AG Grundkurs Zivilrecht II€¦ · Josef Wittmann Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und...

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Josef Wittmann Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht Email: [email protected] AG Grundkurs Zivilrecht II Sommersemester 2019 Einheit 4 Fall 4: „Bremsversagen“

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  • Josef WittmannLehrstuhl für Bürgerliches Recht und UnternehmensrechtEmail: [email protected]

    AG Grundkurs Zivilrecht IISommersemester 2019

    Einheit 4

    Fall 4: „Bremsversagen“

  • I. Anspruch entstanden

    1. Schuldverhältnis, das in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gewandelt werden kann

    2. Wirksamer Rücktritt

    a) Rücktrittserklärung, § 349 BGB

    b) Vertragliches oder gesetzliches (§§ 323 I, 324, 326 V, 313 III 1 BGB) Rücktrittsrecht

    (1) Anwendbarkeit § 323 I BGB: Ggs. Vertrag

    (2) Nicht (§ 323 I Alt. 1) oder nicht vertragsgemäß (§ 323 I Alt. 2) erbrachte Leistung trotz Fälligkeit und Durchsetzbarkeit

    (3) Erfolgloses Verstreichen einer angemessenen Frist

    (4) Ggf. Interessenfortfall (bei Teilleistung, § 323 V 1 BGB) oder Erheblichkeit der Pflichtverletzung (bei nicht vertragsgemäßer Leistung, § 323 V 2 BGB)

    II. Anspruch nicht erloschen

    • P: Anwendbarkeit § 275 BGB oder Vorrang § 346 II BGB?

    20.05.2019

    Wiederholung:§ 346 I BGB

  • • Ausgangspunkt: § 346 II 2 Hs. 1 BGB → Im Vertrag bestimmte Gegenleistung

    • Teleologische Reduktion, wenn der Rücktritt durch einen Verzug des zum Wertersatz Verpflichteten veranlasst worden ist und der objektive Verkehrswert der Sache den vereinbarten Kaufpreis übersteigt?

    o (-), da die Voraussetzungen einer telelogischen Reduktion fehlen: Die Bindung an das vereinbarte Entgelt steht nicht im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Wertungsentscheidung

    Fortwirkung des Synallagmas auf Ebene der Rückabwicklung (Privatautonomie!)

    Die aufgetretene Störung betrifft allein die Rückabwicklung und nicht die von den Parteien privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede

    • Teleologische Reduktion, wenn der Rücktritt durch eine mangelhafte Leistung veranlasst worden ist

    Hier ist das vertraglich festgelegte Wertgefüge gestört (Rücktrittsschuldner hätte den Gegenstand nicht zu dem vereinbarten Preis erworben, hätte er von dem Mangel gewusst)

    Analoge Anwendung des § 441 III 1 BGB

    20.05.2019

    Wiederholung:Höhe des Wertersatzes nach § 346 II

    BGB

  • I. Schuldverhältnis

    II. Leistungsbefreiung des Schuldners nach § 275 I – III BGB

    III. Kausaler Ersatz (Surrogat)

    • Ursachenzusammenhang zw. Leistungshindernis und Vermögensvorteil („infolge“)

    • h.M.: Ausreichend ist eine wirtschaftliche Einheit zwischen Leistungshindernis und Vermögensvorteil

    Erfasst auch das commodum ex negotiatione

    IV. Rechtsfolge: Herausgabe des empfangenen Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs (sog. stellvertretendes commodum)

    20.05.2019

    Wiederholung:§ 285 BGB

  • Skizze – Fall 4

    20.05.2019

    V

    WZ

    K§ 433 BGB

    § 631 BGB

    § 611 BGB

    - § 831 BGB?

    - § 278 BGB?

    - § 434 BGB?→ § 437 BGB

    - § 831 BGB?

    - § 278 BGB?

    § 929 S. 1 BGB

  • Exkurs: § 278 - § 831

    20.05.2019

    § 278 BGB § 831 BGB

    • Zurechnungsnorm

    • Haftung für fremdes Verschulden

    • Eigenständige AGL im Deliktsrecht

    • Haftung für eigenes Verschulden

    • Schuldverhältnis erforderlich • Schuldverhältnis nicht erforderlich (DeliktsR)

    • Erfüllungsgehilfe: keine Weisungsgebundenheit

    • Verrichtungsgehilfe:Weisungsgebundenheit

    Exkurs: Vergleich § 278 BGB und § 831 BGB

    • Keine Exkulpationsmöglichkeit • Exkulpationsmöglichkeit (§ 831 I 2 BGB)

  • Lösung

    20.05.2019

    A. Anspruch des K gegen W aus eigenem Vertrag (-) W hat den Inspektionsauftrag von V erhalten, so dass nur ein Vertrag

    zwischen V und W, nicht aber zwischen K und W zustande gekommen ist

    B. Anspruch des K gegen W aus § 823 I BGBK könnte gegen W einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 3.000€ aus § 823 I BGB haben.

    I. Rechtsgutverletzung Verletzung des Eigentums des K denkbar Eigentumsverletzung: Erforderlich ist eine Einwirkung auf die Sache selbst

    (z.B. Sachbeschädigung und –zerstörung, Entzug und Vorenthaltung des Besitzes)

    Eigentum des K? Ford Focus wurde dem K von V übereignet gem. § 929 S. 1 BGB

    Verletzung des Eigentums? Durch den Unfall wurde die Sachsubstanz des Fahrzeugs und damit das Eigentum des K verletzt

  • Lösung

    20.05.2019

    (P) Weiterfresserschaden?

    o Keine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 I BGB liegt vor, wenn der Schaden mit dem bei Gefahrübergang vorhandenen Mangel der Kaufsache stoffgleich ist (Hintergrund: Abgrenzung zum kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrecht)

    o Stoffgleichheit liegt dann nicht vor, wenn der Mangel ursprünglich auf einen abgrenzbaren Teil der Sache beschränkt war und der hieraus erwachsende Schaden weit über die ursprüngliche Mangelhaftigkeit hinausgeht (dann: Integritätsinteresse betroffen!).

    o Indizien: Das mangelhafte Teil einer Sache ist funktionell begrenzt, leicht austauschbar und gegenüber dem Gesamtwert der Sache von geringem Wert.

    o hier: Bremsflüssigkeit hätte vor dem Unfall ohne großen Aufwand aufgefüllt werden können; Schaden durch Unfall geht weit über die ursprüngliche Mangelhaftigkeit hinaus.

    II. Durch ein Verhalten des Schädigers Handeln Unterlassen hier: Unterlassenes Auffüllen der Bremsflüssigkeit als Anknüpfungspunkt =

    Unterlassen

  • Lösung

    20.05.2019

    Unterlassen steht einem positiven Handeln nur gleich, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht

    o Quelle möglicher Handlungspflichten: Verkehrs(sicherungs)pflicht

    Def.: Pflicht desjenigen, der eine Gefahrenquelle schafft oder beherrscht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.

    hier: Eigene Verkehrspflichtverletzung des W (-), denn:

    • W hat die Bremsen nicht selbst inspiziert

    • Vielmehr hat er die Aufgabe dem Z übertragen, der in der Folge pflichtwidrig gehandelt hat

  • Lösung

    20.05.2019

    C. Anspruch des K gegen W aus § 831 I 1 BGBK könnte gegen W einen Anspruch aus § 831 I 1 BGB haben.Prüfungsschema:

    I. VerrichtungsgehilfeII. Erfüllung des objektiven Tatbestands einer unerlaubten Handlung durch

    den Verrichtungsgehilfen (und Rechtswidrigkeit des Handelns)III. In Ausführung der VerrichtungIV. Keine Exkulpation nach § 831 I 2 BGBV. Rechtsfolge

    I. Verrichtungsgehilfe

    Def.: Verrichtungsgehilfe ist, wem von einem anderen, in dessen Einflussbereich er allgemein oder im konkreten Fall tätig wird und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht (sog. Weisungsabhängigkeit), eine Tätigkeit übertragen worden ist.

    Weisungsabhängigkeit des Z (+) → Arbeitsvertrag i.V.m. § 106 GewO (Direktionsrecht)

    Inspizieren der Bremsen ist Handeln in Ausführung der Verrichtung (s.o. unter III.)

    II. Erfüllung des objektiven Tatbestands einer unerlaubten Handlung durch Z(+), Erfüllung des Tatbestands des § 823 I BGB durch Unterlassen des Nachfüllens der

    Bremsflüssigkeit

  • Lösung

    20.05.2019

    III. Keine Exkulpation nach § 831 I 2 BGB

    W darf sich als Geschäftsherr nicht nach § 831 I 2 BGB exkulpieren können

    Der Geschäftsherr kann den Entlastungsbeweis führen, wenn er nachweisen kann, dass er bei Auswahl, Anweisung und Überwachung des Gehilfen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder der Schaden auch bei der Einhaltung dieser Sorgfalt entstanden wäre.

    hier:

    • Sorgfältige Auswahl des Z und Instruktionen durch W

    • Auch kein Überwachungsverschulden (Gedanke: Der Gehilfe muss zur Zeit der Vornahme der Verrichtung auch noch ordnungsgemäß ausgewählt sein)

    Angesichts des störungsfreien Arbeitsverhältnisses bestand kein Anlass für W, den Z bei der Inspektion zu beaufsichtigen

    W hat daher die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet und kann sich nach § 831 I 2 BGB exkulpieren

    IV. Zwischenergebnis: K hat gegen W keinen Anspruch aus § 831 I 1 BGB.

  • Skizze

    20.05.2019

    V

    WZ

    K§ 433 BGB

    § 631 BGB

    § 611 BGB

    - § 831 BGB?

    - § 278 BGB?

    - § 434 BGB?→ § 437 BGB

    Ein Schutzbereich?

    - § 831 BGB?

    - § 278 BGB?

  • Lösung

    20.05.2019

    D. Anspruch des K gegen W aus §§ 631, 634 Nr. 4, 280 I, 241 II BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte

    K könnte gegen W einen Schadensersatzanspruch aus §§ 631, 634 Nr. 4, 280 I, 241 II BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte haben.

    I. Schuldverhältnis

    Mögliches Schuldverhältnis: Werkvertrag gem. § 631 BGB im Verhältnis V –W

    (P) Relativität der Schuldverhältnisse: K ist nicht Vertragspartner des W und kann daher grundsätzlich keine Ansprüche aus dem Werkvertrag zwischen V und W herleiten

    Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 BGB? (-), keine Einigung zwischen V und W, dass dem K als Drittem eigene Ansprüche aus dem Werkvertrag zustehen sollen

    K könnte jedoch in den Schutzbereichs des zwischen V und W bestehenden Werkvertrags einbezogen sein

    Folge: Dann bestünden die Sekundärpflichten aus diesem Vertrag auch gegenüber dem Dritten K, der bei Verletzung einen SEA aus §§ 280, 241 II BGB geltend machen könnte

  • Lösung

    20.05.2019

    Fortsetzung: I. Schuldverhältnis

    K könnte jedoch in den Schutzbereichs des zwischen V und W bestehenden Werkvertrags einbezogen sein:

    o Dogmatische Einordnung umstritten:• e.A. Ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB• a.A. § 311 III 1 BGB• a.A. gewohnheitsrechtlich begründete Haftung• a.A. Erweiterung des Schuldverhältnisses gem. § 242 BGB

    o Voraussetzungen des Einbezugs:1. Leistungsnähe2. Gläubigernähe3. Erkennbarkeit4. Schutzbedürftigkeit/Subsidiarität

    1. Leistungsnähe Def.: Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung

    kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger

    hier: Auftrag des V an W zur Inspektion der Bremsen des Fahrzeugs des K zur Vorbereitung der Übergabe an diesen

  • Lösung

    20.05.2019

    Fortsetzung: 1. Leistungsnähe

    hier: Auftrag des V an W zur Inspektion der Bremsen des Fahrzeugs des K zur Vorbereitung der Übergabe an diesen Gemäß der Vereinbarung sollte sich das Fahrzeug nach der Inspektion im Besitz

    des K befinden Folge: K kam bestimmungsgemäß mit der Leistung des W in Berührung und war

    den Gefahren einer Schutzpflichtverletzung ebenso ausgesetzt wie V ZE: Leistungsnähe (+)

    2. Gläubigernähe Def.: Ein besonderes Interesse des Gläubigers (hier V) an der Einbeziehung des Dritten

    (hier K) in den Vertrag.

    Genaue Anforderungen haben sich mit der Zeit gewandelt:

    o Frühere Auffassung: Besonderes Interesse nur zu bejahen, wenn der Gläubiger für „Wohl und Wehe“ des Dritten einzustehen hat (→ hauptsächlich (Rechts-)Verhältnisse mit personenrechtlichen Einschlag) Gläubiger und Dritter haben die gleichen Interessen

    o Heute: Bei reinen Vermögensschäden kann Gläubigernähe trotz gegenläufiger Interessen bestehen. Wenn die dem Gläubiger geschuldete Leistung bestimmungsgemäß dem

    Dritten zu Gute kommen soll oder zumindest in dessen Interesse liegt

    hier: Bremsinspektion sollte K zu Gute kommen Gläubigernähe (+)

  • Lösung

    20.05.2019

    3. Erkennbarkeit

    Def.: Leistungs- und Gläubigernähe müssen für den Schuldner erkennbar sein.

    hier: Für W erkennbar, dass Schutzpflichtverletzungen den K als künftigen Besitzer treffen können und die Inspektion dem K zugute kommen wird

    4. Schutzbedürftigkeit/Subsidiarität

    Def.: Die Schutzbedürftigkeit fehlt insbesondere, wenn der Dritte wegen des Sachverhalts, der die Schutzpflichtverletzung begründet, einen inhaltsgleichen, vertraglichen Anspruch hat.

    Vorliegend denkbar: Anspruch K V aus §§ 280 I, 437 Nr. 3 BGB

    Prüfungspunkte:

    a) Voraussetzungen des § 437 BGB: Kaufvertrag, Sachmangel bei Gefahrübergang, kein Ausschluss der Gewährleistung

    b) Voraussetzungen des § 280 I BGB: SV, PV, Vertretenmüssen, kausaler Schaden

    a) Voraussetzungen des § 437 BGBaa) Kaufvertrag zwischen V und K (+)

    bb) Sachmangel bei Gefahrübergang (§ 434 BGB)

  • Lösung

    20.05.2019

    Fortsetzung: a) § 437 BGB, bb) Sachmangel bei Gefahrübergang

    • § 434 I 1 BGB (vereinbarte Beschaffenheit): sicher funktionierende Bremsen → Fahrzeug hatte zu wenig Bremsflüssigkeit und damit nicht die von K und V vereinbarte Beschaffenheit

    • § 434 I 2 Nr. 2 BGB: Das Fahrzeug eignet sich mangels Bremsfunktion nicht für die gewöhnliche Verwendung als Fortbewegungsmittel und weist zudem nicht die bei einem Fahrzeug zu erwartenden Beschaffenheit auf, so dass auch ein Sachmangel i.S.v. § 434 I 2 Nr. 2 BGB gegeben ist

    Hinweis: § 434 I 2 Nr. 2 BGB reicht wegen der negativen Formulierung, dass sich die Kaufsache alternativ nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder nicht die gewöhnliche Beschaffenheit aufweist

    o bei Gefahrübergang (= Übergabe, § 446 S. 1 BGB) (+)

    b) Voraussetzungen des § 280 I BGB:

    aa) Schuldverhältnis (= Kaufvertrag) und Pflichtverletzung (= mangelhafte Leistung, § 433 I 2 BGB) (+)

    bb) Vertretenmüssen, § 280 I 2 BGB(1) Eigenes Vertretenmüssen des V?

    o (P) Widerlegung der Vermutung des § 280 I 2 BGB durch V?o Zwar keine Kenntnis des Mangels bei V, aber womöglich fahrlässige

    Unterlassung einer Untersuchungspflicht

  • Lösung

    20.05.2019

    Fortsetzung: b) § 280 I BGB bb) Vertretenmüssen, § 280 I 2 BGB

    o Zwar keine Kenntnis des Mangels bei V, aber womöglich fahrlässige Unterlassung einer Untersuchungspflicht:

    • Grundsatz: Ein Verkäufer muss die Kaufsache nicht auf nicht offensichtliche Mängel untersuchen.

    • Besonderheit des Falles: Vereinbarung einer Übergabeinspektion durch V und K Folge: Pflichtenprogramm des § 433 BGB auf Untersuchung der Sache durch den Verkäufer erweitert

    • Im Fall allerdings keine eigene Untersuchung durch V, sondern Übertragung auf W:

    Keine eigene Fahrlässigkeit des V mangels eigener Untersuchung

    Denkbar nur Auswahlverschulden hinsichtlich der Werkstatt, hier aber keine Anhaltspunkte („renommierte Werkstatt“)

    o Ein eigenes Vertretenmüssen der V scheidet aus, die Vermutung des § 280 I 2 BGB kann V insoweit widerlegen

    (2) § 278 S. 1 BGB

    V könnte aber ein etwaiges Verschulden des W wie eigenes zu vertreten haben gemäß § 278 S. 1 BGB.

  • Lösung

    20.05.2019

    (2) § 278 S. 1 BGBV könnte aber ein etwaiges Verschulden des W wie eigenes zu vertreten haben gemäß § 278 S. 1 BGB.

    i. Bestehen eines Schuldverhältnisses (+) Kaufvertrag K - V

    ii. Erfüllungsgehilfe (muss gehandelt haben)

    Def.: Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Pflichtenkreis tätig wird.

    • Untersuchung und ggf. Reparatur der Bremsen gehörte zum vertraglichen Pflichtenprogramm der V gegenüber K

    • V hat sich bei der Erfüllung dieser Verbindlichkeit des W bedient, der mit ihrem Wissen und Wollen tätig wurde

    • W war daher Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 S. 1 BGB

    iii. Verschulden des Erfüllungsgehilfen

    • W wiederum setzte bei seiner Verpflichtung gegenüber der V seinen Angestellten Z ein, der daher sein Erfüllungsgehilfe war

    • W hat somit die Fahrlässigkeit des Z bei der Untersuchung der Bremsflüssigkeit gemäß § 278 S. 1 BGB zu vertreten (= Inzidentprüfung)

    • ZE: Ein Verschulden des W liegt daher vor

    iv. In Erfüllung der Verbindlichkeit (+)

    v. ZE: V hat das Verschulden (hier: Fahrlässigkeit) des Erfüllungsgehilfen W nach §278 S. 1 wie eigenes und damit auch die mangelhafte Leistung zu vertreten.

  • Lösung

    20.05.2019

    cc) Kausaler Schaden Schaden: Ein Schaden liegt nach der Differenzhypothese vor, wenn das

    jetzige tatsächliche Vermögen geringer ist als es ohne das schädigende Ereignis wäre.

    Gemäß § 249 I BGB könnte K verlangen, dass V den Zustand herstellt, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre: Ohne den Mangel am Fahrzeug wäre der Blechschaden nicht entstanden und K könnte verlangen, dass V das Fahrzeug repariert, sog. Naturalrestitution

    Alternativ dazu kann K – da es sich um die Beschädigung einer Sache handelt – gemäß § 249 II BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Betrag, d.h. die Zahlung von 3.000 € als Schadensersatz fordern

  • Lösung

    20.05.2019

    c) Zwischenergebnis K hat gegen V einen, dem gegenüber W geltend gemachten

    Schadensersatzanspruch inhaltsgleichen, vertraglichen Anspruch aus §§ 280 I, 437 Nr. 3 BGB.

    Er ist daher gegenüber W nicht schutzbedürftig und muss somit nicht in den Schutzbereich des Vertrags zwischen V und W einbezogen werden

    II. ZE: K hat gegen W keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II, 631, 634 Nr. 4 i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte.

    Hinweis: Aus didaktischen Gründen wurde der Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB, 631, 634 Nr. 4 i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte (VSD) erst nach den deliktischen Ansprüchen geprüft. In einer Klausur wäre die umgedrehte (= gewöhnliche) Prüfungsreihenfolge zu empfehlen.

    E. ErgebnisK hat gegen W weder einen vertraglichen noch einen deliktischen Anspruch auf Ersatz der 3.000 €.

  • Exkurs: VSD - DSL

    20.05.2019

    Exkurs: Abgrenzung Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) vs. Drittschadensliquidation (DSL)

    VSD DSL

    Haftungserweiterung des Schuldners durchzusätzliche Verpflichtung:• Es wird ein neuer Anspruch geschaffen. „Das Schuldverhältnis wird zum Schaden

    gezogen“

    Reine Risikoverlagerung: • Im Ausgangspunkt fallen Anspruch

    (Vertragspartner) und Schaden (Dritter) auseinander.

    • Ein Schaden, der nicht bei dem Vertragspartner, sondern bei einem Dritten eintritt, darf ausnahmsweise vom Vertragspartner geltend gemacht werden.

    „Der Schaden wird zum Anspruch gezogen“ Eine ungerechtfertigte, weil für den Schädiger

    zufällige, Entlastung soll vermieden werden.

    • Bei der VSD klagt der Geschädigte aus einemfremden Vertrag

    Durchbrechung der Relativität des Schuldverhältnisses

    • Bei der DSL klagt der Nichtgeschädigte wegen eines fremden Schadens

    • Der Dritte kann von dem Vertragspartner analog § 285 BGB Herausgabe des SE-Anspruchs / des daraus Erlangten verlangen.

    • Prüfungspunkt: Schuldverhältnis i.R.d. § 280 I • Prüfungspunkt: Korrektur der Differenzhypothese i.R.d. §§ 249 ff.