Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ Juli–August 2014 | Heft 7–8 Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich | FiBL Pflanzenbau Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte Seite 272 Umwelt Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt Seite 300 Kurzbericht Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz Seite 306

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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ

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Pflanzenbau Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte Seite 272

Umwelt Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt Seite 300

Kurzbericht Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz Seite 306

Page 2: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;

Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org

Redaktion Leitung und deutsche RedaktionAndrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00

Französische RedaktionSibylle Willi, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 57

StellvertretungJudith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 82

E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00

AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

271 Editorial

Pflanzenbau

272 Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte

Daniel Suter, Rainer Frick, Hansueli Hirschi und

Philippe Aebi

Pflanzenbau

280 Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn Jürg Hiltbrunner, Christine Herzog,

Carolin Luginbühl und Thomas Hebeisen

Pflanzenbau

286 Wie geht es weiter mit der Weizen-züchtung?

Peter Stamp, Dario Fossati, Fabio Mascher und

Andreas Hund

Pflanzenbau

292 Unkrautunterdrückung durch Zwischen-früchte: Analyse verschiedener Faktoren Frédéric Tschuy et al.

Umwelt

300 Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt

Fiona Walsh et al.

Kurzbericht

306 Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz: Erkenntnisse und Herausforderungen

Maurice Tschopp, Catherine Marguerat und

François Pythoud

Kurzbericht

310 Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuertem Fütterungssystem

Sabrina Briefer, Samuel Schär und

Iris  Bachmann

314 Porträt

315 Aktuell

319 Veranstaltungen

InhaltJuli–August 2014 | Heft 7–8

Der Rotklee (Trifolium pratense L.) erfüllt seit gut zwei - hundert Jahren eine wichtige Aufgabe in unseren Ansaat-wiesen. In dieser Zeit ist ein breites Sortenangebot entstanden. Agroscope führte von 2011 bis 2013 Sortenversuche mit 30 Neuzüchtungen und 24 bereits empfohlenen Sorten durch und stellte dabei deutliche Zuchtfortschritte fest. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

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Editorial

271Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 271, 2014

Liebe Leserin, lieber Leser

Die Redaktion der Zeitschrift Agrarforschung Schweiz legt grossen Wert auf

einen engen Kontakt zu ihrer Leserschaft, damit sie auf deren Bedürfnisse

eingehen und die Dienstleistungen bestmöglich optimieren kann.

Die Zufriedenheitsumfrage bei der Leserschaft im Jahr 2013 ergab erfreu-

liche Resultate mit einer durchschnittlichen Zufriedenheit von 84 %*! Die

behandelten Themen werden als aktuell, interessant und praxisorientiert

(87 %) beurteilt. Die Aufteilung in wissenschaftliche Artikel, Kurzberichte

und aktuelle Themen wird geschätzt (89 %). Die Beilagen, insbesondere die

Sortenlisten, sind sehr gefragt (79 %) und bringen einen Mehrwert. Die Arti-

kel sind verständlich (90 %), das Verhältnis von Text und Abbildungen ist

angemessen (90 %). Einige Befragte beurteilen die Artikel als «zu wissen-

schaftlich» (43 %), andere wiederum als «zu wenig wissenschaftlich» (27 %).

Einige Befragte würden sich eine internationale, englischsprachige Zeit-

schrift wünschen, die über ein sehr selektives Review-Verfahren verfügt. Seit

seiner Gründung im Jahr 2010 wurde jedoch das Hauptziel der Zeitschrift

Agrarforschung Schweiz (eine Publikation der Bundesverwaltung) klar kom-

muniziert: Verbreitung von Wissen und praxistauglicher Information aus der

Forschungstätigkeit in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittel und

Umwelt. Die Forschenden sollen ihre Resultate rasch veröffentlichen und die

Leserinnen und Leser von aktuellen Informationen profitieren können und

dies in zwei Landessprachen.

Zur Leserschaft der Zeitschrift gehören Wissenschaftler, Spezialisten aus

Forschung und Industrie, Lehrpersonen, Beratungsstellen, kantonale Ämter,

Bundesstellen, Politiker, Produzenten und andere interessierte Personen. Die

Erwartungen einer so vielfältigen Leserschaft zu befriedigen, gleicht der

Quadratur des Kreises und ist schwieriger als die einfache Verbreitung der

Resultate. Dennoch bemühen wir uns ständig, unsere Publikationen zu ver-

bessern und unsere Leserinnen und Leser über die Entwicklungen in der

schweizerischen Agrarforschung zu informieren. In der Mai-Ausgabe haben

Sie eine 24-seitige Beilage zu Agroscope erhalten. Diese steht in Französisch,

Deutsch und Englisch zur Verfügung und kann im Internet heruntergeladen

werden (www.agroscope.admin.ch). Sie stellt das neue Arbeitsprogramm

von Agroscope 2014 – 2017 sowie die neue Organisationsstruktur vor.

Die Redaktion hat zudem einen Verbesserungsprozess eingeleitet, der

u.a. folgende vier Punkte beinhaltet:

•• Diversifizierung der behandelten Themen dank der neuen Partnerschaft

mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL);

•• bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit der Grafiken;

•• bessere Qualität der italienischen und englischen Zusammenfassungen;

•• höherer Anteil an Artikeln zum Thema Produktionskosten als bisher.

Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung und hoffen, dass Sie die Verbesse-

rungsmassnahmen schätzen werden.

*Die Statistiken basieren auf den Antworten von 137 Befragten, die an der Umfrage teilgenommen haben.

Jean-Philippe Mayor, Präsident der Zeitschrift Agrarforschung Schweiz und Leiter der Corporate Communication Agroscope CCA

Agrarforschung Schweiz: Wo stehen wir?

«Man muss die Dinge so

einfach wie möglich

machen, aber nicht

einfacher.»

Albert Einstein

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272 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

gedeihen üppiger, sind mehrschnittig und blühen mehr-

mals im Jahr. Die meisten Sorten sind jedoch nicht so aus-

dauernd wie die Wildform. Gemeinhin werden diese

kurzdauernden Typen, die kaum mehr als einen Winter

überstehen, als «Ackerklee» bezeichnet. In der Schweiz

hat sich zudem ein Rotkleetyp herausgebildet, der als

«Mattenklee» bezeichnet wird. Diese ausdauernden Sor-

ten entstanden auf den Bauernhöfen des Mittellandes

durch stetigen Nachbau lokaler Oekotypen, deren Saat-

gut ursprünglich aus Flandern, Brabant oder Deutsch-

land stammte. Mittlerweile sind bereits ausländische

Rotkleesorten erhältlich, die unserem Mattenklee in der

Ausdauer nicht nachstehen und somit dort eingeteilt

werden müssen.

Ausdauer bestimmt Funktion

Die Unterscheidung in Ackerklee und Mattenklee ist für

unser Kunstfutterbausystem, das die Vorteile von

Gemengen unterschiedlicher Klee- und Grasarten aus-

nützt (Finn et al. 2013; Lüscher et al. 2008; Nyfeler et al.

2009), wichtig. In den Standardmischungen erfüllt der

Ackerklee eine Art Deckfruchtfunktion (Suter et al.

2012b). Er läuft rasch auf, unterdrückt Unkräuter und

liefert früh den ersten Ertrag. Unter seinem Schutz kön-

nen sich die langsamer aufkommenden Arten etablie-

ren, die später im Zeitverlauf die rasch aufgekommenen

Arten ablösen und den Ertrag bilden. Wichtig ist, dass in

diesem Falle der Rotklee nicht zu lange vorherrscht,

damit sich die ablösenden Arten gut entwickeln können.

Dies kann der ausdauernde Mattenklee nicht erfüllen,

weshalb er in Gras-Weissklee-Mischungen, in denen die

Ablösung besonders wichtig ist, nicht eingesetzt wird.

Von beiden Sortentypen gibt es sowohl diploide als auch

tetraploide Sorten. Wegen des höheren Wassergehaltes

eignen sich tetraploide Sorten nicht so gut für die Kon-

servierung und werden deshalb bevorzug für die Grün-

futternutzung eingesetzt.

Der Rotklee liefert ein eiweiss- und energiereiches

Futter (Daccord et al. 2002), sofern dieses nicht zu spät

genutzt wird. Denn die Verdaulichkeit und damit der

Gehalt an Eiweiss und Energie nimmt mit zunehmender

Aufwuchsdauer stark ab, vergleichbar mit der Luzerne

Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche FortschritteDaniel Suter1, Rainer Frick2, Hansueli Hirschi1 und Philippe Aebi2

1Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz2Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, 1260 Nyon 1, Schweiz

Auskünfte: Daniel Suter, E-Mail: [email protected]

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Rotklee (Trifolium pratense L.). Zeichnung aus dem Buch «Wiesen- und Alpenpflanzen» von Walter Dietl und Manuel Jor-quera, Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf, 4. Auflage 2012. (Zeichnungen: Manuel Jorquera, Zürich. Alle Rechte vorbehalten. Copyright: AGFF, Zürich. Mit freundlicher Genehmigung der AGFF.)

E i n l e i t u n g

Wichtig für den Kunstfutterbau

Der Rotklee (Trifolium pratense L., Abb. 1) erfüllt seit gut

zweihundert Jahren eine wichtige Aufgabe in unseren

Ansaatwiesen. Über diese Zeit ist ein breites Sortenange-

bot entstanden, dessen Vertreter äusserlich wenig

Gemeinsames haben mit ihrem Urahn, dem Wiesenrot-

klee. Moderne Kultivare sind aufrechter im Wuchs,

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Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte | Pflanzenbau

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Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

In den von 2011 bis 2013 an sechs Orten

durchgeführten Sortenversuchen mit 30

Neuzüchtungen und 24 bereits empfohlenen

Sorten von Rotklee (Trifolium pratense L.)

stellte Agroscope deutliche Zuchtfortschritte

fest: Bewertet wurden Ertrag, Bestandesgüte,

Jugendentwicklung, Resistenz gegen

Blattkrankheiten, Toleranz gegen Winter­

einflüsse und Ausdauer. Ergebnisse, die neu

eine Empfehlung erlauben, erzielten bei den

ausdauernden Sorten (Mattenklee) im

diploiden Sortiment «TP 0425» und

«TP 0445», im tetraploiden Sortiment

«TP 0645» und «TP 0486», bei den kurz­

dauernden Sorten (Ackerklee) im diploiden

Sortiment «Bonus», «TP 0725», «Regent»,

«Harmonie», «AberClaret», «Garant» und

«Dimanche» sowie im tetraploiden Sortiment,

«Magellan», «Hammon» und «Atlantis». Die

Neuzüchtungen «TP 0425», «TP 0445»,

«TP 0645», «TP 0486» und «TP 0725» müssen

noch die Prüfung auf Unterscheidbarkeit,

Homogenität und Stabilität ihrer Merkmale

bestehen, damit sie empfohlen werden

können. Die Sorten «Corvus», «Larus»,

«Suez», «Slavoj», «Sigord» und «Maro»

genügen den Anforderungen nicht mehr und

werden aus der Liste der empfohlenen

Sorten von Futterpflanzen gestrichen. Sie

dürfen noch bis Ende 2016 als empfohlene

Sorten eingesetzt werden.

oder den Gräsern. Eine häufige Nutzung verbessert

somit die Futterqualität (Schubiger und Lehmann 1994a),

kann jedoch die Ausdauer vermindern. Eine erste Nut-

zung im Stadium, wenn ein Viertel aller Blütenknospen

rötlich gefärbt ist, bietet einen guten Kompromiss zwi-

schen Ausdauer und Futterqualität. Die folgenden Nut-

zungen erfolgen optimalerweise in Abständen von sie-

ben bis acht Wochen später.

Austrieb aus Knospenkrone

Der Rotklee überwintert als Rosette, die um die boden-

nahe Knospenkrone, dem eigentlichen Hauptspross,

gebildet wird. Aus dieser Knospenkrone treiben im Früh-

jahr und nach dem Schnitt neue Triebe aus. Eine Beschä-

digung dieses Pflanzenteils kann die gesamte Pflanze

abtöten. Deshalb ist eine tiefe Mahd ungünstig für die

Ausdauer der Pflanze. Aus demselben Grunde eignet

sich der Rotklee nicht zur Beweidung, mit einer Aus-

nahme, dem sogenannten Weiderotklee. Zur Zeit gibt es

davon erst eine Sorte auf dem Markt. Dieser Rotkleety-

pus hat Eigenschaften des wilden Rotklees der Jurawei-

den und des Mattenklees. Sein Potenzial könnte er vor

allem in Weiden ausspielen, die betriebsbedingt wenig

Stickstoff erhalten, sowie in Weiden mit eher trockenen

Bedingungen.

Tiefes Wurzelwerk

Dank seiner bis zu einem Meter tiefen Pfahlwurzel kann

der Rotklee Trockenperioden verhältnismässig gut über-

stehen. In gelegentlich sommertrockenen Lagen spielen

deshalb Mattenklee-Gras-Mischungen eine wichtige

Rolle für die Ertragssicherung. Im Vergleich zur Luzerne

ist seine Trockenheitstoleranz etwas geringer, dafür

erträgt er Nässe bedeutend besser. Für hohe Erträge

bevorzugt der Rotklee einen eher schweren, tiefgründi-

gen Boden in frischen Lagen. Eine Reaktion der Bodenlö-

sung von mindestens pH 6 ist von Vorteil. Da der Rotklee

seinen Stickstoff dank Knöllchenbakterien (Rhizobium

leguminosarum biovar. trifolii) aus der Luft beziehen

kann, kommen rotkleereiche Bestände ganz ohne Stick-

stoffdünger aus (Nyfeler et al. 2011). Hingegen benötigt

der Rotklee genügend Phosphor und Kalium.

Krankheitsresistenz ist entscheidend

Lebensbedrohende Krankheiten sind vor allem der Klee-

krebs (Sclerotinia trifoliorum) – neben Barfrösten die

grösste Bedrohung im Winter – und der Stängelbrenner

(Nördlicher Stängelbrenner Kabatiella caulivora, Südli-

cher Stängelbrenner Colletotrichum trifolii, Abb. 2)

(Schubiger et al. 2004). Diese haben einen grossen Ein-

fluss auf die Ausdauer der einzelnen Sorten. Zudem lei-

den die Sorten unterschiedlich stark unter Angriffen des

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Pflanzenbau | Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte

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echten (Erysiphe poligoni) und falschen Mehltaues

(Peronospora trifolii), der Ringfleckenkrankheit (Stem-

phylium sarcinaeforme) und gelegentlich auch der Klee-

schwärze (Camadothea trifolii; Michel et al. 2000). Einige

Sorten des Rotklees können hohe Gehalte des Pflanzen-

östrogens Formononetin aufweisen (Schubiger und Leh-

mann 1994b). Da bei anhaltender Fütterung mit rot-

kleereicher Ration Fruchtbarkeitsstörungen bei den

Tieren nicht ausgeschlossen werden können, sind Sorten

mit wenig Formononetin von besonderem Wert.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Überprüfung im Feld

In den Jahren 2011 bis und mit 2013 führte Agroscope

an  sechs Standorten vergleichende Sortenversuche mit

30 Neuzüchtungen und 24 empfohlenen Sorten von Rot-

klee durch. Ziel war es, die besten Sorten für schweizeri-

sche Anbauverhältnisse zu finden. Die meisten Erhebun-

gen wurden an Reinsaaten in Kleinparzellen à 1,5 ×

6  Meter durchgeführt (Abb. 3). Da im schweizerischen

Kunstfutterbau die Futterpflanzen in Mischung ange-

baut werden, sind Informationen über die Konkurrenz-

kraft wichtig. In standardisierten Mischbeständen mit

Bastard-Raigras und Knaulgras wurde der prozentualen

Anteil der Prüfsorte am Ertrag der Mischung als Indika-

tor für die Konkurrenzkraft ermittelt. Alle Versuche wur-

den ohne Stickstoffdüngung durchgeführt. Weitere

Angaben zu den Versuchsorten und der Saat können

Tabelle 1 entnommen werden.

Die Beurteilung der Eigenschaften erfolgte nach

einer neunstufigen Notenskala, mit 1 als bester und 9 als

schlechtester Note. Die Güte des Pflanzenbestandes

(Dichte, Üppigkeit, Ebenmässigkeit), die Jugendentwick-

lung, die Resistenz gegen Blattkrankheiten, die Toleranz

gegen Wintereinflüsse und die Ausdauer (entspricht der

Güte am Ende der Versuchsperiode) wurden anhand von

Bonituren eingeschätzt. Für die Bewertung des Jahreser-

trages wurde der Trockensubstanzertrag mittels eines

statistischen Verfahrens (Suter et al. 2013) in Noten

umgerechnet. Zur Umrechnung des Ertragsanteils in

Noten für die Konkurrenzkraft diente folgende Formel:

Note = 9 – 0,08 × Ertragsanteil (%)

Zur abschliessenden Beurteilung wurden die Sorten auf-

grund ihrer Ausdauer in Ackerklee und Mattenklee auf-

geteilt: Sorten, die sich signifikant von bereits empfohle-

nen Sorten von Mattenklee unterscheiden, teilte man

beim Ackerklee ein. Diese beiden Gruppen wurden wei-

ter in je eine Gruppe diploider und tetraploider Sorten

unterteilt.

Index für die Gesamtbeurteilung

Ein Index ermöglicht es, die Sorten innerhalb einer

Gruppe miteinander zu vergleichen. Dazu wurden die

Noten der einzelnen Eigenschaften gewichtet gemittelt.

Die Grössen Ertrag, Güte, Resistenz gegen Stängelbren-

ner und Toleranz gegenüber Wintereinflüssen zählten

doppelt. Beim Mattenklee wurde zudem die Ausdauer

doppelt gewichtet.Damit eine Sorte in die «Liste der empfohlenen Sor-

ten von Futterpflanzen» (Suter et al. 2012a) aufgenom-

men werden kann, muss ihr Index um mindestens

0,20 Punkte geringer sein als das Mittel der Indizes der

bereits empfohlenen Sorten (Standard). Eine bereits

empfohlene Sorte kann ihre Empfehlung verlieren, wenn

ihr Index den Standard um mehr als 0,20 Punkte über-

schreitet (höherer Wert = schlechtere Eigenschaften).

Abb. 2 | Südlicher Stängelbrenner (Colletotrichum trifolii) auf Rot-klee. Diese bedeutende Krankheit kann grossen Einfluss auf die Ausdauer der entsprechenden Sorten haben. (Foto: Daniel Suter, Agroscope)

Abb. 3 | Sortenversuch mit Rotklee: Erster Aufwuchs im zweiten Hauptnutzungsjahr. Die unterschiedliche Bestandesqualität ist augenfällig. (Foto: Daniel Suter, Agroscope)

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Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte | Pflanzenbau

275Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

lung notwendigen Index von 3,18 nicht (niedriger Wert

= besser). Die bis anhin empfohlene Sorte «Corvus» wird

aus der Liste der empfohlenen Sorten gestrichen, da sie

den notwendigen Index für eine Empfehlung nicht mehr

erreichte. Sie darf noch bis Ende 2016 als empfohlene

Sorte gehandelt werden. Die Sorte «Formica» wird trotz

einiger Schwächen weiter empfohlen, da sie einen

besonders tiefen Gehalt an Formononetin aufweist

(Tab. 2).

Weiderotklee: bisher nur eine Sorte

Der Weiderotklee «Pastor» (Tab. 2) nimmt noch immer

eine Sonderstellung ein. Es bleibt zu hoffen, dass in den

nächsten Jahren das Sortiment durch Neuzüchtungen

vergrössert werden kann, um eine breitere Basis für

Anwendungen dieses interessanten Rotkleetyps bieten

zu können.

Tetraploider Mattenklee: deutliche Fortschritte

Auch in der Gruppe des tetraploiden Mattenklees zeigt

sich ein deutlicher Zuchtfortschritt. Die Neuzüchtung

«TP 0645» erreichte die beste Güte und hinter der bereits

empfohlenen Sorte «Elanus» den zweitbesten Ertrag

(Tab. 2). In den wichtigen Eigenschaften Ausdauer und

Resistenz gegen den Stängelbrenner belegte sie den ers-

ten Rang, wobei sie in der Ausdauer um nicht weniger

als 1,2 Punkte besser war als die Standardsorten! Ähnlich

gut schnitt «TP  0486» ab. Sie lag in der Ertrags- und

Gütenote jeweils nur 0,1 Punkte hinter «TP 0645» und

zeichnete sich durch eine gute Toleranz gegen Winter-

einflüsse aus, worin sie mit «TP  0645» zusammen den

zweiten Rang belegte. Ihre Ausdauer war etwas schlech-

ter als diejenige von «TP  0645», jedoch immer noch

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Diploider Mattenklee: Neuzüchtungen mit Bestnoten

Die beiden Neuzüchtungen «TP  0425» und «TP  0445»

lagen bei mehreren Eigenschaften auf den vordersten

Rängen (Tab. 2). So besticht «TP 0425» mit dem besten

Ertrag, einer ausgezeichneten Güte, der besten Aus-

dauer und einer Toleranz gegen Wintereinflüsse, die

lediglich von der bereits empfohlenen Sorte «Milvus»

übertroffen wird. Nur bei der Resistenz gegen Blatt-

krankheiten konnte sie nicht ganz so gut abschneiden.

Unter dem Strich erreichte «TP 0425» einen Indexwert,

der um 0,50 Punkte besser war als derjenige des Stan-

dards. Ähnlich gute Ergebnisse erzielte «TP  0445»: Sie

lag in der Güte mit «TP 0425» gleichauf und stand ihr in

der Jugendentwicklung und der Resistenz gegen den

Stängelbrenner nur unwesentlich nach. Etwas grösser,

nämlich 0,3 Punkte war die Differenz in der Ausdauer,

was trotzdem zum zweiten Rang in dieser Eigenschaft

reichte. Der Index von «TP 0425» war knapp schwächer

als derjenige der bereits empfohlenen Sorte «Lestris»,

aber immer noch um 0,4 Punkte besser als der Standard.

Diese beiden Neuzüchtungen werden zur Zeit noch im

Ausland auf die Unterscheidbarkeit von anderen Sorten

sowie auf Homogenität und Stabilität der Unterschei-

dungsmerkmale geprüft. Erst nach Bestehen dieser soge-

nannten «Registerprüfung» können die Sorten in Ver-

kehr gebracht und somit empfohlen werden.

Erwähnenswert ist, dass mittlerweile Sorten aus anderen

Gebieten Europas wie z. B. «Van» oder «Spurt» eine sehr

gute Ausdauer erreichen und infolgedessen beim Mat-

tenklee eingeteilt werden müssen. Leider erreichte

deren Leistung mit 3,57 und 3,67 den für eine Empfeh-

Ort, Kanton Höhe (m ü. M.) SaatdatumAnzahl Wiederholungen Ertragserhebungen

Reinsaat1) Mischungen2) 2012 2013

Changins, VD 430 12/04/2011 1* 2 – –

Rümlang, ZH 450 20/04/2011 4 3 4 4

Oensingen, SO 460 11/04/2011 4 – 4 4

Ellighausen, TG 520 15/04/2011 4 3 4 4

Goumoëns, VD 630 13/04/2011 3 – 4 –

La Frêtaz, VD 1200 19/04/2011 3 3 – –*Frühreifeerhebung1) Reinsaaten: 200 g/100 m2 Rotklee (Sorte «Formica» als Standard für die Saatmenge)2)Mischungen: 50 g/100 m2 Rotklee (Sorte «Formica» als Standard für die Saatmenge)

+ 60 g/100 m2 Knaulgras «Prato»

+ 60 g/100 m2 Bastard-Raigras «Dorcas»

Tab. 1 | Rotklee: Anlagen der im Jahr 2013 abgeschlossenen Sortenversuche

Page 8: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Pflanzenbau | Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte

276 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

Tab. 2 | Ausdauernder Rotklee (Mattenklee): Ergebnisse der Ertragserhebungen und Bonitierungen in den Jahren 2011 bis 2013

diploid

Sorte (Antragsteller)Frühreife-

Index1) Kategorie2) Ertrag3)* Güte* Jugendent-wicklung

Konkur - renzkraft

Ausdauer*

Resistenzen/Toleranzen:

IndexwertWinter-einflüsse*

Stängel-brenner*

Blattkrank-heiten

1 Lestris (DSP, CH) 53b 1 2,5 2,7 3,4 4,8 3,0 4,4 1,2 2,9 2,97

2 Pavo (DSP, CH) 53b 1 3,5 2,6 3,3 4,8 3,3 4,4 1,2 2,7 3,13

3 Dafila (DSP, CH) 53b 1 3,1 2,7 3,3 4,9 3,2 4,5 1,3 3,3 3,16

4 Merula (DSP, CH) 61a 1 3,5 2,7 2,9 4,7 3,8 4,3 1,6 3,1 3,28

5 Milvus (DSP, CH) 53b 1 3,7 2,8 3,3 5,2 4,8 4,2 1,9 2,4 3,52

6 Corvus (DSP, CH) 61a 2/3 4,5 3,1 3,4 5,1 4,6 5,1 1,7 2,3 3,75

7 Formica4) (DSP, CH) 53b 1 4,5 3,0 3,3 4,9 5,0 4,7 2,3 2,3 3,81

Mittel (Standard) 3,6 2,8 3,3 4,9 3,9 4,5 1,6 2,7 3,38

8 TP 0425 (DSP, CH) 53b 1* 2,3 2,5 3,2 4,7 2,7 4,3 1,1 3,0 2,83

9 TP 0445 (DSP, CH) 53b 1* 2,8 2,5 3,1 4,8 3,0 4,5 1,2 2,8 2,98

10 Spurt (OSEVA UNI, CZ) 62a 3 3,5 3,0 3,7 5,1 4,5 5,2 1,3 2,4 3,57

11 Van (OSEVA UNI, CZ) 62a 3 4,3 2,9 3,6 5,4 4,4 5,4 1,1 2,6 3,67

diploid, für Weide

Sorte (Antragsteller)Frühreife-

Index1) Kategorie2) Ertrag3)* Güte* Jugendent-etnwicklung

Konkurrenz-kraft

Ausdauer*

Resistenzen/Toleranzen:

IndexwertWinterein-flüsse*

Stängel-brenner*

Blattkrank-heiten

1 Pastor (DSP, CH) 53b 1 4,8 2,9 3,3 5,5 3,9 4,5 1,2 2,3 3,50

Mittel (Standard) 4,8 2,9 3,3 5,5 3,9 4,5 1,2 2,3 3,50

ausdauernd (Mattenklee), tetraploid

Sorte (Antragsteller)Frühreife-

Index1) Kategorie2) Ertrag3)* Güte*Jugendent-wicklung

Konkurrenz-kraft

Ausdauer*

Resistenzen/Toleranzen:

IndexwertWinterein-flüsse*

Stängel-brenner*

Blattkrank-heiten

1 Carbo (DSP, CH) 61a 1 2,2 2,4 2,4 4,5 3,2 5,0 1,8 2,0 2,93

2 Fregata (DSP, CH) 53b 1 2,5 2,5 2,4 4,6 3,3 4,6 1,8 2,2 2,95

3 Elanus (DSP, CH) 53b 1 1,9 2,6 3,0 4,8 3,8 4,4 1,6 2,4 2,98

4 Astur (DSP, CH) 61a 1 3,6 2,6 2,6 4,7 4,1 4,6 1,8 2,1 3,29

5 Larus (DSP, CH) 61a 2/3 3,6 2,6 2,5 4,4 4,5 5,0 2,1 1,9 3,41

Mittel (Standard) 2,7 2,5 2,6 4,6 3,8 4,7 1,8 2,1 3,11

6 TP 0645 (DSP, CH) 61a 1* 2,2 2,2 2,5 4,6 2,6 4,5 1,3 1,9 2,67

7 TP 04864) (DSP, CH) 61a 1* 2,3 2,3 2,5 4,2 3,0 4,5 1,5 2,3 2,78

8 TP 0345 (DSP, CH) 53b 3 2,6 2,7 2,6 4,6 3,7 4,5 1,6 2,3 3,04

9 Blizard (OSEVA UNI, CZ) 62a 4 3,2 2,9 3,1 4,8 4,5 5,5 1,4 2,3 3,49

10 Ostro (OSEVA UNI, CZ) 62b 4 3,8 2,9 3,6 4,8 4,8 5,4 1,5 2,1 3,64

Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten

Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht*Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung1) Frühreife-Index: Die erste Ziffer bezeichnet den Monat, die zweite Ziffer die Dekade; a bezeichnet die erste, b die zweite Hälfte der Dekade. Beispiel: 53b = 26.–31. Mai 2) Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:

Kategorie 1: In der Schweiz in der «Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen» geführt.

Kategorie 1*: Kann erst nach Erfüllen der für die Handelbarkeit in der Schweiz gesetzlich festgelegten Kriterien empfohlen werden (siehe Saat- und Pflanzgut-Verordnung des

WBF, SR 916.151.1)

Kategorie 2/3: Sorte vom 1. Januar 2017 an nicht mehr empfohlen

Kategorie 3: Nicht empfohlen. Zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus

Kategorie 4: Nicht empfohlen. Eignet sich nicht für den Anbau in der Schweiz3) Ertragsnoten: Jahresertrag, 2012: 4 Versuchsstandorte, 4 Erhebungen, 2013: 3 Versuchsstandorte, 4 Erhebungen4) Sorte mit geringem Gehalt an Formononetin

Page 9: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte | Pflanzenbau

277Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

diploid

Sorte (Antragsteller)Frühreife-

Index1) Kategorie2) Ertrag3)* Güte* Jugendent-wicklung

Konkur -renzkraft

Ausdauer

Resistenzen/Toleranzen:

IndexwertWinter-einflüsse*

Stängel-brenner*

Blattkrank-heiten

1 Global (Freudenberger, DE) 62a 1 5,1 3,8 3,5 5,7 5,6 5,5 1,6 2,6 4,12

2 Diplomat (DSV, DE) 62a 1 5,3 3,8 3,6 5,5 6,1 5,6 1,8 2,4 4,20

3 Monaco (DSP, CH) 53b 1 5,3 3,8 3,4 5,4 5,8 5,4 2,2 2,9 4,22

4 Merian (Carneau, FR) 61b 1 5,9 4,2 3,2 5,7 6,7 5,8 1,5 3,2 4,46

5 Suez (Agrogen, CZ) 61b 2/3 6,4 4,3 3,6 5,7 7,1 6,1 1,8 2,9 4,71

6 Slavoj (Agrogen, CZ) 61b 2/3 6,8 4,8 4,0 6,2 7,3 6,4 1,9 2,7 4,99

Mittel (Standard) 5,8 4,1 3,6 5,7 6,4 5,8 1,8 2,8 4,45

7 Bonus (Selgen, CZ) 61b 1 5,0 3,5 3,5 5,2 5,6 5,5 1,3 2,8 3,98

8 TP 0725 (DSP, CH) 61a 1* 5,0 3,7 3,2 5,2 5,8 5,4 1,5 2,7 4,01

9 Regent (Carneau, FR) 62a 1 5,2 3,6 3,2 5,4 5,6 5,6 1,5 3,1 4,08

10 Harmonie (NPZ-Lembke, DE) 62a 1 4,6 3,8 3,5 5,2 5,4 6,1 1,5 3,1 4,11

11 AberClaret (Germinal Holdings, UK) 53b 1 5,1 3,8 3,3 5,1 6,0 5,6 2,0 2,5 4,17

12 Garant (Selgen, CZ) 61b 1 5,6 3,7 3,5 5,5 6,3 5,5 1,2 3,0 4,21

13 Dimanche (Caussade, FR) 53a 1 5,3 4,1 3,3 5,9 6,7 5,2 1,5 2,4 4,21

14 Himalia (HZ 80-06) (Životice, CZ) 61a 2 5,1 3,8 3,6 5,5 5,1 6,3 1,9 2,5 4,24

15 Kontiki (DSV, DE) 62a 3 5,5 3,9 3,7 5,5 6,0 6,0 1,7 2,7 4,35

16 Callisto (DLF Životice, CZ) 61a 3 5,8 3,9 3,4 5,5 6,6 5,8 1,9 2,4 4,39

17 Matris (Ferri, IT) 61b 3 5,4 4,5 3,4 5,4 7,5 5,8 2,3 2,4 4,55

18 Brisk (Selgen, CZ) 62a 3 6,6 4,5 3,8 5,8 7,3 5,7 1,8 2,6 4,73

19 Spadone gigante de santa marta (Padana, IT) 62a 3 7,3 4,9 2,6 5,1 7,2 5,7 1,9 2,4 4,75

20 Cyllene (DLF-Trifolium, DK) 53b 3 6,2 4,4 4,1 5,7 6,7 5,8 2,4 3,0 4,76

21 Quinequeli (Cozzi, IT) 61a 3 7,2 4,6 3,4 5,7 7,6 5,6 1,9 2,3 4,79

22 Uno (Continental, IT) 62a 4 7,4 5,0 3,6 5,8 7,9 6,4 1,6 2,2 5,03

23 Vyciai (Agrolitpa, LT) 62a 4 8,3 5,6 4,1 6,1 8,3 6,7 2,4 3,3 5,64

tetraploid

Sorte (Antragsteller)Frühreife-

Index1) Kategorie2) Ertrag3)* Güte*Jugendent-wicklung

Konkur-renzkraft

Ausdauer

Resistenzen/Toleranzen:

IndexwertWinter-einflüsse*

Stängel-brenner*

Blattkrank-heiten

1 Tedi (Agri Obtentions, FR) 53b 1 5,5 3,4 2,8 4,8 6,2 5,5 2,4 2,1 4,10

2 Taifun (SZ-Steinach, DE) 62a 1 7,0 4,7 3,3 5,5 7,5 6,5 2,2 2,4 4,95

3 Titus (SZ-Steinach, DE) 62a 1 7,2 4,9 3,0 5,6 7,5 6,1 2,9 2,5 5,07

4 Sigord (SCPV VÚRV, SK) 62b 2/3 7,3 4,8 3,6 5,5 7,4 6,5 2,7 2,3 5,12

5 Maro (NPZ-Lembke, DE) 62a 2/3 8,0 4,9 3,7 5,4 7,5 6,3 2,9 2,3 5,26

Mittel (Standard) 7,0 4,5 3,3 5,4 7,2 6,2 2,6 2,3 4,90

6 Magellan (DLF-Trifolium, DK) 62a 1 5,5 3,9 3,1 5,3 6,4 5,9 2,8 2,2 4,44

7 Hammon (Veles) (Innoseeds, NL) 61b 1 6,1 3,9 3,4 5,2 6,6 5,9 2,4 2,5 4,55

8 Atlantis (NPZ-Lembke, DE) 62a 1 5,8 4,3 3,3 5,1 6,6 6,2 2,4 2,3 4,55

9 Quatro (Continental, IT) 62a 4 7,5 5,5 4,1 5,6 7,8 6,7 2,8 2,5 5,41

Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten

Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht* Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung1) Frühreife-Index: Die erste Ziffer bezeichnet den Monat, die zweite Ziffer die Dekade; a bezeichnet die erste, b die zweite Hälfte der Dekade. Beispiel: 53b = 26. – 31. Mai 2) Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:

Kategorie 1: In der Schweiz in der «Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen» geführt

Kategorie 1*: Kann erst nach Erfüllen der für die Handelbarkeit in der Schweiz gesetzlich festgelegten Kriterien empfohlen werden (siehe Saat- und Pflanzgut-Verordnung des WBF,

SR 916.151.1)

Kategorie 2/3: Sorte vom 1. Januar 2017 an nicht mehr empfohlen

Kategorie 2: Ersatzssorte. Diese Sorte erreicht zwar den notwendigen Index für eine Empfehlung, kann jedoch wegen der Beschränkung der Anzahl empfohlener Sorten nicht empfohlen

werden. Bei Wegfall einer empfohlenen Sorte rutscht die beste Sorte der Kategorie 2 automatisch in die «Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen» nach.

Kategorie 3: Nicht empfohlen. Zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus

Kategorie 4: Nicht empfohlen. Eignet sich nicht für den Anbau in der Schweiz3) Ertragsnoten: Jahresertrag, 2012: 4 Versuchsstandorte, 4 Erhebungen, 2013: 3 Versuchsstandorte, 4 Erhebungen

Tab. 3 | Kurzdauernder Rotklee (Ackerklee): Ergebnisse der Ertragserhebungen und Bonitierungen in den Jahren 2011 bis 2013

Page 10: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

278

Pflanzenbau | Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

Tetraploider Ackerklee: Bedeutende Verbesserungen

Von vier Neuzüchtungen genügten deren drei den agro-

nomischen Anforderungen für eine Empfehlung. Allen

voran die Sorte «Magellan», die mit dem besten Ertrags-

wert und zweitbesten Gütewert aufwarten konnte. Ihr

Indexwert bleibt trotz guter Leistung mit einer Verbesse-

rung von 0,46 Punkten gegenüber dem Standard hinter

demjenigen der bereits empfohlenen Sorte «Tedi» zurück

(Tab. 3). Diese erreichte in sieben von insgesamt acht

Eigenschaften Platz eins und zeigte mit Platz zwei in der

Resistenz gegen den Stängelbrenner eine hervorragende

Leistung. Gefolgt wird «Magellan» von «Hammon», die

in den wichtigen Eigenschaften Güte, Toleranz gegen-

über Wintereinflüssen und Resistenz gegen den Stängel-

brenner jeweils den zweitbesten Wert aller tetraploiden

Ackerkleesorten erzielte. Die dritte neu empfohlene

Sorte, «Atlantis», wies eine ebenso gute Stängelbrenner-

Resistenz auf wie «Hammon», war überdurchschnittlich

konkurrenzfähig und lieferte den zweitbesten Ertrag in

dieser Gruppe. Die Leistungen der bereits empfohlenen

Sorten «Sigord» und «Maro» waren jeweils um mehr als

0,20 Punkte schwächer als diejenige des Standards, was

zur Streichung dieser zwei Sorten aus der Liste führte.

Auch sie dürfen nur noch bis Ende 2016 als empfohlene

Sorten verwendet werden (Tab. 3).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Zuchtfortschritt.

Insbesondere fallen die Verbesserungen der Resistenz

gegen den Stängelbrenner und der Toleranz gegenüber

Wintereinflüssen auf, die wiederum nicht unwesentlich

zu Verbesserungen beim Jahresertrag, der Konkurrenz-

kraft und namentlich der Ausdauer geführt haben dürf-

ten. Einen Hinweis darauf gibt auch die Tatsache, dass

mittlerweile Sorten als Mattenklee eingestuft werden

müssen, die nicht im typischen Mattenkleegebiet selekti-

oniert wurden. n

0,8 Punkte besser als die Standardsorten. Interessant ist

zudem ihr niedriger Formononetingehalt. Die hervorra-

genden Leistungen dieser beiden Neuzüchtungen resul-

tierten in einem um 0,44 Punkte bzw. 0,33 Punkte besse-

ren Indexwert für «TP  0645» bzw. «TP  0486» als der

Standard. Besonders erwähnenswert ist auch hier der

Umstand, dass mit den Sorten «Blizard» und «Ostro» neu

ausdauernde Sorten zur Prüfung angemeldet worden

sind, die nicht aus dem typischen Mattenkleegebiet

stammen. Leider überwand keine der beiden die für eine

Empfehlung notwendige Hürde. Die bereits empfohlene

Sorte «Larus» verpasste den für eine Empfehlung not-

wendigen Index von 3,32 und wird aus der Liste gestri-

chen. Sie kann deshalb nur noch bis Ende 2016 als emp-

fohlene Sorte verwendet werden (Tab. 2).

Diploider Ackerklee: Sortenangebot vergrössert sich

Nicht weniger als sieben Neuzüchtungen erfüllen die

agronomischen Bedingungen für eine Empfehlung. Die

Sorte «Bonus» zeichnete sich innerhalb des diploiden

Ackerklees mit guten 3,5 Punkten für die Güte aus, was

den ersten Rang in dieser Eigenschaft bedeutete (Tab. 3).

Rang zwei belegte sie im Ertrag, in der Konkurrenzkraft

und in der Resistenz gegen den Stängelbrenner. Ihre

Leistung resultierte in einem Indexwert, der um nahezu

einen halben Punkt besser war als derjenige des Stan-

dards. Nach «Bonus» folgt an zweiter Stelle «TP 0725»,

die ebenso gute Noten erhielt für den Ertrag und die

Konkurrenzkraft und auch eine sehr gute Jugendent-

wicklung wie auch Toleranz gegenüber Wintereinflüs-

sen zeigte. Leider hat diese Sorte die Registerprüfung

noch nicht bestanden, weshalb eine Empfehlung zur Zeit

nicht möglich ist. Die Neuzüchtung «Regent» bot schöne

Pflanzenbestände, was sich durch einen zweiten Rang in

der Güte ausdrückt. Die Sorte «Harmonie» lieferte einen

sehr hohen Ertrag. «AberClaret» konnte mit einer star-

ken Konkurrenzkraft und dem drittbesten Ertrag punk-

ten. Eine sehr gute Resistenz gegen den Stängelbrenner

zeichnet die Sorte «Garant» aus, die auch in der Güte auf

den vorderen Rängen zu liegen kam. Die Neuzüchtung

«Dimanche» war in dieser Gruppe die gegenüber Win-

tereinflüssen toleranteste Sorte. Zu erwähnen wäre auch

die Sorte «Himalia». Sie erfüllt zwar die agronomischen

Anforderungen für eine Empfehlung, kann jedoch

wegen der Begrenzung der Anzahl empfohlener Sorten

zur Zeit lediglich als Ersatzsorte verwendet werden. Die

beiden bis anhin empfohlenen Sorten «Suez» und «Sla-

voj» genügen den Anforderungen für eine Empfehlung

nicht mehr und werden aus der Liste der empfohlenen

Sorten von Futterpflanzen gestrichen. Sie dürfen somit

nur noch bis Ende 2016 als empfohlene Sorten einge-

setzt werden (Tab. 3).

Page 11: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

279

Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Esame delle varietà di trifoglio violetto:

notevoli progressi

Nelle prove varietali eseguite dal 2011 al

2013 in sei siti su 30 nuove coltivazioni e

24 varietà già raccomandate di trifoglio

violetto (Trifolium pratense L.), Agroscope

ha constatato notevoli progressi nella

coltivazione. Le seguenti caratteristiche sono

state prese in considerazione: resa, qualità

del popolamento, sviluppo giovanile,

resistenza alle malattie fogliari, resistenza

allo svernamento e persistenza. I risultati

che consentono di formulare una nuova

raccomandazione sono stati ottenuti con le

varietà poliennali nel tipo diploide «TP 0425»

e «TP 0445», nel tipo tetraploide «TP 0645» e

«TP 0486», con le varietà biennali nel tipo

diploide «Bonus», «TP 0725», «Regent»,

«Harmonie», «AberClaret», «Garant» e

«Dimanche» nonché nel tipo tetraploide

«Magellan», «Hammon» e «Atlantis». Le

nuove coltivazioni «TP 0425», «TP 0445»,

«TP 0645», «TP 0486» e «TP 0725» devono

ancora essere sottoposte all’esame della

distinguibilità, omogeneità e stabilità delle

loro caratteristiche, prima di potere essere

raccomandate. Le varietà «Corvus», «Larus»,

«Suez», «Slavoj», «Sigord» e «Maro» non

soddisfano più i requisiti e vengono per­

tanto tolte dalla lista delle varietà raccoman­

date di piante foraggere, tuttavia possono

ancora essere impiegate come varietà

raccomandate fino alla fine del 2016.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 272–279, 2014

Substantial progress in variety testing with red

clover

Agroscope noted significant breeding progress in

the variety tests with 30 new cultivars and 24

already recommended varieties of red clover

(Trifolium pratense L.) conducted at six locations

from 2011 to 2013. Yield, vigour, juvenile develop­

ment, resistance to leaf diseases, winter­hardiness

and persistence were all evaluated. For the

persistent varieties («Mattenklee» type), results

allowing for recommendation were obtained by

the diploids «TP 0425» and «TP 0445» as well as by

the tetraploids «TP 0645» and «TP 0486», whilst in

the short­lived varieties (common red clover),

success was achieved by the diploids «Bonus»,

«TP 0725», «Regent», «Harmonie», «AberClaret»,

«Garant» and «Dimanche», and by the tetraploids

«Magellan», «Hammon» and «Atlantis». The new

cultivars «TP 0425», «TP 0445», «TP 0645», «TP

0486» and «TP 0725» have yet to pass the test for

distinctness, uniformity and stability of traits

before they can be recommended. The varieties

«Corvus», «Larus», «Suez», «Slavoj», «Sigord» and

«Maro» no longer satisfy the requirements, and are

being deleted from the List of Recommended Varie­

ties of Forage Plants. They may, however, still be

used as recommended varieties until the end of

2016.

Key words: Trifolium pratense, red clover, variety

testing, yield, disease resistance, persistence.

Literatur ▪ Daccord R., Arrigo Y., Jeangros B., Scehovic J., Schubiger F.X. & Lehmann J., 2002. Nährwert von Wiesenpflanzen: Energie- und Proteinwert. Agrarforschung 9 (1), 22–27.

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▪ Lüscher A., Finn J.A., Connolly J. et al., 2008. Benefits of sward diversity for Agricultural grasslands. Biodiversity 9 (1/2), 29–32.

▪ Michel V., Schori A., Mosimann E., Lehmann J., Boller B. & Schubiger F., 2000. Krankheiten der Futtergräser und Futterleguminosen. Agrarforschung 7 (2), I–XII.

▪ Nyfeler D., Huguenin-Elie O., Suter M., Frossard E., Connolly J. & Lüscher A., 2009. Strong mixture effects among four species in fertilized agricul-tural grassland led to persistent and consistent transgressive overyiel-ding. Journal of Applied Ecology 46, 683–691.

▪ Nyfeler D., Huguenin-Elie O., Suter M., Frossard E. & Lüscher A., 2011. Grass-legume mixtures can yield more nitrogen than legume pure stands due to mutual stimulation of nitrogen uptake from symbiotic and non-sym-biotic sources. Agriculture, Ecosystems and Environment 140, 155–163.

▪ Schubiger F.X., Alconz E., Streckeisen Ph. & Boller B., 2004. Resistenz von Rotklee gegen den südlichen Stängelbrenner. Agrarforschung 11 (5), 168–173.

▪ Schubiger F.X. & Lehmann J., 1994a. Futterwert unterschiedlich genutz-ter Klee-Gras-Gemenge. Agrarforschung 1 (4), 167–170.

▪ Schubiger F.X. & Lehmann J., 1994b. Stoffe mit östrogener Wirkung in Rotkleesorten. Agrarforschung 1 (8), 361–363.

▪ Suter D., Hirschi H.U., Frick R. & Aebi P., 2013. Knaulgras: Prüfergebnisse von 31 Sorten. Agrarforschung Schweiz 4 (7/8), 324–329.

▪ Suter D., Hirschi H., Frick R. & Bertossa M., 2012a. Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2013–2014. Agrarforschung Schweiz 3 (10), Beilage, 1–8.

▪ Suter D., Rosenberg E., Mosimann E. & Frick R., 2012b. Standardmischun-gen für den Futterbau: Revision 2013–2016. Agrarforschung Schweiz 3 (10), Beilage, 1–12.

Page 12: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

280 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 280–285, 2014

Der Mohnanbau erlebte seine Hochblüte während des

zweiten Weltkriegs, als er der Selbstversorgung mit Öl

diente, und umfasste anno dazumal rund 1300 ha (Kob-

let 1965). Im Anschluss an diese Zeit ist diese Kultur rela-

tiv schnell aus dem Anbau und der Land(wirt)schaft ver-

schwunden. In der Schweizer Mundart wurde Mohn

früher als Mag oder Maggsamen bezeichnet. Zeuge des

inländischen Mohnanbaus ist die Mohnkapsel im Dorf-

wappen von Mägenwil (AG).

Weltweit betrug die Anbaufläche der Mohnsamen-

produktion 2012 rund 70 000 ha (FAO 2014). Darin nicht

inbegriffen ist die bedeutende Fläche für die Produktion

von Opiaten. Die mittleren Erträge in den Ländern

schwankten in den Jahren 2003–2012 zwischen 2,8 und

20,4 dt/ha (FAO 2014). Die Importmenge an Mohnsamen

in den Jahren 2010 bis 2012 war sehr stabil und betrug

jeweils rund 120 t. Die fünf wichtigsten Herkunftsländer

waren in den vergangenen vier Jahren Deutschland, die

Türkei, Frankreich, Holland, Österreich und die Tschechi-

sche Republik (EZV 2014). Mit diesen Importen konnte

der Schweizer Mohnbedarf – sei es für Öl oder Samen für

Backwaren – zu mehr als 90 % gedeckt werden. Die grössten Herausforderungen beim Anbau von

Mohn sind einerseits die erfolgreiche Unkrautregulie-

rung (insbesondere im Bioanbau), da die Pflanzen eine

sehr langsame Jugendentwicklung aufweisen, und ande-

rerseits das Erreichen einer optimalen und regelmässigen

Bestandesdichte. Die sehr kleinen Samen (Tausendkorn-

gewicht von ca. 0,5 g) stellen höchste Ansprüche an die

Saattechnik und die Vorbereitung des Saatbeetes.

Unabhängig vom Mohntyp ist heute wenig prakti-

sche Erfahrung und Wissen über den Anbau von Mohn

in der Schweiz vorhanden. Mohn besitzt ein interessan-

tes Potenzial, denn nebst dem ernährungsphysiologi-

schen Wert des Samens (z.B. Gehalt an Linolsäure und

Spurenelementen) ist der Anbau auch fruchtfolgetech-

nisch attraktiv. Mohn gehört botanisch gesehen zu kei-

ner anderen bei uns angebauten Ackerkultur und kann

infolge dessen intensive Fruchtfolgen bezüglich Krank-

heits- und Schädlingsdruck auflockern. Aufgrund der

einzigartigen Farbe der Blütenblätter (Abb.  1) kann

Mohn zudem das Landschaftsbild farblich aufwerten.

E i n l e i t u n g

Trotz des prognostizierten Potenzials auf dem Markt

(Frick und Hebeisen 2005) ist der Anbau von Mohn

(Papaver somniferum L.) in der Schweiz nach wie vor

bedeutungslos. Für das geschmacklich sehr gute Öl

werden jedoch gute Preise gelöst, und Backwaren mit

Mohnsamen werden auch bei uns häufiger angeboten.

Die Mohnanbaufläche beträgt in der Schweiz aber nur

wenige Hektaren und wird bis jetzt statistisch nicht

erfasst.

Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem MohnJürg Hiltbrunner, Christine Herzog, Carolin Luginbühl und Thomas Hebeisen

Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8046 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Jürg Hiltbrunner, E-Mail: [email protected]

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Blütenfarbe der Sorte Josef (vorne) im Vergleich zu den violett-blühenden Zeno-Sorten im Hintergrund. (Foto: Jürg Hiltbrunner, Agroscope)

Page 13: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn | Pflanzenbau

281

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 280–285, 2014

Der Schlafmohn (Papaver somniferum L.) ist

eine traditionelle Ackerkultur der Schweiz.

Während des 2. Weltkriegs wurde er zur

Selbstversorgung mit Speiseöl noch auf rund

1300 ha angebaut. Heute umfasst der

Mohnanbau in der Schweiz nur noch wenige

Hektaren. Mit der Agrarpolitik 2014–2017

wird der Anbau von Schlafmohn neu mit

dem Ölsaatenbeitrag (700 Fr./ha) gestützt.

Agroscope hat einerseits die morphinarmen

winterharten Sorten Zeno, Zeno Morphex,

Zeno 2002 und Josef angebaut und miteinan­

der verglichen und andererseits mit der Sorte

Zeno 2002 die Auswirkungen verschiedener

Sätechniken und Saatmengen auf den Ertrag

untersucht. Die Studie zeigt, dass Winter­

mohn auch in der Schweiz angebaut werden

kann und unter guten Bedingungen interes­

sante Erträge von rund 15 dt/ha erzielt

werden können. Zentrale Elemente für einen

erfolgreichen Anbau sind die Schaffung von

günstigen Bedingungen für einen regelmässi­

gen und raschen Feldaufgang. Je nach

Standort­ und Witterungsbedingungen,

Nährstoffverfügbarkeit und Unkrautdruck

eignen sich dafür unterschiedliche Sätechni­

ken und Saatmengen. Dringend empfohlen

wird das Walzen vor der Saat. Ob der

Schlafmohn mit der Förderung durch die

Agrarpolitik 2014–2017 aus dem Dornrös­

chenschlaf geweckt werden wird, wird die

Zukunft zeigen.

In früheren Versuchen wurden in der Schweiz aus-

schliesslich Sommermohntypen miteinander verglichen

(Frick und Hebeisen 2005). Aus österreichischen Zucht-

programmen stehen seit Ende der 1990er Jahre auch

winterharte Sorten zur Verfügung. Diesen wird in unse-

ren Breitengraden im Vergleich zu den Sommertypen

grundsätzlich ein höheres Ertragspotenzial zugestanden.

Nebst der Abklärung der Sortenfrage bei Wintermohn

wurden auch anbautechnische Fragestellungen zur Saat-

menge und Saattechnik bearbeitet.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Versuchsanlage

Die Kleinparzellenversuche wurden grösstenteils auf

einem zertifizierten Knospe-Betrieb in Zürich-Seebach

(ZH) durchgeführt. Der Anbautechnik-Versuch wurde in

Flawil (SG) auf einem zweiten Standort gesät, der nach

IP-Bedingungen bewirtschaftet wurde. Die Saat erfolgte

mit einer Ausnahme (2007) jeweils in der zweiten Sep-

temberwoche mit einem Reihenabstand von 0,18 m. Ins-

gesamt wurden 80 kg N/ha in zwei Gaben (60 kg N/ha zu

Vegetationsbeginn im Frühjahr und 20  kg N/ha zum

Schossen) ausgebracht. Am Biostandort wurde dazu

Biorga und am IP-Standort mineralischer Handelsdünger

verwendet.

Die Regulierung der Begleitflora erfolgte am Bio-

Standort mechanisch (2 bis 3 Hackeinsätze, teilweise

kombiniert mit dem Striegel) respektive am IP-Standort

mit Herbiziden. Falls nötig, wurde zusätzlich von Hand

gejätet. Um durch Schneckenfrass entstehende Fehlstel-

len in den Parzellen zu vermeiden, wurde präventiv

Schneckenkorn gestreut.

In den Sortenversuchen wurden in den Jahren 2007

bis 2009 die morphinarmen Sorten Zeno, Zeno Morphex,

Zeno 2002 (Züchter: G. Dobos, A; Blütenfarbe violett, Typ

Schliessmohn) und in den Jahren 2008 bis 2009 zusätz-

lich noch die morphinarme Sorte Josef (Züchter: RWA

Raiffeisen Ware Austria, A; Blütenfarbe hellviolett, Typ

Schliessmohn) miteinander verglichen (Abb. 1). Die Saat-

menge betrug für alle Sorten 4,45 kg/ha.In einer zweiten Versuchsserie wurden in den Jahren

2009 die Auswirkungen von vier und in den Jahren 2010

und 2011 von sechs unterschiedlichen Saatmengen be-

ziehungsweise Saattechniken mit der Sorte Zeno  2002

untersucht. Dabei wurde die Saat entweder mit einer

Drillsämaschine (Hege), einem Sembdner-Sägerät

(Gemüse sämaschine) oder einem Krummenacher-Sägerät

(Breitsaat) durchgeführt. Mit der Drillsämaschine wurden

zwei Saatmengen (3,2 und 0,75 kg/ha), mit dem

Sembdner-Sägerät drei Saatmengen (3,5; 1,5 und 0,75 kg/

ha) und mit dem Krummenacher-Sägerät eine Saat-

menge (3,2 kg/ ha) ausgesät. Aufgrund der Erfahrungen

in den Sortenversuchen wurde die höchste Saatmenge in

diesen Versuchen von 4,45 auf rund 3,5 kg/ha reduziert.

Die Ernte erfolgte mit einem Kleinparzellenmähdrescher

zwischen dem 10. und 22. Juli. Einzige Ausnahme war

die Ernte im Jahr 2007, die am 29. Juni erfolgte.

Alle Versuche wurden als einfaktorielle randomi-

sierte komplette Blockanlagen mit drei Wiederholungen

und einer Parzellengrösse von 25 m² angelegt.

Page 14: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Pflanzenbau | Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn

282

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Einfluss der Sorte

Im Mittel über alle Sorten konnten im Jahr 2007 mit

rund 12 dt/ha die höchsten Erträge der drei Versuchs-

jahre erzielt werden (Abb. 2). In den beiden folgenden

Jahren lag das Versuchsmittel bei rund 7,5 dt/ha. Die

Sortenunterschiede waren nur im Jahr 2008 signifikant,

wobei die Sorte Zeno Morphex in diesem Jahr mit

4  dt/ ha den tiefsten und die Sorte Zeno  2002 den

höchsten Ertrag (9 dt/ha) lieferte (Abb. 2). Die höchs-

ten Erträge lagen im zufriedenstellenden Bereich, liegt

doch die Ertragserwartung zwischen 10 bis 15 dt/ha

und das zehnjährige Mittel der europäischen Erträge

bei 7,6 dt/ ha (FAO 2014). Im Vergleich zu den ertrags-

reichsten Sommertypen erzielten die geprüften Win-

tertypen in diesen Untersuchungen nicht wie erwartet

höhere Erträge als in den Versuchen mit Sommertypen

beschrieben (Frick und Hebeisen 2005). Die Sorten

Zeno und Josef lieferten über die Jahre die stabilsten

Erträge, wobei Zeno etwas ertragsreicher war als Josef.

Aufgrund der langsamen Jugendentwicklung konnten

die mechanischen Eingriffe zur Regulierung der

Begleitarten boden- und witterungsbedingt erst im

Frühjahr erfolgen. Der Unkrautdruck war deshalb zu

Beginn der Vegetationszeit in allen Jahren relativ hoch.

Trotz des teilweise zusätzlich zum Hacken durchge-

führten Handjätens erfolgten all diese Massnahmen

aber vermutlich zu spät, um die Erträge noch positiv zu

beeinflussen. Eine Beschleunigung der Pflanzenent-

wicklung zu Vegetationsbeginn wäre mit dem Einsatz

von Hofdünger oder aber unter ÖLN-Bedingungen mit

der Ausbringung von schnelllöslichen Stickstoffdün-

gern zu gewährleisten. Dies kann mit diesen Versuchen

aber nicht belegt werden, da die Düngung ausschliess-

lich mit Biorga erfolgte.

Bezüglich Frühreife unterschieden sich die Sorten

nicht wesentlich. Die durchschnittlichen Wassergehalte

der Samen zum Zeitpunkt der Ernte betrugen 7 %

(2008) und 10 % (2009). Die Ernte im Jahr 2007 erfolgte

mangels Erfahrung etwas zu früh. Grundsätzlich konn-

ten die Pflanzen in allen Jahren gut abreifen und die

Ernte war technisch problemlos durchführbar. Ebenso

konnte beobachtet werden, dass die Samen in den

Kapseln gut gegen stärkere Niederschläge geschützt

sind.

Aufgrund unserer Erfahrungen ergänzt mit weite-

ren Erfahrungen aus anderen Anbauzonen, kann aktu-

ell die Sorte Zeno 2002 für den Anbau empfohlen wer-

den. Saatgut kann direkt beim Züchter (Dr. G. Dobos,

Gentzgasse 129, 1180 Wien, A) bezogen werden.

Ölgehalt und Fettsäuremuster der Wintermohnsorten

Die Ölgehalte der untersuchten Wintermohnsorten

lagen bei rund 45 % und von den Fettsäuren machte die

Linolsäure mit rund 72 % den grössten Anteil aus

(Abb. 3). Die Fettsäuremuster der untersuchten Winter-

mohnsorten liegen in einem ähnlichen Bereich wie die-

jenigen der Sommertypen (Frick und Hebeisen 2005) und

variierten praktisch nicht zwischen den Sorten.

Zeno Zeno Morphex Zeno 2002 Josef

Sorten

Sam

ener

trag

(dt/h

a)

Ernt

efeu

chte

(%)

Ertrag 2007Ertrag 2008Ertrag 2009Feuchte 2007Feuchte 2008Feuchte 2009

ababa

16

14

12

10

8

6

4

2

0

24

22

20

18

16

14

12

10

8

6

Abb. 2 | Samenertrag (dt/ha mit 13 % H2O) und Erntefeuchte (% H2O zum Zeitpunkt der Ernte) von vier Wintermohn sorten unter Biobedingungen am Standort Zürich-Seebach (Jahre 2007, 2008 und 2009). Unterschiedliche Buchstaben innerhalb der Jahre zeigen signifikante Unterschiede (Tukey’s HSD-Test, P < 0,05). Linien entsprechen dem Standardfehler.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 280–285, 2014

Page 15: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn | Pflanzenbau

283

ein sehr dichter Bestand mit tendenziell zu kleinen

Pflanzen mit sehr kleinen Kapseln (Zürich-Seebach,

Abb. 4). Da aufgrund der breitflächigen Pflanzenvertei-

lung unter Biobedingungen ausser Striegeln keine

Unkrautregulierungsmassnahmen getroffen werden

konnten, resultierte aufgrund des erst im Frühjahr mög-

lichen Eingriffs ein vergleichsweise stark verunkrauteter

Bestand. Am Standort Flawil wurde im 2009 mit dem

Krummenacher-Sägerät ein sehr guter Ertrag erzielt.

Dies vermutlich deshalb, da auf der eher steinreichen

Parzelle und den damit verbundenen eher schwierigen

Bedingungen zur Saat durch die hohe Saatmenge eine

ideale Bestandesdichte sichergestellt wurde. Hingegen

wurde 2010 mit dem gleichen Verfahren ein sehr schlech-

ter Ertrag erreicht (Abb.  4). Daraus lässt sich ableiten,

dass auch mit dem Krummenacher-Sägerät der Mohnan-

bau je nach Standordbedingungen erfolgreich sein kann.

Im Falle der Verfügbarkeit eines Sembdner-Sägerätes

weist aber auch dieses Gerät interessante Eigenschaften

für den Mohnanbau auf. Mit der sehr tiefen Saatmenge

von 0,75 kg/ha wurde aber nur in einem von drei Versu-

chen ein zufriedenstellender Ertrag erzielt. Da bei die-

sem Gerät eine Walze bereits integriert ist, entfällt das

vorgängig zur Saat empfohlene Walzen. Dadurch ist –

insbesondere im Vergleich zum Krummenacher-Sägerät

– eine regelmässige Tiefenablage gewährleistet.

Insgesamt wurde auch mit der Drillsaat – je nach

Standort und Jahr – ein interessanter Samenertrag

erzielt. Besonders hervorzuheben ist die Drillsaat unter

Bio-Bedingungen mit der hohen Saatdichte. Damit

konnten, über die drei Versuchsjahre betrachtet, die sta-

bilsten Erträge erzielt werden (Abb. 4).

Die möglichen positiven Auswirkungen einer tiefe-

ren Saatmenge sind insbesondere im Biolandbau von

grosser Bedeutung. Die geringere intraspezifische Kon-

kurrenz und die gezielte Investition der beschränkt ver-

fügbaren Nährstoffe (insbesondere zu Beginn der Vege-

tationszeit) in weniger Pflanzen pro Quadratmeter führt

insgesamt zu kräftigeren Pflanzen. Diese können dann

grössere Kapseln ausbilden und die Begleitflora, mindes-

tens in einem späteren Stadium, stärker beschatten.

Dabei entscheidend ist aber, dass bis zum Abschluss der

Rosettenbildung die Konkurrenz der Begleitarten ver-

hindert oder mindestens sehr tief gehalten werden kann

und keine zusätzlichen Ausfälle durch Schneckenfrass

während dem Auflaufen oder durch Auswinterung

erfolgen.

Bei guter Nährstoffverfügbarkeit hingegen sind

dichtere Bestände weniger problematisch. Deshalb wird

in diesem Fall empfohlen, die Saatdichte nicht zu tief zu

wählen, damit bei allfälligen Pflanzenverlusten wäh-

rend des Winters keine lückigen Bestände entstehen.

Einfluss der Saatmenge und ­technik

In zwei von fünf Versuchen wurden mit den höchsten

Saatmengen (3,5 kg/ha) die höchsten Erträge erzielt, je

nach Standort und Jahr mit der Drillsaat, dem Sembdner-

oder dem Krummenacher-Sägerät (Abb. 4). Mit 14 dt/ha

(Zürich-Seebach 2009, 2010 und 2011) und 17 dt/ha (Fla-

wil 2009) wurden unter guten Bedingungen sehr gute

Erträge erreicht. Im 2010 waren die Erträge in Flawil (IP-

Standort) vergleichsweise tief, was sich durch den stein-

reichen Boden und dem damit verbundenen unregel-

mässigen Feldaufgang erklären lässt. Obwohl 2009 der

Boden in Flawil ähnlich war, führte die günstigere Witte-

rung während dem Feldaufgang zu einem besseren

Pflanzenbestand, was sich direkt auf den Ertrag aus-

wirkte. Im Jahr 2011 konnten in Zürich-Seebach (Bio-

Standort) mit den tiefen Saatdichten Erträge von rund

14 dt/ha erreicht werden, die vergleichbar mit den Erträ-

gen bei hohen Saatdichten waren. Die Mohnpflanzen

haben bei tieferen Saatmengen grössere Kapseln ausge-

bildet, was im Falle von regelmässigen Bestandesdichten

ebenfalls zu hervorragenden Erträgen führte (Abb.  4).

Zwischen der Saatmenge und dem Kapseldurchmesser

konnte sowohl am Bio-Standort in den Jahren 2010 und

2011 (r = –0,76; p < 0,001) als auch am IP-Standort im Jahr

2010 (r = –0,58; p < 0,05) ein signifikanter negativer

Zusammenhang festgestellt werden (Abb. 4). Dies belegt,

dass die Pflanzenentwicklung über die Saatmenge

beziehungsweise die Bestandesdichte beeinflusst wird.

Obwohl beim Krummenacher-Sägerät der Feldauf-

gang verhältnismässig gut und die Pflanzen regelmässig

verteilt waren, resultierte mit der gewählten Saatmenge

Zeno Morphex Josef Zeno 2002 ZenoSorten

%

100

80

60

40

20

0

Abb. 3 | Fettsäuremuster der vier verglichenen Wintermohnsorten am Standort Zürich-Seebach (2009). C16:0 = Palmitinsäure, C16:1 = Palmitoleinsäure. C17:0 = Margarinsäure, C18:0 = Stearinsäure, C18:1 = Ölsäure, C18:2 = Linolsäure, C18:3 = Linolensäure, C20:0 = Arachinsäure.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 280–285, 2014

Page 16: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

284

Pflanzenbau | Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Unter guten Bedingungen können mit Wintermohn

interessante Erträge von rund 15  dt/ha erzielt werden.

Im Vergleich zum Sommermohn werden mit Winter-

mohn nicht unbedingt höhere Erträge erzielt, aber es

kann von besseren Aussaatbedingungen im Herbst pro-

fitiert werden. Grundsätzlich kann Mohn bezüglich sei-

ner Ertragsbildung als sehr anpassungsfähig charakteri-

siert werden, weil er bei tieferen Bestandesdichten

grössere Kapseln mit mehr Samen ausbilden kann. Für

den Mohnanbau können somit unterschiedliche Sätech-

niken und Saatmengen verwendet werden. Die Auswir-

kungen auf die Bestandesdichte und schliesslich den

Ertrag hängen aber sehr stark von den Standort- und

Witterungsbedingungen sowie der Nährstoffverfügbar-

keit und dem Unkrautdruck ab. Zur Saat vorgängiges

Walzen ist dringend empfohlen, damit die Tiefenablage

möglichst flach und gleichmässig erfolgen kann. Bei tro-

ckenen Bedingungen ist auch ein der Saat nachfolgen-

des Walzen empfehlenswert, um einen guten Boden-

schluss zu gewährleisten.

Bevor die Produktion von Mohnsamen aufgenom-

men wird – sofern das Erntegut nicht direkt vermarktet

wird – ist unbedingt die Abnahme und die Aufbereitung

des Erntegutes zu regeln. n

Dank

Wir danken der Stiftung Hauser (Weggis) für die finanzielle Unterstützung sowie der Familie Götsch und dem Landwirtschaftlichen Zentrum SG in Flawil für die  gute Zusammenarbeit. Die Bestimmung der Fettsäuremuster wurde durch Oleificio Sabo (Manno) durchgeführt.

Sam

ener

trag

(dt/h

a)Sa

men

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ag (d

t/ha)

Flawil

Zürich-Seebach

20

15

10

5

20

18

16

14

12

10

8

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4

2

0

40

35

30

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040

35

30

25

10

0

Kaps

eldu

rchm

esse

r (m

m)

Kaps

eldu

rchm

esse

r (m

m)

Semb 3,5 Drill 3,2 Krum 3,2 Semb 1,5 Semb 0,75 Drill 0,75

Semb 3,5 Drill 3,2 Krum 3,2 Semb 1,5 Semb 0,75 Drill 0,75

Verfahren [Sämaschine / Saatmenge (kg/ha)]

Ertrag 2009

a a ab ab b ab

a a ab abb

ab

Ertrag 2010

Ertrag 2011

Kapseldurchmesser 2010

Kapseldurchmesser 2011

Abb. 4 | Mittlerer Samenertrag (dt/ha mit 13 % H2O) und Kapseldurchmesser (mm) der Wintermohnsorte Zeno 2002 an den Standorten Flawil (oben) und Zürich-Seebach (unten) bei verschiedenen Saatdichten (0,75; 1,5; 3,2 bzw. 3,5 kg/ha) und Saatverfahren (Sembdner-Sägerät, Drillsaat, Krummenacher-Sägerät) 2009, 2010 und 2011. Linien geben die Stan-dardfehler an. Unterschiedliche Buchstaben innerhalb der Jahre zeigen signifikante Unterschiede (Tukey’s HSD-Test, P < 0,05).

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 280–285, 2014

Page 17: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

285

Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Variety and cultivation trials with winter­

hardy poppy

Poppy (Papaver somniferum L.) is a tradi­

tional field crop of Switzerland. During the

Second World War, it was still grown on

around 1300 ha with a view to the country

becoming self­sufficient in cooking oil.

Today, poppy is only grown in Switzerland

on a few hectares. With the entry into force

of the 2014–2017 agricultural policy, how­

ever, the cultivation of poppy is now

supported by the oilseed production

payment (CHF 700/ha). In addition to

comparing the low­morphine, winter­hardy

varieties «Zeno», «Zeno Morphex», «Zeno

2002» and «Josef», Agroscope has studied

also the effects of various sowing tech­

niques and seed quantities on yield with the

variety «Zeno 2002». The study shows that

winter poppy can also be grown in Switzer­

land, and that attractive yields of around

15 dt/ha can be achieved under good

conditions. A key factor for successful

cultivation is the creation of favourable

conditions for a regular and rapid emer­

gence. Different sowing techniques and seed

quantities are suitable for this, depending

on site and weather conditions, nutrient

availability and weed pressure. Rolling the

soil before sowing is urgently recommended.

Whether the subsidies provided under the

2014–2017 agricultural policy will wake the

poppy from its current slumber, only the

future will tell.

Key words: poppy, variety, field trial,

Switzerland, organic farming.

Prove varietali e di coltivazione con il

papavero resistente alle basse temperature

Il papavero (Papaver somniferum L.) è una

tipica coltura campicola della Svizzera. Se

durante la Seconda guerra mondiale veniva

coltivato su un'estensione di circa 1300 ha

per l'autoapprovvigionamento di olio

alimentare, oggi, invece, sono pochi gli ettari

destinati alla coltivazione del papavero in

Svizzera. Con la Politica agricola 2014–2017,

la coltura del papavero da oppio viene ora

sostenuta mediante i contributi per la

trasformazione dei semi oleosi (700 fr./ha).

Agroscope ha, da una parte, comparato fra

loro le varietà a basso contenuto di morfina

resistenti al freddo invernale Zeno, Zeno

Morphex, Zeno 2002 e Josef e, dall’altra, ha

esaminato con la varietà Zeno 2002 gli

effetti di varie tecniche di semina e quantità

delle sementi sulla resa. Lo studio dimostra

che il papavero resistente alle basse tempe­

rature può essere coltivato anche in Svizzera

e che, in presenza di condizioni propizie, si

possono ottenere rese interessanti di circa 15

q/ha. L’elemento fondamentale per garantire

la riuscita della coltivazione è la creazione di

condizioni favorevoli a un'emergenza delle

sementi rapida e regolare. A seconda delle

condizioni geografiche e atmosferiche del

sito, della disponibilità di sostanze nutritive

e della diffusione di malerbe si rivelano

adatte diverse tecniche di semina e quantità

delle sementi. Si raccomanda vivamente di

spianare il terreno prima della semina. Solo

in futuro saremo in grado di stabilire se

l'incentivo della Politica agricola 2014–2017

riuscirà a svegliare il papavero dal suo

sonno.

Literatur ▪ EZV, 2014. Schweizerische Aussenhandelsstatistik. Eidgenössische Zoll-verwaltung, Bern. Zugang: http://www.swiss-impex.ezv.admin.ch/ [9.4.2014].

▪ FAO, 2014. FAOSTAT database 2013. Food and Agriculture Organization of the United Nations, Rom. Zugang: http://faostat3.fao.org [29.4.2014].

▪ Frick C. & Hebeisen T., 2005. Mohn als alternative Ölpflanze. Agrarfor-schung 12 (1), 4–9.

▪ Koblet R., 1965. Der Mohn. In: Der landwirtschaftliche Pflanzenbau unter besonderer Berücksichtigung der Schweizerischen Verhältnisse. Birkhäu-ser Verlag, Basel und Stuttgart, 218–219.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 280–285, 2014

Page 18: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

286 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 286–291, 2014

europaweit Sorten zur Verfügung, die in gesunden

Beständen Erträge von mehr als 10 t/ha bringen. Bei

richtiger Bestandesführung, das heisst vor allem bei

genügend verfügbarem Stickstoff vor und nach der

Blüte, liefern sie für den europäischen Markt backfä-

hige Ware, auch wenn die Schweizer Qualitätsstandards

nicht unbedingt erreicht werden. Die ausnehmend

hohe Backqualität der Schweizer Sorten im Einklang mit

einer hohen Bestandesgesundheit galt über Jahrzehnte

als selbstverständlich (Abb. 1). Diese Sorteneigenschaf-

ten wurden jedoch von der Abnahmegarantie des Bun-

des getragen. Mit dem Umdenken auf nationale und

internationale Vermarktbarkeit staatlich gezüchteter

Sorten gilt es, die Vorteile der eigenen Sorten mit deut-

lich gesteigerter Ertragsfähigkeit zu kombinieren (Fos-

sati und Brabant 2003).

Saatgutwechsel ist der Motor der privaten Züchtung

Das Fundament unserer Esskultur bildet der Brotweizen,

daher muss dessen Anbau ebenso weitergehen wie die

Züchtung. Dieses Muss erklärt sich allein schon durch

das Auftreten immer neuer Schaderreger beziehungs-

weise neuer Pathotypen, die sich bei einer auf allen

Kontinenten angebauten Kulturpflanze schnell global

ausbreiten. Allein dies erfordert die permanente Selek-

tion auf Resistenz. Sorten, die 2030 unbedingt notwen-

dig sind, müssen bereits dieses Jahr geplant und im

nächsten Jahr durch erste Kreuzungen begonnen wer-

den (Stamp 2011). Diesen Fortschritt − hoher Ertrag und

hohe Qualität, verbunden mit einer ausgezeichneten

Ertragssicherheit durch robustes Überdauern und

Wachstum bei Frost und Hitze, Dürre und Nässe − erwar-

ten die Landwirtinnen und Landwirte. Aber bezahlen

sie auch genügend dafür? Nein! Ohne regelmässigen

Saatgutwechsel geht den Züchtungsfirmen der her-

kömmlichen Liniensorten das Geld aus. Zwar sind in der

EU bei Nachbau Lizenzgebühren seit Jahren festgelegt,

aber diese sind bei Nachbau auf viel zu tiefem Niveau

angesetzt. Das erklärt bereits, warum es weltweit viele

Züchterinnen und Züchter für Mais gibt: der stete Saat-

gutwechsel beim Hybridanbau ermöglicht Züchtungsfir-

E i n l e i t u n g

Vor hundert Jahren schrieb der ETH Professor A. Nowa-

cki, in dreissigjähriger Arbeit die Getreideerträge im

deutschen Kaiserreich von 1,1 auf 1,6 t/ha gesteigert zu

haben, sei sein Leistungsausweis. Bereits damals war der

mit Dampfschiffen aus Nordamerika importierte Brot-

weizen konkurrenzlos billig geworden. Die Europäer -

die Schweiz ausgenommen – hatten begonnen, engli-

schen und amerikanischen Massenweizen in ihre Sorten

einzukreuzen, ihr höherer Ertrag wurde allerdings mit

einer geringeren Backqualität erkauft (Porsche und Tay-

lor 2001). Nach dem Ersten Weltkrieg dachte man um

und beachtete für eine minimale Selbstversorgung

neben dem Ertrag auch die Backqualität. Heute stehen

Wie geht es weiter mit der Weizenzüchtung?

Peter Stamp1, Dario Fossati2, Fabio Mascher2 und Andreas Hund1

1ETH Zurich, Institut für Agrarwissenschaften, 8092 Zürich, Schweiz.2Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz

Auskünfte: Peter Stamp, E-Mail: [email protected]

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Die Züchterinnen und Züchter von Agroscope achten auf eine hohe Krankheitsresistenz ihrer Sorten.

Page 19: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Wie geht es weiter mit der Weizenzüchtung? | Pflanzenbau

287

Zusa

mm

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ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 286–291, 2014

In der Schweiz hat die staatliche Züchtung

von krankheitsresistentem Qualitätsweizen

eine lange Tradition, der Spielraum für deutli­

che Steigerungen des Ertragspotenzials ist

jedoch noch nicht ausgereizt. Anders sieht es

in der EU aus, wo die Züchtung fast aus­

schliesslich privat organisiert ist: dort wurde

vor 100 Jahren zunächst der Ertrag einseitig

gesteigert, bevor man sich später auf

Qualität rückbesann. Auch bei Massenwei­

zensorten stockt der Ertragsfortschritt mit

gerade einmal 1 % pro Jahr, für die globale

Ernährungssicherheit müssten es jedoch

2,5 % sein. Um dies zu erreichen, müsste man

sehr viel mehr investieren. Aber dem steht

der schwache Rückfluss von Lizenzeinnah­

men entgegen. In manchen Ländern hat der

Nachbauweizen einen Anteil von 50 %

erreicht. Imposante Ertragssprünge sind in

dieser Situation nicht zu erwarten, zumal der

Ernteindex − der Anteil der Korn­ an der

Gesamtsprossmasse − heute mit über 50 %

vermutlich am Optimum angekommen ist

und seine Rolle als Motor des Fortschritts

eingebüsst hat. Aber der Einsatz molekularer

Werkzeuge präzisiert und beschleunigt die

Züchtung −Methoden, die man auch oft

unter dem Begriff «smart­breeding» zusam­

menfasst. Hier stehen wir beim hexaploiden

Weizen erst am Anfang. Eine Verdoppelung

der Fotosyntheseeffizienz ist angedacht,

erfordert aber eine Neukonstruktion der drei

Milliarden Jahre alten Fotosynthese, und

lässt sich nicht in den nächsten Jahrzehnten

verwirklichen. Somit wird der intelligente

Einsatz ALLER Hilfsmittel nötig sein, um auf

den Klimawandel mit begleitenden Maßnah­

men zu reagieren, damit sich neue Sorten an

das rasante Wechselspielen von Nässe und

Trockenheit sowie Kälte und Hitze anpassen

können. Gleiches gilt für die Anpassung an

immer neue Schädlinge und Krankheiten in

einer globalisierten Welt.

men eine langfristige Investitionsplanung. Beim Weizen

liegt der Nachbau beispielsweise in Deutschland, Frank-

reich oder Italien um die 50 % (Curtis und Nilson 2012),

völlig unzureichend für eine weiterhin starke Züchtung

von Selbstbefruchtersorten wie Weizen und Gerste. In

der Schweiz nimmt der Nachbau erfreulicherweise

immer noch weniger als 10 % der Weizenflächen ein

(pers. Mitteilung Willi Wicki, DSP).

Stand der Züchtung gut, Zukunft muss gesichert werden

Im letzten Jahrhundert stiegen die in der Landwirtschaft

erreichten Erträge rasch an (Hategekimana et al. 2012).

Verglich man jedoch die oberirdische Gesamtmasse alter

und neuer Sorten bei optimaler Nährstoffversorgung

und ohne Lagerungsschäden, war der Züchtungsfort-

schritt gering. Meist begründete sich der Anstieg des

Kornertrages allein auf der Steigerung des Ernteindex,

d.h. der Anteil des Korns an der Sprossbiomasse stieg

von ca. 35 % auf über 50 % (Peltonen-Sainio et al. 2008).

Mit kurzen Halmen nahm die Standfestigkeit zu und

physiologisch optimale Stickstoffmengen konnten zu

den entscheidenden Wachstumsphasen gedüngt wer-

den. Übersichtsartikel belegen nun aber, dass in Europa

seit 20 Jahren kaum noch Steigerungen der Weizener-

träge zu verzeichnen sind. Dies liegt zum einen daran,

dass der bereits vor ca. drei Jahrzehnten erreichte Ernte-

index von über 50 % als Motor des Ertragsfortschrittes

ausfällt. Hinzu kommen in politische Verordnungen

gefasste Wünsche der Gesellschaft nach einer Ökologi-

sierung der Landwirtschaft und mutmasslich auch der

Klimawandel (Brisson et al. 2010). Die mit der Ökologi-

sierung einhergehende Verringerung von Steuerungs-

möglichkeiten bei Wachstum und Bestandesgesundheit

durch Düngung und Pflanzenschutzmittel macht es

schwierig, den Zuchtfortschritt genau zu erfassen. In der

Schweiz kommt noch hinzu, dass sehr stark auf Protein-

gehalt selektiert wird, was die Möglichkeiten einer

gleichzeitigen Ertragsmaximierung begrenzt. Allerdings

muss der Maximalertrag − erreicht, wenn die beste Sorte

bei intensiver Bestandesführung angebaut wird − mit

dem Feldertrag verglichen werden, der ökonomisch von

guten Landwirtinnen und Landwirten erreicht wird. Die-

ser liegt in fortschrittlichen Ländern wie Grossbritannien

bei etwa 80 % des Maximalertrages; auf der Basis des

Maximalertrags beträgt der Zuchtfortschritt pro Jahr

1 %, für eine globale Ernährungssicherheit im Jahre 2050

müsste er aber bei 2,5 % liegen (Fischer und Edmeades

2010)

Zuchtziele bleiben Ertrag und Qualität, neue Zug-

pferde für die Selektion müssen noch etabliert werden.

Seit Beginn des Brotweizenanbaus sind Steigerungen

von Ertrag und Qualität die Hauptziele der Züchtung.

Page 20: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Pflanzenbau | Wie geht es weiter mit der Weizenzüchtung?

288

Heute verstehen wir die biochemischen Grundlagen für

die Backqualität sehr gut. Es ist vor allem die Zusammen-

setzung des Glutens, der Speichereiweisse im Mehlkör-

per. Gluten besteht aus vielen kleinen Eiweisstypen, den

Gliadinen, sowie den ebenfalls zahlreich vertretenen

grossen Eiweisstypen, den Gluteninen. In einem sehr

komplexen Zusammenspiel bestimmen vorwiegend die

Glutenbestandteile die Backqualität. Zwar sind für deren

wichtigste Vertreter die genetischen Grundlagen schon

bekannt, aber noch wird dieses Wissen nicht gezielt

genug eingesetzt, um routinemässig im Labor eine Vor-

prüfung des Zuchtmaterials auf künftige Backeigen-

schaften zu machen (Gobaa 2007). Leider wissen wir

inzwischen auch, dass die Ernährungsqualität des Wei-

zeneiweisses nicht beliebig gesteigert werden kann, da

für die «Verklebung» der Eiweisse schwefelhaltige Ami-

nosäuren wesentlich sind; diese sind also technisch für

das Backen wichtig, aber diätetisch weitgehend bedeu-

tungslos. Zugleich erklären diese Aminosäuren auch,

warum es für hohe Brotweizenerträge bei über 12 %

Eiweiss eben auch genügend Schwefel im Boden braucht.

Die Umverteilung von Stroh zu Korn war für 100 Jahre

das Leitmerkmal für den ansteigenden Kornertrag,

gleichzeitig auch für die steigende Kornzahl pro Hektar.

Noch kennen wir kein vergleichbares starkes Leitmerk-

mal auf physiologischer oder molekularer Ebene, mit

dem sich die Erträge weiterhin rasch steigern lassen kön-

nen. Die Grünflächendauer nach Blüte ist zusammen mit

dem Ernteindex sicher sehr wichtig für gutes Kornwachs-

tum und -ertrag. Da die Grünflächendauer jederzeit

durch Krankheiten, Schädlinge, Hitze und Dürre gefähr-

det ist, erklärt sich die Wichtigkeit von biotischen und

abiotischen Toleranzen. So erreicht Wildweizen zwar

sehr hohe Fotosyntheseraten, aber die Blätter sterben

bald nach der Blüte ab. Unsere standfesten Weizensorten

sorgen bei guter Stickstoffversorgung für eine sehr lange

Grünflächendauer, doch die Grenzen dieser Selektions-

möglichkeit wird am Beispiel Mais deutlich, wo «Bleib-

Grün»-Typen im Extremfall bei grünen Blättern ernte-

reife Körner haben. Fazit daraus: es sind keine grossen

Sprünge in der Weizenzüchtung für die kommenden

Jahrzehnte in Sicht. Ein Lichtschimmer im reinen Wort-

sinn sind weltweite Beobachtungen bei Weizen und Mais,

dass erstmals eine verbesserte Fotosyntheseleistung in

Hochleistungssorten zum Zuchtfortschritt beiträgt

(Fischer und Edmeades 2010). In die gleiche Richtung weisen Berechnungen von Bio-

chemikern, denen zufolge die Pflanzenleistung theore-

Testung auf dem Feld

Selektion

Biologie

Genetik/Biotechnologie

Informatik

Inhaltsstoffe, Qualität

Agronomie

Physiologie,Phenomics

Abb. 2 | Moderne Züchtung ist die Vernetzung von komplexem Fachwissen.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 286–291, 2014

Page 21: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Wie geht es weiter mit der Weizenzüchtung? | Pflanzenbau

289

mehr als zwei Jahrzehnten läuft bereits eine intensive

Diskussion über die Nutzungspotentiale der Erkennt-

nisse auf molekularer Ebene, beständig angefeuert

durch Fortschritte in der Kenntnis von Aufbau und Funk-

tion einzelner Gene und ihrem sehr komplexen Zusam-

menspiel bei der Ausbildung von Eigenschaften der

Pflanze (Stamp und Visser 2012). Oft fokussiert sich das

Interesse leider nur auf die Gentechnologie und deren

Potential, durch Einfügung einzelner Gene/Allele Schwä-

chen einer sonst sehr guten Sorte zu beheben. Die mole-

kulare Genetik ist begrifflich der Gentechnologie über-

geordnet, sie umfasst die Entschlüsselung der Gesamtheit

aller Gene einer Pflanze − dem Genom − deren Zusam-

menspiel und deren Diagnostik. Ermöglicht die Gentech-

nik die Ergänzung oder Reparatur der genetischen Aus-

stattung, so erlauben von der Kenntnis wichtiger Gene

abgeleitete Marker die Selektion am Gen, international

mit MAS (marker assisted selection) abgekürzt. Ein neuer

Ansatz ist, die genomweite Anordnung vieler Marker zu

berücksichtigen, um den Wert einer zu selektierenden

Pflanze oder Linie zu bestimmen. Diese «genomische

Selektion» steckt bei Weizen allerdings noch in den Kin-

derschuhen. Oft wird die intelligente Integration aller

molekularbiologischen und konventionellen Techniken,

die es erlaubt, schneller und präziser zu züchten, als

«Smart-Breeding» bezeichnet (Lusser et al. 2012). Theo-

retisch könnte man bei der Auswahl der Kreuzungsel-

tern oder vor der Anerkennung ausgezeichneter Test-

tisch verdoppelt werden kann, in dem Enzymaktivitäten

und andere Prozesse mit grundlegenden Eingriffen an die

steigenden Konzentrationen von CO2 in der Atmosphäre

angepasst werden (Zhu et al. 2010). Dies ist Zukunftsmusik

und eine Aufgabe für die vor uns liegenden Jahrzehnte.

Momentan muss erforscht werden, wie sich vor allem die

Fotosyntheseausbeute während der Blüte verbessern lässt,

um die Anzahl Körner pro Fläche weiter steigern zu kön-

nen. Aktuell fehlen sofort umsetzbare Selektionsmerk-

male für die Züchtung. Dies ist eine der grossen Herausfor-

derungen für die moderne Molekularbiologie.

Zuchtfortschritt geht auch heute weiter

Der Fokus für die nächsten Jahre richtet sich auf die

Gesamtvitalität der Pflanze, einschliesslich einer verbes-

serten Toleranz gegenüber Krankheiten und Klima-

schwankungen. Auch dem Erfolg dieser Zuchtziele sind

natürlich Grenzen gesetzt, da Toleranzen der Pflanze oft

«Kosten verursachen», durch zusätzliche Stoffwechsel-

leistungen oder Wechselwirkungen mit Wachstumsvor-

gängen. Dies wurde bereits am Beispiel der Sorte Arina

richtungsweisend gezeigt (Ortelli et al. 1996). Anderer-

seits können wir zunehmend die neuen Selektionswerk-

zeuge der molekularen Genetik einsetzen. Sie stehen

seit langem im Zentrum des öffentlichen Interesses. Aber

die moderne Züchtung ist ein sehr komplexes Unterfan-

gen, das nur dann zur neuen Sorte führt, wenn die Züch-

terin / der Züchter alle Abläufe beherrscht (Abb. 2). Seit

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 286–291, 2014

Wilder Weizen

(T. boeticum)AA

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UnbekannterAegilops

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WeichweizenAABBDD

Walch(Aegilopstauschii)

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EmmerAABB

Wilder EmmerAABB

Abb. 3 | Abstammung des Brotweizens. (Quelle: www.sortengarten.ethz.ch)

Page 22: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

290

Pflanzenbau | Wie geht es weiter mit der Weizenzüchtung?

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linien mit «Smart-Breeding» untersuchen, ob alle

gewünschten Gene für Backqualität, Krankheitsresisten-

zen etc. vorhanden sind. Dies klingt gut, ist bei Weizen

aber gar nicht so schnell umzusetzen. So hat Reis ein sehr

kleines Genom, Brotweizen dagegen vereinigt gleich die

kompletten Genome von drei verschiedenen wenn auch

verwandten Wildweizenarten in sich, fünffach grösser

als beim Menschen (Abb. 3). Daher ist die Gesamtent-

schlüsselung des Weizengenoms erst 2009 an der Modell-

linie Chinese Spring gelungen, auf dieser Wissensbasis

entwickelte Sorten werden nicht vor 2030 erwartet

(Brenchley et al. 2012). Allerdings ist die Generkennung

in den letzten Jahren zwanzigfach billiger und sehr viel

schneller geworden. So können bereits heute viele

bekannte Eigenschaften mit Hilfe der DNA-Chip-Techno-

logie oder durch Sequenzierung diagnostiziert und

selektiert werden.

Die genetischen Ressourcen der Genbanken stellen

immer noch ein riesiges unerschlossenes Potential für

die Entdeckung unbekannter Gene dar, das mit der DNA-

Chip-Technologie erschlossen werden kann. Noch liegen

dort Hunderttausende alter Weizenlandsorten aus aller

Welt im Dornröschenschlaf. Wir wissen beispielsweise,

dass viele Krankheitsresistenzgene dort zu finden sind,

deren Erschliessungsmöglichkeit eine richtungweisende

Studie an der Universität Zürich aufzeigte (Bhullar et al.

2010). Die Züchterinnen und Züchter werden sich erst

dann dafür interessieren, wenn er das neue Gen oder

das neue Allel mit Hilfe von Markern schnell und präzise

in eine Zuchtsorte hinein platzieren kann, mit Hilfe der

Rückkreuzung oder eventuell durch den Einsatz der

Gentechnologie.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Seit mehr als hundert Jahren wird in der Schweiz Wei-

zen gezüchtet, die Aufgabe Gesundheit, Backqualität

und Ertrag auf hohem Niveau zu verbinden, bleibt

unverändert bestehen. Doch gibt es mittlerweile euro-

paweit ertragsstarke Sorten mit akzeptabler Backquali-

tät. Steigen grosse Firmen zudem in die Weizenzüch-

tung ein, werden wir wahrscheinlich eine Erhöhung der

Präzision und Schnelligkeit erleben, wie dies bereits bei

Mais der Fall ist. Dennoch hat auch das zwar kleine, aber

auf langjährigem fokussiertem Einsatz basierte Züch-

tungsprogramm der Agroscope ein erstaunlich hohes

Potenzial, diesen Herausforderungen zu begegnen.

Seine große Stärke sind engagierte, in der Züchtung

erfahrene und wissenschaftlich bestens ausgebildete

Fachleute; sie haben in der Vergangenheit bewiesen,

dass durch eine effiziente Zusammenarbeit mit der DSP

auch die staatliche Züchtung Marktchancen nutzen

kann. Zudem bietet die engräumig vernetzte Schweiz

grosse Chancen, die Züchtungsforschung von ETH und

kantonalen Universitäten mit Agroscope so abzustim-

men, dass eine Win-Win-Situation entsteht. Mit ande-

ren Worten, durch oft nur geringfügige Anpassung von

Zielen und Durchführung der Forschung können Wis-

senschaft und Züchtung gewinnen. Dies bedeutet keine

Abschottung, sondern zusätzliche Möglichkeiten, durch

internationale Kontakte wichtige Veränderungen im

internationalen Raum umzusetzen. Nur wer geben

kann, bekommt auch etwas. n

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 286–291, 2014

Page 23: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

291

Wie geht es weiter mit der Weizenzüchtung? | Pflanzenbau

Ria

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Sum

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The future of wheat breeding

Unlike the situation in the European Union,

where wheat breeding is almost exclusively

in the hands of the private sector, public

breeding of disease­resistant wheat with

high baking quality has a long­standing

tradition in Switzerland. Important increases

in yield potential are still possible here. After

World War I, wheat yield in other European

countries increased rapidly due to a focus on

mass production and a demand for high

baking quality. The current annual breeding

progress in mass­produced wheat remains at

1 %, and large investments would be

necessary to raise this rate to the 2.5 %

required for global food security. However,

investment does not pay back when seed

rotation is reduced to 50 % as it is the case in

some countries. Therefore, significant yield

leaps cannot be expected in the near future.

As the harvest index—the driving trait of

the Green Revolution—is close to its theo­

retical maximum above 50 % and thus no

longer drives progress, smart­breeding may

allow fast and precise breeding. Smart­

breeding combines cheap and efficient

molecular tools with new phenotyping

techniques to produce novel varieties, such

as hexaploid bread wheat. The theoretical

possibility of doubling the photosynthetic

efficiency is a silver line at the horizon, but it

demands fundamental changes to an

age­old breeding system. In the face of

climate change and ongoing globalization,

the reasonable use of new breeding tools

will help us develop new productive wheat

varieties that are tolerant to rapid changes

from hot to cold or flooding to drought and

are resistant to pests and diseases.

Key words: wheat breeding; breeding

investments; smart­breeding; baking quality.

L'avvenire del miglioramento genetico del

frumento

In Svizzera il contributo di istituzioni

pubbliche alla selezione di frumento può

vantare una lunga tradizione nella

produzione di varietà sane e di elevata

qualità panificabile ed esiste tuttora un

buon margine per migliorare il potenziale

di rendimento. Diversa è la situazione nel

resto d’Europa, dove la selezione è

prevalentemente organizzata da enti

privati. Un secolo fa la loro preoccupa­

zione primaria era la resa, ed è solo

qualche decennio più tardi che si assiste a

un riorientamento verso la qualità. Oggi

l’aumento di rendimento delle varietà più

comuni languisce intorno all’ 1 %, mentre

sarebbe necessario un aumento del 2,5 %

per nutrire la popolazione mondiale. Un

tale progresso necessiterebbe di maggiori

investimenti, che però mancano a causa

delle basse riscossioni legate alle licenze.

In certi Paesi il tasso di rinnovamento della

semenza è inferiore al 50 % e non ci si può

dunque aspettare salti impressionanti nei

rendimenti. Inoltre l’indice di resa, cioè la

percentuale di grano nella massa aerea

della pianta, si attesta intorno al 50 % e

ha probabilmente raggiunto l’optimum

biologico, perdendo il suo ruolo come

stimolo di progresso. D’altra parte, la

selezione diventa più precisa e celere

grazie all’impiego di metodi molecolari,

noti anche come «smart breeding». Per il

grano tenero si è ancora agli inizi. Si mira,

è vero, a un raddoppiamento dell’effi­

cienza fotosintetica, ciò comporta tuttavia

una ricostruzione dell’intero sistema

fotosintetico vecchio di 3 miliardi d’anni

che giungerà a completamento solo nel

prossimo secolo. Di conseguenza, l’im­

piego intelligente di tutti i mezzi a

disposizione è indispensabile per rispon­

dere al cambiamento climatico con nuove

varietà più adatte ai giochi d’alternanza

tra periodi umidi e di siccità, e ondate di

freddo e di calore. Lo stesso dicasi per

l’adattamento alla diffusione di nuovi

parassiti e malattie in un mondo sempre

più globalizzato.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 286–291, 2014

Page 24: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

292 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

pathie wird definiert als direkter oder indirekter, positi-

ver oder negativer Effekt einer Pflanze auf eine andere

mittels biochemischer Substanzen, die in die Umwelt

abgegeben werden (Rice 1984). In den meisten Fällen

handelt es sich um die hemmende Wirkung einer Pflanze

(Donor) auf die Entwicklung (Keimung und Wachstum)

einer anderen Pflanze (Akzeptor). Allelochemische Subs-

tanzen können von den Donorpflanzen durch Verduns-

tung, Auswaschung aus den Blättern, verrottende Pflan-

zenteile oder Wurzelausscheidungen freigesetzt werden.

Es ist sehr schwierig, die Konkurrenz um Wachstumsfak-

toren von den allelopathischen Effekten zu trennen.

Mehrere Autoren sind der Meinung, dass dies in natürli-

chen Systemen praktisch unmöglich ist (He et al. 2012;

Inderjit und del Moral 1997).

Um das Phänomen Allelopathie nachzuweisen, wer-

den die meisten Versuche im Labor oder im Gewächs-

haus unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. In

E i n l e i t u n g

Seit einigen Jahren nimmt der Zwischenfruchtanbau in

der Schweiz zu und wird von den Schweizer Behörden

gefördert. Zwischenfrüchte sind Pflanzenbestände, die

zwischen zwei Hauptkulturen angebaut, selbst aber

nicht geerntet werden (Arvalis 2011). Sie erbringen öko-

logische Leistungen wie die Verringerung von Nährstoff-

auswaschung, Stickstoff-Bereitstellung für die Folgekul-

tur, Schutz vor Erosion, Verbesserung der Bodenstruktur

sowie des Wasserhaushaltes, eine Verringerung des

Schädlingsdruckes auf die Kulturen und eine Reduzie-

rung des Unkrautwachstums (Justes et al. 2012). Bei der

Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte spielen

verschiedene Faktoren eine Rolle. Einerseits gibt es die

Konkurrenz um verfügbare Ressourcen wie Wasser,

Nährstoffe und Licht, andererseits gibt es eventuell alle-

lopathische Effekte der angepflanzten Kulturen. Allelo-

Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren Frédéric Tschuy, Aurélie Gfeller, Roger Azevedo, Caroline Khamissé, Lydie Henriet und Judith Wirth

Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz

Auskünfte: Judith Wirth, E-Mail: [email protected]

Übersicht über den Feldversuch. (Foto: Frédéric Tschuy)

P f l a n z e n b a u

Page 25: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren | Pflanzenbau

293

Zusa

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enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

Der Zwischenfruchtanbau in der Schweiz

nimmt aufgrund seiner umfangreichen ökolo­

gischen Leistungen immer mehr zu. Eine

wichtige Funktion von Zwischenfrüchten ist

die Unkrautunterdrückung, die auf zwei

Faktoren zurückzuführen ist. Einerseits die

Konkurrenz um Wachstumsfaktoren (Wasser,

Licht und Nährstoffe), andererseits eventu­

elle allelopathische Wechselwirkungen

(biochemische Interaktionen zwischen

Pflanzen). Um die Mechanismen der Unkraut­

unterdrückung durch Zwischenkulturen

besser zu verstehen, haben wir einen

Feldversuch durchgeführt, bei dem wir den

Effekt dreier Zwischenfrüchte auf das

Unkrautwachstum, vor allem Amarant,

untersucht haben. Dabei haben wir versucht

zu verstehen, welche Faktoren bei der

Unkrautunterdrückung eine Rolle spielen.

Dazu haben wir einen neuartigen Versuchs­

aufbau entwickelt, der es uns ermöglicht, die

Einflussfaktoren Beschattung durch die

Deckfrucht und allelopathische Wurzelinter­

aktionen zwischen Deckfrucht und Amarant

jeweils isoliert zu untersuchen. Im ersten

Versuchsjahr konnte der Konkurrenzfaktor

Licht stark reduziert werden, allerdings

gelang es uns aus methodischen Gründen

nicht, Wurzelinteraktionen komplett zu

verhindern. Die vorliegenden Zwischener­

gebnisse machen deutlich, dass die Lichtkon­

kurrenz bei der Unkrautunterdrückung im

Feld eine sehr wichtige Rolle spielt. Ein

allelopathischer Effekt der Zwischenfrüchte

bei der Wachstumshemmung der Unkräuter

konnte jedoch noch nicht nachgewiesen

werden.

vielen Studien werden oberirdische Pflanzenteile und/

oder Wurzeln mit Wasser oder Ethanol extrahiert, um

anschliessend Keimtests mit Testpflanzen wie Kresse

oder Salat durchzuführen (Kalinova und Vrchotova

2009). Unter natürlichen Bedingungen ist eine Studie

viel komplexer, da biotische und abiotische Interaktio-

nen im Boden das Vorhandensein allelopathischer Stoffe

beeinflussen können. Zudem können die unterschiedli-

chen Formen der Konkurrenz zwischen den Pflanzen die

gesuchten allelopathischen Effekte maskieren (Inderjit

und Callaway 2003). Für die vorliegende Studie wurden

drei Arten ausgewählt (Buchweizen, Sorghum, Brauner

Senf), die dafür bekannt sind, während ihres Wachstums

Unkräuter im Feld stark zu unterdrücken (Kumar et al.

2009; Tominaga und Uezu 1995; Weston et al. 2013). Ziel

dieses Feldversuchs ist es zu verstehen, warum wach-

sende Zwischenfruchtbestände Unkräuter unterdrücken.

Zugleich soll eine Methode entwickelt werden, mit der

die verschiedenen Konkurrenzfaktoren, vor allem die

Beschattung, von möglichen allelopathischen Effekten

getrennt werden können. Diese Methode soll dazu die-

nen verschiedene Arten oder Sorten von Zwischenfrüch-

ten bezüglich ihrer allelopathischen Wirkung zu charak-

terisieren und zu beurteilen. Sobald ein allelopathischer

Effekt bewiesen ist, werden wir versuchen, die Allelo-

chemikalien im Boden zu identifizieren und zu quantifi-

zieren.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Verwendetes Pflanzenmaterial

Das Saatgutmaterial wurde bei der Firma UFA-Samen

erworben. Folgende Arten und Sorten wurden ausge-

wählt: Fagopyrum esculentum Moench (Buchweizen,

Sorte Lileija), Sorghum bicolor Moench x Sorghum suda-

nense (Piper) Stapf (Hybridsorghum, Sorte Haykin) und

Brassica juncea (Brauner Senf, Sorte Vitasso). Die Samen

des Zurückgekrümmten Fuchsschwanz (Amaranthus ret-

roflexus) wurden von Herbiseed (Twyford, England)

geliefert.

Anlage des Feldversuchs

Nach dem Pflügen (22 cm tief) am 5. August 2013 wur-

den die drei Kulturen am 6. August auf einen lehmigen

Boden (29,1 % Ton, 42 % Schluff, 28,9 % Sand, 2,2 % OS,

pH 8) gesät. Die Vorfrucht war Luzerne (Medicago sativa),

welche am 30. März 2012 gesät worden war. Die Zwi-

schenfrüchte wurden mit einem Reihenabstand von

12,5 cm mit folgenden Saatmengen gedrillt: Buchweizen

75 kg/ha, Hybridsorghum 60 kg/ha und Brauner Senf mit

10 kg/ha. Jede Kultur wurde in einem Block von 48 m²

angelegt, wobei jeder Block in vier Teilflächen von glei-

Page 26: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Pflanzenbau | Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren

294

cher Grösse unterteilt war. Eine Kontrollparzelle mit

nacktem Boden wurde identisch vorbereitet. Am

12. August, (7 TnS (= Tage nach der Saat)), wurde eine

Düngergabe von 50 kg N/ha (27,5 % Ammoniumnitrat)

auf dem ganzen Versuch ausgebracht. Für die Versuchs-

variante Trennung der Rhizosphären wurden PVC-Rohre

(Durchmesser 10 cm, Länge 25 cm) zwischen den Saatrei-

hen der Zwischenfrüchte, sowie in der Kontrollparzelle

(Tab. 1 | Versuchsvarianten C, D und F, N=8, Abb. 2b) am

6. August direkt nach der Saat in den Boden geklopft.

Für die Versuchsvariante ohne Trennung der Rhizosphä-

ren wurden PVC-Ringe (Durchmesser 10 cm) zwischen

den Saatreihen der Zwischenfrüchte sowie in der Kont-

rollparzelle mit dem nackten Boden ausgelegt, um den

Amarant Testpflanzen die gleiche Fläche wie in den PVC-

Rohren zuzuweisen (Tab. 1 | Versuchsvarianten A, B und E,

N=8, Abb. 2a). Am selben Tag wurden etwa 30 Amarant

Samen in die Rohre und in die Ringe gesät. Am 23. August

(18 TnS) wurden die Amarant Pflanzen auf fünf Pflanzen

pro Rohr beziehungsweise pro Ring ausgedünnt, damit

in allen Varianten die gleiche Anzahl Pflanzen vorhan-

den war. Für die Versuchsvariante Beschattung der Ama-

rante, die es ermöglicht den Konkurrenzfaktor Licht zu

untersuchen, wurden am 26. August (21 TnS) starre

Metallnetze (1,2 × 0,5 m, Maschenweite 12 mm) zwi-

schen die Pflanzreihen positioniert (Tab. 1 | Versuchsvari-

anten B und D, N=4; Abb. 1).

Bodenanalyse

Am 6. August wurde in jedem Block eine Bodenprobe

gezogen, um die verfügbaren Nährstoffgehalte an P, K

und Mg (Wasserextraktion) und die entsprechenden

Reservenährstoffgehalte (Extraktion mit Ammoniumace-

tat + EDTA) zu analysieren. Am 9. und 27. September (35

und 53 TnS) wurde der Boden in jedem Block auf verfüg-

bares P, K und Mg (Extraktion mit CO2 gesättigtem Wasser

gemäss Dirks-Scheffer) untersucht. Am 3. und 27.  Sep-

tember (29 und 53 TnS) wurden Nmin Gehalte gemessen

(mit Ionen-Austausch-Chromatographie) (Agroscope ART

undACW 2010).

Messung der photosynthetisch aktiven Strahlung

Die PAR (photosynthetically active radiation) wurde zu

verschiedenen Zeitpunkten während des Versuchs (25,

31, 39, 45 et 49 TnS) mit einem LI-191 Line Quantum Sen-

sor (LI-COR Biosciences) gemessen. Die Messungen wur-

den stets zur Mittagszeit beim höchsten Sonnenstand

vorgenommen. Die photosynthetisch aktive Strahlung

wurde jeweils knapp oberhalb des Pflanzenbestandes

und auf Bodenniveau gemessen. Die Fraktion des

zurückgehaltenen photosynthetisch aktiven Lichts

(absorbierte PAR) wurde nach folgender Formel berech-

net: (1 - (PAR Bodenniveau / PAR Niveau Pflanzen-

bestand)) * 100.

Abb. 1 | Versuchsvarianten B und D im Buchweizenbestand am 28. August (23 TnS). Zwischen zwei Netzen befinden sich zwei PVC-Rohre und zwei Ringe mit je fünf Amarant Pflanzen. Die Netze drücken das Blattwerk zur Seite, damit die Amarant Pflanzen nicht beschattet werden. (Foto: Frédéric Tschuy, Agroscope)

Abb. 2 | A) Versuchsvarianten mit Ring (A, B, E) und B) PVC-Rohr (C, D, F) am 28 August (23 TnS) im nackten Boden. In jedem Ring und Rohr wachsen fünf Amarant Pflanzen.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

A) B)

Page 27: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren | Pflanzenbau

295

sche Transformation der Daten vorgenommen werden.

Mit dem Bonferroni-Test wurden multiple Mittelwert-

vergleiche durchgeführt um signifikante Unterschiede

zwischen den Gruppen (p<0,5) festzustellen.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Vollständige Unterdrückung der Unkräuter

Die Unterdrückung der Unkräuter durch die drei Zwi-

schenkulturen war praktisch vollständig (Tab. 2). In den

drei Blöcken mit den Zwischenfrüchten war das Unkraut-

wachstum im Vergleich zur Kontrollparzelle mit nack-

tem Boden um 99 bis 100 % reduziert. Diese Beobach-

tungen decken sich mit Ergebnissen aus früheren

Feldversuchen (Ergebnisse nicht gezeigt) sowie mit

jenen anderer Forschergruppen (Kumar et al. 2009; Wes-

ton et al. 2013). Allerdings war der Unkrautdruck 2013,

im Vergleich zu den vorherigen Jahren, sehr gering. In

einem anderen Feldversuch 2012 wuchsen durchschnitt-

lich 181 g Unkräuter/0,25 m² in der Kontrollparzelle mit

nacktem Boden im Vergleich zu lediglich 64 g Unkräu-

ter/0,25 m² 2013. Wir vermuten, dass der eineinhalbjäh-

rige Anbau von Luzerne ein sehr sauberes Feld hinterlas-

sen hat. Zudem mussten wir feststellen, dass das

Auftreten von Zurückgekrümmtem Fuchsschwanz in

unserem Versuch, im Vergleich zum Versuch 2012, sehr

schwach war. In den sechzehn Zählrahmen des Versuchs

(vier pro Block) wurden folgende Pflanzenarten

Bestimmung der Trockenmasse der Amarant Pflanzen

Am 27. September (53 TnS) wurden die in den Rohren

und Ringen wachsenden Amarant Pflanzen auf Boden-

niveau abgeschnitten. Das so geerntete Pflanzenmate-

rial wurde während 24 Stunden bei 50 °C getrocknet

und anschliessend gewogen um die Trockenmasse (TM)

zu bestimmen.

Bestimmung der Trockenmasse der Unkräuter

Am 7. August (2 TnS) wurden vier Zählrahmen (0,25 m²)

zufällig in jedem Block ausgelegt um Anzahl und Bio-

masse der Unkräuter in den Pflanzenbeständen wäh-

rend des Versuches bestimmen zu können. Am 1. Okto-

ber (57 TnS) wurden die in diesen Rahmen vorhandenen

Unkräuter bestimmt, gezählt und auf Bodenniveau

abgeschnitten. Danach wurden die so geernteten Pflan-

zen während 48 Stunden bei 50 °C getrocknet und

anschliessend gewogen.

Statistische Analysen

Die Daten wurden mit R studio 3.0 analysiert. Für jede

Pflanzenart wurde ein Shapiro-Wilk-Test auf Normalver-

teilung der Daten durchgeführt. Die Homogenität der

Varianzen wurde anschliessend mit dem Levene-Test

überprüft. Eine nicht-parametrische Analyse wurde mit

Hilfe des Statistikpaketes Rfit (Rank-based Estimation for

Linear Models) (Kloke et McKean 2012) durchgeführt.

Für Buchweizen und Sorghum musste eine logarithmi-

VersuchsvarianteTrennung der Rhizosphären

Wurzel-interaktionen

NetzBeschattung der

AmaranteVorhandensein einer

Zwischenfrucht

A (-P, -N) nein ja nein ja ja

B (-P, +N) nein ja ja nein ja

C (+P, -N) ja nein nein ja ja

D (+P, +N) ja nein ja nein ja

E (-P) nein – – nein nein

F (+P) ja – – nein nein

Tab. 1 | Versuchsaufbau im Feld. P = PVC-Rohr, N = Netz, - = Fehlen, + = Vorhandensein

Zwischenfrucht TM Unkräuter/0,25 m² (g) Reduktion im Vergleich zur Kontrolle nackter Boden (%)

Brauner Senf 0,09 ± 0,0 a -100*

Sorghum 0,73 ± 0,4 a -99*

Buchweizen 0,15 ± 0,0 a -100*

Nackter Boden 64,03 ± 9,2 b

Tab. 2 | Die Trockenmasse (TM) der Unkräuter pro 0,25 m² wurde 57 TnS bestimmt. Die Daten zeigen Mittelwerte aus vier Wiederholungen sowie Standardfehler. Mittelwerte mit unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifikant voneinander (p ≤ 0,05). Mit einem Sternchen gekennzeichnete Prozentwerte sind statistisch signifikant

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

Page 28: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Pflanzenbau | Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren

296

bestimmt: Hühnerhirse (Echinochloa crus-galli), Weisser

Gänsefuss (Chenopodium album), Vielsamiger Gänsefuss

(Chenopodium polyspermum), Luzerne (Medicago

sativa), Sonnwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia),

Gewöhnliches Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris),

Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense) und Raue

Gänsedistel (Sonchus asper). Die Zählrahmen in der Kon-

trollparzelle enthielten im Mittel elf Unkrautpflanzen.

Bodenfruchtbarkeit

Zu Beginn des Versuchs (06.08.13) war die Menge der

Reservenährstoffe im Boden ausreichend (P und K) bis

reichhaltig (Mg) (Tab. 3A). Die Menge an verfügbarem

P und K (Korrekturfaktor gemäss Düngungsnorm: 1.0)

war während der gesamten Versuchsdauer ebenfalls

ausreichend, die Mg-Gehalte hingegen waren mittel-

mässig (Korrekturfaktor gemäss Düngungsnorm: 1.4)

(Tab. 3B) (Sinaj et al. 2009). Auf Grund dieser Ergebnisse

gehen wir davon aus, dass alle Zwischenfrüchte gut mit

Nährstoffen versorgt und keiner Mangelsituation

unterworfen waren. Was die Stickstoffversorgung

angeht, so hat die Düngergabe von 50 kg N/ha Anfang

August bis zum Versuchsende (Messung vom 27.09) ein

optimales Stickstoffangebot für die Entwicklung der

Pflanzen gewährleistet (Tab. 3C). Die Ergebnisse zeigen

auch, dass die Nährstoffgehalte zwischen den verschie-

denen Versuchsvarianten (darunter auch der nackte

Boden) während der gesamten Wachstumsperiode sehr

ähnlich waren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es wahr-

scheinlich keine Konkurrenz um die Makronährstoffe P,

K, Mg und N gab, da die Pflanzen während der gesam-

ten Versuchsdauer ausreichend versorgt waren. Indessen

kann man nicht ausschliessen, dass andere Makronähr-

stoffe und/oder Mikronährstoffen in un zureichenden

Mengen vorlagen. Ebenso lässt sich nicht ausschliessen,

dass allelopathische Substanzen im Boden eventuell die

Nährstoffaufnahme durch die Amarant Pflanzen beein-

flusst haben. Es konnte gezeigt werden, dass die Aus-

scheidung des Phytotoxins 8HQ (8-hydroxy-Quinolin)

durch die Sparrige Flockenblume (Centaurea diffusa

Lam.) die Aufnahme von Metallen, insbesondere von

Eisen, erleichtern kann (Tharayil et al. 2009). Um mögli-

che Effekte der Wurzelausscheidungen der Zwischen-

früchte auf die Nährstoffaufnahme durch Amarant zu

untersuchen, ist es in unserem nächsten Feldversuch

unter anderem vorgesehen, den Nährstoffgehalt in den

Amarant Blättern zu messen.

 A Reservenährstoffe (mg/kg)

P K Mg

Datum 06.08.

Brauner Senf 42 143 337

Sorghum 47 144 340

Buchweizen 49 149 289

Nackter Boden 42 141 329

 B Verfügbare Nährstoffe (mg/kg)

P K Mg

Datum 06.08. 09.09. 27.09. 06.08. 09.09. 27.09. 06.08. 09.09. 27.09.

Brauner Senf 3,1 1,8 1,8 19,0 19,0 20,0 6,1 4,8 5,2

Sorghum 3,4 2,0 2,2 19,3 16,0 17,0 7,1 5,6 5,8

Buchweizen 2,5 1,8 1,7 19,8 16,0 17,0 7,4 6,0 6,2

Nackter Boden 2,6 1,6 2,1 18,9 15,0 18,0 6,6 5,2 5,4

C Nmin (kg N/ha)

Datum 03.09. 27.09.

Brauner Senf 22,6 16,8

Sorghum 34,4 23,8

Buchweizen 31,4 23,2

Nackter Boden 56,2 23,3

Tab. 3 | Die Reservenährstoffe im Boden wurden am 6.8. bestimmt (A). Die verfügbaren Nährstoffe im Boden wurden am 6.8., am 9.9. und am 27.9. bestimmt (B). Nmin wurde am 3.9. und am 27.9. gemessen (C). Am 12.8. wurden 50 kg N (Ammoniumnitrat 27,5 %)/ha ausgebracht.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

Page 29: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren | Pflanzenbau

297

rante, genauer gesagt der Unterschied zwischen den

Versuchsvarianten D (keine Lichtkonkurrenz, keine Wur-

zelinteraktionen) und A (starke Beschattung, Wurzelin-

teraktionen) war für die drei Kulturen sehr hoch (zwi-

schen 76 und 97 %) (Tab. 4A und B). In unserem Versuch

lässt sich der Gesamteffekt der Wachstumsreduzierung

durch die Beschattung erklären (Tab. 4B, Effekt des

Lichts). Es scheint daher, dass der Faktor Beschattung

allein für die Wachstumshemmung der Amarante ver-

antwortlich ist.

Wurzelinteraktionen

Im Feldversuch konnte kein wachstumshemmender

Effekt der Wurzelinteraktionen auf die Amarant Ent-

wicklung aufgezeigt werden (Tab. 4B, Effekt des Rohrs).

Ausser beim Braunen Senf, führte das Vorhandensein

der PVC-Rohre (Trennung der Rhizosphären) zu keinem

Konkurrenzfaktor Beschattung

Der Anteil der photosynthetisch aktiven Strahlung der

durch die Zwischenkulturen absorbiert wurde, konnte

durch PAR Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten (25

bis 49 TnS) bestimmt werden. Dabei wird deutlich, dass

die drei Pflanzenbestände 39 TnS das Licht praktisch

vollständig absorbieren (zwischen 97 und 98 %, Abb. 3,

Buchweizen S, Sorghum S und Brauner Senf S). Der Sor-

ghum Bestand (Sorghum S) hat sich dabei am langsams-

ten entwickelt. Durch die Installation der Netze (Abb. 1)

konnte die Beschattung der Amarant Pflanzen beträcht-

lich reduziert werden (absorbierte PAR zwischen 0 bis

9 %, Abb. 3, Buchweizen N, Sorghum N und Brauner Senf

N). Durch das Ausschalten der Lichtkonkurrenz konnte

der Beschattungseffekt der verschiedenen Zwischen-

früchte auf das Amarant Wachstum untersucht werden.

Der Gesamteffekt der Wachstumsreduzierung der Ama-

A TM pro Amarant (mg)

Variante Buchweizen Sorghum Brauner Senf

A (-P -N) 24 ± 9 a 232 ± 49 a 34 ± 12 a

B (-P +N) 670 ± 191 b 1429 ± 305 b 264 ± 47 b

C (+P -N) 20 ± 3 a 273 ± 64 a 39 ± 13 a

D (+P +N) 746 ± 127 b 969 ± 54 b 521 ± 54 c

B Gesamteffekt (%) Effekt des Lichts (%) Effekt des Rohrs (%)

Zwischenfrucht (D vers. A) (B vers. A) (D vers. C) (C vers. A) (D vers. B)

Buchweizen -97* -96* -97* 18 -10

Sorghum -76* -84* -72* -15 48

Brauner Senf -93* -87* -93* -11 -49*

Tab. 4 | TM pro Amarant (mg) 53 TnS in den drei Zwischenfruchtbeständen für die Versuchsvarianten A bis D (A). Die Daten zeigen Mittel-werte aus acht Wiederholungen sowie Standardfehler. P = PVC-Rohr; N = Netz; - = Fehlen; + = Vorhandensein. Wirkung (%) zwischen den Versuchsvarianten (B). Mittelwerte mit unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifikant voneinander (P ≤ 0,05). Mit einem Sternchen gekennzeichnete Prozentwerte sind statistisch signifikant.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

25 31 39 45 49

abso

rbie

rte

PAR

(%)

Tage nach der Saat (TnS)

Buchweizen N

Sorghum N

Brauner Senf N

Buchweizen S

Sorghum S

Brauner Senf S

Abb. 3 | Die absorbierte photosynthetisch aktive Strahlung (PAR) wurde zur Mittagszeit zwischen den Netzen (N) und innerhalb der verschiedenen Pflanzenbestände (S) 25, 31, 39, 45 und 49 TnS gemessen. Die Daten zeigen Mittelwerte aus vier Wiederholungen sowie Standardfehler. N = Netz, S = Schatten

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Page 30: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

298

Pflanzenbau | Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren

signifikantem Effekt auf das Amarant Wachstum (Brau-

ner Senf -11 und -49 %, Sorghum -15 und 4 %, Buchwei-

zen 18 und -10 %, Vergleich der TM von Amarant bei

Vorhandensein und Fehlen der PVC-Rohre). Im Gegen-

satz zur Beschattung, kann der Gesamteffekt der Wachs-

tumsreduzierung der Amarante daher nicht durch die

vorhandenen Wurzelinteraktionen erklärt werden. Auf-

grund versuchstechnischer Probleme konnte die Tren-

nung der Rhizosphären im Feldversuch allerdings nicht

vollständig gewährleistet werden. In der Tat konnte die

Trennung der Rhizosphären durch ein Rohr nicht verhin-

dern, dass es zu Wurzelkontakten zwischen dem Unkraut

und den verschiedenen Zwischenfrüchten kam. Die

Methode mit dem Rohr wurde gewählt, da das Rohr

nach der Saat in den Boden geklopft werden konnte,

ohne graben und die Bodenstruktur verändern zu müs-

sen. Die lange Pfahlwurzel der Amarant Pflanzen hat

allerdings wahrscheinlich schon nach circa 15 Tagen das

untere offene Ende der PVC-Rohre erreicht (Beobach-

tung aus einem nachfolgenden Versuch in der Klima-

kammer, Ergebnisse nicht gezeigt). Die Wurzeln der Zwi-

schenfrüchte hatten also Kontakt mit den Amarant

Wurzeln. Trockenperioden während des Versuchs haben

möglicherweise zu Wasserstress der Kulturen geführt.

Wasserkonkurrenz zwischen den Zwischenkulturen und

den Unkräutern kann daher nicht ausgeschlossen wer-

den. Es ist erwiesen, dass das Vorhandensein von Hüh-

nerhirse (Echinochloa crus-galli) die Ausscheidung von

allelopathischen Molekülen bei Reis induziert (Zhao et

al. 2005). Es ist daher möglich, dass Unkräuter als ökolo-

gischer Auslöser vorhanden sein müssen, um die allelo-

pathische Wirkung der untersuchten Zwischenkulturen

auszulösen. Die geringe Unkrautdichte (besonders von

Amarant) in unserem Versuch könnte daher erklären,

weshalb die Wurzelinteraktionen keinen Effekt auf das

Amarant Wachstum hatten. Es ist auch möglich, dass ein

dichter, sich rasch entwickelnder Zwischenfruchtbestand

genügend Beschattung verursacht, um das Unkraut-

wachstum praktisch vollständig zu unterdrücken. Die

Zwischenfrüchte hätten somit keinen «Bedarf» Wurzel-

ausscheidungen zu produzieren um die Konkurrenz-

pflanzen zu unterdrücken. Das hätte zur Folge, dass alle-

lopathische Effekte nicht während der gesamten

Vegetationsperiode zu beobachten sind, sondern ledig-

lich während bestimmter Entwicklungsphasen der

Pflanze, insbesondere in den ersten Entwicklungsstadien

vor der Etablierung eines dichten Bestandes.

Dennoch kann die Unkrautunterdrückung im Feld

nicht allein durch den Deckungsgrad der Zwischenkultu-

ren erklärt werden (Gebhard et al. 2013). In einem Topf-

versuch in der Klimakammer mit denselben Versuchsva-

rianten (Dauer 28 Tage) konnte gezeigt werden, dass

Wurzelinteraktionen zwischen Unkraut und Zwischen-

frucht vorhanden sein müssen um das Amarant Wachs-

tum durch Buchweizen und Sorghum zu unterdrücken.

Der das Wachstum unterdrückende Effekt auf den Ama-

rant war grösser wenn sowohl Beschattung als auch

Wurzelinteraktionen vorhanden waren. Der beobach-

tete Effekt war bei Buchweizen stärker als bei Sorghum.

Im Klimakammerversuch konnten Wasser und Nährstoff-

konkurrenz durch regelmässige Bewässerung und opti-

male Nährstoffgaben ausgeschlossen werden. Zu bemer-

ken ist jedoch, dass der Klimakammerversuch kürzer als

der Feldversuch war und dass der Buchweizenbestand

53 TnS im Feld sehr dicht war im Vergleich zum Topfver-

such in der Klimakammer 28 TnS. Diese Ergebnisse lassen

uns hoffen, dass wir nach einigen Veränderungen des

Versuchsaufbaus, das Vorhandensein oder das Fehlen

allelopathischer Effekte unter Feldbedingungen nach-

weisen können.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

•• Der vorliegende Feldversuch wurde durchgeführt um

das Phänomen Allelopathie vom Konkurrenzfaktor

Licht getrennt zu untersuchen.

•• Wir haben eine Methode entwickelt, die es ermöglicht

die Beschattung der Unkräuter durch Zwischenfrüchte

effizient zu verhindern und konnten zeigen, wie

wichtig Lichtkonkurrenz zwischen den Pflanzen ist.

•• Die Nährstoffkonkurrenz konnte kontrolliert werden

und wir gehen davon aus, dass dieser Faktor für die

Ergebnisse nicht entscheidend war.

•• Wasser spielte in dem Versuch nur eine marginale

Rolle. Es wäre jedoch wünschenswert seinen Einfluss

besser in den Griff zu bekommen.

•• Die Trennung der Rhizosphären konnte durch 25 cm

lange PCV-Rohre nicht gewährleistet werden.

Weitere Versuche sind notwendig um allelopathische

Effekte in situ auf dem Feld verstehen und nachweisen

zu können. n

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

Page 31: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

299

Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte: Analyse verschiedener Faktoren | Pflanzenbau

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Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 292–299, 2014

Weed suppression by cover crops: analyzing

different factors

Cover crops represent an increasingly widespread

agricultural technique in Switzerland as they provide

different ecosystem services. One important role of

cover crops is weed control, which can be explained

by resource competition (for water, nutrients and

light) and allelopathic effects (biochemical interac­

tions between plants). To better understand the

phenomenon of weed suppression by cover crops, we

set up a field experiment that has allowed us to

measure the effect of three cover crops on weed

growth, particularly amaranth. In addition, we tried

to understand the role of different weed growth

suppression factors by using a new experimental

approach. It allowed us to study separately the factor

of light competition by the plant cover and the

allelopathic root interactions between the cover crops

and the amaranth plants. In this first year of the trial,

light competition could be strongly reduced, but root

interactions in the field could not be prevented

completely due to methodological reasons. The

intermediate results have demonstrated clearly the

important role of light competition for weed control

in the field. The role of allelopathy in weed suppres­

sion by cover crops remains to be identified.

Key words: cover crops, weed suppression,

buckwheat, sorghum, brown mustard, resource

competition, allelopathy, root interactions.

Soppressione delle avventizie mediante

coperture vegetali: diversi fattori analizzati

Le colture intercalari rappresentano una tecnica

colturale sempre più diffusa in Svizzera grazie ai

loro servizi ecosistemici, tra i quali la soppressione

delle avventizie. Questo fenomeno può essere

spiegato dall’azione congiunta di fattori di

competizione (per acqua, luce ed elementi

nutritivi) e di eventuali fenomeni allelopatici

(interazioni biochimiche tra le piante). Per meglio

comprendere i fenomeni di soppressione delle

avventizie attraverso le coperture vegetali,

abbiamo realizzato una prova in campo che

permette di misurare l’effetto di tre coperture sulla

crescita delle avventizie, in particolare, l’amaranto.

Inoltre, abbiamo tentato di comprendere il ruolo

dei diversi fattori di soppressione attraverso

l’istallazione di un nuovo dispositivo sperimentale.

Si trattava di studiare separatamente l’effetto

dovuto alla competizione per la luce attraverso le

coperture e l’effetto dovuto ai fenomeni allelopa­

tici in seguito a interazioni radicali tra le coperture

e gli amaranti. Durante questo primo anno di

prova, la competizione per la luce ha potuto essere

fortemente ridotta; tuttavia, per ragioni metodolo­

giche, le interazioni radicali non hanno potuto

essere completamente soppresse in campo. I

risultati intermedi hanno mostrato il ruolo impor­

tante della concorrenza per la luce nel controllo

delle avventizie in campo, mentre non è ancora

stato possibile osservare il ruolo dell’allelopatia.

Page 32: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

300 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 300–305, 2014

in anderen Bakterien, die Streptomycin ausgesetzt wer-

den, entstehen Mechanismen, um die tödliche Wirkung

des Antibiotikums zu umgehen und zu verhindern – es

entwickeln sich Streptomycin-Resistenzen.

Eine Streptomycin-Resistenz kann vielerlei Ursachen

haben. Eine Modifikation der Ribosomen durch geneti-

sche Mutationen kann dazu führen, dass das Streptomy-

cin nicht mehr an Ribosomen binden kann und somit

nicht mehr in der Lage ist, die Proteinsynthese zu hem-

men. Eine weitere Möglichkeit sind Resistenzgene (z. B.

E i n l e i t u n g

Das Antibiotikum Streptomycin wurde erstmals 1943

aus  dem Bakterium Streptomyces griseus isoliert. Die

Ent deckung seiner besonders guten Wirkung gegen

den  Tuberkulose-Erreger (Mycobacterium tuberculosis)

wurde 1952 gar mit dem Nobelpreis für Medizin gewür-

digt. Streptomycin hemmt die bakterielle Proteinsyn-

these an den Ribosomen, was zum Absterben der Bakte-

rien führt. In Streptomyceten selber, und natürlich auch

Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der UmweltFiona Walsh1, Cosima Pelludat2, Brion Duffy3, Daniel P. Smith4,

Sarah M. Owens4, Jürg E. Frey2, Eduard Holliger2

1National University of Ireland, Department of Biology, Maynooth, Co Kildare Ireland2Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz3 ZHAW Life Sciences und Facility Management, Umweltgenomik und Systembiologie,

Grüental, 8820 Wädenswil, Schweiz4Argonne National Laboratory, 60439 Illinois, United States

Auskünfte: Fiona Walsh, E-Mail: [email protected]

Apfelanlage in Vollblüte.

U m w e l t

Page 33: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt | Umwelt

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ssu

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Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 300–305, 2014

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)

liess 2008 den Einsatz von Streptomycin zur

Bekämpfung von Feuerbrand unter kontrol­

lierten Bedingungen zu. Es knüpfte diese

Zulassung an die Auflage, die behandelten

Flächen auf die Entwicklung von Antibiotika­

resistenzen hin zu beobachten.

Agroscope in Wädenswil führte dazu eine

erste quantitative Analyse von mobilen

Streptomycin­, Tetrazyklin­Resistenzgenen

(strA, strB, aadA, tetB, tetM, tetW) und der

Insertionssequenz IS1133 in Streptomycin­

behandelten Kernobstanlagen durch. Von

drei Streptomycinbehandelten Apfelanlagen

wurden in den Jahren 2010, 2011 und 2012

Blüten­, Blätter­ und Bodenproben entnom­

men. Die Häufigkeit und Verteilung der

Resistenzgene wurden zu verschiedenen

Zeitpunkten und in Abhängigkeit der

Behandlung untersucht. Die mobilen Strepto­

mycin­ und Tetrazyklinresistenzgene konnten

bereits vor der Streptomycin­Applikation in

fast allen Proben nachgewiesen werden, was

das Vorkommen dieser Resistenzgene in der

Natur dokumentiert. Statistisch relevante

Anstiege in der Häufigkeit der Resistenzgene

traten gelegentlich auf, waren aber nicht

konstant und traten im Folgejahr nicht

wieder auf. Zusätzlich wurde in der Studie

die bakterielle Zusammensetzung in Boden­

proben mit und ohne Streptomycin­Applika­

tion untersucht. Es zeigten sich ebenfalls

keine signifikanten und konstanten Verände­

rungen.

strA (aph3), strB (aph6) und aadA (ant3)), welche auf

mobilen DNA-Elementen liegen und für Enzyme kodie-

ren, die Streptomycin inaktivieren. Solche mobilen Resis-

tenzgene können nicht nur innerhalb einer Bakterien-

spezies, sondern auch an «verwandte» Bakterien

weitergegeben werden. Es sind vor allem diese mobilen

Resistenzgene, die in der Humanmedizin für die Aus-

breitung von Antibiotika-Resistenzen verantwortlich

sind und Befürchtungen wecken, dass ein Resistenzgen-

transfer vom Agro-Ökosystem in das Umfeld humanpa-

thogener Bakterien erfolgt.

Agroscope konnte im Vorfeld der hier beschriebenen

Untersuchungen zeigen, dass die in Apfelanlagen appli-

zierten Streptomycin-Formulierungen keine Resistenz-

gene enthalten (Rezzonico et al. 2009). Antibiotika-Resistenzen kommen natürlicherweise

in Bakterien vor. Es ist jedoch weitgehend ungeklärt,

wie hoch der Anteil der natürlich vorkommenden, anti-

biotikaresistenten Bakterien ist, und in welchem Aus-

mass dieser durch menschliche Einwirkung verändert

wird. Es konnte bereits festgestellt werden, dass die

Düngung mit Gülle von antibiotikabehandeltem Mast-

vieh die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in der

Umwelt fördert. Die letzten 35 Jahre zeigten zudem,

dass das Auftreten von Resistenzen gegen bestimmte

Antibiotika mit deren Einsatz in der Viehzucht korre-

liert. Daher wird in der Europäischen Union und in der

Schweiz der Antibiotika-Einsatz in der Viehzucht streng

reguliert und überwacht.

Feuerbrand ist eine Pflanzenkrankheit, die wichtige

Kulturpflanzen wie beispielsweise Apfel, Birne und

Quitte befällt und durch das Bakterium Erwinia amylo-

vora ausgelöst wird. Bei starkem Feuerbrandbefall müs-

sen Einzelbäume oder ganze Kernobstanlagen gerodet

werden, um ein Ausbreiten und Übergreifen der Krank-

heit auf umliegende Pflanzen zu verhindern. In den USA

wird deshalb in Obstanlagen schon seit 1955 Streptomy-

cin zur Bekämpfung des Feuerbrandes eingesetzt. Strep-

tomycin weist gegen Blüteninfektionen eine Wirksam-

keit zwischen 70% bis 90% auf und ist damit zur Zeit der

beste Wirkstoff gegen den Feuerbrand. Um einer Aus-

breitung antibiotikaresistenter Bakterien in der Nah-

rungskette und dem damit verbundenen möglichen

Gesundheitsrisiko vorzubeugen, besteht jedoch in der

EU für Streptomycin keine Zulassung im Obstbau. Aus-

nahmen sind Deutschland und Österreich, in denen die-

ser Wirkstoff für die Feuerbrandbekämpfung durch eine

Notfallzulassung bewilligt wurde.

Ein Jahr nach dem katastrophalen Feuerbrandjahr

2007 liess das Bundesamt für Landwirtschaft erstmals

einen örtlich begrenzten und befristeten Einsatz von

Streptomycin zur Bekämpfung von E. amylovora in Kern-

obstanlagen in der Schweiz zu. Nur während der Blüte-

zeit und unter sehr strengen Auflagen durften bis zu

maximal drei Anwendungen in den blühenden Anlagen

erfolgen, bei denen das Antibiotikum in einer Aufwand-

menge von rund 130 Gramm Wirkstoff pro Hektare

appliziert wurde. Um die Auswirkungen dieser Strepto-

mycin-Applikationen auf die Umwelt zu evaluieren,

führte Agroscope in Wädenswil im Auftrag der EFBS

(Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicher-

heit) während drei Jahren (2010 – 2012) eine detaillierte

Studie durch.

Page 34: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Umwelt | Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt

302

M a t e r i a l u n d M e t h o d e

Versuchsaufbau

In dieser Studie wurden die bakteriellen Populationen

von Boden-, Blätter und Blütenproben verschiedener

Streptomycin-behandelter Apfelanlagen (Wädenswil,

Güttingen, Lindau ZH) untersucht. Da in den USA auch

das Antibiotikum Tetrazyklin bei der Bekämpfung des

Feuerbrands eingesetzt wird, wollten wir auch eine

eventuelle Kreuzwirkung der Streptomycin-Applikation

auf die Tetrazyklin-Resistenz untersuchen. Deshalb wur-

den alle Proben mit einer für die Tetrazyklin-Resistenz-

gene tetB, tetM und tetW entwickelten qPCR zusätzlich

getestet.

In allen Anlagen wurde Streptomycin in gleicher Auf-

wandmenge pro Hektare dreimal pro Blühsaison auf

dieselben Bäume appliziert. Die dreimalige Applikation

entspricht dem Maximum der jemals in der Schweiz

zugelassenen Anzahl pro Blühsaison (nur 2008 und

2009). In Schweizer Obstanlagen wurden in den folgen-

den Jahren nur zwei Applikationen zugelassen, in der

Versuchsreihe von Agroscope hat man aber weiterhin

mit der dreifachen Applikation gearbeitet. Somit waren

die untersuchten Anlagen einer höheren Streptomycin-

Menge ausgesetzt als kommerziell genutzte Anlagen

auf Obstbaubetrieben. Als Kontrolle wurde die gleiche

Anzahl Apfelbäume pro Anlage mit Wasser behandelt.

Die Verfahren Streptomycin und Wasser wurden in jeder

Abb. 1 | Beispiel für eine Blüten- und Blattprobe, sowie «Blütenproben» zur Erntezeit (insgesamt drei Standorte und je drei Wiederholungen für jede Behandlung).

Applikation von Streptomycinoder Wasser während der Apfelblüte

1. 2. 3.

1 Tag vor Applikation T1

1 Tag nach dritterApplikation T2

2 Wochen nach dritterApplikation T3

Ernte T4

Abb. 2 | Versuchsplan mit den Streptomycin/Wasser-Applikationen und den Zeitpunkten der Probenentnahme zur Analyse.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 300–305, 2014

Page 35: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt | Umwelt

303

Anlage dreifach wiederholt. Aus jeder dieser Wiederho-

lung wurden je Zeitpunkt Proben von Blüte/Frucht, Blatt

und Erde entnommen (Abb. 1).

Die erste Probenentnahme erfolgte zum Zeitpunkt

T1, einen Tag vor der ersten Streptomycin-Applikation.

Die drei folgenden Probenahmen erfolgten einen Tag

(T2) nach der dritten Streptomycin-Applikation bzw.

nach zwei Wochen (T3) und zur Erntezeit (T4) (Abb. 2).

Nachweis und Quantifizierung der Resistenzgene

Aus allen Proben wurde die gesamte DNA isoliert und für

anschliessende Analyseverfahren verwendet. Die mobi-

len Streptomycin-Resistenzgene strA (aph3), strB (aph6)

und aadA (ant3) sowie die Insertionssequenz IS1133, die

mit dem Vorkommen von strA (aph3), strB (aph6) assozi-

iert wird, wurden durch eine von Agroscope entwickelte

multiplex (Untersuchung mehrerer Gene in einem Reak-

tionsansatz) quantitative PCR (qPCR) nachgewiesen

(Walsh et. al. 2011). Als interner Standard zur Bestim-

mung der Gesamtanzahl vorkommender Bakterien

wurde die in allen Bakterien vorkommende 16S rRNA

bestimmt. Dieses Vorgehen und die eingesetzten Techni-

ken berücksichtigten, dass ein grosser Anteil an Umwelt-

bakterien unter Laborstandard-Bedingungen nicht kulti-

viert werden kann. Die gewählten Verfahren

ermöglichen die Bestimmung der Bakterienanzahl in

den einzelnen Proben, die dann in Relation zur Anzahl

detektierter Antibiotika-Resistenzen gesetzt wird. Die

gewonnenen Daten wurde mit der Xlstat 2011 Software

und ANOVA (P< 0,05) statistisch ausgewertet.

Analyse der bakteriellen Bodenpopulation

In neun Bodenproben von Parzellen, die mit Streptomy-

cin oder Wasser behandelt worden sind und in Güttin-

gen, Lindau und Wädenswil (2008, 2011) stehen, wurde

zusätzlich die Zusammensetzung der Bakterienpopulati-

onen auf mögliche Veränderungen hin untersucht. In

der isolierten DNA dieser Proben wurde die V4-Region

der bakteriellen 16S rRNA sequenziert, um Populationen

zu definieren und miteinander vergleichen zu können.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Bis auf aadA konnten die untersuchten Streptomycin-

und Tetrazyklin-Resistenzgene in nahezu allen Proben

bereits vor der ersten Streptomycin-Behandlung nach-

gewiesen werden. In 15 Proben trat auch aadA auf.

2010 gab es einen Tag und auch zwei Wochen nach

erfolgter Streptomycin-Applikation (T2, T3) einen statis-

tisch relevanten Anstieg der Resistenzgene strA und

strB in den Blütenproben aller Apfelanlagen. Dieser

0

50

100

150

200

250

300

T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wädenswil

Wasser Streptomycin

492

Rela

tive

Häufi

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t

0

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100

150

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wasser Streptomycin

1912 819439

0

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100

150

200

250

300

T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wasser Streptomycin

Lindau

Güttingen

Rela

tive

Häufi

gkei

tRe

lativ

e Hä

ufigk

eit

strA strB IS1133 aadA

439 1912 819

Abb. 3 | Relative Häufigkeit der Streptomycin-Resistenzgene strA, strB, aadA und des Insertionselement IS1133 (normalisiert mit defi-nierten PCR Produkten) der Blütenproben aus den drei Apfelanla-gen (Wädenswil, Lindau ZH und Güttingen). In den Anlagen erfolg-ten während der Blühsaison drei Streptomycin- bzw. Wasser- (als Kontrolle) Applikationen. Die Probeentnahmen erfolgten vor der ersten (T1) und an drei verschiedenen Zeitpunkten nach der dritten Streptomycin-Applikation (T2,T3, Ernte).

0

50

100

150

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wädenswil

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wasser Streptomycin

1912 819439

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wasser Streptomycin

Lindau

Güttingen

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strA strB IS1133 aadA

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wädenswil

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wasser Streptomycin

1912 819439

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T1 T2 T3 Ernte T1 T2 T3 Ernte

Wasser Streptomycin

Lindau

Güttingen

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ufigk

eit

strA strB IS1133 aadA

439 1912 819

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 300–305, 2014

Page 36: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Umwelt | Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt

304

Anstieg konnte 2011 nicht beobachtet werden. Bei

aadA konnte zu keinem Zeitpunkt und in keiner der

Proben eine statistisch relevante Veränderung im Vor-

kommen festgestellt werden.

Ein Vergleich der T1-Proben aus den Jahren 2010 und

2012 hat ebenfalls keinen statistisch relevanten Unter-

schied in der Resistenzgenhäufigkeit ergeben. Dies ist ein

Hinweis darauf, dass durch drei Streptomycin-Applikatio-

nen pro Jahr keine Langzeiteffekte auf die Häufigkeit der

untersuchten Resistenzgene hervorgerufen werden.

Bei den Tetrazyklin-Resistenzgenen konnte 2011 eine

statistisch relevante Erhöhung des tetM-Gens in T3

Bodenproben von Güttingen detektiert werden, aber

nicht mehr zur Erntezeit und auch zu keinem Zeitpunkt

im folgenden Jahr. tetM war ebenfalls nur zum Zeitpunkt

T2 in Blütenproben von Güttingen erhöht vorhanden,

tetB und tetW nur zur Erntezeit auf Früchten aus Lindau.

Statistisch relevante Anstiege des untersuchten Resis-

tenzpools waren in den untersuchten Boden-, Blätter-

und Blütenproben über die Jahre sporadisch, instabil

und nicht wiederholbar (Abb. 3). Wir folgern daraus,

dass die dreimalige Applikation von Streptomycin pro

Saison in diesen Apfelanlagen keine anhaltende Erhö-

hung von Streptomycin- oder Tetrazyklin-Resistenzge-

nen zur Folge hat (Duffy et al. 2014).

Nicht nur die Auswirkungen einer Streptomycin-

Behandlung auf die Resistenzgenhäufigkeit, sondern

auch auf die Zusammensetzung der bakteriellen

Gemeinschaft war von Interesse. Die ermittelten Daten

(Abb. 4) zeigen, dass die Applikation von Streptomycin

in den Apfelanlagen zu keiner signifikanten Verschie-

bung der bakteriellen Populationszusammensetzung

führte (Walsh et. al. 2014). Bedenkt man, dass die im

Boden vorkommenden Bakterien der Ordnung Actino-

mycetales, zu denen auch S. griseus gehört, bekannte

Antibiotikaproduzenten sind, ist dieses Ergebnis nicht

überraschend. Bodenbakterien hatten Millionen von

Jahren Zeit, sich an Antibiotika und ihre Wirkung anzu-

passen.

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse ziehen wir

die Schlussfolgerung, dass die Applikation von Strepto-

mycin in den ausgewählten Apfelanlagen nicht zu einem

dauerhaften Anstieg der untersuchten Streptomycin-

und Tetrazyklinresistenzgene führte und auch keine

Auswirkung auf die Zusammensetzung der bakteriellen

Population hatte. Die sehr strengen Auflagen für den

begrenzten und befristeten Einsatz von Streptomycin

bewähren sich im Hinblick auf die Antibiotikaresistenz-

entwicklung in der Umwelt. n

Dank

Agroscope dankt dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) für die Finanzierung dieses Forschungsprojektes. Ein weiterer Dank gehört den Betriebsleitern für das zur Verfügungstellen der Kernobstanlagen und für das Durchführen der Applikati-onen in den Versuchsparzellen.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 300–305, 2014

Abb. 4 | Bakterielle Zusammensetzung der untersuchten Erdproben von Apfelanlagen (2008, 2011). Aufgelistet sind die in den untersuch-ten Erdproben vorkommenden bakteriellen Klassen.

Acidobacteria; Acidobacteria

Acidobacteria; Acidobacteria-6

Acidobacteria; Solibacteres

Actinobacteria; Actinobacteria

Bacteroidetes; Sphingobacteria

Firmicutes; Bacilli

Gemmatimonadetes; Gemmatimonadetes

Nitrospirae; Nitrospira

Proteobacteria; Alphaproteobacteria

Proteobacteria; Betaproteobacteria

Verrucomicrobia; Pedosphaera

Verrucomicrobia; Spartobacteria

Lind

au 2

011

Lind

au 2

011

Güt

tinge

n 20

11

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11

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ensw

il 20

11

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au 2

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Wäd

ensw

il 20

08

Güt

tinge

n 20

08

Güt

tinge

n 20

11

W S W W S W W W S W = Wasser

S = Streptomycin

Page 37: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt | Umwelt

305

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Literatur ▪ Rezzonico F., Stockwell V.O. & Duffy B., 2009. Plant agricultural strepto-mycin formulations do not carry antibiotic resistance gene. Antimicrob Agents Chemother 53 (7), 3173–3177.

▪ Walsh F., Ingenfeld A., Zampicolli M., Hilber-Bodmer M., Frey J. E. & Duffy B. 2011. Real-time PCR methods for quantitative monitoring of streptomycin and tetracycline resistance genes in agricultural ecosys-tems. Journal of Microbiological Methods 86 (2), 150-5.

▪ Duffy B., Holliger E. & Walsh F. 2014. Streptomycin use in apple orchards did not increase abundance of mobile resistance genes. FEMS Microbio-logy Letters 350 (2),180-9.4.

▪ Walsh F., Smith D. P., Owens S. M., Duffy B. & Frey J. E. 2014. Restricted streptomycin use in apple orchards did not adversely alter the soil bacte-ria communities. Front Microbiol 31 (4), 383.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 300–305, 2014

Impact of streptomycin applications on

antibiotic resistance in apple orchards

The Federal Office for Agriculture (FOAG)

authorized the use of streptomycin to fight

fire blight under controlled conditions in 2008

with the provison that the development of

antibiotic resistance in the treated plots is

monitored.

Agroscope in Wädenswil thus performed the

first study to quantitatively analyze the

influence of streptomycin use in agriculture on

the abundance of the mobile streptomycin and

tetracycline resistance genes (strA, strB, aadA,

tetB, tetM, tetW) and the insertion sequence

IS1133. Furthermore, the effect of the strepto­

mycin treatment on the bacterial community

structure was assessed. Flowers, leaves and soil

were collected from three streptomycin­treated

orchards in 2010, 2011 and 2012. The abun­

dance and distribution of the resistance genes

was analyzed at different time­points and

included as a function of the treatment. The

mobile antibiotic resistance genes were

detected prior to streptomycin treatment in

almost all samples, indicating the presence of

these genes in nature. Statistically significant

increases in the resistance gene abundance

were occasional, inconsistent and not repro­

ducible from one year to the next. Analysis of

the bacterial community in soils from orchards

with or without streptomycin treatment

revealed no statistically significant or constant

alterations.

We conclude that the application of strepto­

mycin in these orchards led neither to an

increase in streptomycin or tetracycline

resistance gene abundance nor to a negative

impact on the bacterial community.

Key words: streptomycin, antibiotics, apple

orchard, development of resistance, bacterial

community in soil.

Effetto dello steptomicina nei meleti sulle

resistenze agli antibiotici d’nell’ambiente

Nel 2008 l’Ufficio federale dell’agricoltura

(UFAG) ha autorizzato l’uso regolamentato

di streptomicina nella lotta contro il fuoco

batterico. Una delle condizioni poste era il

monitoraggio dello sviluppo della resistenza

all’antibiotico usato negli appezzamenti

trattati.

Inoltre Agroscope ha condotto i primi studi

inerenti l’analisi quantitativa dei geni

trasferibili di resistenza alla streptomicina e

alla tetraciclina (strA, strB, aadA, tetB, tetM,

tetW), così come quella della sequenza di

inserzione IS1133 in appezzamenti trattati

con streptomicina. Nel 2010, 2011 e 2012

sono stati raccolti campioni di fiori, foglie e

terreno da tre diverse parcelle trattate con

streptomicina. La presenza e la distribuzione

delle suddette sequenze è stata analizzata

per identificare gli effetti dovuti ai tratta­

menti. I geni mobili di resistenza agli antibio­

tici sono stati trovati in quasi tutti i campioni

raccolti prima dei trattamenti con la strepto­

micina, cosa che indica la naturale distribu­

zione di questi geni nelle popolazioni del

patogeno. Sporadicamente sono stati

riscontrati aumenti significativi nella fre­

quenza di questi geni, ma questi non sono

stati osservati sistematicamente tra appezza­

menti e non sono stati confermati con i

campioni raccolti l’anno seguente. Infine è

stata comparata la composizione batterica

tra suoli prelevati da appezzamenti con e

senza trattamento con streptomicina senza

trovare differenze costanti e significative.

Dai risultati ottenuti è stato possibile

concludere che l’applicazione di streptomi­

cina in meleti, seguendo le raccomandazioni

attuali, non porta all’aumento dei geni

mobili di resistenza agli antibiotici indagati

in questo studio e non ha effetti negativi

sulle popolazioni batteriche nel terreno.

Page 38: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

306 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 306–309, 2014

An der Konferenz von Interlaken wurde der erste Welt-

zustandsbericht über tiergenetische Ressourcen für

Ernährung und Landwirtschaft vorgestellt (Kasten 1). In

diesem Bericht wurden weltweit 7616 Tierrassen erfasst.

Rund 20 Prozent dieser Rassen wurden als gefährdet ein-

gestuft, 690 waren bereits ausgestorben – davon ver-

schwanden 62 während der sechs Jahre, die für die Vor-

bereitung und das Verfassen des FAO-Berichts benötigt

wurden (FAO 2007)1!

Eine hohe genetische Vielfalt bei den Nutztieren ist

von zentraler Bedeutung (Notter 1999; LPP et al. 2010).

Im Gegensatz zur Pflanzenwelt sind genetisch uniforme

Populationen insbesondere aufgrund der abnehmenden

Fruchtbarkeit und der Risiken, die mit Inzucht verbunden

sind, in der Tierwelt unerwünscht. Ein diversifiziertes

Genmaterial bedeutet meist eine bessere Krankheitsre-

sistenz und es ist nicht ausgeschlossen, dass traditionelle

Rassen vor dem Hintergrund des Klimawandels erneut an

2002 hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) der

Ernährungs­ und Landwirtschaftsorganisation der Ver­

einten Nationen (FAO) einen ersten Bericht über den

Zustand der tiergenetischen Ressourcen in der Schweiz

vorgelegt. Dies geschah im Hinblick auf die Erarbeitung

des Weltzustandsberichts über tiergenetische Ressour­

cen durch die FAO. Dieser Bericht zeigte die kritische

Lage bei zahlreichen Rassen auf. Im März 2014 hat das

BLW bei der FAO einen zweiten Bericht eingereicht, der

die Entwicklung dokumentiert. Obwohl verschiedene

Schweizer Rassen noch immer als gefährdet gelten, fällt

die Bilanz unter dem Strich positiv aus.

Am 8.  September  2007 verabschiedeten die Vertreter

und Vertreterinnen von 109 Staaten in Interlaken den

Globalen Aktionsplan für tiergenetische Ressourcen.

Dieser Aktionsplan sowie die damit verbundene politi-

sche Botschaft – die Erklärung von Interlaken – betonten

die Wichtigkeit einer tiergenetischen Ressourcenvielfalt

und legten Prinzipien und Massnahmen zum Schutz und

Erhalt dieser Vielfalt dar.

Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz: Erkenntnisse und HerausforderungenMaurice Tschopp, Catherine Marguerat und François Pythoud

Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern, Schweiz

Auskünfte: Catherine Marguerat, E-Mail: [email protected]

Die Rasse des Evolèner Rinds erholt sich, ist aber immer noch ge-fährdet. Das BLW unterstützt ein Erhaltungsprojekt. (Foto: Evolèner Viehzuchtgenossenschaft)

K u r z b e r i c h t

Kasten 1 | Chronologie

1996 – 1998: Bildung einer Arbeitsgruppe im

Auftrag des BLW zur Bestandsaufnahme der

Schweizer Rassen und zur Beurteilung der

nötigen Massnahmen für ihre Erhaltung.

2002: Erarbeitung des ersten Berichts über den

Zustand der tiergenetischen Ressourcen in der

Schweiz zuhanden der FAO.

2007: Konferenz von Interlaken; organisiert

vom BLW und der FAO. Vorstellung des Welt­

zustandsberichts über tiergenetische Ressour­

cen und Verabschiedung des Globalen Akti­

onsplans für tiergenetische Ressourcen.

2013/2014: Vorbereitung des zweiten Berichts

über den Zustand der tiergenetischen Ressour­

cen in der Schweiz und die Entwicklung seit

der Verabschiedung des Globalen Aktions­

plans.

1Die Zahl der gefährdeten oder ausgestorbenen Rassen könnte auch höher liegen, namentlich mangels verfügbarer Daten in zahlreichen Ländern.

Page 39: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz: Erkenntnisse und Herausforderungen | Kurzbericht

307Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 306–309, 2014

Bedeutung gewinnen werden (FAO 2010). Mit der Hal-

tung verschiedener Rassen steigt auch die Vielfalt in der

Ernährung, zudem kann die Nachhaltigkeit der Ernäh-

rungssysteme verbessert werden (Baumung et al. 2012).

Vor mehr als zehn Jahren hat das BLW den ersten

Bericht zur tiergenetischen Vielfalt in der Schweiz ver-

fasst. Diese Arbeit wurde nun in einem zweiten Bericht,

der auch die Entwicklung seit der Verabschiedung des

Globalen Aktionsplans umfasst, fortgesetzt. Das Doku-

ment wurde im März  2014 der FAO unterbreitet. Auf-

gabe der UN-Organisation ist es nun, auf der Grundlage

der Daten von mehr als hundert Ländern, den Weltzu-

standsbericht über tiergenetische Ressourcen zu verfas-

sen, der 2016 erscheinen soll.

Ein partizipativer Prozess

Für die Erarbeitung dieses zweiten Berichts hat das BLW

eine umfassende Befragung durchgeführt. Insgesamt

26 Fragebögen wurden an die wichtigsten Züchterverei-

nigungen, die Schweizer Forschungsanstalten und an

weitere Akteure, die im Bereich der Rassenerhaltung

agieren, versendet. Ziel dieses Prozesses war es, bei den

verschiedenen betroffenen Akteuren Informationen

über Lücken und Handlungsbedarf einzuholen.

Die Ergebnisse der Umfrage, die im Folgenden kurz

beschrieben werden, sind in den Abbildungen 1 und 2

veranschaulicht. Im Allgemeinen scheinen die wichtigsten

Vertreter des Sektors mit den vom Bund erarbeiteten

Massnahmen, die namentlich im Rahmen der Tierzucht-

verordnung (TZV 916.310) umgesetzt werden, zufrieden

zu sein. Die befragten Organisationen sind der Meinung,

dass der Bund die Bemühungen zum Erhalt lokaler und

gefährdeter Rassen in den letzten Jahren verstärkt hat.

Der Marktzutritt habe sich verbessert und die Nachfrage

nach tierischen Produkten habe sich gesteigert. Dies

treffe vor allem auf Spezialprodukte zu, die ein Label wie

geschützte Ursprungsbezeichnung (GUB), Bio usw. tragen.

Dennoch äussern verschiedene Organisationen Kritik am

wechselhaften Charakter der Direktzahlungen und an der

Unvorhersehbarkeit eines Wirtschaftssystems, das in ers-

ter Linie auf staatlicher Unterstützung basiert. Viele sind

auch wegen der Öffnung der Märkte besorgt, da sie die

Schweizer Preise direkt beeinflusst und dies das Fortbe-

stehen einzelner traditioneller Rassen gefährdet, weil

diese eine geringere Produktivität als moderne Rassen

aufweisen. Die Züchterorganisationen zeigen sich bezüg-

lich langfristiger Phänomene, wie dem Verlust von Söm-

merungsgebieten oder dem Klimawandel, wenig besorgt.

Zustand der tiergenetischen Ressourcen in der Schweiz

Der Fragebogen umfasste 77 Fragen und war in vier

Teile aufgeteilt:

1. Tendenzen und Schlüsselelemente, die den Umgang

mit tiergenetischen Ressourcen beeinflussen, sowie

Abb. 1 | Auswirkung auf die tiergenetischen Ressourcen und deren Management in den letzten zehn Jahren (Bewertung).

Veränderung derNachfrage von Zuchterzeugnissen

KlimatischeVeränderungen

Politische Aspekte

starke mittlere leichte keine

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20%

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40%

50%

60%

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90%

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Abb. 2 | Auswirkung auf die tiergenetischen Ressourcen und deren Management (Prognose für die nächsten zehn Jahre).

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Veränderung derNachfrage von Zuchterzeugnissen

KlimatischeVeränderungen

Politische Aspekte

Datenreihe 8 Datenreihe 7 Datenreihe 6 Datenreihe 5 starke mittlere leichte keine

Veränderung derNachfrage von Zuchterzeugnissen

KlimatischeVeränderungen

Politische Aspekte

starke mittlere leichte keine

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Veränderung derNachfrage von Zuchterzeugnissen

KlimatischeVeränderungen

Politische Aspekte

starke mittlere leichte keine

0%

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Page 40: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Kurzbericht | Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz: Erkenntnisse und Herausforderungen

308

Stärken, Schwächen, Mängel, Herausforderungen und

strategische Prioritäten im Hinblick auf zukünftige

Aktivitäten

2. Daten zur Vorbereitung des Berichts über die

tiergenetischen Ressourcen (Flüsse tiergenetischer

Ressourcen, Entwicklung des Zuchtsektors, Bestands-

aufnahme der tiergenetischen Ressourcen, Beschrei-

bung, involvierte Institutionen und Akteure, Zuchtpro-

gramme, Erhalt, reproduktive und molekulare

Biotechnologien)

3. Daten zur Vorbereitung des «Globalen Zustands der

Biodiversität für Ernährung und Landwirtschaft»

(Berücksichtigung des Umgangs mit tier- und pflanzen-

genetischen Ressourcen sowie den Wald- und Wasser-

ressourcen, Erbringung von Ökosystemleistungen)

4. Zwischenbericht über die Umsetzung des Globalen

Aktionsplans für tiergenetische Ressourcen.

Die Tierzucht stellt einen wichtigen Teil der Schweizer

Agrarproduktion dar. In der Schweiz werden ca. 13 Mil-

lionen Nutztiere gehalten: Rinder, Schweine, Schafe,

Ziegen, Pferde, Hühner und Kaninchen. Nur 4,3 Millio-

nen Tiere zählen zu den Gattungen Rinder, Schweine,

Schafe oder Ziegen: Davon sind 29 Prozent in einem

Herdebuch mit zwei Elterngenerationen derselben

Rasse eingetragen. Dieser Aspekt ist bei der Erhaltung

reinrassiger Tiere zentral. Mehr als die Hälfte (33) der

ca. 70 wichtigsten Rassen der Rinder-, Schweine-, Schaf-

und Ziegengattungen sind traditionelle Rassen

(Ursprungsland Schweiz) oder an die lokalen Gegeben-

heiten angepasste Rassen (Zuchtnachweis in der

Schweiz seit 1949, namentlich anhand eines Herde-

buchs). Diese Vielfalt ist in erster Linie auf die topogra-

fischen und landschaftlichen Besonderheiten zurück-

zuführen.

Die Bestände der verschiedenen Tiere, die in der

Schweiz in Herdebüchern eingetragen sind, werden

regelmässig auf Informationsportalen wie EFABIS und

DAD-IS2 publiziert. 2013 galten 23 Schweizer Rassen auf-

grund ihres Bestands (effektive Populationsgrösse unter

Berücksichtigung des Verhältnisses von männlichen und

weiblichen Tieren in Relation zum Gesamtbestand), ihres

Inzuchtgrads oder ihres für eine bestimmte Region typi-

schen traditionellen Werts als gefährdet (Abb. 3). Dieser

letzte Aspekt spielt insofern eine grosse Rolle als eine

Rasse, die vorwiegend in einer bestimmten Region

gehalten wird, infolge einer Epidemie aussterben

könnte. Trotz des kritischen Zustands dieser Rassen, hat

sich die allgemeine Lage in den letzten Jahrzehnten ver-

bessert. Beispiel hierfür ist das Evolèner Rind, dessen

Bestand gemäss dem schweizerischen Informationspor-

tal EFABIS.ch zwischen 1995 und 2007 um 200 Prozent

zugenommen hat. Dass die Bestände gefährdeter Rassen

steigen, ist das Ergebnis enormer Anstrengungen seitens

der Schweizer Züchter und Zuchtorganisationen. Immer

mehr Züchter und Züchterinnen sind bereit, gefährdete

Abb. 3 | Die Rasse der Walliser Schwarzhalsziege ist aufgrund ihrer eingeschränkten regionalen Ver-breitung und des hohen Inzuchtgrads gefährdet. Das BLW unterstützt ein Erhaltungsprojekt. (Foto: Schweizerischer Ziegenzuchtverband)

2EFABIS: European Farm Animal Biodiversity Information System; DAD-IS: Dome-stic Animal Diversity Information System of the Food and Agriculture Organiza-tion of the United Nations; vgl. z. B. www.efabis.ch

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 306–309, 2014

Page 41: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Erhaltung der genetischen Vielfalt von Nutztieren in der Schweiz: Erkenntnisse und Herausforderungen | Kurzbericht

309

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Schweiz verfügt dank ihrer vielfältigen Landschaft

und den diversifizierten klimatischen Bedingungen über

eine bedeutende genetische Vielfalt sowohl bei den Kul-

turpflanzen als auch bei den Nutztieren. Mit dem natio-

nalen Bericht über den Zustand der tiergenetischen Res-

sourcen wurde über das in den letzten zehn Jahren im

Bereich der Rassenerhaltung Erreichte, Bilanz gezogen.

Auch wenn diese positiv ausfällt, müssen sich die Regie-

rung und die verschiedenen Organisationen weiterhin

engagieren, damit dieses nationale Erbe erhalten wer-

den kann. Zukünftige Massnahmen könnten insbeson-

dere einen Ausbau des Ausbildungsangebots umfassen.

Massnahmen, die einen Rahmen für die nachhaltige

Nutzung der genetischen Ressourcen der Schweiz schaf-

fen, sind jedoch weiterhin prioritär. Dies kann in erster

Linie mit der Förderung von Erzeugnissen lokaler Rassen

(Abb. 4), aber auch mit der Sensibilisierung der Gesell-

schaft bezüglich gefährdeter Rassen in der Schweiz

erreicht werden. n

Literatur ▪ Baumung R., Hoffmann I., Burlingame B., & Dernini S., 2012. Animal genetic diversity and sustainable diets. In Sustainable Diets and Biodi-versity: Directions and Solutions for Policy, Research and Action. International Scientific Symposium, 82–93, FAO.

▪ BLW, 2012. Agrarbericht. ▪ BLW, 2005. Tiergenetische Ressourcen der Schweizerischen Landwirt-schaft.

▪ FAO (2007). The State of the World’s Animal Genetic Resources for Food and Agriculture, Rome.

▪ LPP, LIFE, IUCN–WISP und FAO, 2010. Adding value to livestock diversity – Marketing to promote local breeds and improve livelihoods. FAO Ani-mal Production and Health Paper. Nr. 168. Rome, FAO.

▪ Notter, D. R., 1999. The importance of genetic diversity in livestock po-pulations of the future. Journal of Animal Science 77 (1), S. 61–69.

Kasten 2 | Die strategischen Prioritäten des

Globalen Aktionsplans

Strategiebereich 1: Beschreibung, Bestandsaufnahme und Monito­

ring der Trends und damit verbundener Risiken

(umfasst zwei strategische Prioritäten)

Strategiebereich 2: Nachhaltige Nutzung und züchterische

Weiterentwicklung (umfasst vier strategische

Prioritäten)

Strategiebereich 3: Erhaltung (umfasst fünf strategische Prioritäten)

Strategiebereich 4: Politik, Institutionen und Kapazitätsausbau

(umfasst zwölf strategische Prioritäten)

Abb. 4 | Mit dem Kauf eines Produkts gefährdeter Schweizer Ras-sen tragen die Konsumentinnen und Konsumenten zu deren Erhal-tung bei. (Foto: ProSpecieRara)

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 306–309, 2014

Rassen trotz geringerer Leistung zu halten und so zum

Schutz dieses bedeutenden nationalen Erbguts beizutra-

gen. Die hohe Beteiligung der verschiedenen Akteure

und Stakeholder an der Ausarbeitung und Umsetzung

der Zuchtprogramme ist ebenfalls unter den positiven

Punkten dieser nationalen Evaluation zu vermerken.

Auch die Einhaltung des Globalen Aktionsplans für tier-

genetische Ressourcen kann als zufriedenstellend beur-

teilt werden. Die Schweiz hat die meisten Ziele der vier

Strategiebereiche (Kasten 2) bereits erreicht und setzt

die 23 strategischen Prioritäten des Aktionsplans um.

Dank des Berichts konnten auch Lücken aufgedeckt

werden, wie beispielsweise die Massnahmen der Ex-situ-

Erhaltung. Während das Genmaterial, das in der Schweiz

in den Genbanken von Swissgenetics, SUISAG und des

Nationalgestüts in Avenches lagert, theoretisch eine

«Revitalisierung» der meisten gefährdeten Rinder-,

Schweine- und Pferderassen erlauben würde, wäre dies

bei den Schaf- und Ziegenrassen bei weitem nicht der

Fall. Nur knapp die Hälfte dieser Rassen ist in den Gen-

banken vorhanden. Ähnliches lässt sich auch in der For-

schung feststellen. Ein Grossteil der heutigen Forschung

konzentriert sich auf die Rindergattung, die anderen

Rassen kommen zu kurz.

Page 42: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

310 Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 310–313, 2014

wickeln von Stereotypien (McGreevy et al. 1995). Der

Häufigkeit der Futtervorlagen kommt ebenfalls grosse

Bedeutung zu. Natürlicherweise machen Pferde keine

Fresspausen von mehr als drei bis vier Stunden, im Ext-

remfall nur max. 40 Minuten (Tyler 1972). Lange Fress-

pausen sind unnatürlich für Pferde. Wie bei anderen

Nutztieren kommen daher computergesteuerte Futter-

abrufstationen zum Einsatz, die allerdings mit hohen

Investitionskosten verbunden sind. Mit kostengünstige-

ren zeitgesteuerten Raufen können mehrere kleine Por-

tionen verteilt über den ganzen Tag vorgelegt werden.

Dies lässt zwar keine tierindividuelle Futterzuteilung zu,

ist aber nicht mit Mehraufwand für den Betreuer ver-

bunden und verkürzt die Fresspausen.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Die zu testende Pferdefressgitterraufe misst B x T x H =

2,12 × 2,12 × 2,7 m (Höhe verstellbar). Sie verfügt auf

jeder Seite über drei Fressplätze von 28,5 cm Breite, die

mit drei senkrechten Stahlrohren (Abstand 55 mm) von-

einander abgetrennt sind. Die Raufe ist überdacht und

kann mit einer Rundballe Heu befüllt werden. Auf jeder

Seite kann eine in Schienen geführte 2 m breite Polyes-

ter-Plane den Zugang zum Heu gewähren oder ver-

schliessen. Das Öffnen beziehungsweise Schliessen des

Zugangs geschieht mittels eines Elektromotors (Rohrmo-

tor Becker; 230 V, 255 Watt, 1,2 A, 44 Nm), kann pro-

grammiert werden (Steuerungssystem STAVEB AG) und

lässt wahlweise bis zu sieben Öffnungsvorgänge von frei

wählbarer Dauer in 24 Stunden zu.

Versuchsanlagen und Tiere

Der Versuch wurde in einer Gruppenanlage des Schwei-

zerischen Nationalgestüts durchgeführt. Die Anlage

wurde in zwei Bereiche unterteilt. Im Bereich K wurden

Referenzwerte bei Fütterung in den bestehenden Fress-

ständen erhoben; im Bereich T erfolgte die Fütterung in

der zu prüfenden Heuraufe. Die Pferde hatten in jedem

Bereich 70 m² Liegefläche und rund 250 m² planbefes-

tigte Auslauffläche zur Verfügung. Beide Liegebereiche

waren mit einer Tiefstreu versehen. Täglich wurden ins-

gesamt 60 kg Weizenstroh nachgestreut.

Im Unterschied zu anderen Nutztieren ist für Pferde

gemäss Schweizer Tierschutzgesetzgebung keine

behördliche Bewilligung für serienmässig hergestellte

und zum Verkauf angepriesene Stalleinrichtungen vor­

geschrieben, welcher allenfalls eine wissenschaftliche

Prüfung auf Tiergerechtheit voranzugehen hätte. Mit

dem steigenden Pferdebestand in der Schweiz bauen

Stallbaufirmen aber auch ihr Angebot für den Pferde­

sektor aus und treten vermehrt an das Schweizerische

Nationalgestüt von Agroscope, um auf freiwilliger Basis

neue Produkte prüfen zu lassen. Ein Beispiel stellt diese

Untersuchung dar. Die Resultate wurden in Form eines

Prüfberichts veröffentlicht (Briefer et al. 2013).

E i n l e i t u n g

Ein wichtiger Aspekt der tiergerechten Haltung von

Pferden ist die lange und über den Tag verteilte Futter-

aufnahme (Vervuet und Coenen 2002), die unter natürli-

chen Bedingungen bis 16 Stunden (Duncan 1980) betra-

gen kann. Eine zu geringe Fressdauer gilt als Risikofaktor

für Erkrankungen des Verdauungstrakts und für das Ent-

Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuertem FütterungssystemSabrina Briefer, Samuel Schär und Iris Bachmann, Agroscope, Schweizerisches Nationalgestüt, 1580 Avenches, Schweiz

Auskünfte: E-Mail: [email protected]

Ein wichtiger Aspekt der tiergerechten Haltung von Pferden ist die Möglichkeit, dass die Pferde sich lange und über den Tag verteilt mit der Futteraufnahme beschäftigen. (Foto: Agroscope)

K u r z b e r i c h t

Page 43: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuertem Fütterungssystem | Kurzbericht

311Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 310–313, 2014

Im Bereich K standen den sechs Pferden nebeneinander

sieben Fresstände zur Verfügung. Die überdachten

Stände verfügten über eine lichte Breite von 80 cm, über

3 m lange und 2,2 m hohe Trennwände mit Sichtschlit-

zen im oberen Bereich. Das Pferdeheu (5 kg / Tag / Pferd)

wurde am Boden vorgelegt. Die zu testende Pferdegit-

terraufe im Bereich T wurde alle vier Tage maschinell mit

einer Rundballe Pferdeheu befüllt.

Für den Versuch wurden zufällig vier Warmblut- und

zwei Freibergerpferde im Alter von elf bis 14 Jahren aus-

gewählt. Diese Stuten waren alle gesund, seit mindes-

tens sechs Monaten in der Herde und wurden nicht

genutzt.

Versuchsdurchführung

Zur Erfassung der Referenzwerte wurden die sechs Stu-

ten während der Woche 1 (= Versuchsphase K) im Bereich

K in den Fressständen beobachtet. Der Beobachter hielt

sich dreimal täglich während der üblichen Fütterungs-

zeiten um 7:15 Uhr, 11:15 Uhr und 15:45 Uhr ab Beginn

der Heuvorlage bis kein Heu mehr vorhanden war im

Stallgang vor den Fressständen auf. Es konnten zeit-

gleich von allen sechs am Kopf markierten Pferden die

totale Heu-Fressdauer in Minuten sowie die Anzahl all-

fälliger Verdrängungen vom Fressplatz erhoben werden

(Abb. 1).

Die Woche 2 (= Versuchsphase T1) verbrachten die

Pferde im Bereich T. Die Öffnungen der Testraufe erfolg-

ten dreimal von 7:15 Uhr bis 8:45 Uhr, 11:15 Uhr bis 12:45

Uhr und 15:45 Uhr bis 17:15 Uhr. Pro Tag hatten die Tiere

während total 270 Minuten Zugang zum Heu. Zwischen

17:15 Uhr und 7:15 Uhr war die Raufe durchgehend

geschlossen, die Tiere hatten freien Zugang zum Stroh

im Liegebereich. Der Beobachter hielt sich jeweils bei

geöffneter Raufe im Bereich T auf und erhob die totale

Fressdauer aller Pferde in Minuten sowie die Anzahl Ver-

drängungen vom Fressplatz.

In der Woche 3 (= Versuchsphase T2) blieben die Pferde

im Bereich T. Die sechs Fressintervalle mit der Testraufe

erfolgten von 07:15 Uhr bis 8:00 Uhr, 08:45 Uhr bis

09:30 Uhr, 10:15 Uhr bis 11:00 Uhr, 12:30 Uhr bis

13:15  Uhr, 14:00 Uhr bis 14:45 Uhr und 15:30 Uhr bis

16:15 Uhr. Pro Tag war der Zugang zu Heu somit wie in

Testphase T1 während 270 Minuten gegeben. Über

Nacht war die Raufe wiederum durchgehend geschlos-

sen. Die Beobachtungen erfolgten analog Testphase T1.

Die Funktionalität der Technik wurde anhand der

Parameter «Genauigkeit der Steuerung» und «korrektes

Öffnen und Schliessen der Planen» kontrolliert und

sämtliche Vorkommnisse qualitativ beschrieben. Die

Pferde wurden täglich auf Verletzungen untersucht. Das

Gewicht der Tiere wurde jeweils zu Beginn und am Ende

der Testphasen auf einer Brückenwaage gemessen. Die

erfassten Daten wurden mithilfe des Statistikprogramms

SYSTAT©13 ausgewertet. Zur Überprüfung von Unter-

schieden zwischen Medianen wurden Mann-Whitney-U-

Tests durchgeführt. Das Signifikanzniveau wurde auf 5 %

(p < 0,05) festgelegt.

R e s u l t a t e

Totale Heu­Fressdauern und Zwischenintervalle

In Testphase K bei Vorlage von total 5 kg Heu / Pferd /

24 Std. verteilt auf drei Portionen pro Tag dauerte die

Heuaufnahme im Median 151 Minuten pro Tag (125–

216  Min.). Gefressen wurde jeweils bis kein Heu mehr

vorhanden war. Bei dreimaligem Zugang zum Raufutter

in Testphase T1 und insgesamt 270 Minuten Zugang zur

Abb. 1 | Futteraufnahme in Versuchsphase K (= Fütterung in Fress-ständen). (Foto: Agroscope)

300

250

200

150

100

Fres

sdau

er [M

in.]

Testphase K Testphase T1 Testphase T2

Tägliche Dauer der Heu-Aufnahme

Abb. 2 | Tägliche Heu-Fressdauern während der drei Versuchspha-sen (K = 5 kg Heu / Pferd / Tag verteilt auf drei Portionen pro Tag in Fressständen; T1 = dreimal 90 Min. geöffnete Testraufe; T2 = sechs-mal 45 Min. geöffnete Testraufe).

Page 44: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Kurzbericht | Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuertem Fütterungssystem

312

geöffneten Raufe haben die Pferde im Median während

268 Minuten (145–270 Min.) Heu aufgenommen. In Test-

phase T2 bei sechsmal geöffneter Raufe und ebenfalls

insgesamt 270 Minuten geöffneter Raufe betrug die

Fressdauer im Median 250 Minuten (212–270 Min)

(Abb. 2). Der Unterschied war nicht signifikant.

Die Verteilung des Zugangs auf sechs Phasen führte

zu einer Verkürzung der Intervalle mit geschlossener

Raufe tagsüber auf maximal 1½ Stunden im Vergleich zu

maximal drei Stunden bei nur drei Phasen mit Zugang

zum Heu. Bei Fütterung in den Fressständen in der

Woche 1 betrugen die Zeiten zwischen der Heuauf-

nahme zwischen 2 Std. 48 Min. und 3 Std. 18 Min.

Während der drei Versuchswochen hatten die Pferde

immer Zugang zum eingestreuten Liegebereich. Die

Aufnahme von Stroh wurde jedoch nicht erfasst.

Verdrängungen vom Fressplatz

Verdrängungen vom Fressplatz wurden bei Fütterung in

den Fressständen (Testphase K) nicht festgestellt. Bei

dreimaliger Fütterung an der Testraufe (Testphase T1)

erfolgten mit im Median 47-mal pro Tag (36– bis 73-mal)

signifikant weniger Verdrängungen als bei sechsmaliger

Fütterung an der Testraufe (Testphase T2) mit im Median

87 Verdrängungen pro Tag (72- bis 99-mal) (p = 0,043).

Funktionalität der Raufe und der Technik

Während der gesamten Versuchsdauer konnten Funktio-

nalitätsprobleme der Pferderaufe festgestellt werden.

Das Heruntergleiten der Planen wurde gelegentlich

durch zwischen den Gitterstäben liegendem Heu blo-

ckiert. Die Schliessung erfolgte dann nicht korrekt, die

Pferde konnten trotz heruntergelassener Plane durch

verbliebene Öffnungen Heu aufnehmen (Abb. 3, links).

Zweimal öffnete sich eine der vier Planen nicht automa-

tisch und musste manuell bedient werden. Einmal ver-

rutschte die Plane gegen innen und verschloss den

Zugang zum Heu hinter dem Fressgitter (Abb. 3, rechts).

Mehrmals geriet eine Plane aus der Schiene und lief

somit nicht mehr horizontal.

Die Programmierung der Öffnungszeiten erfolgte

während der gesamten Versuchsdauer ohne Probleme,

die Steuerung funktionierte zeitgenau. Verletzungen

der Pferde wurden keine festgestellt. Die Raufe weist

keine gefährlichen Stellen auf. Es erfolgte keine signifi-

kante Gewichtsveränderung der Pferde während der

Versuchsperiode.

D i s k u s s i o n

Systembedingt werden die heutigen Hauspferde in der

Regel rationiert gefüttert, um einer Überversorgung

vorzubeugen. Aufgrund arbeitswirtschaftlicher Überle-

gungen erfolgt die Futtervorlage für 48 % der Schweizer

Pferde nur zweimal und für 34 % dreimal pro Tag (Bach-

mann und Stauffacher 2002). Dieses Fütterungsmanage-

ment widerspricht den Bedürfnissen von Pferden und

führt zudem in Gruppenhaltung zu einer erhöhten Ver-

letzungsgefahr, da lange Fresspausen zu Unruhe und

potenziell verletzungsträchtigen Interaktionen zwi-

schen Gruppenmitgliedern führen können (Gülden et al.

2011). Die getestete Pferderaufe mit zeitgesteuertem

Abb. 3 | Funktionalitätsstörungen des Schliessvorgangs. (Foto: Agroscope)

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 310–313, 2014

Page 45: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuertem Fütterungssystem | Kurzbericht

313

Während der mehrwöchigen Testphase der Heuraufe

traten technische Probleme beim Öffnungs- oder

Schliessvorgang der Planen auf. Diese führten zwar nicht

zu gefährlichen Situationen für die Pferde, erforderten

aber eine manuelle Korrektur durch den Pferdehalter.

Da die Testraufe ohne Mehrarbeit eine bessere Vertei-

lung der Futtergaben über den Tag erlauben soll, auch

ohne dass der Pferdehalter vor Ort ist, besteht hier

Handlungsbedarf.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuerter Füt-

terungsplane der Firma B und M, Haus- und Agrotech

AG, Densbüren, führte zu der beabsichtigten Verkür-

zung der Intervalle zwischen Heu-Aufnahmephasen. Die

Verteilung der Futterrationen auf bis zu sieben Portio-

nen in 24 Stunden trägt wesentlich zu einem pferdege-

rechten Fütterungsmanagement bei. Allerdings ist in

Gruppenhaltung bei Futterverabreichung in einer Rund-

raufe auf ein angepasstes Tier-Fressplatz-Verhältnis zu

achten, und es muss sich um eine homogene Gruppe

handeln, also Pferde mit gleichem Futterbedarf. Auf

Grund der beobachteten technischen Probleme bei Öff-

nungs- und Schliessvorgängen der Abdeckplanen kann

auf eine mehrmals tägliche Kontrolle der Funktionalität

der Raufe nicht verzichtet werden. Dies widerspricht

dem Einsatz der Rundraufe in einem Pferdestall ohne

Anwesenheit von und regelmässiger Kontrolle durch

Betreuungspersonal. n

Zugang zum Raufutter soll eine häufigere Verteilung der

Raufuttervorlage mit deutlich kürzeren Fresspausen

ermöglichen, ohne dem Pferdehalter Mehrarbeit zu ver-

ursachen. In einer Gruppe von sechs Pferden wurden für

diese Arbeit zwei verschiedene Verteilungen des

Zugangs zum Raufutter an der Testraufe über den Tag

verglichen: Drei Phasen à 90 Minuten gegenüber sechs

Phasen à 45 Minuten.

Im Vergleich zu natürlichen Verhältnissen von 12 bis

16 Stunden lagen die totalen Heu-Fressdauern von 4 ½

Stunden insgesamt tief. Allerdings stand den Pferden im

Liegebereich Stroh permanent zur Verfügung. Die totale

Dauer der Heuaufnahme nahm im Vergleich zur Refe-

renzwoche bei Fütterung an der Testraufe zu, unter-

schied sich jedoch nicht signifikant bei dreimaliger oder

sechsmaliger Öffnung der Raufe pro Tag. Die Zwischen-

intervalle konnten bei sechsmaliger Öffnung hingegen

stark verkürzt werden. Diese bessere Verteilung des

Zugangs zum Raufutter über den Tag beugt einer Über-

füllung des vergleichsweise kleinen Pferdemagens vor

und stellt somit ein pferdegerechteres Fütterungsma-

nagement dar.

In der Gruppenhaltung von Pferden führt die Futter-

vorlage in Rundraufen aufgrund der hierarchischen

Organisation von Equiden zu regelmässigen Verdrän-

gungen tiefrangiger Tiere vom Fressplatz. Dies zeigte

sich deutlich beim Vergleich der Testphase K mit Fütte-

rung in Fressständen (keine Verdrängungen) mit den

Testphasen T1 und T2 mit Fütterung an der Heuraufe.

Die Verabreichung von Raufutter in Grossraufen für

mehrere Tiere eignet sich somit nur bei grosszügigem

Tier-Fressplatz-Verhältnis oder bei ad-libitum-Fütterung.

Die Testraufe mit zwölf Plätzen eignet sich für eine

Gruppe von bis zu vier Pferden, denn die Anzahl Ver-

drängungen vom Fressplatz pro Tag waren bei sechs Tie-

ren erheblich, was einer ungestörten Futteraufnahme

widerspricht.

Literatur ▪ Bachmann I. & Stauffacher M., 2002. Haltung und Nutzung von Pferden in der Schweiz: Eine repräsentative Erfassung des Status quo. Schweiz. Arch. Tierheilk. 144, 331–347.

▪ Briefer S., Bucher F., Schär, S. & Bachmann I., 2013. Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuerter Fütterungsplane. Prüfbericht, Agroscope – Schweizerisches Nationalgestüt. 6 S.

▪ Duncan P., 1980. Time-budgets of Camargue horses. II. Time-budgets of adult horses and weaned sub-adults. Behaviour 72 (1–2), 26–49.

▪ Gülden A., Gauly M. & Troxler J., 2011. Die computergesteuerte Kraftfut-terstation für Pferde in Gruppenhaltung – Der Einfluss einer Austreibhilfe auf den Fütterungsablauf. KTBL-Schrift 489, Münster-Hiltrup, 113–121.

▪ McGreevy P. D., Cripps P. J., French N. P., Green L. E. & Nicol C. J., 1995. Management factors associated with stereotypic and redirected behavi-our in the Thoroughbred horse. Equine Vet. J. 27, 86–91.

▪ Tyler S. J., 1972. The behaviour and social organization of the New Forest ponies. Animal Behaviour Monographs 5, 85–196.

▪ Vervuert I. & Coenen, M., 2002. Aspekte der Fütterungs- und Haltungs-technik von Pferden. Pferdeheilkunde 18, 629–63.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 310–313, 2014

Page 46: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

314

P o r t r ä t

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 314, 2014

«Pferde können nicht lügen. Auf Reize reagieren sie

unmittelbar und entsprechend ihrer unverfälschten Per-

sönlichkeit. Das ist eine Erfahrung und Lebensschule, die

ich jedem gönne, sie zu erleben.» Wenn Iris Bachmann

von Pferden spricht, ist ihre Begeisterung für die sensib-

len Vierbeiner fast mit Händen greifbar.

Leiterin Team Ethologie, Pferdehaltung und -nut-

zung lautet ihre Funktion am Schweizerischen Natio-

nalgestüt von Agroscope in Avenches seit Anfang 2014.

Mit ihrem Team – übrigens eine reine Frauengruppe –

testet Iris Bachmann einerseits neue Haltungssysteme

(siehe Bericht zur Sparraufe in dieser Ausgabe); ande-

rerseits untersucht das Team das Verhalten und im Spe-

ziellen das Lernverhalten von Pferden. Pferdehaltung

und Raumplanung ist ein weiteres Thema, das immer

wieder für Schlagzeilen sorgt. Die Ethologin ist über-

zeugt, dass eine moderne Pferdehaltung und -nutzung

sowohl tiergerecht als auch praxistauglich sein kann,

und «dass davon sowohl der Mensch wie das Tier profi-

tieren».

Aufgewachsen ist Iris Bachmann mit Jahrgang 1968

im Kanton Zürich, auf dem Land und mit vielen Haustie-

ren. So lernte sie schon als Kind, Tiere zu beobachten

und aus ihrem natürlichen Verhalten Rückschlüsse auf

die optimale Haltung und den Umgang zu ziehen. Dass

sie später Biologie und im Hauptfach Zoologie und Etho-

logie studierte, liegt auf der Hand. Auf ihr Studium an

der Universität Zürich folgte 2002 eine Dissertation zum

Thema «Pferde in der Schweiz. Prävalenz und Ursachen

von Verhaltensstörungen unter Berücksichtigung der

Haltung und Nutzung».

Seit 2003 arbeitet Iris Bachmann am Nationalgestüt,

zuerst als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Beratungsstel-

lenleiterin und in der Weiterbildung, 2012 und 2013 als

Forschungsgruppenleiterin. «Wir konnten uns in den

letzten Jahren sehr viel neues Wissen aneignen und die-

ses auch an die Praxis weitergeben.» Die Neuorientie-

rung 2012 des Nationalgestüts hin zur Forschung

betrachtet sie für sich persönlich, aber auch für die

Schweizer Pferdebranche, als «spannend, motivierend

und insgesamt sehr positiv». Das Bewusstsein der Pferde-

branche in den Bereichen Ethologie und Haltung habe

sich stark verändert. Iris Bachmann: «Obwohl noch viel

Wissen fehlt, konnten wir bereits viel bewegen. Und

darauf bin ich stolz.»

Mit ihrer Familie – dazu gehören der Ehemann und

die zwei Buben Nick (12) und Till (14) – und vielen Haus-

tieren wohnt sie in Mur auf dem Mont Vully. Familien-

frau, Tierhalterin und Forschungsteamleiterin – ihr

Leben bezeichnet sie als «genial». Aber: «Ich wünsche

mir oft, dass die Tage doppelt so lange dauern wür-

den». Den Ausgleich findet sie beim Joggen. «Einfach

die Laufschuhe anziehen und von zuhause aus losren-

nen, das bedeutet für mich Loslassen vom Alltag und

Erholung pur.»

Und wenn die Forscherin einen Wunsch frei hätte? –

«Dann wünschte ich mir, dass die Ethologie von allen

Praktikern, Forschern und Behörden als ernsthafte wis-

senschaftliche Forschungsdisziplin anerkannt wird.»

Denn: «Die Bemühungen um das Wohlergehen der Tiere

sind nicht einfach eine Begleiterscheinung einer über-

sensibilisierten Wohlstandsgesellschaft, sondern hat

auch direkte Auswirkungen auf das Wohlbefinden der

Menschen», ist sie überzeugt.

Christine Caron-Wickli, Agroscope

Selber Wissen zu generieren, macht ihr Spass

Page 47: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

315

A k t u e l l

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 315–319, 2014

N e u e P u b l i k a t i o n e n

Das Vieh ist jetzt bereits wieder auf den Alpweiden.

Pünktlich zu Beginn der neuen Alpsaison wurde der

Dokumen t arfilm «Sommerzeit – Alpwirtschaft: Tradition

mit Zukunft?» von Pascale Gmür auch auf DVD veröf-

fentlicht. Er ist im Rahmen des Forschungsprogramms

«AlpFUTUR – Zukunft der Sömmerungsweiden in der

Schweiz» entstanden. Der Film zeigt, von welchen Fak-

toren die Tiersömmerung abhängt, und regt dazu an,

über die Bedeutung der Alpwirtschaft nachzudenken.

Was ist Idealisierung, was ist Realität? Wohin bewegt

sich diese langjährige Tradition? Auf der Suche nach

Antworten begleitet der Film Älpler, Älplerinnen und

Forschende von AlpFUTUR, um Facetten zu zeigen, die

über die Sommerzeit hinweg dauern.

Dem Buch «Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft» sind die

AlpFUTUR-Umsetzungsfilme «Von Älplern für Älpler» sowie der

Dokumentarfilm «Sommerzeit» auf zwei DVDs beigelegt. Das

Buch kann bei der WSL für 30 Franken (zzgl. Porto) bezogen

werden: www.alpfutur.ch/buch. Beide DVDs werden auch separat

verkauft. Zudem steht das Buch unter www.alpfutur.ch/ebook

gratis zum Download bereit.

Der Film zu AlpFUTUR: Alpsommer auf DVD

Page 48: Agrarforschung Schweiz, Heft 7+8, Juli-August 2014

316

Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 315–319, 2014

N e u e P u b l i k a t i o n e n

Agroscope Transfer | Nr. 21

Laut der Zeitbudgeterhebung von 2011 auf 179 bäuerli-

chen Familienbetrieben beträgt die zeitliche Beanspru-

chung der Bäuerinnen im Durchschnitt 65 Stunden pro

Woche. Rund ein Drittel dieser Zeit wenden Bäuerinnen

für den Landwirtschaftsbetrieb sowie administrative

und landwirtschaftsnahe Tätigkeiten auf. Weitere

13 Prozent entfallen auf die ausserbetriebliche Erwerbs-

tätigkeit. Haushalt und Familie beanspruchen die Hälfte

ihrer Zeit und bleiben die Domäne der Bäuerinnen,

auch wenn die Partner heute mehr Zeit für die Kinder-

betreuung aufwenden, als dies früher der Fall war. Bäu-

erinnen stimmen ihre Tätigkeiten innerhalb und ausser-

halb des Betriebs auf die Familiensituation ab: Mit

kleinen Kindern nehmen sie sich auf dem Betrieb und

bei der ausserbetrieblichen Erwerbstätigkeit zurück

und investieren dafür mehr Zeit in die Kinderbetreu-

ung. Seit 1974 ist der Zeitaufwand der Bäuerinnen für

Haushalt und Betrieb gesunken, jener für Erziehung

und ausserbetriebliche Erwerbsarbeit hat hingegen

zugenommen. Es gibt inzwischen auch dreimal mehr

Bäuerinnen mit nichtlandwirtschaftlicher Ausbildung

als damals. Die Ergebnisse dieser Zeitbudgeterhebung

zeigen, dass der Beitrag der Bäuerinnen für die land-

wirtschaftlichen Familienbetriebe nach wie vor von

grosser Bedeutung ist. Ihr vielseitiger Einsatz in Haus-

halt, Familie, Betrieb und Administration sowie ihre

landwirtschaftsnahe und ausserbetriebliche Erwerbstä-

tigkeit tragen unbestritten zum guten Funktionieren

der bäuerlichen Familienbetriebe bei.

Ruth Rossier und Linda Reissig, Agroscope

ÖkonomieAgroscope Transfer | Nr. 21

Beitrag der Bäuerinnen für die landwirtschaftlichenFamilienbetriebe in der Schweiz

Eine Zeitbudgeterhebung

Juni 2014

Autorinnen

Ruth Rossier undLinda Reissig

Laut der Zeitbudgeterhebung von 2011 auf179 bäuerlichen Familienbetrieben beträgtdie zeitliche Beanspruchung der Bäuerin-nen im Durchschnitt 65 Stunden proWoche. Rund ein Drittel dieser Zeit wen-den Bäuerinnen für den Landwirtschafts-betrieb sowie administrative und landwirt-schaftsnahe Tätigkeiten auf.Weitere 13 Prozent entfallen auf die aus-serbetriebliche Erwerbstätigkeit. Haushaltund Familie beanspruchen die Hälfte ihrerZeit und bleiben die Domäne der Bäuerin-nen, auch wenn die Partner heute mehrZeit für die Kinderbetreuung aufwenden,als dies früher der Fall war.Bäuerinnen stimmen ihre Tätigkeiteninnerhalb und ausserhalb des Betriebs aufdie Familiensituation ab: Mit kleinen Kin-dern nehmen sie sich auf dem Betrieb undbei der ausserbetrieblichen Erwerbstätig-

keit zurück und investieren dafür mehr Zeitin die Kinderbetreuung.Seit 1974 ist der Zeitaufwand der Bäuerin-nen für Haushalt und Betrieb gesunken,jener für Erziehung und ausserbetrieblicheErwerbsarbeit hat hingegen zugenommen.Es gibt inzwischen auch dreimal mehr Bäu-erinnen mit nichtlandwirtschaftlicher Aus-bildung als damals.Die Ergebnisse dieser Zeitbudgeterhebungzeigen, dass der Beitrag der Bäuerinnen fürdie landwirtschaftlichen Familienbetriebenach wie vor von grosser Bedeutung ist.Ihr vielseitiger Einsatz in Haushalt, Familie,Betrieb und Administration sowie ihrelandwirtschaftsnahe und ausserbetriebli-che Erwerbstätigkeit tragen unbestrittenzum guten Funktionieren der bäuerlichenFamilienbetriebe bei.

Gab

rielaBrän

dle,

Agrosco

pe

Abb. 1: Mit ihrem vielfältigen Einsatz tragen die Bäuerinnen massgeblich zum guten Funktionieren der landwirt-schaftlichen Familienbetriebe bei: Bäuerin in ihrem Hofladen.

Beitrag der Bäuerinnen für die landwirtschaftli­chen Familienbetriebe in der Schweiz

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Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 315–319, 2014

Agroscope Science Nr. 4 / 2014

Das Fett spielt eine wichtige Rolle in der Ernährung des

Menschen. Fette sind lebenswichtig für einen gesunden

Körper, versorgen ihn mit Energie, tragen zur Aufnahme

von fettlöslichen Vitaminen bei und wirken als Struktu-

relemente von Zellwänden. Auch beim Kochen spielt

Fett als Träger von Geschmacks- und Aromastoffen eine

wichtige Rolle. Andererseits hat kein anderer Nährstoff

mit derart vielen Vorurteilen zu kämpfen wie das Fett.

Offizielle Stellen und Ernährungsfachgesellschaften

empfehlen seit Jahren den Fettgehalt der Ernährung zu

reduzieren und pflanzliche Öle und Fette den tierischen

vorzuziehen. Sie haben damit die Einstellung vieler

Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber tieri-

schem Fett geprägt, wie dies verschiedene Meinungser-

hebungen in der Schweiz zeigen. Von Anfang an wurde

kritisiert, dass diese Empfehlungen nicht auf ausrei-

chend wissenschaftlichen Fakten fussen; in den letzten

Jahren haben sich nun die Hinweise verdichtet, dass Fett

generell und auch tierisches Fett nicht die Bösewichte

sind, als die sie oft dargestellt werden. In der vorliegen-

den Übersicht wird die wissenschaftliche Literatur zu

ausgewählten Aspekten zum Thema Fleischfett zusam-

mengetragen (Fettgehalt von Fleisch, Zusammenset-

zung von Fleischfett, Aromaträger Fett, Geschichte der

Fettempfehlung, gesundheitliche Wirkungen von tieri-

schem Fett). Da Fleischfett meist im Rahmen eines

Fleischkonsums verzehrt wird, wird auch kurz auf mög-

licherweise negative gesundheitliche Aspekte des

Fleischkonsums eingegangen.

Alexandra Schmid, Agroscope

Agroscope Science erscheint nur in elektronischer Form.

Download im PDF-Format: www.agroscope.ch > Publikationen

Fleischfett –Ein Geschmacksträgermit Einfluss auf diemenschliche Gesundheit?Autorin:Alexandra Schmid

LebensmittelAgroscope Science | Nr. 4 / 2014

Fleischfett – Ein Geschmacksträger mit Einfluss auf die menschliche Gesundheit?

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www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Aktuell

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

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30.06.2014 Minierfliegen häufig auf Import­Pflanzen Die Sommerferien beginnen bald. Im Urlaub sind Reise-

Souvenirs sehr begehrt. Während schöne Wohnacces-

soires grösstenteils problemlos sind, benötigt man bei

exotischen Pflanzen oft Einfuhr-Dokumente, oder es gel-

ten gar Einfuhrverbote. Damit sollen Pflanzen-Krankhei-

ten und -Schädlinge (Quarantäneorganismen) von der

Schweiz ferngehalten werden. Dazu gehören Minierflie-

gen. Deshalb empfehlen Fachleute vom Agroscope-

Pflanzenschutzdienst zusammen mit dem Eidgenössi-

schen Pflanzenschutzdienst, auf Pflanzen als Souvenir zu

verzichten. Dennoch liegt die Häufigkeit der Vergehen

gegen die Pflanzenschutzvorgaben auf einem hohen

Niveau.

24.06.2014 Auch der Biolandbau braucht gezielte Massnah­men für die Biodiversität Um die Artenvielfalt im Landwirtschaftsgebiet zu erhal-

ten, ist die Anzahl an unterschiedlichen Lebensräumen

entscheidend. Bio-Betriebe ohne gezielte Fördermass-

nahmen wie die Schaffung zusätzlicher artenreicher

Lebensräume haben nur eine leicht grössere Artenviel-

falt als die übrigen Betriebe. Das zeigt eine Studie in

zehn europäischen und zwei afrikanischen Regionen.

Die Programme von BioSuisse und IP Suisse zur Förde-

rung der Lebensraum-Vielfalt können auf europäischer

Ebene als Vorbild dienen.

17.06.2014 Von «Chetteli und Stäbli» – die Ausbildung der Alpkäserinnen und ­käser Alpkäse erfreuen sich bei Konsumentinnen und Konsu-

menten grosser Beliebtheit. Weil die Käse mit viel Hand-

arbeit hergestellt werden, ist die Milchverarbeitung auf

der Alp anspruchsvoller als im Tal. Mitarbeitende von

Agroscope haben in diesem Frühjahr in mehr als 20 Alp-

sennenkursen mitgewirkt und ihr Fachwissen an gegen

500 Alpkäserinnen und -käser weiter gegeben.

10.06.2014 Gelbrost: Herausforderung resistente Sorten Dieses Jahr wird ganz Europa von einer schweren Gelb-

rostepidemie auf Weizen und Triticale heimgesucht. In

der Schweiz sind mehrere Sorten betroffen. Die Ursache

ist in einer Kombination aus besonders günstigen Witte-

rungsbedingungen und dem Auftreten eines neuen,

sehr virulenten Gelbroststammes zu finden. Das Resis-

tenzlabor der Weizen- und Sojazüchtung von Agroscope

untersucht zurzeit die Virulenzen der Stämme des

Krankheitserregers und bewertet die Resistenzen der in-

und ausländischen Weizen- und Triticalesorten. Dies mit

dem Ziel, den Produzenten so schnell wie möglich Emp-

fehlungen zu den Sorten mit den besten Resistenzen

geben zu können.

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 315–319, 2014

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Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Aktuell

V e r a n s t a l t u n g e n

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

I n t e r n e t l i n k s

Fachvideos von Agroscope

www.agroscope.ch/publikationen

Die Fachvideos von Agroscope vermitteln auf informa-

tive und unterhaltsame Art Aspekte aus Forschung und

Extension von Agroscope für schmackhafte Lebensmittel,

für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft und für eine

gesunde Umwelt.

August 2014

09.08.2014Geschmackserlebnis Kartoffelvielfalt in MaraniProSpecieRara und Forschungsanstalt Agroscope (IPB, INH)Schaugarten Maran, Arosa/GR

14.08.2014Ostschweizer AGFF­Tagung 2014Agroscope INH, AGFF, Landw. Zentrum SG, Profi-LaitMoorhof, 9464 Rüthi SG

21. – 22.08.2014Info­Tag: Medizinal­ und Aromatische PflanzenAgroscope IPB, ContheyLe Prese, GR

23.08.2014Güttingertagung 2014Agroscope + BBZ ArenenbergVersuchsbetrieb Güttingen, Güttingen TG

28.08.2014AGFF­WaldhoftagungINT, INH, AGFF, Inforama, HAFL, Profi-LaitInforama Langenthal

30. – 31.08.2014Tage der offenen Tür: Forschung berührenAgroscope Conthey

September 2014

11.09.201437. Informationstagung AgrarökonomieAgroscopeAgroscope INH, 8365 Ettenhausen

17.09.2014Journée Semis directAgroscope IPB, Changins

V o r s c h a u

September 2014 / Heft 9

Ferkel werden aus wirtschaftli-chen Gründen von der Muttersau getrennt, bevor sie von ihr gelernt haben, Trockenfutter zu fressen. In einem Fütterungsversuch haben Forschende von Agroscope und der ETH untersucht, ob diese jun-gen Ferkel fähig sind, von früher abgesetzten, erfahrenen Jungtieren die Aufnahme von Festfutter zu lernen. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

V o r s c h a u

•• Erfahrene Ferkel fördern das Wachstum frisch

abgesetzter Ferkel nicht, Andreas Gutzwiller et al.,

Agroscope und ETH Zürich

•• Die Schweizer Pflanzenzüchtung – eine räumliche,

zeitliche und thematische Analyse des Umfeldes,

Achim Walter et al., ETH Zürich

•• Ergebnisse der Sortenversuche 2011 – 2013 mit

Luzerne, Rainer Frick, Agroscope

•• Wer in der Schweiz Bio-Lebensmittel kauft,

Franziska Götze und Ali Ferjani, Agroscope

•• Potenziale der Landwirtschaft in der Gotthardregion,

Andreas Hochuli et al., HAFL

•• Vollkostenkalkulationen für Lohnarbeiten,

Daniel Hoop et al., Agroscope

•• World Café «Wachstum in der Landwirtschaft»,

Linda Reissig, Agroscope

•• Gerstenflugbrand – Sortenanfälligkeit und Bekämp-

fungsalternativen, Heinz Krebs et al., Agroscope

Agrarforschung Schweiz 5 (7–8): 315–319, 2014

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Donnerstag,11. September 2014

37. Informationstagung AgrarökonomieAgroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, Tänikon

An der Tagung wird über die laufenden agrarwirtschaft­lichen Arbeiten des Instituts für Nachhaltigkeitswissen­schaften (vormals Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz­Tänikon) informiert. Mehrere Beiträge sind dem Thema Kostensenken gewidmet.

Themen•Buchhaltungsergebnisse2013•VollkostenwichtigerSchweizerAckerbaukulturen•KostenundNutzenderGentechnik•WechselkursundWettbewerbsfähigkeitderLandwirtschaft•ZukunftimInternet:SwissAgriculturalOutlook•ZufriedenheitundsozialeVernetzung

Detailprogrammwww.agroscope.ch>Aktuell>Veranstaltungen

AnmeldungBis am 28. August 2014 bei [email protected]

TagungsortAgroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, Tänikon1,8365Ettenhausen,HörsaalRefenthal

KostenFr. 80.– (inkl. Dokumentation und Mittagessen)

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBFAgroscope

Schweizerische EidgenossenschaftConfédération suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizra