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AWMF online Arbeitsgemeinschaft derWissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft fr Orthopdie und Orthopdische Chirurgie
und des Berufsverbandes der rzte fr Orthopdie (BVO)
AWMF-Leitlinien-Register Nr. 033/016 Entwicklungsstufe: 1 nicht aktualisiert Zitierbare Quelle: Dt. Ges. f. Orthopdie und orthopd. Chirurgie + BV d. rzte f. Orthopdie (Hrsg.) Leitlinien der Orthopdie, Dt. rzte-Verlag, 2. Auflage, Kln 2002
Knochenmetastasen Synonyme:
Skelettmetastase, Skelettfilia
Schlsselwrter: Metastasen, Knochen, Tumor
Definition Eine Knochenmetastase ist eine Fernabsiedelung eines malignen Primrtumors in einem Knochen.
tiologie, Pathogenese, Pathophysiologie Knochenmetastasen entstehen in aller Regel als Folge einer hmatogenen Tumorzellaussaat. Die Vernderungen des betroffenen Knochens sind Folge der Fhigkeit von Tumorzellen, ortsstndige Osteoklasten (osteolytische Metastasen) oder Osteoblasten (osteoblastische Metastasen) zu aktivieren, die ihrerseits Knochensubstanz entweder auflsen oder neu bilden. Die Tumorzellen selbst sind mit wenigen Ausnahmen nicht in der Lage, Knochen zu zerstren oder neu zu bilden.
Klassifikation Pathologisch-anatomische Klassifikation
o Osteolytische Metastasen
o Osteoblastische Metastasen o Gemischt osteolytisch/osteoblastische Metastasen
TNM-Klassifikation
o Chirurgisches Staging-System nach Enneking et al. (1980) o Klassifikation des neurologischen Defizits bei Para- und Tetraplegie nach
Frankel et al. (1979), siehe Tabelle 1
Tabelle 1: Klassifikation des neurologischen Defizites nach Frankel und Mitarb. (1979) A motorisch und sensibel komplett B motorisch komplett, sensibel inkomplett C motorisch inkomplett, funktionell "nutzlos" D motorisch inkomplett, "brauchbare" Restfunktion (hufig gehfhig) E keine neurologische Symptomatik
Medizinische Schlsselsysteme
ICD-10 C79.5 Knochenmetastase
Anamnese Spezielle Anamnese
o Beschwerdebild, Primrtumorerkrankung o Spezielle Tumoranamnese: Gewicht, Allgemeinzustand o Schmerzen: Lokalisation, Ausstrahlung, Dauer, Intensitt, Tagesrhythmus o Funktionseinschrnkung, Funktionsausflle o Belastbarkeit o Neurologische Ausflle o Primrtumor bekannt? o Tumorprogresszeichen (z.B. Gewichtsverlust)
Allgemeine Anamnese: Begleiterkrankungen, Medikamente
Sozialanamnese
Diagnostik
Klinische Diagnostik
Ziel der Diagnostik ist das Staging. Die klinische Diagnostik hat die Belastbarkeit und/oder eingetretene bzw. drohende Spontanfrakturen zu bercksichtigen.
o Allgemeine klinische krperliche Untersuchung
o Beurteilung der Beweglichkeit o Primrtumorspezifische zustzliche Fachuntersuchung (z.B. bei
Prostatakarzinom: Urologe) o Neurologische Untersuchung o Mechanische Belastungstests absolut kontraindiziert
Apparative Diagnostik
Notwendige apparative Untersuchungen
o Rntgenaufnahme in 2 Ebenen der betroffenen Region o Bei langen Rhrenknochen: Rntgenaufnahme mit beiden angrenzenden
Gelenken o Bei Lokalisation im Bereich der Wirbelsule: Rntgenaufnahme der gesamten
Wirbelsule o MRT/CT bei Lokalisation im Bereich der Wirbelsule oder des Beckens
Im Einzelfall ntzliche apparative Untersuchungen
o Konventionelle Rntgentomographien o MRT bei Lokalisation im Bereich der Extremitten o CT bei Lokalisation im Bereich der Wirbelsule oder des Beckens o Ganzkrperskelettszintigraphie im Rahmen des Stagings o Angiographie (selten!) o Sonographie o Labor: u.a. Tumormarker o Apparative neurophysiologische Diagnostik o Urodynamik o Bei unbekanntem Primrtumor und/oder Solitrherd: Biopsie zwecks
histologischer Diagnosesicherung unverzichtbar!
Hufige Differentialdiagnosen o Primrer Knochentumor o Osteomyelitis
Klinische Scores Karnofsky-Index (1967), s. Tabelle 2
Tabelle 2: Karnofsky-Index
1. Normalzustand, keine Krankheitszeichen
100 %
2. Normale Aktivitt mglich, geringere Krankheitssymptome vorhanden
90 %
Normale Aktivitt mglich, keine spezielle Pflege notwendig
3. Normale Aktivitt mit etwas Anstrengung mglich, Krankheitszeichen vorhanden
80 %
4. Selbstversorger. Normalaktivitt oder Arbeitsfhigkeit jedoch nicht gegeben.
70 %
5. Gelegentliche Hilfe notwendig, jedoch fast selbstndig.
60 %
Arbeitsunfhigkeit besteht. berwiegend selbstndige Versorgung zu Hause mglich, unterschiedliches Ma von Hilfsbedrftigkeit. 6. Hilfsbedrftigkeit in grerem
Umfang gegeben, medizinische Hilfe oft notwendig.
50 %
7. Erhebliche Beeintrchtigung durch Krankheitsverlauf. Spezielle medizinische und soziale Hilfe notwendig.
40 %
8. Schwere Beeintrchtigung, Krankenhauspflege indiziert, keine unmittelbare vitale Bedrohung.
30 %
9. Schwerstkrank, Krankenhauspflege notwendig, aktiv untersttzende Therapie notwendig
20 %
10. Moribund, rascher Krankheitsprogress
10 %
Selbstversorgung unmglich, professionelle Hilfe oder Krankenhauspflege notwendig. Mglicherweise rascher Krankheitsprogre.
11. Tod 0 %
Therapie Mit dem Auftreten von Knochenmetastasen ist der Nachweis erbracht, dass sich die Tumorerkrankung im Generalisationsstadium befindet. Das Ziel der Behandlung kann somit nur ein palliatives sein. Dies gilt unabhngig von teilweise sehr guten Langzeitergebnissen bei so genannten Solitrmetastasen von Schilddrsenkarzinomen oder Nierenzellkarzinomen. Ziele sind:
o Schmerzreduktion o Funktionserhalt (Prvention von Frakturen und/oder Myelokompression) o Funktionswiederherstellung (Stabilisation von eingetretenen Frakturen
und/oder Beseitigung einer Myelokompression) o Prvention eines lokalen Metastasenrezidives
Konservative Therapie
Indikation zur konservativen Therapie bei fehlender Operationsindikation (s.u.). Therapiemglichkeiten:
o Lokale Radiatio o Systemische Chemotherapie o Hormontherapie o Ggf. Embolisation von Tumorgefen o Prinzipiell: Interdisziplinre Therapieplanung!
Operative Therapie
Die Situation des tumorkranken Patienten mit behandlungspflichtigen Skelettmetastasen ist in folgender Weise charakterisiert:
o In aller Regel erheblicher Schmerzzustand o Eingetretene oder drohende Stabilittsminderung des befallenen Knochens o Eingetretene oder drohende pathologische Fraktur o Bei Wirbelsulenbefall: eingetretene oder drohende Myelokompression mit
bestehendem oder drohendem neurologischem Defizit o Mehr oder weniger ausgeprgte Beeintrchtigung des Allgemeinzustandes
durch generalisiertes Tumorleiden
Grundstzlich besteht in folgenden Situationen eine Operationsindikation:
o Lokalisation im Bereich der Extremitten: Manifeste Fraktur eines langen Rhrenknochens: Absolute OP-
Indikation Drohende Fraktur (Mirels-Score >8, s. Tab. 3): dringliche OP-
Indikation o Lokalisation im Bereich der Wirbelsule:
Therapieresistente Schmerzen nach Ausschpfen smtlicher konservativen Behandlungsstrategien
Progrediente neurologische Symptomatik
Instabilitt oder Wirbelkrperkollaps mit drohender Gefhrdung des Myelons
Tabelle 3: Klassifikation des Frakturrisikos metastasenbefallener Rhrenknochen nach Mirels:
Risikofaktoren Punkte
Lokalisation obere Extremitt 1
untere Extremitt 2
peritrochanter 3
Lsion osteoblastisch 1
gemischt 2
osteolytisch 3
Schmerz gering 1
mig 2
schwer 3
Gre < 1/3 der corticalen Circumferenz 1
1/3 - 2/3 der corticalen Circumferenz 2
> 2/3 der corticalen Circumferenz 3
Score 8 - 9 Punkte: Hohes Frakturrisiko, OP-Indikation gegeben!
Allgemeine Indikationskriterien
o Neurologisches Defizit: Ausma, Geschwindigkeit der Entwicklung, Dauer des Bestehens
o Stabilitt klassifiziert in: erhalten, bedroht, aufgehoben o Resultate und Risiken nichtoperativer Behandlungsverfahren o Schmerzcharakteristik o Alter, Allgemein- und Ernhrungszustand des Patienten, Begleitrisiken? o Prospektive berlebenszeit o Zahl der Skelettmetastasen o Organmetastasen o Progressionsgeschwindigkeit des Tumorleidens
o Histologie des Primrtumors o Lokalbefund
Angesichts der schweren Beeintrchtigung eines Tumorpatienten durch eine bereits eingetretene pathologische Fraktur entscheidet ber die Indikation zur Operation weniger die prospektive berlebenszeit, sondern die Frage, ob der Patient den vorgesehenen Eingriff berstehen wird und eine Verbesserung der Lebensqualitt erwartet werden kann. Die einzige Kontraindikation zur Durchfhrung einer Operation ist der moribunde Patient. Eine mehr als 6 Stunden bestehende komplette Querschnittlhmung auf dem Boden einer Metastasenerkrankung ist nicht rckbildungsfhig. Die Tatsache der Lhmung trgt in diesem Stadium zur Indikationsstellung bezglich einer operativen Therapie nicht mehr bei.
Standardoperationsverfahren Ziele sind Stabilisierung/Stabilittserhalt, Gelenkfunktionserhalt/Wiederherstellung und lokale Tumorkontrolle (Rezidivvermeidung). Das Operationsprinzip besteht in einer mglichst extralsionalen Metastasenresektion.
Lange Rhrenknochen:
o Gelenknah: Ersatz durch Endoprothese oder Tumorendoprothese o Gelenkfern: Verbundosteosynthese oder Spacer
Wirbelsule:
o Bei monosegmentalem Befall ventral: in der Regel ventrale Metastasenausrumung, Wirbelkrperersatz
(Platzhalter verschiedener Materialien, meist unter Verwendung von Palacos), unter Umstnden auch kostotransversale Ausrumung
Ventrale Vierpunkte-Stabilisierung o Bei monosegmentalem Befall von dorsal: