Agrarforschung Schweiz, Heft 5, Mai 2014
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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
M a i 2 0 1 4 | H e f t 5
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Umwelt Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift Seite 172
Pflanzenbau Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem Seite 196
Nutztiere Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) Seite 204
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;
Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21,Fax +41 58 466 73 00, E-Mail: [email protected]
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1 E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00
AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
171 Editorial
Umwelt
172 Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risiko-mindernde Massnahmen bezüglich Abdrift
Simon Schweizer, Heinrich Höhn, Daniel Ruf,
Pierre-Henri Dubuis und Andreas Naef
Umwelt
180 Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risiko-mindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung Irene Hanke, Thomas Poiger, Annette P. Aldrich
und Marianne E. Balmer
Umwelt
188 Heubläser als Alternative zum Heu-rechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
Nina Richner, Léonie Durocher, Hanspeter
Rohrer und Thomas Walter
Pflanzenbau
196 Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
Ute Vogler, Romana Schmon, Melanie Jänsch
und Werner E. Heller
Nutztiere
204 Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) Silvia Ampuero Kragten und Ueli Wyss
Kurzbericht
212 Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt
Giulia Listorti und Axel Tonini
216 Porträt
217 Aktuell
219 Veranstaltungen
Sortenliste
Beilage Liste der empfohlenen Winterrapssorten für die Ernte 2015
Alice Baux, Carolin Luginbühl und
Yves Grosjean
Spezialpublikation
Beilage Agroscope
InhaltMai 2014 | Heft 5
Bei der Sprühanwendung von Pflanzenschutzmitteln werden Gewässer und weitere Flächen durch Abdrift belastet. Forschende von Agroscope untersuchen abdriftmindernde Massnahmen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
Editorial
171Agrarforschung Schweiz 5 (5): 171, 2014
Liebe Leserin, lieber Leser
Pflanzenschutzmittel (PSM) sind aus einer produktiven Landwirtschaft nicht
wegzudenken. Sie ermöglichen auf wirkungsvolle Art, Ertragsverluste durch
Krankheiten und Schädlinge zu minimieren oder die unerwünschte Konkur-
renz durch Unkräuter zu reduzieren. PSM unterstützen aber nicht nur einen
effizienten Pflanzenbau; da sie gegenüber Schadorganismen toxisch wirken,
bergen sie auch Risiken für Nicht-Ziel-Organismen in terrestrischen und
aquatischen Ökosystemen. Um diese Risiken auf ein akzeptables Niveau zu
senken, sollen PSM nur so viel wie nötig eingesetzt werden. Zudem sollen bei
einem Einsatz Emissionen so weit wie möglich verhindert und besonders sen-
sible Organismen möglichst wenig exponiert werden.
Gestützt auf die seit 2010 in Kraft getretene neue Pflanzenschutzmittel-
verordnung (PSMV) werden bereits zugelassene PSM regelmässig neu evalu-
iert oder aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gezielt überprüft.
Diese Überprüfung führt besonders bei älteren Wirkstoffen häufig zu einer
Neueinstufung der Risiken und zum Teil zu verschärften Auflagen für die
Anwendung; beispielsweise werden Sicherheitsabstände zu Oberflächen-
gewässern und zu besonders schützenswerten Biotopen erhöht. Der Preis für
den besseren Schutz der Umwelt ist dabei der Verlust an kultivierbarer Flä-
che. Vor dem Hintergrund dieser Problematik beauftragte das Bundesamt
für Landwirtschaft BLW die Forschungsanstalt Agroscope, praxistaugliche
Massnahmen zu entwickeln, die es erlauben, PSM-Emissionen aus behandel-
ten Kulturen zu reduzieren und entsprechend die Sicherheitsabstände zu
verkleinern, ohne die Umwelt zu gefährden. In einem ersten Schritt konzen-
trierte man sich auf Abdrift und oberflächliche Abschwemmung als wichtige
Emissionsquellen (vgl. die entsprechenden Artikel in diesem Heft S. 172 und
180). Da zurzeit EU-weit ebenfalls Anstrengungen zur Risikominderung beim
Einsatz von PSM unternommen werden, suchten die Experten von Agroscope
den Austausch mit Kollegen im europäischen Umfeld. Das Resultat: eine Liste
von Massnahmen, die vergleichbar sind mit den Vorkehrungen, die in Nach-
barländern diskutiert werden.
Im Rahmen eines Workshops mit Vertretern der kantonalen Pflanzen-
schutzdienste und Fachstellen wurden die vorgeschlagenen Massnahmen
auf ihre Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit geprüft und angepasst. Die
Massnahmen zur Reduktion der Abdrift und zum Schutz von Nicht-Ziel-
Arthropoden in Naturschutzgebieten wurden in der Folge als Weisung for-
muliert, die vom BLW Ende 2013 publiziert und Anfang 2014 in Kraft gesetzt
wurde. Die Massnahmen zur Reduktion der oberflächlichen Abschwemmung
werden 2014 mit den Massnahmen zum Erosionsschutz abgeglichen und vor-
aussichtlich 2015 als Weisung publiziert.
Mit der Umsetzung risikomindernder Massnahmen beim Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln in der Praxis wird sich zeigen, dass sich eine effiziente
Landwirtschaft und ein wirkungsvoller Umweltschutz durchaus vereinbaren
lassen.
Benno Graf, Koordinator PSM-Prüfung, Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB
Risiken mindern beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
172 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
tion in der Schweiz und der EU weitgehend harmonisiert.
Bei der Abschätzung der Exposition (PEC = Predicted
Environmental Concentration) gibt es gewisse Unter-
schiede.
Für die Einschätzung der durch Abdrift verursachten
Umweltrisiken muss bekannt sein, wieviel PSM tatsäch-
lich verfrachtet und ausserhalb der Kultur abgelagert
wird. Diese Frage wird schon seit einiger Zeit von ver-
schiedenen Versuchsinstitutionen verfolgt und es wurde
eine grosse Zahl von Messungen in unterschiedlichen
Kulturen durchgeführt. Für die Abschätzung der Abdrift
werden von vielen Behörden in Europa und auch in der
Schweiz standardisierte, kulturspezifische Depositions-
funktionen herangezogen, welche auf zahlreichen Pra-
xismessungen basieren (Ganzelmeier et al. 1995; FOCUS
2001; Rautmann et al. 2001).
U m w e l t r i s i k o d u r c h A b d r i f t
Bei jeder Sprühapplikation von Pflanzenschutzmitteln
(PSM) entsteht Abdrift: Wirkstoffhaltige Tröpfchen, die
ausserhalb des Zielbereichs abgelagert werden (Abb. 1).
Dieser direkte Eintrag in sensible Nichtzielflächen
(Gewässer und andere Biotope) stellt einen Teil der
Umweltbelastung durch PSM dar.
Risikobeurteilung
Die ökotoxikologische Risikobeurteilung für einen
Pflanzenschutzmitteleinsatz basiert auf der Toxizität
(Giftigkeit) des Wirkstoffes und der zu erwartenden
Exposition (Kontakt mit dem Wirkstoff) von Nichtziel-
organismen. Die Verfahren zur Beurteilung der Toxizi-
tät sind bezüglich Datenanforderungen und Interpreta-
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich AbdriftSimon Schweizer, Heinrich Höhn, Daniel Ruf, Pierre-Henri Dubuis und Andreas Naef
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz
Auskünfte: Simon Schweizer, E-Mail: [email protected]
U m w e l t
Abb. 1 | Sichtbare Abdrift bei einer Pflanzenschutzmittelapplikation im Weinbau. (Foto: Simon Schweizer, Agroscope)
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift | Umwelt
173
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Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
Bei der Sprühapplikation von Pflanzenschutz-
mitteln (PSM) werden Gewässer und andere
Nichtzielflächen durch Abdrift belastet:
Wirkstoffhaltige Tröpfchen werden verfrach-
tet und ausserhalb der Zielfläche abgelagert.
Bei der Zulassung eines PSM wird das durch
Abdrift verursachte Risiko für Nichtzielorga-
nismen abgeschätzt. Wenn nötig, werden
wirkstoff- und anwendungsspezifische
Abstandsauflagen (Sicherheitsabstand mit
Einsatzverbot) zwischen 6 und 100 m zu
Oberflächengewässern und anderen Bio-
topen verfügt, um das Risiko für Wasser-
organismen und terrestrische Nichtzielarthro-
poden auf einem akzeptierbaren Mass zu
halten. Abdriftmindernde Massnahmen
reduzieren den Eintrag in Nichtzielflächen
und erlauben damit eine Reduktion der
verfügten Abstände. Die anerkannten
Massnahmen und die damit möglichen
Verkleinerungen der Abstandsauflagen sind
in der neuen Weisung des Bundesamtes für
Landwirtschaft vom November 2013 definiert.
Eine zentrale Aussage der Untersuchungen zu Abdrift ist,
dass die Deposition von PSM mit zunehmendem Abstand
von der Applikationsfläche schnell abnimmt (Abb. 2).
Einflussfaktoren der Abdrift
Abdrift ist ein dynamischer Prozess, welcher durch viel-
fältige Faktoren beeinflusst wird. Wichtig sind dabei
Witterung, Applikationstechnologie sowie Geräteein-
stellungen und Vorgehen beim Sprühen. Grundsätzlich
gilt: je kleiner ein Tröpfchen, desto leichter kann es
durch Luftbewegungen (Wind, Thermik, Gebläse) ver-
frachtet werden.
Das Wetter ist wichtig, nicht nur in Bezug auf die
Windverhältnisse. Tiefe Luftfeuchtigkeit oder hohe Tem-
peraturen beschleunigen das Verdunsten der schweben-
den Tröpfchen, welche so schnell kleiner und somit
abdriftgefährdet werden. Gute Agronomische Praxis
(GAP) beachtet das Wetter und hält sich an Vorgaben.
Bestimmungen für die Schweiz werden von BAFU und
BLW (2013) herausgegeben.
Art und Stadium der Kultur sind entscheidende Vor-
aussetzungen für die Einschätzung der Abdrift. Hochge-
wachsene Raumkulturen wie etwa Kernobst benötigen
eine Applikationstechnik, welche die Tröpfchen in der
ganzen Höhe der Pflanzen verteilt. Die Abdrift ist dabei
wesentlich grösser als bei einem gerade nach unten
sprühenden, tief geführten Spritzbalken im Ackerbau.
Im Jahresverlauf verändert sich die Belaubung aller
Kulturen. Gut entwickelte Belaubung fängt mehr des
ausgebrachten PSM auf als eine Pflanze im Keim- oder
0,01
0,1
1
10
1 10 100
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enge
Abstand vom Feldrand [m]
Messwerte, 90. Perzentile (Ganzelmeier et al. 1995)
Basic drift values auf Basis 90. Perzentile (Rautmann et al. 2001)
Abb. 2 | 90. Perzentile der Messwerte für die Deposition durch Abdrift aus Obstanlagen im frühen Vegetationsstadium (Ganzel-meier et al. 1995) und daraus abgeleitete standardisierte Depositionsfunktion (Rautmann et al. 2001) in doppelt logarithmischer Darstellung.
Umwelt | Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift
174 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
Knospenstadium. Die nicht im Laub abgelagerte Spritz-
brühe kann leicht als Abdrift verfrachtet werden. Die
Beurteilung der Abdrift muss deshalb kultur- und stadi-
umspezifisch erfolgen.
Das Ausmass der Abdrift kann durch die verwendete
Applikationstechnologie sowie durch deren korrekte
Einstellung massgeblich verringert werden. Der Einsatz
von gut gewarteten und eingestellten Geräten ist eben-
falls ein Grundsatz der GAP und wird bei der Einschät-
zung der Abdrift vorausgesetzt. Moderne abdriftredu-
zierende Applikationstechnologie kann die Abdrift im
Vergleich zu Standardtechnik jedoch massgeblich ver-
mindern.
R i s i k o m i n i m i e r e n
Möglichkeiten zur Risikominderung
Die Toxizität eines Pflanzenschutzmittels kann vom
Anwender nicht beeinflusst werden. Die Exposition von
Nichtzielorganismen kann hingegen massgeblich redu-
ziert werden. Risikominderung beschränkt sich bei
einem gegebenen Wirkstoff also auf eine Minimierung
der Deposition ausserhalb der Zielfläche.
Die einfachste Massnahme, um die PSM-Deposition in
einer geschützten Fläche zu reduzieren, ist das Einhalten
von Sicherheitsabständen (Pufferzonen). Anhand der
Depositionsfunktion kann berechnet werden, welcher
Abstand nötig ist. Solche Pufferzonen haben aber den
Nachteil, dass sie Teile der Kulturfläche in der Bewirt-
schaftung einschränken.
Es gibt verschiedene Alternativen zu Pufferzonen,
um die Menge des abgelagerten PSM zu reduzieren,
indem sie die Depositionsfunktion an sich verändern:
Applikationstechnik (Düsen, Luftunterstützung, Geblä-
setechnik), physische Barrieren (Netze oder Hecken),
Vorgehen beim Sprühen (Geräteeinstellungen, Spritz-
druck, Fahrgeschwindigkeit, Gebläseleistung, einseitig
Sprühen).
In Europa kommen verschiedene Konzepte zur
Bewertung dieser Massnahmen und damit zur ange-
strebten Verringerung der Pufferdistanzen zur Anwen-
dung: Kombinierbare Massnahmen in Kategorien (z.B.
Belgien), Konzeptlösungen (z.B. LERAP in Grossbritan-
nien oder «Verlustarm Sprühen» im Bodenseeraum),
Typenlisten für Geräte und Düsen mit genau definierten
Einstellungen (z.B. Deutschland, Niederlande, Öster-
Abb. 3 | Abschätzung der produktiven Fläche in Pufferzonen. Die Zone bis 6 m vom Ufer des Bachs umfasst hier keine Produktionsfläche, bis 20 m einen schmalen Streifen, bei 50 und 100 m wesentliche Teile der Parzellen. Daten: ThurGIS (1985); ThurGIS (2012). Kartenhinter-grund: swissimage (2009).
Gewässer
Nutzung
Obst
Fruchtfolgefläche
Pufferzonen
6 m
20 m
50 m
100 m0 250 500125 m
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift | Umwelt
175Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
A n p a s s u n g d e r B L W - W e i s u n g b e z ü g l i c h A b d r i f t
Die bestehende Weisung (BLW 2008) zur Verminderung
von Abdrift und damit zur Verkleinerung der verfügten
Pufferzonen wurde der aktuellen Situation immer weni-
ger gerecht. Einerseits wurden für immer mehr PSM Puf-
ferzonen verfügt, auch für bereits zugelassene (vgl. Edi-
torial in diesem Heft), da sich in den letzten Jahren die
Beurteilungskriterien verändert haben. Andererseits
wurden z.T. Pufferzonen von 100 m Breite verfügt, wel-
che mit der bestehenden Weisung nicht reduziert wer-
den konnten. Die Weisung berücksichtigte ausserdem
nur zwei abdriftmindernde Massnahmen, welche sehr
vage formuliert waren. Dies wurde der aktuellen techni-
schen Situation nicht mehr gerecht, da heute diverse
Möglichkeiten zur Verfügung stehen, Abdrift effektiv zu
reduzieren.
Das Bundesamt für Landwirtschaft BLW gab Agro-
scope den Auftrag, die Situation zu analysieren und
einen Vorschlag zur Überarbeitung der Weisung auszu-
arbeiten. Die neu entwickelte Weisung (BLW 2013a)
wurde Ende 2013 durch das BLW in Kraft gesetzt.
Anforderungen an die neue Weisung
Die Ziele für die neue Weisung waren grundsätzlich die
gleichen, die bereits mit der bestehenden verfolgt wur-
den: Die durch Abdrift verursachte Deposition von PSM
ausserhalb einer Kultur muss mit geeigneten Massnah-
men reduziert werden können, um damit verfügte Puf-
ferzonen zu verkleinern, ohne dabei das Umweltrisiko
zu erhöhen. Neu sollte eine Handhabe für die 100 m –
Pufferzonen eingebunden und eine grössere Bandbreite
an möglichen Massnahmen berücksichtigt werden. Die
Massnahmen im Einzelnen wie auch die Weisung als
Ganzes mussten einfach verständlich, robust, umsetzbar
und kontrollierbar sein.
Die bisher existierenden risikomindernden Massnah-
men berücksichtigten ausschliesslich Oberflächengewäs-
ser und die darin lebenden Organismen. Ein weiteres
Ziel für die neue Weisung war es, die risikomindernden
Massnahmen auf terrestrische Lebensräume auszudeh-
nen, um in Zukunft auch den Schutz von Nichtzielarthro-
poden (NTA, engl.: Non Target Arthropods) zu gewähr-
leisten.
Vorgehen
Die Entwicklung der neuen Weisung gliederte sich in
zwei Blöcke. Auf der einen Seite stand die wissenschaft-
liche Aufgabe, die Abdrift und die Wirksamkeit der min-
dernden Massnahmen zu beurteilen und zu quantifizie-
ren. Der zweite Teil betraf die Ausarbeitung einer
reich), Kombinationen der genannten Konzepte (z.B.
Österreich, Frankreich). Die Vielfalt dieser Bestimmun-
gen zeigt, dass abdriftreduzierende Massnahmen und
deren Effektivität einerseits schwer zu fassen und ande-
rerseits in ständiger Entwicklung stehen.
Situation in der Schweiz
Im Rahmen der Zulassung von PSM werden einerseits die
Wirksamkeit und andererseits die Risiken für Mensch
und Umwelt beurteilt. Hierbei werden die einzelnen
Anwendungen (Kultur, Indikation) getrennt betrachtet.
Kann ein inakzeptables Risiko für Nichtzielorganismen
nicht ausgeschlossen werden, wird ein PSM nur unter
Auflagen oder gar nicht zugelassen.
Zum Schutz von Gewässern gelten für die Anwen-
dung von PSM in der Schweiz Abstandsbestimmungen.
Der absolute Mindestabstand zu Gewässern für alle
PSM-Anwendungen beträgt in der Schweiz 3 m gemäss
Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV
2005) und 6 m für Betriebe, die den ökologischen Leis-
tungsnachweis (ÖLN) erbringen (BLW 2013b).
In Fällen, in denen die abdriftbedingte Deposition
eines PSM in Gewässer als zu hoch eingestuft wird,
werden zusätzliche Abstandsauflagen verfügt. Die
Breiten dieser Pufferzonen sind in den Sicherheits-
sätzen SPe 3 aufgeführt und können 6, 20, 50 oder
100 m betragen. Diese Pufferzonen bedeuten Ein-
schränkungen für die Bewirtschaftung. Wie gross die
betroffene produktive Fläche der Schweizer Landwirt-
schaft ist, wurde in einer eigenen Erhebung mittels
Geoinformationssystem (GIS) für die Kantone TG, ZH,
VD und VS abgeschätzt.
Bei einer generellen Abstandsauflage von 20 m zu
Oberflächengewässern wären rund 3 % des Obstbau-,
Rebbau- und Ackerlandes betroffen. Für einen generel-
len Abstand von 100 m wurden Werte von über 20 %
geschätzt (Abb. 3). Um diese Flächenanteile klein zu hal-
ten, besteht ein grosses Interesse, die Abdrift an sich zu
reduzieren und damit insbesondere die grossen Sicher-
heitsabstände zu verkleinern.
Bereits 2008 wurde durch das BLW eine Regelung
bezüglich Risikominderungsmassnahmen (RMM) erlas-
sen: «Weisungen betreffend der Sicherheitsabstände,
die bei Oberflächengewässern einzuhalten sind, und der
Massnahmen, die eine Reduktion dieser Abstände erlau-
ben» (BLW 2008). Es wurden zwei Möglichkeiten aufge-
führt, um Abstände von 20 oder von 50 m zu reduzieren:
a) Sprühgeräte mit Anti-Drift-Vorrichtung und b) Vege-
tationsgürtel von mindestens drei Metern Breite und
mindestens so hoch wie die behandelte Kultur. Es
bestand keine Option zur Reduzierung eines Sicherheits-
abstands von 100 m.
Umwelt | Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift
176 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
Regelung, welche die Abdriftminderung effektiv
gewährleisten kann und im heterogenen Feld der
Schweizer Landwirtschaft anwendbar ist. Die hier aufei-
nandertreffenden unterschiedlichen Interessen mussten
dabei gleichermassen berücksichtigt werden.
Die Arbeit gliederte sich in folgende wesentliche
Schritte:
•• Sichtung und Bewertung der internationalen For-
schungsergebnisse zu Abdrift und abdriftmindernden
Massnahmen,
•• eigene Versuche zur Wirkung von abdriftmindernden
Massnahmen (Schweizer et al. 2013, weitere Versuche
in Arbeit) und zur PSM-Wirksamkeit beim Einsatz der-
selben (Höhn et al. 2014),
•• Vergleich der Konzepte zur Risikominderung (Gewäs-
ser und NTA) in verschiedenen Ländern,
•• Entwurf der Weisung in Zusammenarbeit und regel-
mässiger Absprache mit Vertretern der Bewilligungs-
behörde am BLW,
•• Evaluation des Entwurfs im Rahmen eines Workshops
am 10. September 2013 mit Vertretern des BLW, der
Kantone (Kantonale Pflanzenschutzdienste, Fachstel-
len für Obst-, Wein- und Gemüsebau) und Agroscope
(Pflanzenschutzchemie, Ökotoxikologie, Pflanzen-
schutz und Extension).
Abdriftmindernde Massnahmen
Die Bewertung der Effektivität von abdriftmindernden
Massnahmen erfolgte in Zusammenarbeit mit anderen
Instituten und Beratungsorganisationen und auf Grund-
lage der internationalen wissenschaftlichen Dokumen-
tation. Überdies wurden eigene Untersuchungen zu
abdriftreduzierenden Massnahmen durchgeführt. Dabei
wurde die Abdriftminderung an sich betrachtet, aber
auch, ob die erwünschte Wirkung der PSM in den Kultu-
ren gewährleistet bleibt (Schweizer et al. 2013; Höhn
et al. 2014). Folgende Möglichkeiten wurden für die
Berücksichtigung in der neuen Weisung empfohlen:
•• Mit abdriftreduzierenden Düsen kann eine bedeuten-
de Abdriftminderung erzielt werden. Diese produzie-
ren wesentlich weniger schwebefähige Feintropfen
als herkömmliche Standarddüsen. Je nach Technolo-
gie und Einsatz kann die Abdrift zwischen 50 und
75 %, in Flächenkulturen gar um 90 % reduziert wer-
den. Die Befürchtung, grössere Tröpfchen würden die
Blattbenetzung und damit die Wirkung der PSM ver-
schlechtern, wurde in zahlreichen Untersuchungen
entkräftet (Friessleben et al. 2003; Nuyttens et al.
2009; Höhn et al. 2014).
•• Das Angebot an Sprühgeräten ist gross und beinhal-
tet grundlegend unterschiedliche Technologien zur
Abdriftminderung. Die dabei erzielten Effekte rei-
chen von 50 bis zu 90 % Reduktion im Vergleich mit
Standardtechnik. Für den Feldbau sind dies insbeson-
dere abwärts gerichtete Luftunterstützung (50 % Ab-
driftminderung) sowie Bandspritzung (75 bis 90 %).
•• In Raumkulturen wird normalerweise mit Luftunter-
stützung gesprüht. Bezüglich Abdrift ist es wichtig,
dass Luftführung sowie Düsenstellung korrekt an die
Pflanzenhöhe angepasst sind. Optimal ist eine mög-
lichst horizontale Luftführung, wie sie mit Querstrom-
aufsätzen und anderen Luftleitsystemen erreicht wer-
den kann (50 %). Andere Möglichkeiten zur Reduktion
der Abdrift sind einstellbare Luftmenge (50 %), Vege-
tationsdetektion (75 %) oder Tunnelrecyclingsprüher
(90 %). Weitere Technologien sind in Entwicklung und
z.T. schon im Einsatz. Deren abdriftmindernde Wir-
kung muss aber noch geklärt werden.
•• Abdrift kann auch vermindert werden, indem die
schwebenden Tröpfchen auf ihrem Weg aus der Par-
zelle aufgefangen werden. Physische Barrieren schaf-
fen bis zu 75 % Minderung. Sie können über der Kul-
tur (Hagelnetz, Regendach) oder am Feldrand (Hecke
oder Ähnliches) installiert sein.
•• Schliesslich kann bei der Durchführung der Pflanzen-
schutzanwendung die Abdrift reduziert werden. Am
Wichtigsten ist, dass die Grundsätze der GAP befolgt
werden, d.h., dass mit gut gewartetem und einge-
stelltem Gerät bei passender Witterung gesprüht
wird. Tiefer Spritzdruck und geringe Gebläseleistung
vermindern die Abdrift zusätzlich. Darüber hinaus
hilft eine spezielle Behandlung der Randreihen: Wer-
den diese nur feldeinwärts gespritzt oder wenn ge-
gen aussen, dann ohne Luftunterstützung, so kann
die Kontamination der umliegenden Flächen um rund
die Hälfte reduziert werden.
Verfügter Abstand 6 m 20 m 50 m 100 m
Notwendige Punktzahl Reduktion der Breite der unbehandelten Pufferzone auf …
1 3 m 6 m 20 m 50 m
2 3 m 3 m 6 m 20 m
3 3 m 3 m 3 m 6 m
Tab. 1 | Punktesystem zur Reduktion der Sicherheitsabstände (BLW 2013a)
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift | Umwelt
177Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
Zur Erreichung der erforderten Punktzahl müssen
kulturspezifische Massnahmen ergriffen werden. Die
Weisung (BLW 2013a) enthält drei separate Tabellen
(Bsp. Tabelle 2) mit Massnahmen und Punktzuweisungen,
jeweils für a) Flächenkulturen, b) Reben und andere
Raumkulturen bis zwei Meter Höhe und c) Obstkulturen
und andere Raumkulturen über zwei Meter Höhe. Die
gelisteten Massnahmen sind in drei bzw. vier Kategorien
gegliedert: Düsen (Tröpfchencharakter), Gerätschaften
(Applikationstechnologie, Luftstromlenkung), Parzelle
(physische Barrieren) und Durchführung (nur bei Raum-
kulturen; Luftmenge, besondere Behandlung der Randrei-
hen). Aus jeder Spalte kann je eine Massnahme ausge-
wählt und die zugeordneten Punkte addiert werden.
D i s k u s s i o n
Die neue BLW-Weisung bietet wesentliche vorteilhafte
Neuerungen, ist im Vergleich mit der Version von 2008
aber wesentlich komplexer. Sie führt nebst dem Schutz
der Oberflächengewässer zu einem deutlich verbesserten
Schutz von Nichtzielarthropoden ausserhalb der Kultur.
Weisung 2013
Die neue Weisung (BLW 2013a) sieht vor, dass neben
Abstandsauflagen gegenüber Gewässern bei Bedarf
auch Abstandsauflagen gegenüber terrestrischen Bioto-
pen (gemäss Art. 18a und 18b NHG) verfügt werden kön-
nen. Neu ist weiter, dass sie nicht nur Risiken und Mass-
nahmen bezüglich Abdrift berücksichtigt, sondern auch
zu Abschwemmung (vgl. Hanke et al. 2014 auf Seite 180)
und Drainage (in Entwicklung).
In Bezug auf die abdriftmindernden Massnahmen
zur Verkleinerung der Pufferzonen lehnt sich die neue
Weisung an das System an, wie es Belgien verwendet:
Die abdriftmindernden Massnahmen werden qualitativ
beschrieben und nach Wirkungsgrad eingestuft. Ver-
schiedene Massnahmen können nach einem definierten
Schlüssel miteinander kombiniert werden, wobei deren
Wirkungsgrade kumuliert werden. Diese Lösung erlaubt
den Betrieben grösstmögliche Freiheit in der Wahl der
für sie am besten geeigneten Massnahmen.
Die Reduktion der Sicherheitsabstände ist über ein
Punktesystem geregelt, welches unabhängig von Kultur
und Massnahmen gültig ist (Tab. 1).
Punkte Düsen Gerätschaften Parzelle Durchführung
0,5· Antidrift-
düsen
· horizontale Luftstrom-lenkung mit Höhenbegrenzung
oder· Tangentialgebläse
· geschlossenes Hagelnetz oder Witterungsschutz
· Luftmenge maximal 30 000 m3/hoder
· keine Luftunterstützung gegen aussen in 5 Randreihen
oder· 5 Randreihen nur gegen innen spritzen
1oder
· Injektor-düsen
oder· Vegetationsdetektor mit
horizontaler Luftstromlenkung oder mit Tangentialgebläse
oder· Herbizid-Bandspritzung ohne
Spritzschirm
oder· zusammenhängender Vegetationsgürtel von mind. 3 m Breite und mind. so hoch
wie die behandelte Kulturoder
· Driftschutz-Hecke (mind. «Kulturhöhe + 1 m» hoch)
oder· Luftmenge maximal 30 000 m3/h und
keine Luftunterstützung gegen aussen in 5 Randreihen
oder· Luftmenge maximal 30 000 m3/h und 5 Randreihen nur gegen innen spritzen
oder· Behandlung von Einzelbäumen
(Hochstamm – Streuobst) mit Rückennebelblaser oder Schlauchspritze
1,5oder
· Tunnelrecycling-Sprühgerät
oder· geschlossenes Hagelnetz oder
Witterungsschutz und zusammenhängender Vegetationsgürtel von mind. 3 m Breite und mind. So hoch
wie die behandelte Kulturoder
· geschlossenes Hagel-netz oder Witterungsschutz und Driftschutz-Hecke
(mind. «Kulturhöhe + 1 m» hoch)
2oder
· Herbizid-Bandspritzung mit Spritzschirm
Tab. 2 | Punktzuweisungen für abdriftmindernde Massnahmen in Obstkulturen und anderen Raumkulturen über 2 m Höhe (BLW 2013a).
178
Umwelt | Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen waren die-
ser Neugestaltung vorausgegangen, wie etwa neue wis-
senschaftliche Methoden und Erkenntnisse zu PSM
sowie zur Applikationstechnik, neue Technologien für
die PSM-Applikation, die breit geführte Diskussion um
die Gefahren von Pflanzenschutzmitteln und die Bestim-
mungen in anderen Ländern. Das seit November 2013 in
Kraft stehende System stellt für alle Seiten eine gute
Lösung dar: Die sensiblen und wertvollen natürlichen
Lebensräume werden wirksam vor übermässigen PSM-
Einträgen geschützt und die Produktion hat ein flexibles
Werkzeug zur Hand um dies zu leisten, ohne dabei Kul-
turlandverlust oder eingeschränkte Wirksamkeit des
Pflanzenschutzes hinnehmen zu müssen.
Die Einteilung in ein Punktesystem sorgt dafür, dass
die Weisung einfach und effektiv umsetzbar ist. Das
Punktesystem hat gegenüber Prozent-Kategorien den
grossen Vorteil, dass diese Punkte einfach addiert wer-
den können, wohingegen die Kombination von Prozent-
werten nicht möglich bzw. nicht ohne weiteres nachvoll-
ziehbar wäre (z.B. 90% und 50% = 95%). Ein weiterer
Vorteil besteht darin, dass eine prozentuale Abdriftmin-
derung nicht in allen Kulturen die gleiche Abstands-
reduktion ermöglicht, wegen der unterschied lichen
Charakteristiken der Depositionsfunktionen. Mit dem
Punktesystem können diese Unterschiede berücksichtigt
werden, ohne dass für die Kulturen verschiedene Reduk-
tionsvorschriften gelten müssen.
Die Möglichkeit, Gerätetypen zu zertifizieren und
mit genauen Anwendungsvorschriften zu belegen (wie
z. B. in Deutschland), wurde diskutiert. Sie wurde ver-
worfen, obwohl dank der starren Detailvorschriften und
Typenprüfungen etwas höhere Abdriftminderungen
attestiert werden könnten. Der administrative Aufwand
für Listung und Prüfung wäre enorm und die Produzen-
ten und Produzentinnen wären in der Gestaltung ihrer
Betriebe stärker eingeschränkt. Beides sollte für die
Schweizer Landwirtschaft vermieden werden.
Das entwickelte System zur Reduktion der Breiten
der Pufferzonen ist einfach, effektiv und trägt der Kom-
plexität der Thematik Rechnung. Gleichzeitig wurde
mittels der Ressourceneffizienzbeiträge (REB, DZV 2014)
ermöglicht, für Neuanschaffungen im Bereich Applikati-
onstechnik finanzielle Unterstützung zu erhalten.
Es ist zu berücksichtigen, dass alle Aspekte, die den
Pflanzenschutz betreffen, in ständiger Entwicklung ste-
hen. Auch die Risikominimierung im Pflanzenschutz
wird neue Aspekte erfahren, Probleme aufwerfen und
Lösungen ermöglichen. So sind auch die betreffenden
Regeln einem fortlaufenden Prozess unterworfen und
werden bei Bedarf angepasst werden müssen. n
179
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
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▪ DZV, 2014. Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft (Direktzahlungsverordnung, DZV). 910.13. Stand am 1. Januar 2014.
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▪ Nuyttens D., D’Hoop M., Blauwer V. d., Hermann O., Hubrechts W., Mestdagh I. und Dekeyser D., 2009. Drift-Reducing Nozzles and their Biological Efficacy. Comm. Appl. Biol. Sci, Ghent University 74(2), 1–9.
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▪ swissimage, 2009. swissimage Mosaic. swissimage © Swisstopo, Davos Platz.
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▪ ThurGIS, 2012. Geodaten: BoFlaechen. Amtliche Vermessung des Kantons Thurgau, Frauenfeld.
Pesticide application – measures for mitiga-
tion of spray drift
The spray application of plant protection
products (PPP) leads to a contamination of
non-target areas via spray drift: Droplets
containing the active ingredient are depos-
ited outside of the targeted area. The
potential risk for non-target organisms
caused by this drift is evaluated in the
authorization-process of PPP. In order to
achieve acceptable risk levels for aquatic
organisms and terrestrial non-target
arthropods, spray-free buffer zones of 6 to
100 m towards surface waters and terrestrial
biotopes are enacted if necessary. Drift-
mitigating measures reduce the input of PPP
into non-target areas and allow reducing
the enacted buffer zones. The approved
measures and the possible reductions of
buffer zone widths are defined in the new
directive of the Swiss Federal Office for
Agriculture released in November 2013.
Key words: risk mitigation measures, spray
drift, nozzles, hail net, hedges, buffer zones,
plant protection products.
Applicazione di prodotti fitosanitari – misure
per ridurre il rischio di deriva
Nell’applicazione di prodotti fitosanitari (PF),
le acque superficiali e altre superfici esterne
a quella da trattare sono gravate dalla
deriva: goccioline contenenti la sostanza
attiva vengono trasportate e depositate
all’esterno dell’area di destinazione.
Durante l’omologazione di un PF viene
stimato il rischio causato dalla deriva per gli
organismi non interessati. Se necessario, si
stabiliscono delle direttive, specifiche alla
sostanza attiva e all’applicazione, relative
alle distanze (distanza di sicurezza con
divieto d’applicazione) tra 6 e 100 m da
acque superficiali e altri biotopi per mante-
nere a un livello accettabile il rischio che
corrono organismi acquatici e terrestri. Le
misure antideriva riducono la contamina-
zione nelle aree non destinate e permet-
tono, di conseguenza, di ridurre le distanze
di sicurezza. Nella nuova ordinanza dell’Uffi-
cio federale dell’agricoltura dello scorso
novembre sono definite le misure ricono-
sciute e le conseguenti possibili riduzioni
delle distanze di sicurezza.
180 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
PSM-Konzentrationen insbesondere in kleinen Gewäs-
sern häufig direkt nach einem stärkeren Niederschlags-
ereignis auf. Somit kann angenommen werden, dass
Einträge durch Abschwemmung massgeblich zur diffu-
sen Gewässerbelastung durch PSM beitragen (vergl. z.B.
Doppler et al. 2012).
Risikobeurteilung im Rahmen der Zulassung
Die möglichen Risiken für Mensch und Umwelt, die mit
der Anwendung eines PSM-Produktes verbunden sind,
werden genau geprüft, bevor diese Anwendung in der
Schweiz zugelassen wird. Die ökotoxikologische Risiko-
E i n l e i t u n g
Der Einsatz von PSM in der Landwirtschaft kann auf
verschiedenen Wegen zu einer Belastung von Oberflä-
chengewässern und damit zu einer möglichen Gefähr-
dung von Wasserorganismen führen: einerseits wäh-
rend der Applikation durch Abdrift der feinen
Spritzbrühe-Tröpfchen und andererseits bei Nieder-
schlägen durch oberflächliche Abschwemmung oder
Versickerung und Transport via Drainagerohre. Wie
Untersuchungen in verschiedenen Gewässern in der
Schweiz und im Ausland gezeigt haben, treten erhöhte
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich AbschwemmungIrene Hanke, Thomas Poiger, Annette P. Aldrich und Marianne E. Balmer
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz
Auskünfte: Thomas Poiger, E-Mail: [email protected]
Oberflächliche Abschwemmung von einem Maisfeld nach starkem Gewitterregen. (Foto: Thomas Poiger)
U m w e l t
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung | Umwelt
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Zusa
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Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
Pflanzenschutzmittel (PSM) können bei
Regenereignissen durch oberflächlich
abfliessendes Wasser aus behandelten
Parzellen abgeschwemmt werden und so in
Gewässer gelangen. Damit verbundene
Risiken für Wasserorganismen werden bei der
Zulassung von PSM beurteilt und gegebenen-
falls risikomindernde Massnahmen vorge-
schrieben. Derzeit kann zur Risikominderung
von Abschwemmung eine Auflage zur Anlage
eines sechs Meter breiten, bewachsenen
Pufferstreifens verfügt werden. An der
Forschungsanstalt Agroscope wurden nun im
Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft
(BLW) weitere Optionen für risikomindernde
Massnahmen geprüft, die zukünftig bei der
Zulassung von PSM als Auflagen verfügt
werden können. Die Massnahmen sollen die
Gewässerbelastung minimieren, gleichzeitig
aber die landwirtschaftliche Produktion so
wenig wie möglich einschränken. Das
Ergebnis dieses Projekts ist eine Liste von
Massnahmen, aus denen Produzenten
diejenigen auswählen und kombinieren
können, die in ihrem Fall besonders geeignet
sind oder die sie aus anderen Gründen bereits
anwenden (z.B. zum Erosionsschutz). Dazu
zählen neben Pufferstreifen am Feldrand neu
beispielsweise konservierende Bodenbearbei-
tung, Anlage von bewachsenen Streifen
innerhalb der Parzelle sowie Begrünung in
Dauerkulturen.
beurteilung basiert auf Daten zur Toxizität und auf einer
Abschätzung der Konzentration im Gewässer (Exposi-
tion) mit Hilfe von Modellen. Diese Modellrechnung
geht von besonders ungünstigen Bedingungen aus (star-
ker Niederschlag, hoher Anteil an abgeschwemmtem
PSM und geringe Verdünnung im Gewässer) und liefert
somit Konzentrationen, die an der oberen Grenze der
Werte liegen sollen, die im Gewässer tatsächlich auftre-
ten können.
Bei Neuzulassungen wird die Risikobeurteilung
jeweils nach den aktuell gültigen Methoden und Krite-
rien durchgeführt. Diese haben sich im Laufe der Zeit
jedoch stark verändert, sodass die Risikobeurteilung für
bereits länger zugelassene Produkte oftmals nicht mehr
auf dem neuesten Stand ist. In einem laufenden Projekt
werden diese älteren Produkte gezielt überprüft, unter
anderem hinsichtlich der möglichen Gefährdung von
Wasserorganismen (Projekt «Gezielte Überprüfung von
PSM», BLW 2013).
Momentan zur Verfügung stehende Auflage
Zeigt die Beurteilung einer PSM-Anwendung ein zu
hohes Risiko aufgrund von oberflächlicher Abschwem-
mung, kann derzeit folgende Auflage verfügt werden:
«Zum Schutz von Gewässerorganismen vor den Folgen
einer allfälligen Abschwemmung ist eine mit einer
geschlossenen Pflanzendecke bewachsene, unbehan-
delte Pufferzone von sechs Metern zu Oberflächenge-
wässern einzuhalten».
Bei sehr hohem Risiko reicht das Risikominderungs-
potenzial dieser Massnahme alleine allerdings nicht aus.
Aus diesem Grund wurde Agroscope vom BLW beauf-
tragt, zusätzliche Massnahmen auszuarbeiten. Parallel
dazu wurden auch weitere Optionen zur Risikominde-
rung bei Abdrift entwickelt (Schweizer et al. 2014).
Risikominderungsmassnahmen
Das Risiko für Wasserorganismen durch oberflächliche
Abschwemmung von PSM wird durch diverse Faktoren
beeinflusst. Neben den Eigenschaften der Wirkstoffe
sind dies u.a. die eingesetzten Mengen, die Anzahl der
Anwendungen, der Zeitpunkt des Einsatzes, die Witte-
rung, das Kulturstadium bei der Applikation, der
Abstand zum Gewässer, der Bodentyp und die Topogra-
phie. Entsprechend kann die Risikominderung an ver-
schiedenen Orten ansetzen – bei der Anwendung selbst,
durch geeignete Massnahmen im Feld, am Feldrand oder
kurz vor dem Eintritt ins Gewässer (Abb. 1).
Im Folgenden werden nur Risikominderungsmass-
nahmen (RMM) diskutiert, die sich direkt mit der Zulas-
sung verknüpfen lassen, d.h. solche, die bei der Bewilli-
gung als Auflage verfügt werden können und auf der
Umwelt | Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung
182 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
Produktetikette resp. in der Gebrauchsanweisung
erscheinen müssen. Es tragen auch andere Ansätze
erheblich zur Risikominderung bei, etwa solche, die bei-
spielsweise zu einer Verringerung der Anzahl PSM-
Anwendungen führen oder die auf Flächen mit beson-
ders hohem Risiko für Abschwemmung die Anwendung
einschränken (Stamm et al. 2012). Solche Ansätze wur-
den in diesem Projekt jedoch nicht behandelt.
Die Ausarbeitung der anschliessend vorgestellten
RMM stützte sich unter anderem auf eine Arbeit der EU-
Arbeitsgruppe FOCUS (Forum for the coordination of
pesticide fate models and their use) «Landscape and
Mitigation» (FOCUS 2007), den Bericht einer internen
Arbeitsgruppe von Agroscope in Wädenswil (Aldrich
und Daniel 2006), eine Umfrage zu RMM in umliegen-
den EU-Staaten (siehe unten) sowie diverse Übersichtsar-
tikel zum Thema (z.B. Reichenberger et al. 2007).
Beurteilung einzelner Massnahmen
Reduktion der applizierten Menge. Grundsätzlich wer-
den die Aufwandmengen bereits nach dem Grundsatz
«so viel wie nötig, so wenig wie möglich» festgelegt, so
dass meist wenig Raum für weitere Reduktionen bleibt.
Saisonale Einschränkungen der Applikation werden
im Bereich des Grundwasserschutzes häufig verwendet.
Beispielsweise ist die Anwendung gewisser Herbizide
im Herbst nicht erlaubt, da der Abbau im Boden in der
kühleren Jahreshälfte langsamer ist und ausserdem
mehr Niederschlagswasser versickert. Dies hat zur
Folge, dass mobile Stoffe eher ins Grundwasser gelan-
gen könnten. Bei Abschwemmung lässt sich durch sai-
sonale Einschränkungen hingegen kaum eine Risiko-
minderung erreichen, da intensive oder lang anhaltende
Niederschläge, die zu oberflächlichem Abfluss führen,
in der Schweiz ganzjährig auftreten können.
Bezüglich zeitlichem Abstand zwischen Applika-
tion und Niederschlag wird in der Vollzugshilfe «Pflan-
zenschutzmittel in der Landwirtschaft» der Bundesäm-
ter für Umwelt (BAFU) und Landwirtschaft (BLW)
festgehalten: «Unmittelbar vor Niederschlägen und
auf wassergesättigten Boden sollen PSM (besonders
Herbizide) nicht ausgebracht werden, um Auswa-
schung und Abschwemmung in Gewässer oder andere
Schutzgebiete zu verhindern.» (BAFU und BLW 2013).
Weitere Einschränkungen auf Stufe Bewilligung sind
jedoch nicht sinnvoll, da die Zeitfenster, in denen eine
Behandlung notwendig und möglich ist, ohnehin recht
schmal sind.
Bei der Anwendung:Zeitpunkt, Aufwand-menge, Häufigkeit Am Feldrand:
Pufferstreifen
Vor Eintritt ins Gewässer:bewachsene Rückhalteweiher
Innerhalb der Parzelle:konservierende Bodenbe-arbeitung, Grünstreifen im Feld, Begrünung (in Dauer-kulturen), Terrassierung
Abschwemmung
Abb. 1 | Ansatzpunkte für Massnahmen zur Reduktion des Risikos für Wasser organismen durch den Einsatz von PSM.
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung | Umwelt
183Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
gern. Schwellen am Feldrand können zudem den Ein-
tritt von Oberflächenabfluss ins Gewässer verhindern
resp. verzögern.
In der Schweiz ist die periodische oder ganzjährige
Begrünung in Dauerkulturen weit verbreitet (Abb. 3). In
Obstanlagen wird generell empfohlen, die Fahrgassen
mit einer gut befahrbaren und tragfähigen, dichten
Grasnarbe zu begrünen, während die Baumstreifen im
Frühjahr und Sommer meist unkrautfrei gehalten wer-
den. Im Weinbau sind regional noch unterschiedliche
Verfahren gebräuchlich. Je nach Standort kann die
zusätzliche Vegetation mit den Reben zu stark um Wasser
konkurrenzieren, weshalb der Boden von Zeit zu Zeit
bearbeitet und von Bewuchs freigehalten werden muss.
An steilen Hängen ist eine Terrassierung wegen Erosi-
onsgefahr sinnvoll. Die Verringerung des oberflächli-
chen Abflusses führt auch zu geringerer Abschwem-
mung von PSM (Abb. 4).
Bewachsene Pufferstreifen verbessern die Infiltra-
tion von oberflächlich abfliessendem Wasser und den
darin gelösten PSM-Rückständen. Durch den dichten
Bewuchs werden Bodenpartikel und daran gebundene
PSM zurückgehalten. Die erzielbare Reduktion ist abhän-
gig von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des
Diverse Massnahmen, die zur Erosionsprävention und
zur Vermeidung von Nährstoff einträgen in Gewässer
bereits angewendet werden, weisen auch ein grosses
Potenzial für die Verringerung der Einträge von PSM
durch Abschwemmung auf:
Konservierende Bodenbearbeitung: Wenn weniger
intensiv oder gar nicht gepflügt wird, ist der Acker-
boden in der Regel durchlässiger. Das Regenwasser
kann somit besser versickern und es fliesst weniger
Wasser oberflächlich ab. Pflanzenreste, die nach dem
Ernten zurückbleiben, verlangsamen den Wasserfluss
auf der Oberfläche zusätzlich. Gleichzeitig verschlämmt
bedeckter Boden bei Regen weniger stark (Abb. 2).
Bodenschonende Anbauverfahren sind daher gut
geeignet, oberflächliche Abschwemmung zu reduzie-
ren. Sie sind derzeit aber praktisch nur im Feldbau eta-
bliert.
Verschiedene Massnahmen innerhalb der Parzelle
können dazu beitragen, oberflächliche Abschwem-
mung gar nicht erst entstehen zu lassen oder die Menge
des abfliessenden Wassers zu reduzieren. Im Feld kön-
nen bewachsene, unbehandelte Streifen, Hecken und
andere Barrieren die Hanglänge reduzieren oder die
Bildung von konzentrierter Abschwemmung verrin-
Abb. 2 | Maisfeld nach Direktsaat. Das abgestorbene Pflanzenmaterial zwischen den Reihen verlangsamt das Abfliessen des Wassers und der Boden verschlämmt bei Regen weniger stark. (Foto: Volker Prasuhn, Agroscope)
Umwelt | Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung
184 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
PSM-Wirkstoffs, der Dauer und Intensität des Nieder-
schlags, der lokalen Situation (Bodeneigenschaften,
Topographie) sowie der Breite des Streifens (Lacas et al.
2005; Reichenberger et al. 2007).
Pufferstreifen zur Risikominderung von Abschwem-
mung müssen langfristig angelegt werden, damit der
Bewuchs ausreichend dicht ist. Daher ist man bei der
Festlegung der Breite weniger flexibel als bei
Abstandsauflagen für Abdrift, wo es primär um den
Abstand zum Gewässer geht. Die derzeit verfügte Min-
destbreite von sechs Metern stellt einen guten Kompro-
miss zwischen Landverbrauch und Wirksamkeit dar. Der
höhere Flächenbedarf aufgrund der Verbreiterung des
Gewässerabstands von drei auf sechs Meter wurde bereits
in anderem Rahmen abgeschätzt (Szerencsits 2008).
Allerdings wurden in dieser Abschätzung Wege dem
Gewässerabstand zugerechnet, was bei Pufferstreifen
gegen oberflächliche Abschwemmung nicht zulässig ist.
Verschiedene Arbeiten haben gezeigt, dass bewach-
sene Rückhalteweiher die PSM-Frachten in oberflächlicher
Abschwemmung und Drainagewasser durch Abbau sowie
Adsorption an Pflanzen und Sediment deutlich reduzieren
können (Grégoire 2010). Grundsätzlich weisen solche Wei-
her ein grosses Potenzial für die Risikominderung von
PSM-Einträgen durch Abschwemmung auf. Als RMM im
Rahmen der Zulassung kommen sie allerdings erst in Frage,
wenn die technischen Grundlagen für die Dimensionie-
rung und den Betrieb geschaffen und die Systeme genü-
gend verbreitet sind.
Bei der Expositionsabschätzung im Rahmen der
Zulassung wird von einer relativ geringen Verdünnung
der PSM im betroffenen Gewässer ausgegangen, um
die vielen Kleingewässer ausreichend zu schützen, die
gemessen an der Fliessstrecke über die Hälfte der
Schweizer Fliessgewässer ausmachen (Munz et al. 2012).
In grösseren Gewässern werden abgeschwemmte PSM
stärker verdünnt, sodass geringere Expositionskonzent-
rationen und Belastungsspitzen zu erwarten sind. Diese
Annahme wurde durch eine kürzlich publizierte Aus-
wertung von Monitoringdaten aus der Schweiz bestä-
tigt (Munz et al. 2012). Weniger strenge Auflagen an
grösseren Gewässern wären daher zwar grundsätzlich
denkbar, widersprechen jedoch dem Ziel einer mög-
lichst geringen Gewässerbelastung.
Abgeschwemmtes Wasser kann nicht nur oberfläch-
lich in Gewässer fliessen, sondern auch via sogenannte
Abb. 3 | Rebberg in Stein am Rhein (SH). Die Begrünung der Fahrgassen reduziert die oberflächliche Abschwemmung von PSM deutlich. (Foto: Thomas Poiger Agroscope)
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung | Umwelt
185Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
Dieses Vorgehen soll den Landwirten grösstmögliche
Flexibilität bieten, indem jeweils diejenigen Massnah-
men gewählt und kombiniert werden können, die in
einer bestimmten Situation am besten geeignet sind.
Ausserdem können Synergien mit anderen Bereichen
(Erosionsschutz, Reduktion von Nährstoffeinträgen in
Gewässer) optimal genutzt werden. Die Auslagerung der
eigentlichen Massnahmen in eine Weisung erlaubt es,
Änderungen und Ergänzungen nach Stand der Technik
vorzunehmen, ohne dass die Bewilligungen angepasst
werden müssen.
Entwicklung in den umliegenden Ländern
Ende 2011 befragten wir die zuständigen Behörden
verschiedener EU-Staaten, ob bei der PSM-Zulassung
oberflächliche Abschwemmung als Eintragspfad in
Oberflächengewässer berücksichtigt wird und welche
RMM verwendet werden. In Deutschland, Österreich
und Frankreich werden bewachsene Pufferzonen von
unterschiedlicher Breite vorgeschrieben (zwischen 5 und
20 m). In Deutschland kann auf die Pufferzonen verzich-
tet werden, sofern das abgeschwemmte Wasser vor dem
Eintritt ins Gewässer aufgefangen wird oder wenn ein
Kurzschlüsse (Strassenentwässerung, Unterhaltsschächte
von Drainagen, etc.). Auf diese Transportwege sollte mit
gezielter Beratung aufmerksam gemacht werden. Aufla-
gen in der Bewilligung sind zur Lösung dieser Problema-
tik derzeit eher nicht geeignet.
Umsetzung von Massnahmen in Auflagen
Von den oben diskutierten RMM sind vorderhand fol-
gende für die Umsetzung in Auflagen vorgesehen:
bewachsene Pufferstreifen, konservierende Bodenbear-
beitung, Massnahmen zur Erosionsminderung im Feld,
Begrünung der Fahrgassen im Obst- und Rebbau und
Terrassierung.
Die Massnahmen sollten nicht direkt als Auflagen
auf der Etikette erscheinen, sondern separat in einer
Weisung aufgeführt werden. In der Weisung werden
den Massnahmen Punkte zugeordnet, die dem jeweili-
gen Risikoreduktionspotential entsprechen (in Analogie
zur Abdrift: Höhn et al. 2014). Bei einer Kombination
mehrerer Massnahmen addieren sich die Punkte. In der
Auflage wird lediglich definiert, welche Punktzahl benö-
tigt wird, um das Produkt trotz Abschwemmungsrisiko
anwenden zu können.
Abb. 4 | Rebberg in Stäfa (ZH). Durch die Terrassierung versickert Regenwasser besser und weniger Wasser kann oberflächlich abfliessen. (Foto: Werner Siegfried, Agroscope)
186
Umwelt | Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
Mulch- oder Direktsaatverfahren angewendet wird. In
Grossbritannien wurden bezüglich Abschwemmung bis-
lang keine Auflagen verfügt.
Im April und November 2013 wurden zwei internati-
onale Workshops («MAgPIE», mitigating the risk of plant
protection products in the environment) mit Vertretern
aus Behörden, Wissenschaft und Industrie durchgeführt
mit dem Ziel, den Behörden Massnahmen für die Minde-
rung von Risiken durch PSM zur Verfügung zu stellen.
Das dort entwickelte Konzept zur Risikominderung bei
Abschwemmung enthält eine Liste von frei kombinier-
baren Massnahmen mit unterschiedlichem Reduktions-
potential und ist dem hier für die Schweiz beschriebe-
nen System ähnlich.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die in diesem Artikel beschriebenen zusätzlichen Mass-
nahmen tragen dazu bei, das Risiko für Wasserorganis-
men deutlich zu reduzieren. Neben diesen anwendungs-
spezifischen, mit der Bewilligung verknüpften Auflagen
gibt es selbstverständlich noch weitere Möglichkeiten,
die Risiken durch Abschwemmung zu reduzieren. Insbe-
sondere in Fällen, bei denen z.B. durch hydrologische
oder topographische Gegebenheiten ein besonders
hohes Abschwemmungsrisiko besteht, sollten situations-
bezogene ergänzende Lösungen gefunden werden, die
nicht direkt mit der PSM-Zulassung verbunden sind.
Durch bestmögliche Nutzung von Synergien (z.B. mit
Erosionsschutzmassnahmen) und einer gewissen Flexibi-
lität bei der Wahl von Massnahmen wird angestrebt, die
Gewässerbelastung zu senken und gleichzeitig die Land-
wirtschaft so wenig wie möglich einzuschränken. Die
Vorschläge wurden bei einem Workshop mit Vertretern
kantonaler Pflanzenschutzdienste im September 2013
denn auch mehrheitlich positiv aufgenommen. Im Hin-
blick auf die Einführung in der Praxis werden die Mass-
nahmen nun im Detail ausgearbeitet. n
187
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung | Umwelt
Ria
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Sum
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Agrarforschung Schweiz 5 (5): 180–187, 2014
Literatur ▪ Aldrich A. & Daniel O., 2006. Pflanzenschutzmittel in Oberflächengewäs-sern: Konzept für die ökotoxikologische Risikoabschätzung und -verringe-rung in der Schweiz (Entwurf, vertraulich). Agroscope Changins-Wädens-wil ACW.
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▪ Szerencsits E., 2008. Gewässerschonstreifen – Wie viel Fläche ist betrof-fen? Agrarforschung 15 (5), 236 - 238.
Applicazione di prodotti fitosanitari: misure
per ridurre il rischio di dilavamento
È possibile che durante eventi pluviali i
prodotti fitosanitari possano essere dilavati
dalla particella trattata e raggiungere le
acque di superficie. I rischi per gli organismi
acquatici che ne conseguono sono valutati
nel corso dell’omologazione e, se necessario,
saranno prescritte delle misure per la loro
riduzione. Attualmente, per ridurre il rischio
di dilavamento, può essere richiesta una
zona tampone inerbita larga 6 m. Su incarico
dell’Ufficio federale dell’agricoltura (UFAG),
la stazione di ricerca Agroscope ha esami-
nato ulteriori opzioni relative alle misure per
la riduzione del rischio di deriva. Misure che
in futuro potrebbero risultare determinanti
per l’omologazione di prodotti fitosanitari.
Queste misure devono ridurre l’inquina-
mento delle acque e, contemporaneamente,
limitare il meno possibile la produzione
agricola. Il risultato di questo progetto è una
lista di misure dalla quale i produttori
possono selezionare e abbinare quelle più
idonee al loro caso, oppure quelle che, per
altri motivi, stanno già applicando (p. es. per
la protezione dall’erosione). Nella lista
appaiono, oltre alla zona tampone al bordo
del campo, anche nuove misure come p. es.
una lavorazione minima del terreno, l’im-
pianto di bande coltivate all’interno della
particella, come pure l’inerbimento all’in-
terno di colture perenni.
Plant protection products – mitigating the
risk due to surface runoff
Plant protection products (PPP) can be
transported from treated fields to surface
waters via surface runoff during rain events.
Potential risks for aquatic organisms due to
surface runoff are assessed during the
registration process for PPP, and risk mitiga-
tion measures are implemented if necessary.
Currently, a vegetated buffer zone of 6 m
width may be required as risk mitigation
measure for surface runoff. Further options
for risk mitigation of surface runoff that can
be linked to PPP registration were evaluated
at Agroscope on behalf of the Swiss Federal
Office for Agriculture. These options should
effectively reduce the contamination of
surface waters while minimizing impacts on
agricultural productivity. The list of mitiga-
tion measures resulting from this project
offers farmers the possibility to combine
those measures that are best suited for their
particular situation or those that are already
implemented for other reasons (e.g., for
erosion control). Besides vegetated buffer
zones, these include e.g. conservation
tillage, vegetated strips within the field and
use of cover crops in orchards and vineyards.
Key words: surface water, risk mitigation
measures, plant protection products, surface
runoff.
188 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
nehmen mit dem Bundesamt für Landwirtschaft sind
Vollzugshilfen für bestimmte Unterhaltsmassnahmen
möglich. Schliesslich sieht die Öko-Qualitätsverordnung
im Sinne von ökologischen Ausgleichszahlungen finanzi-
elle Entschädigungen für Landwirtschaftsbetriebe vor,
die Trockenwiesen und -weiden bewirtschaften (BLW
2001).
Wiesen reagieren sehr sensibel auf die Art ihrer
Bewirtschaftung. Damit sie ihr ökologisches Potenzial
entfalten können, muss die Störung durch alle Bearbei-
tungsschritte vom Mähen bis zur Ernte möglichst gering
gehalten werden. Seit Kurzem setzen Betriebe Heublä-
ser als Alternative zum traditionellen und zeitintensiven
E i n l e i t u n g
Trockenwiesen sind wertvolle Lebensräume, die mit
ihren besonderen Bedingungen zahlreiche typische
Arten beherbergen. In Europa sind Trockenwiesen
besonders bedroht. Ihre Fläche ist in der Schweiz seit
1950 um 90 % zurückgegangen (Ballmer 2010; Dostalek
und Frantik 2008). Als Reaktion auf diesen Rückgang hat
der Bundesrat ein Inventar der Biotope erstellt, darunter
auch eine Bestandesaufnahme der Trockenwiesen und
-weiden von nationaler Bedeutung (Gubser et al. 2010).
Dieses Inventar umfasst 23 648 Hektaren, was 1,48 % der
Land- und Alpwirtschaftsfläche entspricht. Im Einver-
Nina Richner1, Léonie Durocher1, Hanspeter Rohrer2 und Thomas Walter1
1Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz2Pro Natura Unterwalden, 6072 Sachseln, Schweiz
Auskünfte: Thomas Walter, E-Mail: [email protected]
Untersuchungsfläche nördlich von Stans (Kanton Nidwalden). (Foto: Hanspeter Rohrer, Pro Natura Unterwalden)
U m w e l t
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren | Umwelt
189
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Im Berggebiet ist die Heuernte für die
Landwirtschaftsbetriebe eine arbeitsinten-
sive Zeit. Um diese Aufgabe einfacher und
schneller zu erledigen, werden deshalb
zunehmend Heubläser anstelle von Rechen
eingesetzt. Zur Zeit prüfen die Naturschutz-
organisation Pro Natura und die Forschungs-
anstalt für Land- und Ernährungswirtschaft
Agroscope die möglichen Auswirkungen des
Heubläsers auf die Pflanzenvielfalt von
Trockenwiesen – ein Lebensraum, der
ohnehin stark gefährdet ist. In dieser Studie
wurden jährlich Vegetationsaufnahmen auf
einer Wiese durchgeführt, auf der sich
Parzellen mit einer der beiden Bewirtschaf-
tungsmethoden abwechselten. Die Analyse
der 2013 gesammelten Daten ergab keinen
Einfluss des Heublasens auf Artenvielfalt,
Artenzusammensetzung, Ziel- und Leitarten
und Deckung der Moose. Dagegen hat die
Position am Hang einen Einfluss auf die
Artenzahl. Bei allen Parzellen wurden im
unteren Bereich des Hangs mehr Arten
gezählt. Die Deckung der Moose ist bei
geblasenen Parzellen im oberen Bereich
grösser, bei gerechten Parzellen im unteren
Bereich.
Rechen ein. Bisher wurde jedoch noch in keiner Studie
untersucht, welche Auswirkungen es auf die Pflanzen
hat, wenn Luft mit einer Geschwindigkeit von etwa 180
km/h über die Vegetation strömt.
Mit einer 2010 gemeinsam von Pro Natura und Agro-
scope lancierten Studie über einen vorgesehenen Zeit-
raum von sechs Jahren soll diese Problematik untersucht
werden. Diese Studie befasst sich insbesondere mit den
Aspekten der Artenvielfalt und Artenzusammensetzung
der Gefässpflanzen, aber auch mit Ziel- und Leitarten
sowie Moosen (Walter et al. 2013). Da die Studie auf
einer Hangfläche durchgeführt wird, lässt sich auch der
Einfluss der Position am Hang auf die Ergebnisse unter-
suchen. Um die Interpretation zu vervollständigen, wer-
den schliesslich auch bestimmte Zeigerwerte wie Nähr-
stoffe und Reaktionszahl auf allfällige Korrelationen
untersucht (Landolt 2010). Mit der Gesamtheit der Daten
wird geprüft, ob die folgenden Hypothesen zutreffen:
Hypothese 1
a. Die Artenvielfalt ist in den geblasenen und gerechten
Parzellen ähnlich.
b. Die Zusammensetzung der Pflanzenarten ist in den
geblasenen und gerechten Parzellen ähnlich.
c. Ziel- und Leitarten sind in den geblasenen und
gerechten Parzellen in ähnlicher Anzahl vertreten.
d. Die Deckung durch Moose ist in den geblasenen und
gerechten Parzellen ähnlich.
e. Die Zeigerwerte für Feuchtigkeit, Licht, Humus,
Nährstoffe sowie Reaktionszahl des Bodens sind in
den geblasenen und gerechten Parzellen ähnlich.
Hypothese 2
a. Die Artenvielfalt ist entlang des Höhengradienten
konstant.
b. Die Zusammensetzung der Pflanzenarten ist entlang
des Höhengradienten ähnlich.
c. Ziel- und Leitarten sind entlang des Höhengradienten
in ähnlicher Anzahl vertreten.
d. Die Deckung durch Moose ist entlang des Höhengra-
dienten konstant.
e. Die Zeigerwerte sind entlang des Höhengradienten
konstant.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Untersuchungsfläche
Bei der Untersuchungsfläche handelt es sich um eine
extensiv bewirtschaftete Wiese von 14 922 m² Fläche, die
nördlich von Stans (NW) in einer Höhe von 830 m ü. M.
liegt. Sie ist südexponiert und weist ein Gefälle von 60
bis 85 % auf. Bis und mit 2007 erfolgte die Heuernte mit
Umwelt | Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
190 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Rechen. In den folgenden beiden Jahren wurde das Heu
mit Hilfe von Laubbläsern eingeholt. Nach einer Vegeta-
tionsaufnahme wurde die Fläche im Jahr 2010 in zehn
Parzellen unterteilt, bei denen die Heuernte gemäss
Abbildung 1 entweder mit einem Rechen oder mit einem
Laubbläser erfolgte.
Die zehn Parzellen wurden in fünf Höhenklassen ein-
geteilt. Pro Höhenklasse und Parzelle wurde anschlies-
send zufällig ein Beobachtungspunkt festgelegt. Diese
Punkte wurden mit magnetischen Marken gekennzeich-
net, die sich mit dem Metalldetektor und über GPS loka-
lisieren lassen.
Datenerhebung
Die Vegetationsaufnahme erfolgte jeweils an jedem
Beobachtungspunkt in einem Kreis mit einer Fläche von
1 m². Der Deckungsgrad der Pflanzenarten wurde nach
der Methode von Braun-Blanquet geschätzt. Die mit
der Bestimmung beauftragten Wissenschaftler teilten
die Fläche sowohl hinsichtlich der Parzellenart als auch
der Position am Hang gleichmässig auf. Die aufgenom-
menen botanischen Daten wurden in die Software
Vegedaz (Küchler 2012) übertragen. Mit dieser Soft-
ware konnte der Durchschnitt der Zeigerwerte für
Licht, Feuchtigkeit, Nährstoffe, Reaktionszahl und
Humusanteil pro Beobachtungspunkt berechnet wer-
den.
Statistische Auswertungen
Die statistische Auswertung erfolgte mit den im Jahr
2013 nach vier Jahren Bewirtschaftung aufgenommenen
Daten. Eine detailliertere Auswertung, die den Einfluss
der einzelnen Jahre auf das Ergebnis untersucht, ist für
das Ende der Studie vorgesehen.
Die Auswertung wurde mit der Software R, Version
3.0.1 (R Core Team 2013), vorgenommen. Um den Ein-
fluss der Bewirtschaftungsmethode und der Position am
Hang auf die Artenvielfalt, die Anzahl Ziel- und Leitar-
Abb. 1 | Die Untersuchungsfläche ist in zehn Parzellen eingeteilt. Die Bewirtschaftungsmethode einer Parzelle wurde gemäss der Legende gewählt. In jeder Parzelle wurden auf verschiedenen Positionen am Hang fünf Punkte mit einer Fläche von 1 m2 festgelegt, bei denen die Vegetationsaufnahme erfolgte. (Luftbild: © swisstopo)
800 m
3b5
2b5
1b5
1r5
5b35b4
5b5 5r5
5r3
4r5
3r33b3
2r3
1r4
1b3
1b42b4
2b32r4
2r5
3r5
3r43b4
4b5
4b44r3
4r45r4
5b2
5r24r2
4b3
4b2
3b23r2
2r2
2b2
1b2
1r31r2
1r1
1b1
2b1
2r1
3r13b1
4b14r1
5r1
5b1
4r2r
5r3b 3r
4b
2b
1r
5b
1b
830
850820
840
810
800
790
780770
820
800
670'000
670'000
0 20 4010 Meter
1:1'050
Bewirtschaftung
Blasen
Rechen
Bewirtschaftung
Rechen
Blasen
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren | Umwelt
191Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
geblasenen Flächen. Dieser Unterschied bewegte sich in
der Grössenordnung von einer oder zwei Arten. Das ver-
wendete Modell ergab, dass die Verwendung des Heu-
bläsers bis 2013 keinen signifikanten Einfluss auf die
Vegetation hatte (Tab. 1). In Abbildung 2 widerspiegelt
die Nähe der Punkte die Ähnlichkeit der Artenzusam-
mensetzung. Die Artenzusammensetzung der gerechten
Parzellen deckte sich weitgehend mit derjenigen der
geblasenen Parzellen. Die Methode des Heublasens ver-
änderte also die Vegetation hinsichtlich dieses Aspekts
nicht. Gemäss den Ergebnissen, die in den Tabellen 2, 3
und 4 aufgeführt sind, hatte die Bewirtschaftungsme-
thode weder einen Einfluss auf die Ziel- und Leitarten
noch auf die Deckung der Moose oder die Zeigerwerte
nach Landolt (2010).
ten sowie die Deckung der Moose zu klären, wurde ein
generalisiertes lineares Mischmodell verwendet. Die
Artenzusammensetzungen wurden mit einer Haupt-
komponentenanalyse untersucht. Die Zeigerwerte der
verschiedenen Parzellen wurden mit dem Wilcoxon-Test
verglichen. Mit linearen Regressionen konnte der Ein-
fluss des Gefälles nachgewiesen werden und mit deskrip-
tiver Statistik liess sich die Entwicklung bestimmter
Daten über die vier Jahre darstellen.
R e s u l t a t e
Einfluss der Bewirtschaftungsmethode
Mit Ausnahme des Jahres 2012 zählten die Experten in
den gerechten Parzellen stets mehr Arten als in den
Schätzwert Standardfehler Z-Wert p
(Schnittpunkt) 3,50 0,076 46,42 < 0,001
Bewirtschaftungsmethode (Rechen) 0,097 0,102 –0,95 0,342
Position am Hang 0,007 0,003 –2,81 0,005
Methode Rechen: Position am Hang 0,004 0,003 1,32 0,187
Tab. 1 | Generalisiertes lineares MischmodellPflanzenvielfalt im Jahr 2013 bei Berücksichtigung der Faktoren «Bewirtschaftungsmethode» und «Position am Hang» (Artenvielfalt ~ Bewirtschaftungsmethode + Position am Hang, Family = Poisson); Varianz = 1,2536 e-17; Standardabweichung = 3,5406 e-09
Schätzwert Standardfehler Z-Wert p
(Schnittpunkt) 1,792 0,124 14,393 < 0,001
Methode Rechen 0,00 0,114 –0,002 0,999
Position am Hang 0,001 0,003 0,208 0,835
Tab. 2 | Generalisiertes lineares MischmodellAnzahl Ziel- und Leitarten im Jahr 2013 bei Berücksichtigung der Faktoren «Bewirtschaftungsmethode» und «Position am Hang» (Anzahl Ziel- und Leitarten ~ Bewirtschaftungsmethode + Position am Hang, Family = Poisson); Varianz = 2,127 e-16; Standardabweichung = 1,4584 e-08
Schätzwert Standardfehler Z-Wert p
(Schnittpunkt) 1,878 0,268 7,015 < 0,001
Methode Rechen 0,264 0,175 1,507 0,132
Position am Hang 0,01 0,004 4,350 < 0,001
Methode Rechen: Position am Hang –0,012 0,005 –2,543 0,011
Tab. 3 | Generalisiertes lineares MischmodellDeckung der Moose im Jahr 2013 bei Berücksichtigung der Faktoren «Bewirtschaftungsmethode» und «Position am Hang» (Deckung der Moose ~ Bewirtschaftungsmethode + Position am Hang, Family=Poisson); Varianz= 0,27072; Standardabweichung = 0,52031
Bewirtschaftungsmethode Bläser Rechen
Position am Hang 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5
Anzahl Arten 63 59 46 53 46 64 61 53 57 53
Tab. 4 | Gesamtzahl der Arten an fünf nach der Position am Hang festgelegten Punkten nach Bewirtschaftungsmethode. Position am Hang: 1 am tiefsten gelegener Punkt, 5 am höchsten gelegener Punkt
Umwelt | Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
192 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Einfluss des Gefälles
Dasselbe Modell ergab dagegen, dass die Position am
Hang einen Einfluss auf die Artenvielfalt im Jahr 2013
hatte (Tab. 1). Bei beiden Arten von Parzellen war die
Artenzahl im unteren Bereich des Hangs grösser, bei den
geblasenen Parzellen war dieser Trend jedoch ausge-
prägter (Abb. 3). Die Position am Hang beeinflusste die
Artenzusammensetzung signifikant (p < 0,001, Abb. 2).
Die Zahl der Ziel- und Leitarten hing dagegen nicht von
der Position am Hang ab. Die Deckung der Moose im Jahr
2013 betrug auf den gerechten Parzellen 8,7 % ± 2,7 %,
auf den geblasenen Parzellen 10,7 % ± 3,6 %. Die
Deckung der Moose veränderte sich entlang des Höhen-
gradienten, der Trend war bei den beiden Parzellentypen
jedoch gegenläufig: Bei den geblasenen Parzellen waren
im oberen Bereich des Hangs mehr Moose zu finden,
während sie bei den gerechten Parzellen im unteren
Bereich einen grösseren Flächenanteil einnahmen (Tab. 3).
Sowohl bei den geblasenen als auch bei den gerechten
Parzellen waren die grössten Unterschiede der Artenviel-
falt zwischen den Positionen 1 und 5, d.h. zwischen der
am höchsten und der am tiefsten gelegenen Position der
Parzelle zu finden (Tab. 4 und 5). Die Artenzahl war im
unteren Bereich der Parzelle am höchsten. Bezüglich der
Reaktionszahl und der Nährstoffe waren die Unter-
schiede entlang des Höhengradienten zwar nicht signifi-
kant (Tab. 6 und 7), es liess sich mit einem p-Wert von
0,086 aber immerhin ein interessanter Trend ausmachen:
Die Nährstoffzahl nahm mit zunehmender Höhe in der
Parzelle ab.
−4 −2 0 4
−4
−2
0
PC1
PC2
pos
2
24
geblasene Flächengerechte Flächen
Abb. 2 | Hauptkomponentenanalyse der Artenzusammensetzung für die Gesamtheit der Aufnahmen. Je weiter oben am Hang sich die Aufnahmefläche (pos) befindet, desto weiter nach rechts kommt der entsprechende Punkt in der Grafik zu liegen. Die erste Achse (PC1) erklärt 10,2 % der Gesamtvarianz, die zweite Achse (PC2) 6,5 %.
Licht Temperatur Reaktionszahl Nährstoffe Humus
Bewirtschaftungsmethode B R B R B R B R B R
Mittelwert 3,479 3,496 3,182 3,201 3,307 3,339 2,414 2,463 3,120 3,117
Standardabweichung 0,016 0,017 0,018 0,028 0,023 0,021 0,026 0,033 0,017 0,012
P-Wert 0,256 0,1643 0,089 0,256 0,431
Tab. 5 | Wilcoxon-Test mit Vergleich der Zeigerwerte auf Parzellen, die mit dem Bläser (B) und dem Rechen (R) bewirtschaftet wurden
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren | Umwelt
193Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
mensetzung verändert. Die Ergebnisse bestätigen diese
Vermutung jedoch nicht. Die untersuchten Aspekte der
Artenvielfalt scheinen im Zeitraum von vier Jahren
durch die Bewirtschaftungsmethode nicht beeinflusst
worden zu sein.
Interessant war der Einfluss des Höhengradienten auf
die Ergebnisse. Das Gefälle kann Unterschiede der
Bodeneigenschaften bewirken, die wiederum die
Vegetation bestimmen. Durch das Gefälle, das eine
konsequente Ernte von oben nach unten zur Folge hat,
sind auch Rückschlüsse auf den Einfluss der Ernterich-
D i s k u s s i o n
Diese Studie wurde aufgrund der Vermutung begon-
nen, dass die Ernte mit dem Rechen oder Bläser durch
die unterschiedliche Wirkung auf die Bodenoberfläche
und auf die Verbreitung der Samen die Vegetation
einer Wiese unterschiedlich beeinflussen könnte: Der
Rechen, indem er den Boden stellenweise öffnet und
damit die Keimung neuer Arten fördert, und der Bläser,
indem er die Verbreitung eines breiten Spektrums von
Samen fördert und auf diese Weise die Artenzusam-
10 20 30 40 50 60
1520
2530
35
Position am Hang
Anza
hl A
rten
geblasene Flächengerechte Flächen
Abb. 3 | Durchschnittliche Anzahl Arten der einzelnen Aufnahmen je nach Position am Hang (die auf der Abszissenachse eingetragene Distanz bezieht sich auf die Basislinie zuunterst am Hang); geblasene Parzellen: R2 = 0,1499; gerechte Parzellen: R2 = 0,3092.
Schätzwert Standardfehler T-Wert p R2
(Schnittpunkt) 3,523 0,061 57,980 < 0,001 –0,017
Position am Hang 0,001 0,001 0,002 0,674
Tab. 6 | Lineare Regression der Werte für die Reaktionszahl mit der Position am Hang
Schätzwert Standardfehler T-Wert p R2
(Schnittpunkt) 2,445 0,052 47,272 < 0,001 0,041
Position am Hang –0,003 –0,003 0,002 0,086
Tab. 7 | Lineare Regression der Werte für die Nährstoffe mit der Position am Hang
194
Umwelt | Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
tung möglich. Bei der Artenvielfalt lässt sich feststellen,
dass bezüglich der durchschnittlichen Artenzahl pro
Vegetationsaufnahme, aber auch hinsichtlich der
Gesamtzahl der Arten zwischen den höchsten und
tiefsten Positionen ein Unterschied besteht. Bei Nie-
derschlägen werden Nährstoffe im Allgemeinen nach
unten ausgewaschen (Korsaeth und Eltun 2000). Ver-
mutlich begünstigen die höhere Nährstoffkonzen-
tration im unteren Bereich des Hangs sowohl Trocken-
wiesenarten als auch typische Arten intensiv
bewirtschafteter Wiesen (Bobbink et al. 1998; Korsa-
eth und Eltun 2000; Stevens et al. 2004). Damit liesse
sich die höhere Vielfalt an Pflanzenarten erklären. Die
tiefere Nährstoffkonzentration im oberen Parzellenbe-
reich kann entsprechend eine geringere Artenvielfalt
zur Folge haben (Janssens 1998).
Der Unterschied der Artenvielfalt könnte aber auch dar-
auf zurückzuführen sein, dass Samen leichter in den unte-
ren Parzellenbereich gelangen. Dieser Transport könnte
durch den Heubläser stärker gefördert werden. Deshalb
wurde vermutet, dass die Samen je nach ihren Eigenschaf-
ten und je nach der Bewirtschaftungsmethode in stärke-
rem oder geringerem Ausmass transportiert werden. Dies
würde schliesslich zu einer unterschiedlichen Artenzu-
sammensetzung führen (Howe und Smallwood 1982). Die
Bewirtschaftungsmethode zeigte jedoch keine Beeinflus-
sung auf die Artenzusammensetzung nach vier Jahren,
unabhängig davon, ob die Ernte mit Rechen oder Bläser
erfolgt, und unabhängig von der Position entlang des
Höhengradienten. Es ist denkbar, dass ein allfälliger Ein-
fluss erst nach langer Zeit sichtbar würde.
Auch die Anzahl Ziel- und Leitarten und die Deckung der
Moose waren in den gerechten und geblasenen Parzel-
len ähnlich. Dagegen liess sich ein Einfluss der Position
am Hang feststellen, wobei die Moose bei den geblase-
nen Parzellen eine grössere Deckung im oberen Bereich
aufweisen, bei den gerechten Parzellen eine grössere
Deckung im unteren Bereich. Die höhere Deckung der
Moose im oberen Hangbereich erstaunt nicht, da dort
die Konkurrenz aufgrund der geringeren Artenvielfalt
und Nährstoffkonzentration vermutlich geringer ist (Lee
und Caporn 1998). Die Ergebnisse der gerechten Parzel-
len zeichnen allerdings ein anderes Bild.
Wir werden unsere Beobachtungen bis 2015 fortset-
zen und in zwei Jahren eine abschliessende Analyse der
gesamten Daten des sechsjährigen Zeitraums durchfüh-
ren. Mit dieser Untersuchung werden sich die hier vorge-
stellten Ergebnisse bestätigen oder differenzieren lassen.
� n
Dank
Markus Odermatt, Landwirt, Seewli, Obbürgen und job-vision, Stans, für die Bewirtschaftung der Wiese. Gisela Lüscher, Andrea Klieber-Kühne, René Hoess und Markus Baggenstoss für die Vegetationsaufnahme und Philippe Jeanneret für die statistische Beratung.
195
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Leaf blowers as an alternative to rakes:
impact on vegetation after four years
In the mountains, hay harvesting repre-
sents a significant task for farmers. To
make this job easier and speed up the
harvest, farmers are gradually replacing
rakes with leaf blowers. The Swiss nature
conservancy organisation Pro Natura and
the Agriculture and Agri-Food Research
Station Agroscope are currently evaluat-
ing the potential effects of leaf blowers
on the plant diversity of dry grasslands –
habitats which are already under severe
threat. In this study, plant surveys are
carried out annually on a meadow where
plots with the two types of harvest
alternate. The analysis of the data
collected in 2013 does not attest to any
impact of blowers on plant diversity,
species composition, the presence of
target or characteristic species, or moss
cover. By contrast, position on the slope
has an influence on the number of species,
which is higher at the bottom of the slope
on all plots. Moss cover is greater at the
top of the blown plots and at the bottom
of the raked plots.
Key words: hay harvesting, leaf blower,
vegetation, change.
Il soffiatore come alternativa al rastrello:
influenza sulla vegetazione dopo quattro
anni
In montagna la fienagione è molto
impegnativa per i contadini. Per alleviare il
compito e procedere più rapidamente nel
raccolto, questi sostituiscono progressiva-
mente il rastrello con il soffiatore. Attual-
mente l'organizzazione Pro Natura e la
stazione di ricerca per la filiera agronomica
e agroalimentare Agroscope valutano i
potenziali effetti sulla vegetazione dei
prati secchi che sono habitat già molto
minacciati. In questo studio ogni anno
sono realizzati rilevamenti di vegetazione
su un prato in cui si alternano particelle
dei due tipi di raccolto. L'analisi dei dati
raccolti nel 2013 non testimonia alcuna
influenza del soffiatore sulla ricchezza spe-
cifica, sulla composizione delle specie,
sulla presenza di specie bersaglio e
caratteristiche o sulla copertura di muschi.
La posizione in pendenza, invece,
influenza il numero di specie. Questo è più
elevato alla base del pendio, su tutte le
particelle. La copertura di muschi è
maggiore nella parte alta delle particelle
soffiate e nella parte bassa di quelle
rastrellate.
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196 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
Gemüsekohl nur bis zu einer bestimmten Schadschwelle
toleriert werden kann, gilt im Anbau von Raps als tole-
rierbar und nicht bekämpfenswert. Die Folge für Gemü-
sekulturen ist ein höherer Aufwand an Pflanzenschutz-
massnahmen.
Die Kleine Kohlfliege D. radicum
Ein Schädling, der an Gemüse aus der Familie der Kreuz-
blütler zu hohen Qualitätseinbussen führen kann, ist die
Kleine Kohlfliege Delia radicum (Diptera: Anthomyii-
dae). In Deutschland (Erichsen und Hünmörder 2005)
und Kanada (Dosdall et al. 1996b) hat D. radicum ausser-
dem im Anbau von Raps in der Bedeutung als Schädling
zugenommen. In der Schweiz ist D. radicum als Schäd-
ling in Raps bisher nicht erwähnt (BLW 2014).
Aufgrund von Neubeurteilungen der Höchstkonzentrati-
onen für einzelne Wirkstoffe durch die Abteilung
Lebensmittelsicherheit des Bundesamt für Gesundheit
im Jahr 2010 wurden die betroffenen Bewilligungen
E i n l e i t u n g
Das Kohl-Raps-Agrarökosystem ist dadurch gekenn-
zeichnet, dass die Kulturpflanzen der Pflanzenfamilie
der Kreuzblütler (Brassicaceae) angehören. Vertreter der
Kreuzblütler besitzen eine Vielzahl an Gemeinsamkei-
ten, zum Beispiel enthalten sie Senföle, die auch Glucosi-
nolate genannt werden. Glucosinolate spielen bei einer
Vielzahl von Schädlingen eine Rolle in der Erkennung
ihrer Wirtspflanzen (Hopkins et al. 2009). Daher sind
Kreuzblütler attraktive Wirtspflanzen und prädestiniert,
um von verschiedenen Schädlingen und Krankheiten
befallen zu werden. Durch die Vermarktung ober- und
unterirdischer Pflanzenteile werden hohe Qualitätsan-
forderungen an die Ernteprodukte im Gemüsebau
gestellt, die nur durch tiefe Schadschwellen eingehalten
werden können. Vor allem in kleinräumigen Anbauge-
bieten können daraus Konfliktsituationen entstehen.
Schädlings- oder Krankheitsbefall, der im Anbau von
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem Ute Vogler, Romana Schmon, Melanie Jänsch und Werner E. Heller
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz
Auskünfte: Ute Vogler, E-Mail: [email protected]
Die Kleine Kohlfliege Delia radicum auf einem Kohlblatt. (Foto: Agroscope)
P f l a n z e n b a u
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem | Pflanzenbau
197
Zusa
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enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
Das Kohl-Raps-Agrarökosystem besteht aus
Kulturpflanzen der Familie der Kreuzblütler
mit unterschiedlicher Produktivität und
unterschiedlich hohem Arbeitsaufwand.
Kreuzblütler sind Wirtspflanzen für Schäd-
linge und Krankheiten, allerdings unterschei-
det sich die Relevanz des Befalls je nach Grad
der Wertschöpfung.
Um Zusammenhänge im Kohl-Raps-Agraröko-
system zu untersuchen, wurde eine Standort-
analyse am Beispiel der Kleinen Kohlfliege
und dem Falschen Mehltau durchgeführt.
Während einer Vegetationsperiode wurde
die Flugaktivität und die Eiablage der
Kleinen Kohlfliege in Kohl- und Rapsfeldern
überwacht. Die Überwachung hat ergeben,
dass die Fangzahlen in Kohl niedriger sind als
in Raps, und die Kleine Kohlfliege vor allem
während der ersten und zweiten Generation
in Raps aktiv ist.
Pflanzenproben wurden mit molekularer
Analysen auf Befall mit Falschem Mehltau
untersucht. Der Falsche Mehltau ist bereits
auf dem Saatgut von Raps nachweisbar.
Zudem wurde belegt, dass es sich bei dem
Falschen Mehltau an Kohl und Raps um die
gleiche Population handelt.
Der kleinräumige Anbau von Kohl und Raps
schafft somit optimale Bedingungen, damit
sich Schädlinge und Krankheiten verbreiten
und etablieren können.
überprüft (Baur 2010). In der Folge sind Insektizide zur
Bekämpfung von D. radicum weggefallen oder ihr Ein-
satz wurde stark eingeschränkt, so dass in vielen Indika-
tionen nur eine Teilwirkung erzielt werden kann (Baur
2010). Die Population von D. radicum und der durch sie
verursachte Schaden ist durch vorbeugende Massnah-
men wie Bodenbearbeitung, Einsatz von Kulturschutz-
netzen, Feldhygiene und Fruchtfolge nicht zurückge-
gangen. Bei D. radicum handelt es sich um einen multivoltinen
Schädling mit vier Generationen pro Jahr (Collier et al.
1991). Die Fliegen der ersten Generation treten in der
Regel im April auf, abhängig von Region und klimati-
schen Bedingungen. Die Weibchen legen in der Regel
ihre Eier an den Wurzelhals in der Erde ab (Collier et al.
1991). Eine Ausnahme bilden Rosenkohl und Chinakohl.
Bei diesen Gemüsekohlen können die Eier auch an den
oberirdischen Pflanzenteilen abgelegt werden (Crüger et
al. 2002). Die aus den Eiern geschlüpften Larven fressen
im Pflanzengewebe und verursachen dadurch Welke und
Hemmung des Pflanzenwachstums. Anschliessend ver-
puppen sie sich im Boden und aus den Puppen schlüpft
die nächste Generation. Die Flugaktivität von D. radicum
wird im Gemüsebau mit Wassergelbfallen überwacht und
mit Hilfe des SWAT-Simulationsmodell (Gebelein et al.
2011) kann die Populationsdynamik berechnet werden.
Der pilzliche Erreger H. parasitica
Das Pflanzenwachstum kann auch von dem pilzlichen
Erreger Hyaloperonospora (= Peronospora) parasitica
(Oomycetes: Peronosporales) negativ beeinflusst wer-
den. H. parasitica verursacht den Falschen Mehltau an
Kreuzblütlern (Agrios 2005; Hoffmann et al. 1994) und
kann zu Qualitätsminderung und Ernteausfällen führen.
Der Pilz ist samenbürtig und infiziert Sämlinge oder
junge Pflanzen systemisch. Im fortgeschrittenen Stadium
Gemüsekohl Raps, Ausfallraps
Bewuchs Wassergelbfalle Bewuchs Wassergelbfalle
2011 Brokkoli Rapsfelder 1–3
26.03.2012Brache«2011»
Aufbau Rapsfelder 1–3 Aufbau
29.05.2012 Blumenkohl 1. Satz «CF1» Standortwechsel Nachbarparzelle
26.07.2012 Rapsfelder 1–3 Abbau
30.07.2012 Rapsfelder 1–3 Ausfallraps Aufbau
23.08.2012 Blumenkohl 2. Satz «CF2»
28.08.2012 Abbau
28.10.2012 Abbau
Tab. 1 | Übersicht zu Aufbau, Platzierung und Abbau der Wassergelbfallen im Kohl-Raps-Agrarökosystem in 2012
Pflanzenbau | Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
198 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
ist der Befall als Pilzrasen auf der Blattunterseite oder
auf beiden Blattseiten sichtbar. Vorbeugende Bekämp-
fungsmassnahmen, wie Bodenentseuchung und Saat-
gutdesinfektion müssen vor Kulturbeginn durchgeführt
werden, während kurative Bekämpfungsmassnahmen
während der Kultur eingesetzt werden. Allerdings zei-
gen kurative chemische Bekämpfungsmassnahmen bei
starkem Befall oder zum falschen Einsatzzeitpunkt meist
keine genügende Wirkung.
Im integrierten Anbau von Gemüsekohlen ist daher der
Befalls- und Infektionsdruck von grosser Bedeutung. Mit
Hilfe einer Standortanalyse im Kohl-Raps-Agrarökosystem
wurde stellvertretend für Schädlinge D. radicum und für
Krankheiten H. parasitica während der Vegetationsperi-
ode beobachtet, um Zusammenhänge zu untersuchen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Untersuchungen zur Aktivität von D. radicum
Die Aktivität von D. radicum wurde bei Ruswil im Kanton
Luzern mit Hilfe von Wassergelbfallen (Finch und Skin-
ner 1974) im Jahr 2012 überwacht. Dafür wurden die
Wassergelbfallen in einem Kohlfeld und in drei Rapsfel-
dern aufgestellt (Tab. 1 und 2), wöchentlich gewechselt
und im Labor ausgewertet. Zusätzlich wurde die Eiab-
lage von D. radicum bei Kohl- und Rapspflanzen
wöchentlich geprüft. Dafür wurde bei zehn zufällig aus-
gewählten Pflanzen pro Feld die Erde rund um den Wur-
zelhals entnommen, in einem Gefäss aufgeschwemmt
und die Eier ausgezählt. In den Rapsfeldern wurde die
Eiablage ab dem 26.3.12 bis zur Ernte und in Blumen-
kohl ab dem 06.6.12 bis zum 22.10.12 kontrolliert.
Populationsstudie zu H. parasitica
Für molekulare Analysen zur Untersuchung der Popula-
tionen von H. parasitica wurde unterschiedliches Pflan-
zenmaterial verwendet (Tab. 3). Gebeiztes Saatgut von
drei Rapssorten ‘Nodari’, ‘Intense’ und ‘13090 (CSZ9222)’
wurde gewaschen und anschliessend im Gewächshaus
zu Jungpflanzen herangezogen (SS1 – SS3, Tabelle 3).
Pflanzen mit und ohne Symptome von H. parasitica wur-
den untersucht, um mögliche Infektionsquellen im Kohl-
Raps-Agrarökosystem zu identifizieren. Zur Extraktion
der Desoxyribonukleinsäure (DNS) aus den Jungpflanzen
von Blumenkohl, Kohlrabi, und Raps wurden die Blätter
über Nacht gefriergetrocknet (ALPHA 1 – 2 LO plus) und
pulverisiert (Fast Prep FP 120). Die DNS wurde mit dem
DNeasy Plant Mini Kit (Qiagen, Sample & Assay Techno-
logies) (Qiagen 2006) extrahiert. Das Protokoll wurde in
den Schritten 18 und 19 modifiziert, indem 50 µl Wasser
anstelle von 100 µl AE Puffer verwendet wurde. Um DNS
aus Rapssamen zu isolieren, wurden diese mit flüssigem
Stickstoff gemörsert. Die weiteren Schritte entsprechen
den bereits genannten Schritten zur Extraktion der DNS
Kohl Raps 1 Raps 2 Raps 3
Kohl – 1400 1000 330
Raps 1 1400 – 470 1070
Raps 2 1000 470 – 710
Raps 3 330 1070 710 –
Tab. 2 | Übersicht zum Abstand in Metern (m) zwischen den Wassergelbfallen in Kohl und Raps bzw. Ausfallraps
Saatgut-beizung
WirkstoffSymptom
H. parasitica Pflanzenstadium Abkürzung Herkunft
Blumenkohl – – x Jungpflanze CF Bio Jungpflanzen Beat Jud, Tägerwilen,
SchweizKohlrabi – – x Jungpflanze CT
Raps ‘Nodari’ x Methiocarp – Saatgut ST 1
Eric Schweizer AG, Thun, Schweiz
Raps ‘Nodari’ x Methiocarp –Jungpflanze
(Gewächshaus)SS 1
Raps ‘Intense’ xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam– Saatgut ST 2
Raps ‘Intense’ xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam–
Jungpflanze (Gewächshaus)
SS 2
Raps ‘13090 (CSZ9222)’
xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam– Saatgut ST 3
Raps ‘13090 (CSZ9222)’
xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam–
Jungpflanze (Gewächshaus)
SS 3
Raps unbekannt unbekannt xJungpflanzen
(Feld)
OR 1
Rapsfelder RuswilOR 2
OR 3
Tab. 3 | Zusammenstellung des Pflanzenmaterials, das auf H. parasitica untersucht wurde
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem | Pflanzenbau
199Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
A)
PCR Programm 95°C 15 Min
40 Zyklen 94°C 30 Sek
60°C 30 Sek
72°C 10 Min
10°C ∞
B)
PCR MasterMix
PCR Volumen 10 µl
HotStar Taq 5 µl
Primer AFP293 (for) 1 µl
Primer AFP294 (rev) 1 µl
H2O 2 µl
DNS 1 µl
Tab. 4 | A) Modifiziertes PCR Programm nach dem Protokoll von (Brouwer et al. 2003). B) PCR MasterMix
0
10
20
30
40
50
60
26.03
.12
02.04
.12
09.04
.12
16.04
.12
23.04
.12
30.04
.12
07.05
.12
14.05
.12
21.05
.12
28.05
.12
04.06
.12
11.06
.12
18.06
.12
25.06
.12
02.07
.12
09.07
.12
16.07
.12
23.07
.12
30.07
.12
06.08
.12
13.08
.12
20.08
.12
27.08
.12
03.09
.12
10.09
.12
17.09
.12
24.09
.12
01.10
.12
08.10
.12
15.10
.12
22.10
.12
Klei
ne K
ohlfl
iege
n in
Was
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elbf
alle
n (A
nzah
l ges
amt)
2011 CF1 CF2
A
Blumenkohl 1 Blumenkohl 2
0
5
10
15
20
25
30
35
26.03
.12
02.04
.12
09.04
.12
16.04
.12
23.04
.12
30.04
.12
07.05
.12
14.05
.12
21.05
.12
28.05
.12
04.06
.12
11.06
.12
18.06
.12
25.06
.12
02.07
.12
09.07
.12
16.07
.12
23.07
.12
30.07
.12
06.08
.12
13.08
.12
20.08
.12
27.08
.12
03.09
.12
10.09
.12
17.09
.12
24.09
.12
01.10
.12
08.10
.12
15.10
.12
22.10
.12
Anza
hl E
ier /
10
Pflan
zen
CF1 CF2
B
Abb. 1 | Resultate der Überwachung von D. radicum in Gemüsekohl während der Vegetationsperiode in 2012 (2011 = Brache nach Brokkoli in 2011, CF1 = Blumenkohl 1. Satz, CF2 = Blumenkohl 2. Satz). A) Flugaktivität von D. radicum, gemessen an der Anzahl D. radicum in Wassergelbfallen. B) Eiablage von D. radicum an Blumenkohlpflanzen, gemessen an der Anzahl Eier an 10 zufällig ausgewählten Pflanzen (1. und 2. Satz).
aus Jungpflanzen. Im Anschluss an die Polymerase-Ket-
ten-Reaktion (PCR) (Tab. 4) und Gelelektrophorese wur-
den die PCR-Produkte sequenziert. Für die Sequenzie-
rung wurde der ABI PRISM 3130xl Genetic Analyzer
verwendet. Die sequenzierten PCR-Produkte wurden mit
dem Geneious Programm (www.geneious.com) ange-
passt und mit dem MultiAlign bestätigt (Corpet 1988).
Anschliessend wurden die Sequenzen mit der Datenbank
des National Center for Biotechnology Information ver-
glichen (www.ncbi.nlm.nih.gov).
R e s u l t a t e
Die Kleine Kohlfliege D. radicum
In der Vegetationsperiode 2012 konnten in Gemüsekohl-
kulturen drei Generationen von D. radicum beobachtet
werden (Abb. 1). Die Flugaktivität der ersten Generation
wurde im brachliegenden Feld mit vorjährigem Brokkoli-
anbau im Zeitraum vom 2.4.12 bis zum 10.4.12 beobach-
tet (Abb. 1A). Die Flugaktivität der ersten Generation
hielt über eine Periode von sieben Wochen an. Die maxi-
Pflanzenbau | Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
200 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
male Anzahl gefangener D. radicum an einem Kontroll-
termin lag bei 20 Fliegen. Während der Flugaktivität der
ersten Generation waren keine geeigneten Wirtspflan-
zen verfügbar, so dass keine Kontrolle der Eiablage von
D. radicum in Gemüsekohl möglich war (Abb. 1B). Die
ersten D. radicum der zweiten Generation wurden im
Zeitraum vom 25.6.12 bis zum 2.7.12 gefangen und über
einen Zeitraum von acht Wochen mit einem Maximum
von 50 Fliegen in einer Woche beobachtet. Die ersten
Eier wurden eine Woche nach Beginn der Flugaktivität
an Gemüsekohl gefunden. Direkt im Anschluss an den
Flug der zweiten Generation startete die Flugaktivität
der dritten Generation. Diese war während acht Wochen
aktiv, mit einem Maximum an 30 gefangenen D. radicum
pro Woche. Die letzten D. radicum wurden im Zeitraum
vom 8.10.12 bis zum 15.10.12 gefangen. Die Eiablage der
dritten Generation begann am 24.9.12.In den drei überwachten Rapsfeldern wurde die
Flugaktivität von zwei Generationen D. radicum beob-
achtet (Abb. 2). Die ersten D. radicum wurden zwischen
dem 2.4.12 und dem 10.4.12 in den Rapsfeldern F1 und
F2 gefangen, und im Rapsfeld F3 ab dem Zeitraum
10.4.12 bis zum 16.4.12 (Abb. 2A). Die Flugaktivität der
ersten Generation D. radicum in Raps dauerte sieben
Wochen und es wurden zu einem Kontrolltermin maxi-
mal 329 D. radicum gefangen (Abb. 2A). Aufgrund
ungünstiger Wetterverhältnisse sind für den Zeitraum
vom 23.4.12 bis zum 14.5.12 keine Fangzahlen vorhan-
den. Während der Flugaktivität der ersten Generation
D. radicum wurde in allen drei Rapsfeldern Eiablage
nachgewiesen (Abbildung 2B). Die zweite Generation
D. radicum startete zwischen dem 2.7.12 und dem
9.7.12 im Rapsfeld F1, und eine Woche später in den
beiden Rapsfeldern F2 und F3. Der Flug dauerte vier
Wochen mit einem Maximum von 200 D. radicum pro
Woche. Während der zweiten Generation wurde
keine Eiablage in Raps festgestellt (Abbildung 2B).
Nach der Rapsernte wurde die Flugaktivität in Ausfall-
raps in den drei Feldern F1, F2 und F3 fortgeführt
(Tabelle 1). Die Flugaktivität von D. radicum war mit
einem Maximum an 20 gefangenen Fliegen in einer
Woche geringer als in der vorhergehenden Rapskultur,
allerdings höher als in Gemüsekohl im gleichen Zeit-
raum. Ende August musste die Überwachung der Flug-
aktivität und der Eiablage in den drei Rapsfeldern ein-
gestellt werden.
0
2
4
6
8
10
12
26.0
3.12
02.0
4.12
09.0
4.12
16.0
4.12
23.0
4.12
30.0
4.12
07.0
5.12
14.0
5.12
21.0
5.12
28.0
5.12
04.0
6.12
11.0
6.12
18.0
6.12
25.0
6.12
02.0
7.12
09.0
7.12
16.0
7.12
23.0
7.12
30.0
7.12
06.0
8.12
13.0
8.12
20.0
8.12
27.0
8.12
Anza
hl E
ier /
10
Pflan
zen
F1 F2 F3
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0
50
100
150
200
250
300
350
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(Anz
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t)
F1F2F3
Ernte
A
Ausfallraps
26.0
3.12
02.0
4.12
09.0
4.12
16.0
4.12
23.0
4.12
30.0
4.12
07.0
5.12
14.0
5.12
21.0
5.12
28.0
5.12
04.0
6.12
11.0
6.12
18.0
6.12
25.0
6.12
02.0
7.12
09.0
7.12
16.0
7.12
23.0
7.12
30.0
7.12
06.0
8.12
13.0
8.12
20.0
8.12
27.0
8.12
Abb. 2 | Resultate der Überwachung von D. radicum in den drei Rapsfeldern F1, F2 und F3. A) Flugaktivität von D. radicum, gemessen an der Anzahl D. radicum in Wassergelbfallen. B) Eiablage D. radicum an Rapspflan-zen, gemessen an der Anzahl Eier an 10 zufällig ausgewählten Pflanzen.
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem | Pflanzenbau
201Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
achtet, um grundlegende Zusammenhänge zu untersu-
chen und Schlüsse für den integrierten Anbau von Gemüse
zu ziehen.
Die Anzahl gefangener D. radicum war in den Rapsfel-
dern während der Flugaktivität der ersten und zweiten
Generation höher als in den überwachten Gemüsekohl-
feldern. Daraus hat sich die Frage ergeben, welchen Ein-
fluss die Überwinterung des Schädlings hat, und ob Raps-
felder eine wenig gestörte Überwinterungsmöglichkeit
bieten, verglichen mit Feldern auf denen Gemüsekohl
angebaut werden. Es ist bereits bekannt, dass kulturtech-
nische Parameter wie zum Beispiel Bodenbearbeitung
(Valantin-Morison et al. 2007), Aussaattermin (Dosdall et
al. 1996a) und Düngung (Marazzi und Städler 2005)
einen Einfluss auf den Befall mit D. radicum haben. Das
legt die Vermutung nahe, dass die Unterschiede im Kohl-
Raps-Agrarökosystem ebenfalls auf unterschiedlichen
kulturtechnischen Massnahmen beruhen.
Felder für den Anbau von Gemüsekohlen werden in
der Regel häufiger mechanisch bearbeitet, einerseits um
die Fläche für das Setzen der Jungpflanzen vorzuberei-
ten, andererseits um während der Kultur das Unkraut zu
bekämpfen (Bauermeister et al. 2005). Während einer
Vegetationsperiode werden im Gemüsebau mehrere
Sätze angebaut und der Boden mehrfach bearbeitet. Da
D. radicum im Gemüsebau ein gefürchteter Schädling ist,
werden vorbeugende Bekämpfungsmassnahmen wie
zum Beispiel Kulturschutznetze eingesetzt, und entspre-
chend der aktuellen Bewilligungssituation Behandlun-
gen durchgeführt.
Anders ist der Anbau von Raps. Raps wird in der Schweiz
in der Regel als Winterraps angebaut. Die Aussaat
erfolgt im Spätsommer, der Raps keimt, überwintert im
Rosettenstadium und wächst und blüht im darauffol-
genden Jahr, bevor er im Sommer gedroschen wird. Im
gesamten Zeitraum zwischen Aussaat und Ernte steht D.
radicum diese Wirtspflanze zur Verfügung. Ein weiterer
Vorteil für D. radicum ist, dass der Boden in diesem Zeit-
raum nicht bearbeitet wird. Zusätzlich finden frisch
geschlüpfte D. radicum der ersten Generation an dem
Platz, wo sie schlüpfen, attraktive Wirtspflanzen vor.
Für H. parasitica bedeutet der Anbau von Winterraps,
dass die Inokulum- und Infektionsdichte im Kohl-Raps-
Agrarökosystem zunehmen wird. H. parasitica kann
ungestört überwintern, da in Raps keine Pflanzenschutz-
massnahmen zur Bekämpfung durchgeführt werden.
Mit einer zunehmenden Rapsanbaufläche nimmt der
Infektionsdruck auf Flächen mit Gemüse stark zu. Für
Ernteprodukte mit hochstehendem Qualitätsanspruch
und hoher ökonomischer Wertschöpfung wie Gemüse-
kohl bedeutet das, dass zusätzliche Pflanzenschutzmass-
nahmen notwendig werden.
Proben mit Befall durch H. parasitica
Die molekularen Analysen von Pflanzenmaterial (Tab. 3)
haben ergeben, dass alle Proben mit H. parasitica infi-
ziert waren (Abb. 3). Saatgut der drei Rapssorten ‘Nodari’,
‘Intense’ und ‘13090 (CSZ9222)’ wurde untersucht.
Obwohl keine sichtbaren Symptome vorhanden waren,
wurde H. parasitica in den Proben nachgewiesen. Somit
stellt bereits die Verwendung von nicht-desinfiziertem
Saatgut eine Infektionsquelle dar. Um zu prüfen, ob der
auf Raps nachgewiesene H. parasitica auch Kohlarten
infizieren kann, wurden die DNS des Falschen Mehltaus
sowohl von Raps als auch von Gemüsekohl sequenziert.
Die Sequenzen zeigten keinen genetischen Unterschied
zwischen den untersuchten Proben. Die zusätzliche
BLAST-Analyse ergab eine 100 % Übereinstimmung von
der als Referenz gewählten ST1-Probe mit der in der
NCBI Datenbank für H. parasitica hinterlegten Sequenz.
Somit ist belegt, dass die gesammelten Proben aus dem
Kohl-Raps-Agrarökosystem einer Population angehören.
D i s k u s s i o n
Die Kleine Kohlfliege D. radicum und der Falsche Mehltau
H. parasitica wurden im Kohl-Raps-Agrarökosystem beob-
Abb. 3 | Ergebnis der Gel-Elektrophorese mit PCR-Produkten am-plifiziert aus Rapssaatgut (2-9, 11–14), Raps- und Kohljungpflan-zen (15-20, 22–29, 31–32) und negativer Kontrolle (33) mit Ver-wendung der AFP293 und AFP249 Primer. Die Pfeile markieren die Amplicons von H. parasitica, die für die anschliessende Sequenzie-rung ausgewählt wurden. Saatgut ohne sichtbare Symptome von H. parasitica (ST1-ST3), Rapsjungpflanzen von drei Standorten (OR1-OR3), Rapsjungpflanzen aus dem Gewächshaus (SS1-SS3), und Blumenkohl (CF) - und Kohlrabijungpflanzen (CT). Linien 1, 10, 21, 30 mit Standard ladder mix (Fermentas, Thermo scientific life science research www.thermoscientificbio.com).
202
Pflanzenbau | Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
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▪ Yarwood C. E., 1981. The occurrence of Chalara elegans. Mycologia 73, 524–529.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Für D. radicum und H. parasitica heisst das, dass mit einer
Flächenzunahme im Rapsanbau ungestörte Vermeh-
rungs- und Überwinterungsmöglichkeiten zunehmen.
Damit nimmt auch der Befallsdruck mit D. radicum und
der Infektionsdruck mit H. parasitica im Anbau von
Gemüsekohl zu.
Allerdings stellen der untersuchte Schädling und die
untersuchte Krankheit nur einen kleinen Ausschnitt der
Interaktionen im komplexen Agrarökosystem dar.
Raps ist auch für andere Schädlinge an Gemüsekoh-
len eine Wirtspflanze und fördert deren Vermehrung,
Verbreitung und bedingt damit auch einen intensivier-
ten Pflanzenschutz in Gemüsekulturen. Neben den
Schädlingen werden auch Krankheiten gefördert, zum
Beispiel die bodenbürtige Kohlhernie Plasmodiophora
brassicae (Neuweiler et al. 2009) oder der bodenbürtige
Schwärzepilz Chalara elegans (Heller 2012; Yarwood
1981).
Für ein nachhaltiges Agrarökosystem, gesunde Nah-
rungsmittelproduktion und eine hochwertige Ernäh-
rung sind Massnahmen auf verschiedenen Ebenen anzu-
wenden.
So könnte zum Beispiel mit Hilfe der Saatgutdesin-
fektion mit belüftetem Dampf gesundes Saatgut bereit-
gestellt und dadurch der Infektionsdruck im Kohl-Raps-
Agrarökosystem reduziert werden. n
203
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem | Pflanzenbau
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Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
Pests and pathogens in the cabbage-
oilseed rape agroecosystem
The cabbage – oilseed rape agroecosys-
tem consists of cruciferous crop plants
with different levels of productivity
and labour intensity. In Switzerland,
such crop plants are cultivated mostly
in small-scale agricultural settings.
Cruciferous crop plants are hosts for a
wide range of pest insects and plant
pathogens. However, the importance
of the damage caused by pests and
pathogens varies according to the
perceived value of the crop plants.
The aim of the present study was to
investigate the relationships within the
cabbage – oilseed rape agroecosystem.
Therefore, a production site analysis
was conducted based on the abun-
dance of the cabbage root fly and
downey mildew. Flight activity and
oviposition rates of the cabbage root
fly were observed in cabbage and
oilseed rape fields during the growing
season. In addition, samples of
cabbage and oilseed rape plants were
analysed using molecular methods to
detect possible infections with downey
mildew.
Results showed that fewer cabbage
root flies were captured in cabbage
fields compared with oilseed rape
fields. In oilseed rape, main flight and
oviposition activity of cabbage root
flies were during the first and second
generation. Furthermore, the downey
mildew found on cabbage and oilseed
rape belonged to the same population.
These findings show that the cultiva-
tion of cabbage and oilseed rape in
small-scale agricultural settings offers
optimal conditions for pests and
pathogens to spread and establish
themselves.
Key words: cabbage root fly Delia
radicum, downy mildew Hyaloperono-
spora (= Peronospora) parasitica,
Brassicacea, integrated pest manage-
ment.
Parassiti e malattie nel sistema
agro-ecologico di brassicacee e colza
Il sistema agro-ecologico di brassicacee
e colza è composto da piante coltivate
della famiglia delle crocifere con
diversa produttività e diversi livelli di
carico. Le crocifere sono piante ospiti
per parassiti e malattie, anche se
l’importanza dell’infestazione si
differenzia in base al grado del valore
aggiunto. Per esaminare le correlazioni
nel sistema agro-ecologico di brassica-
cee e colza si è effettuato un sopral-
luogo sull’esempio della piccola
cavolaia e della peronospora. Durante
un periodo vegetativo è stata monito-
rata l’attività di volo e di deposizione
della piccola cavolaia nei campi di
brassicacee e colza. Da questo monito-
raggio è emerso che le catture nelle
brassicacee sono inferiori a quelle nella
colza e che soprattutto la prima e
seconda generazione della piccola
cavolaia sono attive nella colza.
Mediante analisi molecolare si sono
analizzati campioni vegetali sulla
presenza di peronospora, che è già
rilevabile nella semente di colza.
Inoltre, si è dimostrato che nel caso
della peronospora si tratta della stessa
popolazione sia su brassicacee, sia su
colza. La coltivazione su piccola scala
crea condizioni ottimali per la diffu-
sione e lo stabilimento di malattie e
parassiti.
204
mit NIRS (Hindle 2001). Ende der sechziger Jahre veröf-
fentlichte Arbeiten zeigen, dass das Fortschreiten der
Chemometrie und der Durchbruch der Computertech-
nologie Karl Norris vom amerikanischen Landwirt-
schaftsdepartement die Entwicklung von Kalibrierun-
gen durch multiple lineare Regression (MLR) für
landwirtschaftliche Produkte ermöglichte. Die NIRS
wird heute in erster Linie als Mittel zur Qualitäts- und
Prozesskontrolle im industriellen Sektor von Pharma
und Chemie, in der Petrochemie und in der Nahrungs-
mittelindustrie intensiv genutzt.
Eine regelmässige Kontrolle der chemischen Zusam-
mensetzung sowie der Qualität von Futtermitteln in
landwirtschaftlichen Betrieben ist bei der Planung und
Berechnung von Tierfutterrationen unerlässlich. Haupt-
ziel ist es, ausgeglichene Rationen zu erstellen, welche
die Tiergesundheit erhalten, zu Gunsten der Umwelt
Überschüsse und Verschwendung vermeiden und schluss-
endlich die rentable Produktion von Milch und Fleisch
ermöglichen.
Mit der NIRS lassen sich die klassischen Methoden zur
Bestimmung der chemischen Zusammensetzung mit
einem beträchtlichen Zeitgewinn (jede klassische Ana-
lyse benötigt 3 bis 15 Stunden Zeit) und ohne Reagen-
zien und chemische Abfälle günstig ersetzen. Die NIRS ist
allerdings stark abhängig von der Referenzdatenbank;
sowohl von der Qualität der Referenzanalysen als auch
von der Repräsentation der bei den künftigen Proben zu
erwartenden Diversität. Zudem liegt es in der Natur der
NIRS, dass die Kalibrierungsmodelle dem für die Kalibrie-
rung verwendeten Probentyp fest zugeordnet sind.
Folglich ist eine Referenzdatenbank mit einer hohen
Anzahl von Proben für jeden Matrixtyp notwendig, die
mit der Referenzmethode analysiert wurden und die
gesamte erwartete Bandbreite an Proben abdecken, die
mit NIRS analysiert werden sollen (Workman 2001).
Ziel dieses Artikels ist es, die Vor- und Nachteile der
Nahinfrarotspektroskopie zusammenzufassen, und zwar
im Hinblick auf ihre Anwendung bei der Analyse der
chemischen Zusammensetzung von Futtermitteln
anhand von Anwendungsbeispielen, die am INT entwi-
ckelt wurden.
E i n l e i t u n g
Weniger als zwei Minuten genügen, um die Messschale
mit einer Futterprobe zu befüllen, im Gerät zu platzie-
ren, die Messung durchzuführen und als Resultat die
chemische Zusammensetzung der Probe zu erhalten,
was ungefähr zehn Parametern entspricht. Der entschei-
dende Vorteil der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) liegt
in der hohen Messgeschwindigkeit und den folglich sehr
geringen Kosten.
Als Folge der grossen Nachfrage nach einer schnel-
len und quantitativen Technik für die Bestimmung der
Feuchte-, Protein- und Fettgehalte im Weizen tauchte
diese Technologie bereits Mitte des 20. Jahrhunderts
auf (Hindle 2001). 1933 ermöglichten die Arbeiten von
Kubelka und Munk über die Lichtstreuung in Transmis-
sion und Refraktion die Analyse von Feststoffproben
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS)
Silvia Ampuero Kragten und Ueli Wyss
Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, 1725 Posieux, Schweiz
Auskünfte: Silvia Ampuero Kragten, E-Mail: [email protected]
N u t z t i e r e
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Abb. 1 | Futterproben (von links nach rechts und von oben nach un-ten): Maisganzpflanzen vor der Silierung, Maissilage, Heu, lyophyli-siertes Gras, Grassilage.
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
205
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Die Verwendung der Nahinfrarotspektrosko-
pie (NIRS) zur Bestimmung der chemischen
Zusammensetzung von Futtermitteln wird
mit Hilfe von Schätzmodellen dargestellt,
welche am Institut für Nutztierwissenschaf-
ten INT von Agroscope entwickelt wurden.
Angewendet wurden geläufige Werte für
den Koeffizienten R2 > 0,96 bei Parametern
wie Trockensubstanz (TS), Rohprotein (RP),
Lignocellulose (ADForg), Zellwände (NDForg),
Rohfaser (RF), Asche (RA), Fett (RL), Zucker
und Stärke in Heu und Gras, in Grassilage, in
Maisganzpflanzen vor der Silierung sowie in
Maissilage. Die Analyse von Einzelproben
mit NIRS ist gegenüber einer gepoolten
Mischprobe, die chemisch analysiert wird,
vorteilhaft, da man auf diese Weise der
Besonderheit jeder einzelnen Probe gerecht
werden kann.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e
Die Referenzdatenbank
Seit 2005 werden Spektren von Raufutterproben aus der
ganzen Schweiz gesammelt. Die Proben mit einem
Feuchtegehalt von ≥ 13 % wurden entweder im Ofen ca.
15 h bei 60° C getrocknet oder lyophylisiert. Alle Proben
wurden anschliessend mit einer Brabender Messermühle
mit 1 mm Sieb gemahlen. Die Raufutterproben wurden
vier Gruppen zugeordnet. Abbildung 1: I) Gr-H: Gras und
Heu; sowohl bei 60° C im Ofen getrocknetes oder lyo-
phylisiertes Gras als auch Heu. II) Gr-Sil: Grassilage. III)
M-frisch: Maisganzpflanzen vor der Silierung, bei 60° C
im Ofen getrocknet. IV) M-Sil: Maissilage. Momentan
befinden sich zwischen 100 und 780 Proben pro Gruppe
in der jeweiligen Datenbank (400–2600 Spektren). Aus-
serdem wurde eine Serie von zehn Proben durch Probe-
bohrungen in zehn unterschiedlichen Heuballen genom-
men (Abb. 2). Die elfte Probe ist eine Mischprobe aus
den zehn Einzelproben. In Tabelle 1 werden die verwen-
deten Referenzanalysen dargestellt.
Das NIRS-Gerät
Die Analysen wurden mit einem Laborgerät, NIRFlex
N-500 FT-NIR Spektrometer der Büchi Labortechnik AG
(Flawil, Schweiz) durchgeführt. Die Messung der NIR-
Spektren in diffuser Reflexion erfolgte im Spektralbe-
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
reich von 1000 bis 2500 nm (10 000 bis 4000 cm-1) mit
einer Auflösung von 8 cm-1. Das Gerät ist mit einer spezi-
ellen Messschale mit einem Durchmesser von 10 cm und
einer Höhe von 4 cm ausgestattet. Der NIR Lichtstrahl
fällt aus einem Fenster von 2,2 cm Durchmesser (Abb. 3).
Jeder Wert ist ein Mittelwert aus 32 Spektren, welche
beim Scannen der um sich selbst rotierenden Messschale
jeweils pro Drittel einer Runde gemessen werden. So las-
sen sich pro Probe während einer vollständigen Rotation
der Messschale drei Wiederholungen durchführen. Das
Scannen einer so grossen Oberfläche ist bei inhomoge-
nen Proben von Vorteil.
Abb. 2 | Heuballen mit sichtlichen Spuren der erfolgten Probe-bohrungen.
Abb. 3 | NIRS-Analyse mit einem FT-NIR-Gerät.
Nutztiere | Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS)
206
Die chemometrischen Modelle wurden mit der Software
NIRCal® der Büchi Labortechnik AG (Flawil, Suisse) entwi-
ckelt. Diese quantitativen Schätzmodelle verwenden
den Algorithmus der Regression mit partiellen kleinsten
Quadraten (PLS) begleitet von diversen mathematischen
Vorbehandlungen, wie zum Beispiel ncl (normalisation
by closure), nle (normalisation to unit length), msc full
(multiplicative scatter correction), snv (standard normal
variate), db1 (1st derivative BCAP 5 points), dg1 (1st deri-
vative Savistky Golay 9 points), dt1 (1st derivative Taylor
3 points). Jedes Mal wurden mindestens zwei Drittel der
verfügbaren Proben für die Kalibrierung verwendet; das
restliche Drittel wurde für eine unabhängige Validie-
rung genutzt.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Betrachtung von Futtermitteln mit NIRS
Das Expertenauge unterscheidet ohne Probleme Heu
des ersten Schnitts von dem des zweiten Schnitts, und
die Qualität einer Silage lässt sich anhand ihres Geruchs
bewerten. Die NIRS reagiert hingegen auf die Energie,
welche durch die Bindungen C-H, O-H, N-H, S-H der
Probe absorbiert wird; das bedeutet, durch die Gehalte
an Wasser, Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten etc. Die
NIRS-Spektren folgender Proben werden in Abbildung 4
dargestellt: Gras, Gr-Sil, M-frisch und M-Sil. In dieser
Abbildung sind bestimmte charakteristische Spektral-
bänder der Verbindungen O-H, N-H, S-H und C-H ersicht-
lich (Shenk et al. 2001). Die Spektren dieser verschiede-
nen Futtermittel sind allesamt recht ähnlich. Man könnte
sie mit einer Art digitalem NIRS-Fingerabdruck verglei-
chen. Die grosse Anzahl an chemischen Bestandteilen in
der Probe führt zu einer Überlagerung der Signale und
ergibt die charakteristischen Absorptionsbänder des
NIRS. Deshalb ist die Chemometrie erforderlich, um
schlussendlich Schätzmodelle zu erstellen.
Ausserdem beeinflussen die Mineralstoffe – also
Asche – die NIRS Spektren nur dann, wenn sie Bindungen
oder Komplexe mit anderen Probenmolekülen eingehen
(Roberts et al. 2004). So kann man verstehen, dass es
schwierig ist, die Rohasche in Raufuttern genau zu schät-
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Parameter Beschreibung der Analysenmethode Referenz
TS Ofentrocknung bei 105° C bis zu konstanter Masse (2:40 h ) Basiert auf ISO 6496:1999
RP Kjeldahl oder Dumas (N x 6,25) Basiert auf ISO 5983-1:2005 und 16634-1
ADForg Aufschluss einer sauren Detergenz mit Korrektur für Asche (Ankom) VDLUFA 6.5.2, Bemerkung 8
NDForg Aufschluss einer neutralen Detergenz mit Korrektur für Asche (Ankom) AOAC 2002.04; ISO 16472:2006
RF Aufschluss einer sauren und anschliessend einer alkalischen Detergenz mit Korrektur für Asche (Ankom)
Basiert auf AOAC 978.10; ISO 6865:2000
RA Nach Bestimmung der TS, Veraschung bei 550° C bis zu konstanter Masse Basiert auf ISO 5984:2002
RL Extraktion mit Petrolether nach saurer Hydrolyse Basiert auf ISO 6492:1999
Zucker In 80-prozentigem Ethanol lösliche Zucker (Auto Analyser Bran & Luebbe) Interne Methode
Stärke Polarimetrie ISO 6493:2000
Tab. 1 | Für die NIRS Modelle verwendete Referenzanalysen
Abb. 4 | GNIRS-Absorptionsspektren folgender Proben: Gras, Grassilage, Maisganzpflanzen vor der Silie-rung und Maissilage.
Refle
ktan
z (lo
g)
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400nm
Maisganzpflanzen vor der Silierung
Maissilage
Grassilage
Gras
O–H
N–H S–H
C–H
O–H
N–H
N–H
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
207
reflektieren das Licht stärker. Dadurch kommt es zu einer
Verschiebung der Basislinie, was durch mathematische
Prozesse korrigiert werden muss. Diese Besonderheit der
NIRS kann auch zur Bestimmung der durchschnittlichen
Partikelgrösse verwendet werden.
Die Qualität der NIRS-Schätzmodelle
In den Tabellen 2 bis 5 und in Abbildung 6 werden die
Eigenschaften bestimmter NIRS-Kalibrierungen für die
am INT verfügbaren Futtermittel dargestellt. Der Deter-
minationskoeffizient R2 > 0,9 (ausser für ADForg bei
M-Sil) zeigt die Fähigkeit der NIRS, die chemische Zusam-
mensetzung der Futtermitteln genau zu schätzen.
Ebenso wiederspiegelt die RPD (ratio of performance
deviation, definiert als Fraktion zwischen der Standard-
abweichung von Referenzwerten und der Standardab-
weichung der Schätzung, SEP) die Schätzkapazität dieser
Modelle, die mit RPD > 3 als optimal bezeichnet wird
(Heise et al. 2005).
zen, wohingegen es zum Beispiel deutlich einfacher ist,
die Rohasche in Getreide zu bestimmen. Dadurch, dass
die Raufutterproben mehr oder weniger mit Erdverun-
reinigungen «kontaminiert» sind, sind bereits die Refe-
renzanalysen mit einem bestimmten Fehler behaftet,
und es lässt sich nicht vermeiden, dass sich dieser auch
auf die NIRS-Modelle überträgt.
Die relative Bedeutung der Absorptionsbänder der
O-H-Verbindungen im Bereich von 1870 bis 1945 nm und
1430 bis1450 nm wird sowohl in Abbildung 4 (Absorption)
als auch in Abbildung 5 (Spektren nach mathematischer
Vorbehandlung) sehr deutlich. Folglich ist es leicht zu ver-
stehen, welchen Einfluss die Restfeuchte in der Probe auf
die NIRS-Modelle hat, und dass sie die Bestimmung ande-
rer Parameter stören kann (Roberts et al. 2004).
Ein anderer Parameter, der die diffuse Reflexion fun-
damental stört, ist die Granulometrie. Feinere Partikel
absorbieren weniger (der vom Licht zurückgelegte Weg
ist bei weniger chromophoren Molekülen kürzer) und
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Parameter Beschreibung der Analysenmethode Referenz
TS Ofentrocknung bei 105° C bis zu konstanter Masse (2:40 h ) Basiert auf ISO 6496:1999
RP Kjeldahl oder Dumas (N x 6,25) Basiert auf ISO 5983-1:2005 und 16634-1
ADForg Aufschluss einer sauren Detergenz mit Korrektur für Asche (Ankom) VDLUFA 6.5.2, Bemerkung 8
NDForg Aufschluss einer neutralen Detergenz mit Korrektur für Asche (Ankom) AOAC 2002.04; ISO 16472:2006
RF Aufschluss einer sauren und anschliessend einer alkalischen Detergenz mit Korrektur für Asche (Ankom)
Basiert auf AOAC 978.10; ISO 6865:2000
RA Nach Bestimmung der TS, Veraschung bei 550° C bis zu konstanter Masse Basiert auf ISO 5984:2002
RL Extraktion mit Petrolether nach saurer Hydrolyse Basiert auf ISO 6492:1999
Zucker In 80-prozentigem Ethanol lösliche Zucker (Auto Analyser Bran & Luebbe) Interne Methode
Stärke Polarimetrie ISO 6493:2000
Abb. 5 | NIRS-Spektren nach mathematischer Vorbehandlung von kontrastierenden Proben aus: I) Gras, II) Grassilage, III) Maisganzpflanzen vor der Silierung und IV) Maissilage.
n Durchschnitt Bereich R2 SEC SEP SEL RPD
TS 777 937 837–988 0,9938 2,89 2,90 1,36 8,9
RP 748 144 39–264 0,9945 4,56 4,60 1,58 9,4
ADForg 581 258 148–411 0,9835 8,59 8,60 5,48 5,3
NDForg 561 419 183–675 0,.9870 12,71 12,75 8,28 6,2
RF 505 218 83–387 0,9891 7,07 6,98 5,49 6, 8
RL 167 32 12–68 0,9640 3,05 3,10 2,32 3,7
RA 691 90 39–224 0,9573 6,38 6,38 2,19 3,5
Tab. 2 | Eigenschaften der NIRS-Kalibrierungen für die Schätzung der chemischen Zusammensetzung (in g/kg Heu und Gras)
nm1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400
0
10
20
nm1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400
0
0,002
0,004
nm1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400
-0,002
0
0,002
0,004
0,006
0,008
0,01
0,012
nm1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400
-0,002
0
0,002
0,004
0,006
0,008
0,01
Gras B
Gras A
Gr-Sil B
Gr- Sil A
M- frish A
M- frish B
M-Sil AM-Sil B
Refle
ktan
z (d
t1, n
cl)
Refle
ktan
z (d
b1)
Refle
ktan
z (d
b1)
Refle
ktan
z (d
t1)
Nutztiere | Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS)
208
Die SEP, welche die Abweichung zwischen dem NIRS-
Wert und dem chemisch bestimmten Wert beschreibt,
kann bei ein und demselben Parameter variieren. So
beträgt die SEP für RP 4,6, 4,3, 1,6 und 2,0 g/kg bei den
Modellen Gr-H, Gr-Sil, M-frisch und M-Sil. Die Qualität
von Schätzmodellen wird in erster Linie durch die Quali-
tät der Referenzanalysen bestimmt; unter anderem
jedoch auch durch die Probenanzahl (n) in der Referenz-
datenbank. Je grösser n ist, umso grösser wird die SEP
sein, und umso robuster können hingegen die Modelle
sein.
Die Referenzmethoden für die Bestimmung von Parame-
tern wie ADForg, NDForg etc. weisen eine Unsicherheit auf
(hier abgebildet durch die Standardabweichung der
Referenzmethode SEL), welche deutlich höher ist als bei
anderen Parametern (SEL = 5,5 bzw. 8,3 g/kg für ADForg
bzw. NDForg). Dies wird deutlich auf die SEC (Standardab-
weichung der Kalibrierung) und SEP der NIRS-Kalibrie-
rungen übertragen.
Die Schätzqualität mit NIRS kann durch geringe Gehalte
ebenso wie durch einen eingeschränkten Messbereich
limitiert werden. Dies ist hier bei RL im Heu der Fall, den-
noch weist insbesondere diese NIRS-Kalibrierung eine
gute Schätzgenauigkeit auf mit einer SEP< 1,5 x SEL.
Generell beinhaltet der Fehler der NIRS-Schätzung
den Fehler der Bestimmung mittels Referenzmethode:
Varianz NIRS = Varianz Ref Meth + Varianz Probenahme + Varianz
Gerät + Varianz andere
Obwohl der gerätbedingte Fehler angesichts regelmäs-
siger Tests, die mittels strengem Beurteilungsprotokoll
der Leistung durchgeführt werden, sehr gering ist,
können die durch die Inhomogenität oder die chemi-
sche oder physikalische Veränderung der Probe hervor-
gerufenen Abweichungen beträchtlich sein. Dennoch
wird der Fehler der NIRS-Bestimmung weitgehend vom
Fehler der analytischen Referenzmethode bestimmt.
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
n Durchschnitt Bereich R2 SEC SEP SEL RPD
TS 321 951 838–985 0,9808 3,90 3,96 1,36 5,1
RP 259 154 41–257 0,9936 4,19 4,30 1,58 8,6
ADForg 156 296 218–425 0,9891 7,11 6,89 5,48 7,0
NDForg 159 448 324–597 0,9895 8,22 7,95 8,28 7,1
RF 243 255 167–357 0,.9892 6,18 6,15 5,49 6,9
RA 273 113 55–258 0,9757 6,84 6,24 2,19 5,0
Tab. 3 | Eigenschaften der NIRS-Kalibrierungen für die Schätzung der chemischen Zusammensetzung; (in g/kg TS Grassilage)
n Durchschnitt Bereich R2 SEC SEP SEL RPD
TS 214 947 864–982 0,9962 1,63 1,57 1,36 12,0
RP 167 75 52–97 0,9799 1,51 1,55 1,58 4,9
ADForg 119 219 88–385 0,6900 5,72 5,89 5,48 6,0
NDForg 143 414 211–637 0,9788 12,53 12,15 8,28 5,1
RF 162 194 65–320 0,9875 5,77 5,68 5,49 6,4
RA 172 34 14–65 0,9724 1,44 1,46 2,19 4,2
Stärke 178 362 69–609 0,9888 12,26 12,23 3,6 6,7
Tab. 4 | Eigenschaften der NIRS-Kalibrierungen für die Schätzung der chemischen Zusammensetzung (in g/kg TS Maisganzpflanzen vor der Silierung)
Tab. 5 | Eigenschaften der NIRS-Kalibrierungen für die Schätzung der chemischen Zusammensetzung (in g/kg TS Maissilage)
n Durchschnitt Bereich R2 SEC SEP SEL RPD
TS 121 954 894–984 0,9692 4,91 5,23 1,36 4,2
RP 139 74 51–92 0,9612 1,89 2,01 1,58 3,4
ADForg 93 228 180–352 0,9887 4,80 6,02 5,48 5,3
NDForg 93 414 327–577 0,9494 14,60 15,76 8,28 2,9
RF 143 200 151–302 0,9848 4,42 5,20 5,49 4,9
RA 143 36 26–55 0,9582 1,50 1,72 2,19 3,0
Stärke 74 364 129–423 0,9942 5,87 *7,70 3,6 7,1
*: Standardabweichung der Kreuzvalidierung
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
209
kann man in einem solchen Fall versuchen festzustellen,
ob sich ein zufälliger Fehler während des Verfahrens
eingeschlichen hat: Fehler in der Referenzanalyse,
schlechte Probenahme bei der Erfassung des NIR-Spekt-
rums, längliche Partikel in einer gemahlenen Probe etc.
Es ist empfehlenswert, periodisch neue Referenzproben
aufzunehmen, um die Kalibrierung weiter auszubauen,
damit die Modelle die gesamte existierende Diversität
(sortenbedingt, geografisch, klimatisch, abhängig von
der Produktions-, Konservierungs- oder Probenvorberei-
tungsmethode etc.) beinhalten. Diese Vorgehensweise
verbessert bei der von der Matrix abhängigen NIRS die
Robustheit der Modelle und ermöglicht es, systemati-
sche Abweichungen zu vermeiden.
Einige Parameter stehen in keinem direkten Zusam-
menhang mit der molekularen Vibrationsenergie, auf
welcher die NIRS basiert. Dies ist beispielsweise bei der
Verdaulichkeit der organischen Substanz oder der für
die Laktation oder die Fleischproduktion zur Verfügung
stehende Energie der Fall. Jedoch erlaubt die Korrela-
Eine generell anerkannte empirische Regel besagt,
dass eine gute Kalibrierung eine SEP zwischen 1,0 und
1,5 × SEL aufweist (Mark et al. 2003). Aber die höheren
SEP Werte können eine bestimmte Heterogenität des
physikalischen oder chemischen Zustands der Proben
repräsentieren, wie z. B. die Granulometrie, den Rest-
feuchtegehalt (Vorbereitung der Proben), die Oxida-
tion und andere chemische Reaktionen. Ist eine SEP
jedoch kleiner als SEL, so kann dies dadurch bedingt
sein, dass die Gesamtmenge der Kalibrierungsproben
homogener ist als die Gesamtmenge der für die Bestim-
mung der SEL bestimmten Proben.
Im Allgemeinen erkennt das System Spektren von
Proben, die den Proben der Grundgesamtheit des Kalib-
riersatzes nicht ähneln. Beispielsweise kann eine Silage-
probe, die mit einem Modell für Heu geschätzt wird, als
«residual outlier» angegeben werden. Es passiert auch,
dass Proben mit grossen Abweichungen zwischen dem
geschätzten Wert und dem Referenzwert entdeckt wer-
den. Bevor man diese Werte als Ausreisser verwirft,
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Abb. 6 | Relation zwischen den mit NIRS geschätzten Werten und denjenigen der Referenzmethode für RP in Heu und in Gras. Blaue Rauten: Kalibrierungsproben; Grüne Quadrate: Validierungsproben; Hellgrüne Kreise: Ausrei-sser.
Tab. 6 | Beispiele für Futterproben mit kontrastierender chemischer Zusammensetzung (A, B), die mit NIRS bestimmt wurden
[g/kg TS] Futter-A Futter-B Gr-Sil-A Gr-Sil-B M-frisch-A M-frisch-B M-Sil-A M-Sil-B
TS 931 924 942 968 918 954 968 947
RP 185 124 174 64 84 84 76 80
ADForg 220 418 185 425 154 270 171 329
NDForg 403 589 365 597 316 493 344 547
RF 201 348 177 352 103 265 156 288
RA 99 86 98 64 36 44 29 47
Zucker 127 44 150 114 73 100 6 22
Stärke 398 250 429 197
RL 41 25
Gr-Sil: Grassilage; M-frisch: Maisganzpflanzen vor der Silierung; M-Sil: Maissilage.
100 200 300 400 500
100
200
300
400
500
RP N
IRS
[g/k
gMS]
RP [g/kgMS]
210
Nutztiere | Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS)
tion dieser Parameter mit der chemischen Zusammen-
setzung der Probe dennoch ihre Schätzung durch NIRS
(Roberts et al. 2004).
Ein Spezialfall ist die Bestimmung von in geringen
Mengen vorliegenden Substanzen wie Mineralstoffen.
Obwohl in mehreren Arbeiten gute Schätzungen mit
Modellen für P, Ca, K und Na nachgewiesen wurden, ist
die Qualität der Modelle bei den Spurenelementen pro-
blematisch, deren Gehalte im Bereich eines mg/kg (g/kg
für die ersten) liegen.
Proben mit kontrastierender Futterqualität
Abbildung 5 zeigt die Spektren nach mathematischer
Vorbehandlung von zwei Proben (A und B) mit kontras-
tierender Futterqualität jeder Gruppe. Jedes Mal hat die
mathematische Vorbehandlung die möglichen Unter-
schiede der Probenvorbereitung (Granulometrie) korri-
giert und dabei verschiedene diskriminatorische Banden
der beiden Proben hervorgehoben. Tabelle 6 gibt die
Futterqualität dieser Proben wieder.
Mehrere Einzelproben oder eine Mischprobe?
Abbildung 7 zeigt die RP-Gehalte (g/kg TS) der Misch-
probe sowie der zehn Einzelproben des Ballenheus. Die
NIRS-Bestimmung der gleichen Proben wird ebenfalls
dargestellt (Durchschnitt aus drei Probennahmen). Es
lässt sich eine geringe Abweichung zwischen der Misch-
probe und dem Mittelwert der zehn Einzelproben für
die Referenzanalyse feststellen. Diese Abweichung – so
wie auch die individuellen Tendenzen — werden auf
direktem Weg über die NIRS-Schätzungen übertragen.
Trotz einer leichten Verschiebung der NIRS-Schätzungen
in Relation zur Referenzanalyse (+0,6 %) ist diese
Methode informativer, da sie die individuelle Qualität
der Heuballen beschreibt. Der Determinationskoeffizi-
ent des NIRS-Modells verbessert sich mit dem Vorschub
der Repliken. Folglich steigt R2 mit dem Gebrauch von 1,
2 und 3 Messschalen von 0,932 auf 0,9779 bzw. 0,985
(Ergebnisse nicht abgebildet).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Die NIRS ist nicht nur eine Technologie, die wegen
ihrer Geschwindigkeit, der geringen Kosten und der
weniger aufwändigen Vorbereitungszeit der Proben
vorteilhaft, sondern auch ein Werkzeug, dessen Poten-
zial noch längst nicht ausgeschöpft ist.
•• Die Bemühungen hinsichtlich der Entwicklung von
Kalibrierungsmodellen bestehen in erster Linie im
Zusammentragen repräsentativer Proben mit hoch-
wertigen Referenzanalysen. Diese Arbeit wird bei
einer routinemässigen Verwendung der NIRS belohnt.
•• Um Abweichungen zu vermeiden und die Aktualisie-
rung von Modellen bei sorten- oder klimabedingten
Änderungen etc. zu ermöglichen, werden periodische
Validierungen empfohlen. n
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Abb. 7 | RP, bestimmt in zehn Einzelproben aus Heuballen und in einer Mischprobe einer homoge-nen Mischung von zehn Einzelproben. Die schwarzen Punkte und die roten Quadrate korrespondie-ren mit der Referenzanalyse (Dumas, N x 6,25) und den NIRS-Bestimmungen der zehn Einzelproben. Die schwarze und die rote Linie korrespondieren mit den Werten der Referenzmethode bzw. den NIRS-Werten der Mischprobe. Die blaue Linie entspricht dem Durchschnitt aus den Referenzanaly-sen der zehn Einzelproben.
130
140
150
160
170
180
190
0 2 4 6 8 10
RP [g
/kg
TS]
Probe
RP
durchschn. RP
RP (Mischprobe)
RP-NIRS
RP-NIRS (Mischprobe)
211
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Literatur ▪ Heise H. M., Winzen R., 2005. Chemometrics in Near-Infrared Spectro-scopy in Near-Infrared Spectroscopy, Principles, Instruments, Applica-tions (Ed. H.W. Siesler, Y. Ozaki, S. Kawata, H.M. Heise). 125–162.
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Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Applicazione del NIRS per la determi-
nazione dei foraggi
Viene presentata l’applicazione del
NIRS nella determinazione della
composizione chimica dei foraggi
attraverso modelli di previsione
sviluppati presso l’Istituto di scienze
della produzione animale IPA di
Agroscope con valori tipici del coeffi-
ciente R2 > 0.96 per parametri quali
materia secca (MS), materia azotata
(MA), lignina (ADForg), pareti cellulari
(NDForg), cellulosa, ceneri, materia
grassa, zuccheri e amidi nel fieno,
nell’erba e nell’insilato d’erba, nella
pianta intera di mais prima dell’insila-
mento e nell’insilato di mais. L’analisi
con metodi chimici di un campione
composto (miscela omogenea di
campioni individuali) è stata positiva-
mente sostituita dall’analisi dei
campioni individuali con NIRS, che
mostra le particolarità di ogni singolo
campione.
Forages in the light of NIRS
An insight into the determination of
the chemical composition of forages
via NIRS is presented. Predictive
models developed at the Agroscope
Institute for Livestock Sciences ILS
show the typical values: R2 > 0.96 for
dry matter (DM), crude protein (CP),
ADForg, NDForg, crude fibre (CF),
cellulose, ash, fat, sugar and starch
content in hay and grass, grass silage,
green maize for silage and maize
silage. The analysis of individual
samples by NIRS is preferred to the
analysis of a pooled sample by classical
methods because NIRS shows the
individual particularities of each
sample.
Key words: NIRS, forage, nutritional
quality.
212 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
K u r z b e r i c h t
Nun wurden in einer Wirkungsanalyse mit dem Modell
«Common Agricultural Policy Regionalized Impact»
(CAPRI) (Britz und Witzke 2012) zwei Szenarien simuliert:
Im ersten Szenario (R), dem Referenzszenario, wird die
Agrarpolitik 2014–2017 fortgesetzt (mit der Verkäsungs-
zulage); im zweiten, hypothetischen Szenario (A) wird
die Verkäsungszulage abgeschafft. Nach einer kurzen
Darstellung der Funktionsweise von CAPRI werden die
Ergebnisse der Simulationen aufgezeigt und kommen-
tiert.
Das Modell CAPRI
CAPRI ist ein statisches partielles Gleichgewichtsmodell
für den Agrarsektor (Britz und Witzke 2012). Es umfasst
ein Modul der Weltmärkte, in das die Schweiz im Jahr
2011 aufgenommen wurde. Für jeden der 40 regionalen
Handelsblöcke können die Auswirkungen von Verände-
rungen bei der Innenpolitik oder der Aussenhandelspo-
litik auf die Gleichgewichtspreise und -mengen von
47 Agrarprodukten sowie auf die ökonomische Wohl-
fahrt simuliert werden. Ausserdem werden die wichtig-
sten politischen Grenzschutzmassnahmen der einzelnen
Länder dargestellt und für die Schweiz anhand des TRI-
MAG-Modells (Listorti et al. 2013) berechnet.
In CAPRI kann rohe Kuhmilch in neun verschiedene
Milchprodukte verarbeitet werden: Butter, Rahm, Käse,
Magermilchpulver, Vollmilchpulver, Frischmilchprodukte
(einschliesslich Konsummilch zum menschlichen Verzehr
und Joghurt), Kasein, Molke und Milchkondensate
(Kempen et al. 2011; Witzke et al. 2009). Die Milchpro-
dukte können zwischen den einzelnen Handelsblöcken
vermarktet werden, die nicht verarbeitete Rohmilch ist
hingegen nicht handelbar. Die Fett- und Eiweissbilanz
zwischen den neun verarbeiteten Milchprodukten und
der Rohmilch ist im Modell gewährleistet. Die Angebots-
funktion der Milchprodukte und die Nachfragefunktion
der Rohmilch werden in CAPRI gemäss der mikroökono-
mischen Theorie von einer normalisierten quadratischen
Gewinnfunktion abgeleitet (Lau 1978). Das Angebot an
den neun verarbeiteten Milchprodukten und die Nach-
frage nach Rohmilch zur Verarbeitung sind abhängig
von der Verarbeitungsmarge. Diese wird durch Produ-
zentenpreis, allfällige Produzentenpreis-Stützungsmass-
Die Verkäsungszulage beeinflusst den Milchmarkt, hat
Auswirkungen auf die Produktion und den Export von
Käse. Mit CAPRI – einem statischen partiellen Gleichge-
wichtsmodell für den Agrarsektor wurden diese Zusam-
menhänge sowie die Marktineffizienzen, die im Zusam-
menhang mit dieser Preisstützungsmassnahme stehen,
analysiert.
Die Verkäsungszulage beträgt heute 15 Rappen pro Kilo
Milch1 (Finger et al. 2014) und wurde 1999 als Über-
gangsmassnahme eingeführt, um die Kosten der
Rohmilchverarbeitung zu senken und die Käseherstel-
lung zu konkurrenzfähigen Preisen zu ermöglichen. Vor
dem Hintergrund der WTO-Abkommen, die eine Sen-
kung der Exportsubventionen zur Folge hatten, und des
Käsefreihandels mit der EU (2002–2007) sollte mit dieser
Massnahme das Einkommen der Schweizer Produzentin-
nen und Produzenten gestützt werden.
Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den MilchmarktGiulia Listorti und Axel Tonini, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern, Schweiz
Auskünfte: Axel Tonini, E-Mail: [email protected]
Mit CAPRI – einem statischen partiellen Gleichgewichtsmodell für den Agrarsektor – kann man den Einfluss der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt analysieren. (Foto: BLW)
1Vgl. Artikel 38 des Landwirtschaftsgesetzes (LwG, SR 910.1) und Milchpreisstüt-zungsverordnung (MSV, SR 916.350.2).
Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt | Kurzbericht
213Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
nahmen und den virtuellen Preis von Fett und Eiweiss
bestimmt. Die Auswirkung der Verkäsungszulage auf
die Verarbeitung wird in Abbildung 1 dargestellt.
Mit der Einführung der Zulage erhöht sich die Nach-
frage nach Rohmilch für die Käseherstellung. Dadurch
verschiebt sich die Nachfragefunktion (DD) der Rohmilch
nach rechts (DD') und verlagert das ursprüngliche Gleich-
gewicht von (a) nach (c). Dadurch steigt der Produzen-
tenpreis (Pd) und sinkt der vom Verarbeiter bezahlte
Preis (Ps). Pd entspricht der Summe von Ps und der
Zulage (PdPs). Aufgrund der Verschiebung des ursprüng-
lichen Wettbewerbsgleichgewichts führt die Einführung
der Zulage zu einem Marktversagen. Die Ineffizienz die-
ser Massnahme (blaues Dreieck abc) zeigt auf, in wel-
chem Ausmass die Kosten der Zulage deren Ertrag über-
steigen. Sie wird in erster Linie von den Marktbedingungen
bestimmt. Es ist offensichtlich, dass die Beihilfe nicht voll-
umfänglich den Produzentinnen und Produzenten
zugute kommt; sie gewinnen bei den Preisen nur die Dif-
ferenz zwischen Pd und Pe (OECD 2002).
Die Verkäsungszulage wird in CAPRI als Zulage pro
Kilogramm produziertem Käse modelliert, da die für die
Verarbeitung zu Käse nachgefragte Milchmenge im
Modell nicht explizit abgegrenzt werden kann. Die
Zulage zum Käseangebot führt zur Verschiebung der
Nachfrage nach Rohmilch wie in Abbildung 1 dargestellt
(Finger 2014; diese technische Modellierungsoption ist
aus ökonomischer Sicht korrekt, auch wenn im Vollzug
die Weitergabe der Beihilfe an die Produzentinnen und
Produzenten über einen anderen Weg läuft).
Wenn man davon ausgeht, dass für die Herstellung
von einem Kilogramm Käse im Mittel zehn Kilogramm
Milch benötigt werden und eine gesamtschweizerische
Produktion von 185 000 Tonnen Käse im Referenzszena-
rio (R) berücksichtigt wird, führt dies im Modell zu einer
Budgetbelastung von 278 Millionen Franken, was fast
der effektiven Mittelbindung im Jahr 2012 entspricht.
Szenarien und Ergebnisse
Die Abschaffung der Verkäsungszulage (Szenario A)
wird hier im Vergleich zum Referenzszenario (R) analy-
siert, wobei letzteres als wahrscheinliche Situation in der
Zukunft bei Weiterführung der bestehenden politischen
Massnahmen und Abkommen definiert wird. Es basiert
weitgehend auf Prognosen von internationalen Institu-
tionen (OECD/FAO 2010; Europäische Kommission 2010)
und, für die Schweiz, zusätzlich auf dem SWISSland-
Modell unter Anwendung der Agrarpolitik 2014–2017
(Zimmermann et al. 2011).
Die Analyse zeigt, dass im Falle einer Abschaffung
der Verkäsungszulage die Käseproduktion um rund
5 Prozent zurückgeht, während der Käsepreis um ca.
b
Pd a
c
Qs
Ps
Qe
Pe
DD
OO
DD’
P
Q
Abb. 1 | Mikroökonomische Auswirkung der Verkäsungszulage.Verschiebung des Gleichgewichts zwischen der Nachfragekurve und der Angebotskurve von Rohmilch. Legende: P = Preis; Q = Menge; DD = Nachfragefunktion; OO = Angebotsfunktion; a = ursprüngliches Gleichgewicht; Pe = vom Verarbeiter bezahlter Produzentenpreis im Gleichgewicht a; Qe = produzierte Menge im Gleichgewicht a; c = Gleichgewicht nach Einführung der Zulage; Pd = Produzentenpreis im Gleichgewicht c; Ps = vom Verarbeiter bezahlter Preis im Gleichge-wicht c; PdPs = Zulage; Qs = produzierte Menge im Gleichgewicht c; Dreieck abc = Ineffizienz aufgrund der Einführung der Zulage.
Produzenten preis Produktion Konsum Import Export
Rohmilch -8,0 % -1,3 %
Butter 0,5 % -0,7 % -0,3 % 0,0 % -4,4 %
Rahm -0,2 % 0,2 % 0,1 % 0,0 % 1,5 %
Käse 3,9 % -4,8 % -0,3 % 5,9 % -12,7 %
Magermilchpulver -8,2 % 10,4 % 2,3 % -43,9 % 10,0 %
Vollmilchpulver -5,2 % 3,1 % 2,5 % 0,0 % 10,2 %
Frischmilchprodukte -3,8 % 1,0 % 0,9 % -0,1 % 7,5 %
Tab. 1 | Preis- und Marktveränderungen in Szenario A (ohne Verkäsungszulage) gegenüber Szenario R (mit Verkäsungszulage)Lesebeispiel: Der Produzentenpreis für Rohmilch bei Szenario A ist 8 Prozent tiefer als der Produzentenpreis für Rohmilch bei R.
Kurzbericht | Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt
214 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
4 Prozent ansteigt (Tab.1 und Abb. 2). Die Exporte sinken
um etwa 13 Prozent. Mit dem Rückgang der Gesamt-
nachfrage nach Rohmilch für die Verarbeitung geht der
Produzentenpreis für Rohmilch um 8 Prozent zurück und
die Milchproduktion nimmt um 1 Prozent ab. Bei den
übrigen Milchprodukten erhöht sich die Produktion
leicht, vor allem bei den Produkten auf Eiweissbasis, was
auf deren Preise drückt (Tab. 1).
Es zeigt sich, dass die Kürzung um 8 Prozent des Produ-
zentenpreises für Rohmilch PdPe/Pd kleiner ist als der
Anteil der Zulage am Milchpreis Pd Ps/Pd; im Vergleich
mit dem durchschnittlichen Rohmilchpreis im Zeitraum
von 2002–2012 beträgt die Zulage rund 23 Prozent des
Produzentenpreises. Dieses Ergebnis stimmt überein mit
der ökonometrischen Preisübertragungsanalyse von Fin-
ger (2014), die aufzeigt, dass sich die marginalen Kür-
185 176
166 166
32 34
51 44
0
50
100
150
200
Szenario R Szenario A
in 1
000
t
Nettoproduktion
Konsum
Import
Export
Abb. 2 | Käsemarkt.
Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsumenten 7
Butter -2
Rahm 1
Käse -54
Magermilchpulver 2
Vollmilchpulver 6
Frischmilchprodukte 47
Landwirtschaftliche Gewinne -168
Rohmilch -168
Gewinne der Milchverarbeiter -81
Rohmilch für die Verarbeitung 11
Butter -7
Rahm -4
Käse -91
Magermilchpulver 10
Vollmilchpulver 2
Frischmilchprodukte -3
Andere Gewinne (Futtermittel, Verarbeitung, andere) -4
Zolleinnahmen und Renten aus Zollkontingenten -4
Ausgaben für interne Stützungsmassnahmen 278
Gesamtwohlfahrt 28
Tab. 2 | Auswirkung auf die betroffenen Wirtschaftsakteure (Wohlfahrtsanalyse), absolute Veränderungen in Szenario A (ohne Ver-käsungszulage) gegenüber Szenario R (mit Verkäsungszulage) in Mio. Fr.; (Detailangaben für Milchprodukte); die Gesamtsummen beziehen auch die anderen Modell-Produkte mit ein). Lesebeispiel: Die Wohlfahrt der Konsumenten in Szenario A ist 7 Millionen CHF höher als in Szenario R.
Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt | Kurzbericht
215Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
Marktgleichgewicht von Preisen und Mengen werden
vom Budgetaufwand (278 Mio. Fr.) nur 60 Prozent
(168 Mio. Fr.) an die landwirtschaftlichen Produzentin-
nen und Produzenten weitergegeben, ca. 30 Prozent
gehen an die Verarbeitungsbetriebe (81 Mio. Fr.). Die
verbleibenden 10 Prozent sind ein Nettoverlust; sie ent-
sprechen den Kosten, die auf Ineffizienzen zurückzufüh-
ren sind, die mit einer Preisstützungsmassnahme entste-
hen und die gesamte Wertschöpfungskette bis zu den
Konsumentinnen und Konsumenten betreffen (Abb. 1).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Verkäsungszulage stützt die inländische Produktion
und hat einen positiven Einfluss auf die Exporte. Die
landwirtschaftlichen Gewinne und die Gewinne der
Milchverarbeiter erhöhen sich (+168 Mio. Fr. bzw.
+81 Mio. Fr.), während die Wohlfahrt der Konsumentin-
nen und Konsumenten leicht sinkt (-7 Mio. Fr.). Da es sich
um eine Preisstützungsmassnahme handelt – und wie
dies gemäss der Wirtschaftstheorie zu erwarten war –
zeigen die Analysen jedoch, dass Ineffizienzen die Wei-
tergabe der für diese Massnahme veranschlagten Mittel
an die Produzentinnen und Produzenten schmälern (nur
60 Prozent vom Budgetaufwand von 278 Millionen Fran-
ken werden an die landwirtschaftlichen Produzentinnen
und Produzenten weitergegeben).
Es gilt zu beachten, dass ökonomische Modellrech-
nungen immer eine vereinfachte Darstellung der
Realität wiedergeben. Dennoch sind sie ein hilfreiches
Instrument für die Wirkungsanalyse politischer Mass-
nahmen. n
zungen der Verkäsungszulage nicht vollumfänglich im
Produzentenpreis niederschlagen.
CAPRI ermöglicht zudem eine Analyse der ökonomi-
schen Wohlfahrt2. In Tabelle 2 wird die Wohlfahrt unter-
teilt in die Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsu-
menten, die landwirtschaftlichen Gewinne (Differenz
zwischen dem Wert der landwirtschaftlichen Produktion
und den Kosten der Faktoren), die Gewinne der Milch-
verarbeiter und andere Gewinne (Futtermittel und Ver-
arbeitungsindustrie) sowie Zolleinnahmen und Renten
aus Zollkontingenten und Ausgaben für interne Stüt-
zungsmassnahmen.
Im Szenario A (ohne Verkäsungszulage) erhöht sich
die Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsumenten
gegenüber dem Szenario R leicht (+7 Mio. Fr.), während
die landwirtschaftlichen Gewinne und die Gewinne der
Milchverarbeiter aufgrund der tieferen Preise der Milch-
produkte sinken (–168 Mio. Fr. bzw. – 81 Mio. Fr.). Das
verfügbare Budget des Bundes erhöht sich (+278 Mio.
Fr.). Die Auswirkung auf die Wohlfahrt fällt insgesamt
positiv aus (+28 Mio. Fr.). Die Analyse zeigt zudem, dass
die Verluste auf Produzentenseite, die durch die Abschaf-
fung der Verkäsungszulage verursacht werden, kleiner
sind als der heutige Budgetaufwand für diese Mass-
nahme. Aufgrund der Auswirkungen der Zulage auf das
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▪ Listorti G., Tonini A., Kempen M., & Adenauer M., 2013. How to implement WTO scenarios in simulation models: linking the TRIMAG tariff aggregati-
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▪ OECD, 2002. The Incidence and Transfer Efficiency of Farm Support Measures. Working party on agricultural policy and markets. Organiza-tion for Economic Cooperation and Development 36.
▪ OECD, FAO, 2010. OECD-FAO Agricultural Outlook 2010, OECD Publishing. ▪ Witzke H.P., Kempen M., Pérez Domínguez I., Jansson T., Sckokai P., Hel-ming J., Heckelei T., Moro D., Tonini A., & Fellmann T., 2009. Regional Economic Analysis of Milk Quota Reform in the EU. JRC Scientific and Technical Reports, European Commission, Joint Research Centre, Institu-te for Prospective and Technological Studies, 116. Zugang: http://ftp.jrc.es/EURdoc/JRC53116.pdf [19.2.2014].
▪ Zimmermann A., Möhring A., Mack G., Mann S., Ferjani A. & Gennaio Franscini M.P., 2011. Die Auswirkungen eines weiterentwickelten Direkt-zahlungssystems: Modellberechnungen mit SILAS und SWISSland. ART-Bericht 744, 1–16.
2 Dabei handelt es sich um ein ökonomisches Standard-Konzept zur Evalution von Politiken, das heisst die Auswirkung auf alle betroffenen Wirtschaftsakteure wird analysiert.
216
P o r t r ä t
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 216, 2014
Seit rund 300 Tagen leitet Doris Herrmann das Ressort
Forschung, Dienstleistungen und Weiterbildung der
Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen-
schaften HAFL. Bei so mancher Herausforderung kann
sie auf die Erfahrung aus ihrer beruflichen Laufbahn
zurückgreifen. Gleichzeitig gehört aber auch viel Unbe-
kanntes zu ihrem Arbeitsalltag. So landen auf dem
Schreibtisch der studierten Agronomin durchaus Berichte
über die Schutzwaldpflege rutschgefährdeter Hänge
oder zur Einkaufsatmosphäre in Lebensmittelgeschäf-
ten. Die Vielfalt entspricht ihr voll und ganz. Bereits bei
ihrer Studienwahl war sie ein wichtiger Faktor. «Die
Breite der Agronomie fand ich schon immer äusserst
spannend. Da spielt die Wirtschaft ebenso eine Rolle wie
die Biologie», erzählt sie. Dass sie auf einem Bauernhof
aufgewachsen ist und stets einen engen Bezug zum
bäuerlichen Leben hatte, sei bei ihrer Wahl sicher eben-
falls ausschlaggebend gewesen.
Während ihres Studiums an der ETH Zürich speziali-
sierte sie sich auf Agrar-Biotechnologie und bildete sich
auch in Didaktik. Unterrichten wollte sie jedoch nie. «Mir
ging es einfach um eine Horizonterweiterung. Ich lernte
in den Didaktikvorlesungen und in einem Praktikum vor
allem effizienter zu planen und lockerer vor Leute hin-
zustehen», erklärt sie ihre Beweggründe.
Forschen für die Praxis
Nach dem erfolgreich abgeschlossenem Studium arbei-
tete sie bei Agroscope und machte dort – in Zusamme-
narbeit mit der Universität Zürich – ihre Dissertation. Es
sei ein bewusster Entscheid für Agroscope gewesen, da
sie möglichst angewandte Forschung betreiben wollte.
In der Folge drehte sich bei ihr alles um molekulare
Züchtung von Futterpflanzen. Wieso Pflanzen und nicht
Tiere im Zentrum ihrer Forschungstätigkeit standen,
erklärt unter anderem ein prägendes Erlebnis während
eines Praktikums. «Ich musste Insekten unter dem Bino-
kular untersuchen. Von da an wusste ich, dass ich künftig
mit Pflanzen arbeiten wollte. Die laufen nämlich nicht
ständig weg!», erinnert sich Doris Herrmann.
Management statt aktive Forschung
Auch in den folgenden Jahren blieb sie Forscherin durch
und durch, arbeitete bei der Eidgenössischen Forschung-
sanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL sowie am
Institut national de la recherche agronomique INRA.
Mittelfristig wollte sie aber weniger selber forschen,
sondern vielmehr koordinierende Aufgaben in der Fors-
chung übernehmen. Diesen Wechsel von der Forscherin
zur Managerin vollzog sie, als sie Programme Manager
der Indo-Swiss Collaboration in Biotechnology an der
ETH Lausanne wurde. Und sie fand Gefallen daran.
An der HAFL steht für Doris Herrmann das Fors-
chungsmanagement noch stärker im Mittelpunkt. Sie
und ihr Team sind Drehpunkt der HAFL-Forschung. Sie
hat den Überblick über die vielfältigen Forschungs- und
Dienstleistungsprojekte und kann die Forschenden
dadurch beraten, wo sich Möglichkeiten für eine inter-
disziplinäre Zusammenarbeit bieten könnten. Auch
wenn sie selber nicht mehr forscht, bringt Doris Herr-
mann mit ihrer Arbeit die Forschung der HAFL weiter.
Matthias Zobrist, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwis-
senschaften HAFL
Doris Herrmann: die Forschungsmanagerin
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A k t u e l l
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 217–219, 2014
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Agroscope Science Nr. 2 / April 2014
In Anbetracht der grossen Dynamik des Handels mit
Agrarprodukten gewinnt die ökologische Konkurrenz-
fähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirt-
schaft zunehmend an Bedeutung. Die Debatte um den
zu erzielenden Selbstversorgungsgrad verdeutlicht die
Wichtigkeit der Herkunft von Nahrungsmitteln in unse-
rer Gesellschaft im Hinblick auf deren zu erwartende
Umweltwirkungen. Im Bestreben, die Konkurrenzfähig-
keit der Schweizer Agrarerzeugnisse gegenüber dem
Ausland in Zukunft sicherzustellen, entwickelte die
Branche mit Unterstützung des Bundes eine Qualitäts-
strategie. Diese hat zum Ziel, dass die Schweizer Land-
wirtschaft, sich in Bezug auf Qualitätsaspekte und auch
ökologische Aspekte von der Produktion anderer Län-
der abhebt. Datengrundlagen, welche einen systemati-
schen und wissenschaftlich fundierten Vergleich der
Umweltwirkungen von Nahrungsmitteln aus unter-
schiedlichen Herkunftsländern erlauben, fehlen jedoch
weitgehend.
Das Projekt «Ökobilanz ausgewählter Schweizer
Landwirtschaftsprodukte im Vergleich zum Import»
wurde vom Bundesamt für Landwirtschaft bei Agro-
scope in Auftrag gegeben mit dem Ziel, die Umweltwir-
kungen ausgewählter Agrarprodukte aus der Schweiz
mit den wichtigsten Importländern zu vergleichen und
Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Folgende Pro-
dukte wurden exemplarisch untersucht: Auf Stufe Hof-
tor: Brotweizen und Futtergerste aus der Schweiz (Öko-
logischer Leistungsnachweis, ÖLN, nicht-extenso und
extenso), Deutschland und Frankreich; Speisekartoffeln
aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich und den Nie-
derlanden; Milch aus der Schweiz (ÖLN Tal-, Hügel- und
Berggebiet; Fütterungsvarianten grünland- und acker-
futterbasiert), Deutschland, Frankreich und Italien;
Schlachtrinder aus der Schweiz (ÖLN Grossviehmast und
Mutterkuhhaltung), Deutschland (Bullenmast), Frank-
reich (Mutterkuhhaltung mit extensiver Ausmast) und
Brasilien (sehr extensive Mutterkuhhaltung).
Agroscope Science erscheint nur in elektronischer Form.
Download im PDF-Format: www.agroscope.ch > Publikationen
Agroscope Science Nr. 2 / April 2014
asda
Ökobilanz ausgewählter
Schweizer Landwirtschaftsprodukte im Vergleich zum Import
Autoren Maria Bystricky, Martina Alig, Thomas Nemecek, Gérard Gaillard
Ökobilanz ausgewählter Schweizer Land-wirtschaftsprodukte im Vergleich zum Import
218
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 217–219, 2014
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
11.04.2014 Salz: So viel wie nötig, so wenig wie möglich Eine minimale Menge Salz ist für die Herstellung von
qualitativ guten Fleischprodukten und Käse nötig. Aber
aus gesundheitlichen Gründen sollte der Salzgehalt nicht
zu hoch sein. Bei Fleischprodukten ist eine Kochsalzre-
duktion von bis zu 15 % ohne sensorische Nachteile mög-
lich. Bei einzelnen Käsesorten kann bis zu 30 % des Nat-
riums durch Kalium ersetzt werden, dies bedingt aber
eine Deklaration der E-Nummer. Das ergab das Agro-
scope-Forschungsprogramm NutriScope, das am 20.
März 2014 offiziell abgeschlossen wurde. Am Beispiel der
Forschungsarbeiten rund um die Salzreduktion in
Lebensmitteln können die disziplinenübergreifenden
Synergien solcher Forschungsprogramme aufgezeigt
werden.
08.04.2014 Schweizer Käse und Kartoffeln mit Umwelt-vorteilen Käse und Kartoffeln aus der Schweiz belasten die
Umwelt weniger als Importware. Beim Brot aus Weizen,
beim Rindfleisch und bei der Futtergerste waren die
Ergebnisse dagegen nicht eindeutig, wie eine neue Stu-
die von Agroscope zeigt.
Freitag, 27. Juni 2014
Nationale Tagungzum internationalen Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete SAB / Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH
Themen• Familienbetriebe als Zukunftsmodell für die Ernährungs-sicherheit und nachhaltige Ressourcennutzung
• Bedeutung der Familienbetriebe für die Entwicklungszusammenarbeit und für die Schweizer Agrarpolitik
• Rolle der Frau in den Familienbetrieben• Familienbetriebe als Zulieferer• Erfolgsfaktoren für vitale Familienbetriebe
Mit Workshops, Familienportraits und Podiums-diskussion
Detailprogramm und Anmeldungwww.familyfarming.ch/tagungAuskunft: Jörg Beck, [email protected],Telefon +41 31 382 10 10Anmeldeschluss: 10. Juni 2014
TagungsortLandwirtschaftl. Institut Grangeneuve, Posieux (FR)
KostenFr. 100.− (Studierende mit Studienausweis Fr. 50.−)Übernachtung möglich, siehe Detailprogramm
www.agroscope.ch
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Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 217–219, 2014
V e r a n s t a l t u n g e n
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
I n t e r n e t l i n k s
Neue App: Spritzmittelrechner
http://www.agroscope.ch/publikationen/apps
«So wenig wie möglich, so viel wie nötig» – dies ist das
Ziel eines professionellen Pflanzenschutzes. Die Agro-
scope-Forschenden haben ein modernes Werkzeug ent-
wickelt, damit Landwirtinnen und Landwirte dieses Ziel
im Obst- und Rebbau erreichen können.
Download
App Spritzmittelrechner Apple App Store
App Spritzmittelrechner Google Play Store
Mai 2014
21.05.2014AgriMontana – Zukünftige Perspektiven der BerglandwirtschaftAgriMontana / AgroscopeLandquart
21.05.2014Fachtagung Düngerkontrolle MARSEP-/VBBo- RingversucheAgroscopeBLW, Bern
25.5.2014Breitenhof-Tagung 2014, Treffpunkt der SteinobstbrancheAgroscopeSteinobstzentrum Breitenhof, Wintersingen
Juni 2014
27.6.2014Nationale Tagung zum internationalen Jahr der bäu-erlichen FamilienbetriebeSAB, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die BerggebieteLandwirtschaftliches Institut Grangeneuve, Posieux (FR)
Juli 2014
06. – 10.07.2014AgEng 2014 ZurichInternational Conference of Agricultural EngineeringAgroscope, ETH ZürichZürich
August 2014
09.08.2014Geschmackserlebnis Kartoffelvielfalt in MaraniProSpecieRara und Forschungsanstalt Agroscope (IPB, INH)Schaugarten Maran, Arosa/GR
V o r s c h a u
Juni 2014 / Heft 6
Weizen ist die Weltkulturart Num-mer 1 für unsere Ernährung. Die Züchtung einer neuen Weizensorte benötigt mindestens 15 Jahre. Die Juniausgabe enthält einen Beitrag zu Hybridgetreide und die Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2015. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
V o r s c h a u
•• Warum Hybridgetreide kommen wird, Andreas Hund
et al., ETH Zürich und Agroscope
•• Holzasche: ein neuer Dünger für die Schweizer
Landwirtschaft, Alexandra Maltas und Sokrat Sinaj,
Agroscope
•• Ansätze zur Optimierung betriebswirtschaftlicher
Weiterbildung in der Landwirtschaft, Florian Sandrini
et al., HAFL und Agridea
•• Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer
als Norwegen?, Christian Gazzarin et al., Agroscope,
ETH Zürich und Norsk institutt for landbruksøkono-
misk forsking, Norwegen
•• Bewässerungsbedarf und Wasserdargebot unter
Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse, Jürg
Fuhrer und Pierluigi Calanca, Agroscope
•• Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte
2015
Sonntag bis Donnerstag, 6.–10. Juli 2014
AgEng 2014 an der ETH in Zürichorganisiert durch Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH
Internationale Wissenschaftstagung:Technik für ressourcen-effiziente Landwirtschaft• Automatisierung der landwirtschaftlichen Produktions-verfahren
• Verminderung von Ammoniak- und anderen Emissionen• Monitoring und artgerechte Tierhaltung• Umweltgerechte Applikationstechnik• Sensorik, NIR-Analytik und Imaging
Detailprogramm und Anmeldungwww.AgEng2014.ch
AgEng 2014 Zu r i chInternational Conference of Agricultural Engineering
6 –10 July
Tagungsrahmen• Eröffnung durch Bernard Lehmann,Direktor BLW
• Rund 550 Beiträge eingereicht (über200 Vorträge, über 300 Poster)
• Diverse Workshops• Exkursionen zu Firma Knüsel (Rigitrac) undAgroscope Tänikon
TagungsortETH Zürich, ETH Zentrum, Hauptgebäude
Sonntag, 25. Mai, 9.30 Uhr
Breitenhof-Tagung 2014Steinobstzentrum Breitenhof in Wintersingen BL
Referate•Begrüssung zur Breitenhof-Tagung Lukas Bertschinger, Stv. Institutsleiter, Forschungsverantwortlicher, Internationale Kooperationen Agroscope
•Ausblick auf die Schweizer Steinobsternte und Vermarktung 2014 Hansruedi Wirz, Früchtezentrum Basel
Betriebsrundgang•Wilde Bienen im Steinobst – ganz fleissig!• Neue Kirschen – Ergebnisse aus der Sortenprüfung•Kirschenfliege und Kirschessigfliege – alternative Bekämpfungsmethoden unter der Lupe
Ausstellung und InfoständeInformationen – Gespräche – Gemütlichkeitwww.agroscope.ch
Mit Hüpfburg für Kinder