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Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (DV) und Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif) unter Mitwirkung und Unterstützung von: BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland mit BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen BVI Bundesverband der Immobilienverwalter DDIV Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e.V. GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. IVD Immobilienverband Deutschland im Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V. vdp Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V. ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. Haus & Grund Deutschland Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. LBS Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband DVP Deutscher Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e.V. IMMOEBS e.V. Verein der Ehemaligen und Förderer der Post-Graduate- und Masterstudiengänge zur Immobilienökonomie an der European Business School und der Universität Regensburg BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung KfW Bankengruppe Autorenteam: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V. (IW): Prof. Dr. Michael Voigtländer Dr. Ralph Henger Heide Haas Michael Schier IREBS – International Real Estate Business School an der Universität Regensburg: Prof. Dr. Tobias Just Prof. Dr. Sven Bienert Peter Geiger Markus Hesse Nicole Braun Philipp Schäfer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): Lena Jaroszek Dr. Tim-Alexander Kröncke Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH): Prof. Dr. Bertram I. Steininger

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Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft

im Auftrag von:

Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (DV) und Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif)

unter Mitwirkung und Unterstützung von:

BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland mitBFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.bsi Bundesverband Sachwerte und InvestmentvermögenBVI Bundesverband der ImmobilienverwalterDDIV Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e.V.GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.IVD Immobilienverband Deutschland im Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.vdp Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V.ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

Haus & Grund Deutschland Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V.LBS Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und GiroverbandDVP Deutscher Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e.V.IMMOEBS e.V. Verein der Ehemaligen und Förderer der Post-Graduate- und Masterstudiengänge zur Immobilienökonomie an der European Business School und der Universität RegensburgBMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und StadtentwicklungKfW Bankengruppe

Autorenteam:

Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW):Prof. Dr. Michael VoigtländerDr. Ralph HengerHeide HaasMichael Schier

IREBS – International Real Estate Business School ander Universität Regensburg:Prof. Dr. Tobias JustProf. Dr. Sven BienertPeter GeigerMarkus HesseNicole BraunPhilipp Schäfer

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW):Lena JaroszekDr. Tim-Alexander Kröncke

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen(RWTH):Prof. Dr. Bertram I. Steininger

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Impressum

Wirtschaftsfaktor Immobilien 2013Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft

Gutachten für den Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. und die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.

Herausgeber Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.Littenstraße 10, 10179 BerlinTel. 030/20 61 32 50 Fax 030/20 61 32 51E-Mail [email protected] www.deutscher-verband.org

Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif)Moosbacher Straße 9 12, 65187 WiesbadenTel. 0611/23 68 10 70Fax 0611/23 68 10 75E-Mail [email protected] www.gif-ev.de

Bildquelle Umschlag Marlies Schwarzin /pixelio.de

Gestaltung/Satz VorSprung Design & KommunikationInternet www.werbe-vorsprung.de

Druck/Herstellung Spree Druck Berlin GmbHInternet www.spreedruck.de

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Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .I–V

1. Immobilienwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.2 Definition der Immobilienwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.3 Verwendete Datenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31.4 Die Immobilienwirtschaft im engen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4

1.4.1 Kennzahlen für einzelne Teilbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51.4.2 Selbstnutzer und private Kleinvermieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .71.4.3 Ausgaben für Immobiliendienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9

1.5 Die Immobilienwirtschaft im weiten Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .101.5.1 Kennzahlen der einzelnen Teilbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .101.5.2 Bruttowertschöpfung der Immobilienwirtschaft im weiten Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

1.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15

2. Immobilienbestand und -struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .162.1 Abgrenzung und verwendete Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172.2 Immobilienbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17

2.2.1 Flächeninanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172.2.2 Wohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .192.2.2.1 Bestandsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .192.2.2.2 Struktur des Wohnbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .242.2.2.3 Relation des Bestands zur Bevölkerungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .262.2.3 Gewerbeimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .272.2.3.1 Transparenznachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .272.2.3.2 Büroimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .272.2.3.3 Handelsimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32

2.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35

3. Transaktionen und Immobilienumsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .363.1 Bedeutung der Transaktionen und Immobilienumsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .373.2 Verwendete Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .373.3 Entwicklung des Gesamtmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .373.4 Entwicklung der Wohnimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39

3.4.1 Gesamtbetrachtung von individuell genutzten Wohnungen und Eigenheimen . . . . . . . . . . . . . . . .393.4.2 Teilsegment Wohnungsportfoliotransaktionen von Mietwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40

3.5 Entwicklung der Gewerbeimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .423.5.1 Gesamtbetrachtung und Standortdifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .433.5.2 Teilsegment Büro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .433.5.3 Teilsegment Einzelhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .443.5.4 Investorengruppen in Gewerbeimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45

3.6 Exkurs: Internationale Transaktionen und ausländische Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .453.7 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47

Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47

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4. Immobilienpreise, Mieten und Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .484.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .494.2 Anforderungen an einen Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .494.3 Methoden und Datenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50

4.3.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .504.3.2 Datenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51

4.4 Entwicklung der Wohnimmobilienpreise und -mieten in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .564.4.1 Gesamtdeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .564.4.2 Preise und Mieten in Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .614.4.3 Regionale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64

4.5 Entwicklung auf den Gewerbeimmobilienmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .654.5.1 Büromieten und -renditen unterschiedlicher Datenanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .654.5.2 Entwicklung von Büromieten in ausgewählten Städtegruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .664.5.3 Einzelhandelsmieten in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69

4.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .70Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .71

5. Indirekte Anlageformen von Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .725.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .735.2 Gründe für die Immobilienanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .735.3 Herausforderungen bei der Immobilienanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .735.4 Formen indirekter Immobilienanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .75

5.4.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .755.4.2 Formen von indirekten Immobilienanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .765.4.3 Bedeutung der indirekten Immobilien-Eigenkapitalanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79

5.5 Aktuelle Aspekte der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .805.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .81

Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .81

6. Immobilienfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .826.1 Der Markt für Immobilienfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .83

6.1.1 Anbieter für Wohnungsbaufinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .836.1.2 Versicherungen als Finanzierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .856.1.3 Anbieter für gewerbliche Immobilienfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .866.1.4 Ausgestaltung der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87

6.2 Refinanzierung der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .906.2.1 Veränderte Bedingungen auf dem Refinanzierungsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .916.2.2 Besicherte Refinanzierung im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .916.2.3 Hypothekenpfandbrief vs. CMBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .926.2.4 Bausparen als besondere Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .946.2.5 Weitere Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .94

6.3 Europäische Bankenregulierung mit Ausblick zu Basel III und Solvency II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .95Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .97

7. Demografie und Immobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .987.1 Entwicklung der Wohnflächennachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99

7.1.1 Demografische Trends in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .997.1.2 Unsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1027.1.3 Wohnraumbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .103

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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7.2 Auswirkungen des demografischen Wandels auf Gewerbeimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1077.2.1 Büroimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1077.2.2 Einzelhandelsimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108

7.3 Auswirkungen auf die Wohnimmobilienpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1097.4 Handlungsoptionen für schrumpfende Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1107.5 Herausforderungen einer alternden Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1137.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .116

Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117

8. Wirkungsketten politischer Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1188.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1198.2 Reaktionen auf wohnungspolitische Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .119

8.2.1 Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1198.2.2 Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1228.2.3 Steuerliche Behandlung von Mietwohnungen und Eigenheimen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1248.2.4 Mietpreisbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .126

8.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .128Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .129

9. Besonderheiten des deutschen Immobilienmarktes im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . .1309.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1319.2 Marktstruktur im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .131

9.2.1 Datenverfügbarkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1319.2.2 Strukturelle Merkmale ausgewählter Immobilienmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1339.2.3 Entwicklung der Immobilienpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1399.2.4 Gewerbeimmobilienmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .142

9.3 Finanzierungssysteme im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1439.3.1 Immobilienkreditgestaltung im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1439.3.2 Refinanzierung im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146

9.4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147

AnhangDefinition: A-B-C-D Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149

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Abkürzungsverzeichnis

ABS Assed Backed Securities AIFM Alternative Investment Fund Manager RichtlinieAK-OGA Arbeitskreis der Gutachterausschüsse und Oberen GutachterausschüsseAnsFuG Anlagerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz AT Österreich BA Bundesagentur für ArbeitBaFin Bundesanstalt für FinanzdienstleistungsaufsichtB BelgienBBR Bundesamt für Bauwesen und RaumordnungBBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)BGF BruttogrundflächeBio. BillionenBIP BruttoinlandsproduktBMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und StadtentwicklungBSI Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen CDOs Collateralized Debt ObligationsCH SchweizCMBS Commercial Mortgage Backed SecuritiesCRD Capital Requirement Directive CRR Capital Requirement Regulation DIW Deutsches Institut für WirtschaftsforschungDK Dänemark Ebitda Earnings before interest, taxes, depreciation and amortizationEFH EinfamilienhausEH EinzelhandelEStG Einkommensteuergesetz ETW EigentumswohnungF FrankreichFIN FinnlandGF Gebäude- und FreiflächeGB GroßbritannienGdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.gif Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.GrESt Grunderwerbsteuer GrEStG Grunderwerbsteuergesetz GrSt GrundsteuerHVPI Harmonisierter VerbraucherpreisindexI ItalienIDN IDN ImmoDaten GmbHIPD Investment Property Databank GmbHIREBS International Real Estate Business School, Universität Regensburg IRL IrlandIVD Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter

und SachverständigenIW Institut der deutschen Wirtschaft KölnIWF Internationaler WährungsfondsKAG KapitalanlagegesellschaftKAGB Kapitalanlagegesetzbuch

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KDA Kuratorium Deutsche AltershilfeKfW Kreditanstalt für Wiederaufbau m² QuadratmeterMBS Mortgage Backed SecuritiesMF-G Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen RaumMFH MehrfamilienhausMio. MillionenMrd. MilliardenNL NiederlandeOECD Organisation for Economic Co-operation and Development p.a. per annumPfandBG Pfandbriefgesetz PL Polen REIT Real Estate Investment TrustRIWIS Regionales Immobilien-Wirtschaftliches Informations SystemRMBS Residential Mortgage Backed SecuritiesS SchwedenSF FreiflächeSGB SozialgesetzbuchSOEP Sozio-oekonomisches Panelvdp Verband deutscher Pfandbriefbankenvgl. VergleicheVGR Volkswirtschaftliche GesamtrechnungenVPI Verbraucherpreisindex für DeutschlandWZ Wirtschaftszweig nach Wirtschaftszweigklassifikation z.B. Zum BeispielZEW Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbHZFH Zweifamilienhaus

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1: Immobilienbestandsmärkte und -aktivitäten in vereinfachter Gesamtübersicht . . . . . . . . . . . . . . . .2Abbildung 1.2: Beschäftigung in der Immobilienwirtschaft im engen Sinne 1991 bis 2011 in 1.000 . . . . . . . . . . .7Abbildung 1.3: Ausgaben der privaten Haushalte in Mrd. Euro und Anteil an Konsumausgaben

in % 1991 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10Abbildung 1.4: Ausgaben für Immobiliendienstleistungen in Mrd. Euro 2000 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10Abbildung 1.5: Umsätze der Immobilienwirtschaft mit den unterschiedlichen Unternehmensgruppen 2008

in Mrd. Euro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11Abbildung 1.6: Entwicklung der Bruttowertschöpfung der gesamten Immobilienwirtschaft in Mrd. Euro

und Anteil an Gesamtwirtschaft in % 1991 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13Abbildung 1.7: Bruttowertschöpfung im Jahr 2010 für verschiedene Branchen in Mrd. Euro . . . . . . . . . . . . . . . . .14

Abbildung 2.1: Immobilien, Grundstücke und Bauwerke im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17Abbildung 2.2: Bodennutzung nach Nutzungsarten 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18Abbildung 2.3: Entwicklung der Bauten als Teil des deutschen Bruttoanlagevermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19Abbildung 2.4: Wohnungsbestand 1995 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19Abbildung 2.5: Entwicklung der Zahl der Wohnungen (2005–2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20Abbildung 2.6: Veränderung der Wohnfläche je Einwohner (2005–2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20Abbildung 2.7: Veränderungsraten des Bestands an Wohngebäuden 1995 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21Abbildung 2.8: Leerstandsquote Wohnungen nach Mikrozensus 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21Abbildung 2.9: Wohnungsfertigstellungen in der Bundesrepublik Deutschland nach Gebäudearten

(in 1.000 Wohnungen) 1996 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22Abbildung 2.10: Anteil der Baugenehmigungen in den neuen Bundesländern einschließlich Berlin

1991 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23Abbildung 2.11: Neubautätigkeit in West- und Ostdeutschland (Anteil der Wohnungen, in %) 1995 und 2011 . . .23Abbildung 2.12: Gebäudegröße nach Wohnrechtsform und Eigentumsquote 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24Abbildung 2.13: Wohnungen in Privateigentum (in % der Wohnungen) 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25Abbildung 2.14: Bewohnte Wohnungen nach Baujahr des Gebäudes 2010 (in % und absolut in 1.000,

Basis 36,1 Mio.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25Abbildung 2.15: Wohnungsabgang 1993 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26Abbildung 2.16: Wohnungsbestandsstruktur 2011 (Wohnungen mit … Räumen) in % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26Abbildung 2.17: Entwicklung von Einwohnern, Haushalten, Wohnungen und Wohnfläche, 1991–2011

auf Indexbasis 1991=100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27Abbildung 2.18: Wohnfläche je Einwohner in m² 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27Abbildung 2.19: Wohnungsgröße in m² nach Baujahr der Wohngebäude 2010, Anteile in % . . . . . . . . . . . . . . . .28Abbildung 2.20: Büroflächenbestand (127 größte Städte, in Mio. m² Mietfläche) 1995 bis 2012 . . . . . . . . . . . . .29Abbildung 2.21: Büroleerstandsquoten im Vergleich 1990 bis 2012 (ungewichtete Mittelwerte in %) . . . . . . . . . . .29Abbildung 2.22: Leerstand Büroflächen für die 127 größten Städte (in 1.000 m²) 1992 bis 2012 . . . . . . . . . . . . .30Abbildung 2.23: Büroflächenneuzugang versus Leerstandsquote 1995 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30Abbildung 2.24: Baufertigstellungen und -genehmigungen Büro- und Verwaltungsgebäude (in 1.000 m²)

1993 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31Abbildung 2.25: Nettoanfangsrendite für deutsche Büroflächen in zentraler Lage, 1990 bis 2012 . . . . . . . . . . . . .32Abbildung 2.26: Wertentwicklung Büroimmobilien (in Mrd. Euro) 2006 bis 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32Abbildung 2.27: Flächenwachstum im Handel 2000 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33Abbildung 2.28: Anzahl und Fläche der Shopping-Center in Deutschland (1965 bis 2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . .33Abbildung 2.29: Betriebsformen (Umsatzanteile in %) 2000 und 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34Abbildung 2.30: Nettoanfangsrenditen Handelsimmobilien in % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34

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Abbildung 3.1: Transaktionskenngrößen 2007 bis 2010 (Index: 2007=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38Abbildung 3.2: Immobilienumsatz in Mrd. Euro 1991 bis 2012 (nach dem Grunderwerbsteueraufkommen) . . . .39Abbildung 3.3: Umsätze mit individuell genutzten Wohnimmobilien in Mrd. Euro 2007 bis 2010 . . . . . . . . . . . . .39Abbildung 3.4: Verkaufte Wohnungen in Portfolios nach Größe von 2000 bis Mitte 2012 in 1.000 . . . . . . . . . .40Abbildung 3.5: Transaktionen großer Mietwohnungsbestände nach Bundesländern 2009 bis 2011 . . . . . . . . . .42Abbildung 3.6: Investments institutioneller Investoren im deutschen Gewerbeimmobilienmarkt in Mrd. Euro

von 2000 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43Abbildung 3.7: Büroflächenumsätze (Vermietungen) in den A- bis D-Standorten von 2000 bis 2012

(Index 2000=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44Abbildung 3.8: Transaktionsvolumen von Handelsimmobilien nach Assetklassen 2010 bis 2012 in % . . . . . . . . . .45Abbildung 3.9: Prozentuale Verteilung der Investorengruppen für Gewerbeimmobilien von 2000 bis 2012 . . . .46

Abbildung 4.1: Veränderungsraten der Wohnimmobilienpreise und -mieten im Vergleich 1975–2012 in % . . . . .57Abbildung 4.2: Wohnimmobilieninidizes im Vergleich 1975 bis 2012 (Index 1990=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Abbildung 4.3: Wohnimmobilienindizes im Vergleich 2000 bis 2012 (Index 2005=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .58Abbildung 4.4: Preisindizes von Neubauten und Bestandswohnungen im Vergleich 2000 bis 2012

(Index 2005=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .58Abbildung 4.5: Preisindizes von Eigenheimen im Vergleich 2000 bis 2012 (Index 2005=100) . . . . . . . . . . . . . .59Abbildung 4.6: Preisindizes von Eigentumswohnungen im Vergleich 2000 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60Abbildung 4.7: Mietindizes im Vergleich 2000 bis 2012 (Index 2005=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60Abbildung 4.8: Preis-Miet-Relationen im Vergleich 2000 bis 2012 (Index 2005=100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61Abbildung 4.9: Preis-Miet-Relationen in Städtekategorien 2000 bis 2012 (Index 2005=100) . . . . . . . . . . . . . . .63Abbildung 4.10: Angebotsmieten nach Kreisen 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64Abbildung 4.11: Entwicklung der Angebotsmieten nach Kreisen 2007–2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64Abbildung 4.12: Vergleich von Bürospitzenmieten, Index 2003=100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .66Abbildung 4.13: Bürospitzenmieten in deutschen Städten in Euro/m² (gewichteter Mittelwert) . . . . . . . . . . . . . . . .67Abbildung 4.14: Leerstandsquote und Spitzenmieten für Frankfurt am Main von 1991 bis 2012 in Quartalen . . . .67Abbildung 4.15: Nettoanfangsrenditen für Büroflächen 1990 bis 2012, in %

(in Prozentpunkten für die Renditedifferenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .68Abbildung 4.16: Einzelhandelsspitzenmieten in deutschen Städten, in Euro/m² von 1990 bis 2012 . . . . . . . . . . . .68Abbildung 4.17: Nettoanfangsrenditen für deutsche Einzelhandelsimmobilien 1990 bis 2012, in %

(in %-Punkten für die Renditedifferenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69

Abbildung 5.1: Transformationsleistungen der indirekten Immobilienanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .74Abbildung 5.2: Marktkapitalisierung des börsengehandelten Immobilienvermögens, Index pro Kopf . . . . . . . . . .78Abbildung 5.3: (Netto-)Vermögen indirekter Immobilienanlagen im Dezember 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79

Abbildung 6.1: Anteil der Bankengruppen an Wohnungsbaukrediten in % (Stand September 2012, Basis: 1,2 Bio. Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84

Abbildung 6.2: Private Hypothekendarlehen nach der Zinsbindung (Bestand Ende 2012) in % . . . . . . . . . . . . . .87Abbildung 6.3: Unternehmenskredite nach der Zinsbindung (Bestand Ende 2012) in % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88Abbildung 6.4: Beleihungsquoten im internationalen Vergleich 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .89Abbildung 6.5: Refinanzierungsmix der deutschen Kreditwirtschaft 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90Abbildung 6.6: Absatz und Umlauf von Hypothekenpfandbriefen in Deutschland in

Mrd. Euro 2003 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .94Abbildung 7.1: Nettozuwanderung nach Deutschland 1952 bis 2012 in 1.000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100Abbildung 7.2: Bevölkerungsprognosen mit unterschiedlichen Annahmen 2000/2012 bis 2060 in Mio. . . . . . .100Abbildung 7.3: Prognoseunterschiede bis 2060 nach Alter in 1.000 und verschiedenen Geburtenraten

(Bevölkerungsstruktur im Jahr 2060) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .101

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Abbildung 7.4: Nettozuwanderung je 1.000 Einwohner, 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .102Abbildung 7.5: Prognose der Haushaltszahlen in Deutschland, in Mio., 2000/2011 bis 2060 . . . . . . . . . . . . . . .103Abbildung 7.6: Veränderung der Zahl der Haushalte in deutschen Bundesländern, in %

(geringere Zuwanderung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .104Abbildung 7.7: Wohnflächenprognose in Ost- und Westdeutschland, 2010 bis 2060, Index 2005=100 . . . . . .106

Abbildung 8.1: Steuerliche Inzidenz am Beispiel der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .120Abbildung 8.2: Wirkung einer Mietpreisbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .126

Abbildung 9.1: JLL-Transparenzindex 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .132Abbildung 9.2: Altersstruktur des Wohnungsbestands im Ländervergleich 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .134Abbildung 9.3: Eigentümerstruktur im Ländervergleich 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135Abbildung 9.4: Förderung von Wohneigentum im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136Abbildung 9.5: Kaufnebenkosten im Ländervergleich in % des Kaufwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .138Abbildung 9.6: Veränderung der Wohnimmobilienpreise nach Zeitabschnitten 1996 bis 2012 in % . . . . . . . . . . .140Abbildung 9.7: Bürospitzenmieten in Europa 2001 bis 2012 in Euro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .142Abbildung 9.8: Deutsche Mietrenditen im Vergleichsintervall 2001 bis 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .144Abbildung 9.9: Inflationserfahrung und Anteil variabler Zinsen im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145Abbildung 9.10: Refinanzierungswege im Ländervergleich 2008 in % der Wohnungsbaukredite . . . . . . . . . . . . . .146

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1: Die Immobilienwirtschaft im Überblick sowie die Unterschiede in der Definition . . . . . . . . . . . . . . . . .3Tabelle 1.2: Die Immobilienwirtschaft im engen Sinne im Überblick 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5Tabelle 1.3: Größenverteilung der Vermieter und Verpächter 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6Tabelle 1.4: Wohn- und Gewerbeimmobilienvermieter im Vergleich 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6Tabelle 1.5: Anbieterstruktur auf dem deutschen Wohnungsmarkt 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8Tabelle 1.6: Verteilung der jährlichen Einnahmen privater Kleinvermieter aus Vermietung oder Verpachtung

von Grund- und Hausbesitz 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9Tabelle 1.7: Kennzahlen für die Immobilienwirtschaft im weiten Sinne im Jahr 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12

Tabelle 2.1: Von der 2006er Bestandsschätzung zur Schätzung für das Jahr 2012 (in Mio. m² MF-G ) . . . . . . . .28

Tabelle 3.1: Verkäufe und Käufe von Wohnportfolios nach Eigentümergruppen von 1999 bis Mitte 2012 . . . . . .41

Tabelle 4.1: Immobilienindizes für Wohnimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .54Tabelle 4.2: Immobilienindizes für Gewerbeimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55Tabelle 4.3: Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen 2012 und Veränderung zu 2002 . . . . . . . . .62Tabelle 4.4: Preise und Mieten für Mietwohnungen 2012 und deren Veränderung zu 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . .62

Tabelle 5.1: Die vier Quadranten der Immobilienanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .75

Tabelle 6.1: Kredite für den Wohnungsbau in Mrd. Euro (Bestand Ende 2008 und 2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84Tabelle 6.2: Ausstehende mit Wohnbauten grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen von deutschen

Erstversicherern in Mio. Euro 2008 und 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85Tabelle 6.3: Kennzahlen für die Finanzierung von Unternehmen der gewerblichen Immobilienwirtschaft

Ende 2008 und 2012 in Mrd. Euro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .86Tabelle 6.4: Einflussfaktoren für die Refinanzierung von Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .92Tabelle 6.5: Charakteristika von Hypothekenpfandbrief und CMBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93

Tabelle 7.1: Investitionsschätzung für barrierearme Wohnungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .113

Tabelle 8.1: Alternative Bemessungsgrundlagen der Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .122

Tabelle 9.1: Subindizes ausgewählter Länder zur Immobilienmarkttransparenz 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .132Tabelle 9.2: Qualitätsmerkmale europäischer Wohnungsbestände (jeweils letztes verfügbares Datum)

für einzelne Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137Tabelle 9.3: Bewertungsindikatoren für Wohnimmobilienmärkte 2004, 2008 und 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .141Tabelle 9.4: Immobilienkrediteigenschaften im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .144

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Die Immobilienwirtschaft

Die Immobilienwirtschaft ist einer der vielfältigstenund größten Wirtschaftszweige in jeder Volkswirt-schaft. Dies liegt vor allem daran, dass die immo-bilienbezogenen Tätigkeiten weit gefächert sindund von der Immobilienbewirtschaftung bis zur Ver-mittlung, Finanzierung, Planung und Bautätigkeitreichen. Dies macht es entsprechend schwer, dieImmobilienwirtschaft klar zu erfassen, zumal dieGrenzen zwischen einzelnen Wirtschaftszweigenimmer mehr verschwimmen. So erzielen heute klas-sische Baukonzerne oftmals einen Großteil ihrerUmsätze mit dem Facility Management. In dieserStudie werden daher zwei Definitionen verwendet,eine weite und eine enge. Nach der engen Defini-tion zählen zur Immobilienwirtschaft, entsprechendder Wirtschaftszweigklassifikation des StatistischenBundesamtes, alle Selbstnutzer, Kleinvermieter undUnternehmen, die in den Bereichen Vermittlung,Verwaltung, Handel und Vermietung tätig sind.Nach der weiten Definition zählen zu diesem Wirt-schaftszweig zusätzlich unter anderem die Archi-tekten, Planer, Kreditgeber, Berater und Bauunter-nehmen. Nach beiden Definitionen sind die Zahlenbeeindruckend: Die Bruttowertschöpfung betrugnach der engen Definition im Jahr 2011 264 Mrd.Euro, nach der weiten Definition 434 Mrd. Euro.Dies entspricht einem Anteil von knapp 12% bzw. 19% der gesamten Bruttowertschöpfung inDeutschland. Andere Branchen, wie der Fahrzeug-bau (81 Mrd. Euro), die Gesundheitswirtschaft(164 Mrd. Euro) oder der gesamte Handel (226Mrd. Euro) sind deutlich kleiner. In den Unterneh-men der Immobilienwirtschaft (weite Abgrenzung)arbeiten rund 2,8 Mio. sozialversicherungspflichtigBeschäftigte, was rund 10% aller abhängig Be-schäftigten entspricht. In der Immobilienwirtschaftim engen Sinn waren Ende 2011 215.000 Men-

schen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, dieZahl der Erwerbstätigen betrug 435.000. Vorallem in den 1990er Jahren konnte die Immobilien-wirtschaft in der engen Abgrenzung große Be-schäftigungsgewinne verbuchen, in den 2000erJahren hat sich das Wachstum verstetigt. Die Aus-gaben für Immobiliendienstleistungen verteilen sichrecht gleichmäßig auf die Selbstnutzer (137 Mrd.Euro), Mieter (98 Mrd. Euro) und Unternehmen(138 Mrd. Euro).

Volkswirtschaften reagieren sensibel auf Schwan-kungen in solch einer großen Branche. Daher wares in den letzten Jahren sehr wichtig, dass – an-ders als in vielen anderen Industriestaaten – diedeutsche Immobilienwirtschaft vergleichsweise sta-bil geblieben ist. So gab es trotz der Finanz- undWirtschaftskrise keinen Einbruch bei den Immobi-lienumsätzen oder der Beschäftigung. Das durch-schnittliche jährliche nominale Wachstum der Brut-towertschöpfung der Immobilienwirtschaft beträgtseit 2008 ca. 2 %. Damit hat die Branche entschei-dend dazu beigetragen, dass die Gesamtwirt-schaft sich nach dem Konjunktureinbruch 2009schnell wieder erholen konnte.

Volatile Transaktionen

Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weilsich das Transaktionsgeschehen deutlich volatilerentwickelt hat als die Bruttowertschöpfung derBranche. So stieg das Transaktionsvolumen im Vor-feld der Finanzkrise bis zum Jahr 2007 auf einenRekordwert von fast 200 Mrd. Euro an, ehe es imJahr 2009 auf rund 135 Mrd. Euro zurückging.Mittlerweile hat sich das Transaktionsvolumen aufeinem Niveau von knapp 170 Mrd. Euro im Jahr2012 stabilisiert.

Kurzfassung

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[I]

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Ein Treiber dieser Volatilität waren vor allem diegroßen Wohnungsportfolios, die insbesondere imVorfeld der Finanzkrise intensiv gehandelt wurden.Allein 2004 und 2005 waren es jeweils mehr als350.000 Wohnungen der großen Portfolios (mitmehr als 800 Wohnungen pro Transaktion). Auchim Gewerbeimmobilienmarkt waren Schwankun-gen deutlich erkennbar. So ging das Investmentinstitutioneller Investoren in Gewerbeimmobilienvon 63 Mrd. Euro im Jahr 2007 auf knapp 11Mrd. Euro in 2009 zurück. Dabei ist zu berück-sichtigen, dass im Vorfeld der Finanzkrise dasTransaktionsvolumen überdurchschnittlich hochwar und der Markt nach der Korrektur nun zu„normalen“ Verhältnissen zurückkehrt. So liegt dasInvestment der institutionellen Investoren von Ge-werbeimmobilien mit rund 22 Mrd. Euro im Jahr2012 wieder in etwa auf dem Niveau Anfang der2000er Jahre.

Die Beobachtung von Transaktionen ist wichtig,da diese einerseits einen Indikator für die Attrakti-vität des jeweiligen Immobilienmarktes darstellenund andererseits Hinweise auf mögliche Überhit-zungen geben. Schließlich steigt im Vorfeld spe-kulativer Blasen typischerweise die Transaktions-geschwindigkeit.

Die nicht zufriedenstellende Datenbasis bei denTransaktionen ist bemerkenswert, da alle Datensystematisch und weitgehend flächendeckend vonden kommunalen Gutachterausschüssen erhoben,aber nur unzureichend veröffentlicht werden unddaher eine Zusammenführung schwierig ist.

Immobilienpreise ziehen an

Wohnungspreise und Mieten sind seit Mitte der1990er Jahre in Deutschland geringer gestiegenals die Verbraucherpreise. Erst in den letzten Jahrenziehen sie spürbar stärker an als die Inflation.Dabei konzentrieren sich die Preissteigerungen vorallem auf die deutschen Metropolen sowie einigegefragte Groß- und Mittelstädte sowie ausge-wählte Freizeitstandorte. Die bisherige Entwicklungspiegelt eine Angebotsknappheit von Wohnraumin diesen bevorzugten Regionen wider. Eine spe-kulative Übertreibung ist, wenn überhaupt, bishernur für wenige Toplagen in besonders gefragtenQuartieren zu vermuten. Diese Teilräume sind je-

doch bislang zu klein, als dass sich ein möglicherzukünftiger Preisrückgang in diesen Gebieten ne-gativ auf die gesamte Volkswirtschaft auswirkenkönnte. Eine Entwicklung wie im Vorfeld der Finanz-krise in den USA oder in Spanien und Irland istdaher für Deutschland momentan auszuschließen.Das Risiko möglicher zukünftiger Preisübertreibun-gen sollte aber nicht außer Acht gelassen werdenund bedarf der stetigen Immobilienpreis- und Miet-beobachtung. Für diesen Zweck sind belastbareund regional feingliedrige Datenreihen unverzicht-bar. Zwar gab es bei der Datenverfügbarkeit undDatenqualität in den letzten Jahren Fortschritte, bei-spielsweise durch die zunehmende Verbreitung vonhedonischen Preisindizes, dennoch bestehen wei-terhin große Lücken bei den verfügbaren Daten-quellen. Dies betrifft vor allem die regionale Tiefe;auch sind viele Immobiliendaten nur auf Jahres-oder Quartalsbasis erhältlich. Die weiterhin konse-quente Erschließung der vorhandenen Transakti-onsdaten der Gutachterausschüsse für Forschungs-zwecke ist daher unbedingt anzustreben.

Auch für die Gewerbeimmobilienmärkte sind bis-her keine flächendeckenden Überhitzungssignalefestzustellen, auch wenn für einige Toplagen inden Innenstädten der Metropolregionen die Mie-trenditen von Büro- und Einzelhandelsimmobilienauf ein sehr niedriges Niveau gefallen sind. In die-sem Segment ist also eine (leichte) Überhitzungnicht auszuschließen.

Immobilienbestand zunehmendim Fokus

Durch die eingeschränkte Datenverfügbarkeit aufdem Gewerbeimmobilienmarkt lassen sich vieleEntwicklungen nur durch die Datenangebote pri-vater Anbieter nachvollziehen. Totalerhebungenzu einzelnen Büromärkten zeigen regelmäßig,dass die vorliegenden Bürobestandsdaten lücken-haft waren und trotz Verbesserungen wohl auchnoch teilweise sind. Der Büroflächenbestand inDeutschland wird für 2012 auf 326 Mio. m² Miet-fläche (MF-G) geschätzt; das entspricht etwa 407Mio. m² Bruttogrundfläche (BGF). Die Einzelhan-delsflächen summieren sich auf ca. 122 Mio. m².Das in den Nichtwohnbauten gebundene Brutto-anlagevermögen (zu Wiederbeschaffungsprei-sen) beträgt etwa 5,24 Bio. Euro.

KURZFASSUNG

[II]

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Besser ist die Datenlage für den Wohnimmobilien-markt. Zum Zeitpunkt des Zensus 2011 gab es inDeutschland 41,3 Mio. Wohnungen. Der Wert desin den Wohngebäuden gebundenen Bruttoanlage-vermögens wird auf 7,4 Bio. Euro geschätzt. In denletzten 20 Jahren ist die Anzahl der Wohnungenjährlich durchschnittlich etwas stärker als die An-zahl der Haushalte gestiegen. Auf die Phase derWohnungsknappheit in den frühen 1990er Jahrenfolgte eine Phase zu starker Expansion und eineweitere Phase deutlicher Bauzurückhaltung. Nundeuten die Preissignale in vielen deutschen Städ-ten auf neue Bauerfordernisse im Wohnungsseg-ment hin. Dem stehen Nachfragerückgänge in vie-len ländlich geprägten Regionen gegenüber.Neben der Zahl der Wohnungen ist vor allem auchder Flächenkonsum pro Kopf gestiegen. Während1991 jedem Bürger 34,9 m² Wohnfläche zur Ver-fügung stand, waren es im Jahr 2011 43,0 m². Ins-gesamt hat sich die quantitative Wohnungsversor-gung in Deutschland deutlich verbessert, was zumTeil mit dem geringen Ausgangsniveau in denneuen Ländern unmittelbar nach der Wende zu-sammenhängt. Im Vordergrund stehen nun vorallem qualitative Aspekte, auch aufgrund der He-rausforderungen, die zum Beispiel aus dem demo-grafischen Wandel resultieren.

Neue Herausforderungen durchden demografischen Wandel

In den nächsten Jahrzehnten schrumpft die Bevöl-kerung in Deutschland und wird immer älter. Mitder Alterung wird sich der Bedarf auf dem Woh-nungsmarkt wandeln. Angesichts einer deutlichenZunahme der Zahl der über 80-Jährigen gewinntder Abbau von Bewegungsbarrieren in denWohngebäuden und den Quartieren an Bedeu-tung. Tatsächlich ist nur ein geringer Teil des heu-tigen Wohnungsbestands altersgerecht. Schätzun-gen zufolge müssten rund 39 Mrd. Euro investiertwerden, um nur den heutigen Bedarf von 2,5 Mio.zusätzlichen barrierearmen Wohnungen zu de-cken – davon sind etwa 18 Mrd. Euro der spezi-fische Mehraufwand für die altersgerechte Gestal-tung der Wohnungen. Weil eine Versorgung mitstationären Pflegeplätzen sowohl für die Betroffe-nen als auch die staatlichen Kostenträger erheb-lich kostenintensiver ist, sollte der Staat über För-

derprogramme mehr Anreize für den Umbau desBestands setzen. Dabei sollte zudem die Versor-gung mit barrierearmen Wohnungen für einkom-mensschwache Menschen berücksichtigt werden.

Die Alterung der Bevölkerung ist jedoch nicht dieeinzige Herausforderung, die aus dem demografi-schen Wandel resultiert. Während die großen Me-tropolen sowie zahlreiche Universitätsstädte undeinige attraktive Regionen mit hohem Freizeitwertweiter kräftig wachsen, sind ländlich geprägte Re-gionen, Teile des Ruhrgebiets und des Saarlandessowie weite Teile von Ostdeutschland bereits heutevon Schrumpfung betroffen. Diese Unterschiededürften sich in Zukunft noch weiter verstärken, vorallem wenn es für Fortzugsregionen Wendepunktegibt, ab denen es zu einem beschleunigten Fortzugder jungen Menschen kommt. Die Wohnungsnach-frage insgesamt wird allerdings erst nach dem Jahr2030 nach einigen Jahren schwachen Wachstumsabnehmen. Bis dahin wird die Tendenz zu kleine-ren Haushalten sowie ein wahrscheinlicher Anstiegder Wohnfläche je Einwohner den Rückgang derBevölkerung kompensieren. Trotzdem wird esimmer mehr Regionen geben, die mit fallenderNachfrage konfrontiert sind.

Bezogen auf die Preise wird dies vermutlich zu kei-nen größeren Verwerfungen führen, weil Investo-ren bei der Preisfindung den demografischenWandel bereits heute berücksichtigen. Darüber hi-naus unterstellen viele Investoren teilweise fallendeMieten in der Zukunft. Auch weil Mieten nachunten wenig flexibel sind, wird zunehmender Leer-stand für Schrumpfungsregionen zu einem wahr-scheinlichen Szenario. Es wird somit eine stei-gende Zahl an Städten und Landkreisen geben,in denen selbst bei deutlich sinkenden Mieten derWohnungsleerstand weiter steigt. Leerstand verur-sacht negative externe Effekte und erhöht die Ge-fahr der Zersiedelung. Dadurch erhöhen sich dieInfrastrukturkosten pro Kopf. Für die Immobilien-wirtschaft, die Verwaltung und die Politik gleicher-maßen wird es in Schrumpfungsregionen daherzunehmend wichtig, die Innenentwicklung zu för-dern und damit die Städte attraktiv zu halten. Diesbedingt überregionale Unterstützung bei der Ent-scheidung über die Ausweisung neuer Flächenoder bei der Setzung von Anreizen zum Umzug indie verbleibenden Zentren solcher Regionen.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[III]

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Vielfalt der Anlagemöglichkeitenbewahren

Angesichts der großen Herausforderungen im Im-mobilienbestand ist es wichtig, Investoren vielfäl-tige Anlagemöglichkeiten in den Bestand undNeubau zu ermöglichen. Neben der direkten An-lage haben in den beiden letzten Jahrzehnten vorallem indirekte Anlagen an Bedeutung gewonnen.Offene Immobilien-Publikumsfonds stellen miteinem Nettovermögen von 84 Mrd. Euro Ende2012 die größte indirekte Anlageform in Deutsch-land dar, gefolgt von geschlossenen Immobilien-fonds mit mindestens 37 Mrd. Euro (vermutlich we-sentlich größer, da keine vollständige Erfassungvorliegt) sowie Immobilienaktiengesellschaftenund REITs mit 14 Mrd. Euro. Hinzu kommen Immo-bilien-Spezialfonds, die sich ausschließlich an insti-tutionelle Anleger richten, mit knapp 36 Mrd.Euro. Jede dieser indirekten Anlagen verfügt überein eigenes Rendite-Risikoprofil und richtet sichdaher an unterschiedliche Anlegergruppen. Wäh-rend sich die offenen Immobilien-Publikumsfonds(nach neuem KAGB offene Investmentvermögen)vor allem an langfrist- und sicherheitsorientierteKleinanleger richten, bieten Immobilienaktien grö-ßere Renditechancen, allerdings auch bei größe-ren Risiken. Ähnliches gilt für die nunmehr neu aus-gerichteten geschlossenen Immobilienfonds (nachKAGB nunmehr geschlossene Investmentvermö-gen), die unter anderem eine höhere Transparenzerforderlich machen. Daher ist es begrüßenswert,dass auch mit dem im Juli 2013 verabschiedetenKapitalanlagegesetzbuch die Vielfalt der indirek-ten Anlagemöglichkeiten erhalten bleibt.

Finanzierung als Stabilitätsanker

Neben indirekten Anlagemöglichkeiten ist selbst-verständlich der Zugang zu Fremdkapital entschei-dend für die Sicherstellung von Investitionen in Im-mobilien. Diesbezüglich ist Deutschland sehr gutaufgestellt, sowohl hinsichtlich der Vielfalt der An-bieter als auch der Kreditgestaltung. Die wichtigs-ten Anbieter von Immobilienkrediten sind nach wievor die Banken. Marktführer bei den Wohnungs-bau- wie auch bei den gewerblichen Krediten sinddie Sparkassen mit einem Marktanteil von 29,8%bzw. 27,4%. Bei der privaten Immobilienfinanzie-

rung kommt dem Bausparen in Deutschland einebesondere Bedeutung zu. Die Bausparkassen bie-ten den Haushalten einen langfristig garantiertenFremdkapitalzinssatz und hohe Planungssicherheit.Bei der gewerblichen Immobilienfinanzierungspielen weiterhin auch die Realkreditinstitute einebedeutende Rolle.

Ein wesentlicher Grund für die vergleichsweise ge-ringe Volatilität der Immobilienpreise in Deutsch-land stellt die Ausgestaltung des Immobilienfinan-zierungsmarktes dar. Dieser ist in Deutschlanddurch lange Zinsbindungen, eine konservativeWertermittlung sowie eine im internationalen Ver-gleich hohe Eigenkapitalquote geprägt. So hatten2012 über 72% der vergebenen Hypothekendar-lehen eine Zinsbindungsdauer von mehr als 5 Jah-ren. Aufgrund der Rahmenbedingungen des Im-mobilienfinanzierungsmarktes ist auch bei demderzeit historisch niedrigen Zinsniveau kein Trendzu riskanteren Finanzierungsmethoden erkennbar.Mit einer Beleihungsquote von 70% liegt Deutsch-land unterhalb des Durchschnitts der Euro-Ländervon 79%. Damit trägt die Immobilienfinanzierungentscheidend zur Stabilität des deutschen Immo-bilienmarktes bei.

Strukturprägend für die Finanzierungskonditionenist die Refinanzierung der Banken, die in Deutsch-land überwiegend über Einlagen und über Schuld-verschreibungen (ungedeckt und gedeckt) erfolgt.Als Refinanzierungsinstrument der Kreditgeberkommt dem Hypothekenpfandbrief im internatio-nalen Vergleich eine gesonderte Rolle zu. Durchdie transparente Finanzierungsstruktur, die hoheAusfallsicherheit und die Langfristigkeit leistet dieRefinanzierung über Hypothekenpfandbriefeeinen wichtigen Beitrag zur Stabilität der Immobi-lienfinanzierung in Deutschland. Vor dem Hinter-grund der stabilitätsfördernden Eigenschaften desImmobilienfinanzierungsmarktes müssen die Wir-kungen der neuen Finanzmarktregulierungen sorg-sam geprüft werden. Basel III und Solvency IIkönnten Auswirkungen auf die Finanzierungsstruk-turen und die durchschnittliche Zinsbindungsdauerhaben. Damit besteht die Gefahr, dass Kapital-marktrisiken an die Kreditnehmer weitergegebenwerden.

KURZFASSUNG

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Besondere Merkmale Deutschlands im internationalenVergleich

Die besonderen Merkmale des deutschen Immobi-lienmarktes werden vor allem bei einem interna-tionalen Vergleich deutlich. Deutsche Wohnungs-preise schwankten in den letzten 15 Jahrendeutlich weniger als die Preise in den meisten an-deren OECD-Ländern. Tatsächlich können diemeisten deutschen Wohnungen noch immer eherals unter- denn als überbewertet gelten, wenn manMiet- und Einkommensentwicklungen mit der Preis-entwicklung in Deutschland vergleicht. Dies gilt fürviele europäische Märkte trotz zum Teil erheblichsinkender Preise nicht. Auch die deutschen Büroim-mobilienmärkte gelten im europäischen Vergleichals wenig schwankungsanfällig und renditesch-wach. Dies gilt vor allem im Vergleich zu den Me-tropolen Paris und London und eher für die Rendi-ten als für Büromieten. Insgesamt mangelt es beiinternationalen Vergleichen an einheitlichen undabgesicherten Daten. Zwar gehört der deutscheImmobilienmarkt zu den transparentesten Märk-ten auf der Welt, aber im Vergleich zu den angel-sächsisch geprägten Ländern besteht weiterhin er-heblicher Nachholbedarf bei der Erfassung vonund dem Zugang zu Preis- und Performancedaten.

Eine weitere Besonderheit stellt die vergleichs-weise geringe Wohneigentumsquote dar. Sie re-sultiert ebenso wie der hohe Anteil von Wohnun-gen in Mehrfamilienhäusern aus den besonderenhistorischen Rahmenbedingungen unter anderemdurch die Industrialisierung und den Wiederauf-bau nach dem Zweiten Weltkrieg. Danach sorgtenzudem die Zuwanderung und steigende Einkom-men für einen zeitlich konzentrierten Baubedarfund eine spezifische Wohnungspolitik, sodass einvergleichsweise hoher Anteil des Wohnungsbe-standes aus der Zeit zwischen 1950 und 1970stammt. Der Mietmarkt ist in Deutschland gut ent-wickelt, weshalb sich Menschen, die sich keinWohneigentum leisten können, mit angemessenenMietwohnungen versorgen können. Die Qualitätdes deutschen Wohnungsbestandes ist im interna-tionalen Vergleich hoch.

Das deutsche Immobilienfinanzierungssytem istdurch langfristige, feste Zinsvereinbarungen, die

sicherheitsorientierte Festlegung des Beleihungs-wertes, niedrige Beleihungsausläufe und damithohen Kapitaleinsatz sowie eine solide Refinan-zierung vergleichsweise konservativ und hat dazubeigetragen, Preisübertreibungen auf den Woh-nungsmärkten einzudämmen. Des Weiteren stelltder hohe Anteil langfristig finanzierter Immobilieneine Besonderheit für den Immobilienmarkt inDeutschland dar: Er stellt einen eigenen Siche-rungsmechanismus für Marktstabilität dar, da dieWohnimmobilienpreise umso stärker auf Zins-schwankungen reagieren je größer der Anteil dervariablen Finanzierung ist.

Nebeneffekte politischer Maßnahmen beachten

Deutschlands Wohnungsmarkt ist insgesamt inguter Verfassung, nicht zuletzt weil die Balancezwischen Mietern und Vermietern, zwischen Inves-toren und Kreditgebern und zwischen staatlicherFürsorge und privatem Engagement weitgehendgewahrt ist. Umso wichtiger ist es, diese Ausgegli-chenheit auch für die Zukunft zu sichern und unbe-absichtigte Verzerrungen zu vermeiden. Anhandder steuerlichen Behandlung von selbstgenutztenund vermieteten Immobilien lassen sich besondersgut die Folgewirkungen und Ausweichreaktionenvon Besteuerungen darstellen. Im Fall der Grunder-werbsteuer zeigt sich, dass eine solche Steuer jenach Marktkonstellation eher die Käufer oder Ver-käufer belastet, stets aber zu einer Reduktion derTransaktionen führt. Sie zieht außerdem eine Stei-gerung der Kosten des Immobilienerwerbs nachsich. Auch wenn die Grundsteuer wenige Aus-weichreaktionen induziert und deshalb als sehr ef-fizient gilt, kann es je nach Wahl der Bemessungs-grundlage auch hier Ausweichreaktionen geben.Zudem macht die Grundsteuer deutlich, dass auchVerteilungswirkungen von Reformen beachtet wer-den müssen. Ebenso sind Folgewirkungen beson-ders bei Regulierungen der Miethöhe zu beach-ten. Eine zu restriktive Mietendeckelung vor allembei Neuverträgen aber auch im Bestand kann zueinem Angebotsrückgang bei gleichzeitig auftre-tendem Nachfrageüberhang führen und so dieWohnmarktsituation belasten.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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1.ImmobilienwirtschaftAbgrenzung der Immobilienwirtschaft

[1]

Zusammenfassung

Mit einer Bruttowertschöpfung von 434 Mrd. Euro zählt die Immobilienwirtschaft zu den bedeutendsten Branchen in Deutschland (Stand 2011). Dies entspricht knapp 19% der Gesamtwirtschaft. Andere Bran-chen, wie der Fahrzeugbau (81 Mrd. Euro), die Gesundheitswirtschaft (164 Mrd. Euro) oder der gesamte Handel (226 Mrd. Euro), sind deutlich kleiner. Zur Immobilienwirtschaft zählen fast 790.000 Unterneh-men, die über 450 Mrd. Euro im Jahr 2011 erwirtschafteten. Dies entspricht 8% aller Umsätze und 24,5% aller Unternehmen. In den Unternehmen arbeiten rund 2,8 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (entspricht rund 10%).Die Immobilienwirtschaft lässt sich eng und weit abgrenzen. Die Immobilienwirtschaft im engen Sinne umfasst 286.000 Unternehmen, die im Jahr 2011 einen Umsatz von 152 Mrd. Euro erzielten. Damit entfallen auf die Branche 8,9% aller Unternehmen und 2,7% aller Umsätze, womit die Unternehmen durchschnittlich kleiner sind als diejenigen in der Gesamtwirtschaft. Die Bruttowertschöpfung beträgt 264 Mrd. Euro, entsprechend 11,9% an der Gesamtwirtschaft.Zusätzlich müssen zur Immobilienwirtschaft im engen Sinne 16,8 Mio. Selbstnutzer und 3,9 Mio. private Kleinvermieter hinzugezählt werden, die 2011 aus der Vermietung einen Umsatz von 47 Mrd. Euro erwirtschafteten.Insgesamt wurden im Jahr 2011 Ausgaben von knapp 375 Mrd. Euro für Leistungen der Immobilienwirt-schaft getätigt, die sich auf Selbstnutzer (137 Mrd. Euro), Mieter (98 Mrd. Euro) und Unternehmen (138 Mrd. Euro) aufteilen.Die Immobilienwirtschaft im engen Sinne konnte vor allem in den 1990er Jahren große Beschäftigungs-gewinne verbuchen, in den 2000er Jahren hat sich das Wachstum verstetigt. Ende 2011 waren 215.000 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, die Zahl der Erwerbstätigen betrug 435.000.Die Immobilienwirtschaft hat sich auch in der Finanzkrise stabil entwickelt. So lag das durchschnittliche jährliche Wachstum seit 2008 bei 2%. Damit hat sie entscheidend dazu beigetragen, dass die Gesamt-wirtschaft sich nach dem Konjunktureinbruch 2008 schnell wieder erholen konnte.

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1.1 Einleitung

Immobilien sind in unserer Gesellschaft allgegen-wärtig. Wir wohnen, arbeiten, konsumieren undverbringen unsere Freizeit in ihnen. Vor diesemHintergrund ist es nicht verwunderlich, dass dieImmobilienwirtschaft einer der wichtigsten Wirt-schaftszweige der Volkswirtschaft ist. Dennochzählen in der Bevölkerung wahrscheinlich die We-nigsten die Immobilienwirtschaft zu den größtenWirtschaftszweigen. Auch in der Politik wird dieImmobilienwirtschaft oft unterschätzt. Ein Grundhierfür ist sicher, dass es an einer klaren Abgren-zung der Immobilienwirtschaft fehlt. Darüber hi-naus ist die Anbieterstruktur sehr kleinteilig, wasdie Wahrnehmung der Immobilienwirtschaft ver-ringert.

Im Folgenden wird die Immobilienwirtschaft zu-nächst definiert, wobei zwischen einer engen undeiner weiten Definition unterschieden wird. An-schließend werden die verwendeten Datenquel-len näher erläutert, auch um zu erklären, warumes mitunter widersprüchliche Aussagen zu Teilseg-menten des Immobilienmarktes gibt. Anschließendwerden sowohl zur Immobilienwirtschaft im engenSinne als auch im weiten Sinne Kennzahlen undEntwicklungen vorgestellt. Das Kapitel endet miteinem kurzen Fazit.

1.2 Definition der Immobilienwirtschaft

Da keine eindeutige, amtliche Abgrenzung der Im-mobilienwirtschaft existiert, stehen sich in der Lite-ratur unterschiedliche Definitionen gegenüber. ImFolgenden werden eine enge und eine weite Defi-nition verwendet. Die Immobilienwirtschaft imengen Sinne entspricht dem Grundstücks- undWohnungswesen nach der Wirtschaftsklassifikationdes Statistischen Bundesamtes zuzüglich der Selbst-nutzer und privaten Kleinvermieter. Hierzu zählenalle Unternehmen und Haushalte, die Immobilienbewirtschaften, vermitteln, verwalten oder damithandeln. Die Vorteile dieser engen Definition lie-gen darin, dass sie internationale Vergleiche er-möglicht und die dafür notwendigen Daten leichterverfügbar sind. Die Definition verkennt jedoch, dassweit mehr Unternehmen an der Wertschöpfung imImmobilienmarkt beteiligt sind. Die Vorgängerstu-die „Wirtschaftsfaktor Immobilien – Die Immobi-lienmärkte aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive“(Gans, Voigtländer, Westerheide et al., 2009)hatte daher die Immobilienwirtschaft im weitenSinne wie folgt definiert: „Zur Immobilienwirtschaftwerden dabei alle Unternehmen gezählt, diegemäß dem Lebenszyklus-Ansatz in die Planung,Erstellung, Finanzierung, Bewirtschaftung sowie dieVerwaltung und Vermittlung von Immobilien invol-viert sind“. Dieser Abgrenzung entsprechend zäh-len zur Immobilienwirtschaft unter anderem auchdie Bauwirtschaft, die Architekten, die Immobilien-finanzierung und die Anbieter vieler verschiedenerDienstleistungen.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[2]

Wohnen

Gewerbe Entstehungsphase Nutzungsphase Verwertungsphase

Infrastruktur

Konzeption und Planung

Genehmigung

Finanzierung

Bauausführung

Nutzung

Bewirtschaftung

Modernisierung

Verwaltung

Vermittlung u. Vermietung

Umnutzung

Totalsanierung

Abriss

1–5 Jahre 25–100 Jahre 1–3 Jahre

Quelle:Gans, Voigtländer,Westerheide et al.(2009)

Abbildung 1.1:Immobilien-bestandsmärkteund -aktivitäten in vereinfachterGesamtübersicht

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Beide Definitionen betrachten die Immobilienwirt-schaft aus einer aktivitätsbezogenen Perspektive,die sich auf die einzelnen Prozesse bezieht. Eineverständliche Systematisierung der Aktivitäten aufdiesen Märkten liefert die Wertschöpfungsketteder Immobilienwirtschaft, die zugleich den Lebens-zyklus einer Immobilie abbildet.

Tabelle 1.1 zeigt die Zusammensetzung der Immobi-lienwirtschaft nach der engen und weiten Definition.Nach der engen Definition zählen zur Immobilien-wirtschaft Unternehmen der Wirtschaftszweige Im-mobilienverwaltung, Immobilienvermittlung, Vermie-tung und Verpachtung von Immobilien und desImmobilienhandels, wobei der Handel mit Immobi-lien laut der amtlichen Statistik auch das Bauträger-geschäft beinhaltet. Statistiken zu Wirtschaftszwei-gen umfassen nur Daten zu Unternehmen, für die einGewerbe angemeldet ist und die mehr als 17.500Euro Umsatz pro Jahr erzielen.1 Diese Datenquel-len unterschätzen die Bedeutung der Immobilienwirt-schaft erheblich, da zahlreiche private HaushalteWohnraum vermieten, ohne als Unternehmen regis-triert zu werden. Außerdem müssen die Selbstnutzererfasst werden, da ein großer Teil des Bestandes vondiesen bewohnt wird und ein internationaler Ver-gleich aufgrund der unterschiedlichen Wohneigen-tumsquoten in den einzelnen Staaten bei einem Aus-schluss der Selbstnutzer nicht möglich wäre.

Neben der Immobilienwirtschaft im engen Sinnezählen zur Immobilienwirtschaft im weiten Sinneauch die Bauwirtschaft, die Immobilienfinanzie-rung, die Planung (Architektur- und Ingenieurbü-ros), die immobilienbezogenen Dienstleister (z.B.Reinigung und Beratung) sowie die professionellenAnleger wie Kapitalanlagegesellschaften. Bei derDarstellung dieser Branchen stößt die amtliche Sta-tistik an ihre Grenzen. So lassen sich durch eineAufgliederung der Wirtschaftszweige diejenigenSektoren rausfiltern, die einen unmittelbarenBezug zur Immobilienwirtschaft haben. Bei eini-gen Sektoren, wie beispielsweise dem Finanzsek-tor, ist jedoch eine präzise Zuordnung nicht mög-lich. So werden z.B. Kapitalanlagegesellschaften,die beispielsweise offene Immobilienfonds aufle-gen, nach der Wirtschaftszweigklassifikation2008 (WZ, 2008) nicht weiter aufgeschlüsselt.Diese Teilbereiche der Immobilienwirtschaft wer-den daher geschätzt.

1.3 Verwendete Datenquellen

Zur vollständigen Darstellung der Immobilienwirt-schaft greift dieses Kapitel auf zahlreiche Daten-quellen zurück. Primäre Datenquelle zur Erfassungder wirtschaftlichen Leistungen ist die Volkswirt-schaftliche Gesamtrechnung (VGR) des Statisti-

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1

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AImmobilienwirtschaft im engen Sinne Immobilienwirtschaft im weiten Sinne

Alle Unternehmen, die an der Bewirtschaftung, Vermittlung und Verwaltung von Immobilien unmittelbar beteiligt sindSelbstnutzer und private Kleinvermieter

Alle Unternehmen, die zur Wertschöpfung im Rahmen des Lebenszyklus einer Immobilie beitragenSelbstnutzer und private Kleinvermieter

WZ 68.1 ImmobilienhandelWZ 68.2 Immobilienvermietung und -verpachtungWZ 68.3 VermittlungWZ 68.4 Verwaltung

Immobilienwirtschaft im engeren SinneWZ 41–43 BauwirtschaftWZ 64.1 und 64.92 ImmobilienfinanzierungWZ 64.2 BeteiligungsgesellschaftenWZ 64.99 KapitalanlagegesellschaftenWZ 71.11, 71.12.1 und 71.12.3 Architektur- und IngenieurbürosWZ 81.1 HausmeisterdiensteWZ 81.2 GebäudereinigerWZ 69–70 Sonstige Dienstleister, z.B. Wirt-schaftsprüfer und Immobilienberater

Quelle:Statistisches Bundes-amt 2008; WZ = Wirtschafts-zweigklassifikation2008

Tabelle 1.1:Die Immobilien-wirtschaft imÜberblick sowiedie Unterschiedein der Definition

1 Eine Ausnahme stellt die VGR dar, in der Schätzungen für private Vermietungen und Selbstnutzung enthalten sind.

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schen Bundesamtes (Fachserie 18). Mit derenDaten können die Ausgaben für immobilienwirt-schaftliche Dienstleistungen oder die Bruttowert-schöpfung des Sektors ermittelt werden, die denWert der hergestellten Leistungen abzüglich derVorleistungen erfasst. Dabei nimmt das StatistischeBundesamt auch Hochrechnungen für Selbstnut-zer und private Kleinvermieter vor, ohne diese ex-plizit auszuweisen. Zur Erfassung der Selbstnutzerwerden auf Basis einer Sonderauswertung des Mi-krozensus die unterstellten Mietzahlungen derSelbstnutzer kalkuliert. Ausgehend von der Größeund Qualität der Wohnungen wird ermittelt, wel-che Mietpreise hypothetisch für die selbstgenutz-ten Immobilien zu zahlen wären. Ähnlich verfährtdas Statistische Bundesamt bei den Finanzdienst-leistern, indem es die kalkulatorischen Entgelte fürFinanzdienstleistungen wie Beratung, Kreditvermitt-lung und Vermögensanlage festlegt.

Bei der Zurechnung auf einzelne Branchen orien-tiert sich das Statistische Bundesamt an der Klassi-fikation der Wirtschaftszweige, allerdings in einemrelativ groben Raster. Für einzelne Segmente derImmobilienbranche, wie Ingenieure und Architek-ten, kann die entsprechende Bruttowertschöpfungdaher nicht explizit ausgewiesen werden. Um indiesen Fällen dennoch einen Beitrag zur Wirt-schaftsleistung ausweisen zu können, wird in die-sem Gutachten die Bruttowertschöpfung des über-geordneten Wirtschaftszweiges mit dem Anteil desUmsatzes der immobilienrelevanten Unterneh-mensgruppe multipliziert. Dies ist angemessen, dader Umsatz den Hauptbestandteil des Produktions-wertes darstellt. Dies impliziert die Berücksichti-gung zusätzlicher Datenquellen.

Dies ist zum einen die Umsatzsteuerstatistik (Fach-serie 14), in der detailliert für alle Wirtschafts-zweige die Umsätze, die Zahl der Unternehmenund die Umsatzsteuerzahlungen angegeben sind.Sie enthält eine Vollerhebung der Unternehmendurch die Finanzämter. Nicht erfasst werden Um-sätze von weniger als 17.500 Euro im Jahr sowieUmsätze von privaten Kleinvermietern. Da es Feh-ler bei der Zuordnung zu den Wirtschaftszweigengibt, verwendet die VGR, die zu weiten Teilen aufder Umsatzsteuerstatistik beruht, auch nur ein gro-bes Wirtschaftszweigraster.

Da die Umsatzsteuerstatistik darüber hinaus nurwenige Daten enthält, wird ergänzend die Dienst-leistungsstatistik (Fachserie 9) verwendet. Dieseberuht auf repräsentativen Befragungen der Un-ternehmen. Je nach Antwortverhalten kann esdaher zu Abweichungen von der Umsatzsteuer-statistik kommen.

Da alle diese Statistiken keine Daten zur Strukturder Selbstnutzer und privaten Kleinvermieter bie-ten, wurde zusätzlich das sozio-ökonomischePanel (SOEP) des Deutschen Institut für Wirt-schaftsforschung (DIW) ausgewertet, das seit1984 Befragungen privater Haushalte in Deutsch-land durchführt. Im Rahmen der jährlichen Stan-dardbefragung werden die zentralen Indikatorenzur Lebenssituation der Haushalte abgefragt.Schließlich wird zur Erfassung der sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigten auf die Daten der Bun-desagentur für Arbeit zurückgegriffen.

Um einen Überblick über die Immobilienwirtschaftim engen und weiten Sinne zu erhalten, werdenim Folgenden für die einzelnen Zweige der Bran-che Daten zur Anzahl der Unternehmen und sozi-alversicherungspflichtig Beschäftigten sowie zumUmsatz dargestellt. Für die Immobilienwirtschaftim engen Sinne wurden darüber hinaus auchDaten zur Profitabilität, zur Beschäftigungsentwick-lung und zu den Kundengruppen berücksichtigt.

1.4 Die Immobilienwirtschaft im engen Sinne

Zu den einzelnen Teilbereichen der Immobilien-wirtschaft im engen Sinne gehören der Immobi-lienhandel (WZ 68.1), die Vermietung und Ver-pachtung (WZ 68.2), die Immobilienvermittlung(WZ 68.3) und die Immobilienverwaltung (WZ68.4). Nach der Darstellung dieser Bereiche wirdauf die Rolle der Selbstnutzer und Kleinvermietereingegangen. Anschließend werden die Ausga-ben für Immobiliendienstleistungen präsentiert.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[4]

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1.4.1 Kennzahlen für einzelne Teilbereiche

Vermietung und VerpachtungInnerhalb der Immobilienwirtschaft im engen Sinnestellen die Vermietung und Verpachtung das quan-titativ größte Segment dar, sowohl was die Zahlder Unternehmen als auch den Umsatz betrifft.Nach der Umsatzsteuerstatistik erzielten die Immo-bilienunternehmen mit der Vermietung im Jahr 2011Umsätze von über 107 Mrd. Euro. Diese entfallenauf rund 220.000 Unternehmen, sodass der durch-schnittliche Umsatz knapp 500.000 Euro beträgt.Wie sich an der geringen Zahl von nur 88.000 so-zialversicherungspflichtig Beschäftigten zeigt, wer-den viele Unternehmen nur vom Inhaber geführt.

Vermittlung und VerwaltungDeutlich beschäftigungsintensiver sind die Vermitt-lung und Verwaltung, in der Ende 2011 knapp120.000 Menschen sozialversicherungspflichtigbeschäftigt waren. Die Bundesagentur für Arbeitfasst diese Segmente zusammen, doch aus derDienstleistungsstatistik ist zu entnehmen, dass etwazwei Drittel der Beschäftigten in der Verwaltungtätig sind. Gemessen am Umsatz ist das Segmentder Verwaltung etwa doppelt so groß wie das derVermittlung. Bei der Zahl der Unternehmen drehensich die Verhältnisse, was bedeutet, dass eher grö-ßere Unternehmen in der Verwaltung tätig sind.

ImmobilienhandelSchließlich gehört auch der Immobilienhandel,der hauptsächlich das Bauträgergeschäft umfasst,zur Immobilienwirtschaft im engen Sinne. Dort sindetwa 7.500 Personen beschäftigt mit einem Jah-resumsatz von etwa 16 Mrd. Euro.

Kleinteiligkeit der Immobilienwirtschaft imengen SinnInsgesamt zählten im Jahr 2011 über 286.000Unternehmen zur Immobilienwirtschaft im engenSinne, die einen Umsatz von mehr als 152 Mrd.Euro erzielten. Dies entspricht einem Anteil von2,7% an allen Umsätzen, aber nur 8,9% an allenUnternehmen. Damit sind die Unternehmen in Re-lation zur Gesamtwirtschaft vergleichsweise klein.Gemessen an der Beschäftigung liegt der Anteilder Immobilienwirtschaft im engen Sinne bei nur0,75%. Dies konnte erwartet werden, da die Im-mobilienwirtschaft besonders kapitalintensiv ist.Auf der anderen Seite ist dies ein Grund für diehäufige Unterschätzung der Branche in der öffent-lichen Wahrnehmung.

Der Wirtschaftszweig Vermietung und Verpach-tung stellt den größten Teilbereich der Immobilien-wirtschaft im engen Sinne dar, allerdings auch denheterogensten. Um ein genaueres Bild dieses Seg-ments zu erhalten, wurden vom Statistischen Bun-desamt Sonderauswertungen zur Größenvertei-lung und zur Ausrichtung der Unternehmen(Gewerbe oder Wohnen) erstellt. Diese beruhenauf der Dienstleistungsstatistik, weshalb die Ge-samtwerte von den bisher vorgestellten Zahlen ab-weichen können. Bei den Unternehmen liegt dieZahl etwa 35% unter der der Umsatzsteuerstatis-tik und bei den Umsätzen beträgt die Minderer-fassung etwa 22%.

Die Sonderauswertung zur Größenverteilung ver-deutlicht eindrucksvoll den hohen Anteil von Klein-unternehmen bei der Vermietung. Während über50.000 Unternehmen einen Umsatz von wenigerals 50.000 Euro erzielen, erwirtschaften weniger

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1

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9

A

WirtschaftszweigAnzahl der

UnternehmenUmsatz

in Mio. EuroSozialversicherungs-pflichtig Beschäftigte

Immobilienhandel 13.300 16.352 7.473

Vermietung und Verpachtung 220.152 107.028 88.297

Vermittlung 29.920 9.693119.711

Verwaltung 22.680 19.065

Immobilienwirtschaft im engen Sinne 286.052 152.139 215.481

Anteil an allen Unternehmen in % 8,9% 2,7% 0,75%

Quelle:Bundesagentur fürArbeit 2012; Statistisches Bundes-amt 2011

Tabelle 1.2: Die Immobilien-wirtschaft imengen Sinne imÜberblick 2011

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als 1.100 Unternehmen einen jährlichen Umsatzvon mehr als 10 Mio. Euro. Die 353 größten Un-ternehmen der Branche vereinen rund 40% allerUmsätze auf sich. Die Unternehmen mit einem Jah-resumsatz von weniger als 100.000 Euro erzie-len zusammen lediglich 4,5% des Gesamtumsat-zes. Da in diesen Unternehmen meist nur einErwerbstätiger tätig ist, der als Inhaber das Unter-nehmen führt, spricht viel dafür, dass es sich hier inder Regel um sog. Kleinvermieter handelt, die oftnur nebenberuflich Immobilien vermieten. Tatsäch-lich ist das Segment sogar noch kleinteiliger, wennman die Vermieter mit einbezieht, die kein Unter-nehmen angemeldet haben (vgl. Abschnitt 1.4.2).

Die Kleinteiligkeit der Branche ist insbesondere beider Politikgestaltung zu beachten. Schließlich tref-fen Regulierungen und komplexe Steuerstrukturenvor allem Kleinunternehmen. Darüber hinaus deu-tet die Kleinteiligkeit auf einen besonders wettbe-werbsintensiven Markt hin.

Einer Auswertung nach Wohnungs- und Gewer-beimmobilienvermieter des Statistischen Bundes-amtes zufolge (Tabelle 1.4) sind beide Wirt-schaftszweige gemessen an den Umsätzen undden Erwerbstätigen in etwa vergleichbar. Die Ge-werbeimmobilienvermietung ist zwar größer inBezug auf die Umsätze, aber in ihrer Struktur deut-lich kleinteiliger als der Wohnungsmarkt. Dieszeigt sich sowohl an der doppelten Anzahl derVermieter als auch an der deutlich höheren An-zahl der tätigen Inhaber. Diese Kleinteiligkeit desMarktes ist vielen Marktteilnehmern kaum be-wusst, zumal sich das Medieninteresse in derRegel auf große Gewerbeimmobilien konzentriert.Tatsächlich ist jedoch z.B. der Großteil der Büro-flächen eher in kleineren Agglomerationen undStädten zu finden (Bulwien et al., 2008, KapitelF, Seite 77 ff.). Dabei ist auch zu berücksichtigen,dass private Haushalte, die hier nicht erfasst sind,deutlich häufiger Wohnungen als Gewerbeimmo-bilien vermieten.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[6]

Größenklassen nachUmsatz in Euro

Anzahl der Unternehmen

Umsatz pro Unterneh-men in 1.000 Euro

Erwerbstätige pro Unternehmen

17.500 bis 50.000 50.431 32 1

50.000 bis 100.000 29.623 71 1

100.000 bis 250.000 29.253 157 2

250.000 bis 500.000 12.025 357 2

500.000 bis 1 Mio. 7.427 705 2

1 Mio. bis 2 Mio. 4.109 1.379 3

2 Mio. bis 5 Mio. 2.681 3.064 5

5 Mio. bis 10 Mio. 948 6.946 10

10 Mio. bis 25 Mio. 739 14.785 24

25 Mio. und mehr 353 96.617 106

Quelle:IW-Sonderauswer-tung auf Basis vonStatistisches Bundes-amt 2013a

Quelle:IW-Sonderauswer-tung auf Basis vonStatistisches Bundes-amt 2013a

Tabelle 1.3: Größenverteilungder Vermieter undVerpächter 2011

Tabelle 1.4:Wohn- und Ge-werbeimmobilien-vermieter im Ver-gleich 2011

Gewerbe Wohnen

Anzahl Unternehmen: 95.235

Umsatz: 46.178 Mio. Euro

Erwerbstätige: 165.135

davon tätige Inhaber: 122.907

Anteil Kapitalgesellschaften: 7,8 %

Anzahl Unternehmen: 42.353

Umsatz: 37.143 Mio. Euro

Erwerbstätige: 120.666

davon tätige Inhaber: 51.151

Anteil Kapitalgesellschaften: 8,5 %

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Entwicklung des operativen Geschäfts derBrancheWeiterhin erfolgt eine Betrachtung des Ebitda(earnings before interest, taxes, depreciation andamortization). Diese für die Entwicklung des ope-rativen Geschäfts eines Unternehmens oder einerBranche gängige Kennzahl zeigt, wie die Bran-che den Konjunktureinbruch infolge der Finanz-krise verkraften konnte. Zur Normierung wird andieser Stelle das Ebitda pro Erwerbstätigem be-trachtet. Die Daten beruhen auf der Dienstleis-tungsstatistik, weshalb nur Aussagen bis 2010möglich sind. Vergleiche mit Daten vor 2008 sindaufgrund der Umstellung der Wirtschaftszweigsys-tematik problematisch, weshalb nur der relativkurze Zeitraum von 2008 bis 2010 betrachtetwerden kann. In diesem Zeitraum konnten die Ver-mieter ihren Ebitda steigern, und zwar von137.000 Euro auf 160.000 Euro. Dies zeigt, dassder Großteil der Immobilienwirtschaft im engenSinne von der Krise kaum betroffen war. Die stabi-len und leicht steigenden Erträge in der Vermie-tung haben im Gegenteil eher zur schnelleren Er-holung der Gesamtwirtschaft beigetragen. In denkleineren Segmenten der Immobilienwirtschaftgab es hingegen stärkere Schwankungen. Im Bau-trägergeschäft ist mit zeitlichen Verzögerungen zurechnen, weshalb in diesem Segment die Profitabi-lität erst 2010 zurückgegangen ist. In der Vermitt-lung gab es 2009 einen leichten Rückgang undbereits 2010 wieder einen leichten Anstieg. In derVerwaltung ist die Profitabilität über den gesam-ten Zeitraum zurückgegangen.

Entwicklung der BeschäftigungIn einem letzten Schritt wird die Beschäftigungs-entwicklung in der Immobilienwirtschaft betrach-tet. Dazu gibt es in der VGR Rückrechnungen, wes-halb auch längerfristige Trends erfasst werdenkönnen.

Die Immobilienwirtschaft konnte insbesondere inden 1990er Jahren deutliche Beschäftigungsge-winne verzeichnen. Seit der Jahrtausendwendehat sich das Wachstum abgeflacht, wie Abbildung1.2 zeigt. Grund für den hohen Beschäftigungs-gewinn in den 1990er Jahren war hauptsächlichdie Ausgliederung von Immobiliendienstleistungenaus solchen Unternehmen, in denen die Immobi-lien nicht das Kerngeschäft darstellten. Dieser Pro-zess scheint weitgehend abgeschlossen zu sein.Bezogen auf das Verhältnis von Erwerbstätigenund Arbeitnehmern weist die Immobilienwirtschafteine hohe Konstanz auf. Anders als in anderenBranchen haben selbstständige Tätigkeiten nichtan Relevanz gewonnen. Insgesamt gehört die Im-mobilienwirtschaft nach wie vor zu den wachsen-den Branchen und fällt nur im Vergleich zu ande-ren Dienstleistungsbranchen ein wenig zurück.

1.4.2 Selbstnutzer und private Kleinvermieter

Selbstnutzer und Kleinvermieter stellen einen wich-tigen Teil der Immobilienwirtschaft dar, werdenaber in vielen Statistiken, wie der Umsatzsteuer-

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1

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A

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400

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Arbeitnehmer

Erwerbstätige

20112009200720052003200119991997199519931991

205

371

425443

389

435

370

243

Quelle: Statistisches Bundes-amt 2013b

Abbildung 1.2: Beschäftigung inder Immobilien-wirtschaft imengen Sinne 1991bis 2011 in 1.000

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statistik oder der Dienstleistungsstatistik, nicht er-fasst. In diesem Abschnitt wird daher das Bild ver-vollständigt, indem auf die Struktur der Selbstnut-zer und privaten Kleinvermieter eingegangenwird. Die Anbieterstruktur in Tabelle 1.5 zeigt,dass von den 41,3 Mio. Wohnungen fast 17,5Mio. (42,3%) selbst genutzt und 23,8 Mio.(57,7%) vermietet werden. Von den Mietwohnun-gen werden wiederum 15,9 Mio. von privatenKleinanbietern vermietet. Dies entspricht 66,6%aller vermieteten Wohnungen.

Die hohe Präferenz vieler privater Haushalte fürWohneigentum lässt sich damit erklären, dassWohneigentum einen Doppelcharakter als Kon-sum- und Investitionsgut besitzt (Gans, Voigtländer,Westerheide et al. 2009). So eignet sich dieWohneigentumsbildung sehr gut zur Konsumglät-tung im Lebenszyklus. Nach der Lebenszyklustheo-rie des Sparens ist es aus nutzentheoretischer Sichtfür jeden privaten Haushalt optimal, in jungen Jah-ren einen Teil des Konsums über Kredite zu finan-zieren, die später zurückgezahlt werden, wennVermögen aufgebaut wurde. Die Kreditrestriktio-nen sind durch die Besicherung durch die Immobi-lie bei der Wohneigentumsbildung geringer alsbei anderen Konsumgütern, sodass sich dieseForm der Kreditaufnahme auch langfristig für dieHaushalte rechnet. Hierdurch können die privatenHaushalte Mieten einsparen, die häufig den größ-ten Einzelausgabenposten im Haushaltsbudgetdarstellen.

Der Mietwohnungsmarkt wird mit 66,6% von priva-ten nicht-institutionellen Kleinvermietern bestimmt.

Nach dem SOEP haben im Jahr 2010 insgesamt3,9 Mio. Haushalte Einnahmen aus Vermietung undVerpachtung erzielt, was einem Anteil von fast 10%an allen Haushalten entspricht. Geht man davonaus, dass überwiegend Wohnungen und wenigergewerbliche Immobilien privat vermietet werden,dann vermietet ein privater Kleinvermieter im Durch-schnitt etwas mehr als 3,5 Wohnungen. Allerdingszeigt schon die Dienstleistungsstatistik, dass auchder Gewerbeimmobilienmarkt kleinteilig strukturiertist, weshalb auch in diesem Segment private Klein-vermieter zu vermuten sind. Eine genauere Auf-schlüsselung auf die verschiedenen Anlageklassenist leider nicht möglich. Die Gesamteinnahmen derprivaten Kleinvermieter lagen 2010 im Durchschnittbei 12.000 Euro, abzüglich der Betriebs- und In-standhaltungskosten von 8.700 Euro. Das ergibtgeschätzte Gesamteinnahmen aus der Vermietungund Verpachtung privater Kleinvermieter von 47Mrd. Euro bzw. 34 Mrd. Euro bei Berücksichtigungder Betriebskosten. Die privaten Kleinvermieter stel-len also eine äußerst heterogene Anbietergruppedar (Tabelle 1.5). Tabelle 1.6 zeigt die Verteilungder Einnahmen privater Kleinvermieter.

Knapp 8% der privaten Vermieter erzielen dem-nach einen Verlust aus Vermietung und Verpach-tung, was unter anderem auf Leerstand oder Miet-ausfälle zurückzuführen ist. Über die Hälfteerzielen Netto-Mieteinnahmen von jährlich bis zu5.000 Euro, was für die Vermietung nur eines Ob-jektes (einer Wohnung) spricht. Lediglich die ver-bleibenden 40% erzielen Einnahmen von über5.000 Euro pro Jahr.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[8]

Mio. Wohnungen (einschl. Leerstand)

Anteil in %

Selbstnutzer 17,49 42,3%

Private Kleinvermieter 15,86 38,4%

Wohnungsgenossenschaften 2,11 5,1%

Wohnungsunternehmen (privat) 2,90 7,0%

Wohnungsunternehmen (öffentlich) 2,62 6,4%

Sonstige Professionell- gewerbliche Anbieter 0,33 0,8%

Insgesamt 41,3 100,0%

Quelle: Statistisches Bundes-amt 2013c

Tabelle 1.5: Anbieterstrukturauf dem deut-schen Wohnungs-markt 2011

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1.4.3 Ausgaben für Immobiliendienst-leistungen

Neben der Darstellung der Wertschöpfung einzel-ner Branchen ermöglicht die VGR auch die Erfas-sung der Ausgaben einzelner Branchen odervolkswirtschaftlicher Aggregate und damit einengenaueren Blick auf die Kunden der Immobilien-wirtschaft. Dies erlaubt zudem eine gemeinsameDarstellung der wirtschaftlichen Bedeutung vonprivaten Kleinvermietern, Selbstnutzern und Unter-nehmen der Immobilienbranche.

Für private Haushalte hat der Wohnkonsum diegrößte Bedeutung. Abbildung 1.3 zeigt, wie sichdie Ausgaben auf Mietzahlungen, unterstellte Miet-zahlungen und Instandsetzungen verteilen.

Die (unterstellten) Ausgaben für selbstgenutzte Im-mobilien betrugen im Jahr 2011 rund 134 Mrd.Euro und liegen damit deutlich über den Ausgabenfür Mietwohnungen (98 Mrd. Euro). Auffällig ist diezeitliche Entwicklung. Während Anfang der 1990erJahre die Ausgaben für beide Nutzungsarten nochfast gleich hoch waren, liegen die Ausgaben fürselbstgenutzte Immobilien aktuell deutlich über demWert für Mietwohnungen. Dies hängt zum einen mitder steigenden Wohneigentumsquote zusammen,zum anderen mit schnelleren Qualitätsverbesserun-gen sowie einer Zunahme der Pro-Kopf-Flächenin-anspruchnahme bei den Selbstnutzern. Auch diedeutlichen Zinssenkungen in jüngster Zeit habendazu beigetragen, dass Selbstnutzer unter sonst

gleichen Bedingungen mehr investieren können. DieAusgaben für Instandsetzungen und Reparaturenhaben sich insgesamt relativ konstant entwickelt.

Die Ausgaben der Wirtschaft für Immobiliendienst-leistungen werden über die Auswertung der Input-Output-Statistiken dargestellt. Sie zeigen, in wel-chem Maße die jeweiligen WirtschaftszweigeLeistungen von anderen Wirtschaftszweigen be-zogen haben. Da Unternehmen überwiegendDienstleistungen für Gewerbeimmobilien nachfra-gen, lässt sich der aggregierte Wert weitgehendals Umsatz der Gewerbeimmobilienwirtschaft in-terpretieren. Da die Input-Output-Rechnungen nurbis einschließlich 2008 vorliegen, wurden dieDaten mit Hilfe der Bruttowertschöpfung fortge-schrieben. Auf dieser Basis belaufen sich die Aus-gaben der Unternehmen für Immobiliendienstleis-tungen 2011 auf 138 Mrd. Euro. Nach Abbildung1.4 liegen die Ausgaben der Unternehmen etwaauf dem gleichen Niveau wie die Ausgaben derSelbstnutzer.

Die Input-Output-Rechnungen erlauben nicht nureinen aggregierten Blick auf die Ausgaben derUnternehmen, sondern auch eine detaillierte Dar-stellung der Kunden der Immobilienwirtschaft.Dabei ist der Handel der wichtigste Kunde der Im-mobilienwirtschaft mit einem Umsatz von 16 Mrd.Euro im Jahr 2008. Zweitwichtigster Kunde wardie Immobilienwirtschaft selbst, gefolgt von denUnternehmen der Rechts- und Wirtschaftsberatungsowie den Finanzdienstleistern (Abbildung 1.5).

[9]

1

2

3

4

5

6

7

8

9

A

Anzahl Haushaltein Tausend

Anteil in %

Negative Einnahmen 310,1 7,9%

von 0 bis 999 Euro 375,6 9,6%

von 1.000 bis 1.999 Euro 297,1 7,6%

von 2.000 bis 2.999 Euro 432,9 11,0%

von 3.000 bis 3.999 Euro 489,8 12,5%

von 4.000 bis 4.999 Euro 390,2 10,0%

von 5.000 bis 9.999 Euro 869,0 22,2%

über 10.000 Euro 753,3 19,2%

Insgesamt 3.918,1 100,0% Quelle: SOEP 2011

Tabelle 1.6: Verteilung derjährlichen Einnah-men privaterKleinvermieteraus Vermietungoder Verpachtungvon Grund- undHausbesitz* 2010

* Abzüglich Be-triebs- und Instand-haltungskosten

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1.5 Die Immobilienwirtschaft im weiten Sinne

Nach der Darstellung der Immobilienwirtschaft imengen Sinne folgt eine Betrachtung der weiter de-finierten Immobilienwirtschaft. Die Darstellung be-schränkt sich auf einen Überblick der Branche unddie zeitliche Entwicklung der Bruttowertschöpfungsowie einen Branchenvergleich.

1.5.1 Kennzahlen der einzelnen Teilbereiche

Tabelle 1.7 zeigt die Ergebnisse für die einzelnenWirtschaftszweige der Immobilienwirtschaft im wei-ten Sinne. Gemessen an der gesamten Immobilien-branche trägt die Immobilienwirtschaft im engenSinne mit einem Anteil von 34% zu den Gesamtum-sätzen der Immobilienwirtschaft im weiten Sinnebei. Daneben stellt die Bauwirtschaft den quantita-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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60

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100

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160

0%

2%

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10%

12%

14%

16%

18%

20%

Anteil an allen Konsumausgaben

Regelmäßige Instandhaltung u. Reparatur der WohnungenUnterstellte MietzahlungenTatsächliche Mietzahlungen

20112009200720052003200119991997199519931991

13,5%

58

50

6,6

17,5%

137

98

10,8

0

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100

120

140

160

Ausgaben der Unternehmer

Unterstellte Ausgaben der Selbstnutzer

Ausgaben der Mieter

201120102009200820072006200520042003200220012000

81

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104

98

138137

Quelle: Statistisches Bundes-amt 2013b

Abbildung 1.3: Ausgaben der privaten Haus-halte in Mrd. Euro(linke Achse) undAnteil an Konsum-ausgaben in %(rechte Achse)1991 bis 2011

Quelle: StatistischesBundesamt 2013b,Statistisches Bundes-amt 2012, IW Köln

Abbildung 1.4: Ausgaben für Immobiliendienst-leistungen in Mrd.Euro 2000 bis2011

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tiv wichtigsten Bereich der Immobilienwirtschaftdar. In diesem Wirtschaftszweig liegt die Zahl derUnternehmen mit 358.000 sogar noch deutlichüber der in der engen Immobilienwirtschaft. DieUmsätze belaufen sich auf 244 Mrd. Euro, und dieZahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigtenbeträgt 1,7 Mio. 2 Mit über 500.000 sozialversi-cherungspflichtig Beschäftigten stellt der Wirt-schaftszweig „Hausmeisterdienste und Gebäude-reiniger“ den zweitwichtigsten Arbeitgeberinnerhalb der Immobilienwirtschaft dar. Gemessenam Umsatz spielt dieser Sektor mit 16,3 Mrd. Euro2011 eher eine untergeordnete Rolle. Ein weitererwichtiger Wirtschaftszweig sind die Architektur-und Ingenieurbüros. Diese trugen 22,8 Mrd. Eurozum Umsatz der Immobilienwirtschaft bei. In die-

sem Sektor sind fast 177.000 Personen in knapp80.000 Unternehmen abhängig beschäftigt.

Während sich die Daten zu den bisher genanntenWirtschaftszweigen unmittelbar aus der amtlichenStatistik gewinnen lassen, sind für die übrigenZweige der Immobilienwirtschaft Schätzungen not-wendig. Im Wirtschaftszweig Immobilienfinanzie-rung kommt hinzu, dass der erzielte Umsatz keinerelevante Kenngröße darstellt. Insgesamt gibt eslaut Umsatzsteuerstatistik 1.845 Banken inDeutschland, wovon viele mehr oder weniger inder Immobilienfinanzierung aktiv sind. Dazu kom-men Kapitalanlagegesellschaften, die beispiels-weise Immobilienfonds anbieten. Dies sind aktuell66 Unternehmen. Im Hinblick auf die Beschäfti-

[11]

2 Ein Teil des Tiefbaus, der keine Immobilien erstellt, müsste hier systematischerweise herausgerechnet werden. Aufgrund der vergleichsweise geringen Bedeutung des Tiefbaus sowie Problemen bei der Datenabgrenzung wird hier vereinfachend jedoch die gesamte Bauwirtschaft der Immobilienwirtschaft zugerechnet.

1

2

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A

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18

Einzelhandelsleistungen

Grundstücks- und Wohnungswesen

Großhandelsleistungen

Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung

Finanzdienstleistungen

Kraftwagen und Kraftwagenteile

Ausbaugewerbe

Beherbergungs- und Gastronomiedienstleistungen

Bauten

Hochbauarbeiten

Kraftwagen und Kraftwagenteile

Telekommunikationsdienstleistungen

Öffentliche Verwaltung und Verteidigung

Gesundheitswesen

Architektur- und Ingenieurbüros

Tiefbauarbeiten

Nahrungs- und Futtermittel

Maschinen

Versicherungen und Pensionskassen

Wach- und Sachdienstleistungen

Lagereileistungen 1,8

2,3

2,6

2,6

2,9

3,1

3,3

3,3

3,6

4,0

4,4

4,6

4,7

4,8

4,9

5,6

5,8

5,8

10,3

13,5

16,1

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012

Abbildung 1.5: Umsätze der Immobilienwirt-schaft mit den unterschiedlichenUnternehmens-gruppen 2008 inMrd. Euro

Page 28: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

gung sei an dieser Stelle auf die Vorgängerstudieverwiesen (Gans, Voigtländer, Westerheide et al.,2009). Der Anteil der Mitarbeiter, die dem Immo-biliengeschäft zuzuordnen sind, wurde dort aufBasis von Fallbeispielen und Plausibilitäten mit27,6% angenommen. Setzt man diese Quote er-neut an, sind in diesem Segment über 176.000Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Auch im Wirtschaftszweig Beteiligungsgesellschaf-ten ist eine Schätzung notwendig. Während dieWirtschaftszweigklassifikation 2003 die offenenund geschlossenen Immobilienfonds noch separatauswies, werden diese in der neuen Klassifikation2008 unter den Beteiligungsgesellschaften (ge-schlossene Immobilienfonds) bzw. den Investment-kapitalanlagegesellschaften (offene Immobilien-fonds) subsumiert. Nach Daten des VerbandsGeschlossener Fonds wurden im Jahr 2012 46%aller in geschlossene Fonds investierten Mittel indeutsche Immobilien angelegt. Unterstellt man die-sen Anteil auch für den gesamten Bereich der Be-teiligungsgesellschaften, so erzielten die der Im-mobilienwirtschaft zurechenbaren Unternehmeneinen Umsatz von etwa 8,3 Mrd. Euro. Diese Um-sätze verteilen sich auf annähernd 2.000 Unter-nehmen und circa 7.500 Arbeitnehmer.

Als letzter Wirtschaftszweig sind an dieser Stelledie sonstigen Dienstleister zu nennen. Hierunter

verbergen sich unter anderem auf Immobilienrechtspezialisierte Anwaltskanzleien, Unternehmensbe-rater, Forschungsinstitute, Wirtschaftsprüfer undPR-Agenturen. Ohne diese sonstigen Dienstleisterbeträgt der Anteil der Immobilienwirtschaft im wei-ten Sinne 7,7% am Gesamtumsatz der Volkswirt-schaft. Dieser Anteilswert wurde verwendet, umdie Zahl der Unternehmen, der Beschäftigten undder Umsätze zu schätzen, die der Immobilienwirt-schaft zuzurechnen sind. Insgesamt gehören somitüber 16.000 Unternehmen mit knapp 63.000 Be-schäftigten zu dieser Branche, die einen jährlichenUmsatz von 9,1 Mrd. Euro generieren.

Zur Immobilienwirtschaft im weiten Sinne zählennach dieser Aufschlüsselung zusammen knapp790.000 Unternehmen und über 2,8 Mio. sozial-versicherungspflichtig Beschäftigte. Ausgehendvon den Daten der VGR, die für einzelne Teilberei-che der Immobilienwirtschaft auch Erwerbstätigen-zahlen bietet, liegt die Zahl der Erwerbstätigengut 1 Mio. darüber, also bei knapp 4 Mio. Insge-samt hat die Branche im Jahr 2011 einen Umsatzvon 453 Mrd. Euro erzielt. Dabei weist die Immo-bilienwirtschaft mit 25% zwar einen hohen Anteilan der Zahl aller Unternehmen auf, bei den Um-sätzen und bei den Beschäftigten fällt die Quotedagegen deutlich geringer aus. Dies verdeutlichtdie kleinteilige Struktur der Branche, die nochdeutlicher wäre, wenn die privaten Haushalte mit-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[12]

WirtschaftszweigAnzahl der

UnternehmenUmsatz

in Mio. EuroSozialversicherungs-pflichtig Beschäftigte

Immobilienwirtschaft im engen Sinne 286.052 152.139 215.481

Anteil Immobilienwirtschaft im weiten Sinne 36,3% 33,6% 7,6%

+ Architektur- und Ingenieurbüros 79.635 22813 176.715

+ Bauwirtschaft 358.173 244.065 1.662.200

+ Immobilienfinanzierer und Kapitalanlage-gesellschaften

1.911 – 176.400

+ Beteiligungsgesellschaften 1.910 8.289 7.500

+ Hausmeisterdienste und Gebäudereiniger 44.256 16.294 516.507

+ Sonstige Dienstleister 16.234 9.116 62.829

Immobilienwirtschaft im weiten Sinne 788.171 452.716 2.823.291

Anteil an allen Unternehmen in Deutschland

24,5% 8,0% 9,8%

Quelle: Bundesagentur fürArbeit 2012, Statisti-sches Bundesamt2011, IW Köln

Tabelle 1.7: Kennzahlen fürdie Immobilien-wirtschaft im weiten Sinne imJahr 2011

Page 29: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

berücksichtigt würden. Außerdem fehlt bei denUmsätzen der Beitrag der Immobilienfinanzierung,sodass in einem weiteren Schritt die Bruttowert-schöpfung betrachtet wird, die Schätzungen zudem Beitrag der Haushalte und der Immobilienfi-nanzierung enthält. 3

1.5.2 Bruttowertschöpfung der Immobilienwirtschaft im weiten Sinne

Aufgrund der Unzulänglichkeiten des Umsatzesals Maß für die Wirtschaftsleistung der Immobi-lienwirtschaft wird im Folgenden auf das Konzeptder Bruttowertschöpfung abgestellt, die den Wertder hergestellten Waren und Dienstleistungen ab-züglich der bezogenen Vorleistungen misst.

Wie bereits beschrieben muss für einzelne Wirt-schaftszweige die Bruttowertschöpfung geschätzt

werden. Bei den Finanzdienstleistern wird unter-stellt, dass die Branche insoweit der Immobilien-wirtschaft zuzurechnen ist, wie es dem Anteilswertder mit Immobilien besicherten Kredite entspricht.Dieser schwankt im Zeitablauf um etwa 55%(Deutsche Bundesbank, 2013). Bei den übrigenDienstleistern, wie den Rechtsberatern oder Wirt-schaftsprüfern, wird unterstellt, dass sie in dem Um-fang Leistungen für die Immobilienwirtschaft er-bringen, wie es dem Anteil der Branche an dergesamten Bruttowertschöpfung entspricht. DieserAnteilswert beträgt 10,3%. Um zudem Daten fürdie Jahre 2010 und 2011 zu erhalten, werden dieWerte auf Basis der bereits vorliegenden Datenfür die Bauwirtschaft und den Dienstleistungssektorfortgeschrieben.

Danach weist die Immobilienwirtschaft im weitenSinne im Jahr 2011 eine Bruttowertschöpfung von434 Mrd. Euro auf (Abbildung 1.6). Im Vergleichzur Vorgängerstudie ist die Bruttowertschöpfung

[13]

3 Ein Vergleich der Daten mit den Ergebnissen der Vorgängerstudie ist nicht möglich, da sich die Wirtschafts-zweigklassifikation geändert hat.

1

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350

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450

500

15,5%

16,0%

16,5%

17,0%

17,5%

18,0%

18,5%

19,0%

19,5%

20,0%

20,5%

21,0%Sonstige Immobilienwirtschaft

Vermietung und Verpachtung

Bauwirtschaft

Anteil an gesamter Bruttowertschöpfung

20112009200720052003200119991007199519931991

84,9

122,1

17,5%

37,5

106,1

264,2

64,1

18,7%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2013b,IW Köln

Abbildung 1.6: Entwicklung derBruttowertschöp-fung der gesam-ten Immobilien-wirtschaft in Mrd.Euro (linke Achse)und Anteil an Ge-samtwirtschaft in% (rechte Achse)1991 bis 2011

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von 2006 zu 2011 nominal um 12,3% gestiegen.Der Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfungbetrug über die letzten Jahre nahezu konstant un-gefähr 19%. Die Immobilienwirtschaft hat sich inden letzten 20 Jahren auffallend stetig entwickeltund sich als äußerst robust gegenüber Krisen ge-zeigt. Änderungen des Anteilswertes fußen entwe-der auf Volatilitäten der Bauwirtschaft, wie demBauboom Mitte der 1990er Jahre, oder auf Re-zessionen der Gesamtwirtschaft in den Jahren2008 und 2009, in denen sich die Immobilien-wirtschaft als Stabilitätsanker der Volkswirtschafterwies. Damit bestätigt sich das skizzierte Bild, wo-nach sich die stetige Entwicklung der Vermietungstabilisierend auf die Gesamtwirtschaft ausgewirkthat. Die Immobilienwirtschaft im engen Sinne er-zielte im Jahr 2011 eine Bruttowertschöpfung von264 Mrd. Euro, was einem Anteil von 11,4% ander Gesamtwirtschaft entspricht.

Mit dieser Bruttowertschöpfung stellt die Immobi-lienwirtschaft eine der größten Branchen derVolkswirtschaft dar (Abbildung 1.7). Der Maschi-nenbau (74 Mrd. Euro), der Fahrzeugbau (81Mrd. Euro) oder der Handel (226 Mrd. Euro) lie-gen deutlich dahinter. Lediglich das gesamte ver-arbeitende Gewerbe, also der industrielle Kernder Wirtschaft, trägt mit einer Bruttowertschöpfung

von 482 Mrd. Euro mehr zur volkwirtschaftlichenProduktion bei. Berücksichtigt man nur die Immo-bilienwirtschaft im engen Sinne, liegt die Brutto-wertschöpfung mit 263 Mrd. Euro immer nochdeutlich vor dem Fahrzeugbau, Handel und Ge-sundheitswesen.

1.6 Fazit

Die Immobilienwirtschaft hat eine tragende undstabilisierende Rolle in der Volkswirtschaft. Rund19% (434 Mrd. Euro 2011) der gesamten Brutto-wertschöpfung sowie 10% aller sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigten (2,8 Mio.) entfallenauf diese Branche. Selbst wenn die Immobilien-wirtschaft eng gefasst wird, stellt sie mit einer Brut-towertschöpfung von 264 Mrd. Euro eine dergrößten Wirtschaftszweige dar. Diese Wirtschafts-leistung verteilt sich auf eine große Anzahl vorwie-gend kleiner Unternehmen, weshalb die Branchetendenziell unterschätzt wird. Insbesondere dieAusgliederung der Immobilientätigkeiten aus Un-ternehmen, in denen Immobilien nicht das Kernge-schäft darstellte, bescherte der Branche in der Vergangenheit ein kräftiges Wachstum. Die Immo-bilienwirtschaft war von der Finanzkrise kaum be-troffen. Lediglich einzelne Zweige wie die Vermitt-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[14]

0

100

200

300

400

500

600

Verarbeitendes Gewerbe

Immobilienwirtschaft i.w

.S.

Immobilienwirtschaft i.e

.S.

Einzel-, Groß- und Kfz-Handel

Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen

Fahrzeugbau

Maschinenbau

Gastgewerbe

41,073,8 81,0

164,2

226,2263,2

427,1481,7

Quelle: Statistisches Bundesamt 2013b,IW Köln

Abbildung 1.7:Bruttowertschöp-fung im Jahr 2010für verschiedeneBranchen in Mrd.Euro

Page 31: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

lung oder der Immobilienhandel verzeichneten vo-rübergehende Umsatzeinbrüche jedoch konntedie Branche insgesamt ihre Wirtschaftsleistungweitestgehend erhalten bzw. sogar ausbauen. Soliegt das jährliche Wachstum der Bruttowertschöp-fung seit 2008 trotz Finanz- und Euro-Krise bei2%. Die Umsatzrückgänge 2008 konnten relativ

schnell wieder aufgefangen werden. Diese Stabi-lität zahlt sich auch makroökonomisch aus. Dennwährend in vielen Ländern, wie Spanien oderGroßbritannien, der Aufschwung nach der Krisedurch den Immobilienmarkt belastet wurde, konntesich Deutschland relativ schnell erholen.

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1

2

3

4

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6

7

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9

A

Literatur und Quellen

Bulwien, Hartmut; Denk, Ulrich; Scheffler, Rolf (2008): Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus aktuellen Büroflächenbestandserhebungen in Deutschland. In: Zeitschrift für Immobilienökonomie 2008 (Sonder-ausgabe), S. 77–88.Bundesagentur für Arbeit (2012): Beschäftigungsstatistik. Nach Wirtschaftszweigen – Deutschland, Länder. Deutsche Bundesbank (Hg.) (2013): Bankenstatistik – März 2013. Frankfurt am Main.Gans, Paul; Voigtländer, Michael; Westerheide, Peter; Demary, Markus; Meng, Rüdiger; Schmitz Veltin, Ansgar (2009): Wirtschaftsfaktor Immobilien – Die Immobilienmärkte aus gesamtwirtschaftlicher Perspek-tive. Hg. v. DV Deutscher Verband für Wohnungswesen Städtebau und Raumordnung e.V. und gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. Berlin.SOEP (2011): Daten der Jahre 1984–2010. Hg. v. Sozio-oekonomisches Panel. Berlin (Version 27).Statistisches Bundesamt (2008): Klassifikation der Wirtschaftszweige. Mit Erläuterungen.Statistisches Bundesamt (2011): Umsatzsteuerstatistik (Fachserie 14 Reihe 8.1). Statistisches Bundesamt (2012): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen. Input-Output-Rechnung 2008 (Fachserie 18 Reihe 2). Statistisches Bundesamt (2013a): Dienstleistungsstatistik (Fachserie 9). Statistisches Bundesamt (2013b): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, detaillierte Jahresergebnisse (Fachserie 18 Reihe 4).Statistisches Bundesamt (2013c): Zensus 2011. Erste Ergebnisse des Zensus 2011 für Gebäude und Wohnun-gen. Ausgewählte Daten für Gemeinden. Wiesbaden.

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2.Immobilienbestand und -struktur

[16]

Zusammenfassung

Das in Gebäuden gebundene Bruttoanlagevermögen (zu Wiederbeschaffungspreisen) beträgt knapp 12,3 Bio. Euro. Der davon auf Wohnbauten entfallende Teil des Vermögens (7,04 Bio. Euro) überwiegt den Anteil der Nichtwohnbauten (5,24 Bio. Euro). Das Nettoanlagevermögen der Bauten beläuft sich auf 7,4 Bio. Euro; rechnet man geschätzte Grundstückswerte der Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Größenordnung von 2,7 Bio. Euro hinzu, lässt sich das gesamte Immobilienvermögen (inkl. Grund und Boden) auf 10,1 Bio. Euro beziffern.Der Wohnungsbestand lag 2011 gemäß der amtlichen Fortschreibung bei 40,5 Mio. Wohneinheiten. In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl der Wohnungen mit 0,8% p.a. etwas stärker als die Anzahl der Haus-halte (+0,7%) gestiegen, allerdings erfolgte die Anpassung ungleichmäßig. Der Zensus von 2011 ergab sogar einen Wohnungsbestand von 41,3 Mio. Wohnungen. Um die Entwicklungen zu beschreiben, wer-den im Folgenden die Fortschreibungsdaten verwendet und vereinzelt den Zensusdaten gegenüberge-stellt.Auf die Phase der Wohnungsknappheit in den frühen 1990er Jahren folgte eine Phase zu starker Expan-sion und eine weitere Phase deutlicher Bauzurückhaltung. Nun deuten die Preissignale in vielen deutschen Städten auf neue Bauerfordernisse im Wohnungssegment hin. Dem stehen Nachfragerückgänge in vie-len ländlich geprägten Regionen gegenüber. Im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser deutet der geringe Preisauftrieb nicht auf Knappheiten hin.Die Bevölkerungszahl liegt heute etwa auf dem Niveau von vor 20 Jahren, gleichzeitig stieg die Wohn-fläche pro Kopf von 34,9 m² im Jahre 1991 auf 43,0 m² im Jahre 2011 an. Insgesamt hat sich die quan-titative Wohnungsversorgung in Deutschland deutlich verbessert, was zum Teil mit dem geringen Aus-gangsniveau in den neuen Ländern zu Beginn der 90er Jahre zusammenhängt.Der Gewerbeimmobilienmarkt ist deutlich schlechter durch die amtliche Statistik abgebildet als der Woh-nungsmarkt. Viele Entwicklungen lassen sich nur durch die Datenangebote privater Anbieter nachvollzie-hen. Totalerhebungen zu einzelnen Büromärkten zeigen regelmäßig, dass die zuvor vorliegenden Büro-bestandsdaten in hohem Maße lückenhaft waren und trotz Verbesserungen wohl auch noch sind. Der Büroflächenbestand in Deutschland für das Jahr 2012 wird auf 326 Mio. m² Mietfläche (MF-G) ge-schätzt; das entspricht etwa 407 Mio. m² Bruttogrundfläche (BGF). Ende 2011 standen ca. 122 Mio. m² Verkaufsfläche für den Einzelhandel zur Verfügung. Das sind rund 1,5 m² je Einwohner. Die Versorgung ist zuletzt trotz geringen Umsatzwachstums weiter gestiegen, was den Wettbewerb im Handel weiter erhöht hat.

DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

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2.1 Abgrenzung und verwendete Daten

In den nächsten Abschnitten wird der Immo-bilienbestand analysiert, wobei sich die Analyseauf die Grundstücke sowie die Wohngebäude undNichtwohngebäude konzentriert. Bei den Nicht-wohngebäuden liegt der Fokus auf Beständen derBüro- und Handelsimmobilien. Die Schwerpunktset-zung ist Ausdruck dessen, dass die Datenverfüg-barkeit für die heterogenen Bereiche Industrieim-mobilien und andere Spezialimmobilien sowieInfrastrukturgebäude schlecht ist und die An-lageklassen Büro- und Handelsimmobilien stärkerim Fokus der Immobilieninvestoren stehen. Darüberhinaus wurden Tiefbauten nicht mit einbezogen.

Amtliche Daten sind für diesen bedeutenden volk-swirtschaftlichen Bereich nach wie vor nur unzure-ichend vorhanden. Daher fließen im Folgendenauch eine Reihe von nichtamtlichen Datenquellenin die Analyse ein. Die Bestands- und Struktur-analyse beruht in erster Linie auf Zahlenmaterialdes Statistischen Bundesamtes und auf Daten desBundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung(BBSR) sowie von privaten Datenanbietern undVerbandsangaben. Vom BBSR wurden die Indika-

toren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklunggenutzt (Ausgabe 2011). Für Gewerbeimmobilienwurde insbesondere die RIWIS-Datenbank vonBulwienGesa verwendet. Die Zahlenbasis für dieHandelsimmobilien stammt vom HandelsverbandDeutschland (HDE).

2.2 Immobilienbestand

2.2.1 Flächeninanspruchnahme

Für das Jahr 2011 beläuft sich der Anteil der Sied-lungs- und Verkehrsfläche in Deutschland auf 4,74Mio. ha (13,3% der Gesamtbodenfläche von35,7 Mio. ha). Hiervon entfallen auf die Sied-lungsfläche lediglich 2,95 Mio. ha, und davonwerden 2,45 Mio. ha (6,9% der gesamten Bo-denfläche) für Gebäude und Freiflächen inAnspruch genommen; von diesen werden 1,02Mio. ha zu Wohnzwecken und ca. 1,43 Mio. hazu Nichtwohnzwecken genutzt. Demgegenüberentfallen 86,7% der Flächen auf Landwirtschaftund sonstige Nutzungen.

Das in Form von Gebäuden gebundene Bruttoan-lagevermögen (zu Wiederbeschaffungspreisen)

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A

Quelle:Rußig et al. 2005

Abbildung 2.1:Immobilien,Grundstücke und Bauwerke im Überblick

Rohbauland

Bauerwartungsland

baureifes Land

bebaute Flächen

Tiefbauten

Telekommunikation

Ver- und Entsorgung

Verkehrsinfrastruktur

Sportanlagen

Wohngebäude

Ein- und Zwei-familienhäuser

Nichtwohngebäude

Bürogebäude

MehrfamilienhäuserHandels- und

Lagergebäude

WohnheimeIndustrie- und

Gewerbegebäude

Infrastrukturgebäude

Wohnen

Gewerbe

Infrastruktur

Immobilien

Grundstücke Bauwerke

Hochbauten

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entspricht einem Wert von knapp 12,3 Bio. Europer Jahresende 2012. Der davon auf Wohn-bauten entfallende Teil des Vermögens (7,04 Bio.Euro) überwiegt den Anteil der Nichtwohnbauten(5,24 Bio. Euro), obwohl Nichtwohnbautengrößere Flächen bedecken. Dies liegt daran, dassbei den Nichtwohnbauten größere Lager- und Lo-gistikimmobilien vergleichsweise geringe Kapital-werte aufweisen.

Die 12,3 Bio. Euro entsprechen etwa dem 4,5-fachen des derzeitigen Bruttoinlandsproduktes.Der Wert der Bauten hat sich seit 1991 nahezuverdoppelt – und dies gilt auch für das um Ab-schreibungen korrigierte Nettoanlagevermögenin Bauten, das sich auf 7,4 Bio. Euro beläuft. Rech-net man geschätzte Grundstückswerte der Sied-lungs- und Verkehrsflächen in der Größenordnungvon 2,7 Bio. Euro hinzu 4, lässt sich das gesamteImmobilienvermögen (inkl. Grund und Boden) auf10,1 Bio. Euro beziffern. Seit 2002 (81,3%) istder Anteil der Bauten am deutschen Bruttoan-lagevermögen kontinuierlich gestiegen und erre-ichte 2011 einen Wert von 83,6%.

Die Vermögensstrukturen der beiden Teilbereicheunterscheiden sich deutlich:

Die privaten Haushalte und Organisationen halten rund 86% der Wohnbauten. Der Eigentumsanteil der Kapitalgesellschaften be-trägt ca. 13%, während die öffentliche Hand nur geringe Vermögensanteile an deutschen Wohnbauten besitzt (ca. 1%).Für die Nichtwohnbauten zeigt sich ein an-deres Bild. Die beiden Säulen der Vermö-gensstruktur sind die Kapitalgesellschaften (ca. 47%) und die öffentliche Hand (ca. 39%). Die privaten Haushalte und Organisa-tionen halten die verbleibenden rund 14% der Nichtwohnbauten.

Die oben genannten Untergliederungen sind nichtimmer strikt zugeordnet. So kann z.B. eine kom-munale Wohnungsgesellschaft als private Einrich-tung geführt, jedoch von der Kommune kontrolliertwerden. Sie taucht jedoch nicht unter der Kate-gorie „öffentliche Hand“ auf.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[18]

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011c, IREBS Institut

Abbildung 2.2:Bodennutzungnach Nutzungsar-ten 2011

Bodenfläche insgesamt:35,71 Mio. ha

Siedlungs- und Verkehrsfläche:4,74 Mio. ha

(13,3% der Gesamtfläche)

Sonstige Flächen: 12,24 Mio. ha

(34,3% der Gesamtfläche)

Landwirtschaftsfläche:18,73 Mio. ha

(52,4% der Gesamtfläche)

Gebäude und Freifläche (GF):2,45 Mio. ha

(83,1% der SF)

Wohnen: 1,02 Mio. ha

(34,6% der GF)

Nicht-Wohnen: 1,43 Mio. ha

(65,4% der GF)

Erholung und Friedhof: 0,43 Mio. ha

(14,5% der SF)

Betriebsfläche ohne Abbauland: 0,07 Mio. ha (2,4% der SF)

Siedlungsfläche (SF): 2,95 Mio. ha

(62,3% der Siedlungs- und Verkehrsfläche)

Verkehrsfläche: 1,79 Mio. ha

(37,7% der Siedlungs- und Verkehrsfläche)

4 Dies unterstellt einen jährlichen Anstieg von ca. 2% auf Basis des Schätzwertes von ca. 2,4 Bio. Euro (Gans, Voigtländer, Westerheide et al., 2009). Der Schätzwert aus dem Jahre 2006 basiert auf einer Schätzung der Grundstückswerte für Wohnen, Nichtwohnen sowie Verkehrs- und Freiflächen jeweils aufgegliedert nach Bundesländern (Zuordnung von Flächen und jeweiligen Schätzwerten).

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2.2.2 Wohnen

2.2.2.1 Bestandsentwicklung

Trotz der nunmehr vorliegenden ersten Ergebnissedes Zensus 2011 muss bei der Analyse auf dieDaten der Fortschreibung zurückgegriffen werden.Die Wohnbautätigkeit überstieg regelmäßig dieZahl der Wohnungsabgänge, sodass der Woh-nungsbestand stetig gewachsen ist. Während dieWachstumsrate des Wohnungsbestands im Jahre1995 noch bei 1,6% lag, sank sie bis 2008 auf nur noch 0,3% ab. Die Anpassung nach demWiedervereinigungsboom hielt offenbar bis ins ersteJahrzehnt des neuen Jahrtausends an. Erst seit 2009wächst der Wohnungsbestand wieder etwas stärker.

Der Wohnungsbestand lag 2011 nach derFortschreibung bei 40,5 Mio. Wohnungseinheiten.In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl der Woh-nungen jährlich mit 0,8% etwas stärker als die An-zahl der Haushalte (+0,7%) gestiegen. Es gabzwar immer wieder Phasen, in denen die Zahl derHaushalte und die Zahl der Wohnungen unter-schiedlich schnell gewachsen sind, doch über zweiJahrzehnte betrachtet liegen die Wachstumsratender Angebots- und der Nachfragegröße engzusammen. Dies deutet auf einen langsamen, abergrundsätzlich funktionierenden Marktprozess hin.

Legt man die Ende Mai 2013 veröffentlichenDaten des Zensus für das Jahr 2011 mit einemWohnungsbestand von 41,3 Mio. Wohneinheiten

[19]

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6.000

8.000

10.000

12.000

14.000

78%

79%

80%

81%

82%

83%

84%

85%Wohnbauten

Nichtwohnbauten

Anteil Bauten an den Gesamtanlagegütern

20112009200720052003200119991997199519931991

3.039

7.043

2.810

79,8%

83,9%

5.239 Quelle: Statistisches Bundesamt 2012d,Statistisches Bundesamt 2013,IREBS Institut

Abbildung 2.3:Entwicklung derBauten als Teil desdeutschen Brutto-anlagevermögens(links: in Mrd.Euro; rechts Anteilan den Gesamtan-lagegütern in %)

32

34

36

38

40

42

0,0%

0,5%

1,0%

1,5%

2,0%Wohnungsbestand gesamt

Veränderungsrate

201120092007200520032001199919971995

36,0

1,6%1,5%

37,1

38,4

40,1 40,5

0,5%

0,8%

1,1%

0,3%

0,4%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012d,IREBS Institut

Abbildung 2.4:Wohnungsbe-stand (links: Woh-nungseinheiten inMio.; rechts: Ver-änderungsrate in %) 1995 bis2011

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zugrunde, sind die mittleren Steigerungsraten alsonoch etwas höher ausgefallen als oben genanntund dürften um etwa einen Zehntel Prozentpunkthöher anzusetzen sein.

Nahezu alle ostdeutschen Raumordnungsregio-nen verzeichneten in den letzten Jahren einen imVergleich zum westlichen Teil deutlich geringerenAnstieg der Wohnungsbestände. Nur wenige Ausnahmen an der Ostseeküste und im GroßraumBerlin entziehen sich dieser Zweiteilung. An-gesichts der in Ostdeutschland deutlich höherenLeerstände von Wohnraum ist dieser geringereAnstieg ein Ausdruck des Überangebots.

Entwicklung des Wohnungsbestands nachGebäudeartDie Zahl der Einfamilienhäuser betrug im Jahr2011 nach der Fortschreibung rund 11,5 Mio. Ein-heiten (der Zensus ergab 12,3 Mio. Gebäude miteiner Wohnung und 3,3 Mio. Gebäude mit zweiWohnungen). Während sich in den Jahren 1995bis 2006 die Wachstumsraten noch in einer Band-breite von 1,0% bis zu 1,6% p.a. bewegten,lagen sie in den letzten fünf Jahren in einem Kor-ridor zwischen 0,6% und 0,8%. Sowohl bei den

Zwei- als auch bei den Mehrfamilienhäusern stelltsich das Bestandswachstum ähnlich dar, allerdingswar der Rückgang der Wachstumsrate stärker alsbei den Einfamilienhäusern. Der Bestand anZweifamilienhäusern ist in den Jahren 2001 bis2007 noch in einer Bandbreite von 0,5% bis0,8% gestiegen, um dann auf 0,3% abzuflachen.Bei den Mehrfamilienhäusern hat sich die niedrigeWachstumsrate von 0,2% bis 0,3% von 2002 bis2010 gehalten. Erst in den letzten zwei Jahrenzieht dieses Marktsegment wieder an.

WohnungsleerständeDer Wohnungsleerstand kann als Indikator für dieMarktgängigkeit von Wohnungen und die Lageauf den Wohnungsmärkten herangezogen wer-den. Eine allgemein anerkannte Definition desLeerstandes von Wohnungen und Wohngebäu-den existiert nicht, sodass unterschiedliche Artenvon Leerstandserfassungen verwendet werden,z.B. Verbrauchswerte, Bestandsdaten, Begehun-gen oder Befragungen und Ableitungen aus an-deren Quellen. Von den verschiedenen Erfas-sungsmethoden werden teilweise erheblicheNiveauunterschiede ausgewiesen. Gleichwohl isteine zentrale Aussage in allen Indizes ähnlich: Der

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[20]

Quelle: Bundesinstitut fürBau-, Stadt- undRaumforschung2012, Basis Raum-ordnungsregionen,Datengrundlage:Fortscheibungendes Wohngebäude-und Wohnungsbe-standes des Bundesund der Länder

links:Abbildung 2.5:Entwicklung derZahl der Wohnun-gen (2005–2010)

rechts:Abbildung 2.6:Veränderung derWohnfläche jeEinwohner (2005–2010)

Page 37: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

Wohnungsleerstand konzentriert sich auf Ost-deutschland und wenige Regionen im WestenDeutschlands.

Die jüngst veröffentlichte Zensus-Erhebung 2011ergab einen Leerstand von knapp 1,8 Mio. Woh-nungen, das entspricht einer deutschlandweitenLeerstandsquote von 4,4% 5. Die Spanne der re-gionalen Leerstandsquoten ist groß. Insgesamtbestätigt die Zensuserhebung, dass die Leerstand-squoten im Osten zumeist deutlich oberhalb derWestniveaus liegen. Ein genauerer Blick auf dieBundesländer verdeutlicht die Niveauunter-schiede: Während die Spanne der Leerstände inden alten Bundesländern (ohne Berlin) zwischen1,6% (Hamburg) und 5,8% (Saarland) liegt, be-laufen sich die Leerstandsquoten in den neuenBundesländern auf Werte zwischen 5,8% (Bran-denburg) und 10,1% (Sachsen). In Berlin liegt dieLeerstandsquote bei 3,6%.

Auf Stadtebene befinden sich in der Spitzen-gruppe mit den niedrigsten Leerstandsquotenmehrere Städte im Norden der alten Bundeslän-der: Die niedrigsten Leerstände weisen Vechta,Oldenburg und Hamburg auf (1,3% bis 1,5%).Unter den Städten mit den niedrigen Leerstand-squoten befinden sich erwartungsgemäß auchGroßstädte wie München (2,1%) oder Köln

(2,5%). Ein wichtiger Grund dafür ist der Zuzugvon Arbeitssuchenden und neuen Arbeitskräften.Am unteren Ende der Skala stehen drei Oststädte(Görlitz, Chemnitz und Dessau-Roßlau) mit Leer-standsquoten zwischen 12,8% und 14,0%. In denneuen Bundesländern gibt es aber auch positive

[21]

1

2

3

4

5

6

7

8

9

A

0,0%

0,5%

1,0%

1,5%

2,0% Veränderungsrate MFH

Veränderungsrate ZFH

Veränderungsrate EFH

201020082006200420022000199819961994

1,9%

1,5%

1,2%

0,3%

0,3%

0,7%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012d,IREBS Institut

Abbildung 2.7:Veränderungsra-ten des Bestandsan Wohngebäu-den 1995 bis2011

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011a

Abbildung 2.8:LeerstandsquoteWohnungen nachMikrozensus 2011

5 Ohne Wohnheime.

Page 38: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

Ausnahmen; die Leerstandsquote in der Stadt Jenabeträgt beispielsweise nur 1,9%. DemografischeEntwicklungen werden nachfrageseitig ein ent-scheidender Treiber für die Entwicklung der Leer-standsquoten bleiben (vgl. Kapitel 6).

WohnungsbauDer Wohnungsbau in Deutschland entwickeltesich in langen Zyklen. Wohnungen blieben bis indie 1970er Jahre hinein knapp, und dies zwangzu umfangreicher Neubautätigkeit. Daher wurdenüber die Hälfte aller heutigen Bestandswohnun-gen in den Jahren 1946 bis 1970 erstellt. Nachdem wirtschaftlichen Boom der Nachkriegsjahreund dem Rückgang der Zuwanderung aus Südeu-ropa ebbte auch die Wohnungsbautätigkeit ab,erlebte aber im Zuge der Wiedervereinigungeinen zum Teil subventionsinduzierten Auf-schwung. Die Fertigstellungszahlen stiegen wie-der auf über 600.000 Wohneinheiten. Mitte der1990er Jahre wurde die Zuwanderung nachDeutschland stärker reguliert und die Förderungvon Baumaßnahmen in den neuen Ländern redu-ziert. Das aufgebaute Überangebot und die ver-ringerte Nachfrage führten in den folgenden zehn

Jahren zu einem deutlichen Rückgang der Woh-nungsbautätigkeit. 6 Der vorübergehende Anstiegder Wohnungsbautätigkeit im Jahr 2006 wardurch vorgezogene Bauaktivitäten im Zuge derauslaufenden Eigenheimzulage bedingt.

Seit dem Jahr 2009 gibt es im Wohnungsbau eineAufwärtsbewegung, ausgehend vom niedrigstenNiveau seit dem Zweiten Weltkrieg; diese Tendenzhat sich 2011 und 2012 unter anderem dank derdeutlichen Mietsignale in vielen Städten und desniedrigen Zinsniveaus beschleunigt (siehe Kapitel4). Nachdem die Wohnungsbauinvestitionen imJahre 2009 noch mit –2,6% rückläufig waren,stieg das Investitionsvolumen in den Folgejahren2010 und 2011 um +4,6% respektive +6,3% deut-lich an. Während die Steigerungsrate im Jahr 2012bei rund 1% lag (auf 125 Mrd. Euro), geht das IfoInstitut für die Jahre 2013 und 2014 wieder vonetwas höheren Wachstumsraten in Höhe von+1,5% und +3,0% aus (ifo Institut, 2013). Die stei-gende Bautätigkeit basiert auf Knappheiten in eini-gen Regionen sowie auf einer niedrigen Arbeitslo-senquote und steigenden Einkommen. Gleichzeitigist die Investitionsneigung institutioneller Investoren

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

6 Von Roncandor 2006 beschreibt den westdeutschen Abwärtstrend bei der Bautätigkeit von Wohngebäuden und Wohnungen. Dieser Abwärtstrend beginnt Ende der 1960er – mit einem Zwischenhoch in den 1970er Jahren. Von Roncandor weist dabei auf den seit 1973 bis zur Wiedervereinigung deutlich abnehmenden Trend des Anteils an Mehrfamilienhäusern in Westdeutschland hin.

[22]

0

100

200

300

400

500

600Sonstige Fertigstellungen***

Mehrfamilienhäuser**

Ein- und Zweifamilienhäuser

2013*201120092007200520032001199919971995

205

319

189

296

211

290

221

212

237

169

230

139

185

101

173

81

165

71

177

71

152

62

150

71

124

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96

56

97

64

100

85

105

105

110

115

302824

22202324

252929

303236

40

55

6669

7774

78

84

53

85

55

Quelle: ifo Institut 2013,IREBS Institut

Abbildung 2.9:Wohnungsfertig-stellungen in derBundesrepublikDeutschland nachGebäudearten(in 1.000 Woh-nungen) 1996 bis2012

*Prognose des ifo Instituts, ** Einschließlich Wohnungen in Wohnheimen, ***In bestehenden Gebäu-den (saldiert) sowie in (neu errichteten) Nichtwohngebäuden

Page 39: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

in Deutschland (als „sicherer Hafen“) relativ zu an-deren europäischen Märkten gestiegen. 7

Die Anzahl der Wohnungsfertigstellungen war inDeutschland über viele Jahre rückläufig. Lag dieZahl der Wohnungsfertigstellungen im Jahr 1995noch bei 602.000 Wohnungen, erreichte das Ni-veau am Tiefpunkt des Wohnungsbaus, 2009, mit160.000 Einheiten nur etwas mehr als ein Vierteldieses Wertes. Von dieser niedrigen Basis aus stie-gen die Fertigstellungen in den Jahren 2010 bis2012 mit zweistelligen Wachstumsraten deutlichan. Das ifo Institut erwartet auch für die Jahre

2013 und 2014 hohe Steigerungsraten von +14%und +7%.

Am stärksten wächst das Segment der Wohnun-gen in Mehrfamilienhäusern. Die Steigerungsra-ten in diesem Segment lagen von niedriger Basiskommend in den Jahren 2011 (+17%) und 2012(+32%) im deutlich zweistelligen Bereich. DieWachstumsdynamik dürfte sich im Jahr 2013 fort-zusetzen. Erst 2014 wird nach Meinung des ifo In-stituts die Wachstumsrate wieder einstellig werden.Trotz allem ist die Zahl der Wohnungsfertigstellun-gen aktuell immer noch weniger als halb so hochwie Mitte der 1990er Jahre.

[23]

1

2

3

4

5

6

7

8

9

A

7 Institutionelle Investoren haben Anlagevolumina im Rahmen der Eurokrise von Bonds in Immobilieninvestitio-nen umgeschichtet.

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

20112009200720052003200119991997199519931991

4,0%

33,7%

13,7%

17,9%

15,1%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011b,Statistisches Bundesamt 2012a,IREBS Institut

Abbildung 2.10:Anteil der Bauge-nehmigungen inden neuen Bun-desländern ein-schließlich Berlin1991 bis 2011

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (inkl. Wohnheime)

Wohnungen in Zweifamilienhäusern

Einfamilienhäuser

2011199520111995

Westdeutschland Ostdeutschland

24

13

63

46

9

45

25

9

66

55

6

39

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012a,IREBS Institut

Abbildung 2.11:Neubautätigkeitin West- und Ost-deutschland (Anteil der Woh-nungen, in %)1995 und 2011

Page 40: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

Die aktuelle Belebung sollte nicht voreilig als Um-kehr des langfristigen Trends gewertet werden,sondern zunächst als eine konjunkturelle Gegen-bewegung und als ein Nachholen einer zu weitgediehenen Anpassungskrise nach dem Wieder-vereinigungshoch sowie als eine Reaktion auf diesehr hohe Zuwanderung in den letzten zwei Jah-ren (vgl. Kapitel 6).

Der Anteil der ostdeutschen Baugenehmigungenerreichte 1996 einen Höchstwert von 33,7%. Erflachte dann ab und liegt seit dem Jahr 2002 sta-bil in einer Bandbreite von 14% bis 18%. Dies ent-spricht etwa dem Anteil, den die neuen Länder ander deutschen Wirtschaftsleistung einnehmen.

Ein Vergleich der Bauaktivitäten Mitte der 1990erJahre mit 2011 zeigt insbesondere den stark ge-sunkenen Anteil der Wohnungen in Mehrfamilien-häusern. In Westdeutschland hat sich deren Anteilauf 45% reduziert. In Ostdeutschland sank dieseRelation sogar noch deutlicher auf unter 40%.

2.2.2.2 Struktur des Wohnbestands

Eigentumsquoten45,7% der Wohneinheiten werden laut Mikrozen-sus durch Eigentümerhaushalte bewohnt (Zensus2011: 45,8%). Am ehesten wird Wohneigentumin Ein- und Zweifamilienhäusern gebildet. Je mehrWohnungen zu einem Haus gehören, desto nied-

riger sind die Eigentumsquoten. Unter anderemdurch den in der Regel weit höheren Anteil anMehrfamilienhäusern ist die Eigentumsquote inStädten allgemein niedriger als im Bundesdurch-schnitt.

Die Wohneigentumsquote liegt in Westdeutsch-land immer noch deutlich über der Quote in Ost-deutschland. Der Anteil des Wohneigentums hatsich seit 1993 sowohl in West- als auch in Ost-deutschland erhöht. Der Anstieg fiel in Ostdeutsch-land aufgrund der niedrigen Basis weit stärker aus.So stieg die Wohneigentumsquote in Ostdeutsch-land von 26,1% im Jahr 1993 auf 34,4% im Jahr2010, in Westdeutschland von 41,7% auf 48,8%.

Unterscheidet man die Eigentumsquote nach Al-tersklassen der Haushaltsvorstände, ergeben sichbei in den letzten 20 Jahren gegründeten Haus-halten nur noch geringe Unterschiede zwischenOst- und Westdeutschland. Die oben gezeigtenUnterschiede sind also in erster Linie ein Erbe derdeutschen Teilung. Das bedeutet auch, die Eigen-tumsquote wird im Trend steigen, da eine Gene-ration, die heute als Rentner überwiegend mietet,in Zukunft durch eine Rentnergeneration ersetztwird, die deutlich mehr in Wohneigentum lebt.

Altersstruktur des WohnungsbestandsIn den neuen Ländern stammen mehr als 20% derWohnungen noch aus der Zeit vor dem ErstenWeltkrieg, und mehr als 40% aus der Zeit vor1949. Für das frühere Bundesgebiet (ohne Berlin)ist der entsprechende Prozentsatz an Wohnungenaus der Zeit vor 1949 nur ungefähr halb so hoch(ca. 20%). Knapp die Hälfte des heutigen Woh-nungsbestands im früheren Bundesgebiet wurdeim Zeitraum von 1949 bis 1978 erstellt.

Das bedeutet auch, dass der Wohnungsabgangerst mittelfristig (über das in 2002 bis 2006 ver-zeichnete Niveau – siehe unten) steigen könnte,wenn die Häuser, die nach dem Zweiten Weltkrieggebaut worden sind, ihre technische und ökonomi-sche Altersgrenze erreichen werden und Instand-setzungen und Modernisierungen ausbleiben.

Bestandsstruktur der WohnungenDie Verteilung der vorherrschenden Anzahl anWohnungen zeigt sowohl in den neuen als auch in

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[24]

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2

4

6

8

10

12

0%

20%

40%

60%

80%

100%Miete

Eigentum

Eigentumsquote

mehr als 20

13 bis 20

7 bis 12

3 bis 6

zweieine

88%

59%

23%13%

14% 14%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012a,IREBS Institut

Abbildung 2.12:Gebäudegrößenach Wohn-rechtsform (inMio., rechts) undEigentumsquote(in %, links) 2011

Page 41: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

den alten Bundesländern Schwerpunkte bei Woh-nungen mit 3 bis 5 und mehr Räumen. 8 Gleich-zeitig lässt sich bei den Haushaltsgrößen eineKonzentration auf Ein- und Zweipersonen-haushalte feststellen. Dies spiegelt die ver-besserten Vermögenspositionen in Deutschlandwider, doch im Zuge der demografischen Entwick-

lung könnte hier eine Diskrepanz entstehen, denndie Struktur der Einpersonenhaushalte wird sichdeutlich verschieben: Der Anteil der kleinen Se-niorenhaushalte, die gegebenenfalls Pflegebedarfhaben, wird spürbar steigen. Für diese Haushaltekönnten die Wohnungen zu groß werden (vgl.Kapitel 6).

[25]

8 Räume sind Wohn- und Schlafräume (einschl. zweckentfremdeter Räume) mit 6 m² und mehr sowie alle Küchen (ohne Rücksicht auf die Größe). In den selbstbewohnten Räumen sind die untervermieteten und gewerblich ge-nutzten Räume nicht enthalten.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

A

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Ostdeutschland Westdeutschland Deutschland

20102006200219981993

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012c,IREBS Institut

Abbildung 2.13:Wohnungen inPrivateigentum (in % der Woh-nungen) 2011

Früheres Bundesgebietohne Berlin

Neue Ländereinschließlich Berlin

0% 20% 40% 60% 80% 100%

bis 1918

1919--1948

1949--1978

1979--1986

1987--1990 2001 und später

1991--2000

3.265 3.073 14.538 2.954 2.285775

1.45

4

1.889 1.574 2.256 821 667239

265

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011b,IREBS Institut

Abbildung 2.14:Bewohnte Woh-nungen nach Baujahr des Ge-bäudes 2010 (in% und absolut in1.000, Basis 36,1Mio.)

Page 42: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

2.2.2.3 Relation des Bestands zur Bevölkerungsentwicklung

Während der Bestand an Wohnungen nahezuproportional zur Entwicklung der Haushalte zu-nahm, stieg die Wohnfläche pro Kopf von 34,9m² im Jahre 1991 bis auf 43,0 m² im Jahre 2011überproportional an (+1,0% Wachstum pro Jahr).Die Bevölkerungsanzahl stagnierte in den letzten20 Jahren nahezu. Gleichzeitg verringerte sichdie durchschnittliche Haushaltsgröße.

In absoluten Zahlen stieg der Wohnungsbestandvon 34,2 Mio. im Jahre 1991 auf 40,5 Mio.Wohneinheiten im Jahre 2011 an (Wachstum1991–2011: jährlich +0,8%). Die Wohnflächenahm sogar noch etwas stärker um 25,4% auf gut3,5 Mrd. m² zu.

Bei der Wohnfläche pro Kopf zeigt sich noch eineklare Trennung zwischen alten und neuen Bun-desländern: In Ostdeutschland liegt die mittlereWohnfläche rund 8% unterhalb des westdeutschenNiveaus, wobei die Unterschiede zwischen deneinzelnen Regionen im Westen nennenswertgrößer sind als im Osten. Während in den altenLändern die Flächenausstattung pro Kopf zwischen36,3 m² (Raum Hamburg) und 52,2 m² (Westp-falz) liegt, beträgt die Spanne in den neuen Län-dern nur 4,5 m² (Westsachsen: 39,9 m²; Altmark:44,4 m²). In den neuen Ländern führte insbeson-dere der starke Bevölkerungsrückgang zu einer Er-höhung dieser Kennzahl.

Der Trend zu größeren Wohnungen ist seit vielenJahren zu beobachten. Nach dem Ende desZweiten Weltkriegs bis Ende des letzten Jahr-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

0

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1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

4.000

Abgang Wohnfläche (rechte Skala)

Wohnungsabgang (linke Skala)

2011200920072005200320011999199719951993

1.518

17.804

3.599

55.775

1.889

25.512

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012d,IREBS Institut

Abbildung 2.15:Wohnungsab-gang 1993 bis2011 (links: An-zahl Wohnungs-abgänge;rechts: Wohnflä-chenabgang in1.000 m², Basis36,1 Mio.)

0%

10%

20%

30%

40% Neue Bundesländer und Berlin

Früheres Bundesgebiet

7654321

2,3%1,4%

5,7%7,9%

19,7%

27,1%

17,8%

7,2%4,4%

27,8%

20,1%

12,0% 12,5%

34,2%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011b,IREBS Institut

Abbildung 2.16:Wohnungsbe-standsstruktur2011 (Wohnun-gen mit … Räu-men) in %

Page 43: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

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1

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4

5

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9

A

100

105

110

115

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125

130 Wohnfläche pro Kopf

Wohnfläche

Wohnungsbestand

Haushalte

Einwohner

20112009200720052003200119991997199519931991

125,4123,1

118,4

114,7

101,9

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011b,Statistisches Bundesamt 2012d,Statistisches Bundesamt 2012e,IREBS Institut

Abbildung 2.17:Entwicklung vonEinwohnern,Haushalten, Wohnungen undWohnfläche, 1991–2011 aufIndexbasis 1991=100

Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- undRaumforschung2012

Abbildung 2.18: Wohnfläche jeEinwohner inm² 2010

tausends hat sich der Anteil der neugebautenWohnungen mit über 120 m² Wohnfläche deut-lich erhöht (siehe Abbildung 2.19). Zum Teil liegtdieser Anstieg auch an demografischen Verän-derungen (vgl. Kapitel 6).

2.2.3 Gewerbeimmobilien

2.2.3.1 Transparenznachteile

Werden die Wohnimmobilienmärkte noch ver-gleichsweise gut statistisch erfasst, so gilt dies indeutlich geringerem Maße für die Gewerbeimmo-bilienmärkte. Daher lassen sich viele Bestandsdatennur schätzen oder hochrechnen. Die nachfolgendeAnalyse beruht vor allem auf privatwirtschaftlich er-mittelten Zahlengerüsten.

2.2.3.2 Büroimmobilien

Ableitung des Mietflächenbestands vonBüroimmobilienIn der Sonderausgabe der Zeitschrift für Immo-bilienökonomie 2008 Bürobeschäftigte und Büro-flächenbestände in Deutschland wurde der Büro-flächenbestand für Deutschland ausgewiesen. DieZahlen basierten auf einzelnen Totalerhebungenin verschiedenen Städten und der BulwienGesa-RIWIS-Datenbank. Daraus ergab sich für die er-

fassten (125) Städte im Jahr 2006 ein geschätzterBüroflächenbestand von 175,2 Mio. m² Miet-fläche (nach MF-G).9 Für die restlichen Städte undKreise wurde eine Schätzung vorgenommen, so-dass sich für 2006 ein gesamter Büroflächenbe-stand von 320,2 Mio. m² Mietfläche errechnete.

9 Mietflächendefinition der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif), kurz als MF-G bezeichnet.

Page 44: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

Heute weist die RIWIS-Datenbank für 127 Städteeinen Büroflächenbestand nach MF-G von knapp180 Mio. m² aus.

Um auf den Gesamtbüroflächenbestand für dasJahr 2012 zu schließen, wurde in einem erstenSchritt auf die Bestandsschätzung der restlichenKommunen für das Jahr 2006 zurückgegriffen (gif,2008). Dieser Wert wurde dann mit der Wachs-tumsrate der fünf kleinsten Städte im Sample der127 Großstädte hochgerechnet. Insgesamt beträgtnach dieser Hochrechnung (Großstädte auf Basisder RIWIS-Datenbank plus Hochrechnung für dierestlichen Kommunen) der Büroflächenbestandgemäß MF-G 326,3 Mio. m². Dies entspricht etwa407 Mio. m² Brutto-Grundfläche (BGF).

Ähnlich wie beim Wohnungsmarkt hat sich die Zu-nahme der Büroflächen seit Mitte des letztenJahrzehnts deutlich reduziert. Anders als am Woh-nungsmarkt war auf dem Büromarkt die Dotcom-Blase entscheidend, die zunächst einen Angebots-boom bewirkte und als Reaktion darauf zu einemRückgang der Bautätigkeit führte.

Nach 1,5% bis 2,4% Bestandswachstum p.a. inden Jahren 1991 bis 1994 flachte das Wachstumbis zum Jahr 2000 auf 1,2% ab. Während undvor allem (wegen der langen Realisierungs-zeiträume) nach der Dotcom-Euphorie erhöhtesich das Wachstum deutlich auf knapp 2% im Jahr2002, um danach im Rahmen der anschließen-den Ernüchterung ab 2005 auf unterhalb von 1%Wachstum p.a. zu sinken.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

[28]

Büro-flächen-

bestand der127 Städte

Wachstums-rate der

fünf kleins-ten Städte

127 StädteRestliche

KommunenGesamt

Verände-rungsrate

gesamt

2006 0,6% 1,9% 171,7 142,2 313,9

2007 0,7% 0,4% 172,9 144,9 317,8 1,3%

2008 0,8% 0,8% 174,4 145,5 319,9 0,6%

2009 1,0% 0,0% 176,1 146,7 322,7 0,9%

2010 0,9% 0,2% 177,7 146,7 324,4 0,5%

2011 0,6% 0,2% 178,8 147,0 325,9 0,4%

2012 0,0% 0,2% 178,9 147,4 326,3 0,1%

Tabelle 2.1: Von der 2006erBestandsschät-zung zur Schät-zung für das Jahr2012 (in Mio. m²MF-G )

Quelle: BulwienGesa 2013,gif 2008, IREBS Institut

0

20

40

60

80

100

120 m² und mehr

100--120 m²

80--100 m²

60--80 m²

40--60 m²

unter 40 m²

Insgesamtab 20011991--20001987--19901979--19861949--19781919--1948bis 1918

8.964

4.457

6.267

8.736

6.047

1.618

Quelle: Statistisches Bundesamt 2011b,IREBS Institut

Abbildung 2.19:Wohnungsgrößein m² nach Bau-jahr der Wohnge-bäude 2010, Anteile in %

Page 45: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

Leerstand von BüroflächenFür 2012 errechnet sich aus den Daten für diegrößten 127 Städte ein Büroleerstand von zusam-men rund 12,9 Mio. m² oder 7,2%. Hochgerech-net für das gesamte Bundesgebiet ergibt sich einLeerstand von gut 20 Mio. m² (Höchststand: 24,5Mio. m²). Aufgrund der zuletzt sehr geringen Bau-tätigkeit ist der Leerstand in den letzten Jahren vorallem in Westdeutschland etwas gesunken.

Bemerkenswert ist, dass die Leerstandsquoten inWestdeutschland außerhalb der A-Städte 10 imSchnitt niedriger ausfallen und stabiler sind als inden Metropolregionen. Insbesondere währendder Dotcom-Euphorie wurde in den sieben wich-tigsten Bürostandorten (A-Städte) deutlich mehrFläche in Relation zum Gesamtbestand gebaut alsin kleineren Städten. Außerdem investieren institu-tionelle Investoren große Anlagevolumen häufignur in Metropolregionen mit großen Bürostruktu-

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0,0%

0,5%

1,0%

1,5%

2,0%

2,5%

3,0%

201120092007200520032001199919971995

2,6%

146

180Dotcom-Boom Dotcom-Ernüchterung

und wirtschaftlicher Abschwung

1,2%

2,0%

0,6%

1,0%

0,5%Quelle:BulwienGesa 2013,Daten aggregiert für die 127 Städteder RIWIS Daten-bank, IREBS Institut

Abbildung 2.20:Büroflächenbe-stand (127 größte Städte,in Mio. m² Miet-fläche) 1995 bis2012

10 Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Main), Hamburg, Köln, München und Stuttgart.

0%

5%

10%

15%

OstdeutschlandWestdeutschland (ohne A-Städte)A-Städte

201220102008200620042002200019981996199419921990

2,2%

3,6%

5,8%5,6%

8,3%

10,4%

12,8%

8,9%

10,7%

14,2%

11,3%

2,8%

6,0%

1,0%Quelle: BulwienGesa 2013,IREBS Institut

Abbildung 2.21:Büroleerstands-quoten im Ver-gleich 1990 bis2012 (ungewich-tete Mittelwerte in %)

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ren. In Zeiten leicht verfügbaren Kapitals könnenso Metropolregionen überdurchschnittlich expan-dieren.

Die im Zeitablauf zum Teil stark gestiegenen Leer-stände – und die damit verbundenen gesunkenenMietniveaus – haben die Notwendigkeit und Be-reitschaft, in neue Flächen zu investieren, erheb-lich reduziert, was durch die restriktive Haltungder Banken zur Vergabe von Fremdkapital zur Fi-nanzierung von neuen Projektentwicklungen nochverstärkt wurde.

Auf den ostdeutschen Büromärkten liegen dieLeerstandsquoten etwa doppelt so hoch wie imWesten.

Bauaktivitäten bei BüroimmobilienIn Abbildung 2.24 werden die Büroflächenneuzu-gänge für die 127 Marktstädte gegen die mittle-ren Leerstandsquoten dieser Städte abgetragen,wobei die rechte Achse der Leerstandsquoten in-vertiert dargestellt wurde. Es gibt offenbar einenengen Zusammenhang, und die Entwicklung umdie Jahrtausendwende macht deutlich, dass miteiner Wirkungsverzögerung von etwa zwei Jah-ren die Fertigstellungen der Leerstandsentwicklungfolgt: Steigende Leerstände dämpfen die Bautä-tigkeit.

Die Bürobestände in Westdeutschland wuchseninsbesondere nach der Wiedervereinigung undim Zuge des Dotcom-Booms. In Ostdeutschland

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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0,0

1,5

3,0

4,5

6,0

8,0%

7,0%

6,0%

5,0%

4,0%Leerstandsquote in % – invertiertBüroflächenneuzugang (in Mio m²)

201120092007200520032001199919971995

Ursprungsniveau

Aufbau einer höheren Leerstandsquote ...

... und seitdem stagnierend

Quelle: BulwienGesa 2013Daten aggregiertfür die 127 Städteder RIWIS-Daten-bank, IREBS Institut

Abbildung 2.23:Büroflächenneu-zugang versusLeerstandsquote1995 bis 2012(links: in Mio. m²;rechts: Mittelwertder Leerstands-quote in % – invertiert)

0

3.000

6.000

9.000

12.000

15.000Ostdeutschland (ohne Berlin)

Berlin

Westdeutschland

201220102008200620042002200019981996199419921990

9.366

1.130

2.363

Quelle: BulwienGesa 2013,IREBS Institut

Abbildung 2.22:Leerstand Büroflä-chen für die 127größten Städte (in1.000 m²) 1992bis 2012

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sorgte die Vereinigung bis 1998 für Impulse, da-nach ging die Bautätigkeit in den neuen Ländern(mit Ausnahme von Berlin) auf einen Minimalwertzurück.

Wert des BüroflächenbestandsDie Schätzungen für den Wert des Bestands erge-ben sich für die 127 größten Städte aus der durch-schnittlichen Gesamtjahresbüromiete (pro Stadt)geteilt durch die jeweilige durchschnittliche Netto-anfangsrendite der Städte (und der entsprechen-den Aufsummierung der 127 Städte). Die deut-schen Nettoanfangsrenditen gelten als sehr stabil– allerdings sind die Anfangsrenditen in den zen-

tralen Lagen der A-Städte zuletzt wieder deutlichgesunken und befinden sich aktuell auf dem nied-rigsten Niveau seit über 20 Jahren. In den neuenLändern stiegen die Anfangsrenditen bis 2005 ste-tig an, seitdem haben sie sich verglichen mit denwestdeutschen Mittelstädten auf deutlich höheremNiveau stabilisiert. Die durchschnittlichen Netto-anfangsrenditen für Büroflächen liegen derzeit inOstdeutschland einen Prozentpunkt oberhalb derwestdeutschen Renditen. Der starke Fokus institutio-neller Investoren auf A-Städte spiegelt sich in einerniedrigen Nettoanfangsrendite wider. Die Renditeder A-Städte von rund 5% im Jahr 2012 lagknapp zwei Prozentpunkte unter dem westdeut-

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6.000 Baugenehmigungen Westdeutschland

Baugenehmigungen Ostdeutschland

Baufertigstellungen Westdeutschland

Baufertigstellungen Ostdeutschland

2011200920072005200320011999199719951993

5.600

3.309

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2.428

2.989

2.076 1.9052.545

2.721

627

247439 342

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012b, IREBS Institut

Abbildung 2.24:Baufertigstellun-gen und -geneh-migungen Büro-und Verwaltungs-gebäude (in1.000 m²) 1993bis 2011

4,0%

4,5%

5,0%

5,5%

6,0%

6,5%

7,0%

7,5%

8,0%

OstdeutschlandWestdeutschlandA-Städte

201220102008200620042002200019981996199419921990

5,1

6,4

6,7

7,8

6,5

5,8

4,94,9

5,4

Quelle: BulwienGesa 2013,IREBS Institut

Abbildung 2.25:Nettoanfangsren-dite für deutscheBüroflächen inzentraler Lage,1990 bis 2012

Page 48: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

schen und knapp drei Prozentpunkte unter demostdeutschen Renditeniveau.

Den Wert für die Büroimmobilien in Deutschlandschätzen wir per Ende 2011 auf 509 Mrd. Euro.Davon entfallen etwa 386 Mrd. Euro auf die 127großen Städte; 11 dieser Wert basiert auf den fürdie einzelnen Städte eingeflossenen Durch-schnittsmieten, und Nettoanfangsrenditen sowieden entsprechenden Flächenbeständen. Für diesonstigen Städte errechnet sich der Wertbeitrag(123 Mrd. Euro) aus dem Flächenbestand sowieeiner angenommenen Durchschnittsmiete (5,82Euro) und einer durchschnittliche Nettoanfangs-rendite (9,4%). 12

2.2.3.3 Handelsimmobilien

Flächenbestand der HandelsimmobilienIn Deutschland stehen nach Angaben des HDEEnde 2011 ca. 122 Mio. m² Einzelhandels-Ver-kaufsfläche zur Verfügung. Das sind rund 1,5 m²

je Einwohner. 1990 gab es in Deutschland erst 77Mio. m² Einzelhandelsfläche, davon nur 6 Mio.m² in den neuen Bundesländern. In den alten Län-dern nahm die Einzelhandelsfläche seit der Wie-dervereinigung um über 30% zu, in den neuenLändern hat sie sich von einem niedrigen Niveaukommend innerhalb von zehn Jahren (1991 bis2000) verdreifacht und stagniert seitdem.

Die Einzelhandelsflächen wurden seit Jahren stär-ker ausgeweitet als der Einzelhandelsumsatz, dieFlächenproduktivität sinkt also. Dies ist ein deutli-ches Zeichen für den hohen Wettbewerbsdruck inder Branche. Zudem werden mittlerweile fast 40Mrd. Euro im sogenannten Distanzhandel getätigt.

Die Anzahl der Shopping-Center ist in den letztenJahren kontinuierlich gestiegen. Waren es im Jahr1990 noch knapp 100 Center, stieg die Zahl auf444 Ende 2012 an. Mit einer Fläche von gut 14Mio. m² machen sie etwa 11 % der gesamten Ver-kaufsfläche aus.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

11 Der Flächenbestand basiert für die 127 Städte (aus der RIWIS-Datenbank) auf einer Durchschnittsgröße von MF-G und BGF (für ältere Mietverträge ist häufig eher die BGF-Zahl maßgeblich). Wir haben mit den jährli-chen Durchschnittsmieten pro Stadt gerechnet (der ungewichtete Durchschnitt liegt im Jahr 2011 bei 7,8 Euro). Entsprechend haben wir auch die Nettoanfangsrenditen der einzelnen Städte zugrunde gelegt (der unge-wichtete Durchschnitt liegt im Jahr 2011 bei 8,6 %). Die Wertbeiträge der 127 Städte wurden dann aufsum-miert.

12 Die Schätzung für die sonstigen Städte basiert ebenfalls auf Durchschnittswerten von MF-G und BGF. Die Mie-ten und Nettoanfangsrenditen für die sonstigen Städte basieren auf Mittelwerten der 20 kleinsten Städte der RIWIS-Datenbank. Sensitivitäten: Die Annahme einer von beispielsweise 1 Euro höheren Durchschnittsmiete re-sultiert in ca. 22 Mrd. Euro Wertanstieg; würde man die Nettoanfangsrendite beispielsweise um einen Pro-zentpunkt senken, steigt der errechnete Wert um rund 15 Mrd. Euro.

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Sonstige StädteB- bis D-StädteA-Städte

201120102009200820072006

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250

136

123

Quelle: BulwienGesa 2013,IREBS Institut

Abbildung 2.26:WertentwicklungBüroimmobilien(in Mrd. Euro)2006 bis 2011

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Strukturverschiebungen im HandelIm Handel haben sich in den letzten zehn Jahrendeutliche Strukturverschiebungen ergeben. Diestärkste Veränderung verspürte der Fachhandel(nicht filialisiert) mit einem deutlich gesunkenen Um-satzanteil von 31,9% im Jahre 2000 auf nur noch21,3% im Jahre 2011. Ebenso haben die Kauf- undWarenhäuser Einbußen hinnehmen müssen.

Gleichzeitig legten insbesondere die Umsatzan-teile von Fachmärkten und Discountern spürbarzu. Der weitere Einfluss des Online-Handels unddie entsprechenden Auswirkungen auf die Flä-

chennachfrage im Handel werden ein wichtigesThema bleiben (Just, 2012).

Schätzung des Werts der Bestände an HandelsimmobilienDer Werttreiber Nettoanfangsrendite hat sich seitder Lehman-Krise deutlich erholt. Die unzurei-chende Datenbasis (und die weite Spannbreite)der aggregierten Mieterträge aus Handelsimmo-bilien lässt eine detaillierte Abschätzung der Wert-entwicklung des Handelsimmobilienbestandskaum zu. Das Analysehaus BulwienGesa setzt ver-einfachend eine Durchschnittsmiete für alle Einzel-

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105

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3.000

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3.600

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4.000

Umsatz je Quadratmeter Verkaufsfläche, in Euro (rechts)

Verkaufsfläche (links)

2012201120102009200820072006200520042003200220012000

3.779

109

123,2

3.5193.357

3.473

Quelle: HandelsverbandDeutschland 2013

Abbildung 2.27:Flächenwachstumim Handel 2000bis 2012

0

3.000

6.000

9.000

12.000

15.000

0

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200

300

400

500

Zahl der Einkaufszentren (rechts)

Gesamtfläche in Mio. m² (links)

20122010200520001995199019851980197519701965

268

459 1.5451.957

2.4142.781

6.020

9.212

11.759

14.02014.310

1450

6581 93

179

279

372

435444

Quelle: EHI Retail Institute2012

Abbildung 2.28:Anzahl und Flä-che der Shopping-Center in Deutsch-land (1965 bis2012)

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handelsflächen in Deutschland von 20 Euro prom² an und unterstellt eine Rendite von 7%. Darauserrechnet sich ein Gesamtwert aller Einzelhandels-flächen in Deutschland von 410 Mrd. Euro.

2.3 Fazit

Der Anstieg bei der Wohnungsbautätigkeit reichtin einigen Gebieten nicht aus, um die zum Teildurch Zuwanderung bedingte Nachfrage aufzu-nehmen. Insgesamt gibt es in Deutschland derzeitkeine nationale spekulative Übertreibung, allen-

falls in einzelnen Marktsegmenten und einigen Re-gionen, in denen die Preise deutlich schneller ge-stiegen sind als die Mieten (vgl. Kapitel 4). In die-sen Regionen ist der Bestand in unzureichendemMaße ausgeweitet worden; je stärker das Ange-bot ausgeweitet werden kann, desto eher wird be-stehende Knappheit vermindert.

Ähnlich wie beim Wohnungsmarkt hat sich dasWachstum der Büroflächen seit Mitte des letztenJahrzehnts deutlich reduziert. Anders als am Woh-nungsmarkt war auf dem Büromarkt das Platzender Dotcom-Blase mit einer Zeitverzögerung von

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Sonstige*

Kauf- und Warenhäuser

Versandhandel

Supermärkte

SB-Warenhäuser

Filialisten des Fachhandels

Discounter

Fachmärkte

Fachhandel (nicht filialisiert)

2011

2000 31,9% 11,8% 10,1% 12,2% 10,9% 10,3% 4,2%

4,2%

4,2%

21,3% 15,7% 14,9% 14,1% 12,7% 9,1% 3,2%

2,8%

6,2%

Quelle: HandelsverbandDeutschland 2013

Abbildung 2.29:Betriebsformen(Umsatzanteile in%) 2000 und 2011

6,45

6,50

6,55

6,60

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6,70

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8,25

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8,50

Nettoanfangsrendite dezentrale Lagen (rechts)

Nettoanfangsrendite zentrale Lagen (links)

201220112010200920082007200620052004

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8,45

8,30

8,45

8,25Quelle: BulwienGesa 2013,Daten aggregiertfür die 127 Städteder RIWIS Daten-bank, IREBS Institut

Abbildung 2.30:Nettoanfangsren-diten Handelsim-mobilien in %

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hohem Angebot ausschlaggebend für die Verlang-samung. Die im Zeitablauf gestiegenen Leerstände– und die damit verbundenen gesunkenen Miet-niveaus – haben die Notwendigkeit und Motiva-tion, in neue Flächen zu investieren, erheblich re-duziert.

Die Einzelhandelsflächen wurden seit Jahren stär-ker ausgeweitet, als der Einzelhandelsumsatzwächst, die Flächenproduktivität sinkt kontinuier-lich. Dies ist ein deutliches Zeichen für den hohenWettbewerbsdruck in der Branche. Der weitereEinfluss des Online-Handels und die entsprechen-den Auswirkungen auf die Flächennachfrage imHandel werden ein wichtiges Thema bleiben.

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Literatur und Quellen

BulwienGesa (2013): RIWIS Datenbank. Online verfügbar unter www.riwis.de.Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2012): INKAR Indikatoren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklung (Ausgabe 2011).EHI Retail Institute (2012): Shopping-Center 2012, Neueröffnung, Planung, Revitalisierung. Köln.Gans, Paul; Voigtländer, Michael; Westerheide, Peter; Demary, Markus; Meng, Rüdiger; Schmitz Veltin, Ansgar (2009): Wirtschaftsfaktor Immobilien – Die Immobilienmärkte aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive. Hg. v. DV Deutscher Verband für Wohnungswesen Städtebau und Raumordnung e.V. und gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. Berlin.gif (2008): Bürobeschäftigte und Büroflächenbestände in Deutschland. Zeitschrift für Immobilienökonomie; Sonderausgabe 2008.Handelsverband Deutschland (2013): Online verfügbar unter www.einzelhandel.de.ifo Institut (2013): Die Bauwirtschaft im Mai 2013.Just, Tobias (2012): Einzelhändler müssen die Konkurrenz im Netz sehr ernst nehmen. In: GCSC German Council Magazin 16 (4), S. 58–59.Roncador, Tilman Alexander von (2006): Der Wohnungsbau auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutsch-land 1945 bis 1990. München: Dissertation.Rußig, Volker; Dorffmeister, Ludwig; Kuhlmann, Andreas; Schedl, Hans (2005): Die wirtschafliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft. In: Zeitschrift für Immobilienökonomie (Sonderheft 2005).Statistisches Bundesamt (2011a): Haushalte und Familien – Ergebnisse des Mikrozensus 2011 (Fachserie 1 Reihe 3).Statistisches Bundesamt (2011b): Statistisches Jahrbuch 2011. Wiesbaden.Statistisches Bundesamt (2011c): Umweltnutzung und Wirtschaft. Bericht zu den Umweltökonomischen Ge-samtrechnungen. Wiesbaden.Statistisches Bundesamt (2012a): Bauen und Wohnen: Baugenehmigungen/Baufertigstellungen. Wiesbaden (Lange Reihen z.T. ab 1949).Statistisches Bundesamt (2012b): Bauen und Wohnen: Baugenehmigungen/Baufertigstellungen von Nicht-wohngebäuden. Wiesbaden (Lange Reihen z.T. ab 1980).Statistisches Bundesamt (2012c): Bauen und Wohnen: Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte (Fachserie 5 Heft 1).Statistisches Bundesamt (2012d): Gebäude und Wohnungen. Bestand an Wohnungen und Wohngebäuden, Bauabgang von Wohnungen und Wohngebäuden. Wiesbaden (Fachserie 5 Reihe 3).Statistisches Bundesamt (2012e): Statistisches Jahrbuch 2012. Deutschland und Internationales. Wiesbaden.

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3.Transaktionen und ImmobilienumsätzeTransaktionen von Wohn- und Gewerbeimmobilien und internationaleAkteure am Markt

[36]

Zusammenfassung

Obwohl sich die Datenlage über die Immobilien-Preisentwicklung in den letzten Jahren verbesserte, wird eine ausführliche Berichterstattung über die Transaktionen und Umsätze weiterhin vernachlässigt. Eine Ver-besserung ist aus zwei Gründen geboten: Erstens geben Transaktionen Anhaltspunkte zur Liquidität des Marktes, damit sich Käufer und Verkäufer zeitnah finden und einen Preis erzielen, der der fundamenta-len Bewertung einer Immobilie entspricht. Zweitens helfen Transaktionsdaten, frühzeitig spekulative Bla-sen in Immobilienmärkten zu erkennen. Charakteristisch dafür sind eine steigende Wiederverkaufsrate und ein erhöhtes Transaktionsvolumen.Nach erheblichen Umsatzrückgängen in den Jahren 2008 und 2009 liegt das Transaktionsvolumen im Jahr 2012 mit 168 Mrd. Euro über dem langfristigen Mittel zwischen 1991 und 2012 von ca. 136 Mrd. Euro (Berechnung aufgrund des Grunderwerbsteueraufkommens).Die Daten des Arbeitskreises Gutachterausschüsse (AK-OGA) zeigen, dass die individuell genutzten Wohnungen, also Eigenheime und Eigentumswohnungen, sowie renditeorientierte Wohnobjekte, also Teileigentum und Mehrfamilienhäuser, sowohl in der Anzahl der Transaktionen als auch in den Umsatz-zahlen die wichtigsten Komponenten und Zuwachsbringer für den Immobilienmarkt seit dem Jahr 2008 sind.Für die Analyse der Wohnportfoliotransaktionen wird zwischen Größenklassen unterschieden. Transak-tionen von Wohnungen im Portfolio mit mehr als 800 Einheiten weisen seit ihrer Erfassung große Schwan-kungen auf und erreichten ihren Höhepunkt zwischen den Jahren 2004 und 2007. Dagegen ist die An-zahl der verkauften Wohnungen im Portfolio mit weniger als 800 Einheiten über die Jahre relativ stabil.Im Gewerbeimmobilienmarkt sind die Datenlücken wesentlich größer als im Wohnimmobilienmarkt. Er-fasst werden in diesem Teilsegment meist nur die großen Städte.Über 50 % der Transaktionen institutioneller Investoren entfallen auf die sieben A-Städte (Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München). Im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2012 entfiel mit 43% der größte Anteil der Transaktionen auf den Büromarkt.Die nicht zufriedenstellende Datenbasis bei den Transaktionen ist bemerkenswert, da alle Daten systema-tisch und weitgehend flächendeckend von den kommunalen Gutachterausschüssen erhoben, aber nur un-zureichend veröffentlicht werden und daher auch eine Zusammenführung schwierig ist.Leider gibt es von amtlicher Seite nur Daten mit einem hohen Aggregationsgrad sowie mit großer zeitli-cher Verzögerung, sodass Transaktionsdaten für die Marktbeobachtung am aktuellen zeitlichen Rand derzeit nur eingeschränkt vorhanden sind.

DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

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3.1 Bedeutung der Transaktio-nen und Immobilienum-sätze

In den letzten Jahren wurden von vielen AnbieternDaten zur Preis- und Mietentwicklung von Immobi-lien generiert. Hierdurch erhalten die Marktteilneh-mer ein zunehmend besseres Bild über Knapphei-ten und Renditechancen im Immobilienmarkt.Flächendeckende Daten zu Transaktionen, die dasBild vervollständigen könnten, werden bisher nurunzureichend veröffentlicht. Aus mindestens zweiGründen sind Daten zu Transaktionen für dieMarktbeobachtung wichtig:

Erstens geben Transaktionen Anhaltspunkte zur Li-quidität des Marktes. Je mehr in einem regionalenTeilmarkt gehandelt wird, desto eher können In-vestoren davon ausgehen, eine einmal erworbeneImmobilie wieder verkaufen zu können. Die Liqui-dität ist darüber hinaus wichtig, um einen Preis zuerzielen, der der fundamentalen Bewertung einerImmobilie entspricht. So ergibt sich der Immobi-lienpreis meist in erster Linie aus den erwartetendiskontierten Mieteinnahmen. Ist der Markt jedochilliquide, das heißt, es gibt nur wenig Transaktio-nen (oder es mangelt an der Veröffentlichung),kann ein Investor den ermittelten Wert in einem ge-wissen Zeitraum und/oder eine entsprechendeMenge möglicherweise nicht erreichen, weil keinpassender Käufer im Markt tätig ist. PlötzlichePreisveränderungen in Märkten können daherauch auf volatile Transaktionszahlen hindeuten,weshalb diese immer in eine Analyse miteinbezo-gen werden sollten, vor allem auf der lokalenEbene.

Zweitens sind Transaktionsdaten wichtig, um früh-zeitig spekulative Blasen in Immobilienmärkten zuerkennen (vgl. Hohenstatt et al., 2011). Schließ-lich steigt in Boom-Phasen der Anteil derjenigenTransaktionen an, die aufgrund von (spekulativen)Erwartungen über die zukünftigen Preisentwicklun-gen getätigt werden. Letztlich entsteht eine speku-lative Blase durch den Wettlauf optimistischer Er-wartungen. Während konservative Anleger ihreImmobilien bei den ersten Preissteigerungen ver-kaufen, steigen neue Investoren ein, die auf weitersteigende Preise setzen. Wenn die Erwartungenüberschießen, kaufen auch bei steigenden Preisen

Investoren immer weiter hinzu, während andereInvestoren Gewinne realisieren. Charakteristischsind somit eine erhöhte Wiederverkaufsrate derImmobilien und ein größeres Transaktionsvolumen(vgl. Henger et al., 2012).

3.2 Verwendete Daten

Zur Analyse der Transaktionen von Wohn- und Ge-werbeimmobilien sowie der Bedeutung nationalerund internationaler Akteure im Markt werden imFolgenden in Ermangelung einer durchgehendenDatenbasis verschiedene Quellen verwendet. AlsHauptdatenquelle dient der aktuellste Bericht desArbeitskreises der Gutachterausschüsse und Obe-ren Gutachterausschüsse (AK-OGA) zum Immobi-lienmarkt Deutschland 2011, in dem die Daten derOberen Gutachterausschüsse bzw. der zentralenGeschäftsstellen der Bundesländer auf freiwilligerBasis bundesweit zusammengetragen wurden,wobei einige Länder infolge unzureichender Da-tenqualität hochgerechnet werden mussten. Umdas Gesamtbild zu ergänzen, wird eine Schätzungauf Basis des Grunderwerbsteueraufkommens vor-genommen (Abschnitt 3.3). Die Daten des AK-OGA eignen sich, um ein detailliertes Bild über dieprivaten Wohnungen und Eigenheime im gesam-ten Bundesgebiet zu erlangen (Abschnitt 3.4). Fürdie Betrachtung der Wohnungsportfoliotransaktio-nen wird zusätzlich auf die BBSR-Datenbank zu-rückgegriffen, da hierin auch Share Deals und Un-ternehmensverkäufe mit Immobilien enthalten sind.Bei Gewerbeimmobilien (Abschnitt 3.5) werdendie Daten von BulwienGesa verwendet, um einendetaillierten Blick auf die wichtigsten Städte zu er-halten. In einem Exkurs wird auch die Statistik derDeutschen Bundesbank erläutert, die allerdings nureine eingeschränkte Aussagekraft hat.

3.3 Entwicklung des Gesamt-markts

Die Abbildung 3.1 gibt die prozentualen Ände-rungen der wichtigsten Kenngrößen (Anzahl derTransaktionen, umgesetzte Geldmenge und Flä-chenumsatz) für die Erfassung der Gesamtmarkt-bewegungen durch den aktuellsten Bericht desAK-OGA zwischen 2008 und 2010 wieder (aktu-

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3

4

5

6

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9

A

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ellere Daten liegen zusammengefasst nicht vor).Ein Vergleich dieser Größen über den vorgegebe-nen Zeitraum ermöglicht erste Aussagen über dieAktivitäten am Gesamtmarkt. Auch wenn in be-stimmten Bundesländern aufgrund der besonde-ren Erhebungsweise auf Gemeindeebene (inBaden-Württemberg) oder der mangelnden Ver-öffentlichungspraxis (in Teilen von Bayern, Sach-sen und Schleswig-Holstein) und der damit verbun-denen geringen Lieferung der Mikro-Daten Lückenbestehen, eignen sich diese Werte, um für den ge-samten deutschen Immobilienmarkt einen Über-blick zu erhalten. Diese gesammelten Daten reprä-sentieren ca. 75% der Transaktionen und werdendaher vom AK-OGA für eine Hochrechnung ver-wendet.

Die Anzahl der Transaktionen ist von 836.000 imJahr 2007 trotz eines geringen Rückgangs 2008auf 954.000 im Jahr 2010 gestiegen. Der Flä-chenumsatz, der 2007 bei 4.430 km² lag, stiegdagegen für das Jahr 2008 leicht und fiel bis2010 auf 3.520 km². Der Flächenumsatz betrugdamit jährlich ungefähr 1% der gesamten Grund-fläche Deutschlands. Der geldwerte Immobilien-umsatz brach im Jahr 2008 um 24,7% ein, beieinem Ausgangsniveau von 174 Mrd. Euro 2007.Nach einer geringen Änderung 2009 erholte sichder Immobilienumsatz durch eine Steigerung von

13,8% wieder auf 148 Mrd. Euro im Jahr 2010.Zusammenfassend lässt sich feststellen (vgl. Ar-beitskreis der Gutachterausschüsse und OberenGutachterausschüsse in der BundesrepublikDeutschland, 2012):

Sowohl individuell genutzte Wohnimmobilien (Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilien-häuser und Grundstücke) als auch renditeori-entierte Wohnobjekte (Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäuser) sowie Geschäfts-häuser sind die Treiber für die Zuwächse der Verkaufszahlen.Die Verringerung der gesamten Flächenum-sätze resultiert vornehmlich aus dem Rück-gang der Transaktionen der landwirtschaftli-chen Flächen.Die Umsatzzuwächse resultieren überwie-gend aus dem Zuwachs bei Wohnimmobilien.

Als weitere Quelle wird das Grunderwerbsteuer-aufkommen der Bundesländer genutzt. Diese Sta-tistik ermöglicht es, die jährlichen gewerblichenund privaten Immobilienumsätze über einen län-geren Zeitraum (seit 1991) und bis an den aktuel-len zeitlichen Rand zu erfassen. Dabei weicht dieErhebung vom realen Transaktionswert durch sichgegenseitig aufhebende steuerfreie Vorfälle (z.B.Erwerb unter Ehegatten oder Lebenspartnern),durch Unternehmenskäufe (Share-Deals 13), Ver-rechnung mit Gegenleistungen oder subsidiäreSteuerereignisse (z.B. Schenkung oder Erbe) teilsmehr oder weniger ab. Hinzu kommt häufig einezeitliche Verzögerung zwischen der Transaktionund der Fälligkeit bzw. Verbuchung der Grunder-werbsteuerzahlung bei den Steuerbehörden. DieDifferenzen der Berechnung auf Basis des Grund-erwerbsteueraufkommens und der des AK-OGAliegen für die Jahre, für die beide Berechnungenvorliegen, zwischen gut einer Mrd. Euro für 2010und bei fast 30 Mrd. Euro für 2008. Die langeHistorie der Schätzung aus dem Grunderwerb-steueraufkommen zeigt den Anstieg des Umsatzesin den 1990er Jahren von 66 Mrd. Euro (1991)

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

13 Der Verkauf von Immobilien und Grundstücken durch eine Immobiliengesellschaft kann entweder durch einen Asset-Deal (Verkauf der einzelnen Immobilien und Grundstücke) oder Share-Deal (Verkauf der Gesellschafts-anteile) erfolgen. Der Share-Deal hatte u.a. die Folge, dass keine Grunderwerbsteuer anfiel, wenn nicht mehr als 95% der Anteile innerhalb von fünf Jahren übertragen wurden; diese RETT-Blocker (Real Estate Transfer Tax) funktionieren jedoch nicht mehr (BT-Drs. 17/13722). Share-Deals haben für den Immobilienmarkt eine wichtige Bedeutung, werden aber in keiner amtlichen Statistik erfasst.

[38]

60

80

100

120

FlächenumsatzUmsatzAnzahl

2010200920082007

Quelle: Arbeitskreis derGutachteraus-schüsse und Oberen Gutachter-ausschüsse in derBundesrepublikDeutschland 2012,S. 50–51.

Abbildung 3.1:Transaktionskenn-größen 2007 bis2010 (Index:2007=100)

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auf 179 Mrd. Euro im Jahr 1999. Dieser ist zueinem großen Teil auf die Erweiterung des Erfas-sungsgebietes und den Immobilienboom in denneuen Bundesländern nach der Wende zurückzu-führen. Die Rückgänge nach der Dotcom-Krise2000 und der Subprimekrise 2007 wurden inzwi-schen durch kontinuierliche Anstiege seit dem Jahr2009 ausgeglichen. Das Volumen des Gesamt-marktes betrug 2011 knapp 166 Mrd. Euro undstieg 2012 nochmals leicht um +1,4% auf 168Mrd. Euro. Damit befindet sich der Gesamtmarktüber dem Niveau des Durchschnitts der 2000er-Jahre von rund 150 Mrd. Euro.

3.4 Entwicklung der Wohnimmobilien

3.4.1 Gesamtbetrachtung von individuell genutzten Wohnungen und Eigenheimen

Die Analyse der Daten des Arbeitskreises der Gut-achterausschüsse und Oberen Gutachteraus-schüsse ermöglicht detaillierte Aussagen zum Teil-markt der individuell genutzten Wohnimmobilien,die sich im Eigentum von Privatpersonen befindenund überwiegend privat genutzt werden. Unterdiese Kategorie fallen Bauplätze für Eigenheime,Wohnungen mit Wohnflächen über 45 m² und Ei-genheime (bebaute Grundstücke mit freistehendenEin- und Zweifamilienwohnhäusern, Doppelhaus-

hälften und Reihenhäusern). In Deutschland stiegdie Anzahl der Wohntransaktionen von 452.000im Jahr 2007 (nach einem geringen Rückgang2008) um über 20% auf 508.000 im Jahr 2009und fast 549.000 im Jahr 2010. Dabei wurdenvor allem mehr (Geschoss-)Wohnungen mit einerdeutlichen Steigerung von rund 30 % gehandelt(von 172.000 auf 224.000). Die Umsatzzahlenin Abbildung 3.3 zeigen einen ähnlichen Verlauf.Nach einem geringen Zuwachs von 2007 auf2008 steigerte sich die jährliche Wachstumsratebis 2010 um etwa 10%. Der Gesamtumsatz stiegsomit in diesem Segment von 64,9 Mrd. Euro2007 auf 80,7 Mrd. Euro 2010. Über den Zeitab-

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1

2

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A

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40

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80

100

120

140

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180

200

20112009200720052003200119991997199519931991

66

108

93

179

133

194

135

168

Quelle: Statistisches Bundesamt 2012b,ZEW

Abbildung 3.2:Immobilienumsatzin Mrd. Euro 1991bis 2012 (nachdem Grunder-werbsteuerauf-kommen)

0102030405060708090

Wohnungen inkl. Apartments und Erstverkäufe nach Umwandlung

gebrauchte Eigenheime

Bauplätze für Eigenheime

2010200920082007

6,9

31,5

26,3

6,5

31,8

27,0

7,0

36,7

29,6

7,8

39,3

33,5

Quelle: Arbeitskreis derGutachteraus-schüsse und Oberen Gutachter-ausschüsse in der BundesrepublikDeutschland 2012,S. 203, 209 und220

Abbildung 3.3:Umsätze mit individuell genutzten Wohn-immobilien inMrd. Euro 2007bis 2010

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lauf zeigt sich, dass Wohnimmobilien von der Fi-nanzkrise kaum betroffen waren.

3.4.2 Teilsegment Wohnungsport-foliotransaktionen von Miet-wohnungen

Um ein detaillierteres Bild über das Transaktions-volumen von Mietwohnungen und deren unter-schiedliche Käufer- und Verkäufergruppen zu er-halten, wird im Folgenden auf die BBSR-Datenbank„Wohnungstransaktionen“ zurückgegriffen. In die-ser Datenbank wird die Anzahl aller Transaktionenvon großen Wohnungsportfolios erfasst. Demge-genüber gibt es für kleinteilige Transaktionen (unter800 Einheiten) bisher noch keine durchgehendeDatenerfassung. Daher wird auf eine aktuelle Stu-die des Instituts für Stadtforschung und Strukturpo-litik (IfS) zurück gegriffen (BMVBS, 2011). Diesebasiert auf einer umfangreichen Sammlung vonDaten ausgewählter Gutachterausschüsse und

einer Erhebung durch den Arbeitskreis der OberenGutachterausschüsse, die für Deutschland hochge-rechnet wurden. Einmalig an dieser Studie ist, dassauch Transaktionen unter 100 Einheiten (sowohlkleine Wohnungspakete als auch Einzelobjekte)beachtet werden, die allerdings nur bis 2008 vor-liegen. 14

Abbildung 3.4 zeigt die Anzahl der verkauftenWohnungen nach der Größe der Portfolios von2000 bis Mitte 2012. Von 2000 bis 2008 wur-den in Deutschland in fast 350 Transaktionen 2,1Mio. Wohnungen in kleineren Portfolios (unter 800Wohnungen) und 1,8 Mio. Wohnungen (bis Mitte2012: 2,1 Mio.) in größeren Portfolios (über 800Einheiten) verkauft; das sind zusammen 3,9 Mio.Wohnungen oder durchschnittlich knapp 430.000Mietwohnungen pro Jahr. Dies entspricht bei ins-gesamt 19,6 Mio. bewohnten Mietwohnungen(Statistisches Bundesamt, 2012a) jährlich rund 2%.Daran waren rund 135 private Investoren beteiligt(BT-DS 17/12950). Bei der Gesamtzahl der gro-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

14 Aufgrund der schwierigen Datenverfügbarkeit für Transaktionen unter 100 Einheiten liegen für kleinteilige Transaktionen lediglich Schätzungen bis zum Jahr 2008 vor. Eine Zusammenführung mit anderen Datenquel-len, die Einheiten zwischen 100 und 800 erfassen und dabei eine andere Methode verwenden, würde ein fal-sches Bild der gesamten Transaktionen vermitteln. Daher werden die Daten der verschiedenen Quellen geson-dert ausgewiesen.

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0

50

100

150

200

250

300

350

400

zwischen 100 und 800 Wohnungen (BBSR (2012))über 800 Wohnungen (BMVBS (2011) und BBSR (2012))unter 800 Wohnungen, Schätzungen, nur bis 2008 (BMVBS (2011))

1.Hj. 2012201020082006200420022000

228

96

140129

65

362 358

282 288

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28 34

90

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3420 18 14

27

233 241

187

212233

265287

208

Quelle: BMVBS (2011) undBBSR (2012), BBSR-Datenbank Woh-nungstransaktionen.Für kleine Woh-nungsportfolios(unter 800 Wohnun-gen) endet die Zeit-reihe im Jahr 2008.Danach liegen keineDaten vor. Für Woh-nungsportfolios zwi-schen 100 und 800Wohnungen gibt eseine eingeschränkteSchätzung seitensdes BBSR seit dem2. Halbjahr 2006

Abbildung 3.4:Verkaufte Woh-nungen in Portfo-lios nach Größevon 2000 bisMitte 2012 in1.000

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ßen Portfolios wurden rund ein Drittel dieser Woh-nungen bereits mehrfach gehandelt.

Die großen und kleinen Transaktionen unterschei-den sich deutlich in ihrer Schwankungsanfälligkeit.Sie ist bei den großvolumigen Transaktionen vielstärker ausgeprägt. Einhergehend mit einer ver-stärkten Aktivität ausländischer Investoren erlebensie zwischen 2004 und 2007 eine Boom-Phaseund brechen 2008 im Zuge der Finanzkrise merk-lich ein. Im Vergleich dazu zeigen sich bei denkleineren Transaktionen relativ konstante Transak-tionsvolumina. Diese Eigenschaften bezüglich derSchwankungsanfälligkeit spiegelt auch das statis-tische Maß der Standardabweichung wider. Sieist für Portfoliotransaktionen über 800 Einheitenrund viermal so groß wie für solche unter 800 Ein-heiten (in Zahlen: 111.000 Wohneinheiten gegen-über 28.000 Wohneinheiten). Die dritte Zeitreihebeschreibt das Teilsegment der Transaktionen zwi-schen 100 und 800 Einheiten. Diese Daten wer-den seit dem 2. Halbjahr 2006 seitens des BBSRerhoben. Auch wenn die Methodik des BBSR nur

einen Teil der kleineren Portfoliotransaktionen er-fasst, bilden die Transaktionen unter 100 Wohnun-gen (hierbei sogar unter 50 Wohnungen) in demverfügbaren Zeitraum die Mehrheit.

Für große Transaktionen (über 800 Wohneinhei-ten) liegen detaillierte Informationen über die Artder Verkäufer und Käufer sowie die geografischeVerteilung vor (Tabelle 3.1). Über den betrachtetenZeitraum verkaufte die öffentliche Hand 964.000Wohnungen und kaufte 369.000 Wohnungen. ImSaldo wurden somit 594.000 Wohnungen veräu-ßert, dabei spielte die Gruppe Bund/Länder einegrößere Rolle als die Kommunen. Ebenso habensonstige Marktteilnehmer (Genossenschaften, Kir-chen und sonstige Akteure) ihre Bestände um69.000 Wohneinheiten reduziert. Setzt man diesesVolumen in Relation zu den gesamten Beständender Öffentlichen Hand und der Sonstigen, wurdenrund 12% der Wohnungsbestände der ÖffentlichenHand und der Sonstigen im Betrachtungszeitraumverkauft. 15 Dies entspricht näherungsweise einerjährlichen Veräußerungsquote von 1% pro Jahr.

[41]

1

2

3

4

5

6

7

8

9

A

Verkäufe Käufe Saldo

Wohnungen Anteil Wohnungen Anteil Wohnungen

Öffentliche Hand 964.000 44,4% 369.000 17,9% –594.000

Kommunen 385.000 17,7% 160.000 7,4% –225.000

Bund/Länder 578.000 26,6% 209.000 9,6% –369.000

Privat 1.102.000 50,8% 1.765.000 81,3% 663.000

Deutsche privatwirtschaftli-che Unternehmen

653.000 30,1% 529.000 24,4% –124.000

Angelsächsische Unternehmen

349.000 16,1% 997.000 46,0% 648.000

Kontinental-europäische Unternehmen

54.000 2,5% 208.000 9,6% 155.000

Privateigentümer ohne Zuordnung

46.000 2,1% 30.000 1,4% –16.000

Sonstige 105.000 4,8% 36.000 1,7% –69.000

(Genossenschaft, Kirche,keine Angabe etc.)

Insgesamt 2.170.000 100% 2.170.000 100%

Quelle: BBSR 2012b, BBSR-DatenbankWohnungstransak-tionen. Berücksichtigt sindnur Verkäufe undKäufe großer Woh-nungsbestände ab800 Wohnungen.Summenabweichun-gen können durchRundung entstehen.

Tabelle 3.1: Verkäufe undKäufe von Wohn-portfolios nach Eigentümergrup-pen von 1999 bis Mitte 2012

15 BMVBS (2007) berichtet einen Bestand von 5.319.000 Wohneinheiten in der Öffentlichen Hand zuzüglich Sonstiger zum Stichtag 31.12.1998.

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Interessanterweise waren auch deutsche privat-wirtschaftliche Unternehmen im Saldo Verkäufervon 124.000 Wohnungen. Einige große deutscheIndustrieunternehmen, die aus historischen Grün-den große Wohnportfolios besaßen, haben ihreBestände veräußert, um sich auf ihre originärenGeschäftsfelder zu konzentrieren (–653.000 Ein-heiten).

Käufer waren vor allem private Unternehmen, diedurch den Kauf von über 1,7 Mio. Wohnungenihren Bestand um 663.000 Wohnungen erhöh-ten. Dazu gehören deutsche Unternehmen, diesich auf dieses Segment spezialisiert haben und529.000 Wohnungen hinzugekauft haben, sowieInvestoren aus dem Ausland. Dabei entfällt einNetto-Kaufvolumen (Saldo) von 648.000 Woh-nungen auf angelsächsische Investoren und155.000 Wohnungen auf solche aus Kontinental-europa.

Bei diesem Trend zur Privatisierung kann nicht voneinem deutschlandweiten Phänomen gesprochen

werden. Die hohe Konzentration der Transaktions-volumina der insgesamt 341 Deals (mit jeweilsmehr als 800 Wohneinheiten) in diesen 13 Jah-ren führt zu deutlichen regionalen Unterschiedenund in der Zusammensetzung der Investorengrup-pen (Abbildung 3.5). Die meisten Wohnungenwurden von 1999 bis 2011 in Nordrhein-West-falen (529.000 Wohnungen) und in Berlin(476.000 Wohnungen) gehandelt. Dies entsprichtknapp der Hälfte der rund 2 Mio. gehandeltenWohnungen in diesem Zeitraum.

3.5 Entwicklung der Gewerbeimmobilien

Der folgende Abschnitt beschreibt die Entwicklun-gen auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarktund fokussiert nach einer Gesamtbetrachtung aufdie beiden Nutzungsarten Büro und Einzelhandel.Darüber hinaus beschränken sich die Auswertun-gen auf die größten 125 Städte, da die Daten fürdas Transaktionsvolumen und dessen Differenzie-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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NL

BE

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FR

CH

AT

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Kiel

Mainz

Erfurt

Berlin

Bremen

Potsdam

Dresden

Hamburg

München

Schwerin

Hannover

Magdeburg

Stuttgart

Düsseldorf

Saarbrücken

Wiesbaden

gekaufte Wohnungen nach Art der Investoren 1999 bis 2011

Datenbasis: BBSR-Datenbank WohnungstransaktionenGeometrische Grundlage: BKG, Länder, 31.12.2008

100 km

Kommune

Bund/Land

Anmerkung: Berücksichtigt sind Verkäufe großer Wohnungsbestände ab 800 Wohnungen.

200 000

100 00050 000

Deutsches privatwirtschaftliches Unternehmen

Unternehmen angelsächsisches Ausland

Unternehmen kontinentaleuropäisches Ausland

Privateigentümer ohne Zuordnung

Wohnungsgenossenschaften, kirchliche und sonstige Wohnungsunternehmen

400 000

BBSR Bonn 2012©

Quelle: BBSR 2012, BBSR-DatenbankWohnungstrans-aktionen

Abbildung 3.5:Transaktionengroßer Mietwoh-nungsbeständenach Bundeslän-dern 2009 bis2011

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rung nach Standorten und Nutzungsarten nur voneinigen kommerziellen Anbietern erhoben werden.In diesem Abschnitt werden die Daten von Bulwien-Gesa verwendet, die sowohl auf eigenen Erhebun-gen (Umfragen, Zeitungsmeldungen, Unterneh-mensinformationen o.ä.) als auch auf externenQuellen (Industrie- und Handelskammern, Wirt-schaftsförderung, Maklerangaben etc.) basieren.

3.5.1 Gesamtbetrachtung und Standortdifferenzierung

Die Entwicklungen im Gewerbeimmobilienmarktwurden in den letzten Jahren vor allem durch denmassiven Einstieg ausländischer Investoren (unge-rechterweise oft als „Heuschrecken“ bezeichnet)und die anschließende Finanzkrise geprägt. Dieszeigt sich gerade auch an dem Investitionsverhalteninstitutioneller Investoren. Während der Markt An-fang der 2000er Jahre zunächst stagnierte, zogendie Investments, bedingt durch niedrige Zinsen unddie Erwartung steigender Preise, zunehmend anund erreichten im Jahr 2007 einen Höhepunkt miteinem Volumen von 62 Mrd. Euro. Aufgrund derFinanzkrise kam es dann zu einem starken Einbruchdes Engagements institutioneller Investoren, aller-dings ziehen die Transaktionen seit 2009 an underreichten 2012 wieder das Niveau von Anfangder 2000er Jahre von gut 20 Mrd. Euro. Institutio-nelle Investoren vereinigen im Gewerbeimmobilien-

markt der größten 125 Städte etwa 60 bis 80%des Transaktionsvolumens auf sich.

Nach der ABCD-Städteklassifizierung von Bul-wienGesa (127 Städte siehe Anhang ab Seite149), also Standorte mit internationaler, nationa-ler, überregionaler und regionaler Bedeutung, ent-fallen mehr als die Hälfte aller institutionellen Im-mobilieninvestments auf die A-Standorte (Berlin,Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgartund München). 16 Ihr Anteil lag 2010 bei 59%,sank 2011 auf 52% und stieg 2012 wieder auf54% der Investments, während die B-Standorte imgleichen Zeitraum ihren Anteil von 13 auf 18%deutlich erhöhen konnten. Der Grund für diesenAufholprozess dürfte in der Verknappung des An-gebots in den A-Städten („Core“) liegen, der zueinem Ausweichen der Investoren auch auf klei-nere Standorte führte. Ob sich dies auch in Zu-kunft fortsetzt, bleibt abzuwarten.

3.5.2 Teilsegment Büro

Büroimmobilien stellen den quantitativ wichtigs-ten Teilmarkt unter den Gewerbeimmobilien dar.Durchschnittlich entfielen in den Jahren 2007 bis2012 in den 125 Städten 43 % des Umsatzesaller Käufe im Gewerbeimmobilienmarkt auf denBürosektor. Dabei schwankte die Quote zwischen53% (2007) und 35% (2011). In den A-Städten

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1

2

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4

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7

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A

0

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20

30

40

50

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70

2012201120102009200820072006200520042003200220012000

23,9

20,3

24,6

22,0 24,6

47,452,5

62,6

19,3

10,7

19,1

18,8

22,3

Quelle: BulwienGesa 2013,IW Köln

Abbildung 3.6: Investments insti-tutioneller Investo-ren im deutschenGewerbeimmobi-lienmarkt in Mrd.Euro von 2000 bis2012

16 Die BulwienGesa-Klassifizierung enthält insgesamt 127 Städte und erfolgt nach der funktionalen Bedeutung einer Stadt, hauptsächlich nach der Bevölkerungszahl, aber auch nach den Büroumsätzen und Büroflächen-beständen. Eine Auflistung der Städte findet sich als Anhang ab Seite 149.

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ist dieser Anteil noch etwas größer. Allerdingssind Transaktionen im Büromarkt tendenziell sehrvolatil, zum einen aufgrund der Konjunkturanfäl-ligkeit institutioneller Käufer, zum anderen auchaufgrund der geringen Zahl der Transaktionen.Als Alternative zu Transaktionen werden daherhäufig die Büroflächenumsätze, also die Vermie-tungen betrachtet. Differenziert man diese nachden A- bis D-Standorten, so erkennt man für denZeitraum 2000 und 2012 deutliche Verschiebun-gen. Im Vergleich zu den A-Standorten stiegendie Büroflächenumsätze vor allem in den B- undC-Städten an. Spiegelbildlich zu den Investorenerweitern also auch die Nutzer im Büromarktihren Fokus. Auffällig ist der ausgeprägte Zyklusder Büroflächenumsätze in den A-Standorten,während sich die C- und D-Standorte deutlich ste-tiger entwickeln.

Insbesondere die Flächenumsätze in den A-Städ-ten spiegeln die konjunkturelle Entwicklung wider.Nach dem Boom durch die New Economy um dieJahrhundertwende sanken die Büroflächenum-sätze. Mit der wirtschaftlichen Erholung stiegendie Umsätze, ehe während der Finanzkrise ein er-neuter Einbruch erfolgte. Nachdem sich Deutsch-land von der Krise relativ schnell erholen konnte,stiegen die Umsätze wieder moderat an.

Der Grund für den engen Zusammenhang vonwirtschaftlicher Entwicklung und Büroumsätzen istletztlich dem Investitionsverhalten der Unterneh-men geschuldet. Steigen die Umsätze der Unter-nehmen, werden mehr Beschäftigte benötigt, und

es müssen gegebenenfalls neue Arbeitsplätze ge-schaffen werden. Daher folgen die Flächenum-sätze der Konjunktur, wobei im Allgemeinen voneiner Zeitverzögerung auszugehen ist. Die Um-sätze erreichten im Büromarkt einen Tiefpunkt inden A-Städten im Jahr 2009 – analog der ge-samtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen miteinem Rückgang des Bruttoinlandproduktes um5,1%.

3.5.3 Teilsegment Einzelhandel

Der Markt für Einzelhandelsimmobilien konzen-triert nach dem Büromarkt den größten Transakti-onsumsatz auf sich. Sein Anteil belief sich imDurchschnitt der Jahre 2007 bis 2012 auf 34%,wobei 2011 mit 46 % ein Maximum und 2007 mit21% ein Minimum festzustellen ist.

Ursächlich hierfür ist die gute Rendite-Risiko- Ba-lance der Einzelhandelsimmobilien in den letztenJahren. Dies gilt insbesondere für die Topstandorteund die innerstädtischen Zentren. Attraktiv sind vorallem für große, oft internationale Investoren insbe-sondere Shopping-Center, da diese zum einengroße Investitionsvolumina bieten und zum ande-ren aufgrund der diversen Mieterstruktur die Risi-ken überschaubar sind. Speziell auf dieses Seg-ment entfallen in den letzten Jahren großeInvestitionen (vgl. EHI Retail Institute 2012, Feld etal., 2013). Neben den erstklassigen und zentra-len Lagen in Großstädten werden auch bei Einzel-handelsimmobilien an B-Standorten sowie für

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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D-Städte

C-Städte

B-Städte

A-Städte

2012201120102009200820072006200520042003200220012000Quelle: BulwienGesa 2013

Abbildung 3.7:Büroflächenum-sätze (Vermietun-gen) in den A- bisD-Standorten von2000 bis 2012(Index 2000=100)

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Fachmarktstandorte für die Zukunft positive Ent-wicklungen gesehen. Dort schätzen vor allem diekleineren Investoren den überdurchschnittlichhohen Pro-Kopf-Umsatz, der zu höheren Renditeer-wartungen beiträgt.

Wie Abbildung 3.8 zeigt, ist im Jahr 2012 der An-teil der Shopping-Center an allen Transaktionenspürbar zurückgegangen, vor allem weil nur sehrwenige Objekte gehandelt wurden. Fachmarkt-zentren sowie 1A-Einzelhandelsimmobilien habenhingegen an Anteilen gewonnen.

3.5.4 Investorengruppen in Gewerbeimmobilien

Die größte Investorengruppe bei Gewerbeimmo-bilien ist die der institutionellen Investoren aus demIn- und Ausland. Hierzu zählen offene und ge-schlossene Immobilienfonds, Spezialfonds, Versi-cherungen und Pensionskassen sowie Immobilien-AGs und REITs. Daneben sind auch Family Officesoder Privatanleger im Gewerbeimmobilienmarktaktiv. Die Bedeutung der jeweiligen institutionellenInvestoren zwischen 2000 und 2012 ist in Abbil-dung 3.9 dargestellt. Vor allem in der Boom-Phasezwischen 2004 und 2007 hat sich die Zusammen-setzung der Investoren deutlich verändert. So stiegder Anteil der ausländischen Investoren auf fast70% im Vorfeld der Finanzkrise an. Danach ver-ringerte sich deren Bedeutung, wobei ihr Anteilmittlerweile wieder ansteigt. In absoluten Wertensind ausländische Investoren aber noch weit vonihrem Engagement Mitte der 2000er Jahre ent-fernt. Zu beachten ist, dass in der Statistik von Bul-wienGesa (und in der aller Makler und Marktbe-obachter sowie in der von BMVBS bzw. der BBSR– siehe Abschnitt 3.4.2) Ausländer anders abge-grenzt sind als in der im nachfolgenden Abschnittverwendeten Bundesbank-Statistik. So wird nachBulwienGesa ein Investor dann als Ausländer klas-sifiziert, wenn das Unternehmen eine ausländischeKonzernmutter hat oder das Kapital aus dem Aus-land stammt. Bei der Bundesbank werden dage-gen grenzüberschreitende Transaktionen nur dannerfasst, wenn ein ausländisches Unternehmen di-rekt tätig wird, aber nicht wenn eine deutsche Nie-derlassung als Käufer auftritt.

Im Gegensatz zu Ausländern und mit Abstrichender Immobilienaktiengesellschaften ist das Kauf-verhalten der Versicherungen und geschlossenenImmobilienfonds deutlich stetiger. Bei den offenenImmobilienfonds ist dagegen ein kontinuierlicherRückgang der Käufe zu verzeichnen. Dies ist maß-geblich auf die bekannten Probleme einzelnerFonds zurückzuführen. Die Spezialfonds konntenhingegen deutliche Zuwächse verzeichnen.

Im Blickpunkt zukünftiger Investorenentscheidun-gen stehen in erster Linie die beschlossenen undgeplanten rechtlichen Änderungen im Finanzie-rungsumfeld (vgl. Kapitel 5), die derzeit noch Un-sicherheiten hervorrufen. Überdies sind die Folgender europäischen Finanzkrise und der Niedrigzins-politik noch nicht ausgestanden, wodurch den An-legern Alternativen mit einem ähnlichen Chance-Risiko-Profil wie bei den Immobilieninvestitionenfehlen.

3.6 Exkurs: Internationale Transaktionen und ausländische Investoren

Immobilien sind für viele in- und ausländische In-vestoren ein wichtiger Bestandteil ihrer Portfolio-strategie. Vor der Finanzkrise nahm das Engage-ment institutioneller Investoren und wohlhabenderPrivatpersonen auf dem deutschen Markt erheb-lich zu. Nach dem krisenbedingten Einbruchscheint das ausländische Interesse in den letzten

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Sonstige

1A Einzelhandels-immobilien

Fachmarkt/Fachmarktzentren

Shopping-Center

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28,6

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24,828,5

2,1

33,731,1 31,1

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Quelle: Feld et al. 2013

Abbildung 3.8:Transaktionsvolu-men von Handels-immobilien nachAssetklassen2010 bis 2012 in %

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Jahren erneut zu steigen. Der robust durch dieKrise gegangene deutsche Immobilienmarkt giltals sichere Anlage mit solider Rendite. Die auslän-dischen Investoren versuchen aber auch Diversifi-kationsvorteile zu nutzen, die sie vor den Entwick-lungen ihrer Heimatländer unabhängiger machen.Ebenso wie die Direktinvestitionen insgesamt spie-geln auch die Immobilieninvestitionen die Attrakti-vität eines Marktes wider. Ausländische Kaufakti-vitäten gehen immer mit einem Kapitalzuflusseinher, der auch Investitionen an anderer Stelle er-möglicht und zum Wirtschaftswachstum beiträgt.Ausländische Immobilieninvestitionen werden al-lerdings nicht durchgängig positiv gesehen. Sokönnen grenzüberschreitende Immobilieninvesti-tionen bestehende Aufschwünge und Desinvesti-tionen Abschwünge verstärken, sodass die Immo-bilienmärkte volatiler werden. Wenn Investitionenverstärkt unter Portfolio-Gesichtspunkten getätigtwerden, besteht die Gefahr, dass geringfügige Än-derungen der Rahmenbedingungen erheblicheUmschichtungen nach sich ziehen. Ein hoher An-teil ausländischer Investoren kann damit zu einerhöheren Volatilität beitragen. Sowohl zur Beurtei-lung der Immobilienmarkt-Attraktivität als auch ausGründen der Risikobewertung ist es daher hilf-reich, grenzüberschreitende Transaktionen ge-nauer zu betrachten.

So wichtig ausländische Investoren im Immobilien-markt sind, so unbefriedigend ist die Datensitua-tion. Zwar werden von der Deutschen Bundesbankamtliche Daten zur Verfügung gestellt, aber dieseweisen erhebliche Probleme auf. So kann die Bundesbank internationale Transaktionen schondeshalb nicht vollständig abbilden, da nur Trans-aktionswerte grenzüberschreitender Käufe und Ver-käufe von Immobilien und von Anteilen an ge-schlossenen Immobilienfonds erfasst werden.Alternative Marktdaten von Investoren beinhaltenzwar unter anderem auch die wichtigen Share-Deal-Transaktionen, sind jedoch ebenfalls lücken-haft und hinsichtlich ihrer Erhebungsmethodik nichtvollständig dokumentiert (vgl. BNP Paribas RealEstate, 2012; Real Capital Analytics, 2012). Beider Interpretation der Ergebnisse ist darüber hinauszu beachten, dass die Bundesbank nur die „tatsächlichen“ internationalen Transaktionen be-rücksichtigt. So werden als grenzüberschreitendeTransaktionen nicht gezählt, wenn der Immobilien-erwerb von einem ausländischen Unternehmen mitSitz in Deutschland oder einem in Deutschland ge-meldeten Ausländer erfolgt. Auch Transaktionenvon Tochterunternehmen, die zwar im Inland an-sässig sind, deren Eigner jedoch im Ausland sitzen,sind nach dieser Definition keine grenzüberschrei-tende Transaktion. Schließlich muss auch von einer

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Ausländische Investoren

Spezialfonds

Versicherungen, Pensionskassen

Offene Immobilienfonds

Geschlossene Immobilienfonds

Immobilien-Leasing/Leasingfonds

2012201020082006200420022000Quelle: BulwienGesa 2013

Abbildung 3.9:Prozentuale Ver-teilung der Inves-torengruppen fürGewerbeimmobi-lien von 2000 bis2012

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Untererfassung der Transaktionen ausgegangenwerden, da zwar nach dem Außenwirtschaftsge-setz grenzüberschreitende Immobilientransaktio-nen ab einem Schwellenwert von 12.500 Euro mel-depflichtig sind, aber Versäumnisse bei derMeldepflicht nicht ausgeschlossen werden können(vgl. Deutsche Bundesbank, 2013). Diese unter-schiedlichen Datenerfassungen und Abgrenzun-gen führen unter anderem dazu, dass Bulwien-Gesa und andere Marktteilnehmer für das Jahr2007 von ausländischen Immobilienkäufen imWert von 42 Mrd. Euro ausgehen, während dieBundesbank für das gleiche Jahr einen Wert von9,1 Mrd. Euro angibt.

3.7 Fazit

Die Entwicklung der Transaktionen im Immobilien-markt hat sowohl für die Immobilienwirtschaft alsauch für die Gesamtwirtschaft wichtige Implikatio-nen. Wie sich jedoch zeigt, sind die verfügbarenDaten oft veraltet, unvollständig und/oder habenkeine längere Historie. Im Gewerbeimmobilien-markt fehlt es an amtlichen und vollständigen

Daten. Über eine bessere Verzahnung der Gut-achterausschüsse und den Aufbau einer einheitli-chen Datenbank ließe sich die Datenlage deutlichverbessern. Angesichts der Frage, ob sich einespekulative Blase im Wohnungsmarkt aufbaut,wäre es hilfreich, wenn die Entwicklung zeitnahund vollständig erfasst werden könnte.

Die hier ausgewerteten Daten zeigen, dass dieTransaktionen deutlichen Schwankungen unterlie-gen. So stiegen sie nach der Wende und dem da-nach folgenden Immobilien-Boom deutlich an.Nach dem Rückgang während der Subprime-Kriseliegt das Volumen inzwischen wieder über demlangfristigen Durchschnitt (1991–2012). Ursäch-lich für diese Schwankungen waren neben institu-tionellen Investoren seit den 2000er Jahren auchausländische Anleger, die insbesondere aber nichtnur große Wohnungsportfolios gekauft haben. ImZuge der Finanzkrise haben sich die ausländi-schen Anleger zurückgezogen, doch wie Datenzum Gewerbeimmobilienmarkt zeigen, zieht ihrEngagement erneut an, ohne dass allerdings dasVorkrisenniveau wieder erreicht wird.

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Literatur und Quellen

Arbeitskreis der Gutachterausschüsse und Oberen Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland (2012): Immobilienmarktbericht Deutschland 2011 – Zahlen, Daten, Fakten der Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland. Hannover.BNP Paribas Real Estate (2012): Property report investment market Germany 2012. Köln.BulwienGesa (2013): Sonderauswertung. München.Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung (2012) (Hg.): Transaktionen großer Wohnungsbestände 2011. Bonn (BBSR-Analysen Kompakt, 06/2012).Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung (2012b) (Hg.): Anstieg großer Wohnungstransaktionen in 2012. Bonn (BBSR-Analysen Kompakt, 12/2012).Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS); Bundesamt für Bauwesen und Raumord-nung (BBR) (2007) (Hg.): Veränderung der Anbieterstruktur im deutschen Wohnungsmarkt und wohnungspo-litische Implikationen. Forschungen Heft 124. Bonn.Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) (2011) (Hg.): Transaktionen kleiner Miet-wohnungsbestände. Forschungen Heft 152. Berlin.Deutsche Bundesbank (2013): Bankenstatistik – März 2013. Frankfurt am Main.EHI Retail Institute (2012): Shopping-Center 2012, Neueröffnung, Planung, Revitalisierung. Köln.Feld, Lars; Schulten, Andreas; Jahn, Manuel; Simons, Harald; Kiefer, Michael (2013): Frühjahrsgutachten Im-mobilienwirtschaft 2013. Hg. v. Zentraler Immobilien Ausschuss. Berlin.Henger, Ralph; Pomogajko, Kirill; Voigtländer, Michael (2012): Gibt es eine spekulative Blase am deutschen Wohnimmobilienmarkt? In: IW-Trends 39 (3).Hohenstatt, Ralf; Käsbauer, Manuel; Schäfers, Wolfgang (2011): “Geco” and its potential for real estate re-search: Evidence from the US housing market. In: Journal of Real Estate Research (Vol. 33, Heft 4).Real Capital Analytics (2012): Cross Border capital Ticker. Online verfügbar unter www.rcanalytics.com.Statistisches Bundesamt (2012a): Bauen und Wohnen: Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohn-situation der Haushalte (Fachserie 5, Heft 1).Statistisches Bundesamt (2012b): Finanzen und Steuern (Fachserie 14, Reihe 3).

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4.Immobilienpreise, Mieten und Indizes

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Zusammenfassung

Die amtliche Statistik für Immobilienpreise und Mieten in Deutschland spiegelt die Bedeutung der Anla-geklasse der Immobilien nicht angemessen wider. Auch die meisten Datenreihen privater Institutionen sind häufig mit einem oder mehreren Mängeln behaftet:

Kaum ein Index kann die qualitative Entwicklung angemessen aus der Preisentwicklung herausrechnen.Fast alle Indizes stellen nur die Entwicklung von sektoralen Teilmärkten dar und sind somit nicht re-präsentativ.Viele Indizes sind noch relativ jung und werden nicht unterjährig erfasst. Die meisten Indizes liegen nicht hinreichend für regionale Teilräume vor, sodass regional unterschied-liche Entwicklungen nicht angemessen analysiert werden können.Zudem sind einige Indizes nur kostenpflichtig und andere gar nicht frei zugänglich.

Das Datenangebot zu Gewerbeimmobilienmärkten ist noch stärker limitiert als jenes für Wohnungsmärkte. Zwar sind belastbare und aussagekräftige Zeitreihen verfügbar, diese sind jedoch häufig nur einge-schränkt zugänglich. Für die meisten regionalen Teilmärkte gibt es allerdings nur unvollständige Informa-tionen. Die Entwicklung hedonischer Preisindizes wurde in den letzten Jahren vorangetrieben. Diese Entwick-lung ist zu begrüßen, da sie die Aussagekraft von Preisindizes erhöht. Die Erfahrungen auf den Wohnungs- und Büromärkten sollten auf andere Gewerbeimmobilienmärkte übertragen werden. Aggregierte Preisindizes können die Heterogenität von Immobilien und regionalen Teilmärkten glätten. Aus diesem Grund ist die Betrachtung feingliedriger Immobilienindizes relevant.Die Wohnungspreise in Deutschland sind in den letzten Jahren stärker gestiegen als in den eineinhalb Jahr-zehnten davor. Für Deutschland insgesamt ist bisher jedoch keine spekulative Überhitzung zu erkennen. Die Wohnungspreise sind in einigen deutschen Metropolen sowie gefragten Groß- und Kleinstädten zu-letzt deutlich schneller gestiegen als im Bundesdurchschnitt. Die bisherige Entwicklung spricht allerdings eher für eine Angebotsknappheit von Wohnraum in gefragten Regionen als für Preisübertreibungen. Eine spekulative Übertreibung ist, wenn überhaupt, bisher allenfalls für wenige Toplagen in besonders ge-fragten Quartieren zu vermuten (zum Beispiel in Teilmärkten von Berlin, Hamburg oder München). Diese Teilbereiche sind jedoch zu klein, als dass sich ein zukünftiger Preisverfall in diesen Gebieten negativ auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken könnte.Eine Entwicklung wie zu den Boom-Zeiten in den USA oder Spanien ist daher für Deutschland bisher auszuschließen. Hierzulande liegt die Bautätigkeit in den meisten Regionen noch immer hinter den gän-gigen Baubedarfsprognosen zurück (vgl. Kapitel 2), und das Volumen der Wohnungsbaukredite ist nicht besonders stark gestiegen (vgl. Kapitel 6).

DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

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4.1 Einleitung

Die Entwicklung von Immobilienpreisen und Mie-ten ist von großer volkswirtschaftlicher und gesell-schaftlicher Bedeutung. Immobilienpreise werdenzunehmend für die Bewertung der Finanzmarktsta-bilität analysiert, da Preisübertreibungen am Immo-bilienmarkt in Wechselwirkung mit einer exzessi-ven Kreditvergabe destabilisierend wirken können.Die gesellschaftliche Bedeutung ergibt sich beson-ders bei Wohnimmobilien. Hier sind die privatenHaushalte die wichtigste Investorengruppe, undnicht selten spielen Wohnimmobilien eine domi-nante Rolle in privaten Vermögensportfolios. Wohn-immobilien sind aber auch Konsumgüter. Die Kos-ten für Wohnen stellen einen erheblichen Anteil imprivaten Konsumentenwarenkorb dar. Mit rundeinem Drittel ist Wohnen gemäß der amtlichen Sta-tistik der größte Ausgabenanteil eines durchschnitt-lichen privaten Haushalts. 17 Deshalb ermöglichterst eine hinreichende Transparenz der marktübli-chen Immobilienpreise und Mieten, dass Investo-ren die richtigen Investitionsentscheidungen treffen.

Eine Reihe von Anbietern stellt Immobilienindikato-ren für Deutschland zur Verfügung. Diese unter-scheiden sich sowohl in der methodischen Heran-gehensweise als auch in den zugrunde liegendenDatenquellen. Gleichzeitig erfüllen sie unterschied-lich gut die beiden zentralen Anforderungen derreinen Preismessung und der Repräsentativität, aufdie im folgenden Abschnitt eingegangen wird. Da-nach werden zunächst die gängigen Methoden

und Datenquellen beschrieben. Jeder dieser Indi-zes verfügt über Stärken und Schwächen. Fürjeden Datensatz wird gezeigt, wie gut dieser dieAnforderungen der Preismessung und der Reprä-sentativität erfüllt. Mit Hilfe verschiedener Indikato-ren wird schließlich in den nachfolgenden Ab-schnitten die Entwicklung von Immobilienpreisenund Mieten in Deutschland sowohl für Wohn- alsauch für Gewerbeimmobilien diskutiert.

4.2 Anforderungen an einen Index

Ein guter Index für Immobilienpreise und Mietenmuss möglichst genau das Marktgeschehen abbil-den. Die Qualität eines Indikators bemisst sichdabei vor allem an zwei zentralen Anforderungen.Erstens sollte ein Index die reinen Miet- und/oderPreisentwicklungen abbilden. Bei der Konstruktioneines Index sollten qualitative Unterschiede in denzugrunde liegenden Immobilien ausgeblendetwerden. Zweitens sollte der Index möglichst reprä-sentativ sein und die durchschnittliche Entwicklungeines Marktsegmentes richtig wiedergeben.

Für Immobilienpreise und Mieten ist es schwer, bei-den Anforderungen gerecht zu werden. DieseSchwierigkeit resultiert vor allem aus der geringenUmschlaghäufigkeit von Immobilien. Im Jahr wer-den durchschnittlich weniger als 2% des Immobi-lienbestandes gekauft oder verkauft, während inanderen Anlagemärkten, beispielsweise bei Ak-

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Das Risiko möglicher Preisübertreibungen sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden und bedarf der stetigen Immobilienpreis- und Mietbeobachtung. Gerade für diesen Zweck sind aber belastbare und re-gional feingliedrige Datenreihen unverzichtbar.Auf den gewerblichen Immobilienmärkten dominieren risikoaverse Investoren. Die Suche nach Top-Ob-jekten bestimmt die Investitionstätigkeit. Daher sinken die Mietrenditen in den Bestlagen sowohl im Büro- als auch im Einzelhandelssegment, während periphere Lagen häufig sogar steigende Mietrenditen auf-weisen. Auch für diese Märkte sind bisher keine flächendeckenden Überhitzungssignale festzustellen. Nur für die 1a-Lagen in den Innenstädten der Metropolregionen sind die Mietrenditen auf ein niedriges Niveau gefallen. In diesen Gewerbeimmobiliensegmenten ist also eine (leichte) Überhitzung zu erkennen.

17 Statistisches Bundesamt 2013. Die Angaben umfassen Ausgaben für Wohnungsmieten einschl. Mietwert von Eigentümerwohnung, Instandhaltungen und Reparaturen sowie Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe. Das Bezugsjahr ist 2010.

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tien, oft ein Vielfaches des gesamten Bestandesumgeschlagen wird. Aus diesem Grund kann nurunregelmäßig ein Marktpreis für eine bestimmteImmobilie beobachtet werden. Eine methodischbessere Grundlage besteht für das Mietsegment,da im Schnitt mehr als 10% der vermieteten Ob-jekte jährlich neu vermietet werden. Die Bestands-mieten werden nur im Rahmen des Verbraucher-preisindex des Statistischen Bundesamtes erfaßt.

Typischerweise wird für die Konstruktion von Indi-zes für Immobilienpreise und Mieten auf viele un-terschiedliche Objekte zurückgegriffen, die sichbeispielsweise in Alter, Zustand, Ausstattung oderLage unterscheiden. Um die Anzahl der Beobach-tungen zu erhöhen, wird auch die berücksichtigteZeitperiode ausgedehnt. Diese qualitative undtemporale Heterogenität muss dann mit Hilfe ge-eigneter Methoden herausgerechnet werden, umder Anforderung einer reinen Preismessung ge-recht zu werden. Solche Verfahren (insbesonderehedonische Indizes) werden schon seit Jahrzehn-ten in der Automobilindustrie und bei der Inflati-onsbestimmung genutzt.

Des Weiteren ist bei Immobilien-Indizes nichtimmer eine hohe Repräsentativität sichergestellt.Im Idealfall würde der „wahre“ Marktpreis desvollständigen Immobilienbestandes als Daten-grundlage für einen Index genutzt. Ein Marktpreiskann jedoch nur bei einer Transaktion (Verkaufoder Vermietung) zustande kommen. In der Regelsind allerdings selbst die Transaktionen, die inner-halb eines Zeitraumes stattfinden, nicht vollständigfür eine Auswertung zugänglich. Zwar wird na-hezu jede Verkaufstransaktion über Notare vonden regionalen Gutachterausschüssen erfasst, al-lerdings gibt es bis heute keine zentrale und syste-matische Zusammenführung dieser Daten, so dass

sich diese Informationen bisher nur eingeschränktnutzen lassen. Es wäre wünschenswert, die erho-benen Daten der Gutachterausschüsse schnellerund vor allem flächendeckend einer großen Zahlvon privaten und öffentlichen Nutzern zur Verfü-gung zu stellen. 18

4.3 Methoden und Daten-quellen

Dieser Abschnitt stellt sowohl die gängigen Me-thoden (Abschnitt 4.3.1) als auch Datenquellen(Abschnitt 4.3.2) zur Konstruktion von Indizes fürImmobilienpreise und Mieten basierend auf Immo-bilientransaktionen bzw. -bewertungen vor. Insbe-sondere wird betrachtet, inwiefern sich aus der gewählten Methodik oder Datenquelle Einschrän-kungen in deren Aussagefähigkeit ergeben. Aufdiesem Weg soll die Interpretation der Entwick-lung verschiedener Indikatoren für Wohn- und Ge-werbeimmobilien erleichtert werden.

4.3.1 Methoden

Zur Berechnung von Immobilienindizes wird aufunterschiedliche Methoden zurückgegriffen. ImFolgenden werden die vier gängigsten Verfahrenmit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen darge-stellt. 19

DurchschnittswertmethodeBei dieser Methode werden Preise von Immobilieneines bestimmten Marktsegmentes (beispielsweiseEigentumswohnungen) gesammelt, und ohne Be-rücksichtigung ihrer näheren Charakteristika (Alter,Zustand, Ausstattung, Lage etc.) wird ein Durch-schnittswert ermittelt. Somit erfolgt keinerlei Anpas-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

18 Vgl. hierzu auch verschiedene Initiativen innerhalb der Immobilienbranche (z.B. „Schatz der Gutachteraus-schussdaten heben“, abrufbar unter: http://www.zia-deutschland.de/themen/transparenz-und-benchmarking/ markttransparenz). Auch von Seiten der Gesetzgebung sind neuerliche Fortschritte zu verzeichnen. Das neue BauGB verpflichtet zukünftig die örtlichen Gutachterausschüsse, ihre Daten an übergeordnete Organisationen weiterzuleiten, so wie es der Arbeitskreis der Oberen Gutachterausschüsse auf freiwilliger Basis seit einigen Jahren tut.

19 Die Ausführungen fokussieren sich auf Immobilienpreise. Im Allgemeinen können jedoch Indikatoren für Mie-ten analog berechnet werden. Weiterführende Literatur zu Methoden, Datenquellen und verfügbaren Immo-bilienindikatoren in Deutschland findet sich u.a. in Leifer (2004), Demary (2009) sowie Georgi und Barkow (2010).

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sung hinsichtlich qualitativer Merkmale in den Beobachtungen. Aus diesem Grund kann nichtausgeschlossen werden, dass Preisveränderungenlediglich Veränderungen in den qualitativen Merk-malen der zugrunde liegenden Grundgesamtheitin einem bestimmten Zeitraum widerspiegeln. Aufdiese Weise werden zum Beispiel die GEWOS-Preisindizes berechnet.

Typischer-Fall-MethodeHierbei wird zunächst innerhalb eines Marktseg-mentes eine Gruppe von Objekten mit möglichstähnlichen Charakteristika gebildet. Ein Beispiel füreine solche Gruppierung kann eine Beschränkungauf Neubauten in mittlerer bis guter Lage, eines be-stimmten Alters oder einer bestimmten Größe sein.Auf diese Gruppe wird dann die Durchschnittswert-methode angewandt. Durch die vorgelagerte Nor-mierung soll qualitativen Unterschieden Rechnunggetragen werden. Bei der Beschränkung auf einebestimmte Gruppe werden allerdings Informatio-nen über Immobilien, die nicht in die Gruppe fallen,ignoriert. Beispiele für diese Methode sind die Bul-wienGesa-Preisindizes und die „klassisch“ berech-neten Europace-Preisindizes (EPX mean).

Hedonische IndizesMit Hilfe von Regressionsmodellen wird ermittelt,welchen Einfluss bestimmte Immobilien-Eigen-schaften auf den Preis haben. Letztlich wird eineImmobilie in viele einzelne Werttreiber unterteilt.Auf diese Weise kann im Zeitverlauf die reinePreisveränderung von Qualitätsunterschieden derImmobilen getrennt werden. Ein Vorteil dieser Me-thode liegt darin, dass alle beobachteten Immo-bilien bei der Indexberechnung berücksichtigtwerden können und so möglichst viele vorhan-dene Informationen genutzt werden. Nachteiligsind der relativ hohe Aufwand sowie die unver-meidbare Abhängigkeit der Ergebnisse von demgewählten Regressionsmodell. Beispiele für dieseMethode sind der Häuserpreisindex des Statisti-schen Bundesamtes, der IMX-Index von Immobi-lienscout24, der Deutschlandindex von empirica,die hedonisch berechneten Europace-Preisindizes(EPX hedonic) sowie die Preisindizes des Verban-des deutscher Pfandbriefbanken (vdp).

Wiederholungskaufverfahren (Repeated-Sales-Indizes)Bei diesem Verfahren fließen nur Informationenmehrfach verkaufter Immobilien ein. Dadurch lässtsich die reine Preisbewegung sehr gut abbilden.Die Betrachtung identischer Objekte umgeht weit-gehend das Problem der Unterschiede in der Qua-lität. 20 In Deutschland gibt es bisher keinen Repea-ted-Sales-Index für Immobilienpreise. Ein Grundhierfür dürfte sein, dass die Umschlaghäufigkeitvon Immobilien in Deutschland im internationalenVergleich zu gering ist. Regelmäßige Transaktio-nen derselben Immobilien sind jedoch unabding-bare Voraussetzung für diese Methode. Interna-tional spielen Repeated-Sales-Indizes eine großeRolle. Zum Beispiel wird der bekannte S&P/Case-Shiller Index für Einfamilienhäuser in den USA mitdieser Methode berechnet.

4.3.2 Datenquellen

Auch die zugrunde liegenden Datenquellen für In-dizes von Immobilienpreisen und Mieten unter-scheiden sich teilweise erheblich. Die Wahl derDatenquelle hat insbesondere Einfluss auf die Re-präsentativität. Allerdings sind die Informationenin den verfügbaren Datenquellen unterschiedlichumfangreich bezüglich qualitativer Merkmale, so-dass nicht jede Methode auf jede Datenquelle an-wendbar ist. Im Folgenden werden zunächst gän-gige Datenquellen für Indizes basierend aufImmobilientransaktionen diskutiert. Abschließendwird auf alternative, nicht transaktionsbasierte Da-tenquellen eingegangen (Marktanalysen und be-wertungsbasierte Datenquellen).

AngebotsdatenEinige Datenanbieter sammeln systematisch Ange-botspreise von Immobilien aus Zeitungs- und On-line-Anzeigen. Die Vorteile dieser Datenquellenliegen in einer relativ hohen Marktabdeckung,welche auch regional feingliedrige Indizes ermög-licht, sowie in der Verfügbarkeit von zahlreichenZusatzinformationen bezüglich der Charakteris-tika der angebotenen Immobilien. Da die Ange-botsphase dem tatsächlichen Kauf einer Immobilie

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20 Qualitätsveränderungen einzelner Objekte im Zeitverlauf, beispielsweise durch Alterung, werden im Idealfall mittels geeigneter Verfahren herausgerechnet.

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vorausgeht, gelten solchen Indikatoren als voraus-laufend. Nachteilig bei dieser Datenquelle ist ins-besondere, dass es sich nicht um tatsächlicheTransaktionsdaten handelt und somit je nachMarktlage (Käufer- oder Verkäufermarkt) eine Ver-zerrung der ausgewiesenen Preise wahrscheinlichist. Außerdem werden Immobilien, die ohne Schal-tung einer Anzeige verkauft oder vermietet wer-den, nicht erfasst. Auf solchen Angebotsdaten ba-sieren zum Beispiel die Preisindizes von empiricaund Immobilienscout24 sowie Auswertungen aufBasis des BBSR-Wohnungsmarktbeobachtungssys-tems.

Transaktionsdaten aus der FinanzierungFinanzdienstleister sammeln im Zuge ihres Hypo-thekengeschäfts detaillierte Informationen überTransaktionspreise. Seit einigen Jahren nutzenmehrere Finanzdienstleister diese Daten für die Be-rechnung von Immobilienindikatoren. Der Vorteildieser Datenquelle ist die Verfügbarkeit von tat-sächlichen Kaufpreisen, welche Angebotspreisenvorzuziehen sind. Die Datenbasis ist groß, und dieIndizes sind teilweise auf monatlicher Basis verfüg-bar. Die Repräsentativität ist jedoch in zweierleiHinsicht eingeschränkt: Zum einen finden nurfremdfinanzierte Objekte Berücksichtigung. Da diemeisten Immobilien aber mit Hilfe von Fremdkapi-tal finanziert werden, sollten daraus resultierendesystematische Verzerrungen eher gering sein.Schwerer wiegt, dass zum anderen die meisten Fi-nanzdienstleister sich auf bestimmte Teilmärkte fo-kussieren. Der aggregierte Index ist also nur dannein gutes Abbild des Marktes, wenn die teilneh-menden Institute auch den gesamten Markt abde-cken. Daher ist es sinnvoll, dass Indikatoren überdie Daten vieler Finanzierungsinstitutionen gebün-delt werden. Die Preisindizes des Verbands deut-scher Pfandbriefbanken e.V. (vdp) und Europacesind Beispiele für Indizes, welche auf diese Daten-quelle zurückgreifen.

Transaktionsdaten von den GutachterausschüssenBei den Gutachterausschüssen werden nahezualle Kaufpreise von abgeschlossenen Immobilien-transaktionen in Deutschland erfasst. Diese Daten-quelle könnte theoretisch eine fast vollständige Re-präsentativität erreichen. Für private Akteure ist dieNutzung der Daten der Gutachterausschüsse nureingeschränkt möglich. Wie bereits eingangs an-gesprochen gibt es bisher keine systematische undzentrale Sammlung der Daten aller Gutachteraus-schüsse aus allen Bundesländern, die eine effi-ziente Messung von Immobilienpreisen ermöglicht.Selbst die amtliche Statistik kann derzeit noch nichtvollumfassend auf alle Daten zurückgreifen.Gleichwohl sind Fortschritte zu verzeichnen. Seit2009 wird im zweijährigen Turnus auf freiwilligerBasis ein Immobilienmarktbericht für Deutschlanddurch den Arbeitskreis der Gutachterausschüsseund Oberen Gutachterausschüsse (AK-OGA) pu-bliziert. Auf Basis von Daten der Gutachteraus-schüsse für Grundstückswerte hat das StatistischeBundesamt einen Hauspreisindex (HPI) entwickelt,der in den Harmonisierten Verbraucherpreisindex(HVPI) für die Mitgliedstaaten der EuropäischenUnion (EU) einfließt. 21 Ein privater Anbieter vonPreisindizes, der auf eine Befragung von spezifi-schen Gutachterausschüssen zurückgreift, istGEWOS.

Eine effizientere Nutzung der Kaufpreissammlun-gen der Gutachterausschüsse ist eine nahelie-gende und gerechtfertigte Forderung; dabei solldie Zeitverzögerung verringert und die Nutzungerleichtert werden. Eine öffentliche Zugangsformin Form eines „Immobilien-Forschungsdatenzen-trums“ zu den Transaktionsdaten der Gutachter-ausschüsse, wie sie bereits seit Jahren für den Mi-krozensus angeboten wird, kann hierfür alsVorbild dienen. 22

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

21 Zu beachten ist, dass auch bisher nicht alle Gutachterausschüsse teilnehmen und somit die Repräsentativität eingeschränkt ist. Auch verfügen die amtlichen Indizes derzeit über eine beträchtliche zeitliche Verzögerung bei der Veröffentlichung von rund einem Jahr und sind nur für den aggregierten Wohnungsmarkt (Eigentums- und Mietobjekte, Häuser und Wohnungen) verfügbar.

22 Für den Mikrozensus gibt es bereits seit Jahren einen öffentlichen Zugang in Form eines Forschungsdatenzen-trums, welcher eine effiziente Nutzung der Daten erlaubt. Um Anonymität zu gewährleisten, bestehen unter-schiedliche Grade der Datenbereitstellung für verschiedene Personenkreise (vgl. http://www.forschungsdatenzentrum.de/bestand/mikrozensus/).

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MarktanalysenAufgrund der schwierigen Datenlage setzen ei-nige Anbieter von Immobilienindikatoren auf um-fangreiche Marktanalysen. Hierbei werden Infor-mationen über die gesamte Prozesskette hinweggenutzt, und es wird auf Expertenwissen (Sachver-ständige, Makler und Vermittler) und gezielteStandortanalysen zurückgegriffen. Die Vorteiledieser Meta-Analyse liegen darin, dass viele ver-schiedene Quellen genutzt werden und Ergeb-nisse für einen bestimmten Teilmarkt eine hohe Re-präsentativität erreichen können. Nachteilig ist,dass die Ergebnisse nicht reproduzierbar sind,sowie der hohe Aufwand bei der Datenerhebung– selbst auf Stadtebene. Nach diesem Prinzip wer-den beispielsweise die Daten für die BulwienGesa-Indizes erhoben.

Bewertungsbasierte DatenquellenInstitutionelle Investoren, wie Immobilienfonds, Ver-sicherungen oder Pensionskassen, sind häufig dazuverpflichtet, ihr Immobilienvermögen regelmäßigprofessionell bewerten zu lassen. Insbesondere fürGewerbeimmobilien sind daher umfangreiche Da-tenquellen mit Bewertungen verfügbar. Der Vorteildieses Verfahrens ist, dass für ein bestimmtes Seg-ment Bewertungsinformationen regelmäßig für denvollständigen Bestand erfasst werden. Allerdingsstellen diese Immobilienbewertungen keine Markt-preise dar. Bekannte Anbieter von bewertungsba-sierten Indikatoren für Immobilienpreise und Mietensind international IPD (Investment Property Data-bank, auch in Deutschland) und NCREIF (Natio-nal Council of Real Estate Investment Fiduciaries,in den USA).

Tabelle 4.1 zeigt eine systematische Übersicht fürausgewählte Wohnimmobilienindizes in Deutsch-land. Die Tabelle skizziert dabei sowohl die metho-dischen Grundlagen als auch die verwendeten Da-tenquellen sowie die zeitliche Verfügbarkeit.

Für Gewerbeimmobilien ist das Datenangebotdeutlich stärker eingeschränkt als für Wohnimmo-bilien (Tabelle 4.2). Die Makler- und Beratungs-häuser publizieren für die größten regionalenMärkte regelmäßige Marktberichte. Die breitesteAufmerksamkeit wird darin der Entwicklung derSpitzenmieten und der Mietrenditen für Top-Ob-jekte geschenkt. Dies sind nach der Definition der

Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche For-schung (gif) die oberen drei bis fünf Prozent einesMarktes. Es werden aber auch Teilmärkte undDurchschnittsmieten analysiert und deren Entwick-lungen publiziert. Insofern stellen diese Gewer-beimmobiliendaten transaktionsbasierte Indizesdar, die aber nur für typische Fälle gelten. Dies istvor allem dann problematisch, wenn in einem Zeit-raum keine Transaktion der üblicherweise bestenQualität stattfand. Eine Herausforderung ergibtsich aus Anreizen in den Gewerbemietverträgenwie mietfreie Monate oder Anpassungsklauseln(Incentives).

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GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Index Methode Datenquelle Frequenz Segmente

Statistisches Bundesamt

hedonischGutachteraus-schüsse*

quartalsweise, ab 2000

Wohnimmobilien, Neubau-ten und Bestand; Mieten imRahmen des VPI

BBSR Wohnungs-marktbeobach-tungssystem

typischer FallAngebotsdatenvon IDN Immo-Daten

halbjährlich, ab 2004

Wohnungen und Einfamilien-häuser, Mieten und Kauf-preise

BulwienGesa typischer FallMarktanalysen und empirische Erhebungen

jährlich, ab 1975

Wohnungen, Reihenhäuser,Einfamilienhäuser, Erstbe-zugs- und Bestandsmieten, für 127 Städte

empirica hedonisch

Angebotsdaten,Erhebung mithoher Repräsen-tativität**

quartalsweise,ab 2002

Wohnungen und Einfamilien-häuser, Mieten und Kauf-preise

Europace(EPX)

typischer Fall(EPX mean)

Transaktionsdatenaus der Finanzie-rung, eigene Da-tenbank

monatlich, ab 2003

Wohnungen, Einfamilienhäu-ser, Neubauten und Bestand

hedonisch(EPX hedonic)

Transaktionsdatenaus der Finanzie-rung, eigene Da-tenbank

monatlich, ab 2005

Wohnungen, Einfamilienhäu-ser, Neubauten und Bestand

F+B Forschungund Beratung

typischer FallAngebotsdaten(IDN)

quartalsweise,ab 2004

Preise EFH, ETW und MFH,Neuvertrags- und Bestands-mieten

GEWOS(DEIX)einfacherDurchschnitt

Befragung derGutachteraus-schüsse

jährlich, ab 1996

Wohnungen, Einfamilien-häuser

Immobilien-scout24 (IMX)

hedonischAngebotsdatenvon eigener Platt-form

monatlich, ab 2007

Wohnungen, Einfamilienhäu-ser, Neubauten und Bestand,Mieten

IVD Immobilien-verband

typischer Fall Marktanalysenjährlich,ab 1973

Wohnungen, Einfamilienhäu-ser, Neubauten und Bestand,Mieten, für über 300 Städte

IPD (Investment-Property Data-bank)

typischer Fall

Bewertungen(Bestände institu-tioneller Investo-ren)

jährlich, ab 1996

Wohnungen (Renditeobjekte)

vdp-Index hedonisch

Transaktionsda-ten aus der Fi-nanzierung vonteilnehmendenMitgliedern

quartalsweise,ab 2003

Wohnungen, Einfamilienhäu-ser, Mehrfamilienhäuser

Quelle: Basierend auf öffentlich verfügba-ren Informationender Anbieter

Tabelle 4.1: Immobilienindizesfür Wohnimmobi-lien

* TeilnehmendeBundesländer:2002 bis 2008Brandenburg, Hes-sen, Niedersachsen,Nordrhein-Westfa-len, Rheinland-Pfalz,Sachsen, Sachsen-Anhalt, ab 2009das Saarland undab 2010 Bayern.** Datenquelle ab2012 empirica-systeme.de, davorIDN ImmoDaten.

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Index-Anbieter Branche räumliche Tiefe Frequenz Daten

vdp Büro Bundesgebietquartalsweise,jährlich

Mieten, Kapitalwerte, Liegen-schaftszinssätze

BulwienGesa

Büro, Einzel-handel, Woh-nen und Logistik

127 Städte jährlich Mieten, Renditen, Preise

Diverse Bera-tungshäuser (z.B. Jones LangLaSalle, CBRE,Cushman Wake-field, Colliers,DTZ, BN RE)

Büro, Einzel-handel, Woh-nen, Logistik

Metropolen undausgewählteStädte, teilweiseStadtteile

quartalsweise,halbjährlich,jährlich

Mieten, Renditen, Preise, weitere Strukturdaten (in der Regel Absolutwerte)

Gesellschaft fürimmobilienwirt-schaftliche For-schung (gif) Koor-dination privaterBeratungshäuser

BüroausgewählteStädte

jährlichMieten, Renditen (Absolut-werte), weitere Strukturdaten

IPD (InvestmentProperty Data-bank)

Büro, Einzel-handel, Woh-nen

Deutscher Immo-bilien Index (DIX)

jährlich Index

Offene FondsImmo-bilien Index(OFIX): Bundes-gebiet, und Spe-zialfonds Immobi-lienindex (SFIX)

monatlich,jährlich

Index

Deutscher BüroMietpo-tenzialIndex (DMX)

IVD Immobilien-verband

Büro, Einzel-handel, Logis-tik

Über 300 Städte halbjährlichMieten, Renditen (Absolut-werte), weitere Strukturdaten

Quelle: Basierend auf öf-fentlich verfügbarenInformationen derAnbieter

Tabelle 4.2: Immobilienindizesfür Gewerbeim-mobilien

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4.4 Entwicklung der Wohn-immobilienpreise und -mieten in Deutschland

Für lange Zeiträume von mehr als einem Jahrzehntstehen nur eingeschränkt Immobilienpreis- undMietdaten zur Verfügung. Aus diesem Grund be-schreibt Abschnitt 4.4.1 zunächst die wichtigen Zy-klen für den gesamten deutschen Wohnungsmarktseit 1975. Da für diesen Zeitraum lediglich Datenvon BulwienGesa zur Verfügung stehen, kann beidieser Betrachtung kein Vergleich unterschiedlicherMethoden und Datenquellen erfolgen. Für die letz-ten Jahre sind Indizes weiterer Anbieter verfügbar,basierend auf verschiedenen Methoden und Da-tenquellen. Daher werden für die jüngere Zeit aus-gewählte Indizes verwendet und die Entwicklungunter Berücksichtigung der jeweiligen Methodikund Datenquelle verglichen. Dabei erfolgt aucheine Betrachtung einzelner Wohnungsteilmärkte,insbesondere für Neubauten und Bestandsimmobi-lien, Eigenheime, Eigentumswohnungen und Miet-wohnungen. Um eine möglichst hohe Transparenzzu erreichen, wird überwiegend auf frei zugängli-che Indizes zurückgegriffen. Abschnitt 4.4.2 bieteteinen detaillierteren Blick auf die Entwicklung inausgewählten deutschen Städten. Die Aggregati-onsebene erfolgt dabei über A-B-C-D-Städte (alsosehr große Städte, große, mittlere und kleinereStädte). Zuletzt wird in Abschnitt 4.4.3 die regio-nale Dimension auf Kreisebene noch feingliedrigerbetrachtet, wobei auch ländliche Regionen berück-sichtigt werden.

4.4.1 Gesamtdeutschland

Die langfristige PerspektiveDie Abbildungen 4.1 und 4.2 zeigen die Verände-rungsraten sowie die Niveauwerte des Bulwien-Gesa-Index für Wohnimmobilien von 1975 bis2012. Wie in Abschnitt 4.3 beschrieben werdendiese mit der „Typischer-Fall-Methode“ ermittelt undbasieren auf Daten aus umfangreichen Marktana-lysen. Der abgebildete Index Wohnen ist der arith-metische Mittelwert aus den drei Preisindizes fürneue Eigentumswohnungen, Reihenhäuser und Ein-familienhausgrundstücke sowie aus den zwei Mie-tindizes für Neubau- und Bestandswohnungen.

Diese fünf Einzelindizes sind mit der Einwohnerzahlder einbezogenen Städte gewichtet. Der Zeitreihefür den Index Wohnen sind in beiden Abbildungenzur Einordnung der Entwicklung zwei weitere Zeit-reihen gegenübergestellt: das Bruttoinlandsproduktals Indikator für die volkswirtschaftliche Entwick-lung sowie der Index der Verbraucherpreise alsMaß der allgemeinen Preissteigerung.

In der Zeit von 1975 bis 1995 sind zwei ausge-prägte Zyklen zu erkennen, in denen sich dyna-misch steigende Preise mit stagnierenden Preisenabwechseln. In den Spitzenzeiten erhöhte sich derIndex Wohnen teilweise um bis zu 8% pro Jahr.Von 1975 bis 1995 verdoppelte sich dieser Index.Mitte der 1990er Jahre erfolgte eine Korrektur mitnegativen Veränderungen über mehrere Jahre, ge-folgt von einem flachen Zyklus mit geringen Ver-änderungsraten zwischen plus 1,8% und minus0,4%. In der Summe ergab sich eine Seitwärtsbe-wegung bis Ende der 2000er Jahre. Im Jahr 2008befand sich der Index Wohnen auf demselben Ni-veau wie 1995. Erst seit 2010 sind wieder Wachs-tumsraten von mehr als 2% zu beobachten. Die inden Jahren 2011 und 2012 gemessenen Wohn-preis- und Mietsteigerungen von über 4% sindzwar die höchsten Wertveränderungen seit 1994,im langjährigen Vergleich sind solche Phasen je-doch nicht unüblich. In der langfristigen Betrach-tung weisen die Veränderungsraten des IndexWohnen eine ausgeprägte konjunkturzyklischeKomponente auf. Jahre mit hohem Wirtschafts-wachstum gehen häufig mit positiven Verände-rungsraten des Index Wohnen einher. Gleichwohlhat sich der Index Wohnen während der jüngstenFinanzkrise, insbesondere als das Bruttoinland-sprodukt (BIP) im Jahr 2009 um mehr als 5% fielund die Inflation bei nahe null lag, mit einem Zu-wachs von 1,5% als stabil erwiesen.

Auffällig ist weiterhin, dass seit der Wiedervereini-gung das BIP im Trend stärker gestiegen ist als derIndex Wohnen. Selbst der Index für Verbraucher-preise liegt im Jahr 2012 oberhalb des IndexWohnen. Das Niveau des Index Wohnen liegtsomit inflationsbereinigt noch unter dem Niveauvon 1990. Zudem berücksichtigt der Index Woh-nen konstruktionsbedingt nicht die über die Zeitgestiegene Qualität von Wohnimmobilien. Es istdavon auszugehen, dass die Wohnimmobilien,

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die im Jahr 2012 in den Index eingehen, eine hö-here durchschnittliche Bauqualität aufweisen, alsjene Wohnimmobilien, die dem Index im Jahr1990 zugrunde liegen. Ein Index, der die qualita-tiven Änderungen im Zeitablauf abbildet, würdewahrscheinlich noch unterhalb des abgebildetenIndex Wohnen liegen.

Die kurzfristige PerspektiveFür den gesamten Wohnungsmarkt, aber auch ein-zelne Wohnsegmente (Einfamilienhäuser, Eigen-

tumswohnungen und Mietwohnungen), liegen abdem Jahr 2000 Indizes verschiedener Anbietervor. Diese werden für eine detaillierte Diskussionder neueren Entwicklungen herangezogen. Wiein 4.3 beschrieben unterscheiden sich die Indizessowohl in den verwendeten Methoden als auchhinsichtlich der Datenquellen. Die folgende ver-gleichende Betrachtung mehrerer Indizes trägtihren jeweiligen Stärken und Schwächen Rech-nung.

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Verbraucherpreise BruttoinlandsproduktIndex Wohnen

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Quelle: BulwienGesa, Statistischen Bundesamt. Bis 1990 West-deutschland, da-nach Gesamt-deutschland.Abbildung ZEW

Abbildung 4.1:Veränderungs-raten der Wohn-immobilienpreiseund -mieten imVergleich1975–2012 in %

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Verbraucherpreise BruttoinlandsproduktBulwienGesa-Wohn-Index

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Quelle: BulwienGesa, Statistischen Bundesamt. Bis 1990 West-deutschland, da-nach Gesamt-deutschland.Abbildung ZEW

Abbildung 4.2:Wohnimmobilien-indizes im Ver-gleich 1975 bis2012 (Index1990=100)

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Abbildung 4.3 zeigt die Preisentwicklung vonWohnimmobilien in Deutschland von 2000 bis2012. Dabei wird der BulwienGesa Index fürWohnen mit den hedonischen Indizes des Statisti-schen Bundesamtes, des vdp und von Europaceverglichen. Der Index des Statistischen Bundesam-tes basiert auf Daten der Gutachterausschüsse.Die Indizes des vdp und von Europace nutzen Fi-nanzierungsdaten. In alle betrachteten Indizesgehen sowohl Häuser als auch Wohnungen ein.Der Index von Europace berücksichtigt lediglich

selbstgenutzte Wohnimmobilien, die anderen In-dizes beziehen auch vermietete Objekte für dieIndex-Berechnung mit ein.

Alle vier Indizes zeichnen ein qualitativ ähnlichesBild. In den Jahren 2000 bis 2009 stagnierten diePreise weitgehend. Erst ab 2010 sind signifikanteVeränderungsraten bei allen Indizes zu beobach-ten. Der deutliche Preisanstieg für Wohnraum kannauf mehrere Faktoren zurückgeführt werden: Ers-tens hat sich die deutsche Wirtschaft nach der Re-

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125Statistisches Bundesamt Häuserpreisindex

vdp Wohnen Gesamtindex

BulwienGesa Wohn-Index

Europace EPX hedonic Gesamtindex

2012201120102009200820072006200520042003200220012000

Quelle: Statistisches Bundesamt, vdp,BulwienGesa, Europace. Abbildung ZEW

Abbildung 4.3:Wohnimmobilien-indizes im Ver-gleich 2000 bis2012 (Index2005=100)

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125Statistisches Bundesamt bestehende Wohnimmobilien

Statistisches Bundesamt neu erstellte Wohnimmobilien

Europace EPX hedonic newhome

Europace EPX hedonic existinghome

2012201120102009200820072006200520042003200220012000

Quelle: Statistisches Bundesamt, vdp,BulwienGesa, Europace. Abbildung ZEW

Abbildung 4.4:Preisindizes vonNeubauten undBestandswohnun-gen im Vergleich2000 bis 2012(Index 2005=100)

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zession 2009 rasch erholt, zweitens sind inDeutschland über mehr als ein Jahrzehnt ver-gleichsweise wenig Neubauten erstellt worden,und drittens hat sich in den letzten Jahren die Außenzuwanderung und im Zuge dessen dasHaushaltswachstum deutlich belebt (vgl. Kapitel2). Außerdem waren und sind die Fiananzierungs-konditionen günstig und Immobilien wurden attrak-tiver im Vergleich zu anderen Anlageformen.

Zu erkennen ist auch, dass der Index Wohnen vonBulwienGesa ab dem Jahr 2010 stärker steigt alsalle anderen Indizes. Der BulwienGesa IndexWohnen betrachtet nur die Entwicklung in den 125größten Städten, während die anderen Indizes auf-grund ihrer Datenquelle kleine Städte einbeziehenund auch ländliche Regionen berücksichtigen.Daher deutet der stärkere Anstieg des Bulwien-Gesa Index Wohnen darauf hin, dass große Städtegegenüber den kleineren Städten und ländlichenRegionen höheren Preissteigerungen unterlagen.Abschnitt 4.4.2 wird detaillierter auf die Entwick-lung in großen und kleinen Städten eingehen.

Das Statistische Bundesamt erlaubt es, die Entwick-lung von Wohnimmobilien (selbstgenutzte odervermietete Häuser und Wohnungen) differenziertnach Neubauten und Bestandswohnungen zu be-trachten. Auch die Teilindizes für Wohneigentum(nur selbstgenutzte Häuser) von Europace unter-scheiden zwischen Bestandswohnungen und Neu-bauten. Abbildung 4.4 zeigt, dass sich bis 2006der Bestand und Neubauten ähnlich entwickeln.Zwischen 2006 und 2010 wachsen die Indizesfür Neubauten schneller an als für Wohnungen imBestand, sowohl in den Daten des StatistischenBundesamtes als auch bei Europace. Ab 2010 ent-wickeln sich die Preise für Neubauten und Be-standswohnungen mit einer ähnlichen Dynamik.23

Abbildung 4.5 zeigt die Entwicklung der Preise fürEigenheime (Neubau und Bestand) und greiftdabei jeweils auf die Indizes von BulwienGesaund des vdp zurück. In Abbildung 4.6 sind Teilin-dizes für Eigentumswohnungen (Neubau und Be-stand) dargestellt, wobei zusätzlich ein Index vonEuropace genutzt wird. In beiden Teilsegmenten

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23 Der höhere Preisanstieg im Neubausegment könnte daran liegen, dass es kostengünstiger ist, im Neubau bei-spielsweise hohe energetische Standards bei Wohnimmobilien zu erzielen. Rechnet der Markt damit, dass ähnlich hohe Standards mittelfristig auch für Bestandsimmobilien gelten könnten, werden diese Objekte mit einem Preisabschlag belegt. Außerdem ist es leichter, im Neubau von steigenden Mieten zu profitieren als im Bestand, in dem häufig Mieter mit Bestandsmietverträgen „mitgekauft“ werden. Beide Effekte sind plausibel, bisher liegen jedoch noch keine hinreichend ökonometrisch abgesicherten Studien zu diesen Hypothesen vor.

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125vdp Eigenheime

BulwienGesa Reihenhaus

2012201120102009200820072006200520042003200220012000

Quelle: BulwienGesa, vdp,Hypoport/Euro-pace. AbbildungZEW

Abbildung 4.5:Preisindizes vonEigenheimen imVergleich 2000bis 2012 (Index2005=100)

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verläuft die Entwicklung ähnlich und deckt sichweitgehend mit der beschriebenen Entwicklung fürden Gesamtmarkt Wohnimmobilien (Abbildung4.3). Bis etwa 2009 sind stagnierende Preise zubeobachten, ab 2010 steigende Preise. Die Bul-wienGesa Indizes steigen auch in diesen Teilseg-menten in dieser Zeit schneller als die anderen In-dizes, worauf bereits in der Gesamtbetrachtungeingegangen wurde.

Abbildung 4.7 stellt die Entwicklung der Mietenin Deutschland von 2000 bis 2012 dar. Hierbeiwird auf den Mietpreisindex des Statistischen Bun-desamtes (MPI) zurückgegriffen, der auch Be-standteil des Verbraucherpreisindexes (VPI) ist,sowie auf den BulwienGesa Index für neugebauteMietwohnungen (Erstbezug), basierend auf der„Typischer-Fall-Methode“ sowie den hedonisch be-rechneten Index der Neuvertragsmieten des vdp,

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125vdp Eigentumswohnungen

BulwienGesa Neubau-Eigentumswohnungen

Europace EPX hedonic apartment

2012201120102009200820072006200520042003200220012000Quelle: BulwienGesa, vdp.Abbildung ZEW

Abbildung 4.6:Preisindizes vonEigentumswoh-nungen im Ver-gleich 2000 bis2012

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125vdp Neuvertragsmieten

BulwienGesa Wohnungsmieten (Neubau)

Statistisches Bundesamt VPI - Nettokaltmiete

2012201120102009200820072006200520042003200220012000Quelle: BulwienGesa, vdp.Abbildung ZEW

Abbildung 4.7:Mietindizes imVergleich 2000bis 2012 (Index2005=100)

Page 77: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

welcher auf Finanzierungsdaten basiert. Ähnlichwie bei den Preisen steigen auch die Mieten nachmehreren Jahren der Stagnation seit 2010.

Die Preis-Miet-Relation wird sowohl unter Markt-experten als auch in der wissenschaftlichen Litera-tur als ein fundamentaler Indikator für die Über-oder Unterbewertung eines Marktes verwendet.Eine hohe Preis-Miet-Relation bedeutet zunächst,dass der Erwerb einer Wohnimmobilie relativteuer gegenüber Mieten ist. Es ist aber eine tiefer-gehende Ursachenanalyse erforderlich, um Aus-sagen über die möglichen Gründe einer hohenPreis-Miet-Relation treffen zu können. Eine hohePreis-Miet-Relation kann zum einen auf fundamen-tale Faktoren zurückzuführen sein, wie beispiels-weise das Bestehen einer Wohnungsknappheit,aber auch genauso gut auf nicht-fundamentaleÜbertreibungen hindeuten. In der zuvor dargestell-ten Abbildung 4.8 sind Preis-Miet-Relationen ba-sierend auf Indikatoren für Gesamtdeutschlanddargestellt. Die Preis-Miet-Relation verharrt relativkonstant auf dem Niveau des Jahres 2000, auchnach 2010. Auf Basis der Preis-Miet-Relation ist fürDeutschland insgesamt bisher keine spekulativeÜbertreibung zu erkennen. Der folgende Abschnittuntersucht die Entwicklung der Immobilienpreiseund Mieten auf Ebene der A-B-C-D Städte. Hierbeizeigt sich, dass auf dieser Aggregationsebene die

Preis-Miet-Relationen eine voneinander unter-schiedliche Dynamik aufweisen.

4.4.2 Preise und Mieten in Städten

Die BulwienGesa-Daten ermöglichen einen detail-lierten Vergleich der Entwicklung von Mieten undPreisen nach A-B-C-D-Stadtkategorien. Als A-Städtewerden die sieben wichtigsten und größten deut-schen Städte, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Main),Hamburg, Köln, München und Stuttgart bezeich-net. In den Kategorien B-Städte (10 Städte, u.a.Bonn, Dortmund, Dresden, Essen, Hannover, Leip-zig, Mannheim, Wiesbaden), C-Städte (22 Städte,u.a. Aachen, Erfurt, Freiburg i. Brsg., Kiel, Magde-burg, Mainz, Potsdam, Regensburg, Saarbrücken)und D-Städte (84 Städte, u.a. Chemnitz, Flensburg,Gießen, Göttingen, Ingolstadt, Kassel, Reutlingen,Schwerin, Ulm, Wolfsburg) erfolgt eine Abstufungnach Größe und wirtschaftlicher Bedeutung (sieheKasten auf Seite 149 für eine detaillierte Beschrei-bung der Städtekategorien).

Tabelle 4.3 zeigt für Einfamilien- und Reihenhäusersowie Eigentumswohnungen sowohl das Preisni-veau als auch die kumulierte Preisveränderungüber die letzten zehn Jahre. Beispielsweise kostenEinfamilienhäuser in A-Städten aktuell mit durch-

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vdp: Kapitalwert Mietwohnungen / Neuvertragsmieten x 100BulwienGesa: Eigentumswohnungen / Wohnungsmieten x 100Statistisches Bundesamt: HPI / MPI x 100

2012201020082006200420022000

Quelle: BulwienGesa, vdp.Abbildung ZEW

Abbildung 4.8:Preis-Miet-Relatio-nen im Vergleich2000 bis 2012(Index 2005=100)

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schnittlich 481.000 Euro am meisten. Mit den Ab-stufungen in den Kategorien sinken die Preise undbetragen in B-Städten 355.000 Euro, in C-Städ-ten 321.000 Euro und D-Städten, 272.000 Euro.Ähnliche Relationen zwischen den Städtekatego-rien zeigen sich auch bezüglich der Preisniveausfür die Segmente Reihenhäuser und Eigentums-wohnungen. Bemerkenswert ist, dass die Preisni-veaus der C-Städte oft sehr nahe an jene der B-Städte reichen. In die Kategorie der C-Städtefallen viele beliebte Universitätsstädte, in denendie Preisniveaus deutlich höher als in vergleichbargroßen Städten liegen.

Die Tabelle zeigt auch, dass in den letzten zehnJahren die Preise in den A-Städten deutlich stärkergestiegen sind als in den anderen Städtekatego-rien. Zweistellige Wachstumsraten (über den ge-samten Betrachtungszeitraum) sind sonst nur imSegment der neuen Eigentumswohnungen bei denB- und C-Städten zu verzeichnen. In den D-Städtensind die Preise in einigen Segmenten sogar rück-läufig.

Tabelle 4.4 zeigt für die Preise von Mietwohnun-gen und deren Mieten ein vergleichbares Bild. Mitdeutlichem Abstand ist der Kaufpreis für Mietwoh-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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A-Städte B-Städte C-Städte A-Städte

Preisniveau (Euro) 2012

Einfamilienhäuser 481.000 355.000 321.000 272.000

Reihenhäuser – ErstbezugReihenhäuser – Wiederverkauf

336.000279.000

244.000203.000

242.000198.000

209.000170.000

Eigentumswohnungen – Erstbezug (pro m²)Eigentumswohnungen – Wiederverkauf (pro m²)

3.7002.500

2.5001.600

2.4001.500

2.0001.300

Preissteigerung (%, kumulativ) 2002–2012

Einfamilienhäuser 10,9 4,1 1,1 0,3

Reihenhäuser – ErstbezugReihenhäuser – Wiederverkauf

10,212,8

2,82,7

6,03,1

–0,4–0,7

Eigentumswohnungen – ErstbezugEigentumswohnungen – Wiederverkauf

34,823,2

23,63,5

19,85,4

9,4–1,4

Quelle: BulwienGesa. Angaben gerundet.Tabelle ZEW

Tabelle 4.3: Preise für Einfami-lienhäuser und Eigentumswoh-nungen 2012 undVeränderung zu2002

A-Städte B-Städte C-Städte A-Städte

Preis- und Mietniveau (Euro) 2012

Kaufpreis – Wiedervermietung (pro m²) 2.000 1.100 1.000 800

Miete – Erstbezug (pro m²)Miete – Wiederverkauf (pro m²)

11,79,5

8,66,8

8,36,9

6,95,9

Preis- und Mietsteigerung (%, kumulativ) 2002–2012

Kaufpreis – Wiedervermietung 42,3 21,6 19,8 8,4

Miete – ErstbezugMiete – Wiederverkauf

30,322,8

24,018,1

15,417,6

11,111,5

Quelle: Daten basieren aufBulwienGesa. Preisefür Mietwohnungenwurden wie folgt be-rechnet: „Kaufpreis– Wiedervermie-tung“ = „Vervielfa-cher Mehrfamilien-haus“ x „MietenWiedervermietung“x 12. Tabelle ZEW,alle Angaben sindgerundet.

Tabelle 4.4: Preise und Mietenfür Mietwohnun-gen 2012 undderen Verände-rung zu 2002

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nungen (Wiederverkäufe) am teuersten in A-Städ-ten mit rund 2.000 Euro pro m², gefolgt von denB-, C- und D-Städten mit 1.100 Euro pro m², 1.000Euro pro m² und 800 Euro pro m². Auch die Mie-ten (Wiedervermietungen) sind mit 9,10 Euro prom² höher in A-Städten als in B- und C-Städten mitje 6,70 Euro pro m² sowie D-Städten mit 5,80Euro pro m². Sowohl die Kaufpreise als auch dieMieten sind in den A-Städten am stärksten gestie-gen. Zudem sind in A-Städten die Preise stärkergestiegen als die Mieten (42,3% gegenüber22,8% beziehungsweise 4,2% gegenüber 2,3%pro Jahr).

Abbildung 4.9 zeigt auf Ebene der A-B-C-D-Städtedie Preis-Miet-Relation von 2000 bis 2012. Sie steigtim Betrachtungszeitraum in den A-Städten deutlichan. In der 10-Jahres-Betrachtung hat die Preis-Miet-Relation in den A-Städten um rund 15 % zugenom-men. Dagegen fällt sie in den übrigen Städten zunächst und steigt erst gegen Ende des Betrach-tungszeitraumes wieder an. Im Jahr 2012 erreichtdie Preis-Miet-Relation in den B-C-D-Städten daher inetwa wieder das gleiche Niveau wie 2002. Die Dy-namik des Wohnungspreisniveaus weist eine ausge-prägte regionale Heterogenität auf.

Steigende Preis-Miet-Relationen in den größerendeutschen Städten werden auch in aktuellen Stu-

dien wie von Kholodilin und Mense (2012) undvon der Deutschen Bundesbank (2012) berichtet.Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob inDeutschland auf lokalen Märkten bereits Preis-übertreibungen zu beobachten sind oder nicht(vgl. Dombret et al., 2013). Aus finanzmarkttheo-retischer Sicht sind relativ hohe lokale Preis-Miet-Relationen erklärlich, sofern vornehmlich zwei Be-dingungen erfüllt sind (Han, 2013): Erstens musssich der betrachtete Markt durch ein schnelles Be-völkerungs- und Haushaltswachstum auszeichnen.Zweitens muss die Ausweitung des Angebots vonneuem Wohnraum eingeschränkt sein (etwa auf-grund mangelnder Baumöglichkeiten). In dieserKonstellation kann Wohneigentum als Absiche-rung gegen eine zu erwartende Wohnungsknapp-heit angesehen werden und rechtfertigt so einehohe Preis-Miet-Relation.

Tatsächlich zeigt ein Vergleich des prognostizier-ten Neubaubedarfs laut der BBSR-Wohnungs-marktprognose 2025 (2011) und der tatsächli-chen Bautätigkeit für das Jahr 2010, dass in dengroßen deutschen Städten (insbesondere in Ber-lin, Hamburg und München) eine deutliche Neu-baulücke besteht (Schumacher, 2013). Auch dieStudie von Henger, Just und Voigtländer (2011)findet im Rahmen einer Analyse von „Tobins q“Hinweise auf eine nicht ausreichende Bautätigkeit

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201220112010200920082007200620052004200320022001200095 Quelle: Bulwien-

Gesa, dargestelltsind die „Vervielfa-cher“ für Mehrfami-lienhäuser. Abbildung ZEW

Abbildung 4.9:Preis-Miet-Relatio-nen in Städtekate-gorien 2000 bis2012 (Index2005=100)

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in wirtschaftsstarken deutschen Städten. 24 Tobinsq misst dabei die unterschiedliche Preisdynamikvon Bestandsimmobilien in Relation zum Erstel-lungspreis. Wenn die Preise für Immobilien stärkersteigen als die Baukosten, wird es (relativ) interes-santer, in Neubauten zu investieren. Wenn alsofür mehrere Städte steigende Tobins-q-Werte aus-gewiesen werden, ist dies ein deutlicher Hinweisfür eine notwendige Belebung des Wohnungsneu-baus. Dieser Umstand spricht also auch dafür, diebisherige Entwicklung eher auf eine Wohnungs-knappheit in großen Städten als auf lokale Preis-übertreibungen zurückzuführen.

Das Risiko möglicher Preisübertreibungen sollte je-doch nicht außer Acht gelassen werden und be-darf der stetigen Immobilienpreis- und Mietbeob-achtung. Für diesen Zweck sind aber belastbareund regional feingliedrige Datenreihen unverzicht-bar.

4.4.3 Regionale Entwicklung

Auf Basis der Preisbeobachtung des Bundesinsti-tuts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), dieauf der Auswertung von Angebotsdaten basiert,

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

24 Im Allgemeinen misst Tobins q den Marktwert von Investitionsgütern im Verhältnis zu den Reproduktionskos-ten. Ein hohes Tobins q deutet darauf hin, dass Baubedarf in einem Markt vorhanden ist.

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Quelle (beide):BBSR 2013a; Datenbasis: BBSR-Wohnungsmarktbe-obachtungssystem,IDN ImmoDatenGmbH; geometri-sche Grundlage:BKG, Kreise (modif-ziert), 31.12.2012

links:Abbildung 4.10:Angebotsmietennach Kreisen2012

rechts:Abbildung 4.11:Entwicklung derAngebotsmietennach Kreisen2007–2012

Anmerkungen: In Brandenburg innere Differenzierung der Kreise nach engerem Verflechtungsraum und äußerem Ent-wicklungsraum. Regionalkreis Hannover und Städteregion Aachen differenziert nach Stadt und ehemaligem Umland-kreis.

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lassen sich die vorangegangen Erkenntnisse aufeiner regional feingliedrigen Ebene weiter vertie-fen (vgl. BBSR, 2012 und BBSR, 2013b). In Abbil-dung 4.10 zeigt sich eine große Heterogenität derMietniveaus in Deutschland. Relativ hohe Miet-preise sind in den Metropolkernen sowie boomen-den Groß- und Kleinstädten in Süddeutschland undTeilen von Nord- und Westdeutschland zu beob-achten. Diese Regionen verfügen ebenfalls überdie höchsten Mietpreissteigerungen im Zeitraumvon 2007 bis 2012 (Abbildung 4.11). In Einklangmit der Analyse von A-B-C-D-Städten, sind hoheMietniveaus und eine dynamische Mietentwicklungkein flächendeckendes Phänomen, sondern be-schränken sich überwiegend auf wirtschaftlich flo-rierende Regionen und Städte mit einer hohen Aus-bildungs- und Studienattraktivität. In diesen Städtenist die Nachfrage nach Wohnen in den vergangenJahren deutlich gestiegen, während die Angebots-ausweitung nicht Schritt halten konnte.

Wahrscheinlich werden auch in Zukunft in denboomenden Regionen Bevölkerungs- und Haus-haltszuwächse zu verzeichnen sein. Demgegen-über werden zahlreiche andere Regionen inDeutschland einem Schrumpfungsproblem gegen-überstehen. Je nach zukünftiger Entwicklung wirddie heterogene Ausdifferenzierung der Mietenund Immobilienpreise in den regionalen Woh-nungsmärkten anhalten. Immobilienpreis- undMietsteigerungen können in den wirtschaftlichprosperierenden Regionen am geeignetsten durchdie Schaffung von neuem Wohnraum gedämpftwerden. Regionen mit stagnierender oder rückläu-figer Entwicklung haben dagegen Leerstände zubefürchten. In dieser gegensätzlichen Marktsitua-tion bleibt der Umgang mit Leerständen und Rück-bau ein Thema der Wohnungswirtschaft.

4.5 Entwicklung auf den Ge-werbeimmobilienmärkten

Bereits die Analyse der Immobilienbestände ver-deutlichte, dass die amtliche Statistik nur wenigeInformationen über die deutschen Gewerbeimmo-bilienmärkte bereithält. Dies gilt in besondererWeise für die Entwicklung der Preise und Mieten.Tatsächlich erfasst von amtlicher Seite bisher nurdas BBSR mit einer noch sehr jungen Datenbank

erste wichtige Marktsignale auf den gewerblichenImmobilienmärkten. Private Anbieter, in erster LinieMakler- und Beratungshäuser sowie professionelleDaten- und Analysehäuser, können zwar viele Da-tenlücken schließen, aber diese Informationen ste-hen in der Regel nur für einzelne Städte und nichtimmer kostenlos zur Verfügung.

4.5.1 Büromieten und -renditen unterschiedlicher Datenanbieter

Für Deutschland bieten der Verband deutscherPfandbriefbanken (vdp) und das Beratungsunter-nehmen BulwienGesa Daten zur Entwicklung derBüromieten. Während BulwienGesa Daten für 127Marktstädte und unterschiedliche Bürotypen (z.B.Spitzenmieten und Durchschnittsmieten sowie La-geparameter) erfasst, veröffentlicht der vdp Infor-mationen über die Entwicklung der Büromieten fürGesamtdeutschland und veranschaulicht die Miet-entwicklung anhand dreier Indizes. Von Bulwien-Gesa wurden die Spitzen- und Durchschnittsmietenals gewichtete Mittelwerte der 127 Städte berech-net und gegen die Daten des vdp abgetragen. Dadie Daten von BulwienGesa auf das Jahr 2003 in-dexiert wurden, um eine Vergleichbarkeit mit denvdp-Daten herzustellen, lassen sich die absolutenNiveauunterschiede zwischen Spitzen- und Durch-schnittsmieten nicht unmittelbar erkennen, die überalle 127 Städte um 30% bis 45% auseinander lie-gen. Hierbei ist die Differenz in Boom-Zeiten grö-ßer als in konjunkturellen Schwächeperioden.

Die ausgeprägten Immobilienzyklen bis zum Jahr2003 werden deutlich. Danach entwickeln sichdie Durchschnittsmieten gemäß BulwienGesa ähn-lich wie jene des vdp, dessen Bürodaten erst2003 beginnen. Die Veränderungsraten für beideZeitreihen liegen nur in wenigen Fällen um mehrals einen Prozentpunkt pro Jahr auseinander.

Für die großen Büromärkte zeigen verschiedeneBeratungshäuser in ihren Marktberichten die Ent-wicklung der Bürospitzenmieten. Die dort skizzier-ten Entwicklungen korrelieren mit den Daten vonBulwienGesa, auch wenn es teilweise zeitlichund/oder räumlich begrenzte Niveauunterschiedegibt. Die Wendepunkte werden exakt gleich veror-tet, und die lokalen Extremwerte erreichen in den

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zwei am stärksten ausgeprägten Zyklen (Boomnach 1990 und Dotcom-Boom Anfang der2000er Jahre) fast dasselbe Niveau.

Die extrem hohen Büromieten direkt nach der Wie-dervereinigung wurden bis heute nicht wieder er-reicht. Hochwertiger Büroraum war vor allem inden neuen Bundesländern knapp, und die Erwar-tungen an die Wirtschaftsentwicklung im wieder-vereinigten Deutschland waren sehr hoch. DieseErwartungen wurden enttäuscht: Die Wirtschaftwuchs nach 1995 deutlich langsamer als in denfrühen 1990er Jahren erhofft. Gleichzeitig ent-stand sehr viel Büroraum. Von dieser Fehlentwick-lung haben sich viele ostdeutsche Büromärkte bisheute nicht erholt. In den westdeutschen Zentrenbrachte die Dotcom-Übertreibung eine weitereZäsur. Jene sorgte für viel zu umfangreiche Büro-fertigstellungen, was das Mietwachstum bis zur Fi-nanzkrise dämpfte, sodass ein Anstieg auf diealten Höchstniveaus unerreichbar war. An den da-raus resultierenden Leerstandsquoten kranken dieBüromärkte bis heute.

4.5.2 Entwicklung von Büromieten in ausgewählten Städtegruppen

Die Büromarktentwicklung in den großen A-Städ-ten unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht vonjener in den kleineren Städten Deutschlands.Daher wird im Folgenden die Analyse getrennt

nach A- und Nicht-A-Städten (kleinere Städte)durchgeführt. Beim Vergleich der Entwicklung derBürospitzenmieten sind die Büromarktzyklen inden großen Städten stärker ausgeprägt als in denkleineren Städten. Die Standardabweichung derSpitzenmiete beläuft sich in den großen sieben A-Städten auf 4 Euro pro m², in den kleineren Städ-ten nur auf 1 Euro pro m². Das entspricht absoluteiner Schwankungsspanne von 15 Euro pro m² fürdie A-Städte und nur 3 Euro pro m² für die kleine-ren Städte.

Die Büromieten in deutschen Städten weisen seit1990 keinen dauerhaften Aufwärtstrend auf. Tat-sächlich ist die mittlere Veränderungsrate in denkleinen Städten nahe null, in den großen Städtenliegt sie rechnerisch sogar bei minus 1 % pro Jahr.Allerdings ist dieser Unterschied zwischen großenund kleinen Städten in erster Linie auf den Wie-dervereinigungsboom und die anschließende An-passungsphase insbesondere in Berlin zurückzu-führen. Für die Jahre ab 1997 sind in beidenStädtegruppen die mittleren Veränderungsratennahezu gleich null. Das heißt, die Spitzenmietenfür beide Städtegruppen haben heute erst wiederdie Niveaus von 1997 erreicht.

Mit Blick auf die großen Städte wird eine weitereTendenz deutlich: Nach den Dotcom-Jahren gabes bei den Top-Städten keine ausgeprägten Büro-marktzyklen mehr. Die Spitzenmieten erreichten inden elf Jahren nach 2001 nie mehr die Höhen,

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Quelle: BulwienGesa, vdp

Abbildung 4.12:Vergleich von Bü-rospitzenmieten,Index 2003=100

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die während der Internet-Euphorie erreicht wur-den. Offensichtlich bedeutete dieser Zyklus eineZäsur für die A-Städte, denn der spekulative Neu-bau kam gerade dann auf diese Büromärkte, alsdie Nachfrage zurückging. Als Folge schnellte dieLeerstandsquote auf sehr hohe Niveaus. Dies lässtsich am besten am Beispiel von Frankfurt am Mainillustrieren, ist aber in abgeschwächter Form in an-deren Städten ebenso zu erkennen.

Abbildung 4.14 zeigt die Beziehung zwischen derHöhe der Leerstandsquote und der Spitzenmiete

für die Stadt Frankfurt am Main. Die Verwerfungennach dem Platzen der Dotcom-Blase erreichten dieBüromärkte nach dem zweiten Quartal 2002,daher ist die Punktewolke in zwei Gruppen unter-teilt. In der ersten Gruppe befinden sich die Daten-paare von Anfang 1991 bis Mitte 2002 (blauePunktewolke), in der zweiten die Datenpaare inden Folgequartalen bis Ende 2012 (rote Punkte-wolke). In den Jahren bis 2002 gab es eine engeund vor allem elastische Beziehung zwischen derLeerstandsquote und der Spitzenmiete. Die Leer-standsquoten waren relativ niedrig, sodass kleine

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A-StädteØ Veränderungsrate: –1%σ: 4 Euro

Kleinere StädteØ Veränderungsrate: 0%σ: 1 Euro

Quelle: BulwienGesa, eigene Berech-nungen

Abbildung 4.13:Bürospitzenmie-ten in deutschenStädten inEuro/m² (gewichteter Mittelwert)

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y = -2,4x + 52,6R² = 0,89

y = 0,4x + 42,2R² = 0,13

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Quelle: CBRE, IREBS

Abbildung 4.14:Leerstandsquote(x-Achse, in %)und Spitzenmie-ten (y-Achse, inEuro/m²) fürFrankfurt amMain von 1991bis 2012 in Quartalen

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Änderungen in der Quote zu heftigen Ausschlägenbei der Spitzenmiete führten. Es war ein klarer An-bietermarkt. Nach 2002 brach in Frankfurt dieNachfrage ein, und die in der Boomphase projek-tierten Büros erreichten den Markt: sinkende Nach-frage traf auf steigendes Angebot, die Leerstands-quote schoss in die Höhe. Dies führte nicht nur zueiner sinkenden Spitzenmiete. Die gesamte Markt-beziehung änderte sich. Aus einer elastischen Be-ziehung wurde eine deutlich weniger elastische Beziehung, das heißt, seit Mitte 2002 führen Rück-gänge in der Leerstandsquote zu deutlich geringe-ren Mietzuwächsen als in den Jahren davor.

Die relative Stabilität des Frankfurter Büromarkteswährend der Wirtschaftskrise liegt also zum Teilauch daran, dass der Markt deutlich wenigerschwankungsanfällig ist als noch zuvor.

Ähnlich wie für die Wohnungsmärkte kann auchfür die Büromärkte die Relation aus Mieten undKaufpreisen eine Indikation für eine Über- oder Un-terbewertung sein.

Wenn die Mietrenditen, also das Verhältnis ausvereinbarter aktueller Miete zum Kaufpreis, sin-ken, sind die Käufer mit weniger Miete zufrieden,

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Kleinere StädteA-StädteRenditedifferenz

20112008200520021999199619931990Quelle: BulwienGesa, ei-gene Berechnungen

Abbildung 4.15:Nettoanfangsren-diten für Büroflä-chen 1990 bis2012, in % (in Pro-zentpunkten fürdie Renditediffe-renz)

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A-Städte: 2012/2000: +42%2012/2007: +17%

Kleinere Städte: 2012/2000: +11%2012/2007: +12%

Quelle: BulwienGesa, ei-gene Berechnungen

Abbildung 4.16:Einzelhandelsspit-zenmieten in deut-schen Städten, inEuro/m² von1990 bis 2012

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weil sie mit steigenden Mieten in der Zukunft rech-nen oder die Alternativanlagen ebenfalls nur einegeringe Cashflow-Rendite abwerfen. Je nach Aus-gangslage könnte es also vorher eine Unterbewer-tung gegeben haben oder aktuell eine Überbe-wertung.

Die Mietrenditen sind nur geringen Schwankun-gen unterworfen. Für die Toplagen in den größ-ten Städten liegen sie zwischen 4,5% und knapp6%, für die kleineren Städte zwischen 6% und7%. Während die Mietrenditen in den großenStädten im Zuge der Eurokrise eine deutliche Ab-wärtstendenz auf das niedrigste Niveau seit 1990aufweisen, ist eine solche Bewegung für die klei-nen Städte nicht zu erkennen.

Die Renditedifferenz zwischen den großen undkleinen Städten ist dadurch auf den höchsten Standder letzten zwei Jahrzehnte gestiegen. Dies könntebedeuten, dass die Investoren mit (deutlichen) Miet-steigerungen für die Büromärkte in den Top-Stand-orten rechnen. Wahrscheinlich suchen auch siebenJahre nach Ausbruch der Subprime-Krise viele In-vestoren nach leicht verkäuflichen Objekten undfinden diese eher in den Metropolregionen. GroßeMärkte bieten in Wirtschaftskrisen eher die Mög-lichkeit, einen Käufer zu finden, als kleine Märkte.Kleine Büromärkte sind per Definition weniger li-quide als große, und Investoren haben dort das Ri-

siko, in einer Krise Objekte nicht mehr oder nurschwer verkaufen zu können. Dies wird auch durchdie Ergebnisse des aktuellen Expertenpanels desBBSR (2013a) gestützt. In diesem kommen die be-fragten Panelteilnehmer überwiegend zu der Ein-schätzung, dass der Markt eher nach qualitativhochwertigen Objekte sucht als nach einfachen.

4.5.3 Einzelhandelsmieten in Deutschland

Flächenmäßig ist der Einzelhandelsimmobilienbe-stand deutlich kleiner als der Bürobestand (vgl.Kapitel 2). In wirtschaftlich unsicheren Zeiten sindEinzelhandelsimmobilien bei Investoren besondersgefragt, weil viele Produkte des klassischen Einzel-handels zum täglichen Bedarf zählen und daherweniger krisenanfällig sind als Investitionsgüter.Andere Produkte im Einzelhandel werden nachEnde einer Krise rasch nachgefragt, weil sich Kon-sum aufgestaut hat. Daher kann das Transaktions-volumen von Einzelhandelsimmobilien jenes vonBüroimmobilien in Krisenjahren sowie kurz nacheiner Krise, wenn die Büroflächennachfrage nochnicht anzieht, übersteigen. In den letzten Jahrenwaren insbesondere die nicht vermehrbaren Innen-stadtlagen, gut vermietete Einkaufszentren an at-traktiven Standorten und großflächige Fachmarkt-agglomerationen sehr beliebt.

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20112008200520021999199619931990 Quelle: BulwienGesa, eigene Berechnungen

Abbildung 4.17:Nettoanfangsren-diten für deutscheEinzelhandelsim-mobilien 1990 bis2012, in % (in %-Punkten für dieRenditedifferenz)

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Mit Blick auf die Mietentwicklung scheint dies ge-rechtfertigt, denn seit 2000 stiegen die Mieten inden Top-Einkaufsstraßen der großen A-Städtedeutlich schneller als die guten Lagen in kleinerenStädten und vor allem wesentlich stärker als aufallen Büroimmobilienmärkten. Daher ist es auchschlüssig, dass sich zeitgleich mit dem Auseinan-derlaufen der Mieten die Mietrenditen in den je-weiligen Städtegruppen unterschiedlich entwickel-ten: Während die Mietrenditen in den kleinenStädten seit Jahren nahezu konstant bei rund6,5% liegen, sind die Mietrenditen in den größ-ten sieben A-Städten seit 2003 um fast 100 Ba-sispunkte auf 4,5% im Jahr 2012 gefallen.

Bemerkenswerterweise haben in den letzten fünfJahren auch die Mieten in den guten Lagen derkleinen Städte zweistellig zugelegt. Tatsächlichwar der Anstieg nur etwas geringer als jener inden großen Städten. Dennoch hat sich die Rendi-tekompression allein in den wenigen besonders li-quiden Märkten seit 2007 fortgesetzt. Ähnlich wiebei den Büroimmobilien dürfte dieser zweite Teilder Entwicklung vor allem an der hohen Liquidi-tätspräferenz der Investoren liegen. Einige Investo-ren könnten bereits heute den durch demografi-sche Trends möglicherweise entstehendenMietdruck in den peripheren kleineren Städten inden Preisen vorwegnehmen (vgl. Kapitel 7). Ten-denziell müssen die Bestlagen in den großen Städ-ten eher als überbewertet gelten als die vergleich-baren Lagen in den kleineren Städten, denn dieMietrenditen in den „Top“-Städten haben 2012einen neuen Tiefstwert erreicht, und die Rendite-differenz zu den kleineren Städten ist auf ihrenHöchststand gestiegen. Dennoch war die Mietent-wicklung in den kleineren Städten seit über 20 Jah-ren nicht so positiv wie zuletzt.

4.6 Fazit

In den letzten Jahren hat sich die Datenverfügbar-keit für Immobilienpreise in Deutschland deutlichverbessert. Dies gilt sowohl für den Wohnungs-markt als auch für Gewerbeimmobilien. Gleich-wohl gibt es noch immer erhebliche Datenlückenund die verfügbaren Datenreihen für Immobilien-

preise und Mieten in Deutschland werden nochimmer nicht der Bedeutung der Anlageklasse Im-mobilien gerecht. Des Weiteren gelten die deut-schen Immobilienmärkte im Vergleich zu angel-sächsischen oder skandinavischen Ländern alsweniger transparent (vgl. Kapitel 9). Für Investo-ren ist Transparenz wichtig, da fehlende Informa-tionen mit einer Risikoprämie bewertet werden, umdie damit verbundenen Unsicherheiten abzubil-den. Solch eine Risikoprämie bedeutet aber letzt-lich, dass das Transaktionsvolumen geringer aus-fällt als bei höherer Transparenz, und dieswiederum bedeutet einen allokativen Reibungsver-lust für die gesamte Volkswirtschaft.

Die Wohnungspreise sind in einigen deutschenMetropolregionen sowie gefragten Groß- undKleinstädten zuletzt spürbar schneller gestiegenals in den zehn Jahren zuvor. In den meisten Städ-ten dürfte dieser Preisanstieg jedoch in erster Liniedie Knappheitsverhältnisse in den einzelnen Teilre-gionen widerspiegeln. Eine spekulative Übertrei-bung ist bisher, wenn überhaupt, nur für wenigeToplagen in besonders gefragten Quartieren zuvermuten. Dies gilt zum Beispiel für einige Teilbe-reiche von Berlin, Hamburg oder München. DasRisiko möglicher Preisübertreibungen sollte jedochnicht außer Acht gelassen werden und bedarf derstetigen Preis- und Mietbeobachtung. Für diesenZweck sind belastbare und regional feingliedrigeDatenreihen unverzichtbar. Zur Analyse wäre eineöffentliche Zugangsmöglichkeit zu den Daten inForm eines „Immobilien-Forschungsdatenzentrum“wünschenswert.

Auch wenn die aktuelle Preisbewegung als einenormale Marktreaktion angesehen werden kann,besteht zukünftig auch die Möglichkeit eines Sze-narios mit fallenden Immobilienpreisen, welchesnicht ausgeblendet werden sollte: Steigen die Zin-sen stärker als von Marktbeobachtern erwartetund sollte die Bautätigkeit die Zusatznachfrageüber einige Jahre übersteigen, können die Woh-nungspreise fundamental gerechtfertigt wieder sinken – ohne dass von einer geplatzten Blase ge-sprochen werden könnte. Da mittelfristige Zins-prognosen jedoch als sehr unsicher gelten, ist diesletztlich ebenfalls eine spekulative Aussage.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Literatur und Quellen

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2011) (Hg.): Wohnungsmarktprognose 2025. Bonn (Analy-sen Bau.Stadt.Raum, Band 4).Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2012) (Hg.): Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutsch-land 2011. Bonn (BBSR-Analysen KOMPAKT, 01/2012).Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2013a) (Hg.): Der Markt für Wohn- und Gewerbeimmobi-lien in Deutschland. Ergebnisse des BBSR-Expertenpanel Immobilienmarkt Nr. 11 (2. Hj. 2012-1. Hj. 2013). Bonn (BBSR-Online-Publikation, 01/2013).Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2013b) (Hg.): Wohnungsengpässe und Mietsteigerungen (BBSR-Analysen KOMPAKT, 07/2013).Demary, Markus (2009): Hedonische Immobilienpreisindizes – Verfahren und Beispiele. In: IW-Trends 36 (3), S. 91–104.Deutsche Bundesbank (2012): Finanzstabilitätsbericht 2012. 55–66.Dombret, Andreas; Braun, Reiner; Rottke, Nico B.; Oertel, Christopher Yvo; Mense, Andreas; Schumacher, Jens (2013): Miet- und Immobilienpreissteigerungen: Droht eine Immobilienblase? (ifo Schnelldienst, 2-2013) S. 3–20.Georgi, Sabine; Barkow, Peter (2010): Wohnimmobilien-Indizes: Vergleich Deutschland – Großbritannien. Hg.: Zentraler Immobilien Ausschuss und Barkow Consulting. Berlin.Han, L. (2013): Understanding the Puzzling Risk-Return Relationship for Housing. In: Review of Financial Stu-dies 26 (4), S. 877–928.Henger, Ralph; Just, Tobias; Voigtländer, Michael (2011): Tobins q und die Bautätigkeit im deutschen Immobi-liensektor. In: IW-Trends 38 (3), S. 31–44.Kholodilin, Konstantin A.; Mense, Andreas (2012): German Cities to See Further Rises in Housing Prices and Rents in 2013 (DIW Economic Bulletin, 12-2012).Leifer, Hans-Albert (2004): Preisindikatoren für Wohnimmobilien in Deutschland. In: Allgemeines Statistisches Archiv (88), S. 435–450.Schumacher, Jens (2013): Wie gefährlich wäre eine Immobilienblase in Deutschland? In: Dombret, Andreas; Braun, Reiner; Rottke, Nico B.; Oertel, Christopher Yvo; Mense, Andreas; Schumacher, Jens: Miet- und Immo-bilienpreissteigerungen: Droht eine Immobilienblase? (ifo Schnelldienst, 2-2013), S. 15–20.Statistisches Bundesamt (2013): Turnusmäßige Überarbeitung des Verbraucherpreisindex 2013. Februar 2013.

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5.Indirekte Anlageformenvon Immobilien

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DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

Zusammenfassung

Immobilien sind für institutionelle Investoren neben Aktien und Anleihen die wichtigsten Anlagegüter. Für Privatpersonen sind daneben noch Bargeld, Bankeinlagen, Versicherungs- und Pensionsansprüche von großer Bedeutung.Dabei existieren neben der direkten Immobilienanlage verschiedene indirekte Anlageformen: Offene Im-mobilienfonds ebenso wie die Immobilienanlage über Anteile an einer Gesellschaft, insbesondere in Form eines geschlossenen Immobilienfonds, einer Immobilien-Aktiengesellschaft sowie eines Real Estate Investments Trusts (REIT).Die Attraktivität liegt vor allem in der vergleichsweise schwankungsarmen Rendite, die mit den anderen Anlagegütern gering korreliert, sodass Immobilien als Risikodiversifizierer in Multi-Assets-Portfolios dienen.Bei der direkten Immobilienanlage gibt es insbesondere Herausforderungen hinsichtlich der Losgröße, des Klumpenrisikos, des Informationsbedarfs, der Transaktionszeit und der Liquidität. Diese Herausforde-rungen können durch die verschiedenen Formen der indirekten Immobilienanlage in unterschiedlicher Art und Weise zu Gunsten der Investoren reduziert werden.Immobilienanlageprodukte können in direkte oder indirekte, Eigenkapital- oder Fremdkapital- und öffent-lich oder privat gehandelte Produkte unterteilt werden. Klassischerweise werden in Deutschland haupt-sächlich die indirekten Eigenkapitalprodukte als Anlageformen von Immobilien gesehen.Die verschiedenen Anlageformen sind keine Substitute. Aufgrund der diversen Investmentstrategien, des unterschiedlichen Anlagefokus und des Grads der Transformationsleistungen bei den Herausforderungen der indirekten Immobilienanlage ergänzen sie das Spektrum der Anlagemöglichkeiten von institutionel-len und privaten Investoren.Die bedeutendsten indirekten Immobilienanlageformen in Deutschland verfügen dabei über ein beträcht-liches Eigenkapitalvolumen, darunter: offene Immobilien-Publikumsfonds (84 Mrd. Euro), offene Immobi-lien-Spezialfonds (37 Mrd. Euro), geschlossene Immobilienfonds (mindestens 37 Mrd. Euro, keine voll-ständige Erfassung), Immobilienaktiengesellschaften und REITs (Marktkapitalisierung 14 Mrd. Euro).

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5.1 Einleitung

Immobilien zählen gemeinsam mit Aktien und An-leihen zu den bedeutendsten Anlageklassen einerVolkswirtschaft. Private und institutionelle Anlegerinvestieren aus vielfältigen Gründen und mit ver-schiedenen Möglichkeiten in Immobilien. Nebender direkten gibt es zahlreiche Formen der indi-rekten Anlage. Investoren wählen aufgrund ihrerindividuellen Rendite- und Risiko-Präferenz daspassende Vehikel aus. Dabei gehören neben derVolatilität der Rendite auch andere Risikoarten wieAusfallrisiko, Haftung oder aufsichtsrechtliche Fol-gen zu den Auswahlkriterien. Aufgrund einer ge-ringeren Korrelation der Renditen untereinander,z.B. durch unterschiedliche Investmentstrategien,kann eine Mischung diverser indirekter Immobi-lienanlageformen sinnvoll sein.

In den folgenden Abschnitten werden verschie-dene Formen von Immobilienanlageprodukten dis-kutiert. Da bereits in den vorangegangenen Kapi-teln ausführlich auf den Bestand (Kapitel 2) unddie Preisentwicklung (Kapitel 4) von direkten Im-mobilienanlagen eingegangen wurde, konzen-triert sich dieses Kapitel auf indirekte Immobilien-anlagen. Die Abschnitte 5.2 und 5.3 fassen dieEigenschaften und die Herausforderungen bei derImmobilienanlage zusammen. Im Abschnitt 5.4wird eine Übersicht über unterschiedliche Formen,zentrale Merkmale und Bedeutung der Immobi-lienanlagen gegeben. Am Ende des Kapitels fasstAbschnitt 5.5 die wichtigsten Änderungen durchdie neuen Anlageregulierungen zusammen.

5.2 Gründe für die Immobilien-anlage

Die Bedeutung als Anlageklasse beruht insbeson-dere auf folgenden Eigenschaften: Zunächst ent-sprechen bei der Direktanlage die regelmäßigen,stabilen Mieterträge – die meist zugleich auch zah-lungswirksam sind – und die Chance auf Wertstei-gerungen dem vielfachen Investorenwunsch nachlangfristigen, planbaren Investitionen. Zweitens sinddie Renditen von Immobilienanlagen mit den Ren-diten anderer Anlageklassen gering korreliert unddaher gemäß der Portfoliotheorie von Markowitz(1952) geeignet, Diversifikationseffekte zu realisie-

ren. Ein Portfolio unter Einbeziehung von Immobi-lien kann somit bei gleicher Rendite ein geringeresRisiko erzielen als ein Portfolio ohne Immobilien.Des Weiteren können für einige Immobilientypenlängerfristige Mietverträge abgeschlossen werden.Hierdurch verringert sich der Einfluss kurzfristiger,konjunktureller Schwankungen auf die Erträge, unddas Anlageportfolio kann stabilisiert werden. Ist eszudem für Investoren möglich, Mieteinnahmen zeit-nah an die allgemeine Preisveränderung anzupas-sen, so können Immobilienanlagen einen nachgela-gerten Inflationsschutz bieten.

5.3 Herausforderungen bei der Immobilienanlage

Losgröße, Klumpenrisiko, Informations-bedarf, Transaktionszeit und LiquiditätImmobiliendirektanlagen unterscheiden sich er-heblich von Anlagen in Wertpapieren wie Aktienoder Anleihen. Für den Kauf von Immobilien ist inder Regel ein hoher Kapitaleinsatz notwendig, so-dass eine von Investoren oft gewünschte breite Stü-ckelung in verschiedene Anlagen erschwert wird.Dadurch können Klumpenrisiken entstehen, wenndas Verhältnis der Investitionssumme des Einzelob-jekts zum Gesamtvermögen relativ hoch ist. Indi-rekte Anlageformen, die als Kapitalsammelstellenfungieren und eine Anlage auch kleinerer Beträgeermöglichen, können dieses Problem sowohl fürPrivatanleger als auch für institutionelle Investoren(Versicherungen, Pensionsfonds, Pensionskassenetc.) lösen.

Insbesondere durch die Heterogenität der Immo-bilien ist die Preisfindung und Messung von Rendi-ten vergleichsweise komplex und mit Problemenbehaftet (vgl. Kapitel 4). Bevor ein Investor auseiner Direktanlage Mieterträge erzielen kann,muss eine Immobilie bewirtschaftet werden. Jenach Immobilientyp und Größe ist dies eine rela-tiv komplexe Aufgabe und erfordert ein aktivesManagement. Bei der indirekten Anlage wirdneben dieser Verwaltung auch die aktive Auswahlvon Investitionsobjekten an das Management derindirekten Immobilienanlageform delegiert.

Es vergeht im Vergleich zu Aktien- und Anleihenin-vestments relativ viel Zeit, um den direkten Er-

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werb/Verkauf einer Immobilie durchzuführen. Daes für Immobilien weniger Käufer und Verkäufer aufdem Markt gibt als beispielsweise für Aktien, sindsie wesentlich illiquider. Des Weiteren sind sie auf-grund ihrer Immobilität typischerweise besonderenlokalen Einflüssen und Risiken ausgesetzt. Regio-nale Immobilienmärkte können sich anders als derGesamtmarkt entwickeln. Daher erfordern Immobi-lienanlagen stets ein tiefgründiges lokales Wissen.

Auch von ordnungspolitischen Maßnahmen mussder Investor Kenntnis haben. So können durch ge-setzliche Vorgaben verschärfte Anforderungen andie Gebäudesubstanz gestellt, Einschränkungenhinsichtlich der wirtschaftlichen Nutzung (z.B. re-levant hinsichtlich des Wiederverkaufs) gemachtoder staatliche Abgaben (Höhe, Art oder Berech-nungsweise) geändert werden.

Hoher Kapitalbedarf und Herausforderun-gen der DiversifikationDie besonderen Merkmale von Immobilien habenentscheidende Folgen für die Anlagen. Aufgrunddes hohen Kapitaleinsatzes bei einem Direktinvest-ment und der nicht vorhandenen Stückelungsmög-lichkeit erfolgt der Erwerb von Immobilien häufigunter Einsatz von Fremdkapital. Dabei dienen dasfinanzierte Objekt selbst oder andere Sach- oderPersonenleistungen als Sicherheit für den Gläubi-ger. Durch die hohen Investitionen ist es nurschwer möglich, mit direkten Immobilien eine auchnur annähernd befriedigende Diversifikation für In-vestoren mit kleineren und mittleren Gesamtvermö-gen zu erreichen. Das gilt selbst nach der Auf-

nahme von Fremdkapital. Auch in Anbetracht derRegulierungsvorhaben, die die Vergabe vonFremdkapital für Immobilieninvestitionen ein-schränken, zumindest aber verteuern könnten (u.a.CRR/CRD-IV, Solvency-II-Richtlinie), haben die in-direkten Anlageformen eine wachsende Bedeu-tung, weil diese dem Immobilienmarkt zusätzlichbenötigtes Eigenkapital zuführen.

Kapitalsammelstellenfunktion der indirektenAnlagenUm den Herausforderungen bei der Immobilien-anlage gerecht zu werden, haben sich verschie-dene indirekte Immobilienanlagevehikel auf denKapitalmärkten etabliert. Dabei bündeln die Inves-toren ihre Anlagen, sodass kleinere Stückelungenmöglich werden. Das so eingesammelte Eigenka-pital eines Fonds, einer Immobilienaktiengesell-schaft, eines REIT oder einer unternehmerischenGesellschaft im Allgemeinen dient nun den Immo-bilieninvestitionen. Ein professionelles Manage-ment trifft die Anlageentscheidung und übernimmtdie Bewirtschaftung der Objekte. Mit Hilfe von in-direkten Immobilienanlagen resultiert eine Losgrö-ßentransformation. Erfolgt diese Immobilienanlagein ein mehr oder weniger breit gestreutes Portfoliovon Immobilien mit unterschiedlichen Charakteris-tika (z.B. Nutzungsart oder Region), wird eine Ri-sikoreduktion aufgrund von Diversifikationseffek-ten erzielt. In diesem Fall bieten indirekteImmobilienanlagen auch eine Risikotransformationfür den Anleger. Die indirekte Anlage in Immobi-lien bietet zudem eine Informationstransformation.Der einzelne Investor kann auf das Know-how vonSpezialisten zurückgreifen und muss nicht kontinu-ierlich aktuelle Informationen beschaffen und ver-arbeiten. Dies ist sowohl bei der Erschließungneuer regionaler Immobilienmärkte als auch beider Investition in Spezialimmobilien (z.B. Hotels,Studentenwohnheime etc.) von Vorteil. Einige in-direkte Immobilienanlagevehikel nehmen zusätz-lich eine Fristentransformation vor. Sie ermögli-chen es Investoren, Anteile am Fonds oder derGesellschaft zeitnah zu veräußern, und schaffensomit eine liquide Anlageform in Immobilien odereine höhere Stückelungsmöglichkeit. Abbildung5.1 fasst die Transformationsleistungen der indi-rekten Anlageformen zusammen. 25

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25 Für eine ausführliche Darstellung der Transformationsleistungen vgl. Sebastian et al.

Quelle: ZEW

Abbildung 5.1:Transformations-leistungen derindirekten Immo-bilienanlage

Transformationsleistungen der indirekten Immobilienanlage

Information

Losgrößen, Klumpenrisiko

Risiko

Fristen, Liquidität

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5.4 Formen indirekter Immobilienanlage

In diesem Abschnitt erfolgt zunächst eine Einglie-derung der verschiedenen Formen von Immobi-lienanlagen. Im Anschluss wird das Volumen derbedeutendsten Arten der indirekten Immobilienan-lage in Deutschland beschrieben. Diese umfassenoffene Immobilienfonds, geschlossene Immobilien-fonds, Immobilienaktiengesellschaften und REITs.Zuletzt werden die Eigenschaften dieser Anlage-formen dargestellt.

5.4.1 Überblick

Immobilienanlageprodukte können über diverseUnterscheidungsmerkmale charakterisiert werden. Neben der Möglichkeit, sie in direkte und indirekteAnlageformen aufzuteilen, sind international be-sonders zwei Unterscheidungsmerkmale geläufig– Kapitalform (Eigen- bzw. Fremdkapital) und Zu-gang (primär börsengehandelt bzw. nicht-börsen-gehandelt). Durch diese Kategorien lassen sichalle gängigen Anlageformen in die dadurch ent-stehende 4-Quadranten-Matrix der Immobilienan-lage einordnen (Tabelle 5.1).

Vertikale Unterscheidung: Eigen- undFremdkapitalDiese Unterscheidung überträgt die klassischeSichtweise der Unternehmensfinanzierung und dieTeilhabe an Gewinn und Verlust der Kapitalgeberauf die Immobilienanlage. Investmentvehikel inForm von Eigenkapital berechtigen den Anlegerunmittelbar an den (Netto-)Erträgen und Wertstei-gerungen oder Verlusten teilzuhaben. Damit gehtjedoch auch die Haftung mit dem eingesetzten Ei-genkapital einher. Demgegenüber bieten Anlagenin Form von Fremdkapital dem Anleger lediglicheinen vorher definierten Rückzahlungsstrom – be-stehend aus Zinsen und Tilgung. Die Immobiliedient dabei regelmäßig als Sicherheit. Kommt eszur Insolvenz des Fremdkapitalnehmers, werdendie Fremdkapitalgeber zuerst bedient und könnendie Sicherheiten verwerten. Beide Produktartensind den Chancen und Risiken des Immobiliensek-tors ausgesetzt. Daher könnten auch Anlagefor-men, die auf der Fremdkapitalseite Immobilien alsBasis haben und durch diese abgesichert werden,zu den indirekten Immobilienanlagen gezählt wer-den. 26 Dieses Kapitel konzentriert sich auf Eigen-kapitalformen der Immobilienanlage, die vor allemin Deutschland als indirekte Immobilienanlage ver-standen werden.

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Börsengehandelt (Public)

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Eigenkapital (Equity)

Direkte Anlageformen

Direkte Immobilienbeteiligung

Indirekte Anlageformen

Immobilien-AktiengesellschaftenREITs

Offene Immobilien-Publikumsfonds Immobilien-SpezialfondsGeschlossene ImmobilienfondsImmobilienanlage über sonstige Gesellschaftsanteile (z.B. Verein, Stiftung, AG, GmbH, KG, GbR)Fund of Funds, Dachfonds o.ä.

Fremdkapital(Debt)

HypothekenpfandbriefeMortgage-Backed-SecuritiesHypothekenanleihe

ImmobiliendarlehenReal Estate Debt Funds

Quelle: Angelehnt an Geltner et al. 2007

Tabelle 5.1: Die vier Qua-dranten der Im-mobilienanlage

26 Auch Mischformen von Eigen- und Fremdkapital (sog. Mezzanine-Kapital) sind gängig. Diese Produktart weist je nach Ausprägung verschiedene Eigen- und Fremdkapitalcharakteristika auf. Auch können bestimmte Anla-geformen sowohl an der Börse als auch nur privat gehandelt werden. Demnach kann es in der schematischen Darstellung von Tabelle 5.1 zu Überlappungen kommen.

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Horizontale Unterscheidung: börsengehan-delt bzw. nicht-börsengehandeltDie horizontale Unterscheidung klassifiziert denZugang und in der Regel auch die rechtliche Re-gulierung. An Börsen gehandelte Anlageformenzeichnen sich insbesondere dadurch aus, dassAnleger relativ kurzfristig eine Position erwerbenoder veräußern können. Auch unterliegen dieseim regulierten Markt rechtlichen Zulassungsvo-raussetzungen und Folgepflichten. Bei nicht-bör-sengehandelten Anlageformen, mit Ausnahme of-fener Immobilienfonds, muss zuerst bilateral einVerkäufer oder Käufer gefunden werden. SowohlAnlagen in Eigenkapital als auch Fremdkapitalexistieren als börsengehandelte und nicht-börsen-gehandelte Produkte.

Die Zuordnung einer bestimmten Form der Immo-bilienanlage in einen Quadranten gibt maßgebli-che Unterschiede in Bezug auf die Präferenzenund Erwartungen der Investoren bezüglich Ren-dite, Volatilitäten, Risiko und Fungibilität wieder.

5.4.2 Formen von indirekten Immobilienanlagen

Offene ImmobilienfondsBei den offenen Immobilienfonds (neue Bezeich-nung im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB): Offene Investmentvermögen) handelt es sich umKapitalverwaltungsgesellschaften, die ein Immo-bilien-Sondervermögen verwalten. Dabei existie-ren zwei Formen: Der Immobilien-Publikumsfondsfür private Anleger, der zuerst beschrieben wird,und der Immobilien-Spezialfonds für semi-profes-sionelle und professionelle Anleger.

In Analogie zu Aktien- und Rentenfonds können An-leger bei deutschen offenen Immobilienfonds lau-fend Anteile an einem Immobilien-Sondervermö-gen von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft(früher: Kapitalanlagegesellschaft) erwerben undnach klaren Regelungen wieder zurückgeben. Eserfolgt kein Ausgleich von Angebot und Nachfrage

über den Börsenpreis wie bei einer börsengehan-delten Immobilien-Aktiengesellschaft. 27 Stattdes-sen wird der Preis durch die Ermittlung des Netto-inventarwertes des Anteilscheins eines offenenImmobilienfonds bestimmt. Dabei wird – vereinfacht ausgedrückt – die Summe der Verkehrs-werte der Immobilien im Portfolio des Immobilien-fonds durch unabhängige Bewerter ermittelt unddurch die Kapitalverwaltungsgesellschaft festge-setzt. Zu diesem Wert werden die sonstigen Ver-mögensgegenstände, die aufgrund der vorzuhal-tenden Liquidität einen hohen Anteil amGesamtvermögen haben, hinzuaddiert. Anschlie-ßend sind die Verbindlichkeiten abzuziehen, umden Nettoinventarwert zu bestimmen. Die liquidenMittel im Fondsvermögen dienen zur Anteilsrück-gabe. Überschreitet die aus Anteilsrückgaben ab-fließende Liquidität die vom Fonds vorgehaltenenliquiden Mittel, muss der Fonds die Anteilsrückgabeaussetzen und Teile seines Immobilienportfolios zurLiquiditätsbeschaffung veräußern. Hierzu gibt esmit dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB; vgl. Ab-schnitt 5.5 Aktuelle Aspekte der Regulierung) neueRegelungen für die offenen Immobilienfonds, dienunmehr als offene Investmentvermögen bezeich-net werden. Spätestens seit der Finanzkrise zeig-ten sich Rückgabeschwierigkeiten, zeitweiligeFondschließungen und sogar Abwicklungen beiverschiedenen offenen Immobilien-Publikumsfonds,die vor allem durch Abwertungen und hohe Ab-flüsse von einzelnen Anlegern, die die Fonds alseine Art des Geldmarkts sahen, ausgelöst wurden.Bereits nach Veröffentlichung des Anlegerschutz-und Funktionsverbesserungsgesetzes (AnsFuG)haben sich viele institutionelle Anleger aus den Pu-blikumsfonds zurückgezogen, wodurch das soge-nannte Fund-Run-Risiko gesenkt werden konnte. Dieneuen Regeln im KAGB sehen überdies eine Erst-haltefrist von 24 Monaten (Mindesthaltedauer)und eine gesetzliche Rückgabefrist von 12 Mona-ten (Kündigungsfrist) für neue Anleger vor. Der Kaufund Verkauf ist weiterhin börsentäglich möglich, je-doch erfolgt die Auszahlung erst nach Ablauf derKündigungsfrist. 28 Dies trägt zur Verbesserung desLiquiditätsmanagements der Fonds bei.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

27 Auch werden Anteile offener Immobilienpublikumsfonds an der Börse (Zweitmarkt) gehandelt. Hierauf wird am Ende des Abschnitts zu geschlossenen Immobilienfonds eingegangen.

28 Aufgrund des Bestandschutzes können Altanleger, die vor dem Inkrafttreten des KAGB am 22. Juli 2013 investierten, Anteile im Wert von 30.000 Euro je Kalenderhalbjahr zurückgeben.

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Neben den offenen Immobilien-Publikumsfonds fürprivate Anleger werden Spezialfonds für institutio-nelle Anleger aufgelegt. Während Erstere in einbreit diversifiziertes Portfolio von verschiedenenImmobilien investieren, eine höhere Liquidität vor-halten müssen und obige Rücknahmeauflagen zuerfüllen haben, gelten für die Spezialfonds gerin-gere Auflagen. Immobilien-Spezialfonds sind ins-besondere bei Versicherungen und Pensionskas-sen ein gebräuchliches Vehikel, da sie damit ihreImmobilieninvestitionen mit Fremdkapitalanteil he-beln können, was ihnen bei Direktinvestitionen un-tersagt ist.

Geschlossene ImmobilienfondsBei geschlossenen Immobilienfonds (neue Be-zeichnung im KAGB: Geschlossene Investmentver-mögen) können Anleger einen festen Geschäfts-anteil zeichnen, um an den Erträgen des Fonds zupartizipieren. 29 Gewöhnlich haben geschlosseneFonds eine Laufzeit zwischen 5 und 20 Jahren.Die Mindestanlagesumme war bei geschlossenenImmobilienfonds bislang normalerweise (meist ab5.000 Euro bis zu mehreren 100.000 Euro) umein Vielfaches höher als beispielsweise bei den of-fenen Immobilienfonds. Eine vorzeitige Rückgabeder Anteile an den Fondsinitiator ist in der Regelnicht vorgesehen. Daher spricht man von „ge-schlossenen“ Fonds. Durch diese Eigenschaft müs-sen keine Liquiditätsreserven für die Rücknahmevorgehalten werden. Der Fonds investiert in einObjekt oder in eine begrenzte Anzahl von Objek-ten, die bei Fondszeichnung bereits bekannt sind,oder in einen „Blind-Pool“. Dabei sollen die Stra-tegie oder die Charakteristika der zu erwerben-den Objekte möglichst genau beschrieben wer-den; die konkret zu erwerbenden Objekte müssenjedoch noch nicht feststehen. Der Fonds bzw. eindafür beauftragter Dritter bewirtschaftet die vomFonds gehaltene Immobilie. Die Anleger partizi-pieren dabei an den Ergebnissen aus der laufen-den Bewirtschaftung der Objekte sowie am Liqui-dationserlös bei der Auflösung des Fonds und derdamit verbundenen Veräußerung des Immobilien-bestandes zum Ende der Laufzeit oder vorzeitigdurch Beschluss der Gesellschafterversammlung.

Durch die unternehmerische Beteiligung an einemgeschlossen Fonds mit nur einem Objekt kommtdiese Anlageform der direkten Immobilienanlagein ein Einzelobjekt am nächsten, während Investi-tionen in offene Immobilienfonds und Immobilien-aktiengesellschaften eine breitere Diversifikationaufweisen. Geschlossene Immobilienfonds sind inihrer Anlageentscheidung kaum beschränkt.

Diese „Freiheiten“ gingen bisher mit nur sehr be-grenzten regulatorischen Vorgaben einher. ImRahmen der Umsetzung der europäischen „Alter-native Investment Fund Manager“-Richtlinie(AIFM) wurden die Manager der geschlossenenFonds in diese Regulierung einbezogen. Zudemergriff der deutsche Gesetzgeber im neuen KAGBdie Chance, weiterhin auch den Vertrieb an Pri-vatpersonen zu ermöglichen und ihren Schutz zuverbessern. Dazu erließ er Vorgaben zur Produkt-regulierung wie den maximalen Verschuldungs-grad. Des Weiteren wird neben den qualitativenAuflagen (Transparenz, Publikationspflichten etc.)eine bessere und nachvollziehbare Ausgestaltungdes Fondsrisikos gefordert. So muss nun auch beieinem Ein-Objekt-Fonds eine qualitative Risikost-reuung und eine Mindestzeichnungssumme von20.000 Euro eingeführt werden. Damit sowiedurch zusätzliche Anforderungen an die Anleger,soll auf das erhöhte Risiko aufmerksam gemachtund ein besseres Zusammenspiel von Investoren-bedürfnissen bei unterschiedlichen finanziellenMöglichkeiten und Strategien bei den Fondspro-dukten erreicht werden.

Sowohl für offene als auch geschlossene Immobi-lienfonds ist es möglich, Anteile über einen Zweit-markt auf speziellen Fondsbörsen zu verkaufenoder zu erwerben. Während Anteile an offenenImmobilienfonds relativ rege gehandelt werden,findet für die Mehrzahl geschlossener Immobilien-fonds häufig kein regelmäßiger Handel statt. Ver-käufer von Immobilienfonds müssen dabei oft Ab-schläge im Vergleich zum Nettoinventarwerthinnehmen. Da vor allem von der Rücknahme aus-gesetzte offene Immobilienfonds gehandelt wer-den, liegt der Abschlag neben den wirtschaftli-

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29 Die aufsichtsrechtlich geforderte höhere Risikohinterlegung von Eigenkapitalbeteiligungen (z.B. für Versiche-rungen) brachte auch Mezzanine- oder Fremdkapitalbeteiligungen bei geschlossenen Fonds hervor, die aber typischerweise keinen geschlossenen Fonds darstellen.

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chen Gründen, die zur Aussetzung führten, in derIlliquidität der Fonds begründet. Bei den geschlos-senen Immobilienfonds, die keine vorzeitige Rück-gabe an den Fondsinitiator vorsehen, sind die Ab-schläge oft noch höher. Die Gründe liegen hierbeineben der Illiquidität vor allem in der bisher fehlen-den Standardisierung des Produkts. Dadurchhaben die potenziellen Käufer einen höheren Auf-wand bei der Auswahl, den sie einpreisen.

Immobilien-Aktiengesellschaften und REITsImmobilien-Aktiengesellschaften sind Unterneh-men in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft,deren Geschäftstätigkeit schwerpunktmäßig aufImmobilien ausgerichtet ist. Sie können Bestands-halter von Wohn- oder Gewerbeimmobilien seinoder einen Fokus auf die Projektentwicklunghaben. Anteile an börsengelisteten Immobilien-Ak-tiengesellschaften und deutschen Real Estate In-vestment Trusts (REITs) werden öffentlich gehan-delt und können börsentäglich erworben oderveräußert werden.30 Der Preis für eine Immobilien-Aktie bestimmt sich wie bei anderen Aktien ausAngebot und Nachfrage an der Börse und ist Kurs-

schwankungen ausgesetzt. REITs sind in Deutsch-land eine besondere rechtliche Ausgestaltung vonbörsennotierten Immobilien-Aktiengesellschaften,die speziell im REIT-Gesetz geregelt ist. REITs müs-sen in bestimmter Höhe langfristige Bestandshaltervon Immobilien sein und unterliegen besonderenVorschriften vor allem bei der Gewinnverwendungund Besteuerung. Die festgelegte hohe jährlicheMindestausschüttung aus den Immobilieneinkünf-ten erlaubt es, die Besteuerung erst bei den An-teilseignern als Einkünfte aus Kapitalvermögen vor-zunehmen. Im Gegenzug ist der REIT von derKörperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Das Zieldes REIT-Gesetzes ist es, steuerliche Transparenzzu schaffen, und nicht, steuerliche Privilegien zugewähren. Historisch und durch die Ausnahme derBestandsmietwohnimmobilien als Anlage für REITshaben sich insbesondere bei Wohnimmobilien Ge-schäftsmodelle bei den börsennotierten Gesell-schaften ausgeprägt, die ähnlich den REITs agie-ren. Der Schwerpunkt der Geschäftsmodelle liegtin der Bestandshaltung bei entsprechenden realis-tischen Renditeerwartungen (Kurssteigerung undDividende).

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30 Ausländische REITs unterliegen unter Umständen keinem Börsennotierungszwang in ihrem Heimatland.

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Deutschland:Marktkapitalisierung: 9,3 Mrd. EuroMarktkapitalisierung pro Kopf: 114 Euro

USA:Marktkapitalisierung: 342,6 Mrd. EuroMarktkapitalisierung pro Kopf: 1.083 Euro

Quelle: Datastream, FTSEEPRA/NAREIT,OECD. Grafik undBerechnungen ZEW.Die Blasenfäche re-präsentiert die ge-samte Marktkapita-lisierung, dervertikale Blasenmit-telpunkt die Markt-kapitalisierung proKopf.

Abbildung 5.2:Marktkapitalisie-rung des börsen-gehandelten Immobilienvermö-gens, Index proKopf

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Die Einführung der REITs in Deutschland war einbedeutender Schritt, um ein global anerkanntesImmobilienanlagevehikel auch hierzulande zuschaffen und somit die internationale Wettbe-werbsfähigkeit der deutschen Immobilienbranchezu erhöhen. Mit bislang nur fünf REITs blieb dasSegment jedoch hinter den Erwartungen zurück.Zur Verdeutlichung zeigt Abbildung 5.2 für zwölfIndustrieländer die Pro-Kopf-Marktkapitalisierungdes börsengehandelten Immobilienvermögens(auf Basis der FTSE EPRA/NAREIT-Länder-Indizeszum Jahresende 2012). Die Größe der Kreise re-präsentiert die absolute Marktkapitalisierung desjeweiligen Landes. Im internationalen Vergleich istdie Marktkapitalisierung des börsengehandeltenImmobilienvermögens in Deutschland gering. DiePro-Kopf-Marktkapitalisierung beträgt lediglich114 Euro. Nur in Italien ist sie mit 9 Euro noch nied-riger. Spitzenreiter im Ländervergleich sind Aust-ralien, Kanada, die USA und die Schweiz miteiner Pro-Kopf-Marktkapitalisierung von jeweilsüber 1.000 Euro. Diese Länder zeichnen sichdurch rege genutzte REIT-Strukturen aus, die schonseit mehreren Jahrzehnten bestehen und kaum al-ternative Anlageformen zulassen.

5.4.3 Bedeutung der indirekten Immobilien-Eigenkapitalanlagen

Abbildung 5.3 zeigt die Marktkapitalisierung derwichtigsten indirekten Immobilien-Eigenkapitalan-lageformen in Deutschland Ende Dezember 2012.

Die Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundes-bank weist die Zahlen für die offenen Immobilien-fonds aus. Mit einem (Netto-)Vermögen bzw. Ei-genkapitalwert von knapp 84 Mrd. Euro sind die59 offenen Immobilien-Publikumsfonds derzeit diedominierende indirekte Immobilienanlageform inDeutschland. Trotz der Probleme verzeichneten sie2012 ein Mittelaufkommen von fast 3,5 Mrd.Euro. Werden die 361 offenen Immobilien-Spezi-alfonds mit einem Fondsvolumen von über 37Mrd. Euro hinzugerechnet, deren Anteilscheineausschließlich von institutionellen Anlegern erwor-ben werden können, ergibt sich ein (Netto-)Vermö-gen von rund 121 Mrd. Euro.

Zu den geschlossenen Immobilienfonds gibt eskeine amtlichen Zahlen. Der BranchenverbandVGF (heute BSI Bundesverband Sachwerte undInvestmentvermögen) weist ein Eigenkapital von37 Mrd. Euro und ein Gesamtfondsvermögen von73 Mrd. Euro aus. Da der Verband nicht alle aufdiesem Gebiet tätigen Gesellschaften (vor allemdie kleineren Gesellschaften) und zudem nur übereinen begrenzten Zeitraum erfasst, ist das tatsäch-liche Volumen vermutlich höher.

Die Marktkapitalisierung der deutschen Immobi-lien-AGs und REITs, die als Äquivalent zum (Netto-)Vermögen der Fonds herangezogen wird, beläuftsich demgegenüber auf ca. 13,9 Mrd. Euro. Die-ser Betrag umfasst alle Aktiengesellschaften, diein Deutschland an einer Börse im Sektor „RealEstate Investment and Services“ und „Real Estate

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Geschlossene Immobilienfonds

Offene Immobilienfonds (Spezialfonds)

Offene Immobilienfonds (Publikumsfonds)

davon in Deutschland(Netto-)Vermögen

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37,4 36,8

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23,320,929,3

Quelle: Offene Immobilien-fonds – DeutscheBundesbank, ge-schlossene Immobi-lienfonds – VGF, Immobilien-AGs und REITs – Data-stream (Durch dieBedingungen der Indexaufnahme inden FTSE EPRA/NAREIT kommt eszu einer Abwei-chung im Vergleichzur Abbildung 5.2).Angaben für dasNettovermögen vonoffenen Immobilien-fonds basieren aufHochrechnungenvon Just und Sebastian (2013). Grafik ZEW

Abbildung 5.3:(Netto-)Vermögenindirekter Immobi-lienanlagen imDezember 2012

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Investment Trusts“ notiert sind und vom Datenan-bieter Datastream erfasst werden. Die REITs habendabei eine Marktkapitalisierung von ca. 1,3 Mrd.Euro. Durch größere Börsengänge von Immobi-lien-AGs hat sich die Marktkapitalisierung allerbörsennotierten Aktiengesellschaften mit Immobi-lienbezug bis Juli 2013 auf rund 19,9 Mrd. Euroerhöht.

Neben diesen in Deutschland domizilierten Pro-dukten gibt es verschiedene ausländische Anlage-formen (z.B. Fonds nach luxemburgischem Rechtoder ausländische REITs), die in deutsche Immobi-lien investieren. Deren Marktkapitalisierung wirdhier nicht erfasst.

Die Bedeutung der indirekten Investmentvehikellässt sich nicht nur anhand der Eigenkapitalhöheerklären. Auch wenn ihnen die unmittelbare bzw.mittelbare Anlage in Immobilien durch das Mana-gement des Vehikels gleich ist, haben sie einen un-terschiedlichen Anlagefokus und Grad der Trans-formationsleistungen. Dadurch weisen sie andereRendite-Risikostrukturen und eine verzögerte odersogar geringere Korrelation untereinander auf (vgl.Just und Sebastian, 2013). Somit sind sie keine Sub-stitute, sondern ergänzen das Spektrum der Anla-gemöglichkeiten von institutionellen und privatenInvestoren. Die Autoren legen in diesem Zusam-menhang auch dar, dass die indirekten Immobilien-anlagen durch ihre breite Diversifikation zur Stabi-lisierung des Immobilienmarktes beitragen.

5.5 Aktuelle Aspekte der Regulierung

Die Richtlinie über die Manager alternativer In-vestmentfonds (AIFMD) zielt darauf ab, einen eu-ropaweit einheitlichen regulatorischen Rahmen fürFonds zu schaffen. Deutschland hat hierzu dasAIFM-UmsG auf den Weg gebracht. Dies warKernstück für die Schaffung des überwiegend am22. Juli 2013 in Kraft getretenen neuen Kapital-anlagegesetzes. Dieses Gesetz hat weitreichendeFolgen insbesondere für geschlossene und offeneImmobilienfonds. Für andere kollektive Vermö-gensanlagevehikel für Immobilien wie die Immo-bilien-AG oder den REIT ist im Einzelfall anhanddes betreffenden Geschäftsmodells zu prüfen, ob

diese in dem Anwendungsbereich des KAGB lie-gen. Immobilien-AGs und REITs unterliegen bereitssteuer- und kapitalmarktrechtlichen Vorschriftenund der börsenrechtlichen Aufsicht.

Offene ImmobilienfondsOffene Immobilienfonds wurden bisher im Invest-mentgesetz geregelt und sind daher ein relativstreng reguliertes Kapitalmarktprodukt. Auch siefallen unter das neue Kapitalanlagegesetz. DieÄnderungen zielen insbesondere auf die Rückga-bemöglichkeit von Fondsanteilen ab. Dies soll dieAnleger zukünftig vor Liquiditätskrisen schützen.Die faktische Abschaffung von offenen Immobi-lienfonds mit börsentäglicher Rückgabe unterhalbdes Freibetrages pro Kalenderhalbjahr von30.000 Euro ist auf Kritik in der Branche gesto-ßen. Auch wenn der Kauf und Verkauf von Antei-len weiterhin börsentäglich möglich ist, wird zu-künftig für alle Neuanleger eine Kündigungsfristvon einem Jahr gelten. Des Weiteren gilt für dieseeine Mindesthaltedauer von 24 Monaten, wo-durch die Fristentransformation begrenzt wird.Diese bleibt, wenn auch reduziert, neben der Los-größentransformation (kleine Stückelung) zentra-les Merkmal offener Immobilienfonds. Der Handelvon Fondsanteilen über die Börse wird dadurchnicht eingeschränkt.

Geschlossene ImmobilienfondsGeschlossene Immobilienfonds fallen grundsätz-lich unter das Kapitalanlagegesetz. Dadurch müs-sen geschlossene Fonds ihre Währungsrisiken undFremdkapitalaufnahme zukünftig begrenzen. Im-mobilien mit einem Wert von über 50 Mio. Eurowerden von zwei externen, voneinander unabhän-gigen Gutachtern bewertet. Darüber hinaus müssen die Fonds eine quantitative (mindestens 3Objekte) oder qualitative (Mieterstruktur, Nut-zungsmix, Drittverwendung etc.) Risikomischungbetreiben, sofern sie nicht nur Anteile an anderengeschlossenen Immobilienfonds (die die Auflagejedoch erfüllen), Wertpapiere, Geldmarktinstru-mente und Bankguthaben halten oder sich nur ansemiprofessionelle Anleger oder Privatanleger miteiner Mindestzeichnungssumme von 20.000 Eurorichten. Wenn sie dies nicht erfüllen, muss in aus-reichender Weise auf das Ausfallrisiko mangels Ri-sikomischung hingewiesen werden. Die im Zugeder Umsetzung der AIFM-Richtlinie erlassenen Re-

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gelungen sollen somit den Anlegerschutz, der indieser Anlageform in letzter Zeit öfter im Fokusstand, stärken und dazu beitragen, geschlosseneImmobilienfonds für Anleger transparenter undletztendlich sicherer zu gestalten.

5.6 Fazit

Investoren stehen neben der direkten Immobilien-anlage verschiedene indirekte Anlageformen zurVerfügung. Diese können die Herausforderungender (direkten) Immobilienanlage durch eine unter-schiedliche Herangehensweise teilweise lösen.Daher ist ein vielfältiges Angebot sowohl an Eigen-

und Fremdkapital als auch an öffentlich oder pri-vat handelbaren Vehikeln wichtig, um den ver-schiedenen Interessen und Zielen gerecht zu wer-den. Die größte Marktkapitalisierung weisendabei die offenen und geschlossenen Fonds vorImmobilien-Aktiengesellschaften und REITs auf. Dielangfristig relativ stabile Rendite – zumindest beiden Cashflows – ist dabei nur ein Grund für die At-traktivität der Immobilienanlage. Dabei spielt auchdie Verschiedenartigkeit der Immobilienanlage-produkte eine wichtige Rolle, da dadurch erst un-terschiedliche Anlageschwerpunkte, Investment-stile und Eintritte in Marktzyklen realisierbarwerden.

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Literatur und Quellen

Geltner, David M.; Miller, Norman G.; Clayton, Jim; Eichholtz, Piet (2007): Commercial Real Estate: Analysis and Investments. 2. Auflage: South-Western.Just, Tobias; Sebastian, Steffen (2013): Volkswirtschaftliche Bedeutung von indirekten Immobilienanlagen. Hg. v. IREBS Beiträge zur Immobilienwirtschaft. Regensburg (4).Markowitz, Harry (1952): Portfolio Selection. In: The Journal of Finance 7 (1), S. 77–91.Sebastian, Steffen; Steininger, Bertram; Wagner-Hauber, Melanie (2012): Vor- und Nachteile von direkten und indirekten Immobilienanlagen. IREBS Beiträge zur Immobilienwirtschaft Heft 2. Regensburg.

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6.Immobilienfinanzierung

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DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

Zusammenfassung

Ende 2012 machten in Deutschland Kredite für den Bau und Erwerb von Wohnungen mit rund 1,1 Bio. Euro 46,6% aller ausstehenden Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen aus. Im Ver-gleich zu 2008 ergibt sich ein weiterhin steigender Kreditbestand für den Wohnungsbau. Demgegenüber ist der Bestand an ausstehenden Krediten von Banken an die gewerbliche Immobilienwirtschaft leicht gesunken.Die wichtigsten Anbieter von Immobilienkrediten sind nach wie vor die Banken. Marktführer bei den Wohnungsbau- wie auch den gewerblichen Krediten sind die Sparkassen mit einem Marktanteil von 29,8% bzw. 27,4%. Bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung spielen weiterhin auch die Realkre--ditinstitute eine bedeutende Rolle.Die Refinanzierung von Immobilienkrediten erfolgt in Deutschland überwiegend über Einlagen und über Schuldverschreibungen (ungedeckt und gedeckt). Derzeit steht vor allem das Emittieren von besicherten Schuldverschreibungen (insbesondere Hypotheken-pfandbriefe) im Vordergrund. Ungedeckte Schuldverschreibungen haben sich verteuert.Als Refinanzierungsinstrument der Kreditgeber kommt dem deutschen Hypothekenpfandbrief im interna-tionalen Vergleich eine besondere Rolle zu. Durch die transparente Finanzierungsstruktur, die hohe Aus-fallsicherheit und die Langfristigkeit leistet die Refinanzierung über Hypothekenpfandbriefe einen wich-tigen Beitrag zur Stabilität der Immobilienfinanzierung in Deutschland.Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) machen nur einen geringen Anteil im Refinanzierungs-volumen der Banken aus. Eine ausgeprägte Wiederbelebung des Marktes nach der Finanzmarktkrise ist bislang noch nicht erkennbar. Eine wesentliche Grundlage für die vergleichsweise geringe Volatilität der Immobilienpreise in Deutsch-land stellt die Ausgestaltung des Immobilienfinanzierungsmarktes dar. Dieser ist durch lange Zinsbindun-gen, eine konservative Wertermittlung sowie eine vergleichsweise geringe Beleihungshöhe geprägt. So hatten 2012 über 72% der vergebenen Hypothekendarlehen eine Zinsbindungsdauer von mehr als 5 Jahren. Aufgrund der Rahmenbedingungen des deutschen Marktes für Immobilienfinanzierung ist auch bei einem historisch niedrigen Zinsniveau kein Trend zu riskanteren Finanzierungsmethoden erkennbar. Mit einer durchschnittlichen Beleihungsquote von 70% liegt Deutschland unterhalb des Durchschnitts der Euro-Länder von 79%.Die neuen Regulierungsvorschriften Basel III und auch Solvency II sollen den Finanzmarkt krisenfester ma-chen. Dies wird auch Auswirkungen auf die Immobilienfinanzierung haben. Es besteht die Gefahr, dass Kapitalmarktrisiken an die Kreditnehmer weitergegeben werden. Außerdem werden sich die Finanzie-rungsbedingungen gerade für risikoreichere Kredite verschlechtern. Zudem könnte die mögliche Einfüh-rung der risikoungewichteten „Leverage Ratio“ negative Auswirkungen insbesondere auf Spezialfinan-zierer haben.

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6.1 Der Markt für Immobilien-finanzierung

Der Bau, die Reparatur, die Modernisierung undder Kauf von Immobilien sind in der Regel sehr ka-pitalintensiv, weshalb sowohl Haushalte als auchUnternehmen typischerweise auf Fremdkapital an-gewiesen sind. Die Immobilienfinanzierung stelltdamit eine wesentliche Determinante für die Aus-gestaltung der Rahmenbedingungen des Immobi-lienmarktes dar. Daher müssen bei Analysen dieWechselwirkungen zwischen den Immobilien- undKapitalmärkten stets mitberücksichtigt werden. Fi-nanzierungsmerkmale, wie die Zinsbindung unddie Kreditvergabestandards, üben einen spürba-ren Einfluss auf die Preisvolatilität von Immobilien-märkten aus. Die starken Wechselwirkungen zwi-schen den beiden Märkten werden zudem durchden hohen Anteil der Immobilien an der Kreditsi-cherung erkennbar. In Deutschland werden mehrals 50% des gesamten Kreditvolumens durch Im-mobilien besichert. Über diesen Weg kommt Im-mobilien eine entscheidende Bedeutung für die In-vestitions- und Konsummöglichkeiten innerhalbeiner Volkswirtschaft zu. In diesem Kapitel wirdausschließlich die Fremdkapitalfinanzierung be-trachtet, während im Kapitel 5 „indirekte Anlage-klassen“ die Eigenkapitalfinanzierung fokussiertwird.

Der Markt für Immobilienfinanzierungen inDeutschland erweist sich im internationalen Ver-gleich als sehr stabil, was zu großen Teilen auf dieherrschenden Rahmenbedingungen zurückzufüh-ren ist (Demary 2010). Im Folgenden werden dieCharakteristika des deutschen Finanzierungsmark-tes dargestellt. Zunächst werden dazu die an derImmobilienfinanzierung beteiligten Bankengrup-pen und ihre jeweiligen Kreditbestände sowie dietypischen Bankprodukte dargestellt. Im Weiterenwerden die meist genutzten Refinanzierungsfor-men skizziert und Trends aufgezeigt. Die Refinan-zierung ist von besonderer Bedeutung, da die Ban-ken die Konditionen typischerweise an die Kundenweitergeben. Aufgrund der besonderen Relevanzder Ausgestaltung der Kapitalmärkte für die Immo-bilienwirtschaft wird zusätzlich auf die Auswirkun-gen neuer Finanzmarktregulierungen auf den deut-schen Immobilienmarkt eingegangen.

6.1.1 Anbieter für Wohnungsbau-finanzierungen

Auf dem deutschen Markt für Immobilienkrediteübernehmen seit jeher Banken die wichtige Auf-gabe der Kreditvergabe und erfüllen somit eineMittlerrolle zwischen Anlegern und Investoren.Während sich insbesondere die Bausparkassen aufdie Finanzierung des Wohnungsbaus und des Er-werbs von Wohneigentum durch Privathaushaltespezialisiert haben, bieten andere Bankengruppenauch gewerblichen Investoren und Wohnungsun-ternehmen Darlehen an. Nach Angaben der Deut-schen Bundesbank beliefen sich die ausstehendenBankkredite an inländische Unternehmen und Pri-vatpersonen im Dezember 2012 auf insgesamt 2,4Bio. Euro. Davon entfielen allein 1,1 Bio. Euro aufden Bau und Erwerb von Wohnungen, davon mit820 Mrd. Euro der größte Teil auf Privatpersonen.Die ausstehenden Kreditvolumina an Wohnungs-unternehmen beliefen sich demgegenüber auf 185Mrd. Euro. Die restlichen Kredite entfielen auf sons-tige Unternehmen und Organisationen ohne Er-werbszweck. Anteilig am ausstehenden Gesamt-kreditvolumen an inländische Unternehmen undPrivatpersonen machten Kredite für den Woh-nungsbau rund 46,6% aus. Ohne Berücksichti-gung von Unternehmen und Selbständigen sinktdieser Anteil auf 33,8%. Im Vergleich zu den Vor-jahren ist weiterhin ein leicht steigender Kreditbe-stand für den Wohnungsbau zu verzeichnen.

Die Volumina ausstehender Kredite für den Woh-nungsbau unterscheiden sich deutlich unter denBankengruppen. Nach wie vor zählen die Spar-kassen mit einem Anteil von 29,8% der Kredite imBestand zu den Marktführern in der Wohnungs-baufinanzierung. Weitere große Marktanteile ent-fallen auf Regional- und sonstige Kreditbanken, diegemeinsam mit den Großbanken 24,6% auf sichvereinen, gefolgt von Kreditgenossenschaften miteinem Marktanteil von 20,1% (Abbildung 6.1). ImVergleich zu 2008 konnten die drei marktführen-den Bankengruppen ihre Position festigen und ihreMarktanteile um jeweils durchschnittlich zwei Pro-zentpunkte ausweiten. Demgegenüber büßten Re-alkreditinstitute und Landesbanken Marktanteilevon fast drei bzw. einem Prozentpunkt ein. AuchBanken mit Sonderaufgaben, wie die KfW, hatten2012 mit 54 Mrd. Euro 7 Mrd. Euro weniger Woh-

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nungsbaukredite im Bestand als 2008. Die Ent-wicklungen sind jedoch mit Vorsicht zu interpretie-ren, da in der Zwischenzeit die Klassifikationen derBankengruppen in der Statistik der Bundesbankumgestellt wurden und daher erhebliche Struktur-verschiebungen zu berücksichtigen sind. Der zeitli-che Vergleich der Kreditbestände ist daher nur be-grenzt aussagekräftig.

Bei den Krediten an Wohnungsunternehmen sinddie Marktanteile der Bankengruppen gleichmäßi-ger verteilt (Tabelle 6.1). Als Wohnungsunterneh-men zählen hier alle Unternehmen, deren Erwerbs-zweck auf die Vermietung von Wohnraum abzieltund die der Wirtschaftszweigklassifikation WZ68.2 zuzuordnen sind (vgl. Kapitel 1). Auch in die-sem Segment sind die Sparkassen mit einemMarktanteil von 26,5 % Marktführer, gefolgt von

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Banken mit Sonderaufgaben4,7%

Bausparkassen9,9%

Realkreditinstitute6,5%

Kreditgenossenschaften20,1%

Sparkassen29,8%

Landesbanken4,2%

Großbanken10,3%

Regional- und sonstige Kreditbanken14,3%

Zweigstellen ausländischer Banken0,1%

Quelle: Deutsche Bundes-bank 2013a, ei-gene Berechnungen

Abbildung 6.1:Anteil der Banken-gruppen an Woh-nungsbaukreditenin % (Stand Sep-tember 2012,Basis: 1,2 Bio.Euro)

WohnungsbauKredite insgesamt

Kredite an Wohnungs-unternehmen

Kreditbestand nach Bankengruppen (Auszug) 2008 2012 2008 2012

Kreditbanken 266 279 32 35

Darunter: Großbanken 124 117 12 11

Landesbanken 55 47 29 30

Sparkassen 305 339 34 49

Kreditgenossenschaften 196 229 15 17

Realkreditinstitute 103 74 29 25

Bausparkassen 107 113 – –

Banken mit Sonderaufgaben 61 54 31 28

Kreditbestand insgesamt 1.094 1.136 169 185Quelle: Deutsche Bundes-bank 2013a

Tabelle 6.1: Kredite für denWohnungsbau inMrd. Euro (Be-stand Ende 2008und 2012)

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den Kreditbanken mit 24,9% und den Landesban-ken mit 16,2%. Im Vergleich zu 2008 tritt auchbei den Krediten an Wohnungsunternehmen dieAusweitung des ausstehenden Kreditvolumens sei-tens der Sparkassen am deutlichsten hervor. Wäh-rend sie 2008 noch 34 Mrd. Euro an Krediten anWohnungsunternehmen im Bestand hatten, betrugdas Kreditvolumen 2012 bereits 49 Mrd. Euro. Le-diglich bei Banken mit Sonderaufgaben verringer-ten sich die ausstehenden Kredite an Wohnungs-unternehmen im Vergleich zu 2008 leicht.

Das Bausparen hat in Deutschland eine besondereBedeutung in der privaten Immobilienfinanzierung.Dabei schaffen die Kreditnehmer zunächst überdas Bausparen die Eigenkapitalbasis für die spä-tere Finanzierung der Immobilie. Das gesammelteKapital wird in einem weiteren Schritt von der be-treffenden Bausparkasse als Kredit an weitere Kre-ditnehmer weitergegeben. Bausparer erhalten ei-nerseits für die eingezahlten Mittel eine niedrigereVerzinsung, als dies durchschnittlich am Kapital-markt der Fall wäre. Andererseits fallen bei dieserVariante die Kreditzinsen niedriger aus, auch fürnachrangig besicherte Darlehen. Die Haushalte er-halten im Gegenzug für die niedrige Eigenkapital-verzinsung einen langfristig garantierten Fremdka-pitalzinssatz und damit Planungssicherheit. Im Jahr2012 betrug der Darlehensbestand der Bauspar-kassen 113 Mrd. Euro, was knapp 10% des Ge-samtkreditbestands für den Wohnungsbau inDeutschland ausmacht. Anteilig am ausstehendenGesamtkreditvolumen ist die Bedeutung der Bau-sparkassen im Vergleich zu 2008 um einen halbenProzentpunkt leicht angestiegen. Bausparkassensind an jeder zweiten Wohneigentumsfinanzierungbeteiligt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an Fi-nanzierungen häufig zwei oder mehr Banken betei-ligt sind.

6.1.2 Versicherungen als Finanzierer

Neben den Banken nehmen auch Versicherungsun-ternehmen – einhergehend mit ihrer umfassendenAnlagetätigkeit am Kapitalmarkt – eine relevanteRolle in der Immobilienfinanzierung ein. Dabei istnicht nur ihre Bedeutung als direkter Investor, son-dern auch ihre Funktion als wichtiger Kapitalgeberentscheidend. Im Gesamtportfolio deutscher Erst-

versicherer nehmen direkte Immobilienanlagen mit2,2% aller Kapitalanlagen (27,3 Mrd. Euro) nureinen geringen Anteil ein (BaFin, 2012). Demge-genüber vergeben sie in einem größeren Umfanggrundpfandrechtlich gesicherte Darlehen. DieserPosten macht Ende 2012 4,5% der Portfolios deut-scher Erstversicherer aus. Der größte Anteil davonentfällt Ende 2012 mit rund 89% auf mit Wohn-bauten gesicherte Darlehen.

Das Engagement der Versicherer fällt dabei nachVersicherungsgruppen sehr unterschiedlich aus. Sobetrug das ausstehende Kreditvolumen für Wohn-bauten der Lebensversicherer im Jahr 2012 mehrals 44 Mrd. Euro, während Sterbekassen lediglichüber einen Bestand von 24 Mio. Euro verfügten(Tabelle 6.2). Im Vergleich zu 2008 ist unabhän-gig von der Art des Versicherungsunternehmens einRückgang des Darlehensbestandes zu beobach-ten. Auch im Portfolio der Versicherer nehmengrundpfandrechtlich gesicherte Darlehen einenimmer kleineren Anteil ein. Während 2008 derdurchschnittliche Portfolioanteil der wohnbaubesi-cherten Darlehen 4,9% ausmachte, betrug dieserAnteil 2012 nur noch 4,0%. Am deutlichsten sicht-bar wurde die Portfolioumschichtung bei Lebens-versicherungsunternehmen, die ihren Darlehensan-teil mit Wohnbaubesicherung im selben Zeitraumvon 6,9 auf 5,7% reduzierten.

Trotz steigender Immobilienpreise sind Wohnim-mobilien wegen der aktuell niedrigen Zinsen und

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Mit Wohnbauten grundpfandrechlich gesicherte Darlehen

2008 2012

Lebensversicherungs-unternehmen

47.666 44.026

Pensionskassen 1.301 871

Sterbekassen 30 24

Krankenversicherungs-unternehmen

3.061 3.895

Schaden- und Unfallversi-cherungsunternehmen

1.262 1.020

Darlehen insgesamt 53.320 49.836 Quelle: BaFin 2012

Tabelle 6.2: Ausstehende mitWohnbautengrundpfandrecht-lich gesicherteDarlehen vondeutschen Erstver-sicherern in Mio.Euro 2008 und2012

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Zuwächse bei den Einkommen erschwinglichergeworden. Dennoch ist das reale ausstehendeKreditvolumen – also um die Inflation bereinigt –innerhalb der letzten Jahre rückläufig. DieserTrend ist jedoch kein Indiz für Fehlfunktionen desdeutschen Immobilienmarktes oder eine zu res-triktive Kreditvergabe. Der langsame Anstieg desnominellen ausstehenden Kreditvolumens ist da-rauf zurückzuführen, dass Darlehen aus den (spä-ten) 1990er Jahren in eine Phase kommen, in derder Tilgungsanteil immer stärker ansteigt. Die er-höhten Rückzahlungen kompensieren einen Teildes wachsenden Neugeschäfts. Zusätzlich wer-den bei Neuverträgen die niedrigen Zinsen auchgenutzt, um den Tilgungsanteil zu erhöhen, so-dass die Darlehen schneller abgetragen werden.

6.1.3 Anbieter für gewerbliche Immobilienfinanzierung

Im Gegensatz zum Wohnimmobilienmarkt ist derMarkt für Gewerbeimmobilien durch ein meist hö-heres Investitionsvolumen pro Objekt und zu-gleich eine geringere Anzahl von Nachfragerngekennzeichnet. Damit ergeben sich andereMarktbedingungen als in der Finanzierung vonWohnimmobilien. Hinzu kommt eine hohe Kon-junkturabhängigkeit der Nachfrage nach gewerb-

lich nutzbaren Objekten, sodass Investitionen inGewerbeimmobilien in mehrfacher Hinsicht dy-namischer sind, als dies bei Wohnimmobilien derFall ist. Aufgrund der mangelnden Datenverfüg-barkeit zu dem Markt für Gewerbeimmobilien-finanzierung ergeben sich weniger präzise Analysemöglichkeiten als für den Wohnungsbau-finanzierungsmarkt. Auch die Kredite an die ge-werbliche Immobilienwirtschaft werden primärdurch Banken vergeben und von der DeutschenBundesbank erfasst. Diese Daten bilden jedochaufgrund zahlreicher weiterer Investoren, dieihren Haupttätigkeitsschwerpunkt nicht auf dieVermietung von Gewerbeimmobilien legen, nureinen Teil der gewerblichen Immobilienfinanzie-rung ab. Zudem entfallen viele Kredite auf Unternehmen, die statistisch nicht direkt zur Immo-bilienwirtschaft gezählt werden. Einer Sonderaus-wertung der Deutschen Bundesbank für den Ver-band deutscher Pfandbriefbanken zufolge lagdas gesamte ausstehende Kreditvolumen für Ge-werbeimmobilien im Jahr 2012 mit über 248Mrd. Euro deutlich über den von der DeutschenBundesbank angegebenen 179 Mrd. Euro für Un-ternehmen der Gewerbeimmobilienwirtschaft (Ta-belle 6.3).

Seit 2008 ist das ausstehende Kreditvolumen derBanken an die gewerbliche Immobilienwirtschaft

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Kredite für Unternehmender gewerblichen

Immobilienwirtschaft (BuBa-Statistik)

Kredite für Gewerbeimmo-bilien nach Bankengruppen

(Sonderauswertung Deutsche Bundesbank)

Bankengruppen 2008 2012 2008 2012

Kreditbanken 38 29 36 35

Darunter: Großbanken 23 17 28 24

Landesbanken 43 31 46 48

Sparkassen 46 49 59 56

Kreditgenossenschaften 11 17 52 62

Realkreditinstitute 48 47 55 44

Banken mit Sonderaufgaben 2 4 1 2

Kreditbestand insgesamt 190 179 250 248

Quelle: (Deutsche Bundes-bank 2013a), Ge-werbeimmobilien zitiert nach: Ver-band deutscherPfandbriefbanken

Tabelle 6.3: Kennzahlen fürdie Finanzierungvon Unternehmender gewerblichenImmobilienwirt-schaft Ende 2008und 2012 in Mrd.Euro

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entgegen dem Trend im Wohnungbau gesunken.Diese Entwicklung lässt sich zu Teilen auf denRückzug einiger Institute aus der Gewerbefinan-zierung zurückführen. Auch sind viele der noch imMarkt tätigen Institute im Nachgang der Wirt-schafts- und Finanzkrise zurückhaltender bei derKreditvergabe geworden. Wie bei der Statistik zurprivaten Wohnungsbaufinanzierung ist auch hierauf mögliche Unschärfen bedingt durch eine Um-stellung der Bankenstatistik und Änderungen beider Klassifikation der Wirtschaftszweige hinzuwei-sen. Der Marktanteil der Kreditbanken ist seit2008 um fast vier Prozentpunkte auf 16 % gesun-ken, während das ausstehende Kreditvolumen imentsprechenden Zeitraum um 9 Mrd. Euro verrin-gert wurde. Auch die Landesbanken haben 2012im Vergleich zu 2008 knapp 12 Mrd. Euro weni-ger ausstehendes Kreditvolumen für die gewerbli-che Immobilienwirtschaft. Demgegenüber ist so-wohl der Marktanteil als auch der Kreditbestandder Sparkassen von 24,2% auf 27,4% bzw. von46 Mrd. Euro auf 49 Mrd. Euro angestiegen, wo-durch sie ihre Position als Marktführer auch in die-sem Bereich der Immobilienfinanzierung weiterausbauen konnten. Auch Banken mit Sonderauf-gaben haben einen Teil des schwindenden Kredit-angebotes durch ein steigendes Kreditvolumenkompensiert.

Ähnlich wie die Banken haben auch Versiche-rungsunternehmen die Vergabe von mit gewerb-lich genutzten Objekten besicherten Darlehen in-nerhalb der letzten Jahre reduziert. Während zuBeginn des Jahres 2008 das von deutschen Erst-versicherern ausstehende Kreditvolumen für Ge-werbeimmobilienfinanzierungen noch 6,5 Mrd.Euro betrug, waren es Ende 2012 nur noch 5,9Mrd. Euro. Der dazugehörige Portfolioanteil bliebdabei auf dem niedrigen Niveau von knapp0,5%.

6.1.4 Ausgestaltung der Finanzierung

Wie bereits angeführt werden die Immobilien-märkte zu großen Teilen durch die Ausgestaltungder Immobilienfinanzierung beeinflusst. Alle Inves-toren haben ein Interesse daran, sichere Renditenfür ihre Anlagen zu erzielen. Dies wird wiederumzu großen Teilen von Merkmalen der zur Refinan-

zierung verwendeten Anlageprodukte determi-niert. Obwohl im Laufe der letzten Jahre insbeson-dere in der gewerblichen Immobilienfinanzierungdie Bedeutung strukturierter Finanzierungspro-dukte zugenommen hat (Rottke, 2012, S. 714), do-miniert weiterhin die Finanzierung aus einer Mi-schung aus Eigenkapital und Bankdarlehen.Insbesondere in der privaten Immobilienfinanzie-rung lässt sich auch in den letzten Jahren keinTrend zu riskanteren Finanzierungsmethoden er-kennen (Hofer, 2012).

Wesentliche Determinanten für die Immobilienfi-nanzierung stellen die Zinsbindung, die Werter-mittlung und die Beleihungshöhe dar. Auf demdeutschen Markt dominieren Hypothekendarlehenmit einer langen Zinsbindung und einer Kompen-sation des Zinsschadens (Vorfälligkeitsentgelt) imFalle einer Kündigung. Nach Angaben der Deut-schen Bundesbank hatten Ende 2012 über 72%der ausstehenden Hypothekendarlehen eine Zins-bindungsdauer von mehr als 5 Jahren (Abbildung6.2). Im Vergleich zu 2008 ist dieser Anteil umknapp 4 Prozentpunkte angestiegen. Über 30%der Darlehen hatten sogar eine Laufzeit von 10oder mehr Jahren. Variable Darlehen mit einer in-nerhalb eines Jahres anzupassenden Zinsbindungmachten demgegenüber nur einen Anteil von 14%aus, wobei der Anteil seit 2008 (15%) leicht rück-läufig ist. Dies ist ein Indiz dafür, dass sie von Kre-ditnehmern größtenteils zur Zwischenfinanzierungund nicht als Alternative zur langfristigeren Finan-zierung verwendet werden.

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10 Jahre oder mehr:

32%

5 bis unter 10 Jahre:40%

1 bis unter 5 Jahre:

14%

bis 1 Jahr:14%

Quelle: Deutsche Bundes-bank 2013a

Abbildung 6.2:Private Hypothe-kendarlehen nachder Zinsbindung(Bestand Ende2012) in %

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Für den Immobilienmarkt in Deutschland stelltdiese Langfristkultur in der Finanzierung einen ei-genen Sicherungsmechanismus für Marktstabilitätdar, da die Wohnimmobilienpreise umso stärkerauf Zinsänderungen reagieren, je größer der An-teil der variablen Finanzierung ist. Jäger und Voigt-länder (2006) zufolge steigen in Großbritannieninfolge einer Senkung der kurzfristigen Zinsen umeinen Prozentpunkt innerhalb von zwei Jahren dieWohnimmobilienpreise um 7,5%, während inDeutschland nur von einer Preissteigerung von0,2% auszugehen ist.

Auch für Unternehmen dominiert die traditionelleForm der Immobilienfinanzierung. Die Finanzie-rung über Banken spielt dabei eine große Rolle,da nur wenige Unternehmen einen direkten Zu-gang zum Kapitalmarkt haben und somit auf Ban-ken angewiesen sind (Rottke, 2012, S. 713). Des-halb wird in der gewerblichen Immobilienwirtschaftebenfalls meist die langfristige Form der Finanzie-rung bevorzugt. Daten der Deutschen Bundesbankzufolge beträgt der Anteil kurzfristiger Kredite miteiner Laufzeit von unter einem Jahr bei Wohnungs-unternehmen (entsprechend der WZ 68.2, vgl. Ka-pitel 1) lediglich 5%. In Abbildung 6.3 wird dieseSonderstellung der Wohnungsunternehmen inBezug auf die Präferenz für langfristige Kredite ge-genüber anderen Branchen veranschaulicht. DieZinsbindung ist je nach Branche unterschiedlich.Wie auch bei der Finanzierung privat genutzter

Wohnimmobilien bleiben Zinsänderungen in derFinanzierung gewerblicher Immobilien nicht ohneFolgen für den Markt. Daraus resultiert eine jeweilsunterschiedliche Anfälligkeit für Veränderungen imZinsniveau der entsprechenden Unternehmen. ImFalle langer Zinsbindungen ist der Gewinn derWohnungswirtschaft unabhängiger von der Ent-wicklung des aktuellen Marktzinses. So kann sichdie Marktnachfrage unabhängiger von konjunktu-rellen Schwankungen entwickeln als dies in ande-ren Branchen, wie beispielsweise dem Maschinen-bau oder dem Handel, der Fall ist.

Eine bestimmende Größe für die Finanzierung vonImmobilien stellt der Wert des betreffenden Ob-jektes dar. Das Vorgehen bei der Wertermittlungder zu finanzierenden Immobilien in Deutschlandkann als konservativ bezeichnet werden. Sie orien-tiert sich am Beleihungswert einer Immobilie, wasnur in wenigen weiteren Ländern (beispielsweisein Spanien oder Polen) der Fall ist. Entgegen demMarktwert einer Immobilie wird der Beleihungs-wert als der Wert verstanden, der sich langfristigund unter Berücksichtigung typischer Markt-schwankungen für den Zeitraum der Laufzeit derFinanzierung für die Immobilie erzielen lassenwird. Die Regelungen zur Bestimmung des Belei-hungswertes sind in Deutschland in der Belei-hungswertermittlungsverordnung (BelWertV) fest-geschrieben.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Langfristige KrediteMittelfristige KrediteKurzfristige Kredite

GastgewerbeBeteiligungs-gesellschaften

Handel und Kfz-Reparatur

BaugewerbeFahrzeug- und Maschinenbau

Wohnungs-unternehmen

Quelle: Deutsche Bank2013a

Abbildung 6.3:Unternehmenskre-dite nach der Zins-bindung (BestandEnde 2012) in %

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Die Verwendung des Beleihungswertes anstelledes Marktwertes ist für die meisten Banken regu-latorisch vorgegeben. Orientiert sich die Kredit-vergabe am Marktpreis der Immobilie, kann dieszu einer pro-zyklischen Kreditvergabe beitragen,da mit jeder Wertsteigerung das Kreditvolumenausgeweitet werden kann. Gehen die Preise nacheiner Boomphase zurück, kann aus der Marktbe-wertung eine Überschuldung vieler Haushalten fol-gen. Insbesondere in Großbritannien und denUSA sind derartige Marktwirkungen einer solchenpro-zyklischen Kreditvergabe ein bekanntes Phä-nomen.

Einen weiteren stabilisierenden Faktor für den deut-schen Immobilienmarkt stellt die Beleihungshöhedar. Je höher der Anteil an verwendetem Fremdka-pital ist, desto größer ist das Verlustrisiko auseinem Zahlungsausfall des Kreditnehmers. Dasderzeit niedrige Zinsniveau bietet KreditnehmernAnreize für eine verstärkte Aufnahme von Fremd-kapital, wodurch sich auch eine lange Zeit des An-sparens von Eigenkapital umgehen lässt. In vielenLändern kommen steuerliche Vorteile hoher Fremd-kapitalanteile hinzu. So können Schuldzinsen inden Niederlanden oder in den USA steuerlich gel-tend gemacht werden, was die Aufnahme eineshöheren Fremdkapitalanteils in diesen Ländern fürKreditnehmer noch interessanter macht. In Zeitenschwacher Konjunktur können jedoch hohe Belei-hungsquoten für die Haushalte schwerwiegendeFolgen mit sich bringen. Auch die jüngste Wirt-schafts- und Finanzkrise lässt sich in Teilen auf den

hohen Anteil an Fremdkapital in der Immobilienfi-nanzierung in den USA zurückführen. In Deutsch-land können Schuldzinsen bei selbstgenutztenWohnimmobilien seit 1986 steuerlich nicht mehrgeltend gemacht werden. Mit dieser Regelungwerden die Anreize zur übermäßigen Aufnahmevon Fremdkapital und damit die Gefahr von Über-schuldung auch in Niedrigzinsperioden begrenzt.Trotz der gegenwärtigen Niedrigzinspolitik der Eu-ropäischen Zentralbank sind vor dem Hintergrundder auf Sicherheit ausgerichteten Finanzierungs-usancen die Gefahren für die Entstehung einesdeutschen Subprime-Marktes sehr gering. Nacheiner Erhebung des Verbandes deutscher Pfand-briefbanken lag die Kreditbelastungsquote 2012infolge des niedrigen Zinsniveaus lediglich bei23% des verfügbaren Nettohaushaltseinkommensund damit 4 Prozentpunkte unterhalb der Belas-tungsquote von 2009 (Hofer, 2012). Dennoch istkeine vermehrte Aufnahme von Fremdkapital, son-dern vielmehr ein Rückgang des Fremdkapitalan-teiles zur Immobilienfinanzierung in Deutschlandzu verzeichnen. Nach Angaben der EuropäischenZentralbank liegt die durchschnittliche Beleihungs-quote in Deutschland mit 70% im internationalenVergleich auf einem beständig niedrigen Niveau(Abbildung 6.4) und unterhalb des Mittelwertesder Euro-Länder von 79% (Europäische Zentral-bank, 2009). Beim Erwerb von selbstgenutztemWohneigentum ist der Eigenkapitaleinsatz inDeutschland nach den Infratest-Wohneigentumstu-dien traditionell sogar deutlich höher als 30%(BBSR, 2009).

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NiederlandeFrankreichÖsterreichIrlandFinnlandBelgienSpanienPortugalDeutschland

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Quelle: Europäische Zentralbank 2009

Abbildung 6.4:Beleihungsquotenim internationalenVergleich 2007

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6.2 Refinanzierung der Banken

Die Refinanzierung dient den Banken zur Finanz-mittelaufnahme, um selbst Kredite an Unterneh-men, Privatpersonen und öffentliche Haushalte ver-geben zu können. Dabei müssen die Bankengemäß dem Kreditwesengesetz (KWG) einen be-stimmten Anteil der Mittel in Form von Eigenkapi-tal vorhalten. Der restliche Anteil kann zum einenüber den Geldmarkt (z.B. Einlagen) und zum an-deren über den Kapitalmarkt (z.B. Schuldver-schreibungen) beschafft werden. Vor allem Einla-gen und Schuldverschreibungen (ungedeckt undgedeckt) sind wichtige Refinanzierungsquellen derBanken.

Traditionell zählt die Einlagenrefinanzierung dabeizu den bedeutendsten Elementen der Refinanzie-rung der Kreditwirtschaft. In Deutschland liegenkurzfristige Sicht- und Termineinlagen mit einemAnteil von 34% an der Spitze des Refinanzie-rungsmix. Werden Spareinlagen (9%) und Spar-briefe (1%) hinzugerechnet, erzielt die Einlagen-refinanzierung einen Anteil von insgesamt 44%am Refinanzierungsmix der deutschen Kreditwirt-schaft (Abbildung 6.5). Bei den europäischenBanken machen, gemäß DB Research, Einlagenim Durchschnitt einen Anteil von rund 60% der Re-finanzierungsquellen aus (DB Research, 2012a).Neben privaten Haushalten sind Unternehmen dieHauptanbieter von Einlagen. Die Datenlage zurEinlagenrefinanzierung lässt keine genauen Rück-

schlüsse auf die konkreten Refinanzierungszweckezu. Deshalb lässt sich auch nicht genau zurech-nen, wie groß der exakte Anteil dieser Instrumentefür die Immobilienrefinanzierung ist.

Neben Einlagen sind Bankschuldverschreibungenvon großer Bedeutung für die Refinanzierung derBanken. Mehr als ein Viertel erfolgt laut Bundes-bank mit ungedeckten und gedeckten Schuldver-schreibungen. Dabei fällt von insgesamt 1.935Mrd. Euro Banktiteln ein Großteil auf ungedeckteSchuldverschreibungen (37%). Nach dem Aus-bruch der Finanzkrise haben sich diese Banktitel,bedingt durch Verwerfungen am Kapitalmarkt, er-heblich verteuert. Eine Vielzahl von Regulierungs-initiativen (Basel III, Solvency II, Bail-in) könnensich ebenfalls preissteigernd auf dieses Refinan-zierungsinstrument auswirken.

Die Aussichten für die besicherten Banktitel, allenvoran Pfandbriefe, sind hingegen positiv zu beur-teilen. Bankanalysten stellen sich bereits seit eini-ger Zeit die Frage, ob gedeckte Schuldverschrei-bungen bzw. Covered Bonds geeignet sind, zueinem zentralen Instrument des Refinanzierungs-marktes aufzusteigen. Vor allem der Pfandbrief istsehr stabil durch die Krise gekommen und scheintdiese Vermutung zu bestätigen.

Der folgende Abschnitt befasst sich mit den besi-cherten Refinanzierungsinstrumenten des Kapital-marktes, die direkt der Immobilienrefinanzierung

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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begebene Schuldverschreibungen

27%

Verbindlichkeiten gegenüber MFIs (Interbank)

28% Sparbriefe (Nicht-MFIs)1%

Spareinlagen (Nicht-MFIs)9%

Sicht- und Termineinlagen (Nicht-MFIs)

34%

begebene Geldmarktpapiere1%

Quelle: Deutsche Bundes-bank 2013a, Deut-sche Bundesbank2013b

Abbildung 6.5:Refinanzierungs-mix der deutschenKreditwirtschaft2010

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zuzuordnen sind, wobei Pfandbriefe (in Form desHypothekenpfandbriefes) und Commercial Mort-gage Backed Securities (CMBS) aufgrund ihres im-mobilienwirtschaftlichen Bezugs im Vordergrundstehen. Dies soll die oben genannte Bedeutung derRefinanzierung über Einlagen und andere Schuld-verschreibungen nicht schmälern. Da die Zuord-nung zwischen Refinanzierung und Kreditvergabebei diesen Instrumenten jedoch teilweise unklar ist,kann auch die Wechselwirkung zum Immobilien-markt nicht hinreichend analysiert werden.

6.2.1 Veränderte Bedingungen auf dem Refinanzierungsmarkt

Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise steht dieKreditwirtschaft vor großen Herausforderungen.Neben veränderten Marktbedingungen beeinflus-sen neue gesetzliche Regularien den Zugang zuKapital im Bankensektor. Langfristig ist es für dieBanken wichtig, eine tragfähige Refinanzierungs-strategie zu implementieren, die den neuen regu-latorischen Anforderungen entspricht.

Prinzipiell versuchen Banken, ihre Refinanzierungs-struktur zu optimieren. Es gibt jedoch kein typi-sches Refinanzierungsprofil einer Bank. Viele Fak-toren, wie das jeweilige Geschäftsmodell, dieaktuelle Marktlage oder die individuelle Unterneh-menssituation, spielen für Banken eine wichtigeRolle. Vor der Krise gab es auf dem Refinanzie-rungsmarkt keine Notwendigkeit für fundamentaleund strukturelle Veränderungen, weil die Refinan-zierungsspreads in der Regel wenig schwanktenund der Interbankengeldmarkt funktionierte. Durchdie Krise ist die Risikosensitivität der Investoren ge-stiegen. Die Refinanzierungsspreads liegen imDurchschnitt des deutschen Bankensektors überdem Swapsatz, das Bewusstsein für ein ausrei-chendes Liquiditätsmanagement ist gestiegen, unddie Bedeutung des besicherten Geldmarkthandelshat zugenommen.

6.2.2 Besicherte Refinanzierung im Fokus

Auf dem Kapitalmarkt ist derzeit vor allem dasEmittieren von besicherten Schuldverschreibungen

(insbesondere Pfandbriefe) gefragt, da viele Inves-toren eine Form von zusätzlichen Sicherheiten beiBankschuldverschreibungen bevorzugen. Dabeihinterlegt der Schuldner Aktiva als Besicherung fürdie Schuldverschreibung (z.B. Hypotheken odersonstige Privatkundenkredite). Grundsätzlich kannalles als Sicherheit hinterlegt werden, was einenabsehbaren und beständigen Cash Flow bietet.

Besicherte Schuldverschreibungen lassen sich inzwei Hauptkategorien unterteilen:

1. PfandbriefDer Pfandbrief ist eine spezielle und sehr si-chere Form einer besicherten Schuldverschrei-bung und wird durch die Bestimmungen des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) detailliert ge-regelt. Wesentliche Regelungen betreffen die Qualität der Deckungsmassen, die besondere öffentliche Aufsicht, die Transparenzbestim-mungen sowie die Abschottung der Deckungs-massen im Insolvenzfall. Es wird beispiels-weise vorgegeben, welche Qualität die Aktiva (z.B. durch eine maximale Beleihungs-quote) zur Besicherung aufweisen müssen. Voraussetzung für die Emission von Pfandbrie-fen ist eine entsprechende Lizenz, die durch die BaFin erteilt wird. Die BaFin führt regelmä-ßig Deckungsprüfungen durch, um die Einhal-tung der Vorgaben des PfandBG und der Beleihungswertermittlungsverordnung zu über-prüfen. Das PfandBG sieht eine gesetzliche Überdeckung von 2% vor, die in der Praxis durch eine freiwillige Überdeckung ergänzt wird. Die Vorgaben des PfandBG führen dazu, dass das Investitionsrisiko für den Pfand-briefgläubiger sehr gering ist.

2. Asset Backed Securities (ABS) ABS sind eine spezielle Form der Verbriefung, bei der Zahlungsansprüche durch eine Finan-zierungsgesellschaft (Asset Backed Securities Corporation) in festverzinsliche und handel-bare Wertpapiere umgewandelt und struktu-riert (tranchiert) werden. Diese Verbriefungen werden gegen Zahlungsausfall abgesichert und von Ratingagenturen bewertet. Die ver-brieften Forderungen werden durch die Finan-zierungsgesellschaft an Investoren weiter ver-kauft. Mortgage Backed Securities (MBS) und

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GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Collateralized Debt Obligations (CDOs) sind dabei zwei Ausprägungsformen. MBS wer-den durch Hypotheken abgesichert. CDOs verbriefen als strukturierte Schuldverschrei-bung verschiedenartige Forderungen, insbe-sondere Kredit- und Hypothekenforderungen in einem Wertpapier.

Diese Schuldverschreibungen unterliegen in unter-schiedlichem Umfang verschiedenen Einflussfak-toren. DB Research hat im Juni 2012 sechs Fakto-ren identifiziert, welche die Refinanzierung derBanken seit Beginn der Krise beeinflusst habenund diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch wei-terhin beeinflussen werden (Tabelle 6.4). Die Au-toren kommen in der Analyse zu dem Ergebnis,dass die „Kapitalmarktampel“ für CDOs nochimmer rot zeigt, während sie für Pfandbriefe grü-nes Licht gibt. Insbesondere die anhaltende Risi-koaversion der Investoren, das hohe Maß anTransparenz und das regulatorische Umfeld spre-chen für den Pfandbrief.

6.2.3 Hypothekenpfandbrief vs. CMBS

Insbesondere der deutsche Hypothekenpfandbriefist neben Einlagen für die Refinanzierung von Im-mobiliendarlehen von großer Bedeutung und hat

im Verlauf der Krise dazu beigetragen, den Ban-ken den Zugang zum Kapitalmarkt zu erhalten.Dank der strengen gesetzlichen Regularien gilt erals eines der sichersten Refinanzierungsmittel fürBanken. CMBS (Ausprägungsform der MBS) die-nen ebenfalls zur Refinanzierung von Immobilien-krediten, sind jedoch im Vergleich zum Hypothe-kenpfandbrief für den deutschen Markt vonmarginaler Bedeutung.

Nachdem sie bis 2007 eine ausgeprägte Wachs-tumsphase in der westlichen Welt und auch inDeutschland erlebten, sind die ebenfalls zur besi-cherten Refinanzierung gehörenden CMBS-Emis-sionen während der Krise deutlich eingebrochen.In der letzten Zeit waren CMBS vermehrt in derDiskussion, und erst im Laufe des Jahres 2013scheint eine leichte Marktbelebung einzusetzen.

Die Hauptunterschiede dieser beiden Instrumentebestehen im gesetzlichen Regulierungsrahmen undin der Bilanzierung. Der Hypothekenpfandbriefwird im Vergleich zu den nicht gesetzlich geregel-ten CMBS durch das PfandBG genau geregelt.Während der Hypothekenpfandbrief in der Bilanzausgewiesen werden muss, ist bei CMBS eine Bi-lanzübertragung möglich. In diesem Fall belastendie Darlehen dann nicht mehr die Bilanz der Bank,sondern gehen auf ein Sondervermögen (SPV)

Trend /Auswirkung des Trendsauf Schuldverschreibungsart

unbe-sichert

ABS MBS Pfandbrief CDO

Risikoaversion der Investoren ê ê çè é ê

Geringe Transparenz çè ê ê é ê

Zentralbankmaßnahmen ê é é é çè

Regulatorisches Umfeld ê çè çè é ê

Mangelnde Verfügbarkeit von Immobilien mit sehr geringem Ausfallrisiko

çè ê ê ê ê

Belastete Aktiva (z.B. hohes Leerstandsrisiko) é çè çè çè çè

Zusammengefasste Auswir-kung der Trends auf die Attrak-tivität der jeweiligen Schuldver-schreibungsart

çè çè çè é ê

Quelle: Deutsche Bank DBResearch 2012, Zei-lenbeschriftungenteilweise angepasst

Erläuterung: Pfeil nach oben =positiver Einfluss,Pfeil nach unten =negativer Einfluss,waagerechter Pfeil= kein Einfluss

Tabelle 6.4: Einflussfaktorenfür die Refinanzie-rung von Banken

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über und die Bank tritt nur als Arrangeur auf. EinenÜberblick über die Charakteristika der beiden In-strumente verschafft Tabelle 6.5.

Während der Krisenjahre hat sich der Hypothe-kenpfandbrief aufgrund seiner Zuverlässigkeit undder attraktiven Konditionen als wichtiger Bestand-teil im Refinanzierungsmix der Banken in Deutsch-land erwiesen. Insbesondere die strenge Regulie-rung, die einfache Struktur und die hoheTransparenz haben dazu beigetragen. Auch zahl-reiche andere Länder haben dies erkannt undnach dem Vorbild des deutschen Pfandbriefes inden letzten Jahren Covered-Bonds-Gesetze einge-führt bzw. planen deren Einführung. Beispielsweiselaufen in Südkorea, Kanada und den USA entspre-chende Gesetzgebungsverfahren, in Singapur,Marokko und Brasilien sind Covered-Bond-Ge-setze in Vorbereitung.

Der Markt für Hypothekenpfandbriefe hat sich inden letzten Jahren weitgehend stabil entwickelt.Der Absatz ist 2012 im Vergleich zum Vorjahr von40,9 Mrd. Euro auf 38,5 Mrd. Euro nur leicht zu-rückgegangen, der Umlauf ist aufgrund von höhe-

ren Fälligkeiten ebenfalls nur leicht um 7,7 Mrd.Euro auf 216 Mrd. Euro gesunken (Abbildung6.6). Vor dem Hintergrund der Neugeschäftsstruk-tur der Pfandbriefbanken dürfte die Bedeutungdes Hypothekenpfandbriefs zunehmen. So domi-niert die Immobilienfinanzierung mit einem Anteilvon 74,4% (Vorjahr: 70%) das Neugeschäft. Ins-gesamt wurden im vergangenen Jahr neue Darle-hen von 92,5 Mrd. Euro von den Instituten der Im-mobilienfinanzierung zugesagt. Dies entsprichteinem moderaten Rückgang um 4%.

CMBS machen nur einen geringen Anteil im Refi-nanzierungsvolumen der Banken aus. Bis 2006gewann dieses Segment für die Immobilienfinan-zierung rasch an Bedeutung. Vor der Krise gehör-ten CMBS zu den dynamischsten Assetklassen imeuropäischen Verbriefungsmarkt. Im Zuge derKrise kam dieses Marktsegment nahezu völlig zumErliegen. Für einige Marktakteure ist eine Bele-bung des CMBS-Marktes zur Ergänzung ihrer Fi-nanzierungsbasis wichtig. Nach KPMG könntedas CMBS-Emissionsvolumen 2013 in Deutsch-land auf 5 bis 7 Mrd. Euro anwachsen. Eine Formder alternativen Verbriefung stellt daneben die Fi-

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Hypothekenpfandbrief CMBS

ZweckBeschaffung mittel- bis langfristiger

Mittel zur Finanzierung des Kreditgeschäfts

Beschaffung mittel- bis langfristiger Mittel zur Finanzierung des

Kreditgeschäfts

Gesetzlicher RahmenStreng geregelt (PfandBG)

u.a. Pfandbriefprivilegi.d.R. nicht gesetzlich geregelt, sondern individual vertraglich

Aufsicht BaFin –

Bilanzierung Keine Bilanzübertragung möglich Bilanzübertragung möglich

Portfolio Cover-Pool Static-Pool

Besicherungdurch selbstgenutzte Wohn- und

gewerbliche Immobiliendurch Gewerbeimmobilien und

Mehrfamilienhäuser

LTV bis zu 60% 60–75%

Durchschnittl. Laufzeit 10–25 Jahre 5–10 Jahre

Risiko/Rendite-Profil NiedrigAbhängig vom hinterlegten

Kreditportfolio

Sicherheit Hoch Moderat bis gering

Transparenz Hoch Gering Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 6.5: Charakteristikavon Hypotheken-pfandbrief undCMBS

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nanzierung über Debt-Funds dar, die zum Teil Dar-lehen der Banken verbriefen. Ob sich diese Formzu einem neuen Trend entwickeln wird, bleibt un-gewiss, zumal auch noch Fragen der Regulierungoffen sind.

6.2.4 Bausparen als besondere Finanzierungsform

Die Refinanzierung über Einlagen spielt für die Aus-gabe von Immobiliendarlehen nach wie vor einewichtige Rolle. Mit Blick auf neue regulatorischeAnforderungen wird den Einlagen eine Bedeu-tungszunahme beschieden (DB Research, 2012b).

Das Bausparen stellt eine besondere Form desSparens und der Refinanzierung dar. Das zweck-gerichtete Bausparen schafft zunächst Eigenkapi-tal, das später zur Finanzierung von Wohnimmo-bilien eingesetzt wird. Das Bauspardarlehen, dasder Bausparkunde im Anschluss an die Sparphaseerhält, ist an die wohnungswirtschaftliche Verwen-dung gebunden. Das im Kollektiv verwaltete Bau-sparguthaben wird von den Bausparkassen als In-termediär zur Vergabe dieser Darlehen an andereBausparkunden herangezogen. Was aus individu-eller Sicht des einzelnen Bausparers Vorsparenund Eigenkapitalbildung ist, dient zugleich denBausparkassen als Refinanzierung für Darlehen.Insofern ist mit dem Bausparvertrag die Verzah-nung zwischen langfristigem Sparguthaben undlangfristiger Finanzierung gegeben.

In der Vergangenheit haben sich die Einlagen alswenig schwankungsanfällig erwiesen. Außerdemsind sie eher langfristig orientiert. Durch die woh-nungswirtschaftliche Verwendung leistet das Bau-sparen damit einen wichtigen Beitrag zur Stabili-tät der privaten Wohnungsfinanzierung und desImmobilienmarktes im Allgemeinen.

6.2.5 Weitere Entwicklung

Die Refinanzierung der Banken steht vor Heraus-forderungen, unter anderem aufgrund regulatori-scher Anforderungen und veränderter Kapital-marktbedingungen. Neben den traditionellen undnach wie vor wichtigen Refinanzierungsinstrumen-ten, wie Einlagen und Schuldverschreibungen (un-gedeckt und gedeckt), machen CMBS nur einenBruchteil im Refinanzierungsmix der Banken aus;in der ersten Jahreshälfte 2013 hat sich das Markt-segment von sehr niedrigem Niveau aus wiederetwas belebt. Hypothekenpfandbriefe haben sichbewährt und leisten nach wie vor einen wichtigenBeitrag zur Refinanzierung der Banken.

Banken, denen es langfristig nicht gelingt, an dieerforderlichen Finanzierungsmittel zu gelangen,werden ihre Bilanzstruktur anpassen müssen. Not-wendige Bilanzverkleinerungen durch Aktiva-Abbau wären die logische Folge. In jedem Fallwird die Profitabilität der Banken zunehmend unterDruck geraten.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Quelle: Verband DeutscherPfandbriefbanken2013

Abbildung 6.6:Absatz (links) undUmlauf (rechts)von Hypotheken-pfandbriefen inDeutschland inMrd. Euro 2003bis 2012

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Insbesondere durch die Fixierung auf die besicher-ten Refinanzierungsinstrumente wird die kapital-marktbasierte Refinanzierung aufgrund von Eng-pässen bei hochwertigen Sicherheiten in dennächsten Jahren vermutlich geringer bleiben alsvor der Krise. Darüber hinaus werden die Akteureder Kreditwirtschaft durch die Anschlussfinanzie-rung vieler fällig werdender gewerblicher Kreditevor mehr oder weniger große Herausforderungengestellt; zum einen durch die kritischere Beurtei-lung der Qualität der auslaufenden Darlehen, undzum anderen laufen auch die häufig gezogenenVerlängerungsoptionen (Darlehensprolongation)irgendwann aus und bedeuten somit lediglich einetemporäre Verschiebung der Refinanzierungspro-blematik. Da es allerdings nur wenige Informatio-nen über die konkreten Ausläufe von gewerbli-chen Immobilienkrediten gibt, ist das Ausmaßdieser Herausforderung mit großen Unsicherhei-ten behaftet.

Wenn es tatsächlich zu Anschlussfinanzierungslü-cken kommt, wird es einen Anpassungsprozess zudeutlich mehr Eigenkapital in der Immobilienfinan-zierung geben müssen, denn Anschlussfinanzierun-gen werden wie Neuabschlüsse behandelt. Da-durch steigen die Anforderungen an daseinzubringende Eigenkapital. Diese Entwicklunghat bereits nach der Finanzmarktkrise eingesetzt.Dieser Übergang zu mehr Eigenkapital in der Im-mobilienwirtschaft würde dazu führen, dass Staats-fonds, Private-Equity-Gesellschaften, Versicherun-gen und vielleicht sogar REITs eine wichtigere Rollein der Immobilienfinanzierung spielen als bisher.

6.3 Europäische Bankenregu-lierung mit Ausblick zu Basel III und Solvency II

Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise werden sichdie Regularien für Banken und Versicherungen ent-scheidend ändern. Wesentliche Ziele der Banken-regulierung, die unter dem Stichwort Basel III sub-sumiert werden, sowie der Regulierung derVersicherer (Solvency II) bestehen in der Gewähr-leistung einer höheren Robustheit gegenüber zu-künftigen Krisen. Daher werden Banken und Ver-sicherer angehalten, Risiken zukünftig mit mehrund höherwertigem Eigenkapital zu unterlegen.

Darüber hinaus ist für den Bankensektor geplant,zusätzliche Liquiditätskennziffern sowie eine unge-wichtete Leverage-Ratio einzuführen (siehe Kastenaus Seite 113). Die Einführung von Basel III in Eu-ropa soll im Rahmen der Capital Requirements Di-rective IV (kurz: CRD IV) und der Capital Require-ments Regulation (CRR) schrittweise erfolgen. Ab2014 steigen sukzessive bis 2019 die Anforderun-gen an die Eigenkapitalunterlegung. Die LiquidityCoverage Ratio soll stufenweise zwischen 2015und 2018 eingeführt werden. Laut CRR wird dieEU-Kommission gegebenenfalls bis Ende 2016einen Vorschlag über die Ausgestaltung der NetStable Funding Ratio erarbeiten. Schließlich müs-sen die Banken ab 2015 auch die ungewichteteLeverage Ratio ausweisen, wobei dann bis 2017gegebenenfalls über die konkrete Ausgestaltungab dem Jahr 2018 entschieden werden soll. Auchbei Solvency II ist eine mehrstufige Einführungwahrscheinlich, wobei in diesem Regulierungskom-plex ein verbindlicher Zeitplan fehlt. Frühestens istmit einer Umsetzung 2016 zu rechnen.

Auch wenn derzeit noch einige Fragezeichen hin-ter der Einführung der neuen Regularien stehen, istes für Finanzierer und Investoren wichtig, sich früh-zeitig mit den Auswirkungen der neuen Regeln zubeschäftigen. Dies gilt umso mehr, weil der deut-sche Immobilienmarkt in der Vergangenheit vonder Stabilität des Finanzierungsmarktes profitierthat. Bedingt durch die Festzinskultur, die konse-quente Begrenzung von hohen Beleihungsausläu-fen und die Anknüpfung an den Beleihungswert,verbunden mit einem hohen Eigenkapitalanteil,folgte die Finanzierung dem Vorsichtsprinzip, wassich in einer geringen Volatilität der Immobilien-preise niederschlug. Vor diesem Hintergrund soll-ten die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsichtvorgelegten Vorschläge zur Stabilisierung des Fi-nanzierungssystems – kurz Basel III – und derenUmsetzung über CRD IV und CRR in der Europäi-schen Union den stabilen deutschen Markt kaumtreffen (siehe Kasten).

Neben der allgemeinen Erhöhung der Kreditzin-sen, die eine Folge der schärferen Eigenkapitalan-forderungen ist, könnte Basel III Auswirkungen aufdie Finanzierungsstruktur und die durchschnittlicheZinsbindungsdauer haben. Die Finanzkrise verdeut-lichte, dass Banken in Bedrängnis kommen können,

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wenn langfristige Kredite durch kurzfristige Darle-hen von anderen Banken refinanziert werden. Umdie aus einer solchen extremen Fristentransforma-tion resultierenden Risiken zu begrenzen, wird imRahmen der europäischen Umsetzung von BaselIII voraussichtlich die strukturelle Liquiditätsquoteeingeführt: Sie soll sicherstellen, dass Banken ihreAusleihungen fristenkongruenter refinanzieren. Sogesehen ist das Instrument grundsätzlich sinnvoll.Je nach endgültiger Ausgestaltung der Kennzahlkönnte dies aber tendenziell die Vergabe von Kre-diten mit langfristiger Zinsbindung für die Bankenunattraktiver machen. Einflüsse werden sich auchdurch Solvency II ergeben, das die Eigenkapital-unterlegungen der Versicherungswirtschaft regelt.Versicherungen gehören zu den wichtigsten Ab-nehmern von Bankschuldverschreibungen undPfandbriefen. Einerseits gibt es erhebliche Eigenka-pitalanforderungen für ungedeckte Schuldver-schreibungen, die mit der Laufzeit der Wertpapieresteigen. Damit wird die Refinanzierung langfristi-ger Darlehen tendenziell schwieriger. Andererseitsist es noch fraglich, inwieweit Versicherer ihre An-lagestrategie tatsächlich neu ausrichten müssen.Dies hängt vor allem von der Eigenkapitalausstat-tung der Versicherer ab, so dass der Einfluss aufdie Immobilenfinanzierung derzeit noch nicht voll-ständig absehbar ist.

Je nach endgültiger Ausgestaltung des neuen regu-latorischen Rahmens besteht dennoch die Gefahr,dass die Banken zukünftig eher kürzer laufendeDarlehen vergeben, sodass möglicherweise dasKapitalmarktrisiko zunehmend an die Kunden wei-

tergegeben wird, was letztendlich zu mehr Preis-schwankungen im Immobilienmarkt führen könnte.Vor allem bei Gewerbeobjekten könnte dies derFall sein. Inwieweit der Wohnimmobilienmarkt be-troffen wäre, lässt sich noch nicht absehen.

Zu beobachten ist auch die vorgesehene Einfüh-rung der ungewichteten Leverage Ratio, über die2017 entschieden wird. Bislang musste stets Eigen-kapital in Abhängigkeit von den Kreditrisiken vor-gehalten werden. Die geplante Leverage Ratio be-grenzt nun aber insgesamt das Kreditgeschäft.Betroffen hiervon wären vor allem Spezialfinan-zierer wie Pfandbriefbanken, die sich auf langfris-tige und sichere Kreditvergaben für öffentlicheHaushalte und Immobilien spezialisiert haben. ImVergleich zu europäischen Großbanken habendiese Institute niedrigere Eigenkapitalquoten, weilsich aufgrund des risikoärmeren Geschäfts einehöhere Eigenkapitalunterlegung nicht rechnet undsie nach bisherigen regulatorischen Vorgabenauch nicht gefordert wird. Sollte die LeverageRatio einheitlich bindend werden, müssten Pfand-briefbanken, die nicht genügend Eigenkapital ak-quirieren können, ihre Bilanzpositionen reduzie-ren, um die Kennzahl zu erfüllen. Wenngleich dieEinführung der Leverage Ratio zunächst nur eineBegrenzung für das Staatsfinanzierungsgeschäftdarstellt, könnten auch solche Banken, die über-wiegend auf das Immobilienfinanzierungsgeschäftausgerichtet sind, betroffen sein. Denn in diesemGeschäftsfeld musste aufgrund der geringen Risi-ken bislang vergleichsweise weniger Eigenkapitaleingesetzt werden. Allerdings wird derzeit auf eu-

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Basel III im Überblick

Die weltweite Regulierung von Banken koordiniert der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, dem Vertreter aus27 Ländern angehören. Die neue Eigenkapitalvereinbarung (kurz Basel III) soll ab 2014 im Rahmen der Ca-pital Requirements Directive IV (kurz: CRD IV) und der Capital Requirements Regulation (CRR) schrittweisebis 2019 in Europa eingeführt werden und beinhaltet folgende Kernelemente:

Die Banken müssen mehr und höherwertigeres Eigenkapital nachweisen.Zusätzlich werden Liquiditätsquoten eingeführt: Die Liquidity Coverage Ratio (LCR) soll sicherstellen,

dass im Rahmen eines kurzfristigen Stressszenarios genügend Liquidität vorhanden ist; die Net Stable Fun-ding Ratio (NSFR) soll eine unangemessene Fristentransformation verhindern. Geplant ist eine risikoungewichtete Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio); zunächst vorläufige

Ausgestaltung während einer Beobachtungsphase.

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ropäischer Ebene geprüft, ob die Leverage Rationach dem Geschäftsmodell der Banken differen-ziert werden kann.

Öffentlich-rechtlich organisierte Banken, Sparkas-sen, Genossenschaftsbanken, Bausparkassen, Buil-ding Societies, Pfandbriefbanken etc. unterliegenjeweils einem national unterschiedlichen Rechts-rahmen, sind teilweise regional tätig oder auchnur in einem gewissen Teilsektor der Kreditwirt-schaft aktiv. Die europäische Rechtsetzung solltedie Diversität und die Unterschiede der europäi-schen Kreditwirtschaft in der EU entsprechend be-

rücksichtigen. Außerdem muss vermieden werden,dass EU-Vorgaben für die Sicherung von Bankenund ihren Kunden zu sachlich nicht gerechtfertig-ten, einseitigen Belastungen von Kreditinstitutenführen, die sich in erster Linie über Kundeneinla-gen refinanzieren.

Dabei wird ein grundsätzliches Problem der neuengeplanten Finanzmarktregulierung deutlich: Sie ori-entiert sich an großen Universalbanken. Für klei-nere Institute und bewährte Spezialfinanzierer müs-sen mühsam Sonderregelungen gefunden werden.

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Literatur und Quellen

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7.Demografie und Immobilie

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DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

Zusammenfassung

In den nächsten Jahrzehnten schrumpft die Bevölkerung in Deutschland und wird durchschnittlich immer älter.Die Wohnungsnachfrage wird allerdings erst nach dem Jahr 2030 – nach einigen Jahren schwachen Wachstums – abnehmen. Ursächlich für den weiteren Nachfragezuwachs sind die Tendenz zu kleineren Haushalten sowie ein wahrscheinlicher Anstieg der Wohnfläche je Einwohner, die den Rückgang der Bevölkerung kompensieren.Regional gibt es erhebliche Unterschiede. Während die großen Metropolen sowie zahlreiche Universi-tätsstädte und einige Regionen mit hohem Freizeitwert weiter kräftig wachsen, sind ländliche Regionen, Teile des Ruhrgebiets und des Saarlandes sowie große Teile von Ostdeutschland bereits heute von Schrumpfung betroffen. Diese Unterschiede dürften sich in Zukunft noch verstärken, vor allem wenn es für Fortzugsregionen Wendepunkte gibt, ab denen es zu einem beschleunigten Fortzug der jungen Men-schen kommt (weil z.B. die Versorgung mit Kindergärten oder Schulen unbefriedigend ist oder es nicht hinreichend viele Arbeitsplätze gibt). Wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass Investoren bei der Preisfindung den demogra-fischen Wandel bereits berücksichtigen. Zur Erklärung der Preisunterschiede zwischen Städten ist das erwartete Wohnflächenwachstum ein wichtiger Faktor. Außerdem verlangen die Investoren bei Progno-seunsicherheiten eine Risikoprämie.Es zeigt sich aber auch, dass die Investoren teilweise fallende Mieten unterstellen. Auch weil Mieten nach unten wenig flexibel sind, wird zunehmender Leerstand für Schrumpfungsregionen zu einem wahr-scheinlichen Szenario. Es wird eine steigende Zahl an Städten und Landkreisen geben, in denen selbst deutlich sinkende Mieten nicht den Wohnungsleerstand abbauen helfen.Leerstand verursacht negative externe Effekte und erhöht die Gefahr der Zersiedelung, die die Infrastruk-turkosten pro Kopf in die Höhe treibt. Für die Immobilienwirtschaft, die Verwaltung und die Politik glei-chermaßen wird es in Schrumpfungsregionen daher zunehmend wichtig, die Städte kompakt und damit attraktiv zu halten. Dies bedingt politische Steuerung, beispielsweise in Form von Restriktionen bei der Aus-weisung neuer Flächen, der Stärkung der überregionalen Planung und Anreizen zum Umzug in die ver-bleibenden Zentren der Schrumpfungsregionen.Die Zahl der in Deutschland lebenden über 65-Jährigen wird sich in 30 Jahren von knapp 17 Mio. auf etwa 24 Mio. erhöhen, die der Menschen ab 80 Jahre von 4,4 Mio. auf rund 8 Mio. verdoppeln. Der-zeit sind Schätzungen zufolge rund 1 bis 2% des Wohnungsbestandes altersgerecht. Die demografi-sche Entwicklung erfordert nach einer Studie des BBSR vom Mai 2011 Investitionen von rund 39 Mrd. Euro, um nur den heutigen Bedarf an 2,5 Mio. barrierearmen Wohnungen altersgerecht anzupassen. Davon sind etwa 18 Mrd. Euro der spezifische Mehraufwand für die altersgerechte Gestaltung der Woh-

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7.1 Entwicklung der Wohnflächennachfrage

Der demografische Wandel hat für die Immobi-lienwirtschaft und die Immobilienmärkte erhebli-che Auswirkungen. Da das Angebot maßgeblichdurch den Bestand bestimmt wird, kann auf Ver-änderungen der Nachfrage nur sehr langsam reagiert werden. Im Folgenden wird zunächst dar-gelegt, wie sich die Nachfrage durch die Bevöl-kerungsveränderung entwickeln wird, wobei re-gionale Unterschiede nur ansatzweise aufgezeigtwerden können. Anschließend wird der Fragenachgegangen, welche Auswirkungen die Verän-derungen der erwarteten Flächennachfrage aufdie Immobilienpreise haben werden. Ferner wirdabgeleitet, welche Schlussfolgerungen sich für dieImmobilienwirtschaft und die politischen Entschei-dungsträger ergeben. Schließlich wird auch aufdie gesellschaftliche Herausforderung durch einezunehmende Anzahl älterer Haushalte eingegan-gen. Um die Darstellung kompakt zu halten, kon-zentriert sich die Analyse auf Wohnimmobilien. Ineinem kurzen Exkurs wird auch auf Büro- und Ein-zelhandelsimmobilien eingegangen.

7.1.1 Demografische Trends in Deutschland

In Deutschland ist der natürliche Bevölkerungs-saldo, also die Differenz aus Geburten und Ster-befällen, seit über 40 Jahren negativ, weil zu we-nige Kinder geboren werden. In Westdeutschlandliegt die Geburtenhäufigkeit seit den frühen

1970er Jahren bei rund 1,4 Kindern pro Frau imgebärfähigen Alter. In Ostdeutschland gab esnach der Wiedervereinigung einen heftigen Ein-bruch, seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die Fertilitätsrate in den neuen Ländern auf dem west-deutschen Niveau stabilisiert. Auch wenn es An-zeichen dafür gibt, dass die Geburtenhäufigkeitüber einen gesamten Altersjahrgang in den nächs-ten Jahren höher ausfällt als bisher geschätzt, wirddie jahrzehntelange niedrige Fertilität den demo-grafischen Ausblick für Deutschland massiv belas-ten: Die Zahl der Einwohner wird ohne massiveZuwanderung deutlich schrumpfen, und unterplausiblen Zuwanderungsszenarien wird die Be-völkerung spürbar altern. Daran ändern auch dieZensus-Ergebnisse nichts, die nur auf eine gerin-gere absolute Bevölkerungszahl, aber nicht aufeinen abweichenden Trend hinweisen, der auf derGeburten- und Sterbestatistik beruht.

Gleichzeitig nahm die Lebenserwartung inDeutschland seit 1970 um fast 12 Jahre zu(Börsch-Supan, 2012). Diese Entwicklung dämpftzwar den Bevölkerungsrückgang, kann ihn jedochohne zusätzliche Zuwanderung nicht aufhalten.Aktuell müssen jedes Jahr etwa 200.000 Perso-nen mehr nach Deutschland kommen als das Landverlassen, damit die Zahl der Einwohner stabilbleibt – in den nächsten zwei Jahrzehnten wirdsich das Volumen der notwendigen Nettozuwan-derung noch verdoppeln. Solch hohe Nettozu-wanderungen gab es in den Jahren von 2003 bis2010 nicht. In diesem Zeitraum sank die Zahl derEinwohner bereits um 785.000 Personen. Im Zugeder Finanz- und Staatsschuldenkrise in Europa hat

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nungen. Weil eine Versorgung der Betroffenen mit stationären Pflegeplätzen sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die staatlichen Kostenträger erheblich kostenintensiver ist, sollte der Staat über Förder-programme mehr Anreize für den Umbau des Bestands setzen.Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen (vor allem mit geringem Renteneinkommen) benötigen eine Unterstützung, damit auch ihnen ein ausreichendes Angebot an altersgerechtem und bezahlbarem Wohnraum ermöglicht werden kann. Hierauf gilt es die Programme der Wohnraumförderung abzustimmen.Auch die Büroimmobilienmärkte werden vom demografischen Wandel betroffen sein, teilweise sogar noch stärker als die Wohnungsmärkte, da die Zahl der Erwerbsfähigen schneller zurückgeht als die Be-völkerung insgesamt. Ähnliches gilt für Einzelhandelsimmobilien, wenn die Kaufkraft durch weniger Einwohner und möglicher-weise geringere Einkommen deutlich zurückgeht. Auch die Alterung bestimmt über die veränderte Nach-fragestruktur maßgeblich den quantitativen und qualitativen Bedarf an Einzelhandelsimmobilien.

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sich die Nettozuwanderung nach Deutschlandzwar wieder deutlich erhöht (279.207 Personenim Jahr 2011 und nach vorläufigen Schätzungendes Statistischen Bundesamts 369.000 Personenim Jahr 2012) – auch weil zeitgleich die Zuwan-derung aus Süd- und Osteuropa wieder deutlichzugenommen hat. Vermutlich werden sich solchhohe Niveaus über lange Zeiträume aber nichthalten lassen. Hinzu kommt, dass Wanderungs-ströme in der Vergangenheit großen Schwankun-

gen unterworfen waren: In wirtschaftlichen Ab-schwungphasen kam es regelmäßig zu hoher Net-toabwanderung. Die gesamte Spanne zwischenhöchster Nettozuwanderung und höchster Netto-abwanderung beläuft sich auf fast 1 Mio. Perso-nen für ein Jahr. Dies veranschaulicht, wie großdie Bedeutung einer angemessenen Wanderungs-annahme für die Prognosebildung und wie großdie Unsicherheit von Bevölkerungsvorausberech-nungen ist.

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Quelle: Statistisches Bundesamt 2013

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Quelle: Statistisches Bundesamt 2009

Abbildung 7.2: Bevölkerungs-prognosen mit un-terschiedlichenAnnahmen2000/2012 bis2060 in Mio.

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In den „gängigen“ Szenarien der 12. koordinier-ten Bevölkerungsvorausberechnung des Statisti-schen Bundesamts wird ein Rückgang der Einwoh-nerzahl bis 2060 um 15% bis 21% ausgewiesen(Statistisches Bundesamt, 2009; vgl. auch Abbil-dung 7.2). In dem Szenario „geringere Zuwande-rung“ wird eine Geburtenhäufigkeit von weiterhin1,4 Kindern je Frau unterstellt und dass jedes Jahr100.000 Personen mehr nach Deutschland kom-men als das Land verlassen. In dem Szenario „hö-here Zuwanderung“ liegt die erwartete Geburten-häufigkeit genauso niedrig, es kommen aberdoppelt so viele Personen jedes Jahr netto nachDeutschland. Ein Anstieg der Geburtenhäufigkeitvon 1,4 auf 1,6 Kinder je Frau würde einen ähnli-chen Effekt wie die höhere Zuwanderung für dieZahl der Einwohner erzielen – das durchschnittli-che Alter wäre aber durch eine dauerhaft erhöhteGeburtenhäufigkeit niedriger, als wenn das Ge-burtendefizit allein durch Zuwanderung abgemil-dert würde. Aktuell liegt der Altenquotient, alsoder Anteil der Menschen über 65 Jahre im Ver-hältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen20 und 65 Jahre, bei knapp 35%. Im Szenariomit geringer Zuwanderung und 1,4 Kindern je

Frau würde dieser Anteilswert bis 2060 auf 67%ansteigen. Mit doppelt so hoher Nettozuwande-rung läge der Altenquotient im Jahr 2060 mit63% zwar niedriger, aber immer noch deutlichhöher als heute. Selbst wenn zusätzlich zur erhöh-ten Zuwanderung die Geburtenhäufigkeit dauer-haft auf 1,6 Kinder je Frau stiege, läge der Alten-quotient im Jahr 2060 noch bei 60% – rund 25Prozentpunkte über dem aktuellen Wert.

Parallel zum Rückgang der Einwohnerzahl wirddie Bevölkerung immer älter. Aktuell leben rund4,4 Mio. über 80-Jährige in Deutschland. Gemäßder 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberech-nung des Statistischen Bundesamts werden es imJahr 2030 etwa 6,4 Mio. und im Jahr 2050 sogar10 Mio. in dieser Altersgruppe sein. Die Zahl derMenschen über 65 Jahre wächst bis zum Jahr2060 um 30% und die der Menschen über 80Jahre sogar um 120%. Der Anteil der über 65-Jährigen stiege dann von 21,2 % im Mai 2011 aufetwa ein Drittel und der Anteil der über 80-Jähri-gen von heute 5,0% auf gut 13%. Erst wenn dieMenschen der Baby-Boomer-Generation ihr Le-bensende erreicht haben, wird das Durchschnitts-

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Frauen 2060 5-W1

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(jeweils bei 1,2 Kinder pro Frau)

(jeweils bei 1,4 Kinder pro Frau)

(jeweils bei 1,4 Kinder pro Frau)

Quelle: Statistisches Bundesamt 2009

Abbildung 7.3:Prognoseunter-schiede bis 2060nach Alter in1.000 und ver-schiedenen Ge-burtenraten (Bevölkerungs-struktur im Jahr2060)

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alter in Deutschland wieder (leicht) sinken. Andersals für die Gesamtzahl der Einwohner besteht fürdiese Entwicklung für die nächsten Jahrzehntewenig Unsicherheit, denn die Hochbetagten desJahres 2050 leben überwiegend heute schon. DerUnterschied zwischen einem Szenario mit höhe-rer Nettozuwanderung (200.000 Personen proJahr) und geringerer Nettozuwanderung ist für dieEntwicklung der Anteile älterer Menschen an derGesamtbevölkerung (100.000 Personen pro Jahr)bis zum Jahr 2030 zu vernachlässigen und be-läuft sich selbst im Jahr 2060 auf nicht mehr als2%.

Abbildung 7.3 zeigt die BevölkerungsstrukturDeutschlands in drei unterschiedlichen Szenarienmit konstanter Nettozuwanderung von 100.000Personen pro Jahr und jeweils anderer Geburten-häufigkeit. In der Variante 1-W1 wird eine Gebur-tenhäufigkeit von 1,4 Kindern je Frau angenom-men, im Szenario 3-W1 wird eine Geburtenratevon 1,6 Kindern modelliert, und im konservativenSzenario 5-W1 sinkt die Geburtenrate auf 1,2 Kin-der je Frau.

Die Bevölkerungsentwicklung verläuft regionalsehr uneinheitlich. Schwerer als die Unterschiedein der Lebenserwartung, der Fertilitätsrate oder

der Außenwanderung wiegen die Binnenwande-rungsströme aus den wirtschaftsschwachen in dieökonomisch starken Regionen. Das Bundesinstitutfür Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) erwar-tet in seiner jüngsten Raumordnungsprognose(2012), dass in einigen Kreisen die Zahl der Ein-wohner im Jahr 2030 um 20% über dem Niveauvon 2010 liegen wird. Gleichzeitig wird es Kreisegeben, in denen die Einwohnerzahl bis 2030 umbis zu 30 % sinken könnte. Diese befinden sichausnahmslos in den neuen Bundesländern.

7.1.2 Unsicherheiten

Bevölkerungsprognosen sind annahmenabhängig,und weil der Prognosehorizont so lang ist, beste-hen erhebliche Prognoseunsicherheiten. Keilmanund Pham (2004) konnten für 14 europäische Be-völkerungsprognosen seit 1950 zeigen, dass dieUnsicherheiten bei längeren Prognosezeiträumengrößer ausfallen als für kürzere Betrachtungszeit-räume. Über einem Zeitraum von 15 Jahren lagendie Prognosen im Durchschnitt um 0,3 Kinder proFrau neben den tatsächlichen Geburtenraten, fürden Zeitraum von 25 Jahren sogar um 0,4 Kinderpro Frau. Auf die deutsche Bevölkerungsprognosebis 2060 bezogen würde dies einen Bevölke-rungsunterschied von fast 12% ausmachen.

Außerdem stellten Keilman und Pham fest, dass dieVorausberechnung für größere Bevölkerungen ge-nauer ausfällt als für kleinere. Dies liegt weitestge-hend am Gesetz der großen Zahlen. Externe Ein-flüsse (wie z.B. eine unerwartete Zu- oder Abnahmeder Bevölkerung) verschwinden tendenziell eher ineinem großen Daten-Sample und beeinflussen umsostärker kleinere Ausgangsgrößen. Deshalb sindauch Bevölkerungsprognosen für Teilräume mit deut-lich größeren Unsicherheiten behaftet. Für deutscheRaumordnungsregionen und Kreise zeigt Just(2011), wie stark Prognosen selbst in kleinen Zeitin-tervallen angepasst werden müssen.

Den größten Unsicherheitsfaktor bei Bevölkerungs-entwicklungen stellen die Wanderungstrends dar.Dies gilt sowohl für die Außenwanderung als auchim besonderen Maße für die Binnenwanderung. Inden letzten 60 Jahren schwankte der Nettozuwan-derungssaldo für Deutschland zwischen einem

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Quelle: Statistisches Bundesamt 2013

Abbildung 7.4:Nettozuwande-rung je 1.000 Ein-wohner, 2009

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Fortzug von 223.000 Personen (1975) und einemZuzug von 782.000 Personen (1992). Im Durch-schnitt kamen seit 1950 etwa 200.000 Personenjährlich netto nach Deutschland. Wenn man dieAnwerbejahre der Gastarbeiter sowie die erstenJahre nach der deutschen Einheit herausnimmt, re-duziert sich der Wanderungssaldo auf 100.000pro Jahr. Das bedeutet, durch geeignete Maßnah-men kann Einfluss auf die Höhe des Wanderungs-saldos genommen werden. Diese Größe ist je-doch sehr unsicher. Dies gilt in noch größeremMaße für Binnenwanderungen sowohl innerhalbDeutschlands als auch innerhalb von Kreisen undKommunen, weil letztlich der Standort und die Ent-wicklung eines einzigen großen Unternehmensoder bestimmter Infrastruktureinrichtungen (z.B.Flughäfen) über die Attraktivität der Region ent-scheiden kann. Und sogar innerhalb einer Stadtsind die relativen Entwicklungen von Quartierennicht sicher über lange Prognosehorizonte zu an-tizipieren.

Abbildung 7.4 veranschaulicht für das Jahr 2009die gravierenden Unterschiede zwischen einzel-nen Regionen in Deutschland: Es gab Kreise inOstdeutschland, in denen in diesem Jahr mehr als1% der Bevölkerung netto wegzog und gleichzei-tig Kreise, in denen (fast) 1 % zuwanderte. Die Un-sicherheit entsteht, da solche regionalen Wande-

rungsmuster nicht stabil sind. In einigen Kreisenbeläuft sich die Veränderung der Nettozuwande-rungssalden auf 2 Prozentpunkte innerhalb einesJahrzehnts, mitunter wurde aus einem Zuwande-rungsplus ein Zuwanderungsminus.

7.1.3 Wohnraumbedarf

Da die Bevölkerungsentwicklung eng mit derWohnflächennachfrage korreliert, hat der demo-grafische Wandel auch einen hohen Einfluss aufdie Wohnungswirtschaft. Allerdings ist die Zahlder Einwohner nur einer der Bestimmungsfakto-ren für die Wohnungsnachfrage. Selbst in denJahren rückläufiger Einwohnerzahl (2003 bis2010) nahm die Wohnungsnachfrage weiter zu,weil unter anderem die Verkleinerung der Haus-halte und die Entwicklung der Einkommen undVermögen den Bevölkerungsrückgang überkom-pensierten.

So wird die Haushaltsgröße aufgrund der Alte-rung weiter zurückgehen. Im Jahr 2011 wohntengemäß dem Zensus statistisch 2,01 Personen ineinem deutschen Haushalt. Da in einem Senioren-haushalt (über 65 Jahre) knapp 1 Person wenigerwohnt als in einem Mittvierziger-Haushalt, wirddieser Durchschnittswert im Zuge gesellschaftlicher

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Geringere Zuwanderung Höhere Zuwanderung

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Zahl der Haushalte 2011: 40,4 Mio.

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Quelle: Statistisches Bundesamt 2009,IREBS Institut

Abbildung 7.5:Prognose derHaushaltszahlenin Deutschland, inMio., 2000/2011bis 2060

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Alterung weiter sinken – wahrscheinlich bis unter1,9 Personen je Haushalt zur Mitte des Jahrhun-derts. Daher wird trotz des einsetzenden Bevölke-rungsrückgangs im Szenario mit höherer Zuwan-derung die Zahl der Haushalte noch weitere 15Jahre um insgesamt über 1 Mio. zulegen. Spätes-tens ab 2030 wird jedoch auch die Zahl derHaushalte abnehmen und im Jahr 2060 etwa wie-der das Niveau des Jahres 2000 erreichen. ImSzenario mit geringerer Zuwanderung „fehlen“2060 gegenüber dem Höchstniveau nahezu 6Mio. Haushalte. Da dieser Rückgang innerhalbvon 30 Jahren erfolgt, entspräche dies einemRückgang um 200.000 Haushalte pro Jahr.

Für die mittlere Frist sind also keine gravierendenquantitativen Verwerfungen zu erwarten – zumin-dest nicht für Deutschland insgesamt. Allerdingsgibt es erhebliche regionale Unterschiede, denndie jungen Menschen werden von den wachstums-starken Ballungsräumen angezogen. Der Rück-gang der Haushaltszahlen wird sich in den struk-turschwachen Räumen stärker und früherbemerkbar machen als in den wirtschaftlich ge-sunden Zentren. Viele Fortzugsregionen in denneuen Bundesländern, aber auch in zahlreichen

Regionen Westdeutschlands wie Teilen des Ruhr-gebiets, Nordostbayern, Nordhessen, Südnieder-sachsen oder der Westpfalz mit dem Saarlandspüren die Last sinkender Einwohnerzahlen bereitsheute. In einigen ostdeutschen Bundesländernwird die Zahl der Haushalte in den nächsten 20Jahren um deutlich mehr als 10% sinken – bis2060 beläuft sich das Minus in Thüringen oderSachsen-Anhalt sogar auf gut 30%. Und in denperipheren Regionen dieser Bundesländer wirddie Entwicklung noch ungünstiger verlaufen. DasBBSR (2012) erwartet für 12 Kreise in den neuenLändern bereits bis 2030 einen Rückgang derZahl der Haushalte um mindestens 20%. Mögli-cherweise gibt es in einigen ländlichen RegionenWendepunkte, ab denen die Abwärtsentwicklungsogar beschleunigt abläuft. Solange die fortzie-henden (überwiegend jungen) Menschen inDeutschland bleiben, stehen den Verliererregio-nen in gleichem Umfang Gewinner mit einem gro-ßen Arbeitsplatzangebot gegenüber. Gemäß denVorausberechnungen des BBSR könnte die Zahlder Haushalte in zehn Kreisen (alle in Bayern) imJahr 2030 um mindestens 20% über dem Wertvon 2010 liegen. Doch weil Immobilien ortsgebun-den sind, können diese unterschiedlichen Nach-

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NiedersachsenBremen

Nordrhein-WestfalenHessen

Rheinland-PfalzBaden-Württemberg

BayernSaarland

BerlinBrandenburg

Mecklenburg-VorpommernSachsen

Sachsen-AnhaltThüringen

WestdeutschlandOstdeutschland

Deutschland

Quelle: BBSR 2012, Statisti-sches Bundesamt2009, IREBS Institut

Abbildung 7.6:Veränderung derZahl der Haus-halte in deutschenBundesländern, in% (geringere Zu-wanderung)

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fragedynamiken nicht auf dem deutschen Gesamt-markt ausgeglichen werden: Dem Preisdruck nachunten in den Fortzugsgebieten stehen anhaltendeVerknappungen in Ballungsräumen gegenüber.

In den letzten Jahren verzeichneten auch Regionenmit einem Bevölkerungsrückgang dank eines ver-änderten Wohnverhaltens der Bevölkerung nocheinen Wohnflächenanstieg. Die zunehmende Indi-vidualisierung der Bevölkerung, eine stärkere räum-liche Trennung von Wohnung und Arbeitsstättenund damit mehr Zweitwohnungen sowie der Rema-nenzeffekt sind die drei ausschlaggebendenPunkte. Denn die Zunahme der Pro-Kopf-Wohnflä-che und der Anstieg der Einpersonenhaushalte sor-gen dafür, dass die Auswirkungen des demografi-schen Wandels die Wohnflächennachfrage aktuellnoch nicht überall spürbar belasten. Die durch-schnittliche Haushaltsgröße ist in den Jahren von1992 bis 2007 um über 10% gefallen (Bräunin-ger et al., 2007). Das heißt im Umkehrschluss, indiesem Zeitraum muss eine höhere Wohnflächen-nachfrage generiert worden sein.

Zusätzlich haben steigende Einkommen und Ver-mögen sowie der Trend zu individualisierten Le-bensformen bereits in den letzten Jahrzehnten denWohnflächenverbrauch steigen lassen. DieserTrend dürfte auch in den kommenden Jahrzehn-ten anhalten (vgl. BBSR, 2010 sowie Just, 2013),wenn auch vielleicht weniger stark als der Anstiegder Wohnfläche pro Kopf von 1960 bis 2011 umetwa 25 m² auf heute knapp 45 m². Nach denaktuellen Ergebnissen des Zensus hatten im Mai2011 lediglich 23,7% aller Wohnungen inDeutschland eine kleinere Wohnfläche als 60 m².Die durchschnittliche Wohnungsgröße lag bei 4Zimmern auf einer Fläche von 90 m². In einer al-ternden Gesellschaft wird die Entwicklung vorallem durch Kohorten- und Remanenzeffekte ge-tragen. Der Kohorteneffekt beschreibt die empi-risch gut belegte These, dass die Senioren vonmorgen anders konsumieren als die Senioren vonheute oder gestern, weil ihre Einkommens- und Ver-mögenssituation und ihre gesellschaftliche Prä-gung anders ist (vgl. Just, 2013). Zwar gehen diemeisten Ökonomen auch langfristig von einer mitt-leren Wachstumsrate der durchschnittlichen Ein-kommen aus, aber davon werden nicht alle Men-schen in gleichem Maße begünstigt sein. Im

Durchschnitt könnten die Einkommen in den nächs-ten Jahrzehnten langsamer wachsen als in der Ver-gangenheit, weshalb es in Zukunft mehr alters-arme Menschen geben könnte, weil in dennächsten Jahrzehnten mehr Menschen mit einer„gebrochenen“ Erwerbsbiografie in den Ruhe-stand treten als in früheren Jahrzehnten. Dieswürde für die Wohnungsnachfrage bedeuten,dass der Kohorteneffekt für diese Menschen sogarnegativ ausfallen könnte. Inwiefern der Kohorten-effekt für die gesamte Altersgruppe negativ wäre,ist strittig – angesichts steigender Einkommen undVermögen erscheint ein schwach positiver Kohor-teneffekt heute das wahrscheinlichere Szenario zusein.

Der Remanenzeffekt beschreibt darüber hinausdie empirische Beobachtung, dass Menschen abihrem 45. bis 50. Lebensjahr ihre Wohnfläche proKopf nicht mehr verändern, selbst dann nicht,wenn sich die Lebensverhältnisse (z.B. durch Aus-zug der Kinder) ändern. Daher bewohnen Men-schen in ihrem 70. Lebensjahr ähnlich große Woh-nungen wie in ihrem 50. Lebensjahr. Gemäß derStudie des BMVBS/KDA (2011) möchte die über-wiegende Mehrheit (70,1%) der befragten Men-schen über 65 Jahre in „normalen“ Wohnungenalt werden (ähnlich bereits in BMFSFJ, 2001).

Die Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel,zeigen, dass die meisten befragten Menschen mitder quantitativen Flächenausstattung zufriedensind. Nur eine kleine Gruppe empfand die aktu-elle Wohnung als zu groß. Dieser Anteil wird inden nächsten Jahrzehnten möglicherweise stei-gen. Erstens hat die Fläche je Einwohner in denletzten Jahrzehnten stetig zugenommen, und die-ser Anstieg kommt mit einer Zeitverzögerung auchin der Seniorenkohorte an. Gleichzeitig wächstdie Zahl der älteren Menschen mit körperlichenEinschränkungen, weil die Baby-Boomer als sehrstarke Kohorte das Seniorenalter erreichen.Schließlich ist zu befürchten, dass der Anteil alters-armer Menschen ansteigt. Die meisten Seniorenwerden jedoch auch künftig bemüht sein, in ihremgewohnten Umfeld möglichst lange zu bleiben(Just, 2013).

Auch hinsichtlich künftiger Kohorteneffekte beste-hen Prognoseunsicherheiten: Sicher wird die Indi-

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vidualisierung der Gesellschaft auch in den älte-ren Kohorten für eine breiter aufgefächerte Nach-frage sorgen. Bereits heute zeigen sich Seniorenoffener für neue Wohnformen wie Senioren-WGs.Falls sich diese Entwicklung verstärkt, dürfte diesden Remanenzeffekt dämpfen.

Insgesamt dürfte die Wohnflächennachfragesogar in den neuen Bundesländern trotz des un-günstigen demografischen Befunds noch ein paarJahre lang ansteigen, weil künftige Senioren andie Stelle einer heutigen Seniorengeneration mitim Durchschnitt um 30% geringerer Wohnflächen-nachfrage als ihre Altersgenossen im Westen tre-ten werden. Diese werden eine ähnliche Fläche-ninanspruchnahme haben wie ihre Altersgenossenin den alten Bundesländern. Dies liegt nicht zuletztdaran, dass die Eigentumsquote in den neuen Län-dern allgemein und insbesondere bei den Senio-ren noch über Jahrzehnte zulegen wird. Heutigenostdeutschen Senioren war der Wohneigentums-erwerb fast unmöglich, zukünftige Seniorengene-rationen werden in Ost- und Westdeutschland zu-nehmend ähnlich Wohneigentum bilden. In denalten Bundesländern wird die Nachfrage sogarnoch bis weit über das Jahr 2030 hinaus zulegen,in einzelnen Metropolregionen noch bis voraus-sichtlich zur Jahrhundertmitte.

Ab etwa 2035 nimmt in Gesamtdeutschland dieFlächennachfrage selbst im Szenario mit höhererZuwanderung ab und erreicht im Jahr 2060 dasvergleichbare Niveau von heute. Insgesamt dürfteder zwischenzeitliche Anstieg der Wohnflächen-nachfrage mit 10% bis 15% gegenüber dem ak-tuellen Niveau überschaubar bleiben. Die Wohn-flächenprognosen in Abbildung 7.7 basieren aufden aktuellen Bevölkerungsvorausberechnungendes Statistischen Bundesamts mit konstanter Ge-burtenhäufigkeit und einer Nettozuwanderungvon 100.000 bzw. 200.000 Personen pro Jahr.Auf die strukturellen Verschiebungen und die damitverbundenen Herausforderungen wird in den Ab-schnitten 7.6.4 und 7.6.5 eingegangen.

Eine ähnliche Entwicklung erwartet auch dasBBSR (2010) in seiner aktuellen Wohnungsmarkt-prognose. Für die Zeit zwischen 2010 und 2025wird ein Anstieg der Wohnflächennachfrage um6% geschätzt. Beim BBSR geht der Nachfragean-stieg allein auf ein Nachfrageplus bei den Eigen-tümerhaushalten zurück, bei Mieterhaushaltenwird mit einem leichten Rückgang gerechnet. Diesliegt allerdings nicht an einer Veränderung dermittleren Flächenversorgung je Haushalt, sondernan der Strukturverschiebung zu mehr (älteren)Wohnungseigentümern.

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Westdeutschland (höhere Zuwanderung) Ostdeutschland (höhere Zuwanderung)

Westdeutschland (geringere Zuwanderung) Ostdeutschland (geringere Zuwanderung)

206020552050204520402035203020252020201520102005

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Quelle: IREBS Institut

Abbildung 7.7:Wohnflächen-prognose in Ost-und Westdeutsch-land, 2010 bis2060, Index2005=100

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Die größten Herausforderungen liegen in der re-gional uneinheitlichen Dynamik des demografi-schen Wandels und in der Versorgung mit ange-messenem Wohnraum für alle Altersgruppen. DieZahl der Haushalte, deren Haushaltsvorstand über65 Jahre ist, wird bis 2035 um knapp 50% zulegen. Die Zahl der jüngeren Haushalte wirddeutlich zurückgehen. Dies hat weitreichende Im-plikationen für die am Markt erforderlichen Wohn-qualitäten.

Daher interessieren im Weiteren zwei Fragen:Welche Folgewirkungen hat dies für die zukünfti-gen Immobilienpreise, Mieten und Renditen? Undwelche wohnungspolitischen Maßnahmen sindnotwendig, um gesellschaftliche und wirtschaftli-che Belastungen aus diesen Entwicklungen geringzu halten oder zumindest angemessen in der Ge-sellschaft zu verteilen?

7.2 Auswirkungen des demo-grafischen Wandels auf Gewerbeimmobilien

Die demografischen Veränderungen in Deutsch-land werden nicht allein die Wohnungsmärkte be-treffen; auch die Akteure auf den Gewerbeimmo-bilienmärkten tun gut daran, die Entwicklungenfrühzeitig zu erkennen. Dies gilt sowohl für Akteureder Büro- als auch der Einzelhandelsimmobilien-märkte. Für Industrie- und Logistikimmobilien giltdies nur eingeschränkt, da bei diesen Segmentenhäufig ein höheres Automatisierungspotenzial be-steht. Außerdem sind für einige Logistikimmobilienperiphere, aber verkehrsmäßig günstige Lagen mitaktuell hohem Arbeitskräfteüberschuss attraktiv,wie die Standortwahl vieler großer Onlinehänd-ler zeigt.

7.2.1 Büroimmobilien

Die Nachfrage nach Büroraum folgt der Entwick-lung der Zahl der Bürobeschäftigten sowie der Bü-rofläche, die jeder dieser Beschäftigten im Durch-schnitt zur Verfügung hat. Falls sich sonst nichtsändert, könnte die Büroflächennachfrage wesent-lich stärker unter Abwärtsdruck geraten als dieWohnflächennachfrage, weil in einer alternden

Gesellschaft die Zahl der Erwerbsfähigen früherund stärker zu sinken beginnt als die Zahl der Ein-wohner. Selbst wenn jedes Jahr im Saldo200.000 Personen nach Deutschland einwan-dern, wird die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2060gemäß den Vorausberechnungen des StatistischenBundesamts um rund ein Viertel abnehmen. EinTeil dieser Entwicklung könnte durch einen weite-ren Rückgang der Arbeitslosenquote sowie eineZunahme der Erwerbsbeteiligung von sowohl älte-ren Menschen als auch von Frauen (insbesonderevon Müttern) erreicht werden. Doch eine dauer-hafte Stabilisierung der Büroflächennachfragelässt sich nur erreichen, wenn der Anteil der Büro-beschäftigten weiter zunimmt (vgl. Just, 2013). Einsolcher Anstieg ist aber nicht zu erwarten. In denletzten Jahren ist die Zahl der Bürobeschäftigtennicht schneller gestiegen als die Zahl der Beschäf-tigten insgesamt. Wahrscheinlich wird in dennächsten Jahren die Bürobeschäftigtenquote na-hezu gleich bleiben, weil die Globalisierung vonBüroarbeit (durch Verlagerung) wesentlich leich-ter möglich ist als noch vor zehn oder zwanzigJahren. Zusätzlich werden in einer alternden Ge-sellschaft personen- und haushaltsbezogeneDienstleistungen dringender benötigt als unterneh-mensbezogene Bürotätigkeiten.

Insbesondere könnte der Trend zu kosteneffizien-ten Büroraumstrukturen in all jenen Sektoren, diesich im globalen Wettbewerb befinden, dazu füh-ren, dass die Büroflächennachfrage in Deutsch-land selbst dann zurückgeht, wenn begrenzt zu-sätzliche Büroarbeitsplätze geschaffen werden.Natürlich setzen die Bau- und Arbeitsplatzvor-schriften und der Arbeitnehmerschutz Grenzen,doch aktuell liegt die genutzte Bürofläche je Ar-beitsplatz in Deutschland von rund 30 m² (410Mio. m² BGF bei 13,5 Mio. Bürobeschäftigten)wesentlich höher als in nahezu allen vergleichba-ren Ländern. Unternehmen, vor allem solche mitKonkurrenten im Ausland, werden ihren Kostenvor-teil aus vergleichsweise niedrigen Büromieten inDeutschland ausnutzen wollen. Zusätzlich könnteder Wunsch von Mitarbeitern, einen Teil der Bü-roarbeit von zu Hause aus zu erledigen, Flächen-einsparpotenziale eröffnen. Moderne Bürokon-zepte basieren auf offenen Strukturen, bei denenMitarbeiter nicht zwingend einen festen Arbeits-platz haben. Die Büroflächennachfrage wird also

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voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren lang-samer wachsen als in der Vergangenheit und da-nach sogar sinken.

Die Entwicklungen auf den Büromärkten sind mitgrößerer Unsicherheit behaftet als jene auf denWohnungsmärkten, weil sich Arbeitswelten schnel-ler verändern als Wohnwelten (Just, 2013). Sicherwerden sich die regionalen Unterschiede in denkommenden Jahrzehnten auf den Büromärktenverschärfen: Das BBSR (2012) schätzt in seinerRaumordnungsprognose für neun Kreise einen Zu-gewinn an Erwerbspersonen von mindestens10%. Gleichzeitig wird für elf Kreise ein Rückgangder Zahl der Erwerbspersonen von 2010 bis2030 um mindestens 40% erwartet. Solche hefti-gen Verwerfungen in den Schrumpfungsregionenkönnen nicht durch sinkende Mieten, größereBüros je Mitarbeiter oder einen Anstieg der Büro-beschäftigtenquote ausgeglichen werden. Der Bü-roleerstand wird vor allem im Altbestand zuneh-men. Die Umnutzung in Wohnraum kann dieseEntwicklung nur begrenzt auffangen. In wenigerbelasteten Regionen könnte es noch möglich sein,einen Teil dieser Anpassungslast durch solche Um-nutzungen zu mindern. Aus diesem Grund solltendie Stadtumbauprogramme auch die Büromärkteberücksichtigen.

7.2.2 Einzelhandelsimmobilien

Für den deutschen Einzelhandel werden die rück-läufige Einwohnerzahl und der höhere Anteil vonSenioren das Umsatzwachstum deutlich einen-gen. Zusammen mit der wachsenden Bedeutungdes Distanz- und insbesondere des Online-Han-dels ist für die nächsten Jahre ein Rückgang desUmsatzes im stationären Einzelhandel wahr-scheinlich. Da bis heute die Einzelhandelsflächenstärker zunehmen als der Einzelhandelsumsatz,stellt dies Händler und Immobilieninvestoren vorHerausforderungen. Eine Begrenzung des Flä-chenwachstums ist in einer steigenden Zahl vonStädten sinnvoll, um einem Verdrängungswettbe-werb vorzubeugen.

Weil ein größerer Anteil an Menschen mit körper-lichen Einschränkungen zu tun haben wird, wer-den mehr Menschen auf problemlos erreichbareEinzelhandelsformate angewiesen sein. Es sind(wieder) mehr Einzelhandelsangebote erforder-lich, die wohnquartiernah und/oder gut durch denöffentlichen Personennahverkehr erreichbar sind.Auch in den Sortimenten und der inneren Gestal-tungen der Einzelhandelsimmobilien spiegelt sichteilweise schon heute die Verschiebung in den Al-tersstrukturen der Kunden wider: Die Gänge wer-den breiter, die Wege für „Seniorenprodukte“ op-timiert. Es gibt mehr Möglichkeiten zum Ausruhenund Verweilen, und vor allem werden die Händlerdeutlich stärker auf Dienstleistungen setzen, z.B.Auslieferung, Beratung oder Aufbaudienste. Na-türlich werden diese Entwicklungen nicht alle Ein-zelhandelsimmobilien betreffen, da es auch in Zu-kunft Versorgungseinzelhandel vornehmlich für(junge) Familien geben wird. Alle oben skizzier-ten Veränderungen senken die Flächenproduktivi-tät im Einzelhandel. Angesichts der bereits heuteniedrigen Margen werden diese Maßnahmen diePreise im Einzelhandel voraussichtlich erhöhen.Einkommensschwache Haushalte werden dahersolche Formate nur in Grenzen nutzen können. Diedemografische Entwicklung stellt also nicht dasEnde der Discounter oder flächenmäßig großerHandelsformate in den Stadtrandlagen oder aufder „grünen Wiese“ dar, sie schmälert lediglichden Markt für diese Formate, weil eine wachsendeNachfragergruppe auf die oben genannten spe-zifischen Objekteigenschaften und Dienstange-bote angewiesen ist. 31 Vor allem könnte es in dennächsten Jahrzehnten zu gravierenden Wechsel-wirkungen zwischen dem Einzelhandel und denWohnungsmärkten in Fortzugsregionen kommen(vgl. hierzu Just und Braun, 2012). Wenn es sichfür Einzelhändler nicht mehr lohnt, in einer solchenRegion präsent zu bleiben, verstärkt sich der Wan-derungsdruck. Die oben angesprochenen Wen-depunkte werden auch durch Entwicklungen imEinzelhandel – insbesondere im Versorgungsein-zelhandel sowie im Handel mit pharmazeutischenProdukten – bestimmt.

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31 Für eine Strukturierung künftiger Einzelhandelsformate vergleiche unter anderem Just und Stahl, 2006.

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7.3 Auswirkungen auf die Wohnimmobilienpreise

Immobilien sind durch eine lange Nutzungsdauergekennzeichnet. Je nach Instandhaltung und Mo-dernisierung können sie über 100 Jahre genutztwerden. Entsprechend lange ist auch das Kapitalgebunden. Betrachtet man nur Grundstücke, ist dieNutzungszeit theoretisch sogar unendlich. Auf-grund der langen Nutzungsdauer ist der Immobi-lienmarkt damit ein Bestandsmarkt, sodass sich dielangfristigen Entwicklungen primär durch die Ver-änderungen auf der Nachfrageseite ergeben.

Für manche vom demografischen Wandel beson-ders betroffene Regionen werden je nach Prog-nose zukünftig bis zu 20% der Wohnungen in dennächsten 20 Jahren nicht mehr benötigt (Demaryund Voigtländer, 2009). Zwar können die Anbie-ter durch Veränderungen des Bestands diese Ent-wicklung teilweise kompensieren, z.B. indem Woh-nungen zusammengelegt oder mehr Zweit- undFerienwohnungen angeboten werden. Auch wennin den letzten Jahren der Anteil der Fernpendlergestiegen ist, was den Bedarf an Zweitwohnun-gen erhöht, wird dies aber nicht ausreichen, umden Markt auszugleichen.

Ein so deutlicher Rückgang der Nachfrage kannselbst dann nicht aufgefangen werden, wenn derNeubau komplett eingestellt wird. Dies liegt zumeinen daran, dass der Anteil des Neubaus am Be-stand deutlich unter einem Prozent liegt und zumanderen der Neubau nicht komplett zurückgefah-ren werden kann und soll, weil einzelne Investo-ren und Nachfrager auch dann Neubauten be-vorzugen, wenn es bereits hohen Leerstand gibt.Dies kann sowohl mit persönlichen Präferenzen,etwa bezüglich der Lage- und Ausstattungsquali-tät, als auch mit Status-Entscheidungen zusammen-hängen.

Der Rückgang der Nachfrage bei gleichzeitigerKonstanz des Angebots muss dennoch nicht zueinem Preisverfall führen, auch wenn dies mikro-ökonomisch unmittelbar einsichtig erscheint, dader Preis einer Immobilie durch die Erwartungenüber die weitere Miet- und Zinsentwicklung be-stimmt wird. In diese Erwartungen fließen dabeialle verfügbaren Informationen ein, sodass sie bei

der künftigen Flächennachfrage vermutlich bereitsBestandteil der heutigen Preise sind.

Zusammenhang von Unsicherheiten undPreisenJust (2011) hat in einem ersten Schritt drei unter-schiedliche regionale Bevölkerungsvorausberech-nungen für knapp 100 deutsche Kreisstädte desBBR bzw. der BBSR aus den Jahren 2003, 2006und 2009 verglichen (BBR, 2003; BBR, 2006;BBSR, 2009). Dass regionale Prognosen unsichersind, wurde schon erwähnt, aber darüber hinauszeigt sich ein negativer Zusammenhang zwischender Mietrendite und der Bevölkerungsentwicklung:je stärker der prognostizierte Bevölkerungsrück-gang ist, desto höher fällt die Mietrendite aus. DieMietrendite kann letztlich als ein Maß der Risiko-einschätzung interpretiert werden, da sie angibt,wie schnell Käufer den Kaufpreis über die Miet-einnahmen refinanzieren können. Je höher dieMietrendite, desto höher ist die Risikoprämie, dieInvestoren verlangen. Die Marktakteure habenfolglich das Risiko eines Bevölkerungsschwundsschon heute in ihrer Kalkulation berücksichtigt.

In einem weiteren Schritt wurde der Effekt von Ver-änderungen der Bevölkerungsprognosen und gro-ßen Prognoseunsicherheiten auf die Mietrenditeuntersucht. Dabei kann ein signifikanter Zusam-menhang hergestellt werden. Städte mit einerhohen Prognosespanne weisen eine messbar hö-here Mietrendite aus als solche mit geringer Prog-nosespanne.

Nun könnte vermutet werden, dass beide Zusam-menhänge letztlich dasselbe Phänomen messen.Daher wurden in die Analyse weitere Variablenwie die Kaufkraft oder die Zahl der Wohnungenaufgenommen. Danach ist die Prognosespanne inallen Modellen relevant, die Bevölkerungsprog-nose jedoch nur in zwei von drei Modellen. Der Ef-fekt der Bevölkerungsprognose wird also von an-deren Variablen überlagert, oder sie stellt nureinen unzureichender Indikator für das künftigeFlächenwachstum dar.

Zukünftige Flächennachfrage wirkt sich aufPreise ausPomogajko und Voigtländer (2012) haben in ihrerAnalyse direkt den Zusammenhang zwischen er-

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warteter Flächennachfrage und heutigen Preisenhergestellt und den Effekt der Wohnflächenprog-nose auf die Preise auf unterschiedliche Arten bestimmt. Dabei wurden verschiedene Kontrollva-riablen wie die Kaufkraft, die vergangene Entwick-lung der Mieten und Preise sowie die Bautätigkeitberücksichtigt. Nach der Analyse hat das erwar-tete Flächenwachstum einen signifikanten positi-ven Einfluss auf den heutigen Wohnimmobilien-preis.

Beide Analysen zeigen also, dass Investoren diedemografische Entwicklung bereits in ihrer Zah-lungsbereitschaft berücksichtigen und dabei so-wohl die Unterschiede zwischen der Bevölkerungs-entwicklung und dem Wohnkonsum als auch diePrognoseunsicherheiten beachten. Daher ist ein de-mografisch bedingter Verfall oder Boom der Preisenicht zu erwarten. Allerdings wäre es auch über-eilt zu schlussfolgern, die Demografie habe keinenEinfluss auf die Preise. Schließlich können die heu-tigen Entscheider nur unvollkommen in die Zukunftschauen. Die aktuellen Preise können demnachbestenfalls die heutigen Erwartungen an die Zu-kunft enthalten, nicht aber die tatsächliche Entwick-lung. Das bedeutet, in Städten, in denen die Bevöl-kerungsentwicklung künftig günstiger verläuft als inden aktuellen Vorausberechnungen, wird das heu-tige Preisniveau und das Mietsteigerungspotenzialunterschätzt. Die „echten“ Chancen für Investorenliegen also in Städten, die aktuell unterschätzt wer-den, und die „echten“ Risiken liegen in Städten, dieüberschätzt werden. Die bekannten Risiken sindgrößtenteils in den Preisen enthalten.

Dennoch werden die Investoren weiterhin bevor-zugt in wachsende Städte investieren, weil hier dieLiquidität höher ist. So ist die Wahrscheinlichkeit,in 20 Jahren einen Käufer in einer Metropole zufinden, deutlich höher als in kleineren Städten, un-abhängig von der tatsächlichen Preisfindung.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Untersuchungenist die unterstellte Anpassung der Mieten. Wie dieUntersuchung von Pomogajko und Voigtländerzeigt, unterstellen die Investoren für einige Märktekünftig fallende Mieten. Diese Erwartung erklärtunter anderem die großen Preisunterschiede zwi-schen den Märkten. Tatsächlich sind Mieten je-doch ebenso wie Löhne nach unten rigide, das

heißt, Eigentümer sind in der Regel kaum bereit,die nominalen Mieten zu senken. Dies kann zu ver-mehrtem Leerstand beitragen. Zwar lässt sich Leer-stand bei rückläufiger Nachfrage nur teilweisedurch Mietreduktionen vermeiden, aber immerhinist von einer Teilkompensation auszugehen.

7.4 Handlungsoptionen für schrumpfende Märkte

Externe EffekteIm Gegensatz zu vielen historischen Erfahrungenmit Schrumpfungen, die häufig durch Kriege,Krankheiten oder strukturellen Wandel ausgelöstwaren, findet die Schrumpfung in vielen RegionenDeutschlands erstens schleichend statt und zwei-tens ist sie mit einer deutlichen Verschiebung derAltersstruktur verbunden. Ein schleichender Pro-zess kann dazu führen, dass Anpassungen ver-schleppt werden. Im vorherigen Abschnitt wurdeskizziert, dass Leerstand eine wahrscheinlicheFolge der Schrumpfung ist, da über die Mieten al-lein ein Ausgleich von Angebot und Nachfragekaum erreichbar ist. Leerstehende Gebäude kön-nen Vandalismus und Kriminalität begünstigen underzeugen ein Gefühl der Verwahrlosung, was sichauch auf die Mieteinnahmen und Preise der an-grenzenden Gebäude auswirkt (Eekhoff, 2006).Leerstand ist damit ein typisches Beispiel für einennegativen externen Effekt. Der Abbau des Leer-stands liegt daher nicht nur im Interesse der Eigen-tümer, sondern auch der Gesellschaft.

Doch nicht nur Leerstand verursacht externe Ef-fekte. Der demographische Wandel bringt weitereproblematische Folgewirkungen mit sich. Städtemüssen sich an die Herausforderungen anpassenund dafür sorgen, ihre Attraktivität zu erhalten. Ob-wohl dies augenscheinlich im Interesse aller Bür-ger und Eigentümer ist, ist mit Attentismus zu rech-nen. Dies hängt mit der Kleinteiligkeit des Markteszusammen. Alle Eigentümer profitieren davon, dassStädte durch Parks, gepflegtes Umfeld und sanierteFassaden attraktiver werden. Doch der Einzelnesieht darin oft weniger seinen individuellen Nutzenim Vergleich zu den damit verbundenen Kosten,zumal diese und die Folgewirkungen bei langfristi-gen Aufwertungsprozessen von Quartieren zeitlichauseinander fallen. Wie beim Abriss nicht mehr be-

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nötigter Gebäude behindert dies die Umsetzungentsprechender Aufwertungsmaßnahmen. Mitneuen Programmansätzen (z.B. Eigentümerstand-ortgemeinschaften, Kooperationen im Quartieroder energetische Stadtsanierung) versuchen Bundund Länder, die individuellen Vorteile intakter Quar-tiere an Eigentümer zu vermitteln.

Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der betrof-fenen Städte ist vor allem, dass sie kompakt blei-ben und eine Zersiedlung vermieden wird. Ande-renfalls steigen die Infrastrukturkosten deutlich an.Dies zeigen Beispiele aus strukturschwachen Re-gionen, in denen beispielsweise die Abwasserlei-tungen nicht ausgelastet werden, die Abfallentsor-gung immer teuer wird und auch Schulen nichtmehr ausgelastet werden. So liegen die Wasser-kosten in Ostdeutschland aufgrund schrumpfenderGebietskörperschaften schon heute 30% über denKosten in Westdeutschland (Schleich und Hillen-brand, 2009). Um derartige Probleme zu vermei-den, müssen sich die Städte nach innen entwickeln,und es muss ein Vorrang für die Nutzung der Flä-chenpotenziale in der Stadt gewährt werden.

Hier zeigt sich ein spezifisches Problem der demo-grafisch bedingten Schrumpfung. Städte, die inder Vergangenheit aufgrund externer Zerstörun-gen Bevölkerung verloren haben, konnten relativschnell die Bürger für einen gemeinsamen Wie-deraufbau mobilisieren. Auch Städte, die vomStrukturwandel betroffen sind, zeigen häufig ei-gene Initiativen. Der demografisch bedingteSchrumpfungsprozess ist jedoch erstens ein schlei-chender Prozess und zweitens mit einem deutli-chen Anstieg des Durchschnittsalters verbunden.So kann die Zeit zur Anpassung ungenutzt verstrei-chen, weil der Handlungsdruck nicht groß genugist. Da überdies ältere Eigentümer in der Regel we-niger Investitionen tätigen, unter anderem weil sienicht wissen, ob sich diese noch amortisieren, wirdes schwieriger, den erforderlichen Umbau derStädte allein privatwirtschaftlich zu organisieren.Dennoch gibt es aus zahlreichen Modell- und Pi-lotprojekten ermutigende Beispiele dafür, diesenTrend umzukehren. Maßgeblich für den Erfolg istjedoch oft ein Impuls oder eine Hilfestellung vonaußen.

MaßnahmenWelche Handlungsempfehlungen können auf-grund dieser Ausgangslage abgeleitet werden?Eine zunächst einfache, aber wichtige Empfehlungist es, sich auf den demografischen Wandel ein-zustellen und diesen zu akzeptieren. Auf den ers-ten Blick erscheint dies selbstverständlich, aber dieWirklichkeit sieht oft anders aus. So versuchenviele Städte, die erwartete Schrumpfung durch dieAnwerbung neuer Haushalte und Unternehmenaufzuhalten. Hierzu werden teilweise neue Wohn-gebiete, die vor allem Familien ansprechen sollen,und/oder neue Gewerbegebiete ausgewiesen.Da in vielen Regionen die Bevölkerung zurückgehtund so das Angebot bei fallender Nachfrage er-höht wird, verschärfen sich die Probleme in Formvon hohen Infrastrukturkosten und Leerstand wei-ter. Institutionell wird dieses Verhalten durch denkommunalen Finanzausgleich verstärkt, bei demdie Mittel vor allem nach der Einwohnerzahl ver-geben werden.

Eine weitere wichtige Handlungsempfehlung istder Verzicht auf überdimensionierte Ausweisun-gen neuer Baugebiete in der Peripherie. Stattdes-sen müssen sich die Planung und die daraus resul-tierenden Aktivitäten auf die Innenentwicklungfokussieren.

Unter Schrumpfungsbedingungen ist es besonderswichtig, die kommunale Planung durch effektiveüberregionale Planung und Entwicklungsstrategienzu begleiten, die sowohl die Flächenausweisungals auch die Infrastrukturentwicklung koordinierenund steuern. Eine dezentrale Planung ist ein we-sentlicher Vorteil, weil das Flächenangebot schnel-ler an die Nachfrage angepasst werden kann undso Preissprünge vermieden werden können. Fürden Fall der Schrumpfung ist der damit gesteckteWettbewerbsrahmen eher problematisch, wennKommunen versuchen, durch weitere Bauland-ausweisungen Bevölkerung in einer insgesamtschrumpfenden Region anzuziehen und sich ge-genseitig „kannibalisieren“. In solchen Regionen istes zudem ökonomisch sinnvoll, dass Kommunen beider Bereitstellung von Infrastrukturen und öffentli-chen Dienstleistungen wie Schulen, Schwimmbä-dern, medizinischen Einrichtungen oder ÖPNV-Angeboten kooperieren. Hierfür bietet die inter-kommunale Zusammenarbeit verschiedene Mög-

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lichkeiten, z.B. durch Zweckverbände. Auch Kom-munalreformen, bei denen Städte, Gemeindenund/oder Landkreise zusammengelegt werden,schaffen die Voraussetzung für eine effizientere Da-seinsvorsorge. Dies ist vor allem in einigen ostdeut-schen Bundesländern in den letzten Jahren erfolgt.Schließlich kann eine konsequente überregionalePlanung auch frühzeitig die Weichen für eine not-wendige Stärkung einzelner Zentren und für eineAnpassung von Zentralitätsstufen stellen. Zwar exis-tiert auch heute schon eine überregionale Planung,die diese Aspekte in vielen Fällen auch aktiv auf-greift. Jedoch müsste diese noch konsequenter be-trieben und umgesetzt werden. Innerhalb der Kom-munen kommt es vor allem darauf an, einemöglichst hohe Verdichtung zu erreichen, Leer-stand zu vermeiden und Kosten der Infrastruktur ge-ring zu halten. Dafür ist es entscheidend, dass Be-wohner Anreize haben, von peripher besiedeltenBereichen an zentralere, kompakte Standorte zuziehen, an denen die Infrastruktur effizient und kos-tengünstiger bereitgestellt werden kann. Denn dietatsächlichen Kosten sind von der Zahl der lokalenNutzer abhängig. Derzeit bestehen jedoch dazukeine direkten Anreize, da die Kosten, z.B. für Mül-lentsorgung oder Strombereitstellung, innerhalbeiner Kommune nicht differenziert werden. Ausrechtlichen Gründen ist eine differenzierte Belas-tung der Haushalte mit den tatsächlichen Infrastrukt-urkosten auch nicht zulässig.

Dennoch wird vielerorts Leerstand nicht zu vermei-den sein. Dann ist der gezielte Abriss eine Mög-lichkeit zur Wiederherstellung des Marktgleichge-wichtes. Mit den Stadtumbauprogrammen Ostund West stehen solche Instrumente zur Verfü-gung. Seit 2002 wurden allein mit dem ProgrammStadtumbau Ost über 300.000 Wohnungen ab-gerissen.

Viele Städte und Regionen sind darauf angewie-sen, dass Anreize von außen gesetzt werden, z.B.für städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen. Dazuwerden von Bund und Ländern bereits viele wich-tige Maßnahmen und Modellprojekte durchge-führt. Neben den Stadtumbauprogrammen sindauch das Programm „Soziale Stadt“ und verschie-dene andere Programme der Städtebauförderungzu nennen. Allerdings wird die Leerstandproble-matik aufgrund der erst einsetzenden bundeswei-

ten Schrumpfung an Bedeutung gewinnen, sodassfraglich ist, ob Förderprogramme dauerhaft finan-zierbar sind. Umso wichtiger ist es daher, Anreizefür privates Engagement zu setzen und Fehlan-reize, wie bei der Infrastrukturfinanzierung, zu ver-meiden.

Nicht zu vernachlässigen sind auch die kreativenIdeen, die von Bürgern und Unternehmen entwi-ckelt werden. So ist es denkbar, Ideenwettbe-werbe zum Umgang mit Leerstand und Brachflä-chen auszuloben sowie den Interessentenkostengünstig Flächen zu überlassen, sofern trag-fähige und dem Gemeinwohl dienende Nutzungs-konzepte entwickelt werden (Willinger, 2005).Solche Maßnahmen werden bereits teilweise um-gesetzt und können eine sinnvolle Ergänzung zuanderen Programmen sein.

Im Rahmen dieses Gutachtens kann und soll keineintensive Diskussion möglicher Instrumente geführtwerden. Der demografische Wandel erfordert je-doch in den Schrumpfungsregionen schwierigeEntscheidungen und einschneidende Veränderun-gen. Diese Entwicklung wird in den betroffenenRegionen und Städten kontroverse Diskussionenherbeiführen. Besonders die grundgesetzliche For-derung nach einer Gleichwertigkeit der Lebens-verhältnisse wird dabei im Fokus stehen. Mit demAbbau der Infrastruktur ist die Gleichwertigkeit derLebensverhältnisse faktisch nicht mehr gegeben.Die Alternative, der Erhalt aller bisherigen Leistun-gen, würde die Gesellschaft überbelasten. Durchinterkommunale Kooperation und effizientere, ar-beitsteilige Nutzung der Infrastruktur lässt sich dementgegenwirken. Im Rahmen des Städtebauförde-rungsprogramms „Kleine Städte und Gemeinden“werden entsprechende Konzepte gefördert.

Die Immobilienwirtschaft ist in diesen Prozess in-volviert, kann ihn aber nur indirekt steuern. Wich-tig wird der offene Austausch und Diskurs mit derlokalen, regionalen und nationalen Politik sein.Nur gemeinsam sind Lösungen möglich, die zumVorteil beider Seiten die Attraktivität der Städte er-halten.

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7.5 Herausforderungen einer alternden Bevölkerung

Während Leerstand und Schrumpfung nur einenTeil der Regionen in Deutschland betreffen stelltdie Alterung der Bevölkerung den gesamten Im-mobilienmarkt vor eine Herausforderung. Dabeilässt sich der Alterungsprozess wesentlich verläss-licher prognostizieren als der Schrumpfungspro-zess, da die Zahl der Hochbetagten weitgehendunabhängig von den Migrationsströmen steigenwird. So wird sich die Zahl der in Deutschland le-benden älteren Menschen über 65 Jahre in dennächsten 30 Jahren von knapp 17 Mio. auf rund24 Mio. erhöhen, die der Menschen über 80Jahre von 4,4 Mio. auf etwa 8 Mio. verdoppeln.Diese Verschiebung hat wichtige Implikationen ins-besondere für die Wohnungsmärkte und die Woh-nungspolitik.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts fürdas Jahr 2009 lebten 97% aus der Gruppe derüber 65-Jährigen und 93% der über 85-Jährigenim eigenen Haushalt. Zwei Drittel der 2,5 Mio.Pflegebedürftigen werden heute zu Hause ver-sorgt. Umfragen bei Älteren und Pflegebedürfti-gen kommen regelmäßig zu dem Ergebnis, dassder Verbleib im heimischen Umfeld hohe Prioritäthat. Zudem ergeben sich über Kosteneinsparpo-tenziale für Kommunen und Sozialkassen auch ge-samtwirtschaftliche ökonomische Vorteile, wennunterstützungs- und pflegebedürftige Menschenlänger in ihrer bisherigen Wohnung oder im an-gestammten Quartier verbleiben können.

Da der Anteil der Pflegebedürftigen an der Ge-samtbevölkerung steigt, stellt sich die Frage, obder deutsche Wohnungsbestand auf diese struktu-rellen Verschiebungen vorbereitet ist.

Es fehlen 2,5 Mio. barrierearme WohnungenViele Senioren leben in Wohnungen mit zum Teilerheblichen Zugangsbarrieren (Überwinden vonStufen, fehlende Aufzüge) und/oder Barrieren inden Wohnungen (fehlende Treppenlifte, geringeTürbreiten, keine ausreichende Bewegungsfreiheitoder fehlende Haltevorrichtungen in Bad undKüche). Nach einer Umfrage des KDA im Auftragdes BMVBS (BMVBS/KDA, 2011) lebten lediglichgut 5% der befragten Seniorenhaushalte in Woh-

nungen ohne erhebliche Barrieren. Nur rund570.000 Wohnungen gelten in Deutschland da-nach als barrierearm. Für mehr als jeden zehntenHaushalt wurden die Barrieren als „extrem“ bewer-tet. Für solche Haushalte entscheiden nur kleineVerschlechterungen in der körperlichen Konstitutiondarüber, ob sie weiterhin in dieser Wohnung lebenkönnen. Hinzu kommen Barrieren im Wohnumfeld.Diese können Straßenquerungen, hohe Bordstein-kanten oder Bahnübergänge, Straßenbahnen mitsehr hohem Einstieg oder ähnliches sein.

Eine Studie des BSSR sowie der Kommission„Wohnen im Alter“ des Deutschen Verbandesschätzen, dass bereits derzeit für rund 2,5 Mio.Haushalte Umbaumaßnahmen notwendig sind.Bis 2020 werden es bis zu 3 Mio. Wohnungensein. Das kurzfristige Investitionsvolumen wird aufrund 39 Mrd. Euro beziffert, also etwa 16.000Euro je Haushalt. Dieser Mittelwert liegt weit ober-halb dessen, was von den meisten der befragtenEigentümerhaushalte als freiwillige eigene Investi-tionsleistung tragbar wäre. Ein Drittel der befrag-ten Haushalte hält maximal 2.500 Euro für dar-stellbar, jeder zehnte Haushalt sieht sich nicht inder Lage, Umbaumaßnahmen zu finanzieren. Beiden Mieterhaushalten ist sogar jeder fünfte Haus-halt nicht in der Lage, aus eigener Kraft eine (Teil-)finanzierung eines Umbaus zu leisten. Rechnetman von dem Gesamtvolumen von 39 Mrd. Eurojene Investitionen ab, die im Zuge anstehenderModernisierungen sowieso notwendig würden,bleibt ein Investitionsvolumen von 18 Mrd. Eurofür den altersbedingten Umbau. Der mittelfristigeInvestitionsbedarf liegt aufgrund weiter steigenderSeniorenzahlen noch deutlich höher.

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Zahl der be-troffenenHaushalte

Investitions-volumen

Barrieren imInnenbereich

1,24 Mio.Haushalte

16 Mrd. EUR

Verbesse-rung des Zugang

0,1 Mio.Haushalte

0,6 Mrd. EUR

Barriereninnen undaußen

1,14 Mio.Haushalte

22 Mrd. EURQuelle: BMVBS/BBSR 2011

Tabelle 7.1: Investitionsschät-zung für barriere-arme Wohnungenin Deutschland

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Fünf wohnungspolitische HerausforderungenAus diesen Abschätzungen lassen sich fünf woh-nungspolitische Herausforderungen ableiten.

Erstens sind öffentliche Anreize für Umbaumaß-nahmen weiterhin notwendig, auch präventiv be-reits vor Eintreten der körperlichen Beeinträchti-gung. Dies folgt aus einer verteilungs- undsozialpolitischen Notwendigkeit. Natürlich giltauch hier das Subsidiaritätsprinzip: Zunächst sindältere Menschen für sich selbst verantwortlich, denWohnungsumbau zu organisieren und zu finan-zieren. Dies gilt insbesondere für Wohneigentü-mer. Der Staat muss allerdings überall dort unter-stützen, wo es Menschen aus der eigenenfinanziellen Kraft nicht möglich ist, solch eine In-vestition zu tätigen. Darüber hinaus kann es oftbudgetär sinnvoll sein, einen Umbau zu fördern.Veranschlagt man die jährlichen Mehrkosten zwi-schen stationärer und ambulanten Pflege auf7.200 Euro, so würde sich eine Investition in einebarrierearme Wohnung in oben genannten Um-fang von 16.000 Euro bereits nach gut zwei Jah-ren rechnen, wenn durch die Umbaumaßnahmeder Pflegebedürftige in seinem Wohnumfeld blei-ben kann (Pestel Institut, 2013).

Es gibt nicht nur ein berechtigtes Interesse, dassMenschen möglichst lange in ihrem sozialen Um-feld und in ihrer eigenen Wohnung leben, sondernder Abbau von Barrieren in der Wohnung ist häu-fig kostengünstiger als ein Umzug in ein Pflege-oder Seniorenheim. Jenseits der oben genanntenMaßnahmen zur Reduktion von Barrieren könnteauch der stärkere Rückgriff auf technische Assis-tenzsysteme und Telemedizin eine größere Rollespielen – doch auch dies erfordert Investitionen.Sowohl aus finanziellen als auch aus sozialenGründen sollte der Umzug in Pflegeeinrichtungennicht die dominante Strategie sein. Es gilt derGrundsatz ambulant vor stationär.

Pflegeversicherungsleistungen könnten in Zukunftstärker für Umbaumaßnahmen genutzt werden –und zwar dort, wo eine bauliche Veränderungakut notwendig wird. So sollte der seit 1996 nichtangehobene Zuschuss der Pflegeversicherung von2.557 Euro nach § 40 SGB XI für bauliche Maß-nahmen und technische Hilfen in der Wohnungdes Pflegebedürftigen erhöht werden. Eine allei-

nige Fortführung des bestehenden KfW-Pro-gramms „Altersgerecht Umbauen“ (aktuell nur inder Darlehensvariante) reicht nicht aus. Es ist viel-mehr geboten, ein klares bundespolitisches Be-kenntnis zur weiteren Förderung von altersgerech-ten Umbauten abzugeben und – wie bis 2011 –eine verlässliche Zusage über einen Zuschuss imRahmen des KfW-Programms abzugeben für die-jenigen älteren Menschen, die keine Darlehenmehr erhalten oder sich nicht mehr verschuldenwollen. Die von 2009 bis 2011 gewährten Bun-desmittel in Höhe von 100 Mio. Euro können alsOrientierung gelten, sind aber eher eine Unter-grenze angesichts der notwendigen Umbaumaß-nahmen im Bestand. Das Pestel Institut veran-schlagt das öffentliche Fördervolumen für einenZeitraum von acht Jahren auf gut 500 Mio. Europro Jahr, um den Investitionsstau aufzulösen (Pes-tel Institut, 2013).

Alle diese Förderprogramme können immer nurein Anreiz sein, um privates Kapital zu mobilisie-ren. Dennoch ist die Wirkung nicht zu unterschät-zen, da jeder Förder-Euro acht zusätzliche privateEuro mobilisiert. Insofern werden auch private Ka-pitalsammelstellen wie Bausparkassen eine wich-tige Rolle spielen, um den Investitionsbedarf zu de-cken. In diesem Zusammenhang ist es zielführend,wenn das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz(AltvVerbG) den „Wohn-Riester“ dahingehend ver-bessert, dass ab Anfang 2014 die Kapitalent-nahme für altersgerechte Umbauten möglich wird,wenn die DIN 18040 Teil 2 oder zumindest dietechnischen Mindestanforderungen der KfW ein-gehalten werden. So lässt sich möglicher zukünf-tiger Bedarf frühzeitig durch private Vorsorge (in-klusiver der öffentlichen Förderungskomponente)adressieren. Allerdings sind angesichts des umfangreichen Bedarfs an altersgerechten Um-baumaßnahmen weiterhin verschiedene Förder-strategien parallel erforderlich. Das Altersvorsor-geverbesserungsgesetz ist daher keinesfalls alsErsatz für ein gut ausgestattetes KfW-Programm zuwerten, da es nur einen begrenzten Adressaten-kreis erreicht und ältere Menschen in der Regelkeine Riester-Verträge mehr abschließen.

Zweitens sind die Herausforderungen regional un-einheitlich. Zwar wird der Anteil hochbetagterMenschen in allen Regionen Deutschlands stark

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zunehmen, doch die damit verbundenen Heraus-forderungen sind aus drei Gründen regional un-einheitlich: Erstens nimmt die Zahl hochbetagterMenschen nicht überall gleichmäßig zu – wederabsolut noch relativ. Zweitens gibt es insbesonderein den neuen Bundesländern einen deutlich grö-ßeren Anteil an Mehrfamilienhäusern und an äl-teren Gebäuden. Drittens sind die finanziellen Belastungsgrenzen von Haushalten in Fortzugsre-gionen aufgrund der ungünstigen Arbeitsmarkt-lage eher erreicht als in den prosperierenden Zu-zugsregionen. Für die wirtschaftsschwachenRegionen ließe sich die Sorge ableiten, dass sichselbst durch die KfW-Förderung oder umfangrei-chere Landesförderprogramme eine Investition inbarrierearme Bestandsimmobilien aufgrund derniedrigen Marktmieten nicht trägt. Hiermit sindfolglich zwei Forderungen zu verbinden. Zumeinen bedarf es einer besseren Erfassung des re-gionalen Bedarfs und des regionalen Angebotsan barrierearmen Wohnungen. Zum anderenwürde es – falls die Sorge sich als gerechtfertigterweist – für die wirtschaftsschwachen Haushalteeines Fördermechanismus bedürfen, der verhin-dert, dass der Umbau zu barrierearmen Wohnun-gen allein in jenen Regionen geschieht, in denenes sich ökonomisch darstellen lässt.

Drittens sind viele barrierearme Bauten nicht nurfür ältere oder körperlich eingeschränkte Men-schen wichtig. Auch für Familien mit Kleinkindernist der Zugang über Treppen mit Kinderwagen be-schwerlich. Im Neubau lassen sich viele Maßnah-men frühzeitig planen, um einen späteren Umbauzu vermeiden. Das reduziert die Lebenszykluskos-ten der Immobilie. Diese Maßnahmen greifen na-turgemäß erst langfristig, da Neubauten jedesJahr weniger als 1% des gesamten Wohnungsbe-stands ausmachen. Gleichwohl würde diese Flan-kierung das Bestandsproblem mittelfristig entlas-ten. Der Bericht des BMVBS „Wohnen im Alter“kommt für den Neubau zu dem Ergebnis, dassdurch die vorhandenen Regelungen in den Lan-desbauordnungen nur ein geringer Teil der „nor-malen“ Wohnungen barrierefrei gestaltet werdenkann. Da es für den Umbau von Wohnungen bis-lang keine verbindlichen Mindeststandards gibt,wäre es wünschenswert, für den Bestand eineklare Definition von barriere-reduzierenden Maß-nahmen festzulegen, die als Fördervoraussetzun-

gen gelten. Die DIN 18040-2 oder die techni-schen Mindestanforderung des KfW-Programms„Altersgerecht Umbauen“, die sich an dem Ent-wurf zur DIN 18040 orientieren, bieten gute Vo-raussetzungen.

Viertens bedarf es umfangreicher Informationenaller Akteure. Das betrifft sowohl die Wohnungs-nutzer als auch die -anbieter. Ziel dieser Informa-tion könnte für Selbstnutzer sein, bereits bei Kaufbzw. Neubau der Wohnung über mögliche Barrie-ren informiert zu werden. Diese Informationen kön-nen helfen, den Marktwert einer Immobilie in derZukunft oder mögliche künftige Umbauinvestitio-nen besser einzuschätzen. Eine einfache Maß-nahme könnte sein, für Bauherrn die Lektüre einerBroschüre zum Thema barrierearmes Wohnen in-klusive einer Schätzung möglicher Investitionskos-ten anzubieten. Die Merkblätter der KfW bieteneinen guten Überblick über das Programm sowiedie technischen Anforderungen an die Förderfä-higkeit, jedoch könnten diese Informationen er-gänzt werden durch Beispielkostenrechnungenvon Umbaumaßnahmen und vor allem eine Dar-stellung der Alternativen. Dann würde für den In-vestor höhere Transparenz dahingehend entste-hen, ob sich die Maßnahme lohnt.

Für die Anbieter wäre es hilfreich, wenn es eineInformationsplattform für „best practice“-Beispielegäbe, also eine Sammlung von Lösungen für ver-schiedene Umbaumaßnahmen. Dies ließe sichdurch Online-Plattformen kostengünstig und dyna-misch erreichen. Sie müssten allerdings moderiertwerden, um das Entstehen einer rein werblichenPlattform zu vermeiden. Bei solchen Lernplattfor-men wäre es ebenfalls wünschenswert, wenn sieum eine regionale Komponente ergänzt werdenkönnten, die helfen soll, die Pläne innerhalb einerRegion insbesondere für Pflegeimmobilien (nichtnur in öffentlicher Trägerschaft) zu koordinieren.

Fünftens hört barrierearmes Wohnen nicht an derWohnungstür auf, sondern muss auf das Wohnum-feld und das Quartier ausgeweitet werden, damitMenschen mit Bewegungseinschränkung mög-lichst viele Dinge selbstständig erledigen können.Dabei geht es beispielsweise um die Erreichbar-keit von Geschäften, medizinischer Versorgungoder den Zugang zu sozialen und kulturellen Ein-

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richtungen. Seit 2012 werden von der KfW hierzudie Programme „Barrierearme Stadt“ für Kommu-nen und kommunale Unternehmen angeboten.Barrierearme Quartiere helfen im Gegenzug, dasVolumen an Pflege- und sonstigen Dienstleistungenfür ältere Menschen, die in ihren eigenen Woh-nungen möglichst lange bleiben möchten, zu re-duzieren. Hierbei wäre bereits ein wichtiger Schrittgetan, wenn klare und verbindliche Anforderun-gen an barrierearme Quartiere erstellt würden.Zurzeit läuft das Einspruchsverfahren für die DIN18040-3, in der Barrierefreiheit im öffentlichenVerkehrs- und Freiraum geregelt werden soll. An-bieter barrierearmer Wohnungen könnten mitsolch einer zusätzlichen Information Werbung be-treiben. Dies könnte einen Nachahmungsprozessin Gang setzen.

In vielen Fällen kann man zum Bewältigen dieserHerausforderungen auf bestehenden Maßnahmenaufbauen. So gibt es mit der Musterbauordnungseit Jahren ein bestehendes Raster zur Definitionmöglicher Förderprogramme der Länder. Auch dasKfW-Zuschussprogramm ließe sich in der früherenGestalt wieder aktivieren, zudem könnten die Er-gebnisse der unterschiedlichen Wohnraumförder-programme zu einer „best practice“ mit Blick aufBarrierearmut ausgewertet werden.

7.6 Fazit

Der demografische Wandel stellt die Immobilien-wirtschaft und die Gesellschaft vor erhebliche He-rausforderungen. Allerdings gibt es keinen Grundfür Schreckensszenarien. Die Wohnflächennach-frage bleibt bis etwa 2030 auf einem stabilen Ni-veau und wird erst danach voraussichtlich sinken.In Schrumpfungsregionen ist von keinem drasti-schen Preisverfall auszugehen, da der demografi-

sche Wandel bereits Bestandteil der heutigenPreise ist. Umgekehrt müssen Investitionen in wach-sende Märkte nicht automatisch mit Renditevortei-len verbunden sein.

Eine wichtige Herausforderung stellt der Abbaubzw. die Vermeidung von Leerstand dar. Es musseine der wesentlichen Aufgaben der Städtebau-und Stadtentwicklungspolitik sein, schrumpfendeStädte und Kommunen kompakt zu halten und Zer-siedlungen zu vermeiden. Gelingt dies, können diebetroffenen Städte attraktiv bleiben. Ansätze fürPolitikmaßnahmen wurden skizziert, doch dasWichtigste ist, den demografischen Wandel anzu-nehmen und zu akzeptieren, weil nur dann Immo-bilienwirtschaft und Politik gemeinsam Lösungenentwickeln können.

Die zweite wichtige Herausforderung sind die Al-terung der Bevölkerung und die damit verbunde-nen Veränderungen der Nachfrage. Bislang stelltBarrierearmut im Bestand eine Ausnahme dar. An-gesichts einer stetig steigenden Zahl älterer Men-schen ist es notwendig, den Bestand sukzessive andie Erfordernisse der älteren Generation anzupas-sen. Da die Betroffenen nur zum Teil den Umbaufinanzieren können und die Alternative – ein gra-vierender Anstieg von stationären Pflegeplätzen– weder gewollt noch finanzierbar ist, muss derStaat über Förderprogramme mehr Anreize fürden Umbau des Bestands setzen.

Der demografische Wandel stellt die Märkte voreine große Aufgabe. Umso eher Politik und Immo-bilienwirtschaft gemeinsam nach Lösungen suchenund dabei auch bereit sind, unorthodoxe Wege zugehen, umso schneller wird es gelingen, diese He-rausforderungen zu meistern. Dies wird helfen, dieAnpassungslasten für Immobilienmarktakteure, vorallem aber für die Wohnungsnutzer zu mindern.

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8.Wirkungsketten politischer Maßnahmen

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DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

Zusammenfassung

Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die Folgen unerwünschter und gesamtwirtschaftlich schädlicher Ausweichreaktionen, die manche wirtschaftspolitische Maßnahme hervorrufen kann.Insbesondere bei Steuern können mit Hilfe der Inzidenzanalyse Ausweichreaktionen abgeleitet werden. So ist in der Regel leicht zu erfassen, wer eine Steuer zahlt. Wer die Steuerlast letztlich trägt, ist jedoch deutlich schwieriger zu beantworten. Man unterscheidet daher zwischen der formalen und der effekti-ven Inzidenz. Im Fall der Grunderwerbsteuer lässt sich zeigen, dass eine solche Steuer je nach Markt-konstellation eher die Käufer oder Verkäufer belastet, stets aber zu einer Reduktion der Transaktionen führt. Eine Steuer auf Grund und Boden wird als eine der Steuern bewertet, die nur wenige Ausweichreaktio-nen induziert und die somit als sehr effizient gilt. Allerdings kann es je nach Wahl der Bemessungsgrund-lage auch hier Ausweichreaktionen geben. Die Grundsteuer macht aber deutlich, dass auch Verteilungs-wirkungen von Reformen beachtet werden müssen.Anhand der steuerlichen Behandlung von Eigenheimen und vermieteten Immobilien lassen sich die Rück-wirkungen von Besteuerungen auf andere Märkte gut darstellen. Tendenziell führt eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für den Mietwohnungsbau zu einer höheren Mieterquote, während eine Verschlechterung der Investitionsbedingungen für den Mietwohnungsbau das Wohneigentum be-günstigt. Zusätzlich muss betrachtet werden, dass es nicht nur die Wahl zwischen vermieteten und selbst-genutzten Wohneigentum gibt, sondern auch zwischen Wohneigentum und alternativen Anlagen, z.B. im Sinne der Altersvorsorge. Eine der wichtigsten Regulierungen im Wohnungsmarkt betrifft die Mietpreisgestaltung bzw. die Mietpreis-begrenzung. Eine zu restriktive Mietendeckelung insbesondere bei Neuverträgen kann zu einem Ange-botsrückgang bei gleichzeitig auftretendem Nachfrageüberschuss führen und so die Wohnmarktsituation zusätzlich belasten. Diverse historische Beispiele zeigen, welche weitreichenden Folgen eine Regulie-rung der Mieten haben kann.

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8.1 Einleitung

Es gibt vielfältige Eingriffe in den Wohnungsmarkt,die teilweise zum Schutz bestimmter Gruppen, zurGenerierung von Staatseinnahmen oder zur Ver-meidung von unerwünschten Marktentwicklungengetätigt werden. Oftmals gibt es dabei uninten-dierte Wirkungen oder aber Belastungen vonGruppen, die eigentlich unterstützt werden sollen.In diesem Kapitel werden exemplarisch vier Regu-lierungsbeispiele dargestellt, die teilweise mit ge-samtwirtschaftlich problematischen Reaktionen derMarktakteure einhergehen. Die Darstellung kon-zentriert sich bewusst auf die unbeabsichtigtenAusweichreaktionen und gesamtwirtschaftlichenFolgen und beansprucht keine vollständige Diskus-sion der verschiedenen Politikmaßnahmen oderder Wohnungspolitik. Vielmehr geht es um eineSensibilisierung für die vielfach unterschätzten Aus-wirkungen von Eingriffen in die relativen Preiseoder den Marktmechanismus. Zunächst wird dieWirkung von Steuern anhand eines vereinfachtenModells der Grunderwerbsteuer aufgezeigt, ehedie Besteuerung von Grund und Boden und desWohneigentums diskutiert werden. Schließlichfolgt eine Analyse der Folgen einer Mietenregu-lierung. Das Kapitel endet mit einigen Schlussfol-gerungen zur Gestaltung von wirtschaftspoliti-schen Maßnahmen.

8.2 Reaktionen auf wohnungs-politische Maßnahmen

Im Folgenden wird anhand einiger Beispiele ge-zeigt, wie staatliche Maßnahmen wirken und wel-che unerwünschten Reaktionen dabei hervorgeru-fen werden können. Im Fokus stehen dabeiinsbesondere Steuern. In einigen Fällen sollenSteuern bewusst Lenkungswirkungen entfalten, wiedie Mineralölsteuer, die zur Vermeidung von Koh-lendioxid-Emissionen beitragen soll. In der Regeldienen Steuern aber vor allem der Einnahmeer-zielung und der Umverteilung. Aus Sicht der Volks-wirtschaftslehre sollen jedoch die Wirtschafts-pläne der Unternehmen und Haushalte möglichstnicht verändert werden, weil Ausweichreaktionendazu führen, dass die Ressourcen in der Volkswirt-schaft nicht mehr bestmöglich genutzt werden kön-nen. Wenn eine Steuer keinen Einfluss auf die Ent-

scheidung von Wirtschaftssubjekten hat und Haus-halte ihr Verhalten aufgrund der Besteuerung nichtändern, wird von steuerlicher Neutralität gespro-chen. Tatsächlich ist dies nur bei sehr wenigenSteuerarten gegeben.

Auf jeden Fall sollte darauf geachtet werden, dassdie Ausweichreaktionen minimiert werden, um wirt-schaftlich sinnvolle Entscheidungen nicht zu unter-binden. Ein anschauliches Beispiel für den Einflussund die verzerrende Wirkung einer Steuer auf dasVerhalten der Konsumenten ist die Fenstersteuer.Vom 17. bis 19. Jahrhundert waren Hauseigentü-mer in Großbritannien dazu verpflichtet, eineSteuer gemäß der Anzahl der Fenster in einem Ge-bäude zu entrichten. Nachdem diese Steuer immerweiter erhöht wurde, begannen die Eigentümer kur-zerhand ihre Fenster zuzumauern. Da diese Fens-ter von der Steuer ausgenommen waren, umgin-gen die Besitzer so die Fenstersteuer. Die Folgewaren wenig attraktive Städte, die letztlich auchdie Allgemeinheit belastet haben. Dieses Beispielverdeutlicht, welche Wirkung eine Steuer auf dasVerhalten von Akteuren haben kann.

Wer eine Steuer an den Staat abführt, ist in derRegel eine relativ leicht zu klärende Frage; wer sieletztlich wirtschaftlich trägt, dagegen eine schwie-rige. Man unterscheidet daher zwischen der for-malen und der effektiven Inzidenz. Die formale In-zidenz beschreibt, wer die Steuer an den Staatabführt, während die effektive Inzidenz erklärt, aufwem die Steuer lastet und wer sie wirtschaftlichträgt. Unter einer ungleich verteilten effektiven In-zidenz wird eine Überwälzung verstanden, durchdie die steuerliche Last vom eigentlichen Steuer-zahler auf einen Dritten übertragen wird. DieSteuerinzidenz versucht daher zu ergründen, werdie eigentliche Last einer Steuer trägt und ob eineÜberwälzung auf den Anbieter oder den Nach-frager stattgefunden hat (vgl. Blankart, 2011).

8.2.1 Grunderwerbsteuer

Am Beispiel der Grunderwerbsteuer kann die steu-erliche Inzidenz besonders gut analysiert werden.Die Grunderwerbsteuer (GrESt) fällt beim Erwerbeines Grundstücks an. Der Steuersatz beträgt der-zeit je nach Bundesland zwischen 3,5% und 5,5%

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der Bemessungsgrundlage. Seit der Föderalismus-reform 2006 können die Bundesländer den Steu-ersatz autonom festlegen. Die meisten Länderhaben eine Erhöhung der Grunderwerbsteuersätzedurchgeführt, weitere Länder haben eine solcheangekündigt. Deswegen steht die Grunderwerb-steuer im besonderen Fokus. Grundlage für die Er-hebung ist das Grunderwerbsteuergesetz (GrESt),welches unter anderem die Bemessungsgrundlagedefiniert. Es knüpft als Verkehrsteuer an Kaufver-träge und Rechtsgeschäfte an. Weiterhin sind nach§ 13 Nr. 1 GrEStG beide Vertragsparteien – alsoVerkäufer und Erwerber – Steuerschuldner. Aller-dings wird meist vereinbart, dass der Erwerber dieGrunderwerbsteuer zu tragen hat.

Betrachtet wird im Folgenden die Inzidenz dieserSteuer (Quelle: IW Köln, eigene Darstellung 8.1),wobei als Vorbereitung auf die weiteren Kapiteldie Darstellung besonders ausführlich ausfällt.

Angenommen, auf dem Grundstücksmarkt wirddie Grunderwerbsteuer mit einem bestimmtenSteuersatz erhoben. Das Angebot (dunkelblaueLinie) und die Nachfrage (hellblaue Linie) vonGrundstücksfläche bestimmen das Marktgleichge-wicht. Dort, wo sich Angebot und Nachfrageschneiden (Punkt A), befindet sich das Markt-gleichgewicht, und eine Menge von q1 wird zumPreis von p1 am Grundstücksmarkt gehandelt.Wenn der Staat die Grunderwerbsteuer erhöht,ändert sich die Situation am Markt. Je nachdem,wie stark der Steuersatz erhöht wurde, fallen dieEffekte unterschiedlich stark in ihrer Wirkung aus.Abhängig davon, welche Seite des Marktes – derAnbieter oder der Nachfrager bzw. der Käuferoder der Verkäufer 32 – die Steuer zahlen muss,verändern sich die Marktgegebenheiten.

Ausgehend vom schematischen Beispiel, bei der inder Regel der Käufer vertraglich dazu verpflichtet

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Quelle: IW Köln, eigeneDarstellung

Abbildung 8.1:Steuerliche Inzi-denz am Beispielder Grunderwerb-steuer

32 Im Falle der Grunderwerbsteuer sind Verkäufer und Käufer gemeinsam Steuerschuldner. In der Regel wird allerdings vertraglich vereinbart, dass der Käufer die Steuerzahllast übernimmt (RWI, 2012, S. 25). Um das vorrangige Ziel der Verdeutlichung der Steuerinzidenz zu bewahren, ist das Beispiel der Grunderwerbsteuer bewusst aus didaktischen und darstellerischen Gründen vereinfacht und erhebt daher keinen Anspruch auf eine detailgetreue Abbildung der real ablaufenden Prozesse. Trotz dieser Vereinfachung sind die Wirkungen der tatsächlichen Grunderwerbsteuer faktisch gleich.

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wird, die Steuer zu entrichten, verschiebt sich dieNachfrage nach unten und wird zudem steiler (roteGerade). Jetzt ist die Nachfrage nur noch bereit,den Preis p2 für die gleiche Menge von q1 zu zah-len (Punkt B). Im Vergleich zum ursprünglichenMarktgleichgewicht besteht nun ein Angebotsüber-schuss: Die Verkäufer sind bereit, die Menge q1zu verkaufen, die Käufer sind aufgrund der zusätz-lichen Steuerlast allerdings nur noch bereit, q2 zumPreis p1 zu erstehen (Punkt C). Wenn das Ange-bot nicht über die Menge angepasst werden kann,müssen die Verkäufer ihre Preise senken, um dasÜberangebot am Markt zu veräußern, sodass sichdas neue Marktgleichgewicht mit einem niedrige-ren Preis p3 und einer geringer gehandeltenMenge q3 ergibt (Punkt D). Der Nettopreis ist nunum die Differenz p1 – p3 geringer, beinhaltet aller-dings noch nicht die Steuerabgabe im Vergleichzur Situation vor der Einführung der Grunderwerb-steuer. Der Nachfrager, also der Käufer, muss dem-nach zusätzlich eine Steuer in Höhe der Differenzp4 – p3 leisten und so letzten Endes den Preis p4zahlen. Die Zahl der Transaktionen und damit dasVolumen insgesamt sind im Markt durch die Einfüh-rung der Steuer somit gesunken.

Die in diesem Beispiel zu zahlende wirtschaftlicheLast der Grunderwerbsteuer verteilt sich unter-schiedlich auf die Angebots- und auf die Nachfra-geseite. Die formale Inzidenz trägt der Käufer, derpro Quadratmeter eine höhere Steuer in Höhe vonp4 – p3 entrichten muss. Durch den niedrigerenNettopreis wurde ein Teil der Steuer aber auf denVerkäufer überwälzt. Damit ist für die effektive In-zidenz irrelevant, auf welcher Seite des Marktesdie Steuer erhoben wird.

Ob ein Akteur die Steuer wirklich überwälzenkann, hängt wesentlich von der Elastizität des An-gebots und der Nachfrage ab, d.h. ob in Reak-tion auf eine Preisänderung – in diesem Fall durchdie erhöhte Grunderwerbsteuer – der Anbieteroder der Nachfrager die angebotene bzw. nach-gefragte Menge stärker verändert. Je elastischereine Seite ist, desto sensibler und stärker reagiertsie auf sich ändernde Preise und trägt einen gerin-geren Teil der Steuer (vgl. Gruber, 2011). DieseSeite eines Marktes kann durch ihre Anpassungs-fähigkeit die effektive Inzidenz einer erhöhtenSteuer auf die jeweils andere Marktseite überwäl-

zen. Im Immobilienmarkt hängt die Elastizität vonAngebot und Nachfrage maßgeblich von derMarktsituation ab. In angespannten Märkten istdie Nachfrage deutlich unelastischer als das An-gebot, während in schrumpfenden Märkten vorallem die Verkäufer die Steuer tragen müssen weilsie marktbedingt die Steuer nicht auf den Preis auf-schlagen können. Durch den Eingriff sinken jedochin jedem Falle die durchgeführten Transaktionenund das Transaktionsvolumen.

Weitere Effekte der GrunderwerbsteuerDarüber hinaus treten weitere Wirkungen in derPraxis auf. Der Erwerb unbebauter Grundstückemit anschließender Errichtung des Gebäudesdurch den Eigentümer selbst wird im Verhältniszum Kauf eines fertigen Hauses oder einer Woh-nung durch die Grunderwerbsteuer bevorteilt.Denn im ersten Fall muss die Grunderwerbsteuernur auf den Grundstückspreis und im zweiten zu-sätzlich auch auf das Gebäude bzw. die Woh-nung bezahlt werden.

In ähnlicher Wirkungsweise beeinflusst die Erhö-hung der Grunderwerbsteuer für Privathaushaltedie Wahl zwischen Miete oder Kauf einer Immobi-lie. Die Miet- und Preismärkte sind durch Kaufpreise,Mieten und Zinsen eng miteinander verknüpft. DieGrunderwerbsteuer zieht eine Steigerung der Kos-ten des Immobilienerwerbs nach sich. Der Preis fürdie Selbstnutzung einer Immobilie und das Mietensollen sich in langfristiger Perspektive entsprechen.Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer führt dazu,dass kurzfristig Mieten im Vergleich zum Eigentums-erwerb günstiger wird. Dies löst in der Tendenz eineVerlagerung der Nachfrage zugunsten von Miet-objekten aus und führt in der Folge zu einer Verrin-gerung des Wohneigentumsmarktes. Dieser Effektwird dadurch verstärkt, dass sich der Wechsel einerEigentumswohnung gegenüber einem Wechseleiner Mietwohnung verteuert. Dadurch vergrößertsich der Mietwohnungsmarkt zulasten des Eigen-heimmarktes, womit auch die Wohneigentums-quote sinkt.

Immobilien erfreuen sich als Kapitalanlage undhäufig auch zur Rentenvorsorge großer Beliebt-heit. Dabei stehen die Investitionen in Immobilienin Konkurrenz zu anderen Anlageformen, derenErwerb nicht mit einer Grunderwerbsteuer belas-

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tet wird. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch,dass Immobilieninvestitionen gegenüber anderenAnlagen steuerlich benachteiligt werden. Denn füreinen solchen Vergleich wäre die gesamte Steu-erbelastung (einschließlich der Ertragsteuern) dereinzelnen Anlageformen zu berücksichtigen. Diesist jedoch nicht Gegenstand dieses Gutachtens.

8.2.2 Grundsteuer

Eine Steuer auf Grund und Boden wird als eineder Steuern bewertet, die nur wenige Ausweich-reaktionen induziert und somit als sehr effizientgilt. In Deutschland gibt es eine einheitliche Grund-steuer seit dem Jahr 1938. Steuergegenstand istentweder der land- und forstwirtschaftliche Grund-besitz (Grundsteuer A) oder sonstiger Grundbe-sitz wie Bauland oder bebaute Grundstücke(Grundsteuer B). Die Höhe der Grundsteuer wirddurch ein dreistufiges Verfahren festgelegt. Als Be-messungsgrundlage wird im ersten Schritt der so-genannte Einheitswert (Grundstückswert) festge-legt. Auf seiner Grundlage wird im zweiten Schrittder Grundsteuermessbetrag ermittelt, indem derEinheitswert mit einer im Grundsteuergesetz fest-gelegten Steuermesszahl multipliziert wird, die mo-mentan zwischen 3,1‰ und 6‰ liegen. In derdritten Stufe erfolgt die Festlegung der Grundsteu-erschuld, wobei der Grundsteuermessbetrag mitdem jeweiligen Hebesatz der Gemeinde multipli-ziert wird. Dabei liegen die Hebesätze zumeistzwischen 200% und 650%, in Berlin bei 810%.

Die Grundsteuer ist insbesondere für die Kommu-nen eine wichtige und vor allem planbare Einnah-mequelle. Allein im Jahr 2011 erzielten die Ge-

meinden in Deutschland Einnahmen in Höhe von11,7 Mrd. Euro aus der Grundsteuer, wobei derGroßteil auf der Grundsteuer B bebauter Flächenberuht. Auf die Grundsteuer entfallen damit rund15% aller Steuereinnahmen der Kommunen (Hen-ger und Köller, 2011).

Die derzeitige Grundsteuer setzt am Einheitswertan, der nicht unbedingt den Marktwert oder dieStruktur der Marktwerte wiedergibt. So ist das ver-altete Verfahren zur Feststellung der Einheitswerteauch der Hauptkritikpunkt der Grundsteuer. In denalten Bundesländern wurden die Einheitswerte zu-letzt 1964 ermittelt, in den neuen Bundesländernwird sogar auf die Einheitswerte des Jahres 1935zurückgegriffen. In der Konsequenz stehen dieheute verwendeten Einheitswerte in keinem Ver-hältnis zu den tatsächlichen Verkehrswerten, insbesondere wenn sich die Struktur der Grund-stückswerte, unter anderem aufgrund von Infra-strukturmaßnahmen, verändert hat. Was 1964 alsabgelegene Außenlage galt, kann im Jahr 2013beispielsweise durch Autobahnanschluss oder öf-fentliche Verkehrsmittel bevorzugtes Wohngebietsein. Das Bundesverfassungsgericht hat schon1995 die Verwendung der Einheitswerte für dieVermögens- und Erbschaftsteuer untersagt, da Im-mobilien im Vergleich zu anderen Vermögensar-ten meistens unterbewertet wurden. Für die Grund-steuer wurden die Einheitswerte zunächst weitergeduldet, aber es wurden Reformen angemahnt.Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde diese Reform al-lerdings nicht umgesetzt.

Bereits seit mehr als zehn Jahren wird über einegrundlegende Reform der Grundsteuer debattiert.Derzeit gibt es verschiedene Vorschläge für eine

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Bemessungsgrundlage Anreizwirkung Verteilungswirkung der Reform

GrundstücksflächeAnreize für eine intensivere Nutzung des Bodens

Große Flächen werden mehr belastet,kleine Flächen entlastet

BodenwertAnreize für eine intensivere Nutzung des Bodens

Zusatzbelastung für Einfamilienhausbesit-zer, Entlastung für Geschosswohnungen

Gebäudewert Anreize, weniger zu investierenHöhere Belastung zuvor unterbewerteterGebäude, Entlastung überbewerteter Gebäude

GebäudeflächeAnreize, weniger extensiv zubebauen

Belastung von Einfamilienhäusern, Entlas-tung von Mehrfamilienhäusern

Quelle: IW Köln, eigeneDarstellung

Tabelle 8.1: Alternative Be-messungsgrundla-gen der Grund-steuer

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Reform, die in einer Arbeitsgruppe von Bund undLändern diskutiert werden. Diese Reformvorschlägeunterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Bemes-sungsgrundlage. Es würde hier zu weit führen, dieeinzelnen Modelle detailliert vorzustellen und zubewerten. Einen ausführlichen Überblick bietenFugmann-Heesing und Junkernheinrich (2007).Eine Arbeitsgruppe der Finanzministerkonferenz(FMK) hat drei unterschiedliche Modelle entwi-ckelt: Das „Südmodell“ (bzw. Einfachmodell), wel-ches die Länder Bayern, Baden-Württemberg undHessen in die Diskussion eingebracht haben unddie Besteuerung nach der Grundstücksfläche undder Gebäudefläche ausrichtet. Das „Nordmodell“der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein,Berlin und Bremen nimmt die realitätsnahen Ver-kehrswerte als Basis. Das „Thüringen Model“ kom-biniert aus beiden Modellen Elemente, indem derBoden mit Verkehrswerten bewertet wird und dieGebäude pauschal nach Kennziffern für Größeund Nutzungsart differenziert über die Höhe derSteuer bestimmt werden.

Um die Wirkungen der Modelle zu analysieren,werden die möglichen Ausweichreaktionen undUmverteilungswirkungen auf unterschiedliche Be-messungsgrundlagen betrachtet. Tabelle 8.1 bie-tet einen Überblick über die verschiedenen disku-tierten Bemessungsgrundlagen und unterscheidetzwischen Anreiz- und Verteilungswirkungen.

Eine Steuer nur auf die Grundstücksfläche (be-baute Flächen und baureifes Land ohne Berück-sichtigung der Boden- und Gebäudewerte) undmit regional differenziertem Steuersatz kann dasbisherige Aufkommen generieren. Allerdings wäremit erheblichen Umverteilungen zu rechnen, vorallem innerhalb von Kommunen, während sichzwischen verschiedenen Gemeinden die Umver-teilung durch Änderungen der Hebesätze ausglei-chen ließe. Dabei würden Grundstücke mit inten-siver/dichter Bebauung tendenziell entlastet,Eigentümer von Einfamilienhäusern oder baurei-fem Land dagegen verhältnismäßig stärker belas-tet. Eine solche reine Bodenflächensteuer würdedamit Anreize für eine intensivere Nutzung des Bo-dens setzen. Allerdings gäbe es auch innerhalbeiner Stadt oder Gemeinde eine Umverteilung derSteuerlast von Eigentümern aus den Zentren zu Ei-gentümern in der Peripherie, da die Steuer einheit-

lich an der Fläche ansetzt und diese in der Peri-pherie typischerweise größer sind.

Im Gegensatz zu einer Bodenflächensteuer wirdbei einer Bodenwertsteuer die Umverteilung zwi-schen Umland und Zentrum vermieden, da hierbeidie Steuerzahlungen mit dem Wert des Bodenssteigen. Ebenso wie bei der Bodenflächensteuergäbe es damit Anreize, den Boden möglichst in-tensiv zu nutzen. Bezüglich der Umverteilung wäreinnerhalb einer Kommune eine stärkere Belastungvon Einfamilienhäusern in attraktiven Lagen zu er-warten, während Nutzer in der Peripherie tenden-ziell entlastet würden. Für die praktische Ermittlungder Bodenwertsteuer könnten die Bodenrichtwerteverwendet werden, die von Gutachterausschüssenerstellt werden und Lagewerte für Grundstücksflä-chen eines Gebietes mit im Wesentlichen gleichenmaßgeblichen Merkmalen angeben. Zumeist wer-den sie auf der Basis von Kaufpreissammlungen er-mittelt und abstrahieren von den Aufbauten.

Eine Steuer auf Gebäudeflächen setzt Anreize,den Boden weniger intensiv zu nutzen bzw. klei-nere Gebäude zu errichten. Ähnliche Anreize setztauch eine Gebäudewertsteuer. Hinzu kommt, dasses weniger Anreize gibt, in den Bestand zu inves-tieren, da mit dem gestiegenen Gebäudewertauch die Steuerlast steigt. Aus Sicht der Adminis-tration stellt sich darüber hinaus die Frage, wie derGebäudewert erhoben werden kann. Eine regel-mäßige Bewertung des Gebäudebestands wäremit hohen Kosten verbunden und ist deswegenschon bei der Einheitswertermittlung ausgeblie-ben. Im Vergleich zu einer reinen Bodensteuer kön-nen bei einer Steuer auf den Gebäudewert oderdie Gebäudeflächen erhebliche Umverteilungswir-kungen vermieden werden. Bei einer Gebäude-wertsteuer gäbe es – sieht man von vorherigenFehlbewertungen der Einheitswerte ab, die ohne-hin korrigiert werden sollten – kaum Umverteilun-gen. Bei einer Gebäudeflächensteuer würden hingegen Einfamilienhäuser belastet und Mehrfa-milienhäuser stärker entlastet werden.

Die Diskussion der Grundsteuer und deren Reform-ansätze verdeutlicht, welche Anreize unterschied-liche Steuerbemessungsgrundlagen setzen undwelche Wirkungen Reformen für die Verteilunghaben können. Allerdings sind zwei Faktoren zu

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Page 140: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

berücksichtigen. Erstens ist die Belastung der Ei-gentümer aus der Grundsteuer bislang relativ ge-ring, sodass nur bei gravierenden Umverteilungenkurzfristige Verhaltensänderungen zu erwartensind. Zweitens liegt die Traglast der Steuer zumin-dest bei vermieteten Gebäuden in der Regel nichtbeim Eigentümer, sondern beim Nutzer, da dieSteuer über die Betriebskostenabrechnung in di-rekter Weise überwälzt werden kann. Dies giltauch für mögliche Reformen in der Zukunft, diewahrscheinlich aufkommensneutral gestaltet wer-den. Erst wenn die Mieter reagieren, werden ent-sprechend auch die Eigentümer ihr Verhalten an-passen. Dennoch ist zu erwarten, dass dieaufgezeigten Anreize langfristig bei anstehendenUmzugs- oder Investitionsentscheidungen zum Tra-gen kommen, insbesondere wenn die Steuerbelas-tung steigen sollte.

8.2.3 Steuerliche Behandlung von Mietwohnungen und Eigen-heimen

Die steuerliche Behandlung von Wohneigentumund vermieteten Wohnungen ist ein Klassiker derWohnungspolitik (vgl. z.B. ExpertenkommissionWohnungspolitik, 1995; Eekhoff, 2002 oderBraun und Pfeiffer, 2004). Diese Diskussion kannunter vielen verschiedenen Aspekten geführt wer-den. In der angelsächsischen Literatur wird vorallen auf die Wirkungen der steuerlichen Regelnauf die Wahl zwischen Eigentum und Miete abge-stellt (vgl. Poterba, 1984). Diese Analyse kannauch auf Deutschland übertragen werden (vgl.Voigtländer, 2006). Darüber hinaus kann die Be-steuerung des Eigentums auch mit der Besteuerungalternativer Anlagen, wie der Altersvorsorge, vergli-chen werden. Im Folgenden wird gezeigt, welcheRückwirkungen sich bei steuerlichen Änderungeneinzelner Anlagearten (eigengenutzte Immobilie,Mietwohnungen, Altersvorsorge) ergeben können.Grundlegend für das weitere Verständnis ist dabeidie Einsicht, dass sich zumindest mittelfristig steuer-liche Rahmenbedingungen für Mietwohnungen aufdas Mietniveau auswirken, da die Konditionen derInvestoren über den Wettbewerb an die Mieterweitergegeben werden (vgl. ExpertenkommissionWohnungspolitik, 1995). Ausgangspunkt der Dar-stellung sind dabei die Abschreibungsbedingun-

gen für Mietwohnungen, die vielfachen Diskussio-nen unterliegen, wie die zahlreichen Änderungender Sätze in den letzten 20 Jahren zeigen. Dabeiwird häufig aufgrund von fiskalpolitischen Erwä-gungen oder zur Erzielung von Wohnungsbau-Len-kungswirkungen reformiert. Übersehen werdendabei oft die daraus folgenden mittelbaren Effektefür die Wahl der Wohnform.

Beim Vergleich der steuerlichen Behandlung vonWohneigentum und vermieteten Wohnungen wer-den zunächst die Steuerregelungen für vermieteteWohnungen betrachtet. Bei diesen wird der Über-schuss der Erträge über die laufenden Aufwendun-gen besteuert, es gilt die sogenannte Investitions-gutlösung. Die Erträge stellen die Mieteinnahmendar, während die Aufwendungen unter anderemdie Zinszahlungen, die Instandhaltungs- und Ver-waltungskosten und die Abnutzungen umfassen.Nur wenn die tatsächlichen Aufwendungen densteuerlich absetzbaren entsprechen, ist eine Be-steuerung nach der tatsächlichen Leistungsfähig-keit gegeben. Dies wiederum ist die Vorausset-zung für eine steuerliche Neutralität im Vergleichzu anderen Investitionen.

Während die laufenden Kosten und Schuldzinsenexakt erfasst werden können, ist dies bei der Ab-nutzung komplexer. Die ökonomische Abschrei-bung sollte der steuerlichen Abschreibung entspre-chen, um eine Bevorzugung oder Benachteiligungvon Immobilieninvestitionen zu vermeiden. Dieökonomische Abschreibung umfasst neben dertechnischen Abnutzung, die durch entsprechendeInstandsetzungen ausgeglichen werden kann,auch den Alterseffekt. Schließlich müssen alle Kos-ten berücksichtigt werden, die entstehen würden,wenn ein Gebäude zum jeweiligen Zeitpunkt voll-ständig wiederhergestellt wird. Der Alterseffekt bil-det dabei den Wertverlust ab, der trotz regelmä-ßiger Instandsetzung im Vergleich zu jüngerenGebäuden entsteht, weil sich Präferenzen ändernoder aber ein Teil der Substanz nicht wieder her-gestellt werden kann. Nach einer aktuellen Studievon Clamor et al. (2013) gibt es aktuell eine Dif-ferenz zwischen der steuerlichen und der ökono-mischen (tatsächlichen) Abschreibung. Bei einerGesamtbetrachtung der steuerlichen Rahmenbe-dingungen ist in Rechnung zu stellen, dass Erhal-tungsmaßnahmen sofort einen abzugsfähigen Auf-

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wand der Periode darstellen, obwohl diese Maß-nahmen zum Teil, wie die Erneuerung einer Hei-zung, eine längere Nutzungsdauer haben. 33

Hinzu kommt bei der Besteuerung von privaten An-legern und Fonds, dass bei ihnen auf ein „Gegen-stück“ zur Abschreibung verzichtet wird, und zwardie Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ge-genüber den abgeschriebenen Buchwerten.

Eine zu geringe steuerliche Berücksichtigung desWertverzehrs wirkt sich je nach Marktsituation be-sonders auf Neubauinvestitionen (einschließlichErsatzneubauten) aus. In Wachstumsregionen gibtes noch einen demografisch bedingten Neubau-bedarf. Vor allem in Metropolregionen und wirt-schaftlich starken Mittelstädten ist bis über dasJahr 2030 hinaus mit steigenden Haushaltszahlenzu rechnen. Über anziehende Preise wird in die-sen Regionen eine Knappheit angezeigt, die dieBautätigkeit stimuliert. Bei einer zu geringen Be-rücksichtigung des Wertverzehrs müssten diePreise jedoch so weit steigen, dass auch ein zu ge-ringer Abschreibungssatz kompensiert wird. In derKonsequenz bedeutet dies, dass es länger dauertbis Wohnungsknappheiten abgebaut werden unddie Mieten stärker steigen müssen als bei einersteuerlich neutralen Lösung. Dass die Preise inWachstumsregionen steigen, ist dabei kein Wider-spruch, da die Preissteigerungen auf den Wertzu-wachs der Grundstücke zurückzuführen sind.

Außerdem würde eine Diskriminierung des Miet-wohnungsbaus (im steuerlichen Gesamtergebnis)auch eine Bevorzugung des selbstgenutztenWohneigentums nach sich ziehen. Allerdings istder Vergleich zwischen der Vermietung und Selbst-nutzung nicht so eindeutig. Dies liegt vor allem ander steuerlichen Unbeachtlichkeit des selbstge-nutzten Wohneigentums. Während vermietetes Ei-gentum steuerlich als Investitionsgut behandeltwird, gilt für das selbstgenutzte Wohneigentum dieso genannte Konsumgutlösung. Dies bedeutet, dieErträge, die gesparte Miete, werden nicht besteu-ert, dafür dürfen aber auch keine Kosten steuer-lich geltend gemacht werden. Hieraus wird häufiggefolgert, dass das Mieten günstiger behandelt

wird als die Selbstnutzung (vgl. Braun und Pfeif-fer, 2004). Allerdings hängt dies wesentlich vonder individuellen Situation der Haushalte ab. Jemehr Eigenkapital angesetzt wird, desto günstigerist es, selbstgenutztes Wohneigentum zu erwer-ben. Je mehr Fremdkapital verwendet wird, destohöher ist die steuerliche Begünstigung von Miet-wohnungsbauinvestitionen. Auch die individuelleHöhe des Steuersatzes sowie die Rentabilität desObjektes haben Auswirkungen auf die Vorteilhaf-tigkeit von selbstgenutztem Wohneigentum bzw.Mietwohnungsbauinvestition und damit auf die At-traktivität des Mietens.

Die Frage, ob die steuerliche Behandlung desMietwohnungsbaus, insbesondere über die Ab-schreibungssätze bei Wohnungsunternehmen undprivaten Kapitalanlegern, im Vergleich zur Be-handlung des selbstgenutzten Wohneigentums an-gemessen ist, lässt sich schwer quantifizieren, wasvor allem an der grundlegend anderen Besteue-rungsform liegt. Eine steuerliche Gleichbehand-lung von selbstgenutztem und vermietetem Wohn-eigentum ist aus steuersystematischen Gründenund aufgrund von Bewertungsproblemen, wie derErfassung der ersparten Miete und des entstehen-den Verwaltungsaufwandes, kaum realisierbar.

Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, ausdieser Analyse eine Aussage hinsichtlich einer För-derung der Wohneigentumsbildung abzuleiten,bespielsweise nach dem Vorbild der früher ge-währten Eigenheimzulage. Das gilt insbesonderefür die zuletzt (bis 2005) geltende Form der Ei-genheimzulage. Sie war aus Vorgängerregelun-gen im Steuerrecht (§§ 7b und 10e EStG) entwi-ckelt worden, die ursprünglich weitgehend ausden Regelungen für Abschreibungen abgeleitetworden waren. Erst im Laufe der Zeit wurden auswohnungs-, familien- und verteilungspolitischen Erwägungen einzelne Regelungsinhalte ergänzt,insbesondere die Ausdehnung einer reinen Neu-bauförderung auf Bestandskäufe, die Einführungeines „Baukindergeldes“, die Halbierung der Be-standsförderung, die Begrenzung der Bemes-sungsgrundlage und die Umstellung auf eine li-

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33 Andererseits kann es auch sein, dass unselbständige Gebäudeteile weiter abgeschrieben werden, obwohl ihre Nutzungsdauer deutlich kürzer war als die Nutzungsdauer des Gebäudes insgesamt.

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neare Förderung mit später weiter abgesenktenEinkommensgrenzen. Damit waren die Inhalte derEigenheimzulage weit von der ursprünglichenSteuersystematik für selbstgenutztes Wohneigen-tum entfernt.

Ausgewogene steuerliche Rahmenbedingungenfür den Wohnungsbau sind nicht nur ein Gebotabstrakter Steuergerechtigkeit. Sie vermeidenauch in der aktuellen Situation, dass beispiels-weise Maßnahmen zur Angebotsausweitung ineinem Bereich zu einer Verdrängung des jeweilsanderen führen. Denn es ist wichtig, alle potenziel-len Investoren zu ermutigen, sowohl in den Miet-wohnungsbau als auch in selbstgenutzte Immobi-lien zu investieren und die Haushalte nach ihrenPräferenzen zwischen Kaufen und Mieten ent-scheiden zu lassen.

8.2.4 Mietpreisbegrenzung

Bislang wurden lediglich steuerliche Eingriffe be-trachtet, die im Immobilienmarkt unintendierte Wir-kungen entfalten können. Steuern sind jedoch nicht

die einzigen Maßnahmen, die das Verhalten derHaushalte und Unternehmen verändern können.Oftmals gewichtiger sind Regulierungen, die überVerbote, Beschränkungen oder Auflagen wirken.Eine der wichtigsten Regulierungen im Wohnungs-markt betrifft die Mietpreisgestaltung bzw. die Miet-preisbegrenzung. Die statische Wirkung einer Miet-preisbegrenzung ist in Abbildung 8.2 dargestellt.

Zunächst ist zu unterscheiden, ob die Mietpreis-obergrenze ober- oder unterhalb des Marktni-veaus liegt. Liegt sie oberhalb, wird es keine Wir-kung geben, und der Markt entwickelt sich wiebisher. Liegt sie dagegen unterhalb, kann der bis-herige Marktpreis nicht mehr erreicht werden, undAnpassungen der Marktteilnehmer sind erforder-lich. Einige Anbieter werden sich aus dem Marktzurückziehen, weil sie zu dem administrierten Preis(p2) nicht mehr bereit sind anzubieten. Gleichzei-tig weitet sich die Nachfrage aus, sodass einehohe Überschussnachfrage entsteht (Strecke zwi-schen Punkt B und C). Der Markt kann nicht mehrbefriedigt werden, und es entsteht ein Wohnungs-mangel. In der Folge ist die Zuteilung der Woh-nungen nicht mehr über den Preis möglich, son-

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Quelle: IW Köln, eigeneDarstellung

Abbildung 8.2:Wirkung einerMietpreisbegren-zung

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dern andere Kriterien wie Bonität, soziale Herkunftoder Familienstand stehen im Vordergrund, oderMieter müssen überhöhte Abstandszahlungen fürInventar wie Küchen oder Schränke leisten. In letz-teren Fällen würden Mietpreisobergrenzen also„ins Leere laufen“. Aus Sicht der Mieter ist derMarkt faktisch zweigeteilt: begünstigte Mieter, dieeine günstige Wohnung beziehen können, undWohnungssuchende, denen der Zugang zu einerneuen Wohnung erschwert wird. Eine Begrenzungder Wiedervertragsmieten wirkt im Wesentlichenanalog, nur mit dem Unterschied, dass sich dieWirkung erst später zeigt. Sobald Vermieter dieMietpreise nicht mehr an die tatsächlichen Knapp-heiten anpassen können, werden sie nach Umge-hungen der Regulierung suchen. Zunächst werdenhöhere Abschlagszahlungen für Inventar verlangt.Außerdem werden die Vermieter die Instandset-zungen zurückfahren und so langsam die Qualitätan den Preis anpassen. Schließlich werden immermehr Vermieter Wohnungen zu verkaufen versu-chen. Käufer werden dann vor allem Selbstnutzersein, die von der Begrenzung der Neuvertrags-mieten nicht betroffen sind. Daher verkleinert sichder Mietwohnungsmarkt. Schließlich wirkt sich dieBegrenzung der Wiedervertragsmieten auf denNeubau aus. Zwar werden Neubaumieten nichtreguliert, aber die Investoren müssen die künftigausbleibenden Mietsteigerungen bei Wiederver-mietungen mitberücksichtigen und damit höhereNeubaumieten kalkulieren. Da die Nachfragenach Neubauten preiselastisch ist – je nach Markt-lage unterschiedlich stark –, sind diese nicht voll-umfänglich am Markt durchsetzbar, sodass es zueinem Rückgang des Neubaus kommt, womit derWohnungsmangel verschärft wird.

In Deutschland werden die Mieten bei Neuverträ-gen und Wiedervermietungen durch die Vorschrif-ten gegen Mietpreisüberhöhung (§ 5 WiStrG)und Wucher (§ 138 BGB und § 291 Absatz 1,Nr. 1 StGB) begrenzt. Bei Mieterhöhungen im lau-fenden Mietverhältnis ist der Mieterhöhungsspiel-raum bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete be-grenzt. Zum Schutz des Mieters vor zu großenMietsprüngen gilt die sogenannte Kappungs-grenze, das heißt, die Mieterhöhung darf die bis-herige Miete um nicht mehr als 20% übersteigen.In Gebieten mit Wohnungsmangel können die Länder nach der Mietrechtsreform 2013 durch

Rechtsverordnung die Kappungsgrenze auf 15%absenken. Nach den Vorschriften des sozialenMietrechts ist der vertragstreue Mieter weitgehendvor der Kündigung seiner Wohnung geschützt. Soist auch eine Kündigung zum Zwecke der Mieter-höhung ausgeschlossen. Um dies zu kompensie-ren, steht dem Vermieter das Recht zur Mieterhö-hung während des laufenden Mietverhältnisses zu.Das geltende Mietrecht trägt insoweit der sozia-len Ausgewogenheit den unterschiedlichen Inte-ressen von Vermietern an einer Rendite und Mie-tern an Schutz vor Verlust der WohnungRechnung. Dies hat dazu geführt, dass in Deutsch-land – anders als in vielen europäischen Ländern– ein großer Teil der Bevölkerung in Mietwohnun-gen lebt.

In anderen Ländern lassen sich negative Wirkun-gen mit Begrenzungen bei den Bestands-, Neu-und Wiedervertragsmieten beobachten (vgl. Voigt-länder, 2006). Beispielhaft ist Spanien zu nennen.Dort galt in vielen Kommunen ein Mietpreisstoppbis in die 1980er Jahre. Überdies durften Mietver-träge an zwei Generationen weitervererbt werden,sodass die Vermieter oftmals keine Möglichkeit hat-ten, aus der Immobilie einen wirtschaftlichen Nut-zen zu ziehen. Die Vermieter zogen sich daher abden 1960er Jahren, als die Regeln besonders an-zogen, aus dem Markt zurück. Daraufhin stieg dieWohneigentumsquote in Spanien auf heute über80 % immer weiter an, sodass Spanier in der Regeldarauf angewiesen sind, möglichst frühzeitigWohneigentum zu bilden.

Auch im Vereinigten Königreich, das hierzulandeals sehr liberal gilt, wurde zumindest in den sech-ziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhun-derts über Eingriffe in das Mietrecht das Angebotan Mietwohnungen dezimiert. Nachdem die Mie-ten bis 1957 eingefroren und danach zunächstschrittweise freigegeben wurden, führte die La-bour-Regierung 1965 das System der „fair rents“ein. Hiernach sollten die Mieten von unabhängi-gen „rent officers“, die in der Regel keine Fach-ausbildung hatten, so bestimmt werden, als wennauf dem Mietwohnungsmarkt keine Knappheitenvorliegen würden. Die Folge war, die Mietenlagen 1981 54% unter dem Marktpreisniveau(Coleman, 1988). Von 1970 bis 1986 stiegen die„fair rents“ um 18% langsamer als die Verbrau-

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cherpreise. Die „fair rent“-Regelung ist auch eingutes Beispiel für die Ausweichreaktionen, die einesolche Regelung induziert. Die Mietpreisrestriktio-nen galten zunächst nur für unmöblierte Wohnun-gen, erst 1974 wurden auch möblierte Wohnun-gen in die Regelungen miteinbezogen. VieleVermieter versuchten, ihre Wohnungen dahermöbliert zu vermieten oder die Wohnungen alsFerienwohnungen zu deklarieren, um den Restrik-tionen zu entgehen. Als sie dabei sehr erfolgreichwaren, wurden 1980 die Regelungen für möb-lierte Wohnungen wieder aufgegeben, da der An-teil der Ferienwohnungen und möblierten Zimmeran allen bestehenden Mietverträgen etwa 50%aufwies (Donner, 2000).

Auch in Österreich lassen sich direkte Ausweichre-aktionen, insbesondere in Wien, beobachten.Auch dort waren bis in die 1980er Jahre hineinMietpreissteigerungen praktisch ausgeschlossen.Da die Nachfrage jedoch sehr groß war, wurdees üblich, hohe Ablösezahlungen bei einer Neu-vermietung einer Altbauwohnung zu verlangen.Beispielsweise wurden gebrauchte Küchen oderanderes festinstalliertes Inventar zu einem Vielfa-chen des tatsächlichen Preises an den neuen Mie-ter verkauft (Aufhauser et al., 1991).

Ob in Wien, im Vereinigten Königreich oder inSpanien, die Reaktionen laufen immer auf ähnlicheWeise ab. Sofern keine Ausweichmöglichkeiten ge-funden werden, ziehen sich die Investoren aus demMarkt zurück, da sich die Investitionen vielfachnicht mehr lohnen und das eingesetzte Kapital nichtausreichend rentiert. Entweder erfolgt dieser Rück-zug durch den Verzicht auf Instandhaltungsmaß-nahmen oder den Verkauf der Immobilien, wobeials Käufer in diesem Fall fast ausschließlich Selbst-nutzer in Frage kommen. Ebenfalls möglich ist eineMischung dieser Strategien. In der Konsequenzverkleinert sich das Angebot an Mietobjekten, unddie Wohnungssuchenden können trotz vorhande-ner Zahlungsbereitschaft keine Mietwohnung finden und müssen daher auf den Erwerb vonWohneigentum ausweichen. Da Mietverträge – zu-mindest in Deutschland – in der Regel langfristigausgelegt sind, erfolgt der Rückzug der Investorennur langsam, aber unaufhörlich, sodass sich der Ef-fekt nur schwer auf die Interventionen zurückfüh-ren lässt (Arnott, 1988).

Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass es zu Ver-werfungen im Finanz- und Immobilienmarkt kom-men kann, wenn zu viele Haushalte mit Kredit-schwierigkeiten in den Markt drängen. DieseHaushalte waren oftmals in Ermangelung von Al-ternativen im Mietwohnungsmarkt gezwungen,Wohneigentum zu bilden (Voigtländer, 2013). Eswird schnell deutlich, welche weitreichenden Fol-gen überzogene Regulierungen insbesondere derNeu- und Wiedervertragsmieten haben können. Eine Begrenzung der Neu- und Wiedervertrags-mieten ist damit ein Instrument, welches letztlichunerwünschte Nebenwirkungen hat und sichgegen die Mieter, die geschützt werden sollen,richtet. Bei allen Eingriffen in den Preismechanis-mus können sich Schattenmärkte bilden und Aus-weichreaktionen entstehen, die den gewollten Zie-len zuwiderlaufen.

8.3 Fazit

Steuer- und wirtschaftspolitische Maßnahmen kön-nen oft ungewollte und kontraproduktive Wirkun-gen entfalten. Auch bei Steuern ist stets zu beach-ten, dass die Zahllast nicht automatisch identischmit der Traglast sein muß und dadurch die Wahlder Bemessungsgrundlage erhebliche Ausweichre-aktionen hervorrufen kann. Für die Politik lassen sichhieraus zwei wichtige Schlussfolgerungen ziehen:

1. Steuerliche Neutralität: Fast jede Steuer führt zu nicht intendierten Ausweichreaktionen, die die Effizienz der Besteuerung begrenzen. Viele Ökonomen empfehlen deshalb zur Ver-meidung starker Ausweichreaktionen eine Ver-breiterung der Bemessungsgrundlage bei gleichzeitiger Absenkung der Sätze. Insbeson-dere sollte der Gesetzgeber versuchen, die verschiedenen Anlagealternativen und Hand-lungsmöglichkeiten steuerlich gleich zu behan-deln, sofern nicht gerade eine Lenkungswir-kung angestrebt wird. Wegen der oben beschriebenen Auswirkungen, sollten beson-dere Steuern, wie die Grunderwerbsteuer, nur mit Bedacht eingesetzt werden.

2. Beibehaltung des Marktmechanismus: Preise haben in der Marktwirtschaft die wichtige Funktion, Knappheiten anzuzeigen. Wird der

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Mechanismus durch übermäßige Regulierun-gen außer Kraft gesetzt, entstehen für die Marktteilnehmer falsche Signale, die den ge-samtwirtschaftlichen Zielen oft widersprechen. So wendet sich eine rigide Mietpreisgrenze langfristig gegen die Mieter, obwohl diese

davon profitieren sollen. Meistens müssen sol-che Regulierungen durch Ergänzungsmaß-nahmen, wie in diesem Fall erhöhte Subventio-nen für den Wohnungsbau, begleitet werden, um Unterversorgungen zu vermeiden.

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Literatur und Quellen

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9.Besonderheiten des deutschen Immobilien-marktes im internationalenVergleich

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DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

Zusammenfassung

Die deutschen Immobilienmärkte gehören im internationalen Vergleich zu den transparentesten Immobi-lienmärkten weltweit, jedoch ist dies in zweierlei Hinsicht zu relativieren: Erstens besteht weiterhin Verbes-serungspotenzial vor allem bezüglich der Erfassung von Preis- und Performancedaten, insbesondere bei Gewerbeimmobilien (vgl. Kapitel 4). Dabei erreichen einige angelsächsisch geprägte Länder bessere Werte als Deutschland. Zweitens haben auch angelsächsische Immobilienmärkte Transparenzdefizite. Internationale Vergleiche von Immobilienmärkten sind anspruchsvoll, weil es nur wenige Datensätze gibt, die einheitlich, großflächig und über einen längeren Zeitraum erhoben werden. Deutschland verfügt über eine besondere Altersstruktur des Wohnungsbestands. Vergleichsweise viele Wohnungen wurden in den Jahren zwischen 1950 und 1970 fertig gestellt. Dieses Strukturmerkmal lässt sich auf die Historie im 20. Jahrhundert zurückführen. Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, eine sehr hohe Zuwanderung und steigende Einkommen sorgten für zeitlich konzentrierten Baubedarf und eine spezifische Wohnungsbaupolitik.Die Wohneigentumsquote in Deutschland ist vergleichsweise niedrig, der Mietwohnungsmarkt gut ent-wickelt. Ein stabiler Mietmarkt ist wichtig für Menschen, die sich kein Wohneigentum leisten können. Sie können sich mit angemessenen Angeboten auf dem Mietmarkt versorgen. Die Qualität des deutschen Wohnungsbestands ist im internationalen Vergleich hoch. Die Wohnungspreise in Deutschland unterlagen in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich geringeren Preisschwankungen als in den meisten anderen OECD-Ländern. Es gab und gibt hierzulande keine Im-mobilienpreisblase und keine heftigen Korrekturen. Deutsche Wohnungen gelten noch immer als eher unter- denn als überbewertet. Dies gilt für viele europäische Märkte trotz zum Teil sinkender Preise noch nicht. Die deutschen Büroimmobilienmärkte sind im europäischen Vergleich wenig schwankungsanfällig und ren-diteschwach. Diese geringe Schwankungsanfälligkeit gilt eher für die Mietrenditen als für Büromieten. Das deutsche Immobilienfinanzierungssystem ist durch langfristige, feste Zinsvereinbarungen, die sicher-heitsorientierte Festlegung der Beleihungswerte, niedrige Beleihungsausläufe und damit hohen Eigenka-pitaleinsatz sowie eine solide Refinanzierung vergleichsweise konservativ und hat dazu beigetragen, Preisübertreibungen auf den Wohnungsmärkten einzudämmen.

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9.1 Einleitung

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat vor allem inden Jahren 2007 bis 2009 die große Bedeutungder Ausgestaltung des Wohnungsfinanzierungssys-tems eines Landes für die Gesamtwirtschaft deut-lich gemacht. Dieser Zusammenhang resultiert ausmöglichen Rückkoppelungen auf andere Bereichedes Finanzsystems und die Realwirtschaft. Die Er-fahrungen in anderen Ländern können genutzt wer-den, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wel-che Merkmale Instabilitäten auf Immobilienmärktenbegünstigen bzw. eindämmen können. In diesemKapitel werden daher die Besonderheiten des deut-schen Immobilienmarktes durch einen Länderver-gleich herausgearbeitet.

Der erste Abschnitt behandelt die Marktstruktureninternationaler Immobilienmärkte. Das Hauptau-genmerk liegt auf dem Vergleich der Markttrans-parenz und Datenverfügbarkeit, der Darstellungder Wohnungsbestände, Eigentumsverhältnissesowie der Wohnqualitäten und der Erschwinglich-keit. Im Anschluss werden wichtige regulatorischeUnterschiede sowie die sich daraus ergebendenKonsequenzen erörtert. Der zweite Abschnittzeichnet die Marktdynamiken nach, insbesonderedie Entwicklung der Wohnungspreise sowie derBüro- und Einzelhandelsmieten. Dabei geht es vorallem um strukturelle Unterschiede in der Markt-dynamik und weniger um Entwicklungen am aktu-ellen Rand.

Im dritten Abschnitt erfolgt eine Gegenüberstel-lung der zentralen Merkmale von Finanzierungs-systemen im Ländervergleich. Dabei werden ins-besondere die typischen Gestaltungsmerkmalevon Immobilienkrediten in Deutschland mit den je-weiligen Ausgestaltungen in anderen Ländern ver-glichen sowie die Rolle unterschiedlicher Refinan-zierungskanäle im Länderquerschnitt beleuchtet.

9.2 Marktstruktur im Ländervergleich

9.2.1 Datenverfügbarkeit, Transpa-renz und Vergleichbarkeit

Jones Lang LaSalle (JLL) und LaSalle InvestmentManagement (2012) erheben für die weltweitenImmobilienmärkte einen Transparenzindex, um dieInformationsdichte für einen Markt abzubilden.Der zusammengesetzte Index besteht aus fünf Tei-lindizes, welche die Performance-Messung, diefundamentalen Marktdaten, die Steuerung börsen-notierter Vehikel, die rechtlichen und behördlichenRahmenbedingungen und den Transaktionspro-zess auf einer Skala von 1,0 (sehr transparent) bis5,0 (intransparent) abbilden. Insgesamt fließen 83Einzelfaktoren für wohnungs- und gewerbliche Im-mobilienmärkte in den Index ein, wobei rund dieHälfte quantitative Maßzahlen sind (beispiels-weise die Anzahl der Jahre, für die Leerstandsda-ten vorliegen). Die andere Hälfte der Indikatorenwird durch eine Befragung von Marktexperten er-mittelt. Da kein absolutes Maß an Transparenz de-finiert wurde, kann der Transparenzindex vorallem die relative Position von Ländern hinsichtlichihrer Markttransparenz illustrieren.

Beurteilt nach diesem aggregierten Transparenz-index (Abbildung 9.1), liegt Deutschland von fast100 Ländern auf Platz 12, verfehlt aber insbeson-dere in den zwei wichtigen Kategorien (Daten zurPerformance und zum Markt) deutlich die Werteder als „sehr transparent“ eingestuften Spitzen-gruppe. Zwischen dem Spitzenwert der USA unddem deutschen Wert liegen zwar 0,5 Punkte, allerdings trennen Deutschland lediglich 14 Ba-sispunkte von der Spitzengruppe. Bei aller ge-rechtfertigten Kritik an der unzureichenden Markt-transparenz auf deutschen Immobilienmärkten isthervorzuheben, dass Deutschland insbesonderebei der Rechtssicherheit zur Spitzengruppe ge-hört.

Die Tabelle 9.1 zeigt für einige entwickelte Immo-bilienmärkte die Ergebnisse der Subindizes.Deutschland schneidet sehr gut bei den öffentlichhandelbaren Anlagevehikeln und im regulatori-schen Umfeld ab, jedoch, wie bereits erwähnt,deutlich schwächer in den für die Marktanalyse

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GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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0 1 2 3 4 5

SudanIrak

SerbienIndien

SüdkoreaChinaTürkei

ÖsterreichItalienPolen

SingapurDeutschland

HongkongSchweiz

SchwedenFinnland

FrankreichKanada

NeuseelandNiederlande

AustralienGroßbritannien

USA 1,261,331,361,38

1,481,561,571,571,661,671,761,801,85

2,112,162,22

2,762,83

2,963,07

3,784,44

4,59Quelle: Jones Lang LaSalle2012

Abbildung 9.1:JLL-Transparenz-index 2012

Quelle: Jones Lang LaSalle2012

Tabelle 9.1: Subindizes ausge-wählter Länderzur Immobilien-markttransparenz2012

Performance-Messung

MarktdatenGelisteteVehikel

Regulatori-sches Umfeld

Transaktions-prozess

USA 1,1 1,4 1,0 1,3 1,4

Großbritannien 1,0 1,9 1,0 1,3 1,3

Niederlande 1,3 1,7 1,1 1,4 1,1

Frankreich 1,6 2,6 1,4 1,2 1,0

Schweden 2,1 2,5 1,1 1,1 1,2

Schweiz 1,5 2,7 1,0 1,4 1,4

Hongkong 2,1 1,7 1,5 1,5 2,0

Deutschland 2,1 2,3 1,2 1,5 1,7

Irland 3,2 2,3 2,0 1,2 1,0

Spanien 2,4 2,7 2,1 1,6 1,6

Polen 3,0 1,7 2,4 1,7 1,9

Portugal 2,3 2,6 1,2 1,9 2,6

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relevanten Kategorien. Nur wenige Länder (USA,Großbritannien und die Niederlande) erzielen inallen Kategorien Spitzennoten. Insgesamt korre-lieren die Subindizes aller Länder stark – der Kor-relationskoeffizient für die einzelnen Kategorienliegt zwischen 0,61 und 0,87. Länder sind also ent-weder bei vielen Subindizes gut oder in vielenschwach. Hinzu kommt, dass der Transparenzin-dex von JLL deutlich mit anderen Länderstrukturda-ten korreliert (beispielsweise dem Korruptionsin-dex von Transparency International oder demEigentumssicherheitsindex des World EconomicForum oder der Höhe des Pro-Kopf-Einkommens).Immobilienmarkttransparenz wird maßgeblich, je-doch nicht ausschließlich, durch den Entwicklungs-grad eines Landes bestimmt, Der deutsche Immo-bilienmarkt gehört zwar zu den transparentestenMärkten der Welt. Im Vergleich zu den angelsäch-sisch geprägten Ländern besteht jedoch weiterhinNachholbedarf bei der Erfassung von und demZugang zu Preis- und Perfomancedaten.

9.2.2 Strukturelle Merkmale aus-gewählter Immobilienmärkte

DatenIn diesem Abschnitt werden zentrale Merkmalevon Immobilienmärkten im Ländervergleich darge-stellt. Hierfür wird u.a. auf eine umfassendeOECD-Studie von Andrews, Sánchez und Johans-son (2011) zurückgegriffen sowie auf Daten vonEurostat (2013) und des Internationalen Wäh-rungsfonds (2011). Ein Teil der dargestellten Merk-male wurde im Rahmen der OECD-Studie durcheine Umfrage unter den Mitgliedsländern erho-ben. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Er-gebnisse auf eine einheitliche Weise ermittelt wur-den. Die Interpretation solcher Daten mussdennoch mit Vorsicht erfolgen. Die Primärdaten-quellen der Umfrageteilnehmer sind nicht offenge-legt und somit kann zu der Vergleichbarkeit derAngaben meist keine Aussage getroffen werden.Die Eurostat-Daten basieren hingegen nicht aufeiner einheitlichen Erfassungsmethode. Häufigsind die aktuellsten verfügbaren Daten vergleichs-weise alt und stammen nicht immer für alle Be-richtsländer aus demselben Jahr; außerdem wer-den viele Merkmale nicht für alle Länder erfasst.Dadurch ergeben sich erhebliche Datenlücken.

Struktur der WohnungsmärkteDeutschland verfügt als bevölkerungsreichsteswesteuropäisches Land auch über den größtenWohnungsbestand. Mit aktuell 41,3 Mio. Wohn-einheiten (Statistisches Bundesamt, 2013) gibt esin Deutschland etwa so viele Wohnungen wie inSpanien und Polen zusammen oder rund ein Drit-tel mehr als in Frankreich, dem zweitgrößten west-europäischen Land gemäß Einwohnerzahl. DieWerte für den gesamten Wohnungsbestand diffe-rieren je nach Datenquelle (beispielsweise zwi-schen dem niederländischen OTB Research Insti-tute (2010) auf der Basis nationaler Statistiken undden Angaben von Euroconstruct (2011)), was dieProblematik internationaler Vergleiche belegt. FürDeutschland oder Frankreich beläuft sich die Dif-ferenz auf jeweils rund 2 Mio. Wohneinheiten –obwohl sich beide Institute auf offizielle Statistikenberufen. Unterschiedliche Abgrenzungen könnenzwar oftmals diese Differenzen erklären, werdenaber teilweise nicht hinlänglich in Forschungsbe-richten und zusammenführenden Statistiken doku-mentiert.

Der Anteil der Wohnungen in Einfamilienhäusernist in Deutschland mit knapp 30% relativ klein. InÖsterreich oder Schweden beträgt dieser Anteilrund 45 bis 50%, in Frankreich und Dänemark60%, in Belgien und den Niederlanden sogar70%; demgegenüber liegt der Anteil der Eigen-heime in Spanien nur bei 30%, in Finnland bei40% (OTB Research Institute, 2010). Dabei ist dieZurechnung von Zweifamilienhäusern oder Rei-henhäusern in der Statistik nicht eindeutig. Rech-net man in Deutschland Zweifamilienhäuser hinzu,liegt der für 2011 ausgewiesene Anteil der Wohn-einheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern beiknapp unter 50% (51% für die alten Bundeslän-der und 35% für die neuen Bundesländer; Statis-tisches Bundesamt, 2012). Dieser Strukturunter-schied ist für Deutschland angesichts der historischbedingten spezifischen Bautätigkeit in beiden Tei-len Deutschlands plausibel (vgl. weiter unten).

Altersstruktur des WohnungsbestandsEin weiteres besonderes Merkmal des deutschenImmobilienbestands ist seine Altersstruktur (Ab-bildung 9.2). Der größte Teil der Wohnungenwurde in den Nachkriegsjahren 1946 bis 1970errichtet. Diese Jahre waren nicht nur durch den

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Wiederaufbau geprägt, es kamen auch sehr vieleZuwanderer nach Deutschland, und die Einkom-men stiegen schnell. Alle diese Faktoren wirktenin dieselbe Richtung, so dass umfangreiche Woh-nungsneubauten notwendig wurden. In den meis-ten anderen Ländern dominieren Wohnungen jün-geren Datums aus den Jahren nach 1970. InJapan stammen über 80% aus dieser Periode.Kriegsbedingt ist auch der Anteil der Wohnungen,die vor 1945 errichtet wurden, in Deutschland klei-ner als beispielsweise in Frankreich, Spanien oderGroßbritannien. 34

Wohneigentum und MietwohnungsmarktSowohl die Altersstruktur des deutschen Woh-nungsbestands als auch der hohe Anteil von Woh-nungen in Mehrfamilienhäusern folgten in denletzten Jahrzehnten ähnlichen Bestimmungsfakto-ren wie jenen, die für die Höhe der Eigentums-quote mit prägend waren. Menschen bilden nichtnur in Deutschland am liebsten Wohneigentum inEinfamilienhäusern. Bereits vor 1945 spielte derGeschosswohnungsbau in Form von Miet-, Werks-und Genossenschaftswohnungen eine große Rollein Deutschland; die Industrialisierung sorgte in den

deutschen Industriezentren durch den umfangrei-chen Zuzug von Arbeitskräften für einen hohen Be-darf an Mietwohnungen. Verstärkt wurde diesdurch die Notwendigkeit, nach dem Zweiten Welt-krieg Wohnungen zu bauen, insbesondere vieleMietwohnungen in Mehrfamilienhäusern. DerNachkriegsaufschwung ermöglichte über deutlichsteigende Einkommen einen zügigen Nachfrage-anstieg nach Wohnflächen. Die in diesen Jahrennoch vergleichsweise hohe Geburtenrate inDeutschland gab der Wohnflächennachfrage zu-sätzlichen Schub. Gleichzeitig führten die woh-nungsmarktpolitischen Interventionen in der DDRzu besonders vielen Geschosswohnungen undeiner außergewöhnlich geringen Wohneigentums-quote. Dem Bau von Ein- und Zweifamilienhäusernwaren jahrzehntelang sehr enge politische undökonomische Grenzen gesetzt.

Die Abbildung 9.3 zeigt die Eigentümerstruktur imOECD-Ländervergleich. In der Schweiz undDeutschland wohnt weniger als die Hälfte derHaushalte in den eigenen vier Wänden. Selbstge-nutztes Wohneigentum ist besonders beliebt inSpanien (81%), Italien, Großbritannien, Kanada,

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

34 Für Deutschland weist das Statistische Bundesamt insbesondere für die Nachkriegsjahre eine etwas andere Pe-riodenabgrenzung aus als es für die Statistik der OECD üblich ist. Die Werte des Statistischen Bundesamts wur-den gemäß der Fertigstellungsstatistik näherungsweise zu den drei Perioden der OECD zugerechnet.

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0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

1971–2000*1946–1970vor 1945

DeutschlandSchwedenDänemark

ItalienBelgien

GroßbritannienSchweiz

NiederlandeFrankreich

SpanienUSA

KanadaJapan

Quelle: Andrews, Sánchezund Johansson2011. AbbildungZEW

Abbildung 9.2: Altersstruktur desWohnungsbe-stands im Länder-vergleich 2000*

*Daten für das Jahr2000 oder das zu-letzt verfügbareJahr.

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Australien und den USA (zwischen 60% und70%). In Ungarn und Rumänien wohnen sogarüber 90 % der Menschen in den eigenen vierWänden. Die hohe Wohneigentumsquote in Tei-len Osteuropas erklärt sich zum Teil dadurch, dassnach dem Zusammenbruch des Ostblocks Mieterin bestehenden staatlichen Wohnungen zu günsti-gen Konditionen Eigentum an ihrer Wohnung er-werben konnten. Bei den ehemaligen staatlichenBeständen handelt es sich vornehmlich um Mehr-familienhäuser und Plattenbausiedlungen, worauseine andere Segmentstruktur des Wohneigentumsals in den westlichen Ländern resultiert. Zusätzlichweisen einige Länder in Osteuropa noch immereine deutlich geringere Urbanisierungsquote aufals beispielsweise Deutschland, zum Beispiel fürBulgarien, Rumänien oder Ungarn. Sotelo (2001)argumentiert, dass Urbanisierung im Zuge der In-dustrialisierung zu hohem Bedarf an Mietwohnun-gen geführt hat. Daher kann der Urbanisierungs-grad eines Landes zumindest teilweise auch dieEigentumsquote in diesen Ländern erklären helfen.Ferner wird in vielen Ländern nicht auf die Haus-halte abgestellt, sondern auf die Zahl der Men-

schen, die im Wohneigentum leben, was wie-derum die Vergleiche schwierig macht. Auch dieStruktur innerhalb des Wohnungsmarktes unter-scheidet sich deutlich.

Besonders große öffentliche Wohnungsbeständefinden sich in den Niederlanden, wo rund ein Drit-tel des Gesamtbestandes in Besitz der öffentlichenHand ist. Auch in Schweden, Dänemark, Frank-reich und Großbritannien werden etwa 20% derWohnungsbestände durch die öffentliche Handbewirtschaftet. In Deutschland sind es nach denZahlen der OECD nur 8%. In Spanien, Kanada,und Japan betätigt sich die öffentliche Hand über-haupt nicht als Vermieter.

Interessant sind neben den Verhältnissen im Ge-samtmarkt auch die Relationen innerhalb des Miet-wohnungsmarktes. So werden in den Niederlan-den etwa 80% aller Mietwohnungen durch dieöffentliche Hand vermietet. 35 In Großbritanniensind es knapp 60%, Schweden, Dänemark undFrankreich kommen auf über 40%. Private Vermie-ter oder privatwirtschaftliche Unternehmen spie-

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35 Der Begriff „Öffentliche Hand“ ist hier sehr weit gefasst. In den Niederlanden handelt es sich beispielsweise in der Regel um selbstständige Stiftungen, die kostendeckend wirtschaften müssen und vom öffentlichen Haus-halt autonom agieren.

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SonstigeÖffentliche HandPrivate VermieterWohneigentümer

SchweizDeutschland

DänemarkSchwedenFrankreich

NiederlandeBelgienKanada

USAAustralien

GroßbritannienItalien

Spanien

Quelle: Andrews, Sánchezund Johansson2011. AbbildungZEW

Abbildung 9.3: Eigentümerstruk-tur im Länderver-gleich 2010

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len in diesen Ländern eine vergleichsweise ge-ringe Rolle. Im Gegensatz hierzu entfällt inDeutschland ein relativ großer Anteil des Miet-marktes auf private Vermieter (vgl. Kapitel 2).

Förderung von Wohneigentum Es gibt gute sozio-ökonomische Gründe für die ver-schiedenen Wohneigentumsquoten: Da Men-schen mit hohem Einkommen überdurchschnittlichhäufig Wohnungseigentümer sind, führen stei-gende Einkommen und günstige Arbeitsmarktaus-sichten tendenziell zu höheren Wohneigentums-quoten. Hinzu kommt, dass die relative Höhesowohl von Hauspreisen zu Mieten als auch vonHauspreisen zu Einkommen die Wahl zwischen Ei-gentum oder Miete bestimmen (vgl. Behring et al.,2002). Wenn zusätzliches Bauland in typischenEigenheimlagen knapp gehalten wird oder die re-lativen Baukosten für Eigenheime und Mietwoh-nungen auseinander laufen, wirkt dies direkt aufdie Eigentumsbildung und bestimmt damit dieHöhe der Wohneigentumsquote. Diese Faktorenkönnen die Entwicklung zu steigenden Wohnei-gentumsquoten in einem Land besser erklären alsdie Unterschiede im Vergleich mehrerer Länder,denn die oben genannten Relationen (Wohnungs-preis/Einkommen sowie Wohnungspreis/Miete)enthalten nicht alle monetären und nicht-monetä-

ren Fördertatbestände für Mietwohnungen oderden Eigentumserwerb. Hinzu kommt, dass sichauch die Urbanisierungshistorie und damit struk-tureller Wandel sowie städtebauliche Planung inder Eigentumsquote spiegeln.

Neben diesen Gründen ist auch zu vermuten, dassdie Eigentumsquote auf unterschiedliche Förderpo-litik der einzelnen Länder zurückgeführt werdenkönnte. Dieser Einflussfaktor ist jedoch rechnerischnicht einfach zu bestimmen. Die Abbildung 9.4 bil-det Wohneigentumsquoten gegenüber einemIndex ab, der die öffentliche Förderung von Wohn-eigentum misst (Internationaler Währungsfonds,2011). Dieser Förderungsindex fasst verschiedeneMaßnahmen wie die Abzugsfähigkeit von Schuld-zinsen (Steuervorteile), direkte Transfers, staatlicheGarantien für Wohnungskredite oder eine vorteil-hafte Ausgestaltung der gesetzlichen Altersvor-sorge (Immobilie als Ersatz für Finanzanlagen) zu-sammen. Für die dargestellte Ländergruppe lässtsich nur ein sehr schwach positiver Zusammenhangim Länderquerschnitt finden. In der Studie des IWF,in der deutlich mehr Länder erfasst werden, lässtsich überhaupt kein Zusammenhang mehr finden.Das könnte bedeuten, dass Länder mit einemhohen Förderungsindex über genauso hohe Wohn-eigentumsquoten verfügen wie Länder mit einem

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0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,630

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60

70

80

90

100 y = 32,47x + 52,41R² = 0,12

Großbritannien Italien

Spanien

Australien

Kanada

USA

Deutschland

Dänemark

NiederlandeFrankreich

Österreich

Index öffentliche Förderung von Wohneigentum (0 bis 1)

Ant

eil d

er W

ohne

igen

tüm

er

Quelle: InternationalerWährungsfonds2011. AbbildungZEW

Abbildung 9.4:Förderung vonWohneigentum imLändervergleich

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geringen Förderungsindex. Da es sich um einen zu-sammengefassten Index handelt, könnte es freilichauch bedeuten, dass nicht alle eingesetzten Instru-mente zur Eigentumsbildung erfolgreich sind. Au-ßerdem ist bisher die Aufgabe unbewältigt, die his-torische Entwicklung von Wohneigentumsquotenzu den im Zeitverlauf jeweils unterschiedlichenMaßnahmen zur Wohneigentumsförderung sowiezur Förderung des Mietwohnungsbaus in Bezug zusetzen. Auch hier deutet sich weiterer Forschungs-bedarf an, denn letztlich entscheidet weniger derabsolute Förderumfang für Wohneigentum überdie Eigentumsbildung, sondern die relative Förde-rung der Wohneigentumsbildung zu anderen Kapi-talanlagen bzw. zum Mietwohnungsbau. Diese Re-lation kann der Förderungsindex des IWF jedochnicht abbilden.

Besonders die Entwicklung in den USA veran-schaulicht, dass öffentliche Fördermaßnahmen(temporär) einen Einfluss auf die Wohneigentums-quote haben können. Nach 1995 stieg die Wohn-eigentumsquote in den USA in nur zehn Jahren imZuge der Reformmaßnahmen der Clinton-Regie-rung um 6 Prozentpunkte auf knapp 70% an. DieFörderprogramme erwiesen sich jedoch als nicht

nachhaltig; nach dem Platzen der Hauspreisblasesank die Eigentumsquote in den USA wieder aufaktuell 65%. Das entspricht etwa dem Mittelwertder letzten 40 Jahre.

Regulierung des MietwohnungsmarktsDie Fördertatbestände von Wohneigentum kön-nen die Wohneigentumsquote nicht befriedigenderklären, weil zum einen die relative Eingriffsinten-sität entscheidend ist und zum anderen die Be-schaffenheit des Mietmarktes eine Rolle spielt.Wenn in einem Land sowohl der Mietmarkt bei-spielsweise durch großzügige Abschreibungsre-geln gefördert wird als auch eine Subvention fürWohneigentum existiert, ist der Nettofördereffektzunächst unbestimmt.

Ein gewisses Maß an Regulierung, welche dieRechte und Pflichten zwischen Mietern und Vermie-tern möglichst ausgewogen verteilt, ist für einenfunktionsfähigen Mietwohnungsmarkt unabding-bar. Bestehen zu viele Einschränkungen und Auf-lagen für Vermieter, sodass es sich betriebswirt-schaftlich nicht mehr rechnet, Mietwohnungenanzubieten, ziehen sich diese Akteure vom Marktzurück. Werden umgekehrt Mietern zu wenige

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Nutzbare Wohnfläche in bewohnten Wohnein-heiten (m² pro Person)

Mittlere Zahl der Räumeje Wohneinheit

Anteil der Wohn-einheiten mit Zentral-

heizung (in %)

Österreich 42,9 4,1 92,o

Dänemark 51,4 3,5 98,0

Finnland 38,9 3,7 93,4

Frankreich 39,9 4,0 93,0

Deutschland 42,9 4,4 92,3

Griechenland 30,6 3,8 62,0

Irland 35,0 5,6 59,0

Italien 36,5 4,2 94,7

Niederlande 41,0 4,3 94,0

Polen 24,2 3,7 78,0

Spanien 33,0 5,1 63,8

Großbritannien 44,0 4,7 94,0 Quelle: OTB 2010

Tabelle 9.2: Qualitätsmerk-male europäi-scher Wohnungs-bestände (jeweilsletztes verfügba-res Datum) füreinzelne Länder

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Rechte eingeräumt, verliert Mieten gegenüber derEigentumsbildung an Attraktivität. In beiden Fällenkann daher eine unausgewogene Regulierung dieFunktionsfähigkeit des Mietwohnungsmarktes stö-ren und ein Ausweichen auf Eigentumsbildungnach sich ziehen.

Dass auch die Regulierungsintensität nur einer vonvielen Effekten mit Einfluss auf die Ausbildungeines funktionierenden Mietwohnungsmarkts ist,veranschaulicht das Beispiel Deutschland: Wegensozial ausgewogener Regelungen im Mietrechtund relativ strenger Vorgaben für die Mietpreisbil-dung hat sich hierzulande ein vergleichsweise gro-ßer (privater) Mietmarkt etabliert und gehalten.Genauso gibt es umgekehrt Länder mit geringenRestriktionen bei der Mietpreisgestaltung, wie inGroßbritannien und den USA, in denen sich nurein relativ kleiner Mietmarkt entwickelt hat.

WohnqualitätenFür die Versorgung der Bevölkerung mit angemes-senem Wohnraum ist es weniger bedeutsam, wel-che Eigentumsform vorliegt, als vielmehr, welcheWohnqualitäten auf dem Markt überwiegen. Derdeutsche Wohnungsbestand ist im europäischenVergleich nach üblichen Kriterien hochwertig. Die

Flächenversorgung je Einwohner ist hoch, und diemeisten Wohnungen verfügen über eine gute Aus-stattung. Die Wohnungen sind relativ groß und dieZimmer vergleichsweise großzügig geschnitten.Außerdem sind über 90% der Wohnungen aneine Zentralheizung angeschlossen.

TransaktionskostenDie Kaufnebenkosten verteuern eine Transaktionund können die Arbeitsmobilität von Haushaltenmit Wohneigentum vermindern (vgl. Ommerenund Leuvensteijn, 2005 sowie Andrews et al.,2011). Hohe Kaufnebenkosten können durch Mie-ten umgangen werden und wirken daher tenden-ziell in Richtung einer geringeren Eigentumsquote.Doch auch dieser Effekt ist allenfalls gering (Abbil-dung 9.5): Die Transaktionskosten in Spanien sindsogar geringfügig höher als jene in Deutschland.Jedoch weist Spanien eine deutlich höhere Eigen-tumsquote als Deutschland auf. Im Länderver-gleich der Kaufnebenkosten liegt Deutschland beidieser Untersuchung, die noch die bis 2006 gel-tende einheitliche Grunderwerbsteuer von 3,5%verwendet, mit knapp unter 8% im Mittelfeld. 36

Die Kaufnebenkosten sind, relativ betrachtet,weder besonders hoch noch besonders niedrig.

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36 Der Statistik der OECD liegt noch der Grunderwerbsteuersatz von 3,5% zugrunde, der bis 2006 für ganz Deutschland gegolten hatte. Seitdem gab es zahlreiche Erhöhung in den allermeisten Bundesländern. In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz liegt der Satz aktuell bei 5,0%. In Berlin wird er An-fang 2014 auf 6,0 % erhöht, in Schleswig-Holstein sogar auf 6,5%. Doch selbst mit den aktuellen, deutlich höheren Grunderwerbsteuersätzen liegt Deutschland im (oberen) Mittelfeld der internationalen Statistik zu Kaufnebenkosten.

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15Verkäufer

Käufer

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Quelle: Andrews et al.2011. AbbildungZEW

Abbildung 9.5:Kaufnebenkostenim Länderver-gleich in % desKaufwertes

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9.2.3 Entwicklung der Immobilien-preise

Probleme der DatenqualitätWie in Kapitel 4 dargestellt, bestehen erheblicheSchwierigkeiten bei der Messung von Immobilien-preisen. Je nach Methode und genutzter Daten-quelle unterscheiden sich Indizes darin, wie gutsie die reine Preisveränderung messen und wie re-präsentativ sie das Marktgeschehen widerspie-geln. Für einen internationalen Vergleich wäre au-ßerdem eine Datenbank vorteilhaft, in der dieImmobilienpreise nach einheitlichen Standards be-rechnet werden.

Eine solche Datenbank existiert allerdings bishernicht. Sie wird zwar in einer Kooperation interna-tionaler Organisationen angestrebt, befindet sichjedoch noch in einer frühen Planungs- bzw. Um-setzungsphase. Bisher handelt es sich bei den Da-tenbanken der BIZ, der OECD oder des IWF umMeta-Datenbanken, die die Informationen aus vie-len Primärquellen zusammentragen. 37 Für Gewer-beimmobilienmärkte erheben internationale Bera-tungshäuser hauptsächlich für die wenigen großenMetropolen nach standardisierten Methoden dieMieten, Leerstände und Preise. Dabei lassen sichdie nationalen Besonderheiten nicht gänzlich aus-blenden.

Die Immobilienpreise in der OECD- oder BIZ-Preis-datenbank sind also nur eingeschränkt vergleich-bar. Daher sind Aussagen zu Preisniveauunter-schieden zwischen Ländern nur bedingt möglich,und für Preisdynamiken bedarf es oft der An-nahme, dass die jeweiligen Definitionsunter-schiede für die Gesamtmarktentwicklung unwich-tig sind. Immerhin bieten diese DatenbankenAnhaltspunkte dafür, wie sich die Immobilienzy-klen innerhalb eines Landes tendenziell über dieZeit entwickelt haben.

ImmobilienpreiszyklenDie Veränderung der Wohnungspreise in ausge-wählten OECD-Ländern für den Zeitraum 1995bis 2012 ist in Abbildung 9.6 dargestellt. In die-sem Zeitraum haben sich drei stilisierte Gruppenunterschiedlicher Wohnpreiszyklen herauskristal-lisiert (vgl. Just, 2011). Die erste Gruppe sind die„Boom-Bust“-Länder, insbesondere die USA, dieNiederlande, Dänemark und Spanien (in der Ab-bildung die unteren Länder). Nachdem die Woh-nungspreise in den Jahren 1996 bis 2006 kräftigstiegen, sind von 2008 bis 2012 deutliche Wert-verluste zu verzeichnen. Auch in der zweitenGruppe haben die Immobilienpreise Ende der1990er Jahre bis 2008 zugelegt, allerdings istbei ihnen nach 2008 bis zum Jahr 2012 kein Ein-bruch zu verzeichnen. In diesen Ländern gab eseinen „Boom“ ohne „Bust“. Die Preise stagnierenin den letzten Jahren in Kanada, Australien,Schweden, Belgien, Frankreich und Großbritan-nien (in der Abbildung die mittleren Länder). InAustralien und Kanada sind sogar bis zum Endeder hier erfassten Zeitreihe weiterhin steigendePreise zu beobachten. In der dritten Gruppe mitDeutschland, der Schweiz und Japan ist im Be-trachtungszeitraum kein Boom zu verzeichnen. Indiesen Ländern verändern sich die Wohnungs-preise mit vergleichsweise geringen meist einstel-ligen jährlichen Wachstumsraten über weite Teiledes Betrachtungszeitraums (in der Abbildung dieoberen Länder). Japan und die Schweiz habenbis Ende der 1980er Jahre einen Immobilienpreis-boom erlebt. Die Schweiz hat darauffolgend einescharfe Korrektur bis Mitte der 1990er Jahredurchlaufen, während die Korrektur der Immobi-lienpreise in Japan weniger schnell vonstatten-ging und bis in den abgebildeten Beobachtungs-zeitraum hineinreicht. In der Schweiz zeigen dieImmobilienpreise seit dem Jahr 2000 wiedereinen positiven Trend. Erst seit etwa 2010 sindauch in Deutschland signifikant steigende Preisevorzufinden (vgl. Kapitel 4).

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37 Die OECD hat für zahlreiche Mitgliedsstaaten Immobilienpreisdaten gesammelt (http://www.oecd-ilibrary.org). Die verwendete Quelle je Land wird in Girouard et al. 2006 diskutiert und unterscheidet sich sowohl in der verwendeten Methode als auch Datenbasis erheblich. Beispielsweise fußt die Zeitreihe für Deutschland auf einem Immobilienpreisindikator berechnet durch die Deutsche Bundesbank, welcher wiederum auf den Daten von BulwienGesa basiert. Die BulwienGesa-Daten werden mittels Marktanalysen erhoben. Für die USA wird auf den OFHEO Preisindex zurückgegriffen. Dies wiederum ist ein Repeated-Sales-Index, basierend auf Finan-zierungsdaten.

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GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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-30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

2008–20122004–20082000–20041996–2000

Spanien

Dänemark

Niederlande

USA

Italien

Großbritannien

Frankreich

Belgien

Schweden

Australien

Kanada

Schweiz

Deutschland

Japan

Quelle: ZEW auf Grund-lage von Girouardet al. 2006 und ei-gener Fortschreibun-gen der dort ge-nannten nationalenStatistiken

Abbildung 9.6:Veränderung derWohnimmobilien-preise nach Zeit-abschnitten 1996bis 2012 in %

BewertungsindikatorenDie Tabelle 9.3 zeigt die Abweichungen der Preis-Miet-Relation und der Preis-Einkommens-Relationgegenüber dem länderspezifischen langfristigen

Durchschnitt. Beide Relationen sind fundamentaleBewertungsindikatoren und geben darüber Auf-schluss, ob die nationalen Wohnimmobilienmärkteeher über- oder unterbewertet erscheinen (vgl.

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Himmelberg et al., 2005). Da sich die Definitio-nen der Basisdaten zum Teil gravierend unterschei-den, ist der direkte Vergleich der berechnetenPreis-Miet-Relationen ebenfalls nur eingeschränktaussagekräftig. Belastbarer ist die Beurteilung derPreis-Miet-Relationen im Kontext ihrer jeweiligenlangfristigen Entwicklung. Jedoch liefern auchdiese Berechnungen lediglich eine Indikation,denn letztlich kann ein hoher Wert, also ein Ab-weichen vom langfristigen Mittelwert, nicht nur be-deuten, dass ein Markt aktuell überbewertet ist,sondern auch, dass die Immobilien viele Jahrezuvor unterbewertet waren. Je länger die Zeitreihefür die Ermittlung des langjährigen Mittelwertes ist,desto geringer dürfte die Wahrscheinlichkeit einerirrtümlich ausgewiesenen Fehlbewertung sein.

In den Indikatoren lassen sich die Übertreibungenbis zum Jahr 2008 für Spanien, die USA und Dä-nemark ebenso gut ablesen wie die Preisanpassun-gen in den Folgejahren. Deutschland und Japanstellen eine Ausnahme dar. In beiden Ländern blieb

eine Überbewertung bis zum Jahr 2008 aus, dem-entsprechend erfolgten auch keine Anpassungennach unten. Deutsche und japanische Wohnungs-märkte können im langfristigen Vergleich und in Re-lation zu den jeweiligen Mieten und Einkommeneher unter- als überbewertet gelten. Für beide Län-der lohnt eine genauere Analyse. In Deutschlandfließen in den langjährigen Mittelwert die Jahrenach der Wiedervereinigung mit ein, in denen vieleostdeutsche Wohnungsmärkte weit von einemGleichgewicht entfernt waren. Die außergewöhn-liche Binnenwanderung in den ersten Nachwende-jahren sorgte für einen Preisauftrieb im Westen undsteigende Leerstände im Osten. Der anschließendesubventionierte Neu- und Ausbau verstärkte denAbwärtsdruck auf die Preise. Daher ist die ausge-wiesene Unterbewertung wahrscheinlich eineÜberzeichnung, sie spiegelt die Verzerrung der frü-hen 1990er Jahren wider. Ähnliches gilt für Japan,wo in die Mittelwertberechnung viele Beobachtun-gen in eine Phase mit massiven Preisübertreibun-gen in den 1980er Jahren fallen.

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Über-/unterbewertet*

gegenüber Mieten gegenüber Einkommen

2004 2008 2012 2004 2008 2012

Japan –21 –29 –36 –17 –26 –33

Deutschland –19 –22 –15 –18 –25 –21

Schweiz 40 58 13 33 45 19

Kanada 11 50 66 4 23 32

Australien 41 49 38 29 29 21

Schweden 2 33 31 8 27 22

Belgien 17 54 60 14 40 48

Frankreich 15 41 37 10 34 32

Großbritannien 33 44 31 28 39 22

Italien 7 19 2 6 20 15

USA 16 12 –3 7 –3 –16

Niederlande 40 50 19 38 48 30

Dänemark 14 48 12 12 46 9

Spanien 40 58 13 33 45 19

Quelle: ZEW auf Grund-lage von Girouardet al. 2006 und eigener Fortschrei-bungen der dort genannten natio-nalen Statistiken

Tabelle 9.3: Bewertungsindi-katoren für Wohn-immobilienmärkte2004, 2008 und2012

*Relativ zum lang-jährigen Durch-schnitt.

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Die Relation der Preise zu den verfügbaren Einkom-men gibt zudem Aufschluss über die Erschwinglich-keit von Wohnimmobilien in einem Land. Da in derTabelle 9.3 jeweils die Abweichungen zu den lang-jährigen Mittelwerten dargestellt sind, ist aus-schließlich der Vergleich der aktuellen Erschwing-lichkeit in einem Land im Vergleich zu früherenJahren möglich. Für Deutschland liegt der Er-schwinglichkeitsindex um über 20% unter demlangjährigen Mittel – Wohnimmobilien sind heutealso wesentlich erschwinglicher als in den meistenJahren zuvor und noch immer ähnlich erschwing-lich wie vor acht Jahren. In den meisten hier darge-stellten Ländern sind Wohnungen heute wenigererschwinglich als im langjährigen Mittel – und dasgilt für Spanien und die Niederlande sogar trotzder zuletzt heftigen Preiskorrekturen.

Allerdings sind bei diesem einfachen Erschwing-lichkeitsmaß die Entwicklung und die Höhe derZinsen sowie öffentliche Fördertatbestände nicht

berücksichtigt. Für eine Darstellung von Erschwing-lichkeitsindizes vergleiche u.a. Just und Hunter(2004).

9.2.4 Gewerbeimmobilienmärkte

Deutschlands Gewerbeimmobilienmärkte unter-scheiden sich in vielen Aspekten von anderen eu-ropäischen Ländern. Ein Teil dieser Unterschiedelässt sich auf die polyzentrische Städte- und Wirt-schaftsstruktur zurückführen. Der Agglomerations-raum Berlin umfasst lediglich rund 5% der Einwoh-ner Deutschlands, wohingegen in Frankreich undGroßbritannien der Bevölkerungsanteil des Me-tropolraums der Hauptstädte mindestens dreimalso groß ist. Auch die zehn größten Städte Deutsch-lands sind relativ zum Rest des Landes kleiner alsdie zehn größten Städte Frankreichs oder Großbri-tanniens für ihre jeweiligen Länder.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Quelle: IVG. AbbildungIREBS38

Abbildung 9.7:Bürospitzenmie-ten in Europa2001 bis 2012 inEuro

Für London undStockholm wurdeüber die gesamtePeriode 2001 bis2012 der jahres-durchschnittlicheWechselkurs desJahres 2012 ange-setzt, um Wechsel-kurseffekte im Vergleich auszu-schließen.

38 Daten freundlicherweise durch IVG Immobilien AG bereitgestellt.

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Diese Struktur wirkt sich stabilisierend auf die Bü-romärkte – und nach ähnlicher Logik auch auf alleanderen Immobilienanlageklassen (Einzelhandel,Logistik, Wohnen, Hotel etc.) – aus, da sich dieNachfrage nicht auf einen Standort konzentriert.Dies reduziert die Knappheit und folglich dasSchwankungspotenzial der Immobilienpreise undMieten für Gesamtdeutschland.

Die deutschen Büromietrenditen sind im europäi-schen Vergleich schwankungsarm und relativ nied-rig, wie eine Betrachtung der teuersten undschwankungsanfälligsten deutschen BüromärkteMünchen und Frankfurt belegt: Die Standardab-weichung der Büromietrenditen ist knapp halb sohoch wie jene in den übrigen hier untersuchten eu-ropäischen Städten. London und Paris sind bezüg-lich der Mietrenditen vergleichbar, jedoch ist dortdie Schwankung der Mietrendite fast doppelt sohoch. Bezüglich der Beurteilung der Attraktivitätdes deutschen Büroimmobilienmarktes im Vergleichzu anderen internationalen Standorten und zumeuropäischen Durchschnitt müssen Einschränkun-gen getroffen werden. Erstens zeigt der Vergleichmit Mailand oder Brüssel, dass es innerhalb Euro-pas Büromärkte mit einer höheren Mietrendite beiähnlicher oder geringerer Schwankungsbreite gibt.Zweitens wird der europäische Mittelwert der Mie-trenditen durch die beiden Ausreißer Warschauund Prag nach oben gezogen. Ohne diese beidenMärkte wäre die Mietrendite der westeuropäi-schen Vergleichsstädte nur wenig unattraktiver alsdie Frankfurter oder Münchener Mietrenditen.

Neben der vorangegangenen Mittelwertanalyselohnt auch ein Blick auf die Entwicklung der Ren-diten: In Warschau und Prag sind die Schwankun-gen der Mietrendite so hoch, weil die Mietrendi-ten vor der Finanzkrise um rund 400 Basispunktenachgaben. Damit erscheinen für opportunistischeInvestoren hohe Wertgewinne bei Immobilienmöglich.

Insgesamt sind die deutschen Büromärkte ver-gleichsweise stabil. Allerdings hängt dieses Urteil

von der konkreten Auswahl der Vergleichsstädteund dem Analysezeitraum ab.

9.3 Finanzierungssysteme im internationalen Vergleich

Sowohl hinsichtlich der typischen Ausgestaltungvon Immobilienkrediten als auch der Refinanzie-rungskanäle weisen die Länder unterschiedlicheImmobilienfinanzierungssysteme auf. Sie sind sel-ten das Resultat einer gezielten politischen Gestal-tung, sondern häufig historisch gewachsen (Inter-nationaler Währungsfonds, 2011).

Die zentralen Merkmale der Immobilienkreditge-staltung und der verschiedenen Refinanzierungs-instrumente sowie deren Wirkungsweise wurdenausführlich in Kapitel 6 dargestellt. Deshalb erfolgtin diesem Abschnitt lediglich eine Bestandsauf-nahme der zentralen Merkmale von Finanzie-rungssystemen im Rahmen eines Ländervergleichs.Im Nachgang der Finanzkrise hat sich eine nochrelativ junge wissenschaftliche Literatur entwickelt,die ein optimales Finanzierungssystem zum Zielhat. Eine Zusammenfassung dieser Literatur findetsich in Campbell (2012). Die Forschung in diesemBereich befindet sich noch in ihren Anfängen, wes-halb an dieser Stelle vermieden wird, die Finan-zierungssysteme einzelner Länder im Detail zu be-werten.

9.3.1 Immobilienkreditgestaltung im Ländervergleich

Wie Tabelle 9.4 veranschaulicht, sind Immobilien-kredite mit einer langen Laufzeit und einer festenZinsbindung unter anderem in Deutschland, Frank-reich und den USA vorherrschend.39 Variabel ver-zinsliche Darlehen sind dagegen beispielsweisein Großbritannien und Spanien üblich. Zudem gibtes Länder, in denen beide Ausgestaltungen vor-handen sind. Eine naheliegende Erklärung fürdiese Länderunterschiede ist, dass feste Zinsver-

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39 Gerade für die USA muss relativiert werden, dass dieses Vorherrschen nur über die lange Frist gilt. In den ers-ten Jahren des Immobilienbooms wurden mehr Prime-Hypotheken variabel verzinst als zuvor, und in der Schluss-phase des Booms schlossen die Prime-Kreditnehmer schon wieder Verträge mit fester Zinsbindung ab, während im Subprime-Segment der Anteil variabel abgeschlossener Verträge anstieg.

Page 160: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

einbarungen in Ländern mit einem hohen Inflati-onsrisiko für Kreditgeber risikoreicher und im Ver-gleich zu einer variablen Zinsvereinbarung teurersind (vgl. Internationaler Währungsfonds, 2011, S. 119 und Campbell, 2012).

Um diesen möglichen Zusammenhang zu illustrie-ren, stellt die Abbildung 9.9 den Anteil variabelverzinslicher Immobilienkredite der historischen

Schwankungsanfälligkeit der Inflationsraten ge-genüber. In Ländern mit einer ausgeprägten Infla-tionsvergangenheit sind variable Zinsvereinbarun-gen häufiger zu finden. Dabei ist weniger diemittlere Höhe der Inflationsrate ausschlaggebendals vielmehr ihre Volatilität, denn Banken möchtensich mit der Variabilität nicht gegen die „normale“Inflation, sondern gegen die Möglichkeit unerwar-tet hoher Inflation absichern.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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Mailand Brüssel

AmsterdamLondon Paris

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Quelle: IVG. AbbildungIREBS. Die Datenbasieren auf dem In-tervall 2001–2012.

Abbildung 9.8:Deutsche Mietren-diten im Ver-gleichsintervall2001 bis 2012(x-Achse: Mittel-wert in %, y-Achse: Standard-abweichung in %)

Quelle: InternationalerWährungsfonds2011

Tabelle 9.4: Immobilienkredit-eigenschaften imLändervergleich

ZinsenMaximale Beleihung

Laufzeit(Jahre)

Entschädigung bei Vorfälligkeit

Deutschland fest 80 20–30 Refinanzierungs- und Margenschaden

Frankreich fest 100 15–20 6-Monats-Zinslast, max. 3% der Restschuld

Italien gemischt 80 20 –

Spanien variabel 100 30 Refinanzierungsschade

Niederlande fest 125 30 Refinanzierungsschade

Belgien fest 100 20 3-Monats-Zinslast

Dänemark gemischt 80 30 Refinanzierungsschade

Großbritannien variabel 110 25 2–5% des Kreditwertes

USA fest 110+ 30 nur bei variablen Krediten

Kanada gemischt 80 30 Refinanzierungsschade

Japan gemischt 70–80 20–30 keine

Australien variabel 90–100 25 Refinanzierungsschade

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Für viele europäische Länder hat sich durch dieEinführung des Euros auch das Inflationsrisiko re-duziert. Trotzdem unterscheiden sich Deutschlandund Spanien noch immer in der Zinsbindung vonImmobilienkrediten. Finanzierungssysteme sind inEuropa vergleichsweise dauerhaft.

Im internationalen Vergleich ist der maximal mög-liche Beleihungsauslauf von Wohnimmobilienkre-diten – gemäß der auf Experteninterviews beru-henden IWF-Statistik – mit 80% in Deutschlandund Japan am niedrigsten (Tabelle 9.4). 40 In Spa-nien und Frankreich ist es dagegen möglich,Wohnraum ohne eigene Mittel zu finanzieren (Be-leihungsauslauf von 100%). Die Aufnahme einesImmobilienkredites mit „negativem Eigenkapital“,wobei dessen Höhe den Wert der Immobilienüberschreitet, wurde zumindest vor Beginn der Fi-nanzkrise in den USA, in Großbritannien und denNiederlande häufig genutzt. Gleichzeitig ist die

Festlegung der Beleihungswerte, an denen sichdie Finanzierung orientiert, in Deutschland sehr si-cherheitsorientiert, sodass der Marktwert auch inAbschwungphasen den Beleihungswert nicht un-terschreitet. Dadurch werden Überschuldungenunwahrscheinlich.

Vorfälligkeitsentschädigung: Der deutsche SonderwegFür Kreditnehmer in Deutschland steht dem Kredit-geber eine vergleichsweise umfassende Vorfällig-keitsentschädigung bestehend aus einem Ersatz fürden Wiederanlageschaden und den Margenaus-fall zu. In allen anderen betrachteten Ländern sindgeringere oder keine Vorfälligkeitsentschädigungenüblich. Beispielweise bekommen Kreditgeber inSpanien oder Kanada lediglich eine Entschädigungfür den Wiederanlageschaden. In den USA sindbei der Vorfälligkeit von festverzinslichen Darlehenin der Regel keine Entschädigungen zu bezahlen.

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y = 16,64x – 29,26R² = 0,49

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SpanienAustralien

Kanada

USABelgienDeutschland

Niederlande

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Japan

Volatilität der Inflation, %

Ant

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40 Bei diesen Angaben handelt es sich um Schätzwerte des Internationalen Währungsfonds basierend auf Exper-teninterviews. Auch wenn eine maximale Beleihungsgrenze von 80% oftmals den Regelfall darstellt, gibt es keine gesetzliche Begrenzung des Beleihungsauslaufs in Deutschland.

Quelle: European Mort-gage Federation,Andrews und Sán-chez 2011, OECD.Abbildung ZEW

Abbildung 9.9: Inflationserfah-rung und Anteilvariabler Zinsenim Länderver-gleich

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In Deutschland besteht aufgrund der relativ hohenKreditstandards ein geringes Ausfallrisiko von Hy-potheken, und nach den gesetzlichen Bestimmun-gen tragen Kreditnehmer das Vorfälligkeitsrisiko.Hierzulande muss das Finanzierungssystem insbe-sondere das Risiko aus der Fristentransformationtragen, da Immobilienkredite mit langen Laufzeitenund Zinsbindungen überwiegen. Diese Sicherheits-netze der Immobilienfinanzierung haben entschei-dend dazu beigetragen, dass sich in Deutschlandbisher keine Immobilienblase gebildet hat.

9.3.2 Refinanzierung im Ländervergleich

Die Abbildung 9.10 stellt den Anteil an Pfandbrie-fen sowie Mortgage Backed Securities (MBS) anden gesamten ausstehenden Wohnungsbaukredi-ten eines Landes dar. In Deutschland werden rund20% der Immobilienkredite durch Pfandbriefe re-finanziert, 41 MBS spielen hier dagegen keineRolle (vgl. Kapitel 4). Dies bedeutet, in der Summeerfolgt ein Großteil der Refinanzierung von Immo-bilienkrediten in Deutschland vorwiegend durch

Einlagen und unbesicherte Bankschuldverschrei-bungen. Für Frankreich zeigt sich ein ähnlicher Re-finanzierungsmix. Covered Bonds sind dort zwarauch wichtig, ein größerer Teil der Refinanzierungerfolgt allerdings über Einlagen und unbesicherteBankschuldverschreibungen. In Spanien werdenhingegen 46% mittels Covered Bonds refinanziertund 24% über MBS, auch in Großbritannien ent-fallen 14% auf Covered Bonds und 31% aufMBS. In den USA, Kanada und Italien spielen Co-vered Bonds keine Rolle, dafür werden in den USAknapp zwei Drittel mittels MBS refinanziert. Beson-ders auffällig ist Dänemark, wo das Verhältnis vonCovered Bonds zu den ausstehenden Wohnungs-baukrediten 115% beträgt. Zentral im „DänischenModell“ sind ein stringentes Risikomanagementder Bilanzstruktur von Hypothekenbanken („asset-liabilty matching“) und gesetzliche Vorschriften,die dazu verpflichten, Covered Bonds als Refinan-zierungsinstrument zu nutzen (Danske Bank2008). Eine strikte Anpassung der bilanziellen Ri-siken der Aktiva und Passiva, wie dies beispiels-weise im Extremfall des „Dänischen Modells“ an-zutreffen ist, erfolgt hierzulande nicht.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

41 Der Internationale Währungsfonds berücksichtigt bei diesen Angaben nicht, dass Hypothekenpfandbriefe so-wohl durch gewerbliche als auch durch wohnungswirtschaftliche Immobilienkredite gedeckt werden.

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Pfandbriefe, Covered Bonds

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Quelle: IVG. AbbildungIREBS. Die Datenbasieren auf dem In-tervall 2001–2012.

Abbildung 9.10:Refinanzierungs-wege im Länder-vergleich 2008 in% der Wohnungs-baukredite

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9.4 Fazit

Die deutschen Immobilienmärkte gelten im inter-nationalen Vergleich als sehr stabil. Dies hat nichtzuletzt die Entwicklung in den letzten zehn Jahrengezeigt. In Deutschland gab es keine spekulativenÜbertreibungen auf den Wohnungsmärkten wiebeispielsweise in den USA, Spanien oder Irlandund folglich im Zuge der Finanz- und Wirtschafts-krise auch keine deutliche Anpassung nach unten.Als Gründe für diese Sonderentwicklung geltenneben der weniger volatilen Zins- und Einkom-mensentwicklung in Deutschland auch strukturelleFaktoren wie die demografische Entwicklung oderdie geringere Konzentration der wirtschaftlichenAktivitäten auf die Hauptstadt oder wenige Groß-städte. Die Nachfrage nach Wohn- und Gewer-beimmobilien verteilt sich in Deutschland auf vieleMetropolregionen und attraktive Mittelzentren;dies hilft, Übertreibungen nach oben und untenabzufedern. Hinzu kommt, dass neben dem etab-lierten Markt für Wohneigentum ein gut funktionie-render Mietmarkt besteht und die Immobilienfinan-zierung konservativer erfolgt als in vielen anderenOECD-Ländern.

Für den Büroimmobilienmarkt sollte beachtet wer-den, dass für einige wichtige Ballungsräume hef-tige Zyklen auch in deutschen Städten festzustellen

sind. Sowohl nach der Wiedervereinigung alsauch im Zuge der Dot-Com-Euphorie kam es zuerheblichen Mietschwankungen. Umfangreichespekulative Bautätigkeit im Bürosegment hatte dieNachfrageschwankungen sogar noch verstärkt. Eine Lehre aus der Finanzkrise ist, dass konserva-tive Immobilienfinanzierungen die Risiken für dieFinanzmarktstabilität begrenzen. Während derBoom-Phase auf den internationalen Immobilien-märkten waren Immobilienfinanzierungen mitwenig oder sogar negativem Eigenkapital anHaushalte mit schlechter Bonität verstärkt zu be-obachten (Demyanyk und van Hemert, 2011). Ins-besondere in den USA gilt dieses Subprime-Seg-ment als Auslöser der Finanzkrise.

In Deutschland überwiegen konservative Kredit-standards, die das Ausfall- und Vorfälligkeitsrisikobegrenzen. Es gibt auch keinen Markt für Sub-prime-Darlehen, da sich Deutschland durch einengut entwickelten Mietwohnungsmarkt auszeichnet,sodass Haushalte mit schlechter Bonität über eineechte Alternative gegenüber dem Eigentumser-werb verfügen. Die Kombination aus einer konser-vativen Kreditvergabe mit geringem Ausfallrisikound einem weitgehend funktionierenden Mietwoh-nungsmarkt trägt daher in besonderer Weise zurStabilität des deutschen Immobilienmarktes bei.

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GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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AAnhangDefinition: A-B-C-D Städte

Klassifikation der Standorte

Die RIWIS Standorte wurden von der bulwiengesa AG nach funktionaler Bedeutung für den internationalen,nationalen, regionalen oder lokalen Immobilienmarkt in 4 Klassen unterteilt.

A-Städte Wichtigste deutsche Zentren mit nationaler und z. T. internationaler Bedeutung. In allen Segmenten große,funktionsfähige Märkte. Bsp: Büroflächenbestand (BGF) über 5 Mio. m², Umsätze im langjährigen Mittel über 100.000 m²

B-Städte Großstädte mit nationaler und regionaler Bedeutung Bsp: Büroflächenbestände zwischen 1,5 und 4 Mio. m², Umsätze in der Regel über 35.000 m².

C-Städte Wichtige deutsche Städte mit regionaler und eingeschränkt nationaler Bedeutung, mit wichtiger Ausstrahlungauf die umgebende Region.

D-Städte Kleine, regional fokussierte Standorte mit zentraler Funktion für ihr direktes Umland; geringeres Marktvolu-men und Umsatz.

Die genaue Zuordnung der Standorte kann der folgenden Listen entnommen werden.

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DIE IMMOBILIENMÄRKTE AUS GESAMTWIRTSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE

Stadt Kategorie

Berlin A

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Page 167: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Imm · PDF fileGesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft im Auftrag von: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung

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A

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Stadt Kategorie

Eisenach D

Flensburg D

Frankfurt (Oder) D

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GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

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