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9. JULI 2017 WELT AM SONNTAG NR. 28 WOHNEN 47 W er in Berlin mit der S-Bahn an den Ostrand der Stadt fährt, sieht das Plattenbaugebirge von Marzahn schon von Weitem. Et- was surreal ragen die Fassadenflächen empor, dazwischen weitläufige Grün- anlagen, Fast-Food-Lokale und Dis- counter. Der Fußweg zur Wohnung von Shirley Langfeld und Marco Heiz- mann führt an einer vierspurigen Stra- ße entlang über einen riesigen Park- platz. Die Hotelmanagerin und der IT- Techniker wohnen in einem Hochhaus mit 21 Stockwerken und knallfarbiger Fassade. Sie geleiten über einen klei- nen Flur, und plötzlich ändert sich die Stimmung. Wer von innen nach außen blickt, erlebt die „Platte“, ein Stan- dard-WBS-70-Gebäude aus DDR-Zei- ten, als charmanten Wohnort. Das Wohnzimmer ist überraschend groß, mit moderner offener Küche und Bal- kon. Dahinter liegen zwei weitere hel- le Räume. Der Fußboden ist mit mas- sivem Parkett ausgekleidet. Wo früher eine kleine Nasszelle war, ist nun ein großzügiges Bad mit Fenster. Die 100- Quadratmeter-Wohnung wurde aus zwei kleineren Wohnungen zusam- mengesetzt. Langfeld ist gebürtige Marzahnerin. Sie steht auf ihrem Balkon und zeigt auf die hochgewachsenen Bäume, die ihre Mutter vor 30 Jahren mitpflanzte. „Bei Subbotnik-Einsätzen am Sonnabend war ich oft mit dabei“, erinnert sie sich. Subbotniks waren zu Sowjet-Zeiten un- bezahlte Arbeitseinsätze am Samstag. Nach vielen Jahren in Westfalen wollte sie nun wieder zurück in ihre Heimat. „Die Infrastruktur ist deutlich verbes- sert worden, eine Milliarde Euro wurde in Marzahn investiert“, sagt Langfeld. Ein weiteres schlagendes Argument: Die Wohnung kostet 820 Euro Warm- miete im Monat. Zentraler gelegene Wohnungen in der Hauptstadt sind doppelt so teuer. In Marzahn, der größten Plattenbau- siedlung Europas, wurden zwischen den frühen 1970er-Jahren und 1990 rund 60.000 Wohnungen errichtet. Nach der Wende zogen viele Bürger aus, und der Wohnungsleerstand lag bei 15 Prozent, in manchen anderen Siedlungen sogar noch höher. DDR-Hinterlassenschaften wie Marzahn, Halle-Neustadt, Leipzig- Grünau, Rostock-Lichtenhagen oder die Fritz-Heckert-Siedlung in Chemnitz wurden zu Problembezirken, zu Brenn- punkten sozialen Elends, vergleichbar mit den Banlieues in Paris. In ihrer Verzweiflung rissen manche Wohnungsbaugesellschaften unbrauch- bare Gebäude ab oder kappten die obe- ren Geschosse. Millionen an Fördergel- dern wurden in den „Rückbau“ ge- steckt, getarnt als „Stadtumbau Ost“. Heute dagegen würde kaum jemand Wohnungen „vom Markt nehmen“, wie es so schön hieß. Im Gegenteil, es ent- stehen neue Wohnhäuser, an Standor- ten, die vor Kurzem noch als verloren „Glücksmomente“: Ein Kind spielt auf einem Springbrunnen im Plattenbauviertel, heute „Gartenstadt“ Potsdam-Drewitz BENJAMIN MALTRY/PROPOTSDAM GMBH Platte 2.0 Jahrelang galten die Großsiedlungen in ostdeutschen Städten als Problemviertel. Jetzt sind sie bei vielen Bürgern wieder beliebt – und gelten sogar als Vorbild für neue Serienbauten VON ROLAND MISCHKE FORTSETZUNG AUF SEITE 49 Ironie des Klimawandels Es hat Wochen gedauert. Und wahr- scheinlich 2000 Euro gekostet. So genau will ich das gar nicht mehr wissen. Vor fünf Jahren entschied ich mich dazu, eine automatische Be- wässerungsanlage zu verlegen. Wie so oft bei meinen Gartenprojekten, lief das Ganze völlig aus dem Ruder. Ich musste auf einer Strecke von ei- nem halben Kilometer – so fühlte es sich jedenfalls an – einen 30 Zenti- meter tiefen, schmalen Graben mit der Spitzhacke ausheben, um die Rohre für die Sprinkleranlage zu ver- legen. Dazu kamen weitere Zuleitun- gen und Verteilstationen für Beete, Bambus und Hecken. Nicht zu ver- gessen die Verteilerkästen mit 24- Volt-Ventilen und die zentrale Steue- rung mit Zeitschaltuhr. Zunächst schien sich die Mühe gelohnt zu ha- ben. In jenem Sommer war es heiß, ich saß abends auf der Terrasse und schaute zufrieden dem feinen Was- serballett aus Sprinklern und Sprü- hern zu. Die Nachbarn waren blass vor Neid. Jetzt sind sie es nicht mehr. Jetzt sind sie rot vor Lachen. Denn seit fünf Jahren dauern die kontinentalen Hitzeperioden nur noch ein paar Tage, dann regnet es. Oder es schüttet, je nachdem. So ha- be ich mir den Klimawandel nicht vorgestellt. MICHAEL FABRICIUS HAUSRAT ANZEIGE

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47 09.07.17 9. JULI 2017 WSBE-VP1BELICHTERFREIGABE: --ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

9. JULI 2017 WELT AM SONNTAG NR. 28 WOHNEN 47

W er in Berlin mit derS-Bahn an denOstrand der Stadtfährt, sieht dasPlattenbaugebirge

von Marzahn schon von Weitem. Et-was surreal ragen die Fassadenflächenempor, dazwischen weitläufige Grün-anlagen, Fast-Food-Lokale und Dis-

counter. Der Fußweg zur Wohnungvon Shirley Langfeld und Marco Heiz-mann führt an einer vierspurigen Stra-ße entlang über einen riesigen Park-

platz. Die Hotelmanagerin und der IT-Techniker wohnen in einem Hochhausmit 21 Stockwerken und knallfarbigerFassade. Sie geleiten über einen klei-nen Flur, und plötzlich ändert sich dieStimmung. Wer von innen nach außenblickt, erlebt die „Platte“, ein Stan-dard-WBS-70-Gebäude aus DDR-Zei-ten, als charmanten Wohnort. DasWohnzimmer ist überraschend groß,mit moderner offener Küche und Bal-kon. Dahinter liegen zwei weitere hel-le Räume. Der Fußboden ist mit mas-sivem Parkett ausgekleidet. Wo frühereine kleine Nasszelle war, ist nun eingroßzügiges Bad mit Fenster. Die 100-

Quadratmeter-Wohnung wurde auszwei kleineren Wohnungen zusam-mengesetzt.

Langfeld ist gebürtige Marzahnerin.Sie steht auf ihrem Balkon und zeigt aufdie hochgewachsenen Bäume, die ihreMutter vor 30 Jahren mitpflanzte. „BeiSubbotnik-Einsätzen am Sonnabendwar ich oft mit dabei“, erinnert sie sich.Subbotniks waren zu Sowjet-Zeiten un-bezahlte Arbeitseinsätze am Samstag.Nach vielen Jahren in Westfalen wolltesie nun wieder zurück in ihre Heimat.„Die Infrastruktur ist deutlich verbes-sert worden, eine Milliarde Euro wurdein Marzahn investiert“, sagt Langfeld.

Ein weiteres schlagendes Argument:Die Wohnung kostet 820 Euro Warm-miete im Monat. Zentraler gelegeneWohnungen in der Hauptstadt sinddoppelt so teuer.

In Marzahn, der größten Plattenbau-siedlung Europas, wurden zwischen denfrühen 1970er-Jahren und 1990 rund60.000 Wohnungen errichtet. Nach derWende zogen viele Bürger aus, und derWohnungsleerstand lag bei 15 Prozent,in manchen anderen Siedlungen sogarnoch höher. DDR-Hinterlassenschaftenwie Marzahn, Halle-Neustadt, Leipzig-Grünau, Rostock-Lichtenhagen oder dieFritz-Heckert-Siedlung in Chemnitz

wurden zu Problembezirken, zu Brenn-punkten sozialen Elends, vergleichbarmit den Banlieues in Paris.

In ihrer Verzweiflung rissen mancheWohnungsbaugesellschaften unbrauch-bare Gebäude ab oder kappten die obe-ren Geschosse. Millionen an Fördergel-dern wurden in den „Rückbau“ ge-steckt, getarnt als „Stadtumbau Ost“.Heute dagegen würde kaum jemandWohnungen „vom Markt nehmen“, wiees so schön hieß. Im Gegenteil, es ent-stehen neue Wohnhäuser, an Standor-ten, die vor Kurzem noch als verloren

„Glücksmomente“: Ein Kind spielt auf einem Springbrunnen im Plattenbauviertel, heute „Gartenstadt“ Potsdam-Drewitz

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Platte2.0Jahrelang galten die Großsiedlungen in ostdeutschen Städten alsProblemviertel. Jetzt sind sie bei vielenBürgern wieder beliebt – und geltensogar als Vorbild für neue Serienbauten

VON ROLAND MISCHKE

FORTSETZUNG AUF SEITE 49

Ironie desKlimawandels

Es hat Wochen gedauert. Und wahr-scheinlich 2000 Euro gekostet. Sogenau will ich das gar nicht mehrwissen. Vor fünf Jahren entschied ichmich dazu, eine automatische Be-wässerungsanlage zu verlegen. Wieso oft bei meinen Gartenprojekten,lief das Ganze völlig aus dem Ruder.Ich musste auf einer Strecke von ei-nem halben Kilometer – so fühlte essich jedenfalls an – einen 30 Zenti-meter tiefen, schmalen Graben mitder Spitzhacke ausheben, um dieRohre für die Sprinkleranlage zu ver-legen. Dazu kamen weitere Zuleitun-gen und Verteilstationen für Beete,Bambus und Hecken. Nicht zu ver-gessen die Verteilerkästen mit 24-Volt-Ventilen und die zentrale Steue-rung mit Zeitschaltuhr. Zunächstschien sich die Mühe gelohnt zu ha-ben. In jenem Sommer war es heiß,ich saß abends auf der Terrasse undschaute zufrieden dem feinen Was-serballett aus Sprinklern und Sprü-hern zu. Die Nachbarn waren blassvor Neid. Jetzt sind sie es nichtmehr. Jetzt sind sie rot vor Lachen.Denn seit fünf Jahren dauern diekontinentalen Hitzeperioden nurnoch ein paar Tage, dann regnet es.Oder es schüttet, je nachdem. So ha-be ich mir den Klimawandel nichtvorgestellt. MICHAEL FABRICIUS

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galten. Vergangene Woche verkündetedie Wohnungsbaugesellschaft Howo-ge, das sogenannte Mühlengrund-Arealin Hohenschönhausen zu entwickeln.Alte verlotterte Gewerbebauten wer-den abgerissen, rund 400 moderneWohnungen sowie Gewerberäume,Arztpraxen, Grünflächen und Spiel-plätze werden in den nächsten zweiJahren neu gebaut. Am Stadtrand. Ineiner Plattenbau-Siedlung.

Der demografische Trend hat sichgedreht. Menschen ziehen zurück inden Osten, und vor allem in den Uni-Städten, nicht nur in Berlin, ist die„Platte“ plötzlich wieder gefragt. In-zwischen leben fast wieder 260.000Menschen in den Kastenbauten. Teil-weise entfaltet eine geschickte Sanie-rung und städtebauliche Aufbereitungneue Anziehungskraft. Teilweise kom-men die Menschen aber aus schlichtemMangel zurück.

Nur noch zwei Prozent der Woh-nungen stehen leer. Und laut Steffi Pi-anka, Sprecherin der Wohnungsbauge-sellschaft Berlin-Mitte, liegt das abernicht nur an der Wohnungsknappheitin der Hauptstadt: „Der Plattenbau istwie ein Baukasten, vielseitig.“ Die üb-lichen kleinen DDR-Standardwohnun-gen mit blinden Bädern und geringemWohnkomfort würden nur noch als„solide Grundsubstanz“ betrachtet.„Nicht tragende Wände lassen indivi-duelle Grundrisse zu, sogar Betonwän-de entfernen wir in den Häusern“, soPianka. Den Plattenbau nennt sie „einewertvolle Ressource“.

Aus dem Wohnungs-Rohstoff wur-den also brauchbare Stadtgebiete.Während Politik und Bauwirtschaftnach einer Erneuerung des kosten-günstigen seriellen Wohnungsbaus ru-fen, ist er in den Großsiedlungen schonRealität. Im Plattenaltbau kostet derQuadratmeter höchstens 8,80 bis 9,50Euro Warmmiete, in unsanierten Häu-sern unter sechs Euro.

Manche sehen die Bauten trotzdemnoch kritisch. „Solche Viertel zu reak-tivieren, das ist wie einen abgeschalte-

ten Kernreaktor wieder in Gang set-zen“, sagt der Architekt Carsten Vogel.Der gebürtige Dresdner hat einstselbst im Plattenbau das Handwerk ge-lernt, hat heute ein Büro in Berlin –und würde nie eine Platte veredeln.„Weil das städtebaulich falsch ist“, ar-gumentiert er. „In Trabantenstädtenstimmt die soziale Mischung nicht, dieBewohner kommen zu wenig in Kon-takt. Aufgrund meiner DDR-Sozialisa-tion habe ich das erlebt. Das geht ur-sprünglich auf Le Corbusier und TonyGarnier zurück, die im 20. Jahrhundertdie Idealstadt als Cité industrielle sa-hen. Sie hatten eine ganz andere Vor-stellung von Stadt als wir heute. Siewollten Städte bauen wie Autos.“

Es geht auch anders. Ein Modellpro-jekt in Potsdam-Drewitz gilt als gelun-gener Versuch. Dorthin reisen ganzeGruppen von Stadtplanern, um denUmbau eines Plattenbauviertels in ei-ne „Gartenstadt“, wiesie offiziell heißt, zubegutachten. Der ent-scheidende Faktor: DieSiedlung, eines derletzten Neubauprojek-te der DDR in den spä-ten Achtzigern, hatHäuser mit nur fünfStockwerken. Die5900 Bewohner sindzu 90 Prozent Erstbe-wohner. Das DrewitzerKonzept wurde vomkommunalen Unter-nehmerverbund „ProPotsdam“ entwickelt,und dort wusste mangenau, was die Ein-wohner sich wünschten.

Die breite Konrad-Wolf-Allee zerrissals riesige Verkehrsschneise die Sied-lung. Heute ist sie in beiden Richtun-gen nur noch einspurig. Der gewonne-ne Raum wurde von der Landschaftsar-chitektin Pia von Zadow zum Parkge-lände mit Spielplätzen umgewandelt,Fahrradwege und eine Straßenbahnführen in die Potsdamer City. „Alleindadurch haben wir 50 Prozent wenigerCO2 im Stadtviertel“, sagt Carsten Ha-

genau, dessen Projektorganisation seit2011 die Entwicklung begleitet. „Es warein Glücksmoment, als wir das Parkge-lände öffneten, Kinder zum Spielen,Ältere zum Wasserbecken und Famili-en mit Picknickkörben auf den Rasenkamen. Niemand ist verdrängt wor-den, Drewitz hat eine gute soziale Bi-lanz. Bald kommen auch Migrantenmit vielen Kindern, für sie wurden ei-nige Wohnungen ausgebaut. Das neueÄrztehaus ist das beste in Potsdam undzieht Bürger anderer Stadtteile an.“

Ein Häuserblock mit 200 Wohnun-gen wurde chic umgestaltet, sein Plat-tenskelett ist kaum noch erkennbar.Alle Wohnungen erhielten an den Vor-derfronten tiefe Fensterlaibungen, Bal-kone und bunte Sonnensegel. Nachdem Einbau von Fahrstühlen wurdenGrundrisse verändert, kleinere Woh-nungen vergrößert, einige sogar imMaisonette-Stil. Außenwände und Dä-

cher sind gedämmt,Solaranlagen erwär-men Brauchwasser.Die grüne Fernwärmekommt über eineStrombörse und wirdzu den günstigen Zei-ten eingekauft.

Platte kann alsoVorbild sein. Das Bun-desbauministeriumverkündete jüngst eineuropaweites Aus-schreibungsverfahren:MehrgeschossigeWohngebäude sollenseriell entworfen wer-den. Durch hoheStückzahlen für indus-

triell vorgefertigte Module, standardi-sierte Entwürfe und Grundrisse sollendie Preise niedrig bleiben. Die Auftrag-geber müssen keinen Architektenmehr mit der individuellen Planungdes ganzen Neubaus beauftragen undkeine gesonderte Ausschreibung fürdie Bauausführung vornehmen. Der in-dustrielle Bau wird zum Nachfolgerdes Plattenbaus, soll aber besser sein.Vielen klassisch denkenden Architek-ten dürfte das nicht gefallen.

Vorbild Plattenbau FORTSETZUNG VON SEITE 47

ES WAR EINGLÜCKSMOMENT,ALS WIR DASPARKGELÄNDEÖFFNETENCARSTEN HAGENAU, Arbeitskreis Stadtspuren

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