeren Wellen-längen ist einerseits weniger Licht vorhanden, an-dererseits existieren dort auch auf der Erde Quel-len für Wärmestrahlung. Allerdings kann ein Augenicht sehr effektiv funktionieren, wenn es die Wär-mestrahlung des eigenen Körpers wahrnimmt - manwürde auch bei geschlossenen Augen große Hellig-keit “sehen”.

    Spektrum einer Lampe

    langwellig

    kurzwellig

    Abbildung 9.2: Zerlegung des weissen Lichts.

    Auch im Bereich des sichtbaren Lichts findet manunterschiedliche Wellenlängen. Diese entsprechenunterschiedlichen Farben des Lichts. SichtbaresLicht enthält unterschiedliche Wellenlängen, wobeiwir den kurzwelligen Bereich blau sehen, den lang-welligen Bereich rot. Man kann dies im Experiment

    211

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    leicht nachweisen indem man einen Strahl weißenLichts auf ein Prisma schickt. Rotes und blaues Lichtwird darin unterschiedlich gebrochen und kann des-halb dahinter getrennt beobachtet werden.

    Additive Farbmischung Subtraktive Farbmischung

    Abbildung 9.3: Additive und subtraktive Farb-mischung.

    Farben können durch Addition von monochromati-schen Wellenzügen erzeugt werden (additive Farb-mischung) oder durch die Subtraktion von einzelnenFarben aus weissem Licht.

    9.1.2 Beschreibung

    Prinzipiell können alle Phänomene, die elektroma-gnetische Strahlung involvieren durch die Quanten-elektrodynamik beschrieben werden. Für viele An-wendungen reicht jedoch eine einfachere Beschrei-bung. Abb. 9.4 gibt eine hierarchische Übersichtüber die verschiedenen Formalismen, wobei dieoberste Ebene die allgemeinste darstellt.

    Physikalische Optik Quantenelektrodynamik

    Klassische Optik Welleneigenschaften

    Quantenoptik Teilcheneigenschaften

    geometrische Optik

    Wellenoptik

    Abbildung 9.4: Die verschiedenen Teilgebiete derOptik.

    Geometrische Optik oder Strahlenoptik: Lichtkann mit als Strahlen beschrieben werden wenn die

    interessanten Dimensionen groß sind im Vergleichzur Wellenlänge des Lichts. Diesen Bereich ver-sucht man immer zu treffen wenn man Abbildungenmacht, also z.B. in der Fotografie. Die Bedingungführt aber z.B. dazu, dass man auch bei sehr vielLicht die Blende nicht beliebig klein machen kann.

    Quelle

    λ

  • 9 Das Auge

    Daraus kann man eine Wellengleichung erhalten,wenn man die Rotation der dritten Gleichung und diezeitliche Ableitung der vierten Gleichung vergleicht:

    ~—⇥~—⇥~E = �~—⇥ ∂~B

    ∂ t∂∂ t

    ~—⇥ ~H = ∂2~D

    ∂ t2.

    Setzt man ~D = e0er~E und ~B = µ0~H, so erhält man

    ~—⇥~—⇥~E = �µ0~—⇥∂ ~H∂ t

    ∂∂ t

    ~—⇥ ~H = e0er∂ 2~E∂ t2

    .

    Elimination des magnetischen Feldes ergibt

    ~—⇥~—⇥~E = �e0erµ0∂ 2~E∂ t2

    .

    Mit Hilfe der Identität

    ~—⇥~—⇥~u ⌘ ~—(~— ·~u)�D~u

    und der Annahme, dass der Raum frei von Ladungensei, ~— ·~E = 0, wird daraus die Wellengleichung

    c2

    erD~E = ∂

    2~E∂ t2

    . (9.1)

    Hier ist

    c =1

    pe0µ0

    die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagne-tischen Welle im Vakuum.

    9.1.4 Brechungsindex

    In Materie ist die Lichtgeschwindigkeit geringer alsim Vakuum, um den Brechungsindex

    n =p

    er. (9.2)

    Substanz BrechzahlFestkörperDiamant (C) 2.417Eis (H2O) 1.309Quarzglas 1.458Silicat-Flintglas 1.612Wasser 1.333

    Tabelle 9.1: Brechungsindex einiger Substanzen beil = 589 nm.

    Wellenlänge [nm]400 500 600 700

    Brec

    hung

    sinde

    x

    1,4

    1,5

    1,6

    1,7

    Silikat-Flintglas

    Borat-FlintglasQuarz

    Silikat-Kronglas

    Geschmolzener Quarz

    FluoritViolett Blau Gelb Rot

    Abbildung 9.6: Brechungsindizes als Funktion derWellenlänge.

    Typische Werte für die Brechzahl liegen je nach Ma-terial zwischen 1 und 3. Tabelle 9.1 enthält Werte füreinige Materialien.

    Die Brechzahl ist abhängig von der Wellenlänge. Invielen transparenten Materialien steigt die Brechzahlan, wenn die Wellenlänge kürzer wird, d.h. mit zu-nehmender Frequenz.

    Die Abhängigkeit des Brechungsindexes von derFrequenz gilt allgemein für elektromagnetische Wel-len. So beträgt die Dielektrizitätskonstante er vonWasser für ein statisches Feld (w = 0) 81, was ge-mäß Gleichung (9.2) einem Brechungsindex von ⇡ 9entsprechen würde. Der tatsächliche Brechungsin-dex lieft für sichtbares Licht in der Gegend von 1.33(siehe Tabelle 9.1). Der Grund liegt darin, dass dieunterschiedlichen Beiträge zur elektrischen Polarisa-tion unterschiedlich schnell sind. Abb. 9.7 fasst diewichtigsten Beiträge zusammen. Im optischen Be-

    213

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    Dipolar

    Ionisch

    Elektronisch

    Pola

    risie

    rbar

    keit

    log Frequenz ω

    Mikrowellen Infrarot Ultraviolett

    Abbildung 9.7: Abhängigkeit der Dielektrizitätskon-stante von der Frequenz.

    reich können nur noch die elektronischen Beiträgeder äußeren Anregung folgen, während dipolare oderionische Anregungen gemittelt erscheinen und des-halb nicht mehr beitragen.

    9.1.5 Absorption und Dispersion

    Distanz z

    Material

    Licht

    Inte

    nsitä

    t I

    Abbildung 9.8: Abschwächung des Lichts durchAbsorption.

    Wenn Licht sich in Materie ausbreitet, nimmt die In-tensität ab. Dies ist auf Absorption und Streuung zu-rückzuführen. In den meisten Fällen ist die Verringe-rung der Intensität des Lichtes bei der Durchquerungeiner dünnen Schicht direkt proportional zur Intensi-tät des einfallenden Lichtes,

    dIdz

    = �aI,

    wobei die Proportionalitätskonstante a die Dimensi-

    on einer inversen Länge aufweist. Die Lösung ist

    I(z) = I0e�az,

    d.h. die Intensität fällt exponentiell ab. Die Propor-tionalitätskonstante a ist somit das Inverse der Di-stanz, über welche die Intensität auf 1/e abfällt. Die-se Distanz wird als Absorptionslänge bezeichnet.

    Absorption und Dispersion sind eng miteinanderverknüpft; auf einer mikroskopischen Ebene stel-len beide nur unterschiedliche Aspekte des gleichenPhänomens dar, nämlich der resonanten Anregungvon elektromagnetischen Schwingungen im Materi-al, welche bei wohl definierten Wellenlängen, resp.Frequenzen auftreten.

    Teilchen

    Streulicht ~ 1/λ4

    blauer Himmel

    Materie

    Laserstrahl

    Abbildung 9.9: Streuung aus einem Lichtstrahl.

    Licht wird nicht nur absorbiert, sondern auch ge-streut, wenn das Medium inhomogen ist. In diesemFall ist die Wellenlängenabhängigkeit nicht (nur)durch die molekulare Struktur des Materials be-stimmt, sondern (auch) durch die Größe der Partikel,welche die Streuung verursachen. Über einen gewis-sen Bereich ist die Streuung proportional zu l�4,d.h. kürzere Wellenlängen werden wesentlich stär-ker gestreut als lange. Diese Abhängigkeit führt u.A. dazu, dass der Himmel blau ist: Der kurzwelli-ge Anteil des Sonnenlichtes wird durch Partikel inder Erdatmosphäre stärker gestreut und erscheint alsdiffuses Hintergrund-Licht auf der Erde. Der länger-wellige rote Teil des Spektrums wird weniger starkgestreut. Der Effekt ist am stärksten wenn die Sonneeinen langen Weg durch die Atmosphäre zurückge-legt hat, z.B. am Abend. Deshalb erscheint die Sonnebei Sonnenuntergang rot.

    214

  • 9 Das Auge

    9.1.6 Polarisation

    Die Wellengleichung für die elektrische Komponen-te einer elektromagnetischen Welle lautet nach Gl.(9.1)

    ∂ 2~E∂ t2

    =c2

    erD~E.

    Eine mögliche Lösung ist die harmonische ebeneWelle

    ~E(x,y,z) = A

    0

    @100

    1

    Aei(wt�kzz)

    ~B(x,y,z) =Ac

    0

    @010

    1

    Aei(wt�kzz).

    E

    H

    elektrisches Feld

    magnetisches Feld

    Ausbreitungs-richtung

    Abbildung 9.10: Elektromagnetische Welle.

    Diese Welle breitet sich entlang der z-Achse aus, daselektrische Feld ist parallel zur x-Achse, das magne-tische parallel zur y-Achse. Wie bei anderen trans-versalen Wellen muss auch hier aufgrund der Sym-metrie des Problems eine gleichwertige Lösung exi-stieren, bei der das elektrische Feld parallel zur y-Achse und das magnetische parallel zur �x-Achseliegt.

    Diese beiden Lösungen werden als unterschiedlichpolarisierte Wellen bezeichnet. Entsprechend derRichtung der elektrischen Feldkomponente sprichtman von vertikal oder horizontal polarisiertem Licht.

    Im isotropen Raum besitzen diese beiden Wellen dengleichen Wellenvektor und die gleiche Frequenz. Je-de Linearkombination davon ist damit ebenfalls eineLösung mit dem selben Wellenvektor und der selben

    kx

    y z

    E

    kx

    y zE

    Vertikale Polarisation Horizontale Polarisation

    Abbildung 9.11: Vertikal und horizontal polarisierteWellen.

    Frequenz. Mit den Polarisationsvektoren ~E1,~E2 kanneine allgemeine Polarisation geschrieben werden als

    ~E(~r, t) = (e1~E1 + e2~E2)ei(~k·~r�wt).

    Dabei sind e1 und e2 komplexe Zahlen: der Absolut-wert bezeichnet die Amplitude der entsprechendenKomponente, die Phase eine relative Verzögerung.

    9.1.7 Polarisationszustände

    x

    z

    y

    Welle 1Welle 2

    x

    z

    y

    Abbildung 9.12: Linear polarisierte Welle. Obensind die beiden Basiszustände dar-gestellt, unten die resultierendeWelle.

    Als ein Beispiel seien die Polarisationszustände ~E1und ~E2 entlang der x� und y�Achse orientiert. Füre1 = 1, e2 = 1 sind die beiden Wellen in Phase undihre Überlagerung ist eine linear polarisierte Welle,

    215

  • 9 Das Auge

    deren elektrische Feldkomponente entlang der Win-kelhalbierenden gerichtet ist. Allgemein erhält manlinear polarisiertes Licht, wenn E1 und E2 die sel-be Phase aufweisen, also z.B. beide reell oder beiderein imaginär sind. Das Verhältnis der Amplitudenbestimmt die Richtung der Polarisationsebene.

    Als zweites Beispiel seien e1 = 1, e2 = ±i. Damit istdie physikalische Lösung, also der Realteil

    ~E = A

    0

    @cos(wt � kzz)sin(wt � kzz)

    0

    1

    A .

    x

    y

    zWelle 1

    Welle 2

    Abbildung 9.13: Oben: Die beiden Teilwellen sind90� außer Phase. Unten: resultie-rende zirkular polarisierte Welle.

    Der elektrische Feldvektor an einer bestimmten Stel-le rotiert somit um die z-Achse; als Funktion des Or-tes erhält man eine schraubenförmige Ausbreitungvon E- und H-Feld. Diese Lösungen werden als zir-kulare Polarisationen bezeichnet, wobei die beidenVorzeichen einer links-, resp. rechts zirkularen Pola-risation entsprechen.

    Die unterschiedlichen Polarisationszustände könnenin übersichtlicher Form mit Hilfe der Poincaré Kugelzusammengefasst werden.

    9.1.8 Lichttechnische Größen

    Die Intensität des Lichtes ist proportional zum Poyn-tingvektor, resp. zur Energiestromdichte des Feldes.

    Rechts zirkular

    Links zirkular

    Horizontal

    Vertikal

    Abbildung 9.14: Unterschiedliche Polarisationszu-stände auf der Poincaré Kugel.

    In einem dielektrischen Medium mit Brechungsin-dex n =

    per ist die Energiedichte

    wel =12~E ·~D = ere0

    2E2.

    Die Energiestromdichte ergibt sich durch Multipli-kation mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c/n zu

    I = |S| = cn

    ere02

    E2 =cp

    ere02

    E2

    =12

    rere0µ0

    E2 =n

    2z0E2.

    Zur Erinnerung:

    z0 =r

    µ0e0

    = µ0c = 376,73W

    ist die Wellenimpedanz für elektromagnetische Wel-len im Vakuum.

    Wird Licht (= elektromagnetische Strahlung) ge-messen, so benutzt man je nach Fragestellung undHintergrund unterschiedliche Größen. Physikalischkann man eine optische Leistung in Watt messen.Bezieht man die Leistung auf eine Fläche, so erhältman die Bestrahlungsstärke in W/m2, bezieht mansie auf einen Raumwinkel so erhält man die Strah-lungsstärke in W/srad.

    Neben diesen physikalischen Größen und den ent-sprechenden Einheiten verwendet man auch phy-siologische Größen und Einheiten. Diese berück-sichtigen, dass unsere Wahrnehmung von der Wel-lenlänge der Strahlung abhängt: So erscheint z.B.grünes Licht rund zehnmal heller als rotes Licht

    216

  • 9 Das Auge

    physikalische Größe physikalische Einheit physiologische Größe physiologische EinheitStrahlungsleistung W Lichtstrom Lumen (lm)Strahlungsstärke W/srad Lichtstärke lm/srad = Candela (cd)

    Bestrahlungsstärke W/m2 Beleuchtungsstärke lm/m2 = LuxEmissionsdichte W/srad m2 Leuchtdichte cd/m2

    Tabelle 9.2: Lichttechnische Größen: Vergleich von physikalischen und physiologischen Größen.

    Wellenlänge [nm]

    rela

    tive

    Empfi

    ndlic

    hkei

    t V

    400 500 600 7000,0

    0,2

    0,4

    0,6

    0,8

    1,0

    Abbildung 9.15: Relative spektrale Empfindlichkeitfür physiologische lichttechnischeGrößen.

    der gleichen Intensität. Die physiologische Einheitfür die Strahlungsstärke ist die Lichtstärke, wel-che in Candela (cd) gemessen wird. Das menschli-che Auge deckt dabei einen Bereich von etwa 10�6

    cd/m2 (Sehschwelle, dunkler Nachthimmel) bis et-wa 107 cd/m2 (Schmerzgrenze, sonnenbeschienenesSchneefeld) ab, was etwa 13 Größenordnungen ent-spricht.

    Tabelle 9.2 vergleicht die physiologischen Größenmit den entsprechenden physikalischen Größen. DenLichtstrom F bekommt man aus einer gegebenenStrahlungsleistung Fe durch eine Faltung mit derWellenlängenabhängigkeit des Auges, V (l ):

    F = V (l0)780nmZ

    380nm

    dl ∂Fe∂l

    V (l )

    Die Konstante V (l0) beträgt für das Maximum derspektralen Empfindlichkeit (bei l0 = 555nm) für dasTagessehen V (l0 = 555nm) = 683 lmW . Ein Licht-strom von 1 lm entspricht bei einer Wellenlänge von555 nm also einer Strahlungsleistung von 1683 W.

    9.1.9 Messung

    Nachweis von Licht heißt in den meisten Fällen,das Licht in einen elektrischen Strom umzuwandeln.Dies gilt sowohl für künstliche Sensoren, wie auchfür das Auge.

    Photokathode

    e-

    Photozelle

    Sekundärelektronen

    hν e- e- e- e-

    Photomultiplier

    Licht

    AnodePhoto-kathode

    R Vsh�

    Abbildung 9.16: Nachweis über den Photoeffekt.

    Die Umwandlung in elektrischen Strom kann aufunterschiedliche Weise geschehen. Die ältesten De-tektoren dieser Art basieren auf dem Photoeffekt:Licht, das auf eine Metalloberfläche auftrifft, kannaus dieser Elektronen herauslösen, sofern die Photo-nenenergie höher ist als die Austrittsarbeit. In einemPhotomultiplier werden diese Elektronen anschlies-send mit Hilfe einer Beschleunigungsspannung undweiteren Elektroden vervielfacht und nachgewiesen.

    Halbleitermaterialien zeigen einen ‘internen Photo-effekt’: Bei der Absorption von Licht in Halblei-termaterialien werden Elektronen aus dem Valenz-band ins Leitungsband angeregt, sofern die Photo-nenenergie oberhalb der Bandlücke liegt. Die frei-en Ladungsträger können anschliessend nachgewie-sen werden. Beim Photoleiter werden sie durch ei-ne externe Spannung abgeleitet, bei einer Solar-zelle oder einer Photodiode werden sie durch ei-

    217

  • 9 Das Auge

    Photoleiter

    Photodiode

    p-dotiert

    n-dotiert

    -

    +

    +

    -Leitungs-band

    Valenz-band

    - +

    h�

    Abbildung 9.17: Halbleiterdetektoren.

    ne Grenzschicht zwischen unterschiedlich dotiertenBereichen, also unterschiedlichen Fermi-Energien,getrennt. Ähnliche Prozesse werden auch in CCD-Chips verwendet, die in den meisten digitalen Ka-meras verwendet werden.

    hI oder V

    a) direkt

    b) indirekt T : thermoelektrisch p : akustisch

    Abbildung 9.18: Thermoelektrischer Nachweis vonLicht.

    Ein anderes Prinzip verwenden thermische Senso-ren: hier wird das Licht in Wärme umgewandeltund diese detektiert. Dieses Prinzip benutzt man z.B.wenn man die Sonne auf der Haut spürt. Physika-lische Detektoren, die auf diesem Prinzip basierensind

    • Thermoelemente

    • Bolometer: Widerstandsänderung in einem Me-tall

    • Thermistoren: Widerstandsänderung in einemHalbleiter

    • Pyroelektrische Detektoren: Die Temperaturer-höhung ändert eine Oberflächenladung

    Besonders wichtig sind auch chemische Sensoren:Hier regt das Licht ein Elektron in einem Molekülin einen höher angeregten Zustand an. Das angereg-te Elektron kann anschliessend für chemische Reak-tionen verwendet werden. Dieses Prinzip wird insbe-

    Chemisch:

    Chlorophyll

    ähnlich: Sehzellen im Auge

    Photographische Filme:AgI Ag Schutzschicht

    Träger

    Blauempfindliche SchichtGrünempfindliche Schicht

    Rotempfindliche Schicht

    Abbildung 9.19: Chemischer Nachweis von Licht.

    sondere in der Natur benutzt, z.B. durch die Sinnes-zellen im menschlichen Auge, aber auch durch dasChlorophyll in Pflanzen etc. Dazu gehörte auch dieanaloge Photographie.

    9.2 Geometrische Optik

    Die geometrische Optik beschreibt die Ausbreitungvon Licht mit Hilfe von Strahlen, welche sich ineinem homogenen Medium geradlinig ausbreiten.Dies ist eine sinnvolle Annahme so lange die Dimen-sionen des optischen Apparates wesentlich größersind als die optische Wellenlänge. Wichtige Abwei-chungen sind Interferenz (Kapitel 9.3) und Beugung(9.4).

    9.2.1 Das Prinzip von Fermat

    Bei der Berechnung des Weges, welchen das Licht ineinem optischen Instrument nimmt, leistet das Prin-zip von Fermat nützliche Dienste. Es ist ein Extre-malprinzip, welches praktisch identisch ist mit demHamilton’schen Prinzip. Die Grundidee stammt vonHero von Alexandria aus dem 2. Jhd v. Chr. Er for-mulierte es so: Das Licht nimmt den kürzesten Wegzwischen zwei Punkten.

    Fermat hat es erweitert auf Systeme mit mehr als ei-nem Brechungsindex. In der Formulierung von Fer-mat lautet es: “Licht nimmt den Weg, für den es die

    218

  • 9 Das Auge

    kürzeste Zeit braucht”. Mathematisch ausgedrücktlautet dies

    Z p1

    p0nds =

    Z p1

    p0

    cvp

    ds = cZ p1

    p0dt = Minimum,

    wobei P0,P1 die Anfangs- und Endpunkt des Wegesbezeichnen und das Minimum sich auf alle mögli-chen Wege bezieht. Heute schreibt man diese Bedin-gung meist als Extremalprinzip. In der Form einerVariation lautet es

    dZ p1

    p0nds = 0,

    ähnlich wie das Hamilton’sche Prinzip. Das einfach-ste Beispiel ist natürlich die Ausbreitung im freienRaum in einem homogenen Medium. Hier ist offen-bar der direkteste Weg der kürzeste.

    9.2.2 Anwendungsbeispiele

    ..

    α1

    α2

    Spiegel

    a b

    A

    BKürzester Weg A - Spiegel - B

    x c-x

    c

    Abbildung 9.20: Reflexion als extremaler Weg.

    Ein weiteres Beispiel ist die Reflexion von Licht aufeinem Spiegel. Man sucht den kürzesten Weg, aufdem das Licht vom Punkt A über den Spiegel zuPunkt B gelangt. Aus dem Resultat für den freienRaum folgt, dass es geradlinig von A zur Oberflächeund von dort geradlinig zu B läuft. Zu bestimmensind die Winkel a1 und a2. Die Länge des gesamtenWeges beträgt

    D =p

    a2 + x2 +q

    b2 +(c� x)2.

    Hier ist c der Abstand der beiden Punkte, projiziertauf die Spiegelebene und x die Distanz von A zumReflexionspunkt, ebenfalls auf die Spiegelebene pro-jiziert (siehe Abb. 9.20). Dieser Weg wird minimalfür

    dDdx

    = 0 =xp

    a2 + x2� c� xp

    b2 +(c� x)2.

    Die beiden Brüche können geschrieben werden alssina1 und sina2 und die Bedingung als sina1 =sina2. Dies entspricht somit dem Reflexionsgesetza1 = a2.

    Das Problem kann auch auf die Ausbreitung im frei-en Raum zurückgeführt werden, indem man (geo-metrisch) den Ausgangspunkt und den Weg bis zumSpiegel am Spiegel reflektiert. Damit ist wieder-um die direkte Verbindung die kürzeste, und mansieht leicht, dass in diesem Fall der Reflexionswin-kel gleich dem Einfallswinkel wird.

    α2

    .α1a

    A

    B

    x c-x

    c

    b

    n2

    n1

    Abbildung 9.21: Extremaler Weg durch eine Grenz-fläche.

    Wirklich wichtig wird das Prinzip erst, wenn dasMedium nicht mehr homogen ist, z.B. wenn derLichtstrahl durch zwei Halbräume mit unterschiedli-chen Brechungsindizes läuft. Hier erreicht das Lichtdas Ziel dann am schnellsten, wenn der Weg im lang-sameren Medium gering gehalten wird. Der optischeWeg beträgt jetzt

    D = n1p

    a2 + x2 +n2q

    b2 +(c� x)2.

    Der Extremalwert wird erreicht für

    dDdx

    = 0 = n1xp

    a2 + x2�n2

    c� xpb2 +(c� x)2

    .

    Das Resultat für das Minimum ist

    n1 sina1 = n2 sina2,

    also das Snellius’sche Brechungsgesetz.

    219

  • 9 Das Auge

    A

    B

    n1

    n2 > n1

    n1

    Abbildung 9.22: Durchqueren eines Flusses oder ei-ner planparallelen Platte.

    Ein weiteres Beispiel ist der Weg durch eine plan-parallele Platte. Da sich Licht im Glas langsamerausbreitet als außerhalb, wird der Weg in der Platteverkürzt. Das Resultat ist, dass der Lichtstrahl einenseitlichen Versatz erfährt.

    Abbildung 9.23: Luftspiegelung über einer Straße.

    Wenn der Brechungsindex kontinuierlich variiert, sokann der optische Weg auch krumm sein. Qualitativkann man diesen Effekt leicht durch das Prinzip vonFermat verstehen: der Lichtstrahl bleibt möglichstlange im Medium mit dem niedrigen Brechungsin-dex. Neben dem in Abb. 9.23 gezeigten Beispieltritt dieser Effekt auch bei Sonnenstrahlen in derErdatmosphäre auf: Diese werden, vor allem bei fla-chem Einfall, in der Erdatmosphäre gekrümmt wer-den. Deshalb ist die Sonne auch sichtbar, wenn sierein geometrisch betrachtet bereits oder noch unter-halb des Horizontes ist.

    Den gleichen Effekt findet man auch bei der Aus-breitung von seismischen Wellen: die Variation derPhasengeschwindigkeit mit Druck und Temperaturführt zu einer Abhängigkeit von der Tiefe und des-halb zu gebogenen Pfaden.

    Abbildung 9.24: Ausbreitung seismischer Wellen.

    Eine quantitative Analyse dieser Effekte lässt sichleichter im Wellenbild durchführen. Das vorliegendeKapitel beschränkt sich jedoch auf die geometrischeOptik.

    9.2.3 Brechung an einer sphärischenOberfläche

    Trifft ein Lichtstrahl auf eine gekrümmte Grenzflä-che wie die Hornhaut des menschlichen Auges, sohängt seine Richtung nach der Grenzfläche davon ab,an welchem Punkt er auf die Grenzfläche auftrifft.Dies wird z.B. in Sammellinsen benutzt.

    optische Achseg b

    Abbildung 9.25: Brechung an einer sphärischenOberfläche.

    Abb. 9.25 zeigt den Fall einer einzelnen sphärischenOberfläche eines Glaskörpers, der nach rechts un-endlich weit ausgedehnt ist. Der Weg, den ein Licht-strahl nimmt, wenn er an der Oberfläche gebrochenwird, kann mit Hilfe des Prinzips von Fermat berech-net werden, oder mit Hilfe des Brechungsgesetzes.Für geringe Abstände von der optischen Achse kann

    220

  • 9 Das Auge

    die Oberfläche durch eine Parabel angenähert wer-den. Der optische Weg OPO’ durch einen Punkt Pim Abstand h von der optischen Achse ist dann

    n1OP+n2PO0. (9.3)

    Die geometrische Länge der beiden Strecken ist inquadratischer Näherung

    OP ⇡ OQ+ h2

    2gO0P ⇡ O0Q+ h

    2

    2b.

    Hier ist g die Distanz vom Objekt O zur Grenzflächeund b die Distanz von der Grenzfläche zum Bild O0.Die Summe (9.3) wird damit

    n1OP+n2PO0 = n1(OV +V Q+h2

    2g)

    +n2(QO0 +h2

    2b).

    Die beiden Strahlwege erzeugen eine positive Inter-ferenz wenn sie gleich lang sind, d.h. wenn

    n1(OV +V Q+h2

    2g)+n2(QO0 +

    h2

    2b)

    = n1OV +n2(V Q+QO0).

    Somit muss gelten

    V Q(n1 �n2)+h2

    2gn1 +

    h2

    2bn2 = 0.

    In der gewählten Näherung ist

    V Q =h2

    2R

    und somit

    n1g

    +n2b

    =n2 �n1

    R, (9.4)

    unabhängig von h. Falls diese Bedingung erfüllt ist,benötigt das Licht somit auf allen Pfaden die gleicheZeit. Nach dem Prinzip von Fermat wird damit O aufO0 abgebildet.

    9.2.4 Abbildungen

    Gleichung (9.4) wird als Abbildungsgleichung be-zeichnet: Bei gegebenem Radius R, Brechungsindi-zes n1,2 und Objektdistanz g bestimmt sie die Bild-distanz b. Die rechte Seite der Gleichung stellt dieBrechkraft der Oberfläche dar, welche durch dieDifferenz der Brechungsindizes und den inversenKrümmungsradius gegeben ist. Die Brechkraft DnRwird in der Einheit Dioptrien (m�1) gemessen.

    einfallende Strahlen parallel

    b = f

    g = f gebrochene Strahlen parallel

    Abbildung 9.26: Brechung von parallelen Strahlen.

    Einen wichtigen Spezialfall erhält man, wenn mandie Objektdistanz g gegen unendlich gehen lässt,wenn also parallele Strahlen auf die Grenzfläche ein-fallen. Die Objektdistanz b wird dann als Brennweitef bezeichnet. Offenbar ist

    n2f

    =n2 �n1

    R

    oder

    f = Rn2

    n2 �n1.

    Die Sammelwirkung einer gekrümmten Oberflächeist somit bestimmt durch den Krümmungsradius unddie Differenz zwischen den Brechungsindizes.

    Wird anstelle eines einzelnen Punktes ein Objektdurch Brechung an einer sphärischen Grenzflächeabgebildet, so entsteht das Bild im Abstand b vonder Grenzfläche, wobei es invertiert wird. Dies ent-spricht grob der Situation im menschlichen Auge(siehe 9.5).

    221

  • 9 Das Auge

    n1 n2

    g b

    Abbildung 9.27: Abbildung an einer sphärischenOberfläche.

    9.2.5 Linsen

    Eine Linse ist ein Glaskörper mit zwei sphärisch ge-krümmten Oberflächen. Die Krümmungsradius vonbeiden Oberflächen können positiv, negativ oder un-endlich sein.

    F

    R1R2

    Linsenebene

    Abbildung 9.28: Sphärische Linse.

    Den Strahlengang für eine Linse findet man, durchzweimalige Anwendung des Resultats (9.4) für ei-ne sphärische Oberfläche. Im Folgenden sei der Bre-chungsindex außerhalb der Linse eins, n1 = 1 undderjenige des Linsenmaterials n2 = n. Für die ersteGrenzfläche gilt die Abbildungsgleichung

    1g

    +nS0

    =n�1

    R1.

    Die Distanz S’ bis zum Bild muss gleichzeitig dieGleichung für die zweite Oberfläche erfüllen,

    � nS0

    +1b

    = �n�1R2

    .

    Dabei muss das Vorzeichen von g und R beach-tet werden: es hängt von der Richtung ab. Bei derObjekt- / Bilddistanz ist es gemäß der üblichen De-finition positiv, wenn das Objekt / Bild rechts der

    Grenzfläche liegt, negativ wenn es auf der linkenSeite liegt. Beim Krümmungsradius entsprechendpositiv wenn das Zentrum auf der rechten Seite liegt,negativ im umgekehrten Fall.

    Die beiden Gleichungen können durch Eliminationvon S’ auf eine reduziert werden:

    1g

    +1b

    = (n�1)✓

    1R1

    � 1R2

    ◆=

    1f.

    Somit ist die Brechkraft (inverse Brennweite) derLinse gegeben durch

    1f

    = (n�1)( 1R1

    � 1R2

    ),

    Linsenform

    Bezeichnung

    Radien

    Brennweite

    bi-konvex

    plan-konvex

    positiver Meniskus

    bi-konkav

    plan-konkav

    negativer Meniskus

    f > 0 f < 0

    R1 > 0R2 < 0

    R1 = ∞R2 < 0 R1 < R2 < 0

    R1 < 0R2 > 0

    R1 = ∞R2 > 0

    R2 < R1 < 0{ {

    Abbildung 9.29: Linsenformen.

    wobei die Radien R1,2 der beiden Linsenflächen je-weils vorzeichenbehaftet sind. Man kann dieses Re-sultat einfach so interpretieren, dass sich die Brech-kraft (n � 1)/R der beiden Oberflächen addiert, wo-bei bei der zweiten Oberfläche aufgrund des umge-kehrten Verhältnisses der Brechungsindizes ein posi-tiver Radius eine negative Sammelwirkung, d.h. eineaufweitende Wirkung hat.

    Die “Brechkraft” oder Sammelwirkung einer Lin-se ist das Inverse der Brennweite und wird z.T. in“Dioptrien” = 1/m gemessen. 5 Dioptrien bezeich-nen eine Brennweite von 20 cm. Die Brechkraft istsomit proportional zur Differenz der Brechungsindi-zes und invers proportional zum Radius der Linse.Die Tatsache, dass die Brechkraft von der Differenzder Brechungsindizes abhängt, kann man sehr ein-fach nachprüfen wenn man beim Schwimmen unterWasser die Augen öffnet: Man sieht nicht scharf, dahier die Brechkraft der Linse im Auge kleiner ist.

    222

  • 9 Das Auge

    Je nach Vorzeichen und Betrag der beiden Radi-en unterscheiden man plankonvexe, plankonkave,Meniskus- und weiteren Linsen.

    9.2.6 Abbildung und Vergrößerung

    Objekt

    Bild

    {

    x

    {

    f

    {f

    {x’

    Abbildung 9.30: Abbildung an einer Linse.

    Das Bild eines bestimmten Objekts, das durch einedünne Linse erzeugt wird, kann durch eine einfacheKonstruktion erhalten werden, welche in Abb. 9.30dargestellt ist. Sie enthält, neben der Linse, die bei-den Brennpunkte im Abstand f . Die Berechnung desBildes erfolgt mit zwei Hilfskonstruktionen:

    • Jeder Strahl parallel zur Achse geht durch denFokus auf der gegenüberliegenden Seite.

    • Ein Strahl, der durch den Fokus läuft, tritt aufder anderen Seite parallel zur Achse aus.

    Damit erhält aus der linken Seite von Abb. 9.30 ausdem Strahlensatz die Gleichung

    y0

    f=

    yx

    (9.5)

    und aus der rechten Seite

    y0

    x0=

    yf. (9.6)

    Diese Gleichungen lassen sich umformen zum Ver-hältnis zwischen der Grösse y’ des Bildes relativ zurGrösse y des Objekts

    y0

    y=

    fx

    =x0

    f.

    Das Vergrösserungsverhältnis ist somit gegebendurch das Verhältnis der Brennweite f zum Abstandx des Objekts vom Brennpunkt, resp. durch das Ver-hältnis des Abstandes x’ des Bildes vom zweitenBrennpunkt.

    Den Bildabstand x’ erhält man aus der letzten Glei-chung als

    xx0 = f 2.

    Das Produkt von Objekt- und Bilddistanz (gemessenvom Brennpunkt) ist somit immer gleich dem Qua-drat der Brennweite. Diese Form ist äquivalent zurGleichung

    1g

    +1b

    =1f

    wenn die Distanzen durch

    g = x+ f b = x0 + f

    ersetzt werden.

    Abbildung 9.31: Spezielle Abstände.

    Die wichtigsten Spezialfälle sind x = x’ = f , d.h.Objekt und Bild sind je um f von den Brennpunk-ten entfernt, resp. um 2 f von der Linse. Dabei sindObjekt- und Bilddistanz identisch und das Abbil-dungsverhältnis gerade gleich 1. Wenn einer der bei-den Abstände, z.B. x, gegen Null geht, so muss derandere gegen unendlich gehen. Dies entspricht denbeiden Fällen wo ein paralleler Strahl in den Brenn-punkt der Linse fokussiert wird, resp. wo eine punkt-förmige Quelle im Brennpunkt der Linse kollimiertwird.

    Die Tatsache, dass unterschiedlich entfernte Gegen-stände auf unterschiedliche Bildebenen abgebildetwerden ist jedem Hobby-Fotografen bekannt. Sieführt zur endlichen “Tiefenschärfe” eines Bildes: Dader Film einen bestimmten Abstand zum Objektivaufweist werden nur Gegenstände in der “richtigen”Entfernung scharf abgebildet.

    223

  • 9 Das Auge

    Objekte Film

    Abbildung 9.32: Tiefenschärfe.

    9.2.7 Linsenfehler

    Die obigen Rechnungen basieren auf idealen Lin-sen. Allerdings basiert die Herleitung der Linsen-gleichung auf verschiedenen vereinfachenden An-nahmen, die in der Praxis nie exakt erfüllt sind. Sowurde z.B. die Dicke der Linse vernachlässigt unddie Oberfläche durch eine Parabel angenähert. Inder Praxis benutzt man hingegen sphärische Ober-flächen, da solche Linsen sehr viel einfacher herzu-stellen sind. Aus diesen Unterschieden ergeben sichsogenannte “Linsenfehler”, d.h. Unterschiede zwi-schen den hier angenommenen “Gesetzen” und denwirklichen Strahlengängen. Technisch werden diesefolgendermaßen klassifiziert:

    Sphärische Aberration Die hier benutzten Glei-chungen gelten nur für Strahlen in der Nähe der op-tischen Achse. Strahlen, die zu weit davon entferntsind, werden nicht mehr in den gleichen Punkt fo-kussiert.

    Abbildung 9.33: Sphärische Aberration einer Linse.

    Natürlich kann man eine Linse immer klein genugmachen, dass solche Fehler vernachlässigbar sind.Andererseits ist die Lichtstärke einer Linse propor-tional zu ihrer Fläche, also zum Quadrat des Durch-messers. Es gibt zwei Möglichkeiten, sphärische Ab-erration auch bei großen Linsen gering zu halten:

    Doublet Coddington

    Doublet Triplet Hastings Triplet

    Abbildung 9.34: Kombination von Linsen.

    1. Man kombiniert verschiedene Linsen in ein Ob-jektiv.

    2. Man benutzt asphärische Linsen, d.h. man op-timiert die Form der Linse so, dass diese Feh-ler verschwinden. Dies wird allerdings nur fürteure Spezialoptiken gemacht, weil das Her-stellungsverfahren wesentlich aufwendiger ist.Heute ist dies aber eindeutig ein zunehmenderTrend.

    Die beiden Methode können auch kombiniert wer-den, d.h. man stellt Objektive her, welche teilweiseasphärische Linsen enthalten.

    Abbildung 9.35: Koma.

    Ein Abbildungsfehler, welcher eng mit der sphäri-schen Aberration verwandt ist, ist die Koma. Paral-lele Strahlen, welche unter einem Winkel zur opti-schen Achse einfallen, werden nicht in einen Punktabgebildet, sondern in eine Art Schweif. Kamerashaben deshalb im Randbereich meist schlechtereSchärfe als im zentralen Bereich. Dieser Effekt kannähnlich wie die sphärische Aberration durch asphä-rische Linsen und Objektive korrigiert werden.

    224

  • 9 Das Auge

    Abbildung 9.36: Chromatische Aberration.

    Wellenlänge [µm]

    Brec

    hung

    sinde

    x

    0,4 0,5 0,6 0,71,60

    1,65

    1,70

    Kalkspat ord. StrahlBromnaphthalin

    CS2

    KronglasFlintglas

    Abbildung 9.37: Dispersion unterschiedlicher Glas-sorten.

    Chromatische Aberration: Aufgrund der Disper-sion des Glases werden unterschiedliche Wellen-längen unterschiedlich stark gebrochen. Meist wirdkurzwelliges Licht stärker gebrochen als langwelli-ges. Die Brechkraft und damit die Brennweite istdamit unterschiedlich für unterschiedliche Farben.Auch dieses Problem kann durch die Kombinati-on unterschiedlicher Linsen weitgehend vermiedenwerden.

    Kron Flint

    Abbildung 9.38: Korrektur der chromatischen Aber-ration.

    Dabei werden Linsen mit unterschiedlichem Bre-chungsindex so kombiniert, dass ihre unterschiedli-chen Abhängigkeiten sich kompensieren. Abb. 9.38zeigt als Beispiel ein Doublet aus zwei unterschied-lichen Glassorten.

    Reduzierte Dispersion

    EFL

    [mm

    ]

    104

    103

    102

    101

    1000,4

    Wellenlänge [µm]0,6 0,8 1,0

    Abbildung 9.39: Dispersionskurve eines nominellenAchromaten.

    Solche Linsenkombinationen werden kommerziellals “Achromaten” angeboten. Abb. 9.39 zeigt alsBeispiel die reduzierte Dispersion, welche über densichtbaren Spektralbereich weniger als 0.5% beträgt.Die Dispersionskurven von Abb. 9.37 variieren überden gleichen Bereich um mehr als 10%.

    Abbildung 9.40: Astigmatismus: die vertikalen undhorizontalen Brennpunkte fallennicht zusammen.

    Astigmatismus Ist die Linse nicht symmetrischum ihre Achse, so erhält man für unterschiedlicheEbenen unterschiedliche Brennweiten. Dieser Effektwird als Astigmatismus bezeichnet. Er führt dazu,dass man kein scharfes Bild erhält.

    Wie in Abb. 9.41 gezeigt, kann man als Bildebenedie Brennebene für Strahlen in der horizontalen odervertikalen Ebene wählen, und erhält dann jeweils ei-ne Verschmierung in der anderen Richtung. Wähltman eine Ebene dazwischen, so erhält man eine ver-gleichbare Unschärfe in beide Richtungen.

    225

  • 9 Das Auge

    Original Horizontaler Fokus

    Vertikaler Fokus Kompromiss

    Abbildung 9.41: Effekt des Astigmatismus in unter-schiedlichen Bildebenen.

    9.2.8 Maximale Auflösung

    Die Gleichungen von Kapitel 9.2.6 implizieren, dassman Objekte beliebig vergrössern kann. Dies ist abernicht möglich, da man dann in einen Bereich kom-men würde, wo die geometrische Optik nicht mehrgültig wäre. Die Voraussetzung für ihre Anwend-barkeit ist, dass die relevanten Dimensionen großsind im Vergleich zur Wellenlänge des Lichtes. Diesist bei genügend kleinen Objekten nicht mehr derFall. So können z.B. Moleküle nicht durch sichtba-res Licht genügend vergrößert werden, da sie kleinsind im Vergleich zur Wellenlänge.

    θ

    θ

    P

    P’

    d

    d sin θ

    Abbildung 9.42: Grenze der Auflösung.

    Eine Abschätzung für das maximal erreichbare Auf-lösungsvermögen erhält man, wenn man die end-liche Wellenlänge mit berücksichtigt. Damit zweiPunkte P und P’ im Abstand d unterschieden wer-den können, muss die Weglängendifferenz des Lich-tes bei der Linse mindestens l sein. Laut Abb. 9.42erhält man damit

    2nd sinq � l .

    Hier stellt n den Brechungsindex des Mediums dar,in dem sich das Objekt befindet. Für hohe Auflösungist dies vergleichbar mit dem Brechungsindex vonGlas, n ⇡ 1,5. Für eine unendlich große Linse (q !p/2) und sichtbares Licht l ⇡ 0,6 µm erhält mansomit

    2 ·1,5d � 0,6 µm

    oder d�0.2 µm.

    Ein etwas anderes Kriterium für die Auflösbarkeit istdas Abbé-Kriterium. Danach ist der minimale Ab-stand von zwei unterscheidbaren Punkten

    dmin = 0,61l

    nsina,

    mit a als halber Öffnungswinkel der Linse. Das Re-sultat ist von der gleichen Größenordnung.

    Position [µm]

    Posit

    ion

    [µm

    ]

    Abbildung 9.43: Optisches Bild einer Punktquelle:einzelnes NV-Zentrum in Diamant.

    Diese theoretische Beziehung kann man experimen-tell verifizieren, indem man eine optische Punktquel-le, wie z.B. ein einzelnes Atom, abbildet. Abb. 9.43zeigt als Beispiel das Bild eines atomaren Defektsin Diamant, gemessen mit konfokaler Mikroskopie.Die laterale Ausdehnung des Bildes liegt im Bereichvon etwa 300 nm.

    Die gleiche Beziehung gilt nicht nur bei der mi-kroskopischen Abbildung, sondern auch umgekehrtbeim Schreiben von kleinen Strukturen mit opti-schen Instrumenten, also z.B. in der Lithographie.

    226

  • 9 Das Auge

    9.2.9 Lupe und Mikroskop

    Lupe

    Die Lupe kann als zusätzliche Linse vors Auge ge-halten werden, so dass man Gegenstände betrach-ten kann, die sich näher beim Auge befinden als dieminimale Entfernung bis zu der unser Auge alleinescharf abbilden kann.

    Objekt im Fokus der Linse

    f

    G

    Abbildung 9.44: Vergrößerung mit Hilfe einer Lupe.

    Die Vergrösserung wird somit primär durch die Ver-ringerung des Objektabstandes erreicht. Mit blossemAuge kann man typischerweise bis auf eine Distanzvon ca. 25 cm scharf sehen, mit einer Linse je nachBrennweite bis auf etwa 1 cm. Der Vergrößerungs-faktor ist gegeben als das Verhältnis der Längen, wiesie auf der Netzhaut erscheinen, und damit über dasVerhältnis der Sehwinkel.

    G

    s0 ≈ 25 cm

    Abbildung 9.45: Definition des Vergrößerungs-faktors.

    Der Vergrößerungsfaktor ist somit

    s =ee0

    .

    Eine Lupe der Brennweite f erlaubt einem, den Ab-stand zum Gegenstand bis auf f zu reduzieren, an-stelle des sonst möglichen minimalen Sehabstandess0 ⇡ 25 cm. Damit vergrößert sie den Sehwinkel um

    den Faktor

    s =s0f.

    Mikroskop

    Objektiv Okular

    G

    B

    fOb t fOk

    Abbildung 9.46: Strahlengang im Mikroskop.

    Das Mikroskop besteht aus einer Kombination von2 Linsen. Die erste Linse, das Objektiv, erzeugt einZwischenbild, welches grösser ist als das Objekt. Fürdie Berechnung des Vergrösserungsfaktors gilt dieNäherung, dass die Tubuslänge t groß ist im Ver-gleich zur Brennweite fOb j des Objektivs. Dann wirdder Vergrößerungsfaktor

    vZB =t

    fOb j.

    Eine zusätzliche Vergrösserung dieses Zwischenbil-des erreicht man, indem man es nicht mit dem nack-ten Auge betrachtet, sondern mit einem Okular unddamit wie bei einer Lupe einen geringeren Objektab-stand erreicht. Dadurch wird eine weiter Vergrösse-rung um den Faktor

    vO =sOfOk

    erreicht. Die gesamte Vergrößerung des Mikroskopsist damit

    vMic = vZBvO =t s0

    fOb j fOk.

    9.2.10 Optische Fasern

    Optische Fasern leiten Licht in einer dünnen Faseraus Glas. Sie werden in der Medizin unter anderem

    227

  • 9 Das Auge

    Abbildung 9.47: Optische Lichtwellenleiter.

    bei Laser-Operationen oder für endoskopische Un-tersuchungen benutzt. Sie verwenden Totalreflexion,um das Licht entlang der Faser zu führen. Betrach-tet man das System mit Hilfe klassischer Strahlen-optik, so fallen die Strahlen unter einem Winkel aufdie Oberfläche der Faser ein, welche größer ist alsder Winkel für die Totalreflexion. Für eine einfacheGlasfaser wäre der kritische Winkel bei etwa

    ac = sin�11

    nGl⇡ sin�1 1

    1,5⇡ 41,8�.

    �0�1 n1

    n2Kern

    Mantel

    Abbildung 9.48: Strahlverlauf in einer Kern-MantelFaser.

    Allerdings verwendet man in der Praxis nicht ein-fache Glasfasern, da in diesem Fall die evaneszenteWelle außerhalb der Glasfaser gestreut werden könn-te, sondern Kern-Mantel Fasern, bei denen die eva-neszente Welle im Mantel läuft, der noch weitge-hend verlustfrei ist. Hier ist der Unterschied der Bre-chungsindizes (Glas des Kerns gegen Glas des Man-tels) wesentlich geringer als Glas gegen Luft und da-mit der Grenzwinkel größer. Man quantifiziert dieszum Beispiel über die numerische Apertur NA, alsoden maximalen Winkel, unter dem man einkoppelnkann, so dass der Strahl noch geführt wird:

    NA = sinq0 = n1 sinq1 =q

    n21 �n22.

    Eine genauere Behandlung der Lichtleitung verwen-det eine wellenoptische Beschreibung. Diese erfolgtanalog zur Beschreibung von elektromagnetischen

    Moden in Wellenleitern und ergibt vor allem denwichtigen Unterschied zwischen Einzelmoden- undMultimoden Fasern.

    9.3 Interferenz

    Meist hat man nicht nur eine einzelne Welle, sondernmehrere Wellen mit gleichen oder unterschiedlichenFrequenzen, Phasen, Amplituden und Ausbreitungs-richtungen. Bei ihrer Überlagerung spielt Interferenzzwischen einzelnen (Teil-)Wellen eine wichtige Rol-le, sowohl bei optischen wie auch bei Ultraschall-Untersuchungen. Die hier diskutierten Grundlagenspielen deshalb auch im zweiten Teil der Vorlesungeine wichtige Rolle.

    9.3.1 Grundlagen

    Die Maxwell Gleichungen (oder die akustischenWellengleichungen, siehe Kap. 8.1.3) sind line-ar. Verschiedene Wellen beeinflussen sich deshalbnicht. Allerdings beobachtet man in den meisten Fäl-len nicht die Felder selbst, sondern die Intensitätoder Leistung einer Welle. Diese sind proportionalzum Quadrat des Feldes,

    I µ |E|2.

    Man bezeichnet sie deshalb als quadratische Detek-toren. Praktisch alle Detektoren funktionieren nachdiesem Prinzip, so z.B. auch das menschliche Auge,Halbleiterdetektoren oder fotografische Filme. Fürdie direkt gemessenen Größen, wie die Intensität, istdie Physik nicht-linear. Damit haben wir eine weite-re Grenze der geometrischen Optik erreicht, welchedavon ausgeht, dass einzelne Strahlen voneinanderunabhängig sind.

    Wenn zwei Felder A und B auf einen Detektor fal-len, so misst dieser das Quadrat der Summe, d.h. dasSignal ist proportional zu

    I µ (A+B)2 = A2 +B2 +2AB.

    Im Signal sehen wir somit nicht einfach die Sum-me der beiden Teilsignale (= A2 + B2), sondern es

    228

  • 9 Das Auge

    enthält einen zusätzlichen Term 2AB, der als Interfe-renzterm bezeichnet wird.

    Für komplexe Amplituden müssen wir zusätzlich dierelative Phase der beiden Wellen berücksichtigen.Das Signal ist in diesem Fall proportional zum Ab-solutquadrat der Gesamtwelle, d.h.

    I µ |A+B|2 = (A+B)(A+B)⇤

    = AA⇤ +AB⇤ +A⇤B+BB⇤

    = |A|2 + |B|2 +2¬{AB⇤}.

    Der Interferenzterm kann auch geschrieben werdenals

    2¬{AB⇤} = 2|AB|cos(jA �jB),

    wobei jA,B die Phasen der einzelnen Wellen darstel-len.

    Summe

    Summe

    Teilwellen in Phase

    Teilwellen außer Phase

    konstruktive Interferenz

    destruktive Interferenz

    Abbildung 9.49: Addition von Teilwellen für unter-schiedliche relative Phasen.

    Die Interferenz wird somit maximal, wenn die bei-den Phasen identisch sind. Man spricht dann vonkonstruktiver Interferenz. Unterscheiden sich diebeiden Phasen um p , so wird der Signalbeitrag nega-tiv und man spricht von destruktiver Interferenz. DieInterferenz verschwindet, wenn die beiden Wellenum p/2 ausser Phase sind, so dass cos(jA �jB) = 0.Für gleich starke Felder, |A| = |B| wird die kombi-nierte Intensität als Funktion der Phasendifferenz

    I = 2|A|2(1+ cos(jA �jB)).

    Neben der Phasenlage muss auch die Polarisationder beiden Felder übereinstimmen: Ist z.B. eines derFelder in x-, das andere in y-Richtung polarisiert, soentsteht keine Interferenz. Das gleiche gilt für unpo-larisiertes Licht.

    Gesamtintensität für |A| = |B|

    �1 � �20 2ππ/2 π 3π/2

    0

    1

    2

    3

    4

    I

    |A|2

    konstruktiv

    destruktiv

    Phasendifferenz

    Abbildung 9.50: Intensität als Funktion der Pha-sendifferenz zwischen den beidenWellen.

    9.3.2 Interferenz von 2 ebenen Wellen

    Interferenzeffekte entstehen z.B. bei der Überlage-rung von zwei Laserstrahlen, welche näherungswei-se als ebene Wellen betrachtet werden können.

    Intensität

    Abbildung 9.51: Interferenz von 2 ebenen Wellen.

    Die beiden ebenen Wellen fallen unter einem kleinenWinkel q auf einen Schirm. Die beiden Felder ver-stärken sich gegenseitig, wenn sie in Phase sind undinterferieren destruktiv, wenn sie außer Phase sind.Dies geschieht jeweils entlang einer Geraden senk-recht zum Schirm. Den Abstand zwischen zwei sol-chen Geraden findet man, indem man verlangt, dassdie Phasendifferenz ein ganzzahliges Vielfaches von2p beträgt. In der Richtung senkrecht zum Schirm

    229

  • 9 Das Auge

    ist dieser Abstand eine Wellenlänge. Parallel zumSchirm entspricht er

    d =l

    2sinq/2⇡ l

    q,

    wobei die Näherung für kleine Winkel gilt, q ⌧ 1.Der Abstand wird also um so größer, je kleiner derWinkel wird. Für parallele Strahlen verschwindet dieOrtsabhängigkeit, für gegenläufige Strahlen (q = p)erreicht der Abstand sein Minimum bei der halbenWellenlänge, dmin = l/2.

    9.3.3 Zweistrahlinterferenz an dünnenSchichten

    d

    Phasensprung

    Abbildung 9.52: Zweistrahlinterferenz an einer dün-nen Schicht.

    Wenn Licht an einer planparallelen Platte reflektiertwird, so erhält man je einen Reflex von der Vorder-und der Rückseite. Diese beiden reflektierten Wellenstammen von der gleichen Welle und können des-halb interferieren. Die erste Welle erhält außerdemeine Phasenverschiebung um p , da sie am optischdichteren Medium reflektiert wird. Für senkrechtenEinfall beträgt die Phasendifferenz

    dj = p+4pn dl0

    ,

    mit l0 als Vakuumwellenlänge und n und d Bre-chungsindex und Dicke der Platte oder des dünnenFilms.

    Ein gutes Beispiel für eine dünne Schicht ist ei-ne Seifenlamelle. Da die Interferenzbedingung vonder Wellenlänge abhängt, wird sie nicht für alle Far-ben des Spektrums gleichzeitig erfüllt. Eine vertikaleSeifenlamelle, wie diejenige in Abb. 9.53 ist außer-dem nicht überall gleich dick: Die Schwerkraft zieht

    Abbildung 9.53: Interferenz an einer Seifenlamelleerzeugt farbige Streifen.

    die Lösung nach unten, ihre Dicke nimmt deshalbnach unten zu. Dies führt deshalb zu einer Abfolgevon Interferenzstreifen.

    9.3.4 Entspiegelung

    Man kann dies benutzen, um Reflexionen zu elimi-nieren, z.B. auf einem Brillenglas, einer Kameralin-se oder der Optik in einem Laser. Wir betrachtenals Beispiel eine Glasoberfläche mit Brechungsindexn2 = 1,5. Monochromatisches Licht der Wellenlän-ge l0 soll senkrecht auf diese Oberfläche auftreffen.Normalerweise erhält man von der Oberfläche eineReflexion von etwa 4% des Lichtes.

    d

    n0 = 1

    Abbildung 9.54: Zweistrahlinterferenz an einer dün-nen Schicht.

    Bringt man auf diese Oberfläche eine Schicht derDicke d mit dem Brechungsindex n1 auf, dann er-geben sich zwei Grenzflächen: eine zwischen Luft(n0 = 1) und n1 und die andere von n1 nach n2. Anbeiden Grenzflächen wird eine Teilwelle reflektiertund die beiden überlagern sich.

    Die Reflektivität der ersten Grenzfläche ist, für nä-

    230

  • 9 Das Auge

    herungsweise senkrechten Einfall,

    E(r1)

    E(i)=

    n1 �1n1 +1

    .

    Als Vereinfachung kann die Abschwächung dertransmittierten Welle vernachlässigt werden. Dannist die Amplitude der zweiten reflektierten Teilwelle

    E(r2)

    E(i)=

    n2 �n1n2 +n1

    .

    Diese Teilwelle hat dabei eine zusätzliche optischeWeglänge von 2n1d und dadurch eine Phasenverzö-gerung um

    dj = 4pn1dl0

    ,

    wobei l0 die Vakuum-Wellenlänge darstellt.

    Diese Summe der beiden Teilwellen ist

    E(r1) +E(r2) = E(i)✓

    n1 �1n1 +1

    +n2 �n1n2 +n1

    eidj◆

    .

    Entspiegelung, also Elimination der reflektiertenWelle tritt dann auf, wenn destruktive Interferenzzwischen den beiden Teilwellen dazu führt, dass die-se Summe verschwindet. Damit dies der Fall ist,müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

    1. Der zweite Term muss reell und negativ sein,d.h. der Phasenfaktor eidj = �1 oder

    dj = p ! d = l04n1

    .

    Man spricht deshalb von einer l/4 Beschich-tung.

    2. Der Betrag der beiden Terme muss gleich sein,

    n1 �1n1 +1

    =n2 �n1n2 +n1

    .

    Daraus folgt

    (n1 �1)(n2 +n1) = (n1 +1)(n2 �n1)n1n2 +n21 �n2 �n1 = n1n2 �n21 +n2 �n1

    n1 =p

    n2.

    Abbildung 9.55: Newton’sche Ringe. Links ist dasMessprinzip dargestellt, rechts einBeispiel.

    Die reflektierte Feldstärke verschwindet somit genaudann, wenn

    n1 =p

    n2 und d =l04n1

    .

    Eine andere Anwendung sind die so genannten New-ton’schen Ringe: Sie ergeben sich durch Zweistrahl-interferenz wenn man eine Linse auf einen ebenenSpiegel legt und mit einer ebenen Welle durchstrahlt,welche vom Spiegel reflektiert wird. Die Teilwellen,die an der unteren Linsenoberfläche und am Spie-gel reflektiert werden, interferieren. Immer wenn dieDicke des Luftspaltes um l /2 zunimmt, entsteht einzusätzlicher Interferenzring. Solche Muster werdenz.B. zur Qualitätssicherung verwendet, da man sehrgenau die Oberfläche ausmessen kann. Bei einersphärischen Linse nimmt die Dicke des Luftspalts inerster Näherung quadratisch mit dem Abstand vomAuflagepunkt zu. Eine gute Linse erzeugt somit kon-zentrische Ringe, deren Abstand invers mit dem Ab-stand vom Zentrum abnimmt.

    9.3.5 Kohärenz

    Die obigen Rechnungen sind nur dann korrekt, wenndie verschiedenen Lichtquellen eine konstante Pha-sendifferenz besitzen (die gleich null sein kann).Dies ist eine zwingende Voraussetzung dafür, dassInterferenz vollständig ist. In der Praxis treten aberideale ebene Wellen nicht auf, es gibt immer Ab-weichungen davon. Diese Abweichung wird über dieKohärenz quantifiziert.

    231

  • 9 Das Auge

    Die Phase einer optischen Lichtquelle kann zeitlichund räumlich variieren. Man quantifiziert die Pha-senkonstanz sowohl bezüglich ihres räumlichen wieauch ihres zeitlichen Verhaltens und bezeichnet die-se als Kohärenz. Eine zeitlich kohärente Lichtquelleist per Definitionem monochromatisch. Diese Bedin-gung wird für keine Lichtquelle absolut erfüllt.

    Welle A

    Welle B Phasensprünge

    Summe

    Überlagert

    Abbildung 9.56: Kohärenzlänge eines Wellenzuges.

    Eine thermische Lichtquelle hat vollständig zufälli-ge Phasen, während ein Laser über eine gewisse Zeitkonstante Phasen aufweist. Für einen kommerziel-len Laser liegt diese Zeit bei etwa einer µs, bei ei-nem hochgezüchteten Forschungsgerät kann sie bisauf etwa eine Sekunde verlängert werden. Man kannsolche Kohärenzzeiten praktisch nur messen, indemman die Phasen von zwei unabhängigen Lasersyste-men vergleicht.

    Inter- ferenz

    zeitliche Kohärenz

    Wellenfronten Glasfasern (unterschiedlich lang)

    räumliche Kohärenz

    Inter- ferenz

    Glasfasern (gleich lang)

    Wellenfronten

    Abbildung 9.57: Zeitliche vs. räumliche Kohärenz.

    Man unterscheidet zwischen zeitlicher Kohärenz, beidem die Korrelationsfunktion der Phase an einembestimmten Ort zu unterschiedlichen Zeiten gemes-sen wird,

    ct(t) = hE(t)E⇤(t + t)i,

    und räumlicher Kohärenz, bei der die Korrelations-funktion zwischen unterschiedlichen Orten vergli-chen wird

    cr(~r) = hE(~r)E⇤(~r +~r)i.

    Die Kohärenzlänge bezeichnet diejenige Distanz,über welche die Kohärenz cr(~r) auf cr(0)/e abfällt.Entsprechend bezeichnet die Kohärenzzeit die Zeit,bei der ct(t) auf 1/e des Maximalwerts abgefallenist.

    Licht Bandbreite Kohärenz-länge

    “weisses Licht” 200 THz 1.5 µmSpektrallampe 1.5 GHz 20 cmHalbleiterlaser 10 MHz 30 m

    HeNe Laser, stab. 150 kHz 2 kmstab. Laser 1 Hz 300000 km

    Tabelle 9.3: Bandbreite und Kohärenzlänge von ei-nigen typischen Lichtquellen.

    Diese Größen variieren über einen großen Bereich.Tabelle 9.3 vergleicht sie für einige typische Licht-quellen. Die Bandbreite entspricht der inversen Ko-härenzzeit. Bei einer thermischen Lichtquelle exi-stiert hier zunächst wiederum keine Kohärenz, d.h.die Kohärenzlänge ist von der gleichen Grössenord-nung wie die optische Wellenlänge. Ein Laser hinge-gen besitzt eine gute räumliche Kohärenz, die prak-tisch beliebig hoch sein kann.

    Auch mit thermischen Quellen können räumlich ko-härente Quellen erzeugt werden, indem man z.B.einen dünnen Spalt oder ein kleines Loch beleuch-tet. Sofern die Dimensionen dieser Sekundärquellenklein sind im Vergleich zur Kohärenzlänge der Pri-märquelle, verbessert man damit die Kohärenzeigen-schaft. Die räumliche Kohärenz bestimmt, z.B., wiegut das entsprechende Licht fokussiert werden kann.

    9.3.6 Anwendungen

    Die Messung der räumlichen Kohärenz einer Licht-quelle erlaubt z.B. die Messung des Durchmessersvon Sternen: eine punktförmige Quelle ist immer

    232

  • 9 Das Auge

    räumlich (aber nicht unbedingt zeitlich) kohärent.Ein Stern hat aber eine endliche Oberfläche, derenTeile zueinander nicht kohärent sind.

    Abbildung 9.58: Messung eines Sterndurchmessersmit Hilfe eines Interferometers.

    Indem man die Phase von Lichtstrahlen im Abstandvon einigen Dutzend m misst, kann man die Ausdeh-nung eines Sterns bestimmen. Die Bedingung hierfürist praktisch identisch wie die Auflösungsbedingungvon Abbé. Für eine Punktquelle bildet die Überlage-rung der beiden Strahlwege, wie bei einem Doppel-spaltexperiment, ein Interferenzmuster. Durch denendlichen Durchmesser überlagern sich mehrere sol-che Interferenzmuster. Je größer der Abstand zwi-schen den beiden Spiegeln, desto geringer die Peri-ode des Interferenzmusters. Durch die Überlagerungvon vielen solchen Interferenzmustern, welche vonräumlich getrennten Punkten auf dem Stern erzeugtwerden, verschwindet das Interferenzmuster wennder Spiegelabstand und der Sterndurchmesser großgenug sind.

    Das grundsätzliche Idee dafür stammt von Fizeau,ein genauer Vorschlag von Michelson. Er wurde zu-erst am Mount Wilson Observatorium in den USArealisiert und dazu verwendet, den Durchmesser vonBeteigeuze zu bestimmen (1920). Nach aktuellemWissensstand beträgt er etwa 662 Sonnendurchmes-ser. Im Bereich der Radioastronomie verwendet manähnliche Interferometer mit Basislinien von bis zu10000 km.

    In der Medizinphysik verwendet man Kohärenzto-mographie für optische Messungen in streuendemGewebe, z.B. in der Haut (siehe Teil 2 der Vorlesung,WS).

    9.4 Beugung

    9.4.1 Grenzen der geometrischen Optik

    Die geometrische Optik ist eine gute Näherung inden Fällen, in denen die Wellenlänge des Lichtsklein ist im Vergleich zu allen relevanten Distanzen.Wenn diese Näherung nicht erfüllt ist, ergeben sichzusätzliche Effekte, welche als Beugung bezeichnetwerden. Ein typisches Beispiel ist der Fall dass Lichteiner punktförmigen, weit entfernten Quelle durchein Loch in einem Schirm durchtritt. Im Rahmen dergeometrischen Optik würde man erwarten, dass sichvom Loch aus ein paralleles Lichtbündel, also einLichtstrahl ausbreitet.

    Bsp.: WasserwellenBeugungseffekte

    Quelle

    λ > d

    Abbildung 9.59: Beugung am Spalt.

    Das Experiment zeigt, dass diese Näherung durch-aus sinnvoll ist wenn das Loch groß genug ist. Wenndas Loch kleiner ist als die optische Wellenlänge,so wirkt das Loch als eine punktförmige Quelle ei-ner Kugelwelle. Diese erzeugt eine praktisch iso-trope Intensitätsverteilung. Im Zwischenbereich, wodie Dimension des Spaltes vergleichbar wird mit deroptischen Wellenlänge, findet man auf einem Schirmrechts des Spalts nicht nur einen einzelnen Fleck,sondern zusätzlich konzentrische Ringe (! Abb.9.63).

    9.4.2 Huygens’sches Prinzip

    Natürlich könnte man dieses Beugungsmuster be-rechnen, indem man die Maxwell Gleichungen fürden gesamten Raum löst, wobei man als Grenzbe-dingungen die Quellen und die Schirme berücksich-

    233

  • 9 Das Auge

    tigen müsste. Man kann den Aufwand aber wesent-lich reduzieren, wenn man berücksichtigt, dass fürdie Ausbreitung im freien Raum die Gesetze dergeometrischen Optik eine sehr gute Näherung dar-stellen.

    kWellenfläche

    Elementarwellenneue Wellenfront

    Abbildung 9.60: Das Huygens’sche Prinzip: Zerle-gung einer Welle in elementareKugelwellen.

    Dies wird durch das Huygens’sche Prinzip genutzt.Es besagt, dass jeder Punkt einer Wellenfront alsAusgangspunkt einer neuen ‘Elementarwelle’ be-trachtet werden kann. Die Überlagerung dieser Ele-mentarwellen erzeugt eine neue Wellenfront.

    φ

    x

    a

    Abbildung 9.61: Feld am Detektor als Integralüber Teilwellen, welche durch eineBlende transmittiert werden.

    Damit kann man z.B. das Beugungsbild einer Blen-de berechnen, welche durch eine ebene Welle be-leuchtet wird. Die Amplitude des Feldes bei einemPunkt P auf dem Schirm ist das Integral über Kugel-wellen, welche von Punkten einer Wellenfront aus-gehen. Dieses Vorgehen entspricht im Wesentlichender Lösung mit Hilfe von Green’schen Funktionen:Man verwendet die Lösung für punktförmige Quel-len und berechnet die Lösung für beliebige Quellen,indem man über die Verteilung von punktförmigen

    Quellen integriert. Bei diesem Vorgehen wird meistauch der Vektorcharakter des elektromagnetischenFeldes vernachlässigt und das Licht als eine skalareWelle beschrieben. Die Intensität in einem Punkt inRichtung f wird als Integral über Teilwellen berech-net, welche von verschiedenen Punkten der Blendeausgehen. Für die Ausbreitung von der Blende zumSchirm geht man von einer geradlinigen Ausbrei-tung aus. Dann ist das Feld A am Punkt P, welcherweit von der Blende entfernt ist,

    A(P) =ZZ

    BlendeA(x)

    eikr

    rdxdy. (9.7)

    Dabei bezeichnet eikr eine Kugelwelle, und x die Po-sition in der Blende.

    9.4.3 Beugung am Spalt

    Das einfachste Beispiel für einen Beugungsprozessist das Beugungsmuster das durch einen eindimen-sionalen Spalt af einem Schirm erzeugt erzeugt wird,der sich weit vom Spalt entfernt befindet. Diese Ein-schränkung auf das Fernfeld wird als Fraunhofer-Beugung bezeichnet.

    Laut Gleichung (9.7) ergibt sich das Feld in Rich-tung j als Integral über den Spalt. Im Fernfeldist der Term 1/r für alle Beiträge praktisch gleichgroß und kann vernachlässigt werden. Bei der Phaseeikr = ei2pr/l muss nur die Differenz der Weglängenberücksichtig werden. Diese beträgt laut Abb. 9.61x sinj , mit x der Position im Spalt an dem die Ele-mentarwelle ihren Ursprung hat und j der Richtungzum Punkt P. Die resultierende Phasenverschiebungist damit 2px sinj/l . Damit wird das Feld in Rich-tung j

    E(sin(j)) = E0Z a/2

    �a/2dxei2pxsinj/l

    = E01

    i2p sinj/lei2pxsinj/l

    ����a/2

    �a/2

    = E0sin(pasinj/l )

    p sinj/l= E0a

    sinbb

    mit

    b = pasinjl

    .

    234

  • 9 Das Auge

    Somit ist das Beugungsmuster als Funktion von sinjgleich der Fouriertransformierten des Spalts. Im hierbetrachteten Fall eines einfachen Spalts ist dies diesinc-Funktion.

    Beugungsrichtung β

    E � sin ��

    � =�a sin �

    I �✓

    sin �

    ◆2

    Abbildung 9.62: Amplitude und Intensität desBeugungsmusters.

    Die Intensität ist proportional zum Quadrat des Fel-des, also zum Quadrat der sinc-Funktion,

    I µ✓

    sinbb

    ◆2.

    Die Abstände zwischen den Beugungsmaxima be-tragen

    db = p sinj = mla

    .

    Je schmaler der Spalt, desto größer wird damit derAbstand zwischen den Beugungsmaxima.

    9.4.4 Beugung an zweidimensionalenSpalten

    Die gleiche Betrachtung kann man auch für zwei-dimensionale Spalten durchführen. In diesem Fallist das Beugungsmuster wiederum die Fourier-Transformierte des Spaltes, diesmal in zwei Dimen-sionen.

    Bei einer rechteckigen Blende mit Dimensionen (a⇥b) ergibt die Fouriertransformation

    A(a,b ) =ZZ

    Fab(xa,xb)eik sinaxeik sinby

    µ sinaa

    sinbb

    1, 22�

    d

    Abbildung 9.63: Beugung an einem Kreuzgitter undan einem kreisförmigen Loch.

    und die Intensitätsverteilung ist entsprechend dasQuadrat I µ |A(a,b )|2. Hier stellen a und b Funk-tionen der Beugungswinkel j1 und j2:

    a = pasinj1l

    b = pbsinj2l

    .

    Eine runde Blende erzeugt ein radial symmetrischesBeugungsmuster, welches in Abb. 9.63 rechts dar-gestellt ist. Das Muster wird als Airy Disk bezeich-net. Die Intensitätsverteilung ist rotationssymme-trisch und die radiale Abhängigkeit ist durch dieBesselfunktion erster Art J1(r) gegeben:

    A(r) = A0J1(2pr)

    pr.

    Der Radius der einzelnen Ringe ist indirekt propor-tional zum Lochdurchmesser D. Der Öffnungswin-kel des ersten dunklen Rings ist

    q ⇡ 1,2 lD

    .

    Neben den Aberrationen beschränken Beugungsef-fekte die mögliche Auflösung eines optischen In-strumentes. Abb. 9.64 zeigt dies für das Beispiel ei-ner Camera Obscura. Bei großen Blendendurchmes-sern limitiert dieser, bei kleinen Blendendurchmes-sern die Beugung an der Blende.

    9.5 Das Auge

    9.5.1 Anatomie

    Optische Wahrnehmungen spielen für den Menscheneine besonders wichtige Rolle; man schätzt, dass der

    235

  • 9 Das Auge

    2 mm 1 mm 0,6 mm

    0,35 mm 0,15 mm 0,07 mm

    Abbildung 9.64: Auflösung einer Camera Obscu-ra für unterschiedliche Lochdurch-messer.

    größte Teil unserer Informationen über den Sehsinnaufgenommen werden. Der Sehsinn besteht nebendem Auge aus einem Teil des Gehirns; das Augeerstellt ein Bild und wandelt das auftreffende Lichtin Nervenimpulse um. Diese werden im Gehirn zunutzbaren Informationen verarbeitet.

    Abbildung 9.65: Anatomie des menschlichenAuges.

    Das eigentliche Sehorgan ist das Auge. Die wich-tigsten Bestandteile sind die Hornhaut, die vorde-re Augenkammer, Linse, Pupille, Glaskörper, Netz-haut und Sehnerv. Das Auge hat einen Durchmesservon etwa 24 mm, eine Masse von 7,5 g und ein Vo-

    lumen von 6,5 cm3. Hilfseinrichtungen des Augessind die Augenlieder, Tränenapparat sowie die äuße-ren Augenmuskeln. Der Augapfel besteht aus einergallertartigen Masse, welche zu 98% aus Wasser be-steht, sowie etwas Kollagen und Hyaluronsäure (bin-det Wasser). Sein Druck liegt 2-3 kPa über dem Um-gebungsdruck. Das Kammerwasser wird ständig neugebildet.

    Die Hornhaut weist eine hohe Transparenz auf. Siewird ständig von der Tränenflüssigkeit benetzt, diewiederum von einem Lipidfilm bedeckt ist. Dadurchbleibt die Oberfläche glatt (von guter optischer Qua-lität) und Verunreinigungen werden entfernt.

    Einfallendes Licht wird durch die Hornhaut gebro-chen; ihre Krümmung liefert den wichtigsten Bei-trag zur Linsenwirkung des Auges. Die Linse ist(über einen gewissen Bereich) flexibel und dient da-zu, die Brechkraft so anzupassen, dass eine bestimm-te Objektebene scharf abgebildet wird. Die Iris lie-fert einen Beitrag zur Helligkeitsadaptation, indemsie eine Variation der Blende ermöglicht. Das Bildwird auf der Retina erzeugt und durch die Sehzel-len in elektrische Nervenimpulse umgewandelt. Dergelbe Fleck (macula lutea) ist der Bereich der Netz-haut mit der maximalen Dichte an Sehzellen undsein zentraler Teil (Durchmesser etwa 1,5 mm) wirdals fovea centralis bezeichnet.

    9.5.2 Gesichtsfeld

    90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 608070 90 1001 0

    2 0

    3 0

    4 0

    5 0

    6 0

    7 0

    2 0

    1 0

    3 0

    4 0

    5 0

    6 0

    7 0

    60o

    75o

    100o60o

    temporal nasal

    Gesichtsfeld des rechten Auges

    blinder Fleck

    nasal temporal

    Abbildung 9.66: Gesichtsfeld

    Das Gesichtsfeld des menschlichen Auges reicht in

    236

  • 9 Das Auge

    vertikaler Richtung von etwa +60� bis �75�, in ho-rizontaler Richtung von etwa �60� bis zu +100�.

    Der gelbe Fleck ist das Zentrum des Gesichtsfeldes:wenn wir auf einen Punkt fokussieren, so wird er inden gelben Fleck abgebildet. Diese Stelle besitzt diehöchste Auflösung und die beste Farbwahrnehmung.Da die Region außerhalb des gelben Flecks weni-ger Zäpfchen enthält, können wir dort weniger gutFarben unterscheiden. Umgekehrt ist der gelbe Fleckweniger empfindlich. Bei schlechten Lichtverhält-nissen ist es deshalb leichter, Objekte (z.B. schwa-che Sterne) noch zu erkennen, wenn wir nicht direktauf sie fokussieren, sondern etwas daneben.

    Der äußere Bereich unseres Gesichtsfeldes ist eherdarauf spezialisiert, Bewegungen wahrzunehmen alspräzise Bilder zu liefern. Das Nervensystem verar-beitet solche Informationen und erzeugt dann u.A.einen Reflex, welcher das Auge so dreht, dass der in-teressante Bereich ins Zentrum der Netzhaut zu lie-gen kommt, wo Details erkannt werden können.

    9.5.3 Abbildung im Auge

    Beim Auge wird die Linsenwirkung in erster Linievon der gekrümmten Hornhaut erzeugt, so dass dasin Abschnitt 9.2.3 (Brechung an einer sphärischenGrenzfläche) diskutierte Modell schon relativ gut ist.

    n1 n2

    gb

    r

    FvS

    Abbildung 9.67: Abbildung durch Hornhaut undLinse.

    Dieses einfache optische System aus nur einerGrenzfläche hat zwei unterschiedliche Brennweiten:1) eine vordere Brennweite fV , die dem Abstandzwischen dem vorderen Brennpunkt FV und demScheitelpunkt S der Grenzfläche entspricht und 2)eine hintere Brennweite fH , die dem Abstand zwi-

    schen dem Scheitelpunkt S und dem hinteren Brenn-punkt FH entspricht. Die Brennweiten ergeben sichaus den Brechungsindices n1 und n2 und dem Krüm-mungsradius R der Grenzfläche. Der KnotenpunktK ist der Mittelpunkt der Kugeloberfläche, derenAusschnitt die lichtbrechende Grenzfläche darstellt.Ein Strahl, der durch den Knotenpunkt geht, trifftsenkrecht auf die sphärische Grenzfläche und wirdnicht gebrochen. Der Abstand zwischen dem Kno-tenpunkt und dem hinteren Brennpunkt ist gleichdem Abstand zwischen dem vorderen Brennpunktund dem Scheitelpunkt der Grenzfläche. Die Gegen-standsweite g und die Bildweite b sind durch dieBrechungsindizes und die Brechkraft der Grenzflä-che verknüpft:

    n1g

    +n2b

    =n2 �n1

    R.

    Die rechte Seite stellt die Brechkraft dar. Ihre Ein-heit beträgt m�1 oder Dioptrien. R stellt den Krüm-mungsradius der Grenzfläche dar.

    n1 n3

    n2

    g b

    Abbildung 9.68: Abbildung durch Hornhaut undLinse.

    Einen weiteren Beitrag liefert die Linse. Sie hateinen gegenüber der Augenkammer leicht erhöh-ten Brechungsindex und trägt deshalb ebenfalls zurBilderzeugung bei. Man kann dies ebenfalls nochrelativ einfach beschreiben, indem man eine zwei-te Grenzfläche einführt. Das System besitzt jetztzwei unterschiedliche Krümmungsradien r1, r2. n1bezeichnet weiterhin den Brechungsindex der Luft,n2 denjenigen der Linse und n3 denjenigen der Au-genkammer (Glaskörper). Dann erhält man für dieBeziehung zwischen der Gegenstandsweite g undder Bildweite b die folgende Abbildungsformel:

    n1g

    +n3b

    =n2 �n1

    r1+

    n3 �n2r2

    .

    237

  • 9 Das Auge

    In dieser Näherung reicht es, die Brechkräfte der un-terschiedlichen Grenzflächen zu addieren.

    9.5.4 Augenmodelle

    Für medizinische Anwendungen wurden verschie-dene Modelle des menschlichen Auges entwickelt.Wir beginnen mit einer Zusammenfassung der re-levanten physikalischen Parameter. Der Brechungs-index der Linse liegt bei etwa 1.42, leicht oberhalbdes Brechungsindexes der Augenkammern. Da diesemehrheitlich aus Wasser bestehen, liegt er bei etwa1.35. Wie die einführende Diskussion gezeigt hat,sind weitere wichtige Parameter die Krümmungsra-dien der Grenzflächen und die Dicke der Bereiche.

    Krümmungsradius [mm] Vorderfläche der Hornhaut 7,72 Rückfläche der Hornhaut 6,5 Vorderfläche der Linse 10,2 Rückfläche der Linse -6,0

    Hornhautvordere

    Augenkammer

    hintere Augenkammer

    Linse

    Glaskörper

    Sehnerv

    Macula lutea

    FoveaPapille

    n 1,3672 1,3374 1,42 1,336

    Dicke [mm] Hornhaut 0,55 vordere Augenkammer 3,05 Linse 4,0 Glaskörper 16,4

    Abbildung 9.69: Optische Konstanten des menschli-chen Auges für Durchschnittseuro-päer. [7]

    Das schematische Auge

    Das Auge besitzt verschiedene brechende Grenzflä-chen. In erster Näherung kann man diese gleich be-handeln und jeweils die Brechkraft addieren. DieGesamt-Brechkraft eines Systems aus zwei brechen-den Flächen kann berechnet werden als

    Bges = B1 +B2 �B1B2dn.

    Hier stellen B1 und B2 die Brechkräfte der beidenGrenzflächen dar, d ihren Abstand und n den Bre-chungsindex des dazwischen liegenden Mediums.

    Beschreibt man die Optik des Auges nach den Re-geln für dicke Linsen, so erhält man das Modell desschematischen Auges, welches in Abb. 9.70 darge-stellt ist.

    24.47.25.6

    Linse

    0.50

    Kornea1.376 1.336 1.414 1.336

    6.87.7 -6.010.0

    Glaskörper Retina

    1.35 1.60 7.10 24,47.350

    optische AchseBrechungsindizesKrümmungsradien

    [mm]

    Abstand vom Hornhautscheitel [mm]

    ObjektKardinalpunkte

    optische AchseBild

    Brechkraft [dpt]Hornhaut Linse Gesamt

    43 19 59

    F1F2

    H H’

    K K’

    Abbildung 9.70: Das schematische Auge. [7]

    Das reduzierte Auge

    17 mm5,5 mm17 mm

    Hauptpunkt Knotenpunkt

    Objekt-Brennpunkt

    bildseitiger Brennpunkt

    n0 = 1 nB = 1,336

    Abbildung 9.71: Schema des reduzierten Auges. [7]

    Da die beiden Hauptebenen H und H 0 relativ nahbeieinander liegen, reicht es für die meisten Anwen-dungen, sie zusammenfallen zu lassen. Dieses Mo-dell wird als reduziertes Auge bezeichnet. Die wich-tigsten Parameter des reduzierten Auges sind

    • vordere Brennweite 17 mm

    • hintere Brennweite 22 mm

    • Krümmungsradius 5.5 mm.

    Als Hauptpunkt bezeichnet man den Punkt, auf demdie Achse die sphärische Grenzfläche trifft. DerKnotenpunkt ist das Zentrum der Kugel; Strahlen,die durch den Knotenpunkt laufen, werden somit ander Grenzfläche nicht gebrochen.

    Das System Luft - Hornhaut - Kammerwasser er-gibt eine Brechkraft von 49 dpt. Dies entspricht einerBrennweite von 31.6 mm, also mehr als die Längedes Auges von 24 mm. Der Rest wird von der Lin-se erzeugt. Diese besitzt einen variablen Brechungs-

    238

  • 9 Das Auge

    index (maximal in der Mitte) und eine Brechkraft,welche durch die Akkommodation zwischen 19 und31 dpt variiert werden kann. Damit erreicht das Ge-samtsystem eine Brechkraft von etwa 59 dpt.

    9.5.5 Auflösung

    Wie in Kapitel 9.2.8 diskutiert ist die Auflösung ei-nes optischen Instrumentes begrenzt durch die Beu-gung am abbildenden Instrument (also Linse, Au-ge/Iris).

    A

    Abbildung 9.72: Auflösungsgrenze nach Abbé.

    Der Winkel amin, unter dem zwei Objektpunkte nochgetrennt dargestellt werden können, beträgt

    amin = 1,22lA

    ,

    wobei l die Wellenlänge und A den Blendendurch-messer darstellen. Als Beispiel sei l = 555nm undder Pupillendurchmesser A = 3 mm. Dann wird

    amin = 1,22555 ·10�9

    3 ·10�3 ⇡ 2 ·10�4.

    Dies ist die theoretische Auflösungsgrenze. Die phy-siologische Grenze liegt etwas höher, mit typischenWerten bei etwa 5 ·10�4.

    Daraus kann man zum Beispiel ausrechnen, wie großdie kleinsten Strukturen sind, die wir mit bloßemAuge unterscheiden können. Im minimalen Abstandvon 20 cm entsprechen 5 · 10�4 rad einem Abstandvon

    dmin = 0,2 ·5 ·10�4m = 0,1mm.

    Umgekehrt lässt sich daraus der Durchmesser desBildes auf der Retina ausrechnen. Er beträgt

    aminD ⇡ 5 ·10�4 ·25 ·10�3m ⇡ 12,5 µm.

    Hier stellt D = 25 mm den Durchmesser des Augesdar, also den Abstand von der Hornhaut zur Netz-haut. Dies ist vergleichbar mit dem Abstand zwi-schen einzelnen Sehzellen. Offenbar setzt auch hierder Organismus die Ressourcen optimal ein. GrößereSehzellen würden weniger Auflösung ergeben, klei-nere schlechtere Empfindlichkeit.

    Punktquelleλ = 555 nm

    Pupillendurch-messer 3 mm

    Bild in Fovea

    Rela

    tive

    Inte

    nsitä

    t

    0 5 10 15Distanz in Zapfendurchmessern

    8 µm

    Abbildung 9.73: Beugungsbild auf der Netzhaut

    Der Blendendurchmesser des Auges beträgt im Dun-keln bis zu 6 mm. Allerdings führen in diesem Be-reich Linsenfehler dazu, dass die Abbildung nichtbeugungsbegrenzt ist. Außerdem steht in diesem Be-reich nicht genügend Licht für die optimale Auf-lösung zur Verfügung. Bei Tageslicht beträgt derDurchmesser der Pupille rund 2 mm.

    Bele

    uchu

    ngss

    tärk

    e (m

    L)

    Beug

    ung

    Aberratio

    n

    Pupillendurchmesser [mm]1 2 3 54

    -0,4

    -0,2

    0

    0,2

    Log

    Sehs

    chär

    fe [m

    in-1

    ] [m

    m]

    10010

    1

    0,1

    0,01

    Abbildung 9.74: Sehschärfe als Funktion von Pupil-lendurchmesser und Helligkeit (inmL).

    Abb. 9.74 zeigt wie die Sehschärfe mit dem Pu-

    239

  • 9 Das Auge

    pillendurchmesser und der Helligkeit variiert. Beiniedrigen Pupillendurchmessern dominiert die Beu-gungsbegrenzung. Bei hohen Pupillendurchmessernnimmt die Auflösung nicht so stark zu, wie man füreine beugungsbegrenzte Abbildung erwarten würde;hier führen Aberrationen zu einer Reduktion.

    9.5.6 Abbildungsfehler

    Im Vergleich zu einem idealen optischen Instrumentzeigt auch das gesunde Auge eine Reihe von opti-schen Fehlern:

    Abbildung 9.75: Sphärische und chromatischeAberration.

    1. Das Bild ist nur in der Nähe des gelben Fleckesscharf. Allerdings ist nur dort die Zahl der Sin-neszellen so groß, dass das Bild auch scharf de-tektiert werden kann.

    2. Bei großem Pupillendurchmesser macht sichsphärische Aberration bemerkbar. Allerdingsist der Pupillendurchmesser nur im Dunkelnso groß, dass sich dies bemerkbar macht. Indiesem Bereich “mitteln” die Ganglien übermehrere benachbarte Sinneszellen, da sie sonstnicht genügend Signal erhalten. Damit wird indiesem Bereich die Auflösung so weit herab-gesetzt, dass die sphäreische Aberration nichtmehr wesentlich beiträgt.

    3. Chromatische Aberration: blaues Licht wirdstärker gebrochen als rotes. Im Wellenlängen-bereich von 400-700 nm beträgt der Fehler rund2 Dioptrien. Allerdings enthält die Fovea imzentralen Bereich keine Sinneszellen, welche

    für blaues Licht empfindlich sind. Für die an-deren Sinneszellen ist der Unterschied in derBrechzahl zu gering als dass er sich auswirkenwürde.

    Zusätzlich zu diesen Fehlern, die auch bei gesundenAugen auftreten, findet man unterschiedlich häufigeFehler, die als Fehlsichtigkeit zusammengefasst wer-den (siehe unten).

    Man kann den Einfluss von Beugungseffekten undoptischen Aberrationen mit der “Point Spread Func-tion” PSF(x,y) quantifizieren. Ähnlich wie eineGreen’sche Funktion beschreibt sie die Abbildungeines Punkts im Ausgangsobjekt. Die Bildfunktiong(x0,y0) wird dann

    g(x0,y0) =ZZ

    f (x,y)PSF(x0 � x,y0 � y)dxdy

    = f ⌦PSF,

    wobei f (x,y) das Objekt beschreibt.

    Position (Bogenminuten)

    Posit

    ion

    (Bog

    enm

    inut

    en)

    Ortsauflösung bei Sehstärke 100 %

    1 Bogenminute

    4

    0

    -4

    -8

    840-4-8

    Abbildung 9.76: Gemessene Point Spread Function.

    Ungewöhnliche Aberrationen werden häufig durcheine unregelmäßige Form der Hornhaut verursacht.Es gibt deshalb eine Reihe von Geräten, welche dieOberfläche der Hornhaut messen.

    9.5.7 Akkommodation

    Durch die Formveränderung der Linse kann dieBrechkraft variiert werden, um unterschiedlich weit

    240

  • 9 Das Auge

    Fernakkommodation

    Nahakkommodation

    Fernpunkt

    Ziliarmuskeln entspannt

    Zonulafasern gespannt

    Retina

    Nahpunkt

    Ziliarmuskeln kontrahiert

    Retina

    Zonulafasern entspannt

    Abbildung 9.77: Akkommodation des Auges für un-terschiedliche Sehdistanzen.

    entfernte Objekte jeweils scharf auf der Netzhaut ab-bilden zu können.

    Dieser Vorgang wird Akkommodation genannt. Dienotwendige zusätzliche Brechkraft, um ein Objekt ineiner Distanz d scharf abbilden zu können, beträgt1/d.

    Linse

    Ferneinstellung:erschlaffter Ziliarmuskelangespannte Aufhänge-bänder, flache Linse

    Naheinstellung:angespannter Ziliarmuskellockere Aufhängebänderstärker gewölbte Linse

    AufhängebänderZiliarmuskel

    Abbildung 9.78: Formen der Linse für Fern- undNahakkommodation.

    Die Änderung der Brechkraft wird durch eine Defor-mation der Linse erreicht. Im Ruhezustand wird dieLinse durch die Zonulafasern gespannt und ist da-mit relativ flach, d.h. die Brechkraft ist gering. Da-durch werden weit entfernte Gegenstände scharf ab-gebildet. Wird der Ziliarmuskel kontrahiert, wird dieLinse stärker gekrümmt, die Brechkraft nimmt zu,und der gegenstandseitige Brennpunkt wandert nä-her zum Auge.

    Akko

    mm

    odat

    ions

    bere

    ich

    [dpt

    ]

    Nah

    punk

    t für

    nor

    mal

    sicht

    iges

    Aug

    e [m

    ]

    Alter / Jahre

    0,07

    0

    4

    10

    14

    2

    8

    12

    0,25

    0,10

    0,50

    0,16

    0,08

    0 30 40 50 70

    6

    10 20 60

    0,12

    Abbildung 9.79: Änderung des Nahpunktes mit demAlter

    Kinder können ab ca. 7 cm scharf sehen. Bei Er-wachsenen nimmt dieser Abstand zu, da mit fort-schreitendem Alter die Linse immer weniger beweg-lich ist. Deshalb brauchen viele ältere Menschen zurUnterstützung der Akkommodation eine Lesebrille.

    Die Linse besteht mehrheitlich aus extrazelluläremMaterial. Die wenigen Zellen werden nicht mit Blutversorgt, sondern lediglich durch das Kammerwas-ser. Der entsprechend geringe Stoffwechsel reichtnicht für Reparaturen und Regenerationsmechanis-men.

    9.5.8 Fehlsichtigkeit

    Fehlende Akkommodation der Linse führt im Alterzu Weitsichtigkeit. Dies ist ein spezieller Fall vonFehlsichtigkeit. Unter diesem Begriff fasst man al-le Fälle zusammen, in denen der bildseitige Fokusnicht auf der Netzhaut liegt.

    Im Falle von Kurzsichtigkeit (mittlere Spalte in Abb.9.80) ist die Brennweite zu kurz, d.h. das Bild ent-steht im Inneren des Auges, und auf der Netzhauterscheint deshalb ein verschwommenes Bild. In die-sem Fall benötigt man eine Zerstreuungslinse für dieKorrektur (negative Dioptrien). Im Falle der Weit-sichtigkeit liegt der Fokus hinter der Netzhaut, dieBrechkraft des Auges ist zu niedrig. Somit muss indiesem Fall die Brennweite verkürzt werden. Dieserreicht man durch eine Brille mit Sammellinsen.

    241

  • 9 Das Auge

    0

    emmetrop(normalsichtig)

    Strahlengang

    Akkommodationsbereich (Bereich des scharfen Sehens)

    N 0

    myop(kurzsichtig)

    0

    hyperop(weitsichtig)

    0

    dpt

    0

    + dpt

    Korrektur

    Abbildung 9.80: Korrektur verschiedener Fehlsich-tigkeiten.

    Es kommt vor, dass der Augapfel wächst und dasAuge dadurch immer stärker kurzsichtig wird. Dieswird als progressive Myopie bezeichnet und kannKorrekturen um bis zu 15 Dioptrien erfordern.

    Normales Auge

    Astigmatisches Auge

    Krümmungsradius rvert < rhori

    Punkt

    vertikaler Brennpunkt

    horizontaler Brennpunkt

    fhorifvert

    Abbildung 9.81: Strahlwege und Messung vonAstigmatismus.

    Ein weiterer Fehler des Auges, der relativ häufig auf-tritt, ist Astigmatismus: Die vertikale und horizonta-le Krümmung und damit die Brechkraft des Auges(allgemein: einer Linse) sind unterschiedlich. Dannwird das Licht, das von einem Punkt stammt, nichtmehr auf einen Bildpunkt fokussiert, sondern aufzwei Linien in unterschiedlicher Distanz zueinander.Je stärker der Astigmatismus, desto größer der Ab-stand der beiden Linien voneinander. Astigmatismustritt bei Kleinkindern relativ häufig auf, geht dannaber meist zurück. Bei Erwachsenen tritt er vor al-lem zusammen mit Weit- oder Kurzsichtigkeit auf.

    9.6 Bildentstehung

    Die optische Abbildung erzeugt ein Bild auf derNetzhaut, wo das Licht in elektrische Impulse um-gewandelt wird. Der Sehnerv leitet diese Impulse insSehzentrum des Gehirns, wo sie verarbeitet und inWahrnehmungen umgesetzt werden.

    9.6.1 Die Netzhaut (Retina)

    Abbildung 9.82: Bild der menschlichen Retina imOphthalmoskop.

    Blickt man durch ein Ophthalmoskop (ein optischesInstrument zur Untersuchung des Auges), so siehtman auf der Netzhaut zunächst den sog. blindenFleck (siehe Abb. 9.82). Dies ist die Stelle, woder optische Nerv und die Blutgefäße in das Augegeleitet werden. Deshalb besitzt diese Stelle keineSinneszellen und eine Lichtwahrnehmung ist nichtmöglich.

    Auf der optischen Achse des Auges befindet sich derdeutlich kleinere gelbe Fleck (Makula lutea) mit ei-nem Durchmesser von 2.5-3 mm. Dies ist die Stellemit der größten Dichte von Sehzellen. Dieser Teilder Retina erzeugt die schärfsten Bilder und ermög-licht gleichzeitig die beste Farbwahrnehmung.

    Im Zentrum des gelben Flecks befindet sich die Fo-vea Centralis. Dieser Bereich besitzt nur Zapfen undkeine Stäbchen.

    Die Retina besteht in erster Linie aus den Sehzellen;auf der Innenseite verlaufen aber auch die Nerven-zellen, welche die Signale ans Gehirn übertragen, so-

    242

  • 9 Das Auge

    Abbildung 9.83: Retina einer Maus mit Sehzellen,Nervenzellen und Blutgefäßen.

    wie die Blutgefäße, welche die Retina mit Sauerstoffund Nährstoffen versorgen.

    9.6.2 Sehzellen

    Verbindungscilium

    Außenseite

    Innenseite

    retinales Pigmentepithel

    AußensegmentStäbchen

    Hell / Dunkel ca. 110 Mio

    ZapfenFarbsehen

    ca. 6 Mio, v.a. im gelben Fleck

    Inneres Segment

    Synapsen

    Abbildung 9.84: Aufbau der Sehzellen.

    In der Netzhaut eingelagert sind die Sinneszellen,welche das einfallende Licht in Nervenimpulse um-wandeln. In der Netzhaut des menschlichen Augesunterscheidet man zwei Typen von Fotorezeptoren,welche als Stäbchen und Zapfen bezeichnet wer-den. Die Stäbchen dienen der Hell-Dunkel Wahr-nehmung. Die Netzhaut enthält davon etwa 110-120 Millionen. Die Zapfen dienen der Farbwahrneh-mung. Die Netzhaut enthält davon etwa 6 Millio-nen, welche vor allem im gelben Fleck konzentriertsind. Die Außensegmente der Zapfen sind ebenso

    wie die gesamte Zapfen-Fotorezeptorzelle breiter alsdie Stäbchen und laufen konisch zu. Es handelt sichum sekundäre Sinneszellen, d.h. sie können selberkeine Aktionspotenziale erzeugen.

    GR B

    Exzentrizität [Grad]

    Zapfen

    Stäbchen

    Photorezeptordichte [1000 Rez. pro mm2]

    0 20 400

    50

    100

    Abbildung 9.85: Verteilung der Sinneszellen auf derRetina

    Die beiden Typen von Sinneszellen sind nicht gleichhäufig und nicht gleichmäßig auf der Retina ver-teilt. Die Stäbchen sind im äußeren Bereich der Re-tina sehr viel stärker konzentriert als im inneren Be-reich. Bei den Zapfen sind nicht alle drei Farbtypengleich häufig; im zentralen Teil (im gelben Fleck)sind vor allem rote und grüne Zapfen vorhanden.Zum Rand der Retina nimmt die Zapfendichte ab,so dass am Rand nur noch Helligkeitsunterschiedeerkennbar sind.

    Sehnerv

    Zapfen Stäbchen

    3. NeuronGanglienzellen

    2. Neuronbipolare Zellen

    1. NeuronZapfen und

    Stäbchen

    Pigmentepithel

    Abbildung 9.86: Bildentstehung.

    243

  • 9 Das Auge

    Die Retina enthält die ersten 3 Neuronen der Seh-bahn. Die erste Schicht besteht aus den Sinneszel-len. In der zweiten und dritten Schicht findet eineerste Verarbeitung der Signale statt. Diese Neuronenstellen physiologisch und anatomisch einen heraus-gestülpten Gehirnteil dar.

    Um die lichtempfindlichen Zellen zu erreichen, mussdas Licht zuerst die 2. und 3. Schicht der Neuronendurchdringen. Der Lichtweg und der Informations-weg laufen somit entgegengesetzt. Man sagt deshalb,das menschliche Auge arbeite invers.

    Der Energieverbrauch der Netzhaut liegt bei etwa 0,1W.

    9.6.3 Molekulare Vorgänge

    Zellkern

    Synapse

    Disk

    Außenglied

    Innenglied

    Stäbchen

    Zäpfchen

    Zilie

    ca. 26 nm dickca. 104 Farbstoffmoleküle

    Abbildung 9.87: Struktur der Farbsinneszellen.

    Beide Typen von Farbsinneszellen bestehen aus ei-nem Außensegment, in das eine große Zahl vonFarbstoffmolekülen eingelagert ist. Im Fall der Stäb-chen sind diese vor allem in den geldrollenartig ein-gelagerten Disks enthalten. Diese Zellbestandteilewerden täglich erneuert: die obersten Scheiben wer-den von den Pigmentepithelzellen abgebaut, wäh-rend unten neue Scheiben nachwachsen. Eine Schei-be ist etwa 16 nm dick und enthält rund 10000 Rho-dopsin (Farbstoff-) Moleküle.

    Die Signale der Sinneszellen werden über Synapsenan die zweiten Neuronen übertragen (bipolare Zel-len), von dort an die dritten Neuronen (Ganglienzel-len). Dabei werden z.T. die Signale von mehrerenSinneszellen zusammen weiter geleitet, resp. verar-beitet.

    Rhodopsin

    Lipidmembran

    OpsinRetinal

    Abbildung 9.88: Sehpigment der Stäbchen

    Die chemischen Abläufe, die dem Sehvorgang zu-grundeliegen sind heute weitgehend bekannt. Derlichtempfindliche Stoff der Stäbchenzellen ist dasRhodopsin, welches in eine Lipidmembran eingela-gert ist.

    Abbildung 9.89: Rhodopsin.

    Das Rhodopsin besteht aus dem Protein Opsin unddem Cofaktor Retinal. Retinal entsteht aus dem Vit-amin A (Retinol).

    Wird Licht absorbiert, so isomerisiert das 11-cis-Retinal zum all-trans Retinal, d.h. der Schwanz drehtsich um die 11-12 Doppelbindung. Die i