Agrarforschungschweiz Heft 6, Juni 2013
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AgrArforschung schweiz
J u n i 2 0 1 3 | H e f t 6
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BLW
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A |
ETH
Zü
rich
Nutztiere Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial Seite 256
Gesellschaft Serie AlpFUTUR: Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung Seite 272
Kurzbericht Rehkitzrettung Seite 302
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW;
Agroscope Liebefeld-Posieux und Schweizerisches Nationalgestüt ALP-Haras; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.ch
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Evelyne Fasnacht (ALP-Haras), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
Forscher von Agroscope haben die Milchqualität von Betrieben mit automatischem Melksystem und solchen mit Melkstand verglichen. Die Melkroboterbetriebe fallen durch grosse Unter-schiede in der Milchqualität auf. (Foto: Agroscope)
255 Editorial
Nutztiere
256 Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial Ernst Jakob, Daniel Goy, John Haldemann und
René Badertscher
Nutztiere
264 Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich Johanna Besier, Brigitte Strickler, Ruedi von
Niederhäusern und Ueli Wyss
Gesellschaft – Serie AlpFUTUR
272 Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung
Xenia Junge und Marcel Hunziker
Umwelt – Serie AlpFUTUR
280 Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet Beatrice Schüpbach, Thomas Walter,
Gabriela Hofer und Felix Herzog
Pflanzenbau
288 Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp. David Gerardin et al.
Pflanzenbau
296 Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012
Rainer Frick, Eric Mosimann, Daniel Suter und
Hansueli Hirschi
Kurzbericht
302 Rehkitzrettung
Nicole Berger
306 Porträt
307 Aktuell
311 Veranstaltungen
Sortenliste
Beilage Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2014
Jürg Hiltbrunner et al.
InhaltJuni 2013 | Heft 6
Editorial
255Agrarforschung Schweiz 4 (6): 255, 2013
Neue Herausforderungen – neue Forschungsstruktur: Agroscope
Liebe Leserin, lieber Leser
Neben der Herausforderung, die exponentiell wachsende Weltbevölkerung
zu ernähren, ergeben sich als Folge der globalen Erwärmung unweigerlich
bedeutende Schwankungen in der landwirtschaftlichen Produktion, was zu-
sätzliche Probleme mit sich bringt. Zudem führen die Finanzspekulationen
bei den landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen zu vermehrter Instabilität
der Kurse. Wir brauchen somit produktive Landwirte, die mit den Wetterrisi-
ken, den auftretenden Pflanzenkrankheiten, den Preisschwankungen und
mit den Grenzen des heutigen Wissens umgehen können. Wir müssen daher
Systeme entwerfen können, welche es den vielen wichtigen Partnern* der
Agroindustrie und des Lebensmittelsektors ermöglichen, sich auf technischer
und ökonomischer Ebene auszutauschen.
Zentralisierung oder Dezentralisierung
Die für die schweizerische Forschung Verantwortlichen müssen hierzu Rah-
menbedingungen schaffen, welche den vier Instituten von Agroscope erlau-
ben, die Erwartungen der Gesellschaft und die Bedürfnisse der verschiede-
nen Branchen der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie heute und
morgen zu erfüllen.
Es geht somit darum, die Arbeitsabläufe quer durch alle Bereiche von
Agroscope zu standardisieren und gleichzeitig die Besonderheiten jedes Ins-
tituts zu fördern. Soll also zentralisiert oder dezentralisiert werden? Das ist
die Kernfrage von Agroscope! Es ist klar, dass jede Einheit, die sich klare Ziele
setzt, eine zentrale Koordination benötigt. Diese muss die allgemeine Rich-
tung definieren und sicherstellen, dass die Untereinheiten diese einhalten
und zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele beitragen.
Gewisse Abläufe werden also in Zukunft zentralisiert werden: Erarbeiten
der Forschungsprogramme, Auftritt und Kommunikation, Investitionen,
Anschaffungen und Verwaltung von Drittmitteln, Budgetplanung und
Arbeitsreglemente. Es wurden intensive Gespräche über die Art der Harmo-
nisierung geführt. In den letzten Jahren haben wir darin viel Erfahrung
gesammelt, und dies in einem grossen und geografisch weit gestreuten
Unternehmen. Von allen Abläufen werden wir die erfolgreichsten aufneh-
men und im Rahmen des Möglichen für Agroscope verallgemeinern. Es ist
jedoch klar, dass die wichtigen Entscheide nicht allein von der zentralen
Koordinationsstelle aus getroffen werden können, da dieser die entspre-
chenden Informationen und die Zeit fehlen. Die effiziente Organisation von
Agroscope muss daher die Vorteile der Dezentralisation, nämlich Flexibilität
und Bereitstellung der Ressourcen, mit jenen der Zentralisierung für die
nötige Kohärenz verbinden. Es muss somit eine gemeinschaftliche Unterneh-
menskultur erarbeitet werden. Welches ist die konstruktivste Art der Zusam-
menarbeit? Wie können wir im gesamten Bereich Agroscope den Dialog för-
dern? Welche Unternehmensphilosophie möchten wir entwickeln? Die
leitenden Organe von Agroscope sind diese vielen Fragen gezielt angegan-
gen und sie freuen sich auf die Umsetzung mit Hilfe aller Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter – jetzt schon ein grosses Dankeschön an alle.
Jean-Philippe Mayor, Direktor Agroscope ACW
«Begegnen wir der Zeit,
wie sie kommt und sich
ändert». Shakespeare
*Schweizerische und ausländische Hoch-schulen, das FIBL und ausländische landwirt-schaftliche Forschungsanstalten, Grossver-teiler wie Migros, COOP, Fenaco, Lebensmitteltechnologiefirmen wie Nestlé und die Agrochemie in Basel, etc.
256 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
Kuh im Melkroboter Astronaut A3 vom Lely. (Foto: ALP-Haras)
E i n l e i t u n g
Der Einfluss des automatisierten Melkens (AMS) auf die
Milchqualität wurde in vielen Studien untersucht. Diese
zeigen übereinstimmend, dass die AMS-Milch wesentlich
höhere Gehalte an freien Fettsäuren aufweist (Pomiès et
al. 1998; Klungel et al. 2000; Slaghuis et al. 2004; Wiking
et. al. 2006). Verschiedene Autoren konnten zeigen, dass
der Gehalt an freien Fettsäuren stark von der Melk-
frequenz abhängt (Jellema 1986; Slaghuis et al. 2004;
Wiking et al. 2006). Und diese ist in AMS-Betrieben
höher ist als Betrieben mit zwei festen Melkzeiten pro
Tag. Hinsichtlich der bakteriologischen Qualität der
Milch stellten frühere Studien einen negativen Einfluss
des AMS fest (Pomiès et al. 1998; Klungel et al. 2000;
Rasmussen et al. 2002). Häni (2008) untersuchte den Ein-
fluss des Melksystems auf die Qualität von silofreier
Käsereimilch, die für die Herstellung von Gruyère AOC
bestimmt war. Milch aus Betrieben mit AMS und solche
mit Rohrmelkanalage wiesen signifikant höhere Keim-
zahlen und kürzere Methylenblau-Reduktionszeiten auf
als die Milch aus Melkständen. Im Vergleich zur letzteren
Ernst Jakob, Daniel Goy, John Haldemann und René Badertscher
Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras, 3002 Bern, Schweiz
Auskünfte: Ernst Jakob, E-Mail: [email protected], Tel. +41 31 323 81 45
Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial
N u t z t i e r e
Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial | Nutztiere
257
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
Die Milchqualität von zehn Betrieben mit
automatischem Melksystem (AMS-Betriebe)
und von acht Betrieben mit Melkstand
(MS-Betriebe) wurde verglichen. Sommer,
Herbst und Winter wurde von jedem Betrieb
monatlich einmal eine Probe der Abendmilch
sowie eine Probe der Milch des folgenden
Morgens erhoben. Die Proben wurden
hinsichtlich der Gehalte an Fett, Protein,
somatischen Zellen und freier Buttersäure
sowie der Zahl aerober mesophiler Keime,
psychrotropher Keime und anaerober Sporen
untersucht. Weitere Prüfparameter waren
der Gefrierpunkt, die Titrationsazidität nach
elf Stunden. bei 38 °C und die Methylen blau-
Reduktionszeit nach elf Stunden Vorbebrü-
tung bei 32 °C (MBRT). Bezüglich aller
Prüfparameter ausser Fett und anaerober
Sporen unterschieden sich die Mittelwerte
von AMS- und MS-Betrieben signifikant
(P < 0,05). Die Milch der AMS-Betriebe zeigte
signifikant kürzere MBRT (38,0 vs. 47,3 min;
P < 0,001) höhere Titrationsazidität (14,5 vs.
11,4 °SH; P < 0,001), leicht höhere Zahl aerober mesophiler Keime (6800 vs. 6000 kbE/
ml; P < 0,001) und deutliche höhere Gehalte
an freier Buttersäure (0,107 vs. 0,061 mmol/L;
P < 0,001). Bei allen Kriterien ausser freie
Buttersäure war der Einfluss des Produzen-
ten grösser als jener der Melktechnik.
enthielt AMS-Milch ausserdem dreimal mehr freie But-
tersäure. Die Käsereimilch produzierenden AMS-Betriebe
wurden darauf angewiesen, die Zwischenmelkzeiten
nach unten auf acht Stunden zu begrenzen. Ziel der vor-
liegenden Arbeit war zu untersuchen, ob die Limitierung
der Zwischenmelkzeit und allfällige Verbesserungen
bezüglich Technik und Management zu einer Verbesse-
rung der Milchqualität führen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Betriebe
Für den Versuch wurden neun Milchproduktions be-
triebe mit AMS im Produktionsgebiet von Gruyère AOC
ausgewählt. Hinzu kam ein AMS-Betrieb, dessen Milch
zu Emmentaler AOC verarbeitet wird. Die Gruppe der
AMS-Betriebe bestand somit aus zehn Betrieben verteilt
auf zehn Käsereigenossenschaften. Acht Betriebe mit
Melkstand aus dem Kreis derselben Genossenschaften
bildeten die Vergleichsgruppe. In zwei Genossenschaf-
ten gab es keinen Betrieb mit Melkstand. In der AMS-
Gruppe waren Melksysteme von nur zwei Herstellern
(viermal Lely und sechsmal DeLaval) vertreten, in der
Melkstandgruppe waren es Systeme fünf verschiedener
Hersteller (DeLaval, GEA, SAC, Surge, Westfalia).
Milchproben
Während der Versuchsperiode von sieben Monaten (Juli
bis Januar) wurde je Betrieb monatlich je eine Abend-
und eine Morgenmilchprobe gefasst. Die Probenahme
erfolgte in der Käserei, wo die Milchproduzenten ihre
Milch zweimal täglich ablieferten. Die Milchproben wur-
den sofort auf < 5 °C gekühlt, innert vier Stunden ins
Labor gebracht und für die verschiedenen Analysen ali-
quotiert. Die für die Bestimmung der freien Fettsäuren
vorgesehenen Probenaliquote wurden eingefroren und
bis zur Analyse bei –20 °C gelagert.
Milchanalytik
Die Gehalte an Fett, Protein sowie der Gefrierpunkt wur-
den infrarotspektroskopisch gemessen (MilkoScan FT;
FOSS, DK-3400 Hillerød). Mittels fluoreszenzoptischer
Zählung wurden die Zahl somatischer Zellen (Fossomatic
FC; FOSS, DK-3400 Hillerød) und die aerobe mesophile
Keimzahl bestimmt (BactoScan FC 150; FOSS, DK-3400
Hillerød). Kulturelle mikrobiologische Analysen umfass-
ten die Zählung der psychrotrophen Keime (Plate Count
Agar mit 0,1% Magermilchpulver; Inkubation bei
6,5 °C/10 d) sowie der Buttersäuresporen (MPN-Methode
mit Bryant-Burkey-Medium; Inkubation bei 37 °C/7 d).
Der Säuregrad nach elf Stunden. bei 38 °C und die vorbe-
brütete Methylenblau-Reduktaseprobe wurden gemäss
Nutztiere | Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial
258 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
dem Handbuch von Fromarte (Anonymus 2010)
bestimmt. Die freie Buttersäure wurde jeweils in der fri-
schen Milchprobe gemessen sowie nach 24 Std. Lage-
rung der Milch bei 20 °C (Konservierung mit Bronopol).
Dazu wurde die salzsaure Probe mit Ethanol verestert
(1 ml Milch + 0,2 ml HCl 2,87 M + 0,2 ml Ethanol; Inkuba-
tion bei 95 °C während 3 min.) und mittels Headspace-
Gaschromatographie analysiert (Badertscher 2009).
Die statistische Auswertung erfolgte mittels Varianzana-
lyse (General Linear Model, SYSTAT Version 12) nach
dem Model Y = m + α + β + γ + δ(γ) + ε, wobei m = Mittel-
wert, α = Einfluss Saison (Sommer/Herbst/Winter), β =
Einfluss Melkzeit (Morgen/Abend), γ = Einfluss Melksys-
tem (AMS/Melkstand), δ(γ) Einfluss des Betriebes inner-
halb der Melksystem-Gruppe, ε = Reststreuung. Mit
einem erweiterten Modell wurden Interaktionen zwi-
schen den Faktoren Saison, Melkzeit und Melksystem
geprüft. Interaktionen zeigten sich zwischen den Fakto-
ren Melkzeit und Melksystem, und zwar bezüglich Fett-
gehalt, Zellzahl und freier Buttersäure (C4 0 Std), so dass
hier das Modell Y = m + α + β + γ + δ(γ) + β×γ + ε zur
Anwendung kam.
R e s u l t a t e
Bei den meisten Qualitätsparametern der Milch war die
Streuung innerhalb der Gruppe der Melkstandbetriebe
tendenziell kleiner als in der Gruppe AMS. Als die klar
wichtigste Streuungsursache erwies sich der Faktor
Betrieb, der einen hoch signifikanten Einfluss auf alle
untersuchten Qualitätsparameter hatte (Tab. 1). Die Jah-
reszeit beeinflusste erwartungsgemäss die Gehalte an
Fett, Protein und somatischen Zellen (SCC) sowie die
Keimflora der Milch. Die Gehalte an Fett, Protein und
psychrotrophen Keimen lagen im Winter höher als im
Sommer, die Zellzahl und die aerobe mesophile Keim-
zahl (AMK) dagegen tiefer. Im Winter zeigten die bei
38 °C bebrüteten Milchproben zudem allgemein tiefere
Säuregrade und damit eine weniger aktive Säuerungs-
flora als die Proben von Sommer und Herbst. Auch die
Fetthydrolyse zeigte sich stark saisonabhängig: Von
Sommer bis Winter nahm der Gehalt der Milch an freier
Buttersäure um rund 30 % ab, was sich mit den Beobach-
tungen von Chazal & Chilliard (1986) über die Saisonab-
hängigkeit der freien Fettsäuren in der Milch deckt.
Einflussfaktor Saison Melkzeit Betrieb MelksystemLSM(1) LSM(1)
EinheitenAMS Melkstand
Prüfparameter
Fett ** */*** (2) *** n. s. 4,001 4,066 g/100g
Protein *** n. s. *** * 3,334 3,374 g/100g
Gefrierpunkt n. s. * *** * –0,522 –0,524 °C
Zellzahl (SCC) *** n. s/* (2) *** ** 5,222 5,141 log Zellen/ml
Keimzahl (AMK) *** n. s. *** *** 3,835 3,777 log kbE/ml
Psychrotrophe Keime *** n. s. *** * 2,046 1,821 log kbE/ml
Buttersäuresporen * n. s. *** n. s. 2,004 2,021 log kbE/ml
Vorbebrütete Reduktaseprobe n. s. * *** *** 38,0 47,3 min
Säuregrad 11 Std./38 °C n. s. * *** *** 14,5 11,4 °SH
Freie Buttersäure 0 Std. (C4 0 Std.) *** n. s./** (2) *** *** 83 49 μmol/l
Freie Buttersäure 24 Std. (C4 24 Std.) *** n. s. *** *** 107 61 μmol/l
Zunahme freie Buttersäure * n. s. *** *** 24 13 μmol/l
(1)LSM = least square means(2)Interaktionen zwischen Melkzeit und Melksystem (Signifikanz innerhalb der Betriebsgruppen AMS/Melkstand)
n. s. = Die Mittelwerte unterscheiden sich nicht signifikant (P ≥ 0,05); * = P < 0,05; ** = P < 0,01; *** = P < 0,001
Tab. 1 | Varianzanalyse aller Qualitätsparameter der Milch (N = 201)
Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial | Nutztiere
259Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
der Betriebe war bei allen Parametern wesentlich grös-
ser als jener des Melksystems, ausser bei der freien But-
tersäure (C4 0 Std. und C4 24 Std.), wo der Einfluss des
Melksystems grösser war.
Die Schweizer Käsereien, welche Rohmilchkäse her-
stellen, beurteilen die hygienische Qualität der eingelie-
ferten Milch in erster Linie anhand der Methylenblau-
Reduktionszeit nach elf Stunden Vorbebrütung der
Milchproben bei 32 °C und anhand des Säuregrades nach
elf Stunden Vorbebrütung bei 38 °C. Sowohl AMS- als
auch Melkstandbetriebe erfüllten die Anforderungen im
Methylenblau-Reduktionstest (t > 15 min) mehrheitlich.
In zwei AMS-Betrieben lag der Medianwert jedoch nahe
der Beanstandungsgrenze (Abb. 1). Weniger befriedi-
gend war die Situation bezüglich des Säuregrades der
Milch, der ein Mass für die Aktivität säurebildender Keime
in der Rohmilch ist. Bei drei der zehn AMS-Betriebe über-
schritten mindestens 75 % der Milcheinlieferungen den
höchstzulässigen Säuregrad von 15 °SH (Abb. 2). Fünf
AMS-Betriebe waren aber bezüglich des Säuregrades der
Milch vergleichbar mit den allgemein gut abschneiden-
den Melkstandbetrieben.
Die aerobe mesophile Keimzahl der Milch lag, von
Ausreissern abgesehen, in beiden Betriebsgruppen im
Rahmen der gesetzlichen Anforderungen (Abb. 3). Der
für Herstellung von Rohmilchkäse empfohlene Höchst-
Die Melkzeit hatte insgesamt einen geringen Einfluss
auf die Zusammensetzung der Milch. Allerdings war der
Einfluss auf den Fettgehalt, die Zellzahl und die Konzen-
tration der freien Buttersäure in der frischen Milch
(C4 0 Std.) signifikant vom Melksystem abhängig (Tab. 1).
In der AMS-Gruppe variierten Zellzahl und Buttersäure-
werte tageszeitlich nicht signifikant, und der durch-
schnittliche Fettgehalt der Morgenmilch lag um
0,12 g/100 g höher als in der Abendmilch (P < 0,05). In
der Melkstand-Gruppe lag der Fettgehalt der Abend-
milch um 0,37 g/100 g höher als in der Morgenmilch
(P< 0,0001), ebenso die Zellzahl (5,174 vs. 5,109 log
Zellen/ml; P < 0,05) und die freie Buttersäure (56 vs.
42 μmol/L; P < 0,01). Höhere Fettgehalte und Zellzahlen
in der Abendmilch von zweimal täglich gemolkenen
Herden wurden auch von anderen Autoren beobachtet
(Quist et al. 2008). Die höheren Buttersäuregehalte in
der Abendmilch aus den Melkständen erklären sich
zumindest teilweise durch die um 13 Std. längere Lage-
rung der Milchproben im Vergleich zu den Proben der
Morgenmilch. Bei den AMS-Betrieben, in denen es keine
fixen Melkzeiten gab, war dieser Effekt nicht messbar.
Signifikante Unterschiede zwischen den Betriebs-
gruppen AMS und Melkstand zeigten sich bei allen
untersuchten Parametern ausser dem Fettgehalt und
dem Gehalt an Buttersäuresporen (Tab. 1). Der Einfluss
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
0
20
40
60
80
Redu
ktio
nsze
it [m
in]
AMS-Betriebe
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
0
20
40
60
80
Redu
ktio
nsze
it [m
in]
Melkstand-Betriebe
Abb. 1 | Methylenblau-Reduktionstest der Milch nach elf Stunden Vorbebrütung bei 32 °C. Der schattierte Bereich markiert den Sollbereich (> 15 min). Die Rechtecke markieren den 50-%-Interquartil-Bereich (IB) mit zentraler Median-Linie, die Striche nach oben den Bereich 1. Quartil + 1,5 × IB, die Striche nach unten den Bereich 3. Quartil – 1,5 × IB. Sterne markieren Extremwerte.
Nutztiere | Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial
260 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
wert von < 10 000 kbE/ml, dessen Unterschreitung teil-
weise mit einer Qualitätsprämie belohnt wird, wurde
von vielen Betrieben gut eingehalten. Nur bei zwei
AMS-Betrieben waren die Keimzahlen in der Mehrzahl
der Proben höher.
Die festgestellten Unterschiede zwischen den
Betriebsgruppen bezüglich der Zahl somatischer Zellen
in der Milch waren gering, aber gleichwohl statistisch
signifikant (P < 0,01). Die grössten Unterschiede zwi-
schen AMS und Melkstand zeigten sich in der Milch im
Gehalt an freier Buttersäure, und dies sowohl in den fri-
schen als auch in den 24 h gelagerten Proben (Tab. 1 und
Abb. 4). Die Milch aus den AMS-Betrieben enthielt im
Durchschnitt rund 1,8 mal mehr freie Buttersäure als die
Milch der Melkstandbetriebe. Bei sechs der zehn AMS-
Betriebe wurde der von Agroscope empfohlene Höchst-
wert von 105 μmol/L freier Buttersäure (C4 24 Std.) bei
rund 50 % der untersuchten Milchlieferungen über-
schritten. Ein AMS-Betrieb zeigte allerdings durchwegs
einwandfreie Buttersäurewerte, die vergleichbar mit
dem Durchschnitt der Betriebe mit Melkstand waren.
D i s k u s s i o n
Ähnlich wie die im Jahr 2006 durchgeführte Studie (Häni
2008) zeigte auch die vorliegende Untersuchung, dass die
Milch der AMS-Betriebe bezüglich der in der Käsereipra-
xis wichtigen mikrobiologisch-hygienischen Qualitätskri-
terien (Methylenblau-Reduktionszeit und Säuregrad der
Milch nach Inkubation während elf Stunden.) schlechter
abschneidet als die Milch aus Betrieben mit Melkstand. In
der Milch der AMS-Betriebe fand Häni (2008) durch-
schnittlich 14 500 KbE/ml aerobe mesophile Keime gegen-
über 4 600 KbE/ml in der Milch aus Melkständen (geome-
trische Mittelwerte), was die Beobachtungen anderer
Autoren (Pomiès et al. 1998; Klungel et al. 2000; Rasmus-
sen et al. 2002) bestätigte. Die hier gefundenen geomet-
rischen Mittelwerte liegen bei 6800 für die AMS-Betriebe
beziehungsweise bei 6000 KbE/ml auf den Betrieben mit
Melkstand. Ein derart geringer Unterschied ist aus Sicht
der Käsereipraxis ohne Bedeutung. Bedeutend ist jedoch
die Tatsache, dass einige Betriebe mit AMS recht häufig
ungenügende Ergebnisse zeigten (Abb. 2 und 3).
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
0
10
20
30
40
Säur
egra
d 11
h/38
°C [°
SH]
AMS-Betriebe
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
0
10
20
30
40
Säur
egra
d 11
h/38
°C [°
SH]
Melkstand-Betriebe
Abb. 2 | Säuregrad der Milch nach elf Stunden Vorbebrütung bei 38 °C. Der grüne Bereich markiert den Sollbereich (< 15 °SH). Die Recht-ecke markieren den 50-%-Interquartil-Bereich (IB) mit Median-Linie, die Striche nach oben markieren den Bereich 1. Quartil + 1,5 x IB, die Striche nach unten den Bereich 3. Quartil – 1,5 × IB. Sterne markieren Extremwerte mit einer Abweichung vom Median > 1,5 × IB, Kreise Ext-remwerte mit einer Abweichung vom Median > 3,0 × IB.
Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial | Nutztiere
261Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
3
4
5
6
AMS-Betriebe
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
3
4
5
6
Keim
zahl
[log
KbE
/mL]
Melkstand-Betriebe
Keim
zahl
[log
KbE
/ml]
Abb. 3 | Aerobe mesophile Keimzahl der Milch. Der grüne Bereich markiert den für die Herstellung von Rohmilchkäse empfohlenen Bereich (< 10 000 kbE/ml), der gelbe Bereich die Anforderungen gemäss Verordnung über die Hygiene in der Milchproduktion von ≤ 80 000 kbE/ml (Anonymus 2013). Die Rechtecke markieren den 50-%-Interquartil-Bereich (IB) mit Median-Linie, die Striche nach oben den Bereich 1. Quar-til + 1,5 × IB, die Striche nach unten den Bereich 3. Quartil — 1,5 × IB. Sterne markieren Extremwerte mit einer Abweichung vom Median >1,5 × IB, Kreise Extremwerte mit einer Abweichung vom Median >3,0 × IB.
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
0
100
200
300
C4 2
4 h
[um
ol/L
]
AMS-Betriebe
101
102 11 21 22 31 32 41 42 51 52 61 62 71 81 82 91 92
Betrieb
0
100
200
300
C4 2
4 h
[um
ol/L
]
Melkstand-Betriebe
Abb. 4 | Freie Buttersäure nach 24 Std. in der mit Bronopol konservierten Milch. Der grüne Bereich markiert den von Agroscope empfohlene Sollbereich für Käsereimilch (< 105 μmol/L). Die Rechtecke markieren den 50-%-Interquartil-Bereich (IB) mit Median-Linie, die Striche nach oben den Bereich 1. Quartil + 1,5 ×IB, die Striche nach unten den Bereich 3. Quartil – 1,5 × IB. Sterne markieren Extremwerte mit einer Ab-weichung vom Median > 1,5 × IB.
262
Nutztiere | Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
Zum Einfluss von AMS auf die Eutergesundheit bezie-
hungsweise die somatische Zellzahl in der Milch liegen
wenige und widersprüchliche Ergebnisse vor: Während
Klungel et al. (2000) keinen Einfluss feststellen konnten,
beobachteten Rasmussen et al. (2002) einen Anstieg
der Zellzahl nach Umstellung auf AMS. Die AMS-
Betriebe der vorliegenden Studie wiesen nur gering-
fügig höhere Zellzahlen in der Milch auf als die Melk-
stand-Betriebe (Tab. 1).
Der in vielen Studien nachgewiesene Anstieg der
freien Fettsäuren in der Milch nach Installation eines
AMS (Pomiès et al. 1998; Klungel et al. 2000; Slaghuis et
al. 2004; Wiking et al. 2006) ist in erster Linie durch die
kürzeren Melkintervalle bedingt (Slaghuis et al. 2004;
Wiking et al. 2006). Die in der Studie von Häni (2008)
involvierten AMS-Betriebe beachteten dies noch nicht.
Erst im Jahre 2008 wurden die Käsereimilch produzie-
renden AMS-Betriebe angewiesen, Zwischenmelkzeiten
von mindestens acht Stunden zu gewährleisten. Tatsäch-
lich sind Gehalte an freier Buttersäure in der Milch der
AMS-Betriebe in dieser Studie deutlich tiefer als in Stu-
die von Häni (2008), wo die Werte der AMS-Milch im
Durchschnitt 3,5 mal höher waren als in der Milch aus
Melkständen. In der vorliegenden Studie wurden in der
AMS-Milch noch 1,75 mal höhere Werte gefunden, was
immer noch eine erhebliche Differenz darstellt. Um die
Fettspaltung in der AMS-Milch weiter zu reduzieren,
müssten die minimalen Zwischenmelkzeiten weiter
angehoben werden. Wie Slaghuis und Mitarbeiter (2004)
gezeigt haben, sinkt der Gehalt der Milch an freien Fett-
säuren bei einer Verlängerung der Zwischenmelkzeit
von acht auf zwölf Stunden um rund 40 %.
Die gegenüber der Studie von 2006 (Häni 2008) fest-
gestellte qualitative Verbesserung der Milch der AMS-
Betriebe ist wahrscheinlich auch durch technische Ver-
besserungen der AMS zustande gekommen. Insgesamt
erwies sich der Einfluss des Melksystems auf die Milch-
qualität als deutlich geringer als der Einfluss des Betriebs.
In dieser Studie waren drei der zehn AMS-Betriebe
gegenüber dem Durchschnitt der Melkstandbetriebe in
allen Milchqualitätsmerkmalen weitgehend ebenbürtig.
Die Feststellung, dass die Ergebnisse der Milchprüfung in
der Gruppe der AMS-Betriebe stärker streuen als in der
Melkstandgruppe, deutet darauf hin, dass AMS teilweise
unter nicht optimalen Bedingungen betrieben oder
ungenügend überwacht werden.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Insgesamt ist der Einfluss des Melksystems auf die
Milchqualität deutlich geringer als der Betriebs-
einfluss.
•• Im Vergleich zur 2006 durchgeführten Studie (Häni
2008) hat sich die Qualität der mit AMS gemolkenen
Käsereimilch bezüglich der Keimzahl und der freien
Fettsäuren deutlich verbessert.
•• Trotz der 2008 eingeführten Begrenzung der Zwischen-
melkzeiten auf mindestens acht Stunden zeigt AMS-
Milch im Durchschnitt immer noch eine doppelt so
starke Fettspaltung wie die Milch aus Melkständen.
Hersteller von Rohmilchkäse sind gut beraten, die Milch
aus AMS-Betrieben diesbezüglich zu überwachen.
•• Die generell gute Milchqualität bei drei von zehn
Betrieben mit AMS zeigt, dass die Melkroboter
technisch und in der Anwendung weiter gereift sind.
•• Die Feststellung, dass die Milchqualität in der Gruppe
der AMS-Betriebe stärker streuten als in der Melk-
standgruppe, deutet aber darauf hin, dass AMS
teilweise unter nicht optimalen Bedingungen betrie-
ben oder ungenügend überwacht werden. n
263
Melkroboter in der Käsereimilchproduktion mit Verbesserungspotenzial | Nutztiere
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Sum
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Agrarforschung Schweiz 4 (6): 256–263, 2013
Automatic milking systems in cheese milk
production: potential for improvements
The quality of milk produced by ten farms with
an automatic milking system (AMS) and eight
farms with a milking parlour (MP) was compared.
On each farm, two milk samples – one of
evening milk and one taken the following
morning were taken monthly in summer, autumn
and winter. The samples were analysed for fat,
protein, somatic cells, free butyric acid, aerobic
mesophilic germs, psychrotrophic germs and
anaerobic spores. Other test parameters were
freezing point (FP) as well as titratable acidity
and methylene blue reduction time after pre-
incubation for 11h at 38 °C and 32 °C respec-
tively. Mean values for AMS and MP milk were
significantly different for all parameters except
fat and AS (P<0.05). Milk from AMS farms had
significantly shorter methylene blue reduction
time (38,0 vs. 47,3 min; P<0,001), higher titrat-
able acidity (14,5 vs. 11,4 °SH; P<0,001) and
slightly higher counts for aerobic mesophilic
germs (6800 vs. 6000 kbE/mL; P<0,001). Levels of
free butyric acid were much higher in AMS milk
than in MP milk (0,107 vs. 0,061 mmol/L;
P<0,001). For all parameters except free butyric
acid, farm-to-farm variations were more impor-
tant than variations between the milking
systems.
Key words: automatic milking, season, milk
quality, aerobic mesophilic germs, somatic cell
count, lipolysis, free fatty acids.
Robot di mungitura nella produzione lattifera
con un potenziale di miglioramentoÈ stata confrontata la qualità del latte di dieci
aziende dotate di un sistema di mungitura
automatica (aziende AMA) con otto aziende
dotate di sala di mungitura (aziende SM).
Durante l’estate, l’autunno e l’inverno è stato
prelevato in ogni azienda, una volta al mese un
campione di latte della mungitura serale e uno
del mattino seguente. I campioni sono stati
analizzati per quanto riguarda il tenore in grassi,
proteine, cellule somatiche e acido butirrico
libero, nonché il numero di germi aerobi mesofili,
germi psicrotrofi e spore anaerobiche. Ulteriori
parametri di esame erano il punto di congela-
mento, l'acidità di titolazione dopo 11 ore a
38 °C e il tempo di riduzione del blu di metilene
dopo 11 ore di incubazione a 32 °C. Per quanto
riguarda tutti i parametri esaminati, a eccezione
dei grassi e delle spore anaerobiche, i valori medi
delle aziende AMA e SM si differenziano in
modo significativo (P<0,05). Il latte delle aziende
AMA ha mostrato un tempo di riduzione del blu
di metilene notevolmente inferiore (38,0 vs.
47,3 min; P<0,001), maggiore acidità di titola-
zione (14,5 vs. 11,4 °SH; P<0,001), un numero di
germi aerobi mesofili leggermente più elevato
(6800 vs. 6000 kbE/mL; P<0,001) e tenori di acido
butirrico libero nettamente superiori (0,107 vs.
0,061 mmol/L; P<0,001). Per tutti i criteri, a
eccezione dell’acido butirrico libero, l'influenza
dei produttori è stata maggiore di quella
esercitata dalla tecnica di mungitura.
▪ Pomiès D., Vimal T., Bony J. & Coulon J.B., 1998. Mise en place d’un robot de traites dans une ferme expérimentale: premiers résultats obtenus à l’INRA. Rencontres autour des recherches sur les ruminants No 5, Paris F (02/12/1998), no 5, 335–338. ISBN 2-84148-029-1.
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264 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
Ob Heu oder Haylage besser geeignet ist bei der Pferdefütterung, wird bei den Pferdehaltern kontrovers diskutiert.
E i n l e i t u n g
Die Herstellung von Heu ist für die Pferdefütterung die
traditionelle Methode, um Futter lagerfähig zu machen
(Müller und Uden 2007). In Skandinavien und Zentral-
europa wurde jedoch in den letzten Jahren im Pferdebe-
reich Heu immer mehr durch Silage oder Haylage ersetzt
(Schwarz et al. 2005; Müller 2012). Haylage unterscheidet
sich von der konventionellen Silage durch ihren höheren
TS-Gehalt. Nach Allen et al. (2011) hat eine Haylage einen
TS-Gehalt über 50 %; nach Kalzendorf und Thaysen (2011)
wird für Haylage ein TS-Gehalt von 45 bis 60 % empfoh-
len. In der Praxis weist Haylage oft TS-Gehalte von über
60 % auf (Nater et al. 2007; Rathjen 2012).
Die Herstellung von Heu von guter Qualität ist nicht
nur abhängig von der Qualität des Ausgangsmaterials,
sondern auch von den Witterungsbedingungen. Die oft
während der Ernte herrschenden unbeständigen Wet-
terverhältnisse sind für die Herstellung von qualitativ
hochwertigem Heu kritisch, denn sie können zu hohen
Nährstoffverlusten und einer schlechten mikrobiologi-
schen Qualität führen. Heu sollte bei der Einlagerung
Johanna Besier1, Brigitte Strickler1, Ruedi von Niederhäusern1 und Ueli Wyss2
1Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras, 1580 Avenches, Schweiz2Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras, 1725 Posieux, Schweiz
Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: [email protected], Tel +41 26 407 72 14
Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich
N u t z t i e r e
Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich | Nutztiere
265
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Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
In der Praxis wird im Pferdebereich immer
mehr Heu durch Haylage ersetzt. 2011
wurde in Avenches VD Heu und Haylage
aus einem italienischen Raigras- und einem
Gräsermisch-Bestand, der sich aus zehn
Gräserarten und Luzerne zusammensetzte,
hergestellt. Die Konservierungseigenschaf-
ten, die Nährwerte und die mikrobiologi-
sche Qualität des Futters wurden im
Hinblick auf die Pferdefütterung bewertet.
Das Raigras wies im Vergleich zur Mischung
tiefere Rohasche-, Rohprotein-, Rohfaser-
und verdauliche Rohproteingehalte sowie
höhere Zucker- und Fruktangehalte auf.
Raigras enthält mehr an verdaulicher
Energie Pferd, die anhand der Nährstoffe
geschätzt wurde, als die Mischung.
Die Konservierungsart Haylage oder Heu
wirkte sich signifikant auf den Rohprotein-
gehalt, das verdauliche Rohprotein und den
Fruktangehalt aus. Dabei waren das
Rohprotein und das verdauliche Rohprotein
im Heu tiefer als in der Haylage; der
Fruktangehalt war hingegen höher. Grosse
Unterschiede gab es bei der mikrobiologi-
schen Qualität der Haylage und des Heus.
Das Heu war beim Pressen nicht genügend
trocken (TS < 82 %) und wies deshalb nach
der Lagerung einen hohen Schimmelpilzbe-
fall auf. Im vorliegenden Vergleich wurde
aufgrund der tieferen Fruktangehalte und
des geringeren Schimmelpilzbefalls die
Haylage für die Pferde als vorteilhafter als
das Heu bewertet.
einen TS-Gehalt von mindestens 85 % aufweisen, um der
Schimmelpilzbildung vorzubeugen und um es dadurch
auch vor einer Futtererwärmung zu bewahren (Gregory
et al. 1963; Meyer 1986).
Die Vorteile der Haylage gegenüber dem Heu lie-
gen darin, dass die Trocknungsdauer auf dem Feld ver-
kürzt und dadurch das Wetterrisiko vermindert werden
kann. Zudem stellte Vandenput et al. (1997) fest, dass
die in Folie verpackte Haylage im Vergleich zum Heu
signifikant geringere Mengen an Schimmelpilzen auf-
wies. Die höhere Staubkonzentrationen im Heu wird
häufig verantwortlich gemacht für Atemwegserkran-
kungen bei Pferden. Haylage kann deshalb präventiv
zur Vermeidung dieser Krankheiten eingesetzt werden
(Müller 2012).
Inwieweit es Unterschiede bei den Inhaltsstoffen und
der mikrobiologischen Qualität von Haylage und Heu
gibt, die mit dem gleichen Ausgangsmaterial und zum
gleichen Zeitpunkt hergestellt wurden, sollte in einem
Versuch abgeklärt werden. Zudem stellt sich auch die
Frage, ob sich ein reiner Raigrasbestand, der mehr Zucker
und Fruktan aufweist, im Vergleich zu einem Mischbe-
stand besser konservieren lässt.
Im Rahmen einer Masterarbeit wurden Heu und
Haylage aus einem italienischen Raigras-Bestand und
einer Gräsermischung mit wenig Luzerne hergestellt
und die Konservierungseigenschaften, die Nährwerte
und die mikrobiologische Qualität des Futters im Hin-
blick auf die Pferdefütterung bewertet.
Abb. 1 | Oft wird Raigras in der Pferdfütterung verwendet, doch Raigras weist hohe Zucker- und speziell Fruktangehalte auf.
Nutztiere | Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich
266 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
In Avenches wurde 2010 einerseits italienisches Raigras
(Lolium multiflorum) der Sorte Ellire mit 50 kg Saat-
gut/ ha im Drillsaatverfahren angesät (Abb. 1). Anderer-
seits wurde eine Gräsermischung mit Luzerne (Medicago
sativa), die vom Hersteller als spezielles Pferdefutter
beworben wurde, mit 38 kg Saatgut/ha im Drillsaatver-
fahren angesät. Die Zusammensetzung der Mischung
und die ausgesäten Teilmengen sind in Tabelle 1 aufge-
führt.
Das Futter vom ersten Aufwuchs wurde sowohl als
Haylage als auch als Heu konserviert. Das Gras wurde am
23. Mai 2011 gemäht und stand zu diesem Zeitpunkt
grösstenteils im Stadium 6 «Blüte». Nach zweitägiger
Feldliegezeit mit ein- beziehungsweise zweimaligem
Zetten pro Tag bei der Haylage beziehungsweise beim
Heu wurden die Haylageballen am Mittag und die Heu-
ballen am Abend hergestellt.
Die Haylage wurde in Quaderballen im Format
170 × 120 × 70 cm gepresst und anschliessend mit Folie
(neun Lagen) eingewickelt. Haylageballen mit Raigras
wogen 460 kg und wiesen einen TS-Gehalt von 66,2 %
auf. Die daraus ermittelte Pressdichte ergab 213 kg
TS/ m3. Haylageballen der Gräsermischung wogen 485 kg
und wiesen einen TS-Gehalt von 71,8 % auf. Dies ergab
eine Pressdichte von 243 kg TS/m3.
Pflanzenartausgesäte Menge in
kg/ha
Italienisches Raigras (Lolium multiflorum) (Oryx) 3,8
Englisches Raigrass (Lolium perenne) (Alligator) 3,0
Knaulgras (Dactylis glomerata) (Pizza) 3,8
Rotschwingel (Festuca rubra) (Echo) 3,4
Wiesenschwingel (Festuca pratensis) (Preval) 7,6
Wiesen-Lieschgras (Phleum pratense) (Anjo) 2,3
Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis) (Vulpera MS) 0,8
Wiesen-Rispe (Poa pratensis) (Lato) 1,5
Wiesen-Kammgras (Cynosurus cristatus) (Cresta) 1,1
Gewöhnlicher Glatthafer (Arrhenaterum elatius) (Arone). 6,8
Luzerne (Medicago sativa) (Sanditi-Dormal) 3,8
Total 38,0
Tab. 1 | Zusammensetzung der Gräsermischung mit Luzerne
Abb. 2 | Mit der sensorischen Beurteilung kann die Qualität des Futters gut eingeschätzt werden.
Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich | Nutztiere
267Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
und Gärsäuren analysiert und auch das Futter sensorisch
beurteilt (Abb. 2). Im Weiteren wurden in den geöffne-
ten Haylageballen nach sieben Tagen nochmals Proben
zur Bestimmung der Inhaltsstoffe, der Gärparameter
und der mikrobiologischen Qualität gezogen. In der
Periode Januar/Februar, wo die Ballen geöffnet wurden,
herrschten Aussentemperaturen von -11 °C bis 2 °C.
Die Inhaltsstoffe wurden mit Hilfe von NIRS
bestimmt. Die Nährwerte des Futters im Hinblick auf
die Pferdefütterung wurden nach den Angaben von
Zeyner et al. (2010) berechnet. Die statistische Auswer-
tung erfolgte mit einer Varianzanalyse (Programm
SYSTAT 12).
Das Heu wurde in Rundballen gepresst. Die Rundballen
hatten einen Durchmesser von 150 cm und eine Höhe
von 120 cm. Ballen des Raigras-Heus wogen nach der
Lagerung 232 kg und hatten einen TS-Gehalt von 84,3 %.
Die daraus ermittelte Pressdichte ergab 92 kg TS/m3.
Heuballen der Gräsermischung wogen nach der Lage-
rung 221 kg und hatten einen TS-Gehalt von 82,8 %. Die
errechnete Pressdichte ergab 86 kg TS/m3.
Bei der Einlagerung im Mai 2011 und nach der
Lagerung im Januar/Februar 2012 wurden Proben zur
Bestimmung der Inhaltsstoffe und der mikrobiologi-
schen Qualität gezogen. Darüber hinaus wurden in
den Haylageproben nach der Lagerung die pH-Werte
Raigras MischungSD
Signifikanz
Haylage Heu Haylage Heu K1 F2 K*F3
TS, % 67,2 76,6 76,0 81,5 2,23 *** ** n.s.
Rohasche, g/kg TS 66 58 71 74 4,9 n.s. * n.s.
Rohprotein, g/kg TS 54 42 66 59 4,8 n.s. * n.s.
Rohfaser, g/kg TS 288 282 325 332 21,6 n.s. * n.s.
Rohfett, g/kg TS 20 17 20 18 1,7 n.s. n.s. n.s.
Zucker, g/kg TS 230 267 180 185 23,5 n.s. * n.s.
Fruktan, g/kg TS 113 162 80 89 17,1 n.s. * n.s.
VRP, g/kg TS 23 10 34 27 5,0 n.s. * n.s.
VEP, MJ/kg TS 9,0 9,2 8,3 8,0 0,51 n.s. n.s. n.s.
Nitrat, g/kg TS 0,03 0,07 0,22 0,37 0,252 n.s. n.s. n.s.
Pufferkapazität, g/kg TS 41 33 38 39 2,7 n.s. n.s. n.s.
Vergärbarkeitskoeffizient 112 142 114 120 8,2 * n.s. n.s.
Tab. 2 | Inhaltsstoffe des Futters bei der Einlagerung (Haylage und Heu n=2)
Raigras Mischung SD
Signifikanz
Haylage Heu Haylage Heu K1 F2 K*F3
TS, % 66,2 84,3 71,8 82,8 3,35 *** n.s. n.s.
Rohasche, g/kg TS 78 68 84 82 5,8 n.s. * n.s.
Rohprotein, g/kg TS 53 41 71 61 6,4 * ** n.s.
Rohfaser, g/kg TS 302 294 322 336 13,8 n.s. ** n.s.
Rohfett, g/kg TS 17 18 19 18 1,5 n.s. n.s. n.s.
Zucker, g/kg TS 246 242 189 187 21,5 n.s. ** n.s.
Fruktan, g/kg TS 95 139 61 79 12,1 ** *** n.s.
VRP, g/kg TS 21 9 40 29 6,6 * ** n.s.
VEP, MJ/kg TS 8,5 8,8 8,1 7,8 0,29 n.s. ** n.s.
SD: Standardabweichung
TS: Trockensubstanz; VRP: verdauliches Rohprotein; VEP: verdauliche Energie Pferd1beschreibt die Konservierungsart des Futters (K)2beschreibt das Futter (F)3beschreibt die Interaktion zwischen K und F
Signifikanz: n.s.: nicht signifikant; * p < 0,05; ** p < 0,01; *** p < 0,001
Tab. 3 | Inhaltsstoffe des Futters nach der Lagerung (Haylage n=4, Heu n=2)
Nutztiere | Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich
268 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Inhaltsstoffe und Nährwerte beim Pressen
Beim Pressen wies die Haylage mit dem Raigras einen
TS-Gehalt von 67,2 % und mit der Mischung von 76,0 %
auf. Das Heu wurde mit TS-Gehalten von 76,6 % (Rai-
gras) beziehungsweise 81,5 % (Mischung) gepresst.
Diese TS-Gehalte sind für eine unproblematische Lage-
rung zu gering, wie die mikrobiologischen Untersuchun-
gen nach der Lagerung auch gezeigt haben.
Bei den meisten Inhaltsstoffen gab es zum Zeitpunkt
der Einlagerung keine signifikanten Unterschiede zwi-
schen Haylage und Heu (Tab. 2). Unterschiede gab es
hingegen beim Rohasche-, Rohprotein-, Rohfaser-,
Zucker- und Fruktangehalt zwischen dem Raigras und
der Mischung. Dabei waren die Rohasche-, Rohprotein-
Rohfaser- und Nitratgehalte beim Raigras tiefer als bei
der Mischung. Höher waren beim Raigras die Zucker-
und Fruktangehalte sowie die verdauliche Energie Pferd.
Die sehr tiefen Rohprotein- und Nitratgehalte sind
dadurch erklärbar, dass der Frühling sehr trocken war
und der N-Dünger von den Pflanzen nicht aufgenom-
men werden konnte.Beim Parameter Pufferkapazität, der für die Siliereignung
wichtig ist, gab es keine signifikanten Unterschiede zwi-
schen dem Raigras und der Mischung. Die Vergärbarkeits-
koeffizienten (VK) waren beim Heu im Vergleich zur
Haylage sowohl beim Raigras als auch bei der Mischung,
bedingt durch die höheren TS-Gehalte, höher. Generell
gilt Futter mit VK-Werten über 45 als leicht silierbar
(Jänike 2011). Nach Kalzendorf und Thaysen (2011) hinge-
gen sind TS-Gehalte von über 60 % zu vermeiden, damit
noch ein Mindestmass an Gäraktivitäten stattfinden kann.
Inhaltsstoffe und Nährwerte im gelagerten Futter
Nach der Lagerung wiesen die beiden Haylagevarian-
ten Raigras und Mischung TS-Gehalte von 66,2 und
71,8 % auf. Beim Raigras waren diese Werte um
1,0 %-Punkte tiefer als bei der Einlagerung. Bei der
Mischung waren die Werte nach der Lagerung um
4,2 %-Punkte tiefer. Beim Heu wurden TS-Gehalte von
84,5 und 82,8 % festgestellt. Hier trocknete das Raigras
während der Lagerung noch nach, es war um
7,7 %-Punkte trockener. Bei der Mischung waren die
Werte nur leicht höher, nämlich um 1,3 %-Punkte höher
als bei der Einlagerung.
Die Konservierungsart Haylage oder Heu wirkte sich
signifikant auf den Rohproteingehalt, das verdauliche
Rohprotein und den Fruktangehalt aus (Tab. 3). Dabei
war das Rohprotein und das verdauliche Rohprotein im
Heu tiefer als in der Haylage. Der Fruktangehalt war im
Heu jedoch höher. Keine Auswirkungen hatte die Kon-
servierungsart hingegen auf den Zuckergehalt. Das Fut-
ter dürfte für eine intensive Gärung und einen Zuckerab-
bau zu trocken gewesen sein.
Wie schon beim Pressen gab es nach der Lagerung mit
Ausnahme des Rohfettgehaltes signifikante Unter-
schiede bei den Inhaltsstoffen zwischen dem Raigras
und der Mischung. Das Raigras wies im Vergleich zur
Mischung tiefere Rohasche-, Rohprotein-, Rohfaser-
und verdauliche Rohproteingehalte sowie höhere
Zucker- und Fruktangehalte und mehr verdauliche
Energie Pferd auf.
Werden die Werte bei der Einlagerung mit den Wer-
ten nach der Lagerung verglichen, dann waren die Roh-
protein-, Rohfett- und Zuckergehalte praktisch identisch.
Eine Zunahme gab es bei der Rohasche und beim Raigras
bei der Rohfaser. Abgenommen haben die Fruktange-
halte und die verdauliche Energie Pferd. Während der
sieben-tägigen offenen Lagerung der Ballen gab es
keine signifikanten Veränderungen der Inhaltsstoffe.
Kontroverse Diskussion um Fruktane
Die Fruktane werden in der Pferdefütterung zum Teil
kontrovers diskutiert. Nach Kalzendorf und Thaysen
(2011) sollten sie einen Wert von 50 g in der TS nicht
Raigras Mischung SD
Signifikanz
Haylage Heu Haylage Heu K1 F2 K*F3
Bakterien, log KBE/g 3,9 5,1 4,4 6,6 0,79 ** n.s n.s.
Schimmel, log KBE/g 3,4 7,0 3,1 6,2 0,94 *** n.s. n.s.
Hefen, log KBE/g 1,8 3,8 2,1 4,0 0,49 *** n.s. n.s.
SD: Standardabweichung; KBE: Koloniebildende Einheit 1beschreibt die Konservierungsart des Futters (K)2beschreibt das Futter (F)3beschreibt die Interaktion zwischen K und F
Signifikanz: n.s.: nicht signifikant; * p < 0,05; ** p < 0,01; *** p < 0,001
Tab. 4 | Mikrobiologische Qualität der Haylage und dem Heu nach der Lagerung (Haylage n=4, Heu n=2)
Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich | Nutztiere
269Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
pilzen lagen die Werte hingegen mehr als 10mal über
den VDLUFA-Orientierungswerten (Stufe IV). Dies be-
deutet, dass das Heu als verdorben eingestuft werden
muss. Es stellt sich die Frage, welche Werte das Heu auf-
gewiesen hätte, wäre es bei der Einlagerung mit genü-
gend hohen TS-Gehalten eingelagert worden.
Bei den beiden Haylages, lagen die Werte für die
mesophilen Bakterien und die Hefen in der Stufe I nach
den Orientierungswerten für Grassilagen. Bei den Schim-
melpilzen lag die Hälfte der Werte in der Stufe I (nor-
mal), die andere Hälfte in der Stufe II (leicht erhöht). Es
muss noch erwähnt werden, dass die Orientierungs-
werte für die Silagen der Stufe I bedeutend tiefer sind
als diejenigen für Heu der gleichen Stufe. Keine signifi-
kanten Unterschiede hinsichtlich dieser drei Keimgrup-
pen gab es zwischen dem Raigras und der Mischung.
Während der siebentägigen offenen Lagerung der
Haylageballen konnten nur bei den mesophilen aeroben
Bakterien sowohl beim Raigras als auch bei der Mischung
eine Zunahme festgestellt werden (Tab. 5). Bei den
Schimmelpilzen und Hefen gab es keine signifikanten
überschreiten, da zu hohe Fruktangehalte zu Hufrehe
führen können. Im vorliegenden Fall lagen die Werte
sowohl bei der Haylage als auch beim Heu über diesem
Wert. Die Werte waren beim Heu mit Werten von 139
(Raigras) und 79 (Mischung) jeweils höher als bei der
Haylage mit Werten von 95 (Raigras) und 61 (Mischung).
Nach Warren (2013) werden Hufrehen von einer Vielzahl
von Faktoren beeinflusst. Dabei spielen neben Frukta-
nen und Stärke auch eine generelle Nährstoffüberver-
sorgung eine wichtige Rolle.
Mikrobiologische Qualität unterschiedlich
In Bezug auf die mikrobiologische Qualität gab es
sowohl bei den aeroben mesophilen Bakterien als auch
bei den Schimmelpilzen und Hefen signifikante Unter-
schiede zwischen der Haylage und dem Heu (Tab. 4). Das
Heu wies in allen Fällen deutlich höhere Werte auf als
die Haylage. Bei den aeroben mesophilen Bakterien und
bei den Hefen befanden sich die Werte nach den
VDLUFA-Orientierungswerten in der Stufe I, was als nor-
mal bezeichnet wird (VDLUFA 2012). Bei den Schimmel-
Raigras Mischung SD
Signifikanz
Tag 0 Tag 7 Tag 0 Tag 7 F1 T2 F*T3
Bakterien, log KBE/g 3,9 4,6 4,4 5,3 0,73 n.s * n.s
Schimmel, log KBE/g 3,4 3,2 3,1 3,7 0,81 n.s. n.s. n.s.
Hefen, log KBE/g 1,8 2,3 2,1 3,6 1,18 n.s. n.s. n.s.
SD: Standardabweichung; KBE: Koloniebildende Einheit 1beschreibt das Futter (F)2beschreibt den Einfluss vom Lufteinfluss (T)3beschreibt die Interaktion zwischen F und T
Signifikanz: n.s.: nicht signifikant; * p < 0,05; ** p < 0,01; *** p < 0,001
Tab. 5 | Mikrobiologische Qualität der Haylage nach der 7-tägigen Lagerung (Haylage n=4)
Raigras MischungSD
Signifikanz
Tag 0 Tag 7 Tag 0 Tag 7 F1 T2 F*T3
TS, % 66,2 69,1 71,8 74,9 4,13 * n.s. n.s.
pH 5,6 5,6 5,5 5,6 0,13 n.s. n.s. n.s.
Milchsäure, g/kg TS 2,0 1,9 2,4 2,3 0,61 n.s. n.s. n.s.
Essigsäure, g/kg TS 0,5 0,5 0,7 0,8 0,12 ** n.s. n.s.
Propionsäure, g/kg TS 1,7 2,0 2,7 2,7 0,81 n.s. n.s. n.s.
Ethanol, g/kg TS 18,8 4,1 5,8 1,0 3,47 *** *** *
NH3-N/N total, % 2,8 3,6 2,8 3,0 0,86 n.s. n.s. n.s.
SD: Standardabweichung; TS: Trockensubstanz; NH3-N/N total: Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff1beschreibt das Futter (F)2beschreibt den Einfluss vom Lufteinfluss (T)3beschreibt die Interaktion zwischen F und T
Signifikanz: n.s.: nicht signifikant; * p < 0,05; ** p < 0,01; *** p < 0,001
Tab. 6 | Gärparameter der Haylage direkt nach dem Öffnen der Ballen und nach der 7-tägigen Lagerung (n=4)
270
Nutztiere | Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
Unterschiede. Dies dürfte vermutlich an den sehr tiefen
Aussentemperaturen, die im Januar und Februar herrsch-
ten, gelegen haben.
Geringe Gärung in beiden Haylages
Bei den beiden Haylages – Raigras als auch Mischung –
fand nur eine geringe Gärung statt, und es wurde nur
wenig Milchsäure gebildet (Tab. 6). Dies dürfte vor allem
auf die hohen TS-Gehalte zurückzuführen sein. Dement-
sprechend wiesen die Haylages pH-Werte von 5,5 bezie-
hungsweise 5,6 auf. Werte im ähnlichen Bereich konn-
ten auch in den Untersuchungen von Wyss et al. (2010)
festgestellt werden.
Bei der Essigsäure traten zwar signifikante Unter-
schiede zwischen dem Raigras und der Mischung auf,
insgesamt sind die Essigsäuregehalte aber sehr tief. In
beiden Haylages wurden auch geringe Gehalte an Propi-
onsäure festgestellt. Buttersäure konnte hingegen in
keiner Haylage ermittelt werden.
Unterschiede gab es beim Ethanolgehalt zwischen den
beiden Futterarten. Im Raigras wurde trotz einem ähnli-
chen Hefekeimbesatz mehr Ethanol gebildet. Der
Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff war mit
Werten unter 5 % insgesamt sehr tief.
Während der siebentägigen offenen Lagerung der
Haylageballen wurden die Gärsäuren nicht abgebaut,
und der pH-Wert blieb stabil. Einzig beim Ethanol nah-
men die Werte deutlich ab. In Versuchen von Wyss et al.
(2010), wo die geöffneten Ballen während 14 Tagen
gelagert wurden, verflüchtigte sich nach dem Öffnen
der Ballen auch nur der Ethanol.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Die Konservierungseignung zur Herstellung von
Haylage war sowohl für das italienische Raigras als
auch für die Gräsermischung mit Luzerne gut.
•• Das italienische Raigras wies sowohl bei der Einlage-
rung als auch nach der Lagerung höhere Zucker- und
Fruktangehalte auf als die Mischung.
•• Während der Lagerung wurde das Fruktan in der
Haylage stärker abgebaut als beim Heu.
•• Die mikrobiologische Qualität war beim Heu schlech-
ter als bei der Haylage. Dies ist in erster Linie darauf
zurückzuführen, dass das Heu beim Pressen nicht
genügend trocken war.
•• Im vorliegenden Vergleich hatten die beiden Haylages
tiefere Fruktangehalte und eine bessere mikrobiologi-
sche Qualität als das Heu, was als vorteilhaft für die
Pferde bewertet wird. n
271
Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 264–271, 2013
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▪ Jänicke H., 2011. Grobfutter- und Substraterzeugung. In: Praxishandbuch Futter- und Substratkonservierung. DLG-Verlang, Frankfurt, 416 S.
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Hay or haylage for horses: a comparison
In horse diets, hay is getting more and more
replaced by haylage. In 2011, hay and haylage
were produced in Avenches VD from an Italian
ryegrass as well as from a mixture, which
contained ten grasses and alfalfa. The conserva-
tion properties, the nutritional values and the
microbiological quality of the feed were evalu-
ated with regard to the feeding of horses. In
comparison to the mixture, the ryegrass showed
lower crude ash, crude protein, crude fiber and
digestible crude protein contents, but higher
sugar and fructan contents and more digestible
energy for horses, which was estimated on the
basis of the nutritional values.
The conservation systems either hay or haylage,
had a significant effect on the crude protein, the
digestible crude protein and fructan contents.
The crude protein and digestible crude protein in
the hay were lower than in the haylage; how-
ever, the fructan contents were higher. There
were considerable differences in the microbio-
logical quality of hay and haylage. The hay was
not dry enough at baling (DM-content < 82 %)
and therefore, the hay had a high mould
infestation after the storage period. In this
comparison, haylage proved to be more advanta-
geous than hay for horses due to lower fructan
contents and the lower mould infestation.
Key words: hay, haylage, fermentation quality,
microbiological quality, nutritional values.
Confronto tra fieno o fieno-silo nel foraggia-
mento dei cavalli
Nella pratica, il fieno silo sta sostituendo sempre
più l’uso del fieno. Ad Avenches sono stati prodotti
nel 2011 fieno e fieno-silo da loglio italico e da una
miscela composta da 10 varietà di graminacee ed
erba medica.Successivamente sono state valutate,
dal profilo del foraggiamento dei cavalli, le
proprietà di conservazioneivalori nutritivi, come
pure la e qualità microbiologica del foraggio.
Il loglio, rispetto alla miscela, presentava tenori in
cenere grezza, proteina grezza, fibra grezza e
proteina grezza digeribile inferiori e dei tenori in
zucchero e fruttooligosaccaridi superiori, oltre a
contenere più nutrienti digeribili per il cavallo
Il tipo di conservazione fieno-silo o fieno risultava
incidere in maniera significativa sul tenore in
proteina grezza, sulla proteina grezza digeribile e
sul tenore in fruttooligosaccaridi. Il tenore in
proteina grezza e in proteina grezza digeribile nel
fieno era inferiore rispetto al fieno-silo. La concen-
trazione di fruttooligosaccaridi, invece, era supe-
riore. Notevoli differenze sono emerse in relazione
alla qualità microbiologica del fieno-silo e del fieno.
Quest'ultimo alla pressatura non era sufficiente-
mente essiccato (SS < 82 %) e di conseguenza
presentava dopo lo stoccaggio un'elevata forma-
zione di muffa. Nel presente confronto, considerato
il tenore in fruttooligosaccaridi più basso e la
minore formazione di muffa, il fieno-silo è stato
valutato più vantaggioso per i cavalli rispetto al
fieno.
272
Serie AlpFUTUR
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
E i n l e i t u n g
Die Alpwirtschaft prägt die Schweizer Kulturlandschaft
im Sömmerungsgebiet und wird als eine noch stark tra-
ditionell anmutende Wirtschaftsweise, häufig als Ver-
sinnbildlichung für ein idyllisches Leben sowie als Sym-
bol für die Schweizer Identität herangezogen. Ihr wird
daher ein hoher gesellschaftlicher Wert und eine identi-
tätsprägende Funktion für die Schweizer Bevölkerung
zugeschrieben. Aufgrund des Agrarstrukturwandels
zieht sich die Landwirtschaft jedoch teilweise aus der
Bewirtschaftung der Alpweiden zurück. Ein Rückgang
der Alpwirtschaft und damit die Verbuschung und Wie-
derbewaldung ehemals genutzter Alpweiden sind eine
Folge davon (Baur et al. 2007).
Darüber, wie sich Veränderungen der Alpwirtschaft
und der damit verbundenen Landschaft in sozio-kultu-
reller Hinsicht auswirken, ist wenig bekannt. Es wird
jedoch vermutet, dass die traditionsverhaftete und die
Eigenart der Alpenlandschaft prägende Alpwirtschaft
Xenia Junge1 und Marcel Hunziker1
1Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 8903 Birmensdorf
Auskünfte: Xenia Junge, E-Mail: [email protected], Tel. + 41 44 739 24 84
Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung
G e s e l l s c h a f t
Serie AlpFUTUR
Touristen auf einer Alp im Diemtigtal. (Foto: Xenia Junge, WSL)
273Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung | Gesellschaft
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Die Alpwirtschaft prägt die Schweizer Kultur-
landschaft im Sömmerungsgebiet. Ihr wird als
eine noch traditionell anmutende Wirtschafts-
weise ein hoher kultureller Wert und eine
identitätsprägende Funktion für die Schweizer
Bevölkerung zugeschrieben.
Um zu untersuchen, welche Funktionen der
Alpwirtschaft von verschiedenen Anspruchs-
gruppen in der Bevölkerung geschätzt werden
und inwiefern die Alpwirtschaft identitätsstif-
tend ist, wurden Touristinnen und Touristen
sowie Bewohnerinnen und Bewohner im
AlpFUTUR-Fallstudiengebiet Diemtigtal
befragt und zudem eine gesamtschweizeri-
sche Befragung durchgeführt. Landschafts-
pflege, vor allem zum Erhalt der Artenvielfalt
und für Erholungszwecke, sowie die alpwirt-
schaftliche Produktion werden hoch gewich-
tet. Etwas weniger wichtig sind alptouristi-
sche Angebote. Bewohnerinnen und
-bewohner des Berggebietes gewichten alle
Funktionen höher und identifizieren sich
stärker mit der Alpwirtschaft.
Diese Studie bietet Grundlagen für die auch
im Sömmerungsgebiet geplanten, an gesell-
schaftlichen Bedürfnissen orientierten
Landschaftsqualitätsbeiträge.
für die Identität der lokalen Bevölkerung im Berggebiet
und auch der Schweizer Bevölkerung von besonderer
Bedeutung sei (z. B. Schermer und Kirchengast 2006,
Schütz 2010). Zwar werden das Brauchtum und andere
kulturelle Aspekte der Alpwirtschaft in der volkskundli-
chen Literatur beschrieben (Maeder und Kruker 1983,
Niederer 1996), doch ist ihre heutige Bedeutung für die
Schweizer Gesellschaft (z.B. als identitätsstiftender Fak-
tor) noch wenig untersucht, und sie finden auch im
Landwirtschaftsartikel (Art. 104 BV) keine Erwähnung.
Auch fehlen Kenntnisse über die Bedürfnisse der
Bevölkerung hinsichtlich gemeinwirtschaftlicher Leis-
tungen der Alpwirtschaft wie die Erhaltung der Kultur-
landschaft und der Biodiversität im Sömmerungsgebiet.
Die Direktzahlungen, die die gemeinwirtschaftlichen
Funktionen der Landwirtschaft abgelten, sollen in
Zukunft jedoch noch konsequenter und zielgerichteter
an gesellschaftlichen Bedürfnissen orientiert sein als bis-
her, auch im Sömmerungsgebiet (Lanz et al. 2010).
Im AlpFUTUR-Teilprojekt 15 «Gesellschaft»1 haben
wir daher untersucht, wie verschiedene Funktionen der
Alpwirtschaft (z.B. ökologische, ökonomische, kultu-
relle) aus Sicht der Bevölkerung gewichtet werden und
welche Rolle die Alpwirtschaft für die Identität der
Schweizer Bevölkerung respektive der lokalen Bevölke-
rung im Berggebiet spielt. Des Weiteren war von Inter-
esse, wie sich die Ansichten verschiedener Anspruchs-
gruppen (allgemeine Schweizer Bevölkerung, Touristen,
lokale Bevölkerung) voneinander unterscheiden.
M e t h o d e n
Befragung
Um die oben gestellten Fragen zu beantworten, wurden
zwei schriftliche Befragungen im AlpFUTUR-Fallstudien-
gebiet Diemtigtal und eine schweizweite Befragung
durchgeführt. Als Erhebungsinstrument wurde ein stan-
dardisierter Fragebogen verwendet. Um den Fragebo-
gen zu entwickeln, wurden neben Literaturanalysen leit-
fadengestützte Experteninterviews und vertiefende
qualitative Interviews mit Vertretern verschiedener
Anspruchsgruppen im Diemtigtal durchgeführt.
Im Herbst 2010 wurden 117 Touristinnen und Touristen
in verschiedenen (Alp-)Restaurants im Diemtigtal
befragt. Im Frühjahr 2011 wurden an alle Haushalte der
Gemeinde Diemtigen 920 Fragebögen per Postversand
verschickt. Insgesamt wurden 273 ausgefüllte Fragebö-
gen zurückgeschickt (Rücklauf 30 %). Die schweizweite
Befragung wurde im Spätsommer 2011 online durchge-
1Dieses Forschungsprojekt wurde vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanziell unterstützt.
Gesellschaft | Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung
274 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
führt. Insgesamt nahmen 1526 Personen teil. Dafür wur-
den je hälftig die für die Schweiz repräsentativen Online-
Panels der Umfrageinstitute LINK und Panelbiz genutzt.
Als soziodemographische Variablen wurden Alter,
Geschlecht, Bildungsstand, Wohnort und Sprachregion
sowie der Bezug zur Alp- und Landwirtschaft und zum
Berggebiet erfasst.
Auswertung
Um Zusammenhänge zwischen den Variablen der einzel-
nen Frageblöcke zu erkennen, wurden Faktorenanalysen
durchgeführt. Durch dieses Verfahren werden Var iablen,
die untereinander stark korrelieren, zu übergeordneten
Dimensionen (Faktoren) zusammenzufasst. Durch die
übergeordneten Dimensionen sollen die beobachteten
Zusammenhänge zwischen den Variablen möglichst gut
zusammenfassend erklärt werden. Für Mittelwertverglei-
che zwischen den Anspruchsgruppen wurden Varianzana-
lysen mit Post-Hoc-Mehrfachvergleichen durchgeführt.
R e s u l t a t e
Funktionen der Alpwirtschaft
Nahezu alle im Fragebogen genannten Funktionen der
Alpwirtschaft werden sowohl von der Schweizer Bevöl-
kerung als auch von den Touristinnen und Touristen und
der lokalen Bevölkerung im Diemtigtal als mindestens
eher wichtig eingestuft, wobei die Bewohnerinnen und
Bewohner des Tals allen und die Touristinnen und Touris-
ten nahezu allen Funktionen eine höhere Wichtigkeit
beimessen als die Schweizer Bevölkerung (Abb. 1). Die
einzelnen Funktionen wurden in Abbildung 1 den drei
Dimensionen «Produktion», «Erhaltung von Landschaft,
Natur und Kultur» und «Tourismus» zugeordnet. Diese
thematische Zuordnung ist durch eine Faktorenanalyse
abgestützt, auf die in diesem Artikel nicht weiter einge-
gangen wird (Junge und Hunziker 2013).
Für die Schweizer Bevölkerung am wichtigsten ist
die übergeordnete Dimension «Erhaltung von Land-
CH<B***, T<B**
CH<B***, CH<T***
CH<B***, CH<T**
CH<B***, T<B***
CH<B***, CH<T***, T<B(*)
CH<B***, T<B**
1
2
3"
4
Zusätzliche Weideflächen für dieTalbetriebe
Erhaltung der Alpwirtschaft alsWirtschaftssektor
Offenhaltung der Landschaft
Erhaltung und Förderung derArtenvielfalt
Schutz des Siedlungsgebietes vorNaturgefahren
Bewahrung der Alpwirtschaft alsKulturgut
Erhalt der Kulturlandschaft alsErholungsraum
Einblick in den Alpbetrieb: z.B. Schaukäsen
Einblick ins Älplerleben: Mitarbeitenfür Gäste
Gelebtes Brauchtum durchtraditionelle Anlässe
Touristische Nebennutzung einesAlpbetriebs
Direktverkauf Alp-Produkte✝
Sicherung der Nahrungsmittelproduktion
(Krisenzeiten)
Herstellung von Käse direkt auf der Alp
Produktion von Milch, Käse undFleisch
Erzeugung gesunder Produkte
Naturnahe, wenig technisierteLandwirtschaft
Welche Funktionen der Alpwirtschaft sind aus Ihrer Sicht wichtig?
Schweiz (CH)
Touristen Diemtgital (T)
Bewohner Diemtigtal (B)
Erhaltung von Landschaft,
Natur und Kultur Pr
oduk
tion
Tourismus
CH<T **, CH<B***, T<B*
CH<B***, T<B**
CH<B***, T<B(*)
CH<B***, CH<T***
CH<B***, T<B*** CH<B***
CH<B***, T<B***
CH<B***, CH<T***
CH<B***, T<B**
CH<B***, CH<T***
CH<B***, CH<T**
CH<B***, T<B***
CH<B***, CH<T***, T<B(*)
CH<B***, T<B**
1
2
3"
4
Zusätzliche Weideflächen für dieTalbetriebe
Erhaltung der Alpwirtschaft alsWirtschaftssektor
Offenhaltung der Landschaft
Erhaltung und Förderung derArtenvielfalt
Schutz des Siedlungsgebietes vorNaturgefahren
Bewahrung der Alpwirtschaft alsKulturgut
Erhalt der Kulturlandschaft alsErholungsraum
Einblick in den Alpbetrieb: z.B. Schaukäsen
Einblick ins Älplerleben: Mitarbeitenfür Gäste
Gelebtes Brauchtum durchtraditionelle Anlässe
Touristische Nebennutzung einesAlpbetriebs
Direktverkauf Alp-Produkte✝
Sicherung der Nahrungsmittelproduktion
(Krisenzeiten)
Herstellung von Käse direkt auf der Alp
Produktion von Milch, Käse undFleisch
Erzeugung gesunder Produkte
Naturnahe, wenig technisierteLandwirtschaft
Welche Funktionen der Alpwirtschaft sind aus Ihrer Sicht wichtig?
Schweiz (CH)
Touristen Diemtgital (T)
Bewohner Diemtigtal (B)
Erhaltung von Landschaft,
Natur und Kultur
Prod
uktio
n
Tourismus
CH<T **, CH<B***, T<B*
CH<B***, T<B**
CH<B***, T<B(*)
CH<B***, CH<T***
CH<B***, T<B*** CH<B***
CH<B***, T<B***
CH<B***, CH<T***
Abb. 1 | Funktionen der Alpwirtschaft und ihre mittlere Gewichtung aus Sicht der Schweizer Bevölkerung, Touristen im Diemtigtal und der Bewohner im Diemtigtal. Skalenwerte: 1= unwichtig, 2 = eher unwichtig, 3 = eher wichtig, 4 = wichtig. Gruppenunterschiede sind in grau angegeben ((*) p < 0,10, * p < 0,05, ** p < 0,01, *** p < 0,001).
Die einzelnen Items des Fragebogens wurden übergeordneten Dimensionen zugeordnet (gelb umkreist). Die Formulierung der Items ist in der Abbildung zum Teil gekürzt.
✝wurde nur in der schweizweiten Befragung in den Fragebogen aufgenommen.
Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung | Gesellschaft
275Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
schaft, Natur und Kultur» mit Erhaltung der Artenviel-
falt als eine der wichtigsten Funktionen, gefolgt von
der landwirtschaftlichen Produktionsfunktion der Alp-
wirtschaft. Etwas weniger wichtig sind touristische
Angebote. Der Diemtigtaler Bevölkerung sind vor allem
die ökonomischen Funktionen wichtiger, aber auch die
Offenhaltung der Landschaft und die Erhaltung der
Artenvielfalt. Touristen liegen meist zwischen der
Schweizer und der Diemtigtaler Bevölkerung, jedoch
finden sie die alptouristischen Angebote am unwich-
tigsten, wohingegen sie den Erhalt der Kulturland-
schaft als Erholungsraum am wichtigsten finden.
Im Gegensatz zur mehrheitlich hohen Gewichtung
der alpwirtschaftlichen Funktionen spielt die Alpwirt-
schaft bei einem Besuch in den Bergen eine vergleichs-
weise untergeordnete Rolle: Naturerfahrung, Szenerie
und Artenvielfalt sind sowohl der allgemeinen Bevölke-
rung als auch den Touristeninnen und Touristen wichti-
ger als alpwirtschaftliche Aspekte (Abb. 2).
Die Alpwirtschaft als identitätsstiftendende Funktion
Die Alpwirtschaft ist typisch für die Schweiz und ist
damit ein prägendes Element der Schweizer Typizität
oder Eigenart. Sowohl die Diemtigtaler Bevölkerung als
auch die allgemeine Schweizer Bevölkerung stimmen
1 2 3 4
Älpler sehen
Kühe sehen
Alpprodukte kaufen
Erschliessung (Bergbahn, ...)
Wildtiere sehen
Bewegung
Fernab vom Alltag
Blütenreiche Wiesen und Weiden
Bergszenerie
Aussicht
Naturerfahrung
Wenn Sie in die Berge gehen, was ist Ihnen da wichtig?
Schweiz Touristen Diemtigtal
***
**
*
***
*
Abb. 2 | Aspekte, die den Befragten wichtig sind, wenn sie in die Berge gehen. Die mittlere Gewichtung der Schweizer Bevölkerung ist rot und die der Touristen im Diemtigtal blau abgebildet. Skalenwerte: 1 = unwichtig, 2 = eher unwichtig, 3 = eher wichtig, 4 = wichtig.
Signifikanzniveau: *p < 0,05, ** p <0,01, *** p < 0,001
den Aussagen «die Alpwirtschaft gehört zur Schweiz»
und «Alpweiden und Alphütten sind einfach typisch
Schweiz» in hohem Masse zu (Mittelwert Schweiz: 4,48
respektive 4,05, Mittelwert Bevölkerung Diemtigtal:
4,88 respektive 4,68 auf einer 5er Skala; 1= trifft nicht zu
5= trifft zu; Touristen im Diemtigtal wurden zu dieser
Frage nicht befragt).
Um Zusammenhänge zwischen einzelnen Variablen,
die die identitätsstiftenden Funktionen der Alpwirt-
schaft beschreiben, zu erkennen, wurden Faktorenana-
lysen durchgeführt. Dabei wurden die übergeordneten
Dimensionen «die Alpwirtschaft prägt die persönliche
Identität» (Faktor 1) und «die Alpwirtschaft prägt die
Eigenart der Schweiz, respektive ein Gefühl der Schwei-
zer Kollektividentität» (Faktor 2) gebildet (Tab. 1).
Für die Bewohnerinnen und Bewohner des Diemtig-
tals ist vor allem die Dimension «die Alpwirtschaft prägt
die persönliche Identität», aber auch die Dimension «die
Alpwirtschaft prägt die Eigenart der Schweiz» von grös-
serer Bedeutung als für die Schweizer Bevölkerung
(Abb. 3). Ein Index, der pro Faktor einen Mittelwert über
alle Variablen mit einer Faktorladung über 0,5 (Tab.1)
angibt, zeigt, dass die allgemeine Schweizer Bevölkerung
sich mit der Alpwirtschaft auf persönlicher Ebene nur
durchschnittlich identifiziert, jedoch eher zustimmt, dass
Gesellschaft | Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung
276 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
die Alpwirtschaft die Schweizer Eigenart prägt (Abb. 3).
Auch äussert sich in der allgemeinen Bevölkerung ein
Gefühl der Schweizer Kollektividentität, die sich durch
die Faktorladungen Heimatgefühl und Stolz auf die Alp-
wirtschaft in der Dimension «Eigenart» äussert (Tab. 1).
D i s k u s s i o n
Die für die Bevölkerung wichtigsten alpwirtschaftlichen
Funktionen sind die Erhaltung der Artenvielfalt, die
Offenhaltung der Landschaft für Erholungszwecke und
die alpwirtschaftliche Produktion. Dies deckt sich mit
Erwartungen und Präferenzen der Bevölkerung an die
Landwirtschaft als Ganzes. Ökologie, Erholungsräume
und Nahrungsmittelproduktion sind Themen, die für die
Bevölkerung einen hohen Stellenwert haben (Huber et
al. 2007) und artenreiche Agrarlandschaften werden
gegenüber artenarmen bevorzugt (Junge et al. 2011).
Bezüglich Produktion werden in der vorliegenden Stu-
die im Besonderen qualitativ hochwertige (gesunde)
Produkte und alpspezifische Produktionsverfahren
(Käsen direkt auf der Alp) geschätzt. Auch Böni und
Seidl (2012) zeigen, dass Alpprodukte, allen voran der
Alpkäse, beliebt sind und dass besonderer Wert auf
wertvolle Inhaltstoffe und die Produktionsverfahren
(Handarbeit, «Natürlichkeit») gelegt wird.
Etwas weniger wichtig in der vorliegenden Studie sind
kulturelle und soziale Aspekte der Alpwirtschaft wie
touristische Angebote oder traditionelle Anlässe. Die
alptouristischen Angebote werden allerdings nicht als
unwichtig, sondern im Vergleich zu den «klassischen»
Funktionen der Alpwirtschaft (Produktion und Land-
schaftspflege) als weniger wichtig eingestuft, vor allem
von den Touristeninnen und Touristen im Diemtigtal.
Touristische Angebote gewinnen jedoch als wirtschaftli-
ches Standbein an Bedeutung in der Alpwirtschaft. Kon-
sumentenbefragungen von Böni und Seidl (2012) zei-
gen eine steigende Nachfrage an alptouristischen
Angeboten; jedoch sollten diese einfach und authen-
tisch sein. Aus touristischer Sicht wichtiger scheint nach
unseren Ergebnissen jedoch die Alplandschaft zu sein:
Die Landschafts- und Naturerfahrung ist bei einem
Besuch in den Bergen wichtiger als der Kontakt zur Alp-
wirtschaft, und der Erhalt der Kulturlandschaft als Erho-
lungsraum ist für die Touristinnen und Touristen eine
der wichtigsten alpwirtschaftlichen Funktionen.
Die Diemtigtaler Bevölkerung gewichtet nicht nur
Produktionsfunktionen, sondern auch touristische
Funktionen – vermutlich ebenfalls aus ökonomischer
Sicht – höher. Dass Aspekte der lokalen Ökonomie für
Einheimische eine höhere Bedeutung haben als für Aus-
wärtige stellen auch Kianicka et al. (2006) fest. Die Alp-
wirtschaft ist für viele Bewohnerinnen und Bewohner
des Berggebietes Teil ihrer Existenzgrundlage - entwe-
der direkt für Alpbewirtschafter oder indirekt als
Betriebszweig, der mit anderen Betriebszweigen ver-
bunden ist. Doch neben der Produktion ist für die Diem-
tigtaler Bevölkerung auch die Multifunktionalität der
Alpwirtschaft im Vergleich zur Schweizer Bevölkerung
und den Touristinnen und Touristen wichtiger: Die
Offenhaltung der Landschaft, im Besonderen die Erhal-
tung der Artenvielfalt, werden von der Diemtigtaler
Bevölkerung am höchsten bewertet. Der ökologische
und ästhetische Wert der artenreichen Alpweiden ist im
Bewusstsein der lokalen Bevölkerung verankert und
wird als «Produkt» der Alpwirtschaft angesehen, auf
das man stolz ist, wie aus den qualitativen Interviews
der lokalen Vertreter während der Voruntersuchungen
hervorgegangen ist.
Die Gewichtungen der Touristinnen und Touristen
liegen meist zwischen jenen der lokalen und jenen der
Schweizer Bevölkerung, teils decken sie sich aber auch
mit jenen der lokalen oder Schweizer Bevölkerung. Die
Touristen haben durch ihren Besuch einer Alpregion
eine persönliche Beziehung zur Region und damit auch
zur Alplandschaft und Alpwirtschaft. Dadurch kann sich
ihre Sichtweise derjenigen der lokalen Bevölkerung
annähern; dennoch können touristische Interessen
1 2 3 4 5
Eigenart Schweiz
Persönliche Identität
Schweiz Bewohner Diemtigtal
***
***
Abb. 3 | Index für die mittlere Bedeutung der Dimensionen «Alp-wirtschaft prägt die persönliche Identität» und «Alpwirtschaft prägt die Eigenart der Schweiz». Die Mittelwerte wurden für Varia-blen mit Faktorladung über 0,5 berechnet. Skalenwerte: 1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = weder noch, 4 = trifft
eher zu, 5 = trifft zu. Signifikanzniveau: *** p < 0,001
Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung | Gesellschaft
277Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
ihre Ortsverbundenheit und durch ökonomische Interes-
sen einen stärkeren Bezug und ein stärkeres Zugehörig-
keitsgefühl zur Alpwirtschaft. Dieses Zugehörigkeitsge-
fühl spielt bei der Bildung und Stabilisierung lokaler und
persönlicher Identität eine wichtige Rolle (Twigger-Ross
und Uzzell 1996, Kianicka et al. 2006).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Mit der per 2014 beschlossenen Weiterentwicklung der
Agrarpolitik sollen die Direktzahlungen noch konsequen-
ter auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse ausgerichtet
werden. Die in diesem Zusammenhang auch für das Söm-
merungsgebiet vorgesehenen Landschaftsqualitäts- und
Biodiversitätsbeiträge orientieren sich gemäss unseren
Ergebnissen an aktuellen gesellschaftlichen Bedürfnissen.
sowie eine weiterhin bestehende Distanz zur Region
auch zu einer gesamtschweizerischen Sichtweise führen
(Kianicka et al. 2004).
Die Identifikation mit der Alpwirtschaft auf persönli-
cher Ebene scheint für die allgemeine Bevölkerung eine
eher nebensächliche Rolle zu spielen, jedoch weckt die
Alpwirtschaft ein Schweizer «Wir-Gefühl». Die Alpwirt-
schaft als Kulturgut und als oft noch stark traditionell
und ursprünglich anmutende Wirtschaftsform kann als
Heimatsymbol ein prägendes Element lokaler oder auch
nationaler Identität darstellen (Kianicka et al. 2006,
Schermer und Kirchengast 2006, Kirchengast 2008, Wal-
ter 2009, Schütz 2010). In der vorliegenden Studie iden-
tifiziert sich die lokale Bevölkerung deutlich stärker mit
der Alpwirtschaft als die Schweizer Bevölkerung. Bewoh-
nerinnen und Bewohner des Berggebietes haben durch
Identitätsstiftende Funktion der AlpwirtschaftFaktor 1
«Persönliche Identität»Faktor 2
«Eigenart Schweiz»
Die Alpwirtschaft prägt meine Lebenseinstellung 0,832
Die Alpwirtschaft bedeutet mir sehr viel 0,796 0,324
Die Alpwirtschaft prägt meine Persönlichkeit 0,796
Ich empfinde ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur Alpwirtschaft 0,748 0,356
Wenn die Alpwirtschaft aufgegeben würde, würde ein wichtiger Teil von mir verloren gehen 0,737
Die Alpwirtschaft fasziniert mich 0,605 0,441
Durch Kindheitserlebnisse auf der Alp fühle ich mich mit der Alpwirtschaft verbunden. 0,592 0,339
Wenn die Alpwirtschaft aufgegeben würde, würde mich das sehr verunsichern 0,577
Alpweiden und Alphütten sind einfach «typisch Schweiz» 0,813
Die Alpwirtschaft gehört zur Schweiz 0,794
Der Anblick von Alpweiden löst in mir ein Heimatgefühl aus1 0,451 0,669
Die Alpwirtschaft prägt mein Heimat gefühl 0,547 0,654
Ich bin stolz auf die Alpwirtschaft in der Schweiz / im Diemtigtal 0,476 0,579
Eigenwert 4,84 3,15
Varianz (%) 37,3 24,2
1wurde aufgrund der höheren Faktorladung auf Faktor 2 nur für den Index «Eigenart» verwendet.
Tab. 1 | Korrelationskoeffizienten für den Zusammenhang zwischen Aspekten, die eine identitätsstiftende Funktion der Alpwirtschaft wie-dergeben und zwei Faktoren, die in einer Faktoren analyse extrahiert wurden. Je höher die Korrelation der Variablen mit dem Faktor ist (Faktorladung), desto mehr trägt sie zur Erklärung des Faktors bei. Nur Korrelationen über 0,3 sind abgebildet. Erklärte Gesamtvarianz = 61,5 %; Rotationsmethode: Varimax
278 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
Gesellschaft | Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung
Die Landschaft im Sömmerungsgebiet hat für die Schwei-
zer Bevölkerung einen höheren Stellenwert als alptouris-
tische Angebote. Auch identifiziert sich die Schweizer
Bevölkerung auf persönlicher Ebene nur unwesentlich
mit der Alpwirtschaft. Dennoch prägt die Alpwirtschaft
die Schweizer Eigenart und ein Gefühl der Schweizer Kol-
lektividentität. Die «Swissness» der Alpwirtschaft und
ebenso die eher hohe Gewichtung aller alpwirtschaftli-
chen Funktionen deutet auf einen ideellen Wert der Alp-
wirtschaft hin, der durch Bilder, Symbole und Werbe-
Sujets, die eine «heile Welt unserer Vorfahren»
suggerieren, geprägt ist (Kirchengast 2008, Schütz 2010).
Dies könnte ein weiterer Grund sein, weshalb alptouris-
tische Angebote, die möglicherweise nicht dem typi-
schen Bild einer traditionell landwirtschaftlich gepräg-
ten Alpwirtschaft entsprechen, einen niedrigeren
Stellenwert haben. Für den Tourismus wäre es daher
wichtig, den aus gesamtschweizerischer Sicht authenti-
schen Charakter der Alpwirtschaft bei alptouristischen
Angeboten zu bewahren.
Die hohe Gewichtung der alpwirtschaftlichen Produktion
weist auf ein Wertschöpfungspotenzial von Alpproduk-
ten hin, das in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnte;
eine Tendenz, die auch in einer Studie zu Alpprodukten
festgestellt wurde (Böni und Seidl 2012). Alpbetriebe
können über ihre Wertschöpfung einen Beitrag zur Regi-
onalentwicklung leisten. n
www.alpfutur.ch
Befragungssituation auf einer Alp im Diemtigtal. (Foto: Xenia Junge, WSL)
279Agrarforschung Schweiz 4 (6): 272–279, 2013
Funktionen der Alpwirtschaft aus Sicht der Bevölkerung | Gesellschaft
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
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2Diese Publikationen sind unter www.alpfutur.ch/publikationen verfügbar
Functions of alpine farming from the perspec-
tive of the Swiss public
Alpine summer farming shapes the cultural
landscape in the Alps. Since this form of
agriculture still has a very traditional appear-
ance, a high cultural value and identity-
forming aspects are attributed to alpine
farming. To investigate which functions of
alpine farming are valued by different
stakeholders and to what extent alpine
farming is identity-forming, questionnaire
surveys with tourists as well as residents of
the AlpFUTUR case-study area Diemtigtal and
a Swiss-wide online-survey have been
conducted. The production function of alpine
farming as well as landscape management,
especially for the conservation of species
diversity and for recreation, received high
importance ratings, whereas alp-touristic
offers are slightly less important. Mountain
residents put more importance on all func-
tions of alpine farming and identify them-
selves more strongly with alpine farming.
This study offers a basis for society-oriented
landscape quality payments, which will be
introduced in the alpine pasturing area as
well.
Key words: multifunctionality of alpine
summer farming, society, public goods, Swiss
identity, cultural landscape.
Le funzioni dell'economia alpestre dal punto
di vista della popolazioneIl paesaggio antropico delle zone di
estivazione alpine è caratterizzato dall’eco-
nomia alpestre. Essendo una forma d’eco-
nomia tradizionale, gran parte della
popolazione svizzera ne attribuisce un
alto valore culturale e una forte capacità
d’identificazione.
Per poter esaminare quali funzioni dell’eco-
nomia alpestre sono apprezzate da diversi
gruppi d’interesse nella popolazione e in che
misura essa favorisce l’identità si è condotta
un’inchiesta, rappresentativa presso turisti
e popolazione residente nella regione di
studio «Diemtigtal» del progetto AlpFUTUR.
Lo studio ha evidenziato la maggiore
importanza attribuita ai prodotti alpestri
e alla funzione di tutela del paesaggio, in
particolare per la conservazione della
biodiversità e per scopi ricreativi, mentre
risulta meno importante l’aspetto
agrituristico.I risultati dell’inchiesta dimo-
strano anche che i residenti della zona di
montagna danno più importanza a tutte le
funzioni e si identificano maggiormente con
l’economia alpestre. Questo studio fornisce
una base conoscitiva per la prevista introdu-
zione di contributi per la qualità del paesag-
gio nelle zone di estivazione.
Bildlegende
280 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
U m w e l t
E i n l e i t u n g
Der Strukturwandel in der Berglandwirtschaft führte in
den letzten Jahrzehnten zu Vergandung und Wiederbe-
waldung. In der Schweiz nahm die Waldfläche zwischen
1880 und 2000 um 21 % oder 1940 km2 zu (Ginzler et al.
2011). Vergandung und Wiederbewaldung sind Phäno-
mene, welche die gesamten Alpen betreffen. Eine Ana-
lyse der Landschaftsentwicklung in den Alpen über die
letzten 150 Jahre zeigt jedoch grosse Unterschiede zwi-
schen den einzelnen Staaten des Alpenbogens in Bezug
auf den Anteil der Brachflächen. Der Brachanteil liegt
zwischen 20 und 70 % der landwirtschaftlich genutzten
Flächen (Tasser 2007; Zimmermann et al. 2010). Die Folge
davon ist in vielen Fällen Wiederbewaldung mit negati-
ven Auswirkungen wie Bodenversauerung und Abnahme
der Artenvielfalt (Tasser und Tappeiner 2007). Auf der
Basis von Szenarien wurde kleinräumig auch die zukünf-
tige Landschaftsentwicklung für das Stubaital (Tappei-
Beatrice Schüpbach, Thomas Walter, Gabriela Hofer und Felix Herzog
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich, Schweiz
Auskünfte: Beatrice Schüpbach, E-Mail: [email protected], Tel. +41 377 73 28
Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet
Serie AlpFUTUR
Abb. 1 | Wiederbewaldung im Val Cama. (Foto: ART)
281Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet | Umwelt
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Im Rahmen des Verbundprojektes AlpFUTUR
wurde der Einfluss der Wiederbewaldung auf
die Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet
untersucht. Eine Auswertung der Ziel- und
Leitarten der Umweltziele Landwirtschaft
(UZL-Arten) für das Sömmerungsgebiet zeigt,
dass alle Regionen des Juras und der Alpen
für die Erhaltung der UZL-Arten gleichermas-
sen wichtig sind. Basierend auf einem Modell
mit Wahrscheinlichkeiten zu Landnutzungs-
änderung wurde die Wiederbewaldung bis
2021 modelliert. In den «Nördlichen Zent-
ralalpen», im Tessin und in Teilen Graubün-
dens beträgt der Anteil der Wiederbewal-
dung bis zu 50 %. Für die Erhaltung der
UZL-Arten ist zentral, dass lokal die von
Nutzungsaufgabe und Wiederbewaldung
bedrohten artenreichen Flächen ermittelt
werden und mit einem angepassten Nut-
zungskonzept deren Offenhaltung sicherge-
stellt wird. Im Jura und in den «Westlichen
Nordalpen» beträgt der modellierte Anteil
der Wiederbewaldung lediglich zwischen
1 und 5 %. Hier gilt es, auf artenreichen
Flächen eine extensive Nutzung zu gewähr-
leisten, da Intensivierung die UZL-Arten
ebenso bedroht wie Nutzungsaufgebe und
Wiederbewaldung.
ner et al. 2006) und die Landschaft Davos (Gret-Regamey
et al. 2008) modelliert. Rutherford et al. (2008) haben
Wahrscheinlichkeiten für Landnutzungsäderungen in
den Schweizer Alpen modelliert. Die Wahrscheinlichkeit
der Wiederbewaldung ist dabei ein Aspekt.Das AlpFUTUR-Teilprojekt «Biodiversität und Land-
schaft» baut auf diesem gesamtschweizerischen Modell
auf und modelliert die potenzielle Wiederbewaldung
im Jura und in den Alpen bis 2021. Der vorliegende Bei-
trag erörtert die voraussichtlichen Auswirkungen dieser
Wiederbewaldung auf Ziel- und Leitarten der Land-
wirtschaft.
D a t e n g r u n d l a g e n u n d M e t h o d e n
Bezugseinheiten
Sowohl das Vorkommen der UZL-Arten als auch das Auf-
treten der Wiederbewaldung sind räumlich heterogen
über den Alpenraum verteilte Phänomene. Dies macht
eine Abgrenzung von Bezugseinheiten notwendig. Im
Rahmen des Projektes «Operationalisierung der Umwelt-
ziele Landwirtschaft» (Walter et al. 2013) wurden Subre-
gionen auf Grund von Landschaftstypen, Höhenstufen,
Klimabedingungen und modelliertem Artenvorkommen
abgegrenzt. Diese wurden zur Beurteilung der Bedeu-
tung der Arten im Sömmerungsgebiet herangezogen.
Die Abgrenzung der Subregionen ist in Abbildung 2 dar-
gestellt. Bei der Auswertung der modellierten Wieder-
Abb. 2 | Abgrenzung der Bezugseinheiten zur Auswertung der UZL-Arten: Originale Subregionen. Die Nummerierung der Subregionen (SR) entspricht derjenigen in Tabelle 2.
Legende
SR 1.8SR 2.1SR 2.2
SR 2.3SR 2.4SR 2.5
SR 2.6SR 2.7SR 3.1
SR 3.2SR 3.3SR 3.4
SR 4.1SR 4.2SR 5.3
Übrige Subregionen
Gebiete zwischen 1000 und 2000 m. ü. M
0 25 50 100 km
Umwelt | Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet
282 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
bewaldung zeigte sich, dass diese Abgrenzung der
heterogen auftretenden Wiederbewaldung nicht
gerecht wird. Das Problem waren insbesondere Sub-
regionen, die aus mehreren räumlich getrennten Poly-
gonen bestanden, was in einigen Fällen die durch-
schnittliche Wiederbewaldung der Subregion verzerrte.
Deshalb wurden die Subregionen in Einzelpolygone
aufgetrennt und diese als Bezugseinheiten verwendet.
Zur Interpretation der Resultate bezüglich Wiederbe-
waldung wurden benachbarte Einzelpolygone der
Subregionen, mit ähnlicher Tendenz zu Wiederbewal-
dung wieder zusammengefasst (Schüpbach et al. 2012).
Abbildung 3 zeigt die Abgrenzung der gruppierten
Einzelpolygone der Subregionen. Im Nachfolgenden
werden diese «gruppierte Einzelpolygone» genannt.
Zur Abschätzung der Auswirkungen der Wiederbewal-
dung auf die UZL-Arten, müssten eigentlich die model-
lierten potenziellen Verbreitungsgebiete der UZL-
Arten mit der Wiederbewaldung überlagert werden
und zum Beispiel ausgewertet werden, welcher Anteil
der potenziell in den Subregionen vorkommenden
Arten von Wiederbewaldung betroffen ist. Die Model-
lierung des potenziellen Verbreitungsgebietes der ein-
zelnen UZL-Arten lässt aber diese Vorgehensweise
nicht zu (Schüpbach et al. 2012), weil sie lediglich auf
Funddaten von nach 1990 basiert. Regionen mit wenig
oder keinen Funddaten aus dieser Zeitperiode würden
unterschätzt.
Ziel- und Leitarten Landwirtschaft
Für die Operationalisierung der «Umweltziele Landwirt-
schaft» (BAFU und BLW 2008; Walter et al. 2013) wurde
für 15 Artengruppen das potenzielle Verbreitungsgebiet
modelliert und es wurden die ökologischen Bedürfnisse
und die Verantwortung der Subregion für die einzelne Art
in einer Datenbank erfasst. Dabei bedeutet «Verantwor-
tung der Subregion» für eine UZL-Art, dass das potenzielle
Verbreitungsgebiet der UZL-Art entweder mindestens
10 % Anteil an der Subregion hat, oder dass der Flächen-
anteil des potenziellen Verbreitungsgebietes in der Subre-
gion mindestens 5 % des gesamtschweizerischen poten-
ziellen Verbreitungsgebietes der UZL-Art beträgt (Walter
et al. 2013). Von den 15 Artengruppen wurden für die
vorliegende Studie die sechs im Sömmerungsgebiet arten-
reichsten Gruppen berücksichtigt: Gefässpflanzen, Flech-
ten, Moose, Pilze, Schmetterlinge und Heuschrecken
(Schüpbach et al. 2012; Walter et al. 2013).
Aus der Datenbank wurden alle Arten mit montaner
und subalpiner Verbreitung ermittelt (Gesamtpotenzial)
sowie die Zahl der Arten mit montaner und subalpiner
Abb. 3 | Abgrenzung der Bezugseinheiten zur Auswertung der Wiederbewaldung: Einzelpolygone der Subregionen gruppiert. Die Bezeichnung der gruppierten Polygone entspricht jener in den Abbildungen 4 und 5.
LegendeRegionen gruppiert:
Hohe AlpenHohe Lagen im Faltenjura
Nördliche Bündner AlpenNördliche ZentralalpenSüdliche Bündner Alpen
Südliches TessinTallagen im WallisTessiner Alpen 0 25 50 100 km
WallisWestliche Nordalpen Westliche Randalpen und Alpentäler
Zentrale Randalpen und AlpentälerÖstliche NordalpenÖstliche Randalpen und AlpentälerÜbrige Gebiete
Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet | Umwelt
283Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
der Sömmerungsflächen erstellt. Dazu wurde die
modellierte Wiederbewaldung mit den oben beschrie-
benen Einzelpolygonen der Subregionen und dem
Digitalen Höhenmodell (DHM25 ©Eidg. Vermessungs-
direktion, DV002207.1) überlagert. Anschliessend
wurde für jedes Einzelpolygon der Anteil Wiederbe-
waldung berechnet.
R e s u l t a t e
Ziel- und Leitarten Landwirtschaft
Tabelle 2 zeigt, dass viele Subregionen einen beträchtli-
chen Anteil Sömmerungsgebiet haben. Ausserdem bieten
sie alle für eine grosse Zahl an UZL-Arten Lebensraum
(Gesamtpotenzial zwischen 642 und 1028 Arten). Für rund
die Hälfte dieser Arten tragen die jeweiligen Subregionen
hohe Verantwortung (244 bis 672 Arten). Die Verteilung
der Grösse der Subregionen, ihres Sömmerungsgebietsan-
teils und ihrer Artenzahlen zeigt, dass eine Priorisierung
der Subregionen auf Grund der Arten deshalb kaum mög-
lich ist. In grossen Subregionen finden sich nicht unbe-
dingt mehr Arten als in kleinen Subregionen. Ein im Ver-
gleich zu einer anderen Subregion hohes Gesamtpotenzial
bedeutet nicht unbedingt, dass auch die Zahl der Arten,
für welche die Subregion hohe Verantwortung trägt höher
ist und umgekehrt. Für die Erhaltung der UZL-Arten
braucht es alle Regionen gleichermassen.
Geht man davon aus, dass die einzelnen UZL-Arten
mehr oder weniger gleichmässig über die Subregionen,
in welchen sie vorkommen, verteilt sind, sagt der Anteil
der Wiederbewaldung direkt etwas über die Gefähr-
dung der UZL-Arten durch Wiederbewaldung aus. Es
gibt jedoch auch viele UZL-Arten mit punktueller Ver-
breitung. Im nachfolgenden Kapitel sind die Verteilung
der Wiederbewaldung und ihre Auswirkungen auf die
UZL-Arten beschrieben.
Modellierte Wiederbewaldung
Auswertungen der modellierten Wiederbewaldung mit
der Arealstatistik 2004/09 haben gezeigt, dass die Wie-
derbewaldung gemäss Modell (originale Änderungs-
Verbreitung, für welche die Region eine hohe Verant-
wortung hat. Mit der Einschränkung auf die montane
und subalpine Stufe wurde sichergestellt, dass die
berücksichtigten UZL-Arten im Sömmerungsgebiet vor-
kommen. Mit diesen Auswertungen wurde abgeklärt,
ob die Subregionen bezüglich Gesamtpotenzial und Ver-
antwortung im Sömmerungsgebiet alle gleich wichtig
sind, oder ob es grosse Unterschiede zwischen den Regi-
onen gibt.
Modellierte Wiederbewaldung
Im Projekt WaSAlp (Baur 2004) wurde ein umfassendes
Modell zur Wahrscheinlichkeit von Landnutzungsände-
rungen (sowohl Intensivierung wie Extensivierung)
erstellt. Es basiert auf den beobachteten Landnutzungs-
änderungen zwischen der Arealstatistik 1979/85 und der
Arealstatistik 1992/97 sowie Daten zu Bodeneigenschaf-
ten, Klima, Relief und Distanzen zu Strassen und Siedlun-
gen (Rutherford et al. 2008). Für die vorliegende Studie
wurden die Teile, welche die Wiederbewaldung beschrei-
ben (Landnutzungsänderungen von «extensiv» oder
«intensiv genutzter Wiese» zu «Verbuschung», «Offe-
nem Wald» oder «Geschlossenem Wald») verwendet
und zu einem Datensatz aggregiert. Dieser Datensatz
enthält für jede Wiederbewaldungskategorie («Verbu-
schung», «Offener Wald» und «Geschlossener Wald»),
die Rasterzellen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für
eine Landnutzungsänderung gemäss dem ursprüngli-
chen Modell von Rutherford et al. (2008). Diese Zellen
wurden gemäss der Änderungsrate der einzelnen Land-
nutzungskategorien (siehe Tabelle 1) extrahiert. Der
entstandene Datensatz beschreibt die Wahrscheinlich-
keit der Wiederbewaldung bis 2009. Dieser Datensatz
wurde mit Hilfe der bis Herbst 2012 vorhandenen Daten
der Arealstatistik 2004/09 auf seine Qualität überprüft. Anschliessend wurde unter Berücksichtigung der
doppelten Änderungsrate (Tab. 1) die Wiederbewal-
dung für das Jahr 2021 modelliert. Daraus wurde der
Anteil der Wiederbewaldung an den Einzelpolygonen
im Sömmerungsgebiet (zwischen 1000 und 2000 m ü.
M). berechnet sowie eine Zeitreihe der Entwicklung
Änderung zu: Verbuscht [%] Offener Wald [%] Geschlossener Wald [%]
Ursprüngliche Nutzung
Intensiv genutzte Wiese 0,11 0,25 0,13
extensiv genutzte Wiese 1,60 0,63 0,27
Verbuscht 3,9 8,70
Offener Wald 7,60
Tab. 1 | Änderungsraten der verschiedenen Landnutzungskategorien zwischen der Arealstatistik 1979/85 und 1992/97 als Basis zur Model-lierung der Wiederbewaldung
Umwelt | Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet
284 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
rate) in der Höhenstufe zwischen 1000 und 2000 m ü. M.,
der für das Sömmerungsgebiet relevanten Höhenstufe,
die Wiederbewaldung tendenziell überschätzt. Dies gilt
insbesondere für die modellierte «Verbuschung» (Schüp-
bach et al. 2012).
Abbildung 4 zeigt die Anteile der modellierten Wie-
derbewaldung bis 2021 (doppelte Änderungsrate) in
den «gruppierten Einzelpolygonen». Die «Wiederbewal-
dung insgesamt» (oben links) wird durch den «Geschlos-
senen Wald» (oben rechts) dominiert. Dieser kommt im
gesamten Alpenraum und auch im Jura vor, wobei die
Anteile generell im südlichen und im östlichen Teil der
Alpen höher als im nordwestlichen Teil oder im Jura. In
den «Nördlichen Zentralalpen», in den «Tessiner Alpen»,
im Oberengadin, Bergell, Puschlav und in Teilen der
«Nördlichen Bündner Alpen» («gruppierte Einzelpoly-
gone‘», Abb. 3) ist die Wiederbewaldung am höchsten –
im Extremfall bis über 50 % (dabei handelt es sich aller-
dings um ein kleines Einzelpolygon). Die Aufteilung in
«Verbuschung» «Offener Wald» und «Geschlossener
Wald» gibt für den Artenschutz zusätzliche Information.
Während der «Geschlossene Wald» den auf offenes
Grasland spezialisierten UZL-Arten keinen geeigneten
Lebensraum bietet, ist dies bei «Verbuschung» und
«Offenem Wald» noch bedingt der Fall. So zeigen zwei
Studien, dass die Artenvielfalt bei mässiger Verbuschung
UZL Grossregion UZL Subregion (SR)
Potenzial montan oder
subalpin [Anzahl Arten]
Anz. Arten, für welche die Region hohe Verantwor-tung trägt (montan oder
subalpin)
Fläche Gesamt- region [km2]
Anteil Sömme-rungsgebiet
gemäss LW-Zonenplan
[%]
Mittelland, tiefe Lagen im Jura Chablais (SR 1.8) 763 394 142 1
AlpenBerglandschaften der nördlichen
Randalpen (Klippen zone) und mit-telhohe Nord alpen (SR 2.1)
980 491 4121 80
AlpenHohe Nordalpen, Faulhorn, Titlis,
Clariden, Kärpf, Tödi, Pizol, mittlere Bündner Alpen (SR 2.2)
770 304 3167 96
AlpenHohe Zentralalpen, westliche und nördliche Walliser Alpen (SR 2.3)
962 350 3328 97
AlpenHohe Engadiner Alpen
(SR 2.4)642 268 2119 93
Alpen Unterengadin, Val Müstair (SR 2.5) 694 424 928 84
AlpenBergell, Puschlav, mittlere Lagen
der Tessiner Alpen (SR 2.6)
863 405 1826 74
Alpen Südöstliche Walliser Alpen (SR 2.7) 761 244 1265 99
Hoher westlicher Jura, tiefe Lagen in den Alpen
Molassehügelland, nördliche Al-pentäler (SR 3.1)
974 399 3806 13
Hoher westlicher Jura, tiefe Lagen in den Alpen
Tallagen des Vorderrhein, Hinter-rhein u. der Landquart (SR 3.2)
813 445 811 13
Hoher westlicher Jura, tiefe Lagen in den Alpen
Molassebergland, Rigi, Sihlsee, Speer, Hochalp (SR 3.3)
659 271 682 48
Hoher westlicher Jura, tiefe Lagen in den Alpen
Hohe Lagen im Faltenjura (SR 3.4)
811 468 1127 44
Tiefe Lagen im Wallis Tallagen im Wallis (SR 4.1) 1022 672 843 4
Tiefe Lagen im Wallis Talflanken im Wallis (SR 4.2) 1028 589 1230 61
Südlicher Alpenrand Südliches Tessin (SR 5.3) 674 459 268 1
Tab. 2 | Subregionen der höheren Lagen in den Alpen und im Jura mit ihrem Gesamtpotenzial an Umwelt Ziel- und Leitarten für die Land-wirtschaft (UZL), ihrer Verantwortung für diese Arten sowie dem Anteil des Sömmerungsgebietes an der Gesamtfläche der Subregion. Berücksichtigte Artengruppen: Gefässpflanzen, Flechten, Moose, Pilze, Tagfalter, Heuschrecken. Die Namen und Nummern der Subregionen entsprechen derjenigen in Walter et al. (2013)
Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet | Umwelt
285Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
che von 1979/85 schon kleiner ist als der prognostizierte
Anteil von 2021. Hier hat das Modell die Wiederbewal-
dung in Bezug auf die Sömmerungsweiden unterschätzt.
D i s k u s s i o n
Die Wahl der Bezugseinheiten ist für die Bearbeitung die-
ses Themas der zentrale Punkt. Da die Wiederbewaldung
ein heterogenes Phänomen ist, darf die Bezugseinheit für
deren Auswertung nicht zu gross sein und sollte sich ins-
besondere nicht über mehrere, räumlich getrennte Poly-
gone erstrecken. Die Bezugseinheiten der UZL-Arten wie-
derum müssen der Ausbreitung und den ökologischen
Bedürfnissen der Arten gerecht werden. Eine weitere Ein-
schränkung ist die Begrenzung auf die Höhenstufe 1000
bis 2000 m ü. M. Die jüngste Auswertung des Bundesam-
tes für Statistik zeigt, dass der grösste Zuwachs der Wald-
fläche zwischen 1992/97 und 2004/09 auf der Höhenstufe
zwischen 2200 und 2400 m ü. M. stattfand (BFS 2012).
Dies erklärt auch, warum in gewissen Regionen die Söm-
merungsflächen schon 2004/09 stärker von Wiederbewal-
dung betroffen waren als gemäss Modell vorhergesagt.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Ergebnisse zeigen, dass Wiederbewaldung sowohl
im Jura wie im gesamten Alpenraum bis 2021 zuneh-
men wird. Allerdings sind die regionale Unterschiede
sogar höher sein kann als ohne Verbuschung (Koch et al.
2012; Walter et al. 2007). Das bedeutet allerdings, dass
die Verbuschung kontrolliert werden muss. Gemäss
Modellierung findet Verbuschung vor allem in den
«Nördlichen Zentralalpen«, in den «Tessiner Alpen» und
in Teilen der «Nördlichen Bündner Alpen» statt, mit
Anteilen zwischen 1 bis 5 %, im Extremfall bis 10 %. Die
Ausbreitung des «Offenen Waldes» konzentriert sich auf
die «Tessiner Alpen», das Bergell und das Oberengadin,
sowie auf einzelne Teile der «Nördlichen Bündner Alpen»
(Anteile 1 bis 5 %). Auch hier kann eine kontrollierte Ent-
wicklung des «Offenen Waldes» einen Teil der UZL-
Arten vielleicht erhalten.
Abbildung 5 zeigt die Entwicklung der Sömmerungs-
weiden zwischen 1979/85 und 2004/09 sowie die Prog-
nose für 2021 als Anteil der Fläche der Sömmerungswei-
den gemäss Arealstatistik 1979/85. Die Ergebnisse sind
aufgeschlüsselt nach den «gruppierten Einzelpolygo-
nen» (Abb. 3). Hier zeigt sich wiederum das räumlich
heterogene Bild: In einigen Fällen nimmt der Anteil an
der Fläche von 1979/85 wie erwartet kontinuierlich ab.
In anderen Fällen («Hohe Lagen im Faltenjura», «Zent-
rale Randalpen» und Alpentäler» oder «Westliche Rand-
alpen und Alpentäler») nimmt er zwischen 1992/97 und
2004/09 wieder zu. In den «Westlichen Nordalpen», den
«Nördlichen Bündner Alpen», im «Südlichen Tessin», den
«Tessiner Alpen» und den «Tallagen im Wallis» ist der in
der Arealstatistik 2004/09 beobachtete Anteil an der Flä-
Abb. 4 | Anteile von Wiederbewaldung, «Geschlossenem Wald», «Verbuschung» und «Offenem Wald» an der Fläche zwischen 1000 und 2000 m ü. M der Einzelpolygone.
Wiederbewaldung insgesamt Geschlossener Wald
Verbuschung Offener Wald
LegendeAnteil von Wiederbewaldungbetroffene Fläche
< 1 %
>= 1 % – 5 %
>= 5 % – 10 %
>= 10 % – 20 %
>= 20 % – 50 %
>= 50 %
Unter 1000 oder über 2000 m.ü.M
0 25 50 100
286 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
Umwelt | Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet
gross: Gemäss Modell werden die höchsten Anteile an
Wiederbewaldung in den «Nördlichen Zentralalpen»,
im «Tessin» und in Teilen des Kanton Graubünden (Ber-
gell, Oberengadin, Puschlav und Teile Nordbündens)
erwartet.
Auch wenn die zur Verfügung stehenden Daten die
eigentlich erforderliche Überlagerung und Bilanzierung
von Arten und Wiederbewaldung nicht zuliess, kann
man für die Ziel- und Leitarten der Landwirtschaft aus
den vorliegenden Resultaten doch zwei Schlüsse ziehen:
Zum einen kommen Ziel- und Leitarten der Landwirt-
schaft in allen Regionen in grosser Zahl vor, so dass alle
Regionen für die Erhaltung der UZL-Arten und die Errei-
chung der Umweltziele wichtig sind. Zum anderen ist
Wiederbewaldung nicht in allen Regionen gleichermas-
sen ein drängendes Problem. In Regionen mit hohem
modellierten Wiederbewaldungsanteil (Tessin, Zentrale
Nordalpen, Graubünden) ist der Offenhaltung grössere
Beachtung zu schenken. Flächendeckende Wiederbe-
waldung führt nicht nur zu Kulturlandverlust, sondern
auch zu einem Verlust an Arten- und Landschaftsvielfalt
und ist deshalb zu vermeiden (Tasser und Tappeiner
2007). Deshalb sind in diesen Regionen lokal diejenigen
artenreichen Flächen zu eruieren, die von Nutzungsauf-
gabe und Wiederbewaldung stark betroffen sind. Für
diese Flächen ist ein angepasstes Nutzungskonzept zu
erarbeiten.
Demgegenüber ist den von Wiederbewaldung wenig
betroffenen Gebieten («Westlichen Nordalpen» und
«Jura») die Erhaltung einer extensiven Nutzung insbe-
sondere auf den artenreichen Flächen vorrangig, wäh-
rend «Offenhaltung» eine eher untergeordnete Rolle
spielt. Intensivierung wirkt sich auf die Mehrzahl der
UZL-Arten genauso negativ aus wie eine Nutzungsauf-
gabe. Walter et al. (2013) haben gezeigt, dass neben der
Tal- und Hügelzone auch in der Bergzone I und II der vor-
geschlagene Soll-Anteil an artenreichen Flächen nicht
erreicht wird. Wenn die in der Bergzone III und IV sowie im Söm-
merungsgebiet noch in genügendem Mass vorhande-
nen Flächen mit UZL-Qualität erhalten werden sollen,
sind entsprechende Anstrengungen notwendig. Schlei-
chende Intensivierung ist ebenso zu unterbinden wie
unkontrollierte Vergandung. Entsprechende Anreize
werden von der Agrarpolitik gesetzt, indem zukünftig
auch im Sömmerungsgebiet Biodiversitätsförderflächen
angemeldet werden können. Es wird sich zeigen, ob
diese Massnahme dazu beiträgt, die Umweltziele Land-
wirtschaft zu erreichen. � n
www.alpfutur.ch
Dank
Die Studie ist Teil des Teilprojektes 5 «Landschaft» von AlpFUTUR und wurde durch Armasuisse Immobilien, der Sophie und Karl Binding Stiftung, der Ricola AG und den Kanton Graubünden finanziell unterstützt.
50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100
Hohe Lagen im Faltenjura
Zentrale Randalpen und Alpentäler
Westliche Randalpen und Alpentäler
Östliche Nordalpen
Östliche Randalpen und Alpentäler
Westliche Nordalpen
Hohe Alpen
Nördliche Zentralalpen
Nördliche Bündner Alpen
Wallis
Tessiner Alpen
Südliches Tessin
Tallagen im Wallis
Anteil Prognose 2021 Anteil 2009 Anteil 1997
Abb. 5 | Entwicklung der Fläche der Sömmerungsweiden gemäss Arealstatistik 1979/85, 1992/97 und 2004/09 sowie der Prognose für 2021 gemäss der modellierten Wiederbewaldung als Anteil der Fläche von 979/85. Einzelpolygone gruppiert; die Fläche von 1979/85 entspricht 100 %.
287Agrarforschung Schweiz 4 (6): 280–287, 2013
▪ Tappeiner U., Tasser E., Leitinger G. & Tappeiner G., 2006. Landnutzung in den Alpen: historische Entwicklung und zukünftige Szenarien. In: Die Alpen im Jahr 2020 (Ed. R. Psenner und R. Lackner). innsbruck university press, Innsbruck,
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▪ Tasser E. & Tappeiner U., 2007. Wenn der Bauer mäht ... Ökologische Fol-gen von Landnutzungsänderungen. Ländlicher Raum Online Fachzeit-schrift des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 1−13.
▪ Walter T., Grünig A., Schüpbach B. & Schmid W., 2007. Indicators to pre-dict quality of low intensity granzing areas in Switzerland. Grassland sceince in Europe 12, 259−262.
▪ Walter T., Eggenberg S., Gonseth Y., Fivaz F., Hedinger C., Hofer G., Klie-ber-Kühne A., Richner N., Schneider K., Szerencsits E. & Wolf S., 2013. Operationalisierung der Umweltziele Landwirtschaft; Bereich Ziel- und Leitarten, Lebensräume (OPAL). ART-Schriftenreihe 18, Forschungsan-stalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART.
▪ Zimmermann P., Tasser E., Leitinger G. & Tappeiner U., 2010. Effects of land-use and land-cover pattern on landscape-scale biodiversity in the European Alps. Agriculture, Ecosystems & Environment 139 (1−2), 13−22.
Literatur ▪ BAFU & BLW (2008). Umweltziele Landwirtschaft. Bern: Bundesamt für Umwelt BAFU und Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
▪ Baur P., 2004. Die Landwirtschaft geht − der Wald kommt. Montagna 4, 12−14.
▪ BFS (2012). Die Waldausbreitung in den Alpen. In BFS aktuell, Raum und Umwelt, Raumnutzung und Landschaft: Bundesamt für Statistik BFS.
▪ Ginzler C., Brändli U.B. & Hägeli M., 2011. Waldflächenentwicklung der letzten 120 Jahre in der Schweiz. Schweizerische Zeitschrift für Forst-wesen 162 (9), 377−343.
▪ Gret-Regamey A., Bebi P., Bishop I.D. & Schmid W.A., 2008. Linking GIS-based models to value ecosystem services in an Alpine region. Journal of Environmental Management 89 (3), 197−208.
▪ Koch B., Giovanettina S., Schmid S., Bischof S. & Hofer G., 2012. Quali-tätsindikatoren für die Biodiversität im Sömmerungsgebiet. Zürich: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART.
▪ Rutherford G.N., Bebi P., Edwards P.J. & Zimmermann N.E., 2008. Asses-sing land-use statistics to model land cover change in a mountainous landscape in the European Alps. Ecological Modelling 212 (3−4), 460−471.
▪ Schüpbach B., Hofer G. & Walter T., 2012. Schlussbericht aus dem AlpFUTUR-Teilprojekt 5 «Qualität», Teil Landschaft. (revidierte Version vom 30. 5. 2013). http://www.alpfutur.ch/qualitaet.php?l=1.
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Modellierte Wiederbewaldung im Jahr 2021 und Artenvielfalt im Sömmerungsgebiet | Umwelt
Delineati l'avanzamento del bosco nel 2021 e la
biodiversità nella regione d'estivazione
Nell'ambito del progetto collettivo AlpFUTUR è
stato analizzato l'influsso dell'avanzamento del
bosco sulla biodiversità nella regione d'estiva-
zione. Una valutazione delle specie bersaglio e
faro degli obiettivi ambientali nell'agricoltura
(specie degli OAA) per la regione d'estivazione
mostra che tutte le regioni del Giura e dell'arco
alpino sono importanti per il mantenimento
delle specie degli OAA. Sulla base di un modello
probabilistico di modifiche dell'utilizzo dei
terreni è stato delineato l'avanzamento del
bosco fino al 2021. Nelle «Alpi centro-settentrio-
nali», in Ticino e in parte dei Grigioni la quota
dell'avanzamento del bosco arriva fino al 50 per
cento. Per la salvaguardia delle specie degli
OAA è fondamentale che a livello locale siano
individuate le superfici ricche di specie minac-
ciate dalla cessazione della gestione e dall'avan-
zamento del bosco e sia garantita la loro
preservazione con un piano di utilizzazione
adeguato. Nel Giura e nelle «Alpi nord-occiden-
tali» la quota dell'avanzamento del bosco
stimata si aggira soltanto tra l'1 e il 5 per cento.
Si tratta pertanto di garantire un'utilizzazione
estensiva sulle superfici ricche di specie, in
quanto l'intensificazione minaccia le specie
degli OAA allo stesso modo della cessazione
della gestione e dell'avanzamento del bosco.
Modelled forest regrowth in 2021 and biodiversity
in alpine summer pastures
The influence of forest regrowth on biodiversity in
alpine summer pastures was investigated as part of
the joint research project AlpFUTUR. An evaluation
of the target and indicator species of the
agriculture-related environmental objectives
(AEO species) for the alpine summer pastures
shows that all regions of the Jura and the Alps are
of equal importance for the conservation of AEO
species. Forest regrowth up to 2021 was estimated
on the basis of a model describing probabilities of
land-use change. In the «North-Central Alps», the
Tessin and parts of Graubünden, the percentage of
forest regrowth can be as high as 50 %. For the
conservation of AEO species, it is crucial for the
species-rich meadows and pastures threatened by
abandonment and forest regrowth to be identified
locally, and for a locally adapted land-use concept
to ensure that they remain under agricultural
management. In the Jura mountains and in the
«Northwestern Alps», the percentage of modelled
forest regrowth is only between 1 and 5 %. Here, it
is important to ensure extensive (i.e. low-input)
land use on species-rich land, since intensification
threatens the AEO species as much as abandon-
ment and forest regrowth.
Key words: forest re-growth, impact on species,
Swiss Alps, summer pastures, Swiss land-use
statistics, modeling.
288 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
E i n l e i t u n g
Bakterien der Gattung Erwinia können verschiedene
Krankheiten der Kartoffel verursachen. Dazu zählen
Fäulnisse des Stängels, welche Schwarzbeinigkeit
genannt werden, und Fäulnisse der Knollen, die als Nass-
fäulen bezeichnet werden. Die Symptome der Schwarz-
beinigkeit reichen, in Abhängigkeit der klimatischen
Bedingungen, von einer Nassfäule bis zu einer Trocken-
fäule der Stängel, während die Knollen im Feld und bei
der Lagerung von Nassfäulen befallen werden (Helias,
2008). Jüngste taxonomische Arbeiten haben zu einer
Neugestaltung der Nomenklatur der für diese Symp-
tome verantwortlichen Pathogene geführt, die von nun
David Gerardin1, Jérémie Rouffiange2, Isabelle Kellenberger3, Santiago Schaerer3 und Brice Dupuis3
1UFR PEPS, Université de Haute Alsace, 68000 Colmar, Frankreich2Institut Supérieur Industriel agronomique Huy-Gembloux, 4500 Huy, Belgien3Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte: Brice Dupuis, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 47 48
Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp.
P f l a n z e n b a u
Abb. 1 | Entfernen des von der Nassfäule zerstörten Gewebes auf einer Kartoffelscheibe. (Photo: D. Gerardin)
289
Zusa
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ng
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp. | Pflanzenbau
Die Nassfäule auf Kartoffelknollen wird
hervorgerufen durch Bakterien der Arten
Pectobacterium und Dickeya. Auf Grund der
Untersuchung kranker Pflanzen wurden als
häufigste Bakterienarten Dickeya solani und
Dickeya dianthicola in Posten schweizerischer
Kartoffelknollen bestimmt. Zur Ermittlung
von Sortenunterschieden in Bezug auf die
Empfindlichkeit gegenüber der Nassfäule
wurden Labortests durchgeführt. Mit diesen
Tests wurden auch Unterschiede in der
Aggressivität der Isolate von D. dianthicola
und D. solani ermittelt. Es wurden fünf
Kartoffelsorten überprüft, wobei sich zeigte,
dass Agria empfindlicher ist als Annabelle.
Von den fünf getesteten Dickeya-Isolaten
waren die drei Isolate von D. solani virulenter
als die zwei Isolate von D. dianthicola. In
dieser Arbeit werden mehrere Hypothesen
diskutiert, welche diese Unterschiede
erklären könnten. Die Resultate der vorlie-
genden Studie sollten eine Optimierung der
Lagerung von Kartoffeln erlauben, wobei die
Empfindlichkeit der Sorten und die Virulenz
der vorhandenen Bakterienarten zu berück-
sichtigen sind. Damit sollte der Einfluss der
Nassfäule auf die Kartoffeln während der
Lagerung vermindert werden können.
an zwei Gattungen angehören: Pectobacterium, früher
Erwinia carotovora, und Dickeya, früher Erwinia chrys-
anthemi (Helias 2008). Von 1986 bis 2010 wurden in der
Schweiz 718 Proben kranker Stängel und Knollen unter-
sucht. Im Durchschnitt gehörten 66 % der Bakterien zur
Gattung Dickeya und 34 % zu Pectobacterium (Cazelles
et Schwaerzel 1992; Dupuis et al. 2010). Die Dickeya-
Bakterien dringen durch die Lentizellen, die Stolonen
oder durch Verletzungen in die Knollen ein. Infektionen
können auch während der Lagerung auftreten, vor
allem wenn eine kranke Knolle in Kontakt mit einer
gesunden Knolle kommt (Rousselle et al. 1996). Die Bak-
terien können auch in der Knolle in einem latenten
Zustand verharren und sich erst beim Eintreten günsti-
ger Milieubedingungen vermehren (Hélias 2008). Weber
et al. (1996) haben die Mechanismen, welche bei der
Entwicklung von Nassfäulen auftreten, zu einem
Gesamtbild zusammengefasst. Diese Mechanismen sind
in Abbildung 2 dargestellt.
Zuerst bildet das Bakterium pektinolytische Enzyme
(EP), vor allem Pektin abbauende Enzyme und Polygalak-
torunasen (McMillan et al. 1993), welche das polymeri-
sierte Pektin der Kartoffelzellwände in einfache Bau-
steine zerlegen. Die Oligogalakturonate (OGS), welche
bei dieser Entpolymerisierung entstehen, werden vom
Bakterium absorbiert und mittels oligogalakturonischen
Enzymen zu 5-Keto-4-Deoxyuronate (DKI), 2,5-Diketo-
3-Deoxy-Gluconate (DKII) sowie Galacturonsäure (AG)
abgebaut. Die DKI, DKII sowie weitere Produkte, die als
Resultat des Zellwandabbaus entstehen, lösen eine Ket-
tenreaktion aus, welche zu einer Zunahme der EP-Pro-
duktion führt und damit die Virulenz des Bakteriums
erhöht (Yang et al. 1992). Die OGS, welche beim Abbau
des Pektins durch die EP entstehen, lösen bei der Pflanze
gegen diese Infektionen Resistenzmechanismen aus wie
etwa die Erzeugung von Proteasen-Inhibitoren und
anderen Phytoalexinen (Weber et al. 1996).
Einige Arbeiten haben Unterschiede bei der Sorten-
empfindlichkeit gegenüber der Schwarzbeinigkeit im
Feld aufgezeigt (Allefs et al. 1996, Radtke & Rieckmann,
1991). Die Studie von Haynes et al. (1997) hat hingegen
bei Kartoffelscheiben, die künstlich infiziert wurden,
keine Unterschiede der Sortenempfindlichkeit gegen-
über Nassfäulen nachgewiesen. In dieser Studie erweist
es sich als schwierig zu bestimmen, ob fehlende Unter-
schiede in der Sortenempfindlichkeit auf die verwen-
dete Methode zurück zu führen sind, oder ob die getes-
teten Sorten Atlantic, Norchip und Superior der gleichen
Sensibilitätsgruppe angehören. In derselben Studie
wurde die Virulenz von zwei Isolaten von Pectobacte-
rium und einem Isolat von Dickeya bei denselben drei
Sorten verglichen. Bei den überprüften Isolaten konnten
290 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Pflanzenbau | Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp.
keinerlei signifikante Unterschiede in Bezug auf die
Schnelligkeit der Nassfäulenentwicklung auf Kartoffel-
knollenscheiben beobachtet werden. Indessen ist die Art
von Dickeya, die in diesem Test verwendet wurde, nicht
bekannt. Es scheint daher angebracht, die Aggressivität
der beiden Arten von Dickeya, die in der Schweiz vor-
kommen, nämlich Dickeya dianthicola und Dickeya
solani (Dupuis et al., 2010) zu vergleichen. Um das Risiko
der Entwicklung von Lagerfäulen besser zu erfassen,
stellt sich die vorliegende Studie zwei Hauptfragen:
a) Lassen sich Unterschiede in der Empfindlichkeit in
Bezug auf die Fäulnis bei den wichtigsten Kartoffelsor-
ten, die in der Schweiz angebaut werden, nachweisen?
b) Lässt sich bestimmen, ob gewisse Isolate von Dickeya,
die unterschiedlichen Arten angehören, virulenter sind
als andere in Bezug auf die Entwicklung von Nassfäulen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden zwei Versu-
che durchgeführt.
Im Versuch A wurde die Aggressivität von fünf Isola-
ten von Dickeya auf der Sorte Agria studiert. Für diesen
Versuch wurden zwei Isolate von D. dianthicola und drei
von D. solani ausgewählt, nämlich D. dianthicola 980, D.
dianthicola 8823, D. solani 07044, D. solani 05026 und
D. solani 2222. Im Versuch B wurde die Empfindlichkeit
von fünf Kartoffelsorten studiert: Agria, Victoria, Char-
lotte, Innovator und Annabelle. Diese fünf Sorten wur-
den mit dem Stamm D. dianthicola 8823 inokuliert.
Beide Versuche wurden dreimal wiederholt. Das verwen-
dete Versuchsprotokoll ist jenem von Haynes et al. (1997)
entliehen. Die Knollen wurden oberflächlich sterilisiert
in dem sie in 70 % Ethanol eingetaucht und anschlies-
send kurz durch eine Bunsenbrenner-Flamme gezogen
wurden. Eine etwa 5 mm dicke Scheibe wurde aus der
Mitte der Knolle herausgeschnitten und anschliessend in
eine Petrischale mit 1 ml sterilem Wasser gelegt. Ein
1 cm2 grosses Filterpapier wurde in die Mitte der Scheibe
gelegt, und es wurde eine erste Wägung vorgenommen,
um das Anfangsgewicht festzuhalten. Danach wurden
100 µl einer Bakteriensuspension (107 ufc/ml) auf das Fil-
terpapier aufgebracht. Die Verdünnungen wurden in
einem Phosphatpuffer (PBS) vorgenommen. Die Petri-
schale wurde mit Parafilm verschlossen, um den Gasaus-
tausch zu beschränken, und anschliessend bei 27 °C wäh-
rend 48 Stunden in einem Inkubationsschrank inkubiert.
Am Ende der Inkubationsdauer wurde das durch die
Bakterien verfaulte Gewebe entfernt (Abb. 1). Mit einer
zweiten Wägung wurde das Endgewicht bestimmt und
DKI
DKII
OGS
EP
IP
AG
Stärkekörner
BakteriumKartoffelzelle
Abb. 2 | Schematische Darstellung der einwirkenden Mechanismen beim Befall der Kartoffel durch Dickeya spp. Die hier ver-wendeten Abkürzungen sind im Text erläutert.
291Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp. | Pflanzenbau
skop bei einer Vergrösserung von 400X (Leica DMLB)
beobachtet. Es wurden Abbildungen (Leica DFC 490)
gemacht, um die Zellwände vermessen zu können. Damit
konnte die Zellwanddicke der verschiedenen Sorten ver-
glichen werden (ANOVA bei Faktor 1).
R e s u l t a t e
Aggressivität der Isolate
Die Resultate aus Versuch A zeigen, dass die Entwick-
lung der Fäulnisprozesse auf den Kartoffelscheiben
höchst unterschiedlich ausfällt (Variationskoeffizient des
Versuches = 60 %). Die als Kontrolle mitgeführten Kar-
toffelscheiben (PBS) zeigten keine Anzeichen von Fäul-
nis, was belegt, dass die verwendeten Knollen gesund
waren. Betrachtet man die Gesamtheit der Versuchswie-
derholungen (Versuch A1, A2 und A3) stellt man Unter-
schiede in der Sensibilität der Isolate fest. Die beiden
Isolate von D. dianthicola sind weniger aggressiv als die
drei Isolate von D. solani (F(4; 485)=98,21; p<0,001).
D. solani 07044 hat beispielsweise zu einem mittleren
Gewichtsverlust geführt, der etwa viermal grösser war
als jener von D. dianthicola 980. Betrachtet man die
Gesamtheit der Isolate, so war der mittlere Gewichtsver-
lust in der zweiten Versuchswiederholung mit 7,39 g pro
Knollenscheibe höher als in der ersten und dritten Ver-
suchswiederholung. Die erste und dritte Versuchswie-
derholung ergab statistisch identische Resultate mit 5,64
g beziehungsweise 5,27 g (F(2;485) = 31,66; p<0,001).
Schliesslich wurde auch eine Interaktion zwischen den
geprüften Isolaten und der Versuchswiederholung beob-
der Gewichtsverlust berechnet. Dieser Gewichtsverlust
entspricht jenem Teil der Kartoffelscheibe, welcher
durch die Bakterien abgebaut worden ist. Für das Stu-
dium der Aggressivität der Isolate wurden 250 Kartoffel-
scheiben geschnitten. Jedes Isolat wurde auf 40 Schei-
ben geprüft und zehn Scheiben pro Versuch wurden als
nicht-inokulierte Kontrollen mitgeführt. Auf diesen
zehn Scheiben wurde PBS anstelle von Bakteriensuspen-
sion aufgebracht. Für den Versuch zur Sortenresistenz
wurden 50 Kartoffelscheiben pro Sorte geschnitten.
Davon wurden 40 Scheiben inokuliert und zehn dienten
als Kontrolle (PBS wurde aufgebracht anstelle von Bak-
teriensuspension). Bei beiden Versuchen stammte jede
Kartoffelscheibe von einer anderen Knolle. Die statisti-
sche Analyse wurde mit dem Programm STATISTICA
(StatSoft, Tulsa, USA) durchgeführt. Für jeden Versuch
wurde eine zwei-faktorielle Varianzanalyse (ANOVA)
durchgeführt (α=0,05). Der erste Faktor bezieht sich auf
die Wiederholung des Versuches über die Zeit. Der
zweite Faktor bezieht sich auf das Versuchsobjekt, das
heisst auf das Isolat von Dickeya für Versuch A und auf
die Sorte für Versuch B. Schliesslich wurde auch die Inter-
aktion der beiden Faktoren untersucht. Falls für einen
der Faktoren der Studie ein signifikanter Unterschied
nachgewiesen wurde, hat man einen Vergleichstest der
Mittelwerte ausgeführt (Test von Newman und Keuls). In
diesen Versuchen wurde auch die zelluläre Struktur der
Knollen der fünf untersuchten Kartoffelsorten beobach-
tet. Es wurden dazu histologische Schnitte durch das
medulläre Parenchym bei jeweils vier Knollen pro Sorte
vorgenommen. Diese Schnitte wurden unter dem Mikro-
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
D. dianthicola 980 D. dianthicola 8823 D. solani 05026 D. solani 2222 D. solani 07044
Gew
icht
sver
lust
(g)
Versuch A1
Versuch A2
Versuch A3
a
b
b
c c c c
d d d
cd cd cd
e
f
Abb. 3 | Mittlerer Gewichtsverlust von Kartoffelscheiben der Sorte Agria als Folge der Entwicklung von Nassfäule, hervorgerufen durch verschiedene Isolate von Dickeya spp. Als Mass für die Variabilität ist über den Säulen der Standardfehler eingezeichnet und signifikante Unterschiede sind durch unterschiedliche Kleinbuchstaben gekennzeichnet.
292 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Pflanzenbau | Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp.
achtet (F(8; 485) = 9,63; p<0,05). Diese erklärt sich aus der
Tatsache, dass die mit den Isolaten D. dianthicola 980,
D. solani 05026 und D. solani 01044 erhaltenen Resultate
zwischen den Versuchswiederholungen unterschiedlich
ausfielen (Abb. 3).
Empfindlichkeit der Sorten
Die Variabilität war beim Versuch B grösser als beim Ver-
such A (Variationskoeffizient des Versuches = 76 %). Wie
im Versuch A wiesen die nicht-inokulierten Kartoffel-
scheiben (PBS) auch im Versuch B keinen Gewichtsverlust
auf, was belegt, dass die verwendeten Knollen zu Beginn
gesund waren. Betrachtet man die Gesamtheit der Ver-
suchswiederholungen (Versuch B1, B2 und B3) zeigen
sich Unterschiede in der Empfindlichkeit der Sorten (F(4;
559)=27,50; p<0,001) und es können drei Empfindlich-
keitsgruppen unterschieden werden. Die erste Gruppe
umfasst die wenig sensiblen Sorten, nämlich Annabelle
und Innovator. Die entsprechenden mittleren Gewichts-
verluste betrugen 2,59 und 3,19 g pro Knollenscheibe.
Die zweite Gruppe bilden die Sorten Charlotte und
Victoria mit 4,33 g und 4,78g. Agria ist die empfind-
lichste Sorte mit einem mittleren Gewichtsverlust von
5,61 g, was mehr als dem Doppelten der Sorte Annabelle
entspricht. Über alle Sorten betrachtet war der mittlere
Gewichtsverlust in der zweiten Versuchswiederholung
mit 6,20 g pro Knollenscheibe am höchsten, während
der entsprechende Wert in der ersten Versuchswieder-
holung bei 4,06 g lag und bei 2,32 g in der dritten Ver-
suchswiederholung (F(2; 559)=114,59; p<0,001). In die-
sem Versuch wurde eine Interaktion zwischen der Sorte
und der Versuchswiederholung festgestellt (F(8;
559)=3,63; p<0,001). Trotz dieser Interaktion stellt man
fest, dass die Sorte Agria unabhängig vom betrachteten
Versuch signifikant mehr Fäulnis entwickelt als die Sorte
Annabelle (Abb. 4).
Beobachtung unter dem Mikroskop
Bei den einzelnen Sorten wurde eine unterschiedliche
Zellwanddicke beobachtet (F(4; 29) = 5,33; p<0,01). Die
Sorte Victoria wies dünnere Zellwände auf als die ande-
ren geprüften Sorten (Tab. 1).
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Annabelle Innovator Charlotte Victoria Agria
Gew
icht
sver
lust
(g)
b
b b
b
b b
cd
cd
cd
a
c
cde cde de
e
Versuch B1
Versuch B2
Versuch B3
Abb. 4 | Mittlerer Gewichtsverlust (g) von Kartoffelscheiben bei fünf verschiedenen Sorten auf Grund der Entwicklung von Nassfäule, her-vorgerufen durch D. dianthicola 8823. Die Variabilität wird durch die eingezeichnete Standardabweichung (n=40) dargestellt und signifi-kante Unterscheide werden durch unterschiedliche Kleinbuchstaben über den Säulen angezeigt.
Sorte Dicke der Zellwand (µm)
Victoria 12,5 ± 2,2 a
Agria 15,6 ± 1,9 b
Innovator 16,2 ± 3,3 b
Charlotte 17,3 ± 2,8 b
Annabelle 18,8 ± 2,3 b
Tab. 1 | Mittlere Dicke und Standardabweichung der Zellwände des medullären Parenchyms bei den verschiedenen getesteten Sorten. Statistisch gesicherte Gruppenunterschiede werden durch unter-schiedliche nachgestellte Kleinbuchstaben angegeben (Test von Newman und Keuls).
293Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp. | Pflanzenbau
Die durchgeführten Versuche haben aufgezeigt, dass
Unterschiede in der Sortenempfindlichkeit gegenüber
der Entwicklung von Nassfäulen, die durch Dickeya
hervorgerufen werden, bestehen. In der Tat hat sich
die Sorte Annabelle im Vergleich zur Sorte Agria
gegenüber diesem Pathogen als weniger empfindlich
erwiesen. Es kommen zwei Hypothesen in Frage, um
diesen Unterschied zu erklären. Die erste Hypothese
besagt, dass die Zellwände der Sorte Agria möglicher-
weise reicher an Pektinen sind als jene der Sorte Anna-
belle. Dies könnte bedeuten, dass beim Abbau der Zell-
wände bei Agria durch die EP des Bakteriums mehr
OGS produziert würden, was den Abbauprozess des
Knollengewebes beschleunigen dürfte. Tatsächlich
konnte in früher durchgeführten Studien auf andern
Sorten gezeigt werden, dass es im Pektingehalt zwi-
schen den Sorten Unterschiede gibt (Potter & McComb,
1957, Tajner-Czopek, 2003, Tajner-Czopek & Figiel,
2003). Die zweite Hypothese geht dahin, dass die Sorte
Annabelle dank einem wirkungsvolleren Resistenzme-
chanismus gegenüber der Infektion mehr IP produziert
als die Sorte Agria.
D i s k u s s i o n
Zwischen den beiden Arten von Dickeya wurde ein
Unterschied in der Virulenz beobachtet. Die Isolate von
D. solani erwiesen sich in der Mehrheit der Fälle als
aggressiver als jene von D. dianthicola. Eine Studie von
Toth et al. (2011) konnte aufzeigen, dass die Temperatur
eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Symp-
tome spielt. Diese Studie belegte, dass D. solani bei
erhöhten Temperaturen aggressiver ist als D. dianthicola.
Es ist daher möglich, dass bei der verwendeten Tempera-
tur in diesen Versuchen (27 °C) die Isolate von D. solani
die kortikalen und medullären Parenchyme schneller
abbauen, dies dank einer intensiveren enzymatischen
Aktivität oder dank einer schnelleren Vermehrung der
Bakterien. Es wurden auch Unterschiede in der Virulenz
innerhalb derselben Bakterienart beobachtet, vor allem
für die Art D. dianthicola. Diese Unterschiede könnten
durch die genetische Vielfalt erklärt werden, welche bei
D. dianthicola ausgeprägter vorliegt als bei D. solani
(Saddler G., Science and Advice for Scottish Agriculture
SASA, persönliche Mitteilung).
Abb. 5 | Histologischer Schnitt durch das medulläre Parenchym der Sorte Victoria (Vergrösserung 400×)
Stärkekorn
Zellwand
294 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Pflanzenbau | Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp.
Zur Überprüfung der ersten Hypothese haben wir die
Zellwanddicken der fünf Sorten im Versuch (Abb. 5) ver-
glichen. Gemäss der Hypothese würden dickere Zell-
wände einen höheren Pektingehalt sowie einen höhe-
ren Gehalt an Zellulosen und Hemizellulosen aufweisen.
Unsere Resultate erlauben jedoch nicht, die erste Hypo-
these zu untermauern, da die Zellwanddicken bei den
Sorten Agria und Annabelle vergleichbar sind (Tab. 1).
Die Sorte Annabelle könnte als Folge einer erhöhten
Produktion von IP und anderen Phytoalexinen weniger
infiziert werden. Diese Hypothese könnte durch eine
vergleichende Studie über die Akkumulation von ARN-
Botenstoffen, die die Phytoalexine codieren, bestätigt
werden (Yang et al.1992).
Die Resultate der vorliegenden Studie basieren auf
Laborversuchen, welche mit Scheiben von Kartoffelknol-
len durchgeführt wurden. Wir können daher die Schluss-
folgerungen nicht auf ganze Knollen übertragen. Wir
können bloss mutmassen, dass die erhaltenen Resultate
ein wirklichkeitsgetreues Abbild der Sortenempfindlich-
keit gegenüber der Fäulnisentwicklung und der Virulenz
der Isolate von Dickeya spp auf Kartoffelknollen wieder-
geben. Auf Grund der Studien zur Verbreitung von
D. solani, namentlich durch den Handel mit Kartoffel-
knollen (Toth et al. 2011; Cazelles et Schwaerzel 1992),
sind die Auswirkungen insbesondere auf die Entwick-
lung bei der Nassfäule, welche dieses Bakterium auf den
Kartoffelkulturen verursachen kann, beunruhigend.
Diese Auswirkungen könnten durch die globale Klima-
erwärmung noch schwerwiegender werden, da diese die
Entwicklung von Bakterien begünstigt (Toth et al. 2011).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Im Hinblick auf eine optimale Lagerung wird der Lager-
betreiber die Empfindlichkeit der Sorten und die Viru-
lenz der möglicherweise vorhandenen Bakterienart mit-
berücksichtigen, um das Risiko für das Auftreten von
Nassfäulen zu verringern. Werden beispielsweise zwei
Sorten, bei denen starke Infektionen vermutet werden,
eingelagert, wobei eine empfindlich und die andere we-
niger empfindlich auf Fäulnis ist, kann der Lagerbetrei-
ber die empfindlichere Sorte in erster Priorität für den
baldigen Verkauf bestimmen. n
Dank
Die Autoren bedanken sich bei Swissem, Swisspatat und der Kommission für Techno logie und Innovation CTI, welche diese Studie finanziell unterstützt haben.
295
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Anfälligkeit der Kartoffel auf Nassfäule hervorgerufen durch Dickeya spp. | Pflanzenbau
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 288–295, 2013
Sensibilità della patata al marciume
molle provocato da Dickeya spp.
I batteri del genere Pectobacterium e
Dickeya sono all’origine dello sviluppo
dei marciumi molli sui tuberi della
patata. In base all’analisi di campioni
prelevati da piante ammalate Dickeya
solani e Dickeya dianthicola risultano
essere le specie più correntemente
rilevate nei lotti di patate svizzeri. Si
sono condotte delle prove in laborato-
rio su fette di patate in modo da
individuare delle differenze di sensibi-
lità varietale allo sviluppo di marciumi
molli e delle differenze di aggressività
tra isolati di D. dianthicola e D. solani.
Sulle 5 varietà di patate confrontate
Agria si è dimostrata più sensibile di
Annabelle. Sui 5 isolati di Dickeya
testati i 3 isolati di D. solani si sono
rivelati in media più virulenti dei
2 isolati di D. dianthicola. In questo
articolo sono discusse diverse ipotesi
miranti a spiegare queste differenze.
I risultati di questo studio dovrebbero
permettere di ottimizzare lo stoccaggio
delle patate tenendo conto della
sensibilità varietale e della virulenza
delle specie batteriche presenti e di
diminuire gli impatti del marciume
molle durante lo stoccaggio.
Literatur ▪ Allefs J., Vandooijeweert W., Prummel W., Keizer L. C. P. & Hoogendoorn J., 1996. Components of partial resistance to potato blackleg caused by pectolytic Erwinia carotovora subsp atroseptica and E-chrysanthemi. In: Plant Pathology 45, 486–96.
▪ Cazelles O. & Schwaerzel R., 1992. Enquête sur les bactérioses causées par Erwinia dans les cultures de plants de pommes de terre en Suisse romande. Revue suisse Agric 24, 215–8.
▪ Dupuis B., Schaerer S., Gilliand H. & Cazelles O. The Dickeya and Pecto-bacterium situation in Switzerland. Proceedings of the Dickeya Work-shop, 2010. Emmeloord, The Netherlands.
▪ Haynes K. G., Potts M. J. E. & Goth R. W., 1997. Evaluation of the reliabi-lity of determining soft rot resistance in potatoes by the tuber slice method. American Potato Journal 74, 265–75.
▪ Helias V., 2008. Pectobacterium spp. and Dickeya spp. on potato: a new nomenclature for Erwinia spp., symptoms, epidemiology and disease pre-vention. In: Cahiers Agricultures 17, 349–54.
▪ Mcmillan G. P., Hedley D., Fyffe L. & Perombelon M. C. M., 1993. Potato resistance to soft-rot Erwinias is related to cell-wall pectin esterification. Physiological and Molecular Plant Pathology 42, 279-89.
▪ Potter A. L. & Mccomb A., 1957. Carbohydrate composition of potatoes. Pectin content. American Journal of Potato Research 34, 342–6.
▪ Radtke W. & Rieckmann W., 1991. Maladies et ravageurs de la pomme de terre. Gelsenkircher-Buer: Th. Mann.
▪ Rousselle P., Robert Y.& Crosnier J. C., 1996. La pomme de terre. INRA, Paris.
▪ Tajner-Czopek A., 2003. Changes of pectic substances concentration in potatoes and French fries and the effect of these substances on the tex-ture of the final product. Nahrung-Food 47, 228–31.
▪ Tajner-Czopek A. & Figiel A., 2003. Effect of the content of potato non-starch polysaccharides (NSP) and lignin on the mechanical properties of french fries. Polish journal of food and nutrition sciences 12/53, 136–40.
▪ Toth I. K., Van Der Wolf J. M., Saddler G. et al., 2011. Dickeya species: an emer-ging problem for potato production in Europe. Plant Pathology 60, 385-99.
▪ Weber J., Olsen O., Wegener C. & Von Wettstein D., 1996. Digalacturona-tes from pectin degradation induce tissue responses against potato soft rot. Physiological and Molecular Plant Pathology 48, 389–401.
▪ Yang Z., Cramer C. L., Lacy G. H., 1992. Erwinia carotovora subsp. caroto-vora pectic enzymes – inplanta gene activation and roles in soft-rot. Molecular Plant-Microbe Interactions 5, 104–12.
Potato susceptibility to soft rot caused
by Dickeya spp.
Soft rot on potato tubers is caused by
bacteria belonging to the genus
Pectobacterium and Dickeya. The most
often detected species in rotting tubers
or plants sampled from Swiss potato
lots are Dickeya dianthicola and
Dickeya solani. Laboratory tests on
tuber slices were set up to determine
differences in cultivar susceptibility
and isolate aggressiveness. Among the
five cultivars tested, Agria was more
susceptible than Annabelle. Among the
five bacterial isolates tested, the
3 D. solani isolates were in most cases
more virulent than the 2 D. dianthicola
isolates. Several hypothesis are
discussed in this article to explain the
differences in cultivar susceptibility
and isolate virulence. The results of
this study should allow an optimiza-
tion of the potato storage, after
considering the susceptibility of a
given cultivar to soft rot development
and the aggressiveness of the Dickeya
specie which infected the lot.
Key words: Dickeya, potato, soft rot,
bacteria, Pectobacterium.
296 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 296–301, 2013
E i n l e i t u n g
Alexandriner- und Inkarnatklee sind schnellwüchsige
und wärmeliebende Futterleguminosen, die aus dem
Mittelmeergebiet stammen. Beide Arten finden haupt-
sächlich im Zwischenfutterbau Verwendung, da sie rasch
auflaufen, den Boden gut decken und eine beachtliche
Wurzelmasse bilden. Während es beim Inkarnatklee bis
jetzt noch keine geprüften Sorten gab, figurieren in der
Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen meh-
rere geprüfte Sorten von Alexandrinerklee (Suter et al.
2012a).
Alexandrinerklee
Der Alexandrinerklee (Trifolium alexandrinum L.) ist
eine stattliche, aufrecht wachsende Leguminose, die bis
1 m hoch werden kann (Abb. 1). Im Wuchs ist sie ähnlich
der Luzerne. Die Blüten sind gelb-weiss und stehen in
Köpfen an der Spitze der Triebe. Der Alexandrinerklee
ist eine Pflanze des warmen Klimas, benötigt hohe Keim-
temperaturen (Optimum bei 25 °C) und ist frostempfind-
lich. In rauen Lagen ist sein Anbau daher nicht zu emp-
fehlen. Er bevorzugt eher leichte Böden mit guter
Kalkversorgung. Seine Ansprüche an die Wasserversor-
Rainer Frick1 , Eric Mosimann1, Philippe Aebi1, Daniel Suter2 und Hansueli Hirschi2
1Station de Recherche Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon, Schweiz2Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich, Schweiz
Auskünfte: Rainer Frick, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 46 87
Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012
P f l a n z e n b a u
Abb. 1 | Der Alexandrinerklee ist eine wichtige Leguminose in raschwüchsigen Mischungen für den Herbst-Zwischenfutterbau, die ein schmackhaftes Futter mit hohem Eiweissgehalt liefern.
Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012 | Pflanzenbau
297
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 296–301, 2013
Die Forschungsanstalten Agroscope Recken-
holz-Tänikon ART und Changins-Wädenswil
ACW prüften von 2010 bis 2012 in Sortenver-
suchen acht Sorten von Alexandrinerklee
und drei Sorten von Inkarnatklee auf ihre
Anbaueignung. Dabei untersuchten wir
folgende Eigenschaften: Ertrag, Jugendent-
wicklung, Bestandesgüte, Konkurrenzkraft,
Ausdauer, Krankheitsresistenz und TS-Gehalt
und beim Inkarnatklee zudem die Überwinte-
rung. Um die Sorten bewerten und miteinan-
der vergleichen zu können, berechneten wir
für jede Sorte einen Indexwert, der dem
Durchschnitt aller erhobenen Parameter
entspricht. Beim Alexandrinerklee wird das
Sortiment der empfohlenen Sorten durch die
Neuzüchtung Bluegold ergänzt. Elite II
dagegen wird ab 2016 nicht mehr empfohlen.
Von den drei geprüften Inkarnatkleesorten
wurde die Neuzüchtung Contea in die Liste
der empfohlenen Sorten aufgenommen. Die
beiden anderen Sorten Clo und Carmina
dürfen noch bis Ende 2015 neben Contea in
Standardmischungen eingesetzt werden.
gung sind hoch (Gujer et al. 1983). In feuchten Jahren
kann der Stängelbrenner (Gloeosporium caulivorum
Kirch.) die Bestände stark dezimieren (Raynal et al. 1989);
(Abb. 2). Die Saat kann in der Zeit von Anfang Mai bis
Mitte August erfolgen, in Mischungen mit Gräsern
bereits von Mitte April an. Im Mai angesäter Alexandri-
nerklee ermöglicht unter günstigen Bedingungen drei
Schnitte. Spätere Saaten liefern geringere Erträge. Im
Sommer durchgeführte Stoppelsaaten ergeben in der
Regel nur noch einen Schnitt mit einem TS-Ertrag von
rund 30 – 40 dt/ha. Die Entwicklungszeit von der Saat
bis zum ersten Schnitt beträgt als Stoppelfrucht 60 bis
70 Tage. Damit die Seitentriebe nicht zu stark gekröpft
werden und ein guter Wiederaustrieb möglich ist, sollte
der Alexandrinerklee früh, das heisst im Knospensta-
dium, und nicht zu tief geschnitten werden (Nösberger,
1984). Der Alexandrinerklee wird in den einjährigen
Mischungen SM 106 und 108 (Alexandriner-Perserklee-
Raigrasmischungen) sowie in der zweijährigen Mischung
SM 210 verwendet (Suter et al. 2012b). Diese Mischun-
gen bringen hohe Erträge und liefern ein schmackhaftes
Futter, das idealerweise grün verfüttert oder als An-
welksilage konserviert wird.
InkarnatkleeWie der Alexandrinerklee gedeiht auch der Inkarnatklee
(Trifolium incarnatum L.) nur in milden Lagen und erträgt
kaum Fröste (Abb. 3). Milde Herbste, genügend Wärme
und ausreichend Feuchtigkeit sind für seine Entwicklung
notwendig. Er hat stark behaarte Stängel und Blätter,
dunkelrote Blüten und ein ausgeprägtes Wurzelwerk,
das bis zu 60 cm Tiefe reichen kann. Seine Wuchshöhe
beträgt 20 bis maximal 40 cm. Er stellt keine besonderen
Ansprüche an die Bodenart, bevorzugt jedoch eher tief-
Abb. 2 | Bei feuchtem Wetter kann der Stängelbrenner beim Alex-andrinerklee zu grossen Ertragseinbussen führen. Sorten mit einer hohen Resistenz gegen diese Krankheit sind deshalb erwünscht.
Abb. 3 | Der Inkarnatklee findet in Mischungen für den überwin-ternden Zwischenfutterbau (z.B. Landsberger-Gemenge) Verwen-dung. Für ein gehaltreiches Futter sollte er im Frühling spätestens bei Blühbeginn genutzt werden.
Pflanzenbau | Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012
298 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 296–301, 2013
gründige Böden mit neutralem pH-Wert (Gujer et al.
1983). Nach der Saat wächst er sehr rasch und die Ent-
wicklungszeit von der Saat bis zur Blüte beträgt rund
60 Tage. Bei rechtzeitiger Aussaat im Spätsommer ermög-
licht er einen Schnitt im Herbst, sowie eine zweite Nut-
zung nach der Überwinterung, danach geht er ein. Der
Inkarnatklee wird in Mischungen für überwinterndes
Zwischenfutter verwendet, so zum Beispiel in der SM 151
(Landsbergergemenge) mit Zottelwicke und Raigras oder
in der SM 155 mit Luzerne und Raigras (Suter et al. 2012b).
Beide Mischungen eignen sich zur Grünfütterung und für
die Silagekonservierung. Mischungen mit Inkarnatklee
müssen im Herbst frühzeitig und nicht zu tief gemäht
werden. Der zweite Schnitt im Frühjahr erfolgt ziemlich
spät und ermöglicht praktisch nur noch den Anbau von
Mais. Der Inkarnatklee ist sehr anfällig für Kleekrebs, was
bei der Fruchtfolgeplanung («Kleemüdigkeit») zu beach-
ten ist. Die Gemenge mit Inkarnatklee entziehen der
nachfolgenden Kultur viel Wasser, was in trockenen Jah-
ren nachteilig sein kann. Die Behaarung der Blätter kann
beim Vieh, besonders bei überreifen Fruchtständen, zu
Verdauungsstörungen führen (Nösberger 1984).
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
In den Jahren 2010 bis 2012 prüften Agroscope Recken-
holz-Tänikon ART und Changins-Wädenswil ACW an
insgesamt sieben Standorten in vergleichenden Sorten-
versuchen acht Sorten Alexandrinerklee und drei Sorten
Inkarnatklee auf ihre Anbaueigenschaften. Die Saaten
erfolgten je nach Standort mehrheitlich im Sommer,
vereinzelt auch im Frühling. Die Tabelle 1 vermittelt
nähere Angaben über Standorte, Saattermine und
Ernte erhebungen.
Die zu prüfenden Sorten säte man in Parzellen von
9 m² Grösse in Reinkultur und in einfacher Mischung mit
Italienisch und Westerwoldisch Raigras. Die Saaten als
Gemenge dienten der Abschätzung der Konkurrenzkraft.
Sowohl die Reinsaaten als auch die Gemenge erhielten
keine N-Düngung. An den Reinbeständen führten wir
Beobachtungen der Jugendentwicklung, der Bestandes-
güte (allgemeiner Eindruck, Bestandesdichte, Nach-
wuchsvermögen), der Resistenz gegen Blattkrankheiten
Anzahl Wiederholungen Ertragserhebungen
Ort (Kanton) Höhe(m.ü.M.)
SaatdatumReinsaat Mischung 2010 2011 2012
TA1 TI2 TA3 TI4 TA TI TA TI TA TI
Changins (VD) 43004/08/201002/08/2011
33
33
33
33
1–
1–
–2
–1
––
––
Reckenholz (ZH) 44017/04/201030/04/2012
44
44
–3
–3
3–
3–
––
––
–3
–1
Seebach (ZH) 440 19/04/2010 – – 3 – – 4 – – – –
Rümlang (ZH) 45006/09/201029/07/2011
44
44
33
33
––
––
–1
11
––
––
Oensingen (SO) 460 16/04/2010 – – – – – 2 – – – –
Ellighausen (TG) 52026/08/201020/08/2011
44
44
33
33
1–
1–
–1
11
––
––
Goumoens (VD) 63010/08/201005/08/2011
33
33
33
33
1–
1–
–2
–1
––
––
Saatdichte:1250 g/a Alexandrinerklee (Standardsorte «Winner»)2300 g/a Inkarnatklee (Standardsorte «Carmina»)3 200 g/a Alexandrinerklee (Standardsorte «Winner»)
+ 100 g/a Ital. Raigras «Ellire»
+ 100 g/a Westerwoldisches Raigras «Primora»4 120 g/a Inkarnatklee (Standardsorte «Carmina»)
+ 100 g/a Ital. Raigras «Ellire»
+ 100 g/a Westerwoldisches Raigras «Primora»
Tab. 1 | Orte und Daten der 2012 abgeschlossenen Sortenversuche mit Alexandriner (TA) - und Inkarnatklee (TI)
Nr. Sortenname Antragsteller Kategorie1
1 Tigri Mediterranea, IT 1
2 Sacromonte CRA-FLC, IT 1
3 Winner Freudenberger, DE 1
4 Miriam Sumeran, IT 1
5 Elite II Seedmark, AU 2/3
6 Tabor* Agridera, IL 1
7 Bluegold Ferri, IT 1
8 Alex Continental, IT 3
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten*Einschnittige Sorte
1Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:
Kategorie 1:
In der Schweiz in der «Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen» geführt
Kategorie 2/3:
Sorte vom 1. Januar 2016 an nicht mehr empfohlen
Kategorie 3:
Nicht empfohlen. Zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaf-
ten aus
Tab. 2 | Sortenprüfung mit Alexandrinerklee: Kategorieneinteilung der geprüften Sorten
Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012 | Pflanzenbau
299Agrarforschung Schweiz 4 (6): 296–301, 2013
R e s u l t a t e
Beim Alexandrinerklee wurden sechs bereits empfoh-
lene Sorten sowie zwei Neuzüchtungen (Bluegold und
Alex) geprüft (Tab. 2). Beide Neuzüchtungen sind italie-
nischer Herkunft. Tabor ist die einzige einschnittige
Sorte, alle anderen geprüften Sorten sind mehrschnittig
und ermöglichen bei der Saat im Frühjahr (Ganzjahres-
anlagen) drei Schnitte, wobei im letzten Schnitt nur
noch ein bescheidener Ertrag resultiert. Aufgrund seiner
Einschnittigkeit wurde Tabor bezüglich Ausdauer nicht
beurteilt. Auch die Bonitur des Befalls durch den Stän-
gelbrenner war bei Tabor nicht möglich, da diese Krank-
heit nur in den Anlagen mit Frühjahrssaat und erst im
Herbst auftrat (Standort Reckenholz im Jahre 2010). Für
Tabor musste aus diesen Gründen ein separater Index
ermittelt werden, um eine Beurteilung und Klassierung
vornehmen zu können.
(Inkarnatklee) beziehungsweise Stängelbrenner (Alexan-
drinerklee), der Überwinterung und der Ausdauer durch.
Als weiteres Kriterium dienten die TS-Gehalte des Ernte-
gutes, da beim Zwischenfutter tiefe TS-Gehalte Probleme
bei der Fütterung und Konservierung verursachen kön-
nen. Für die Bonituren verwendete man eine neunstu-
fige Notenskala, wobei die Eins die beste und die neun
die schlechteste Note darstellt. Um das Ertragspotential
in die gleiche Bewertung einbeziehen zu können, wur-
den die TS-Erträge einer Varianzanalyse unterzogen und
mit Hilfe statistischer Methoden in Noten umgerechnet.
Dabei unterscheidet man zwischen dem Ertrag des ersten
Schnittes und dem Gesamtertrag.
Der Durchschnitt aller geprüften Merkmale ergibt
den sogenannten Index, anhand dessen sich die verschie-
denen Sorten untereinander vergleichen lassen. Beim
Alexandrinerklee werden dabei der Ertrag, die Güte, die
Ausdauer und die Resistenz gegen den Stängelbrenner
doppelt, alle übrigen Kriterien einfach gewichtet. Beim
Inkarnatklee erhielten der Ertrag, die Güte und die Resis-
tenz gegen Blattkrankheiten doppeltes Gewicht. Eine
neue Sorte kann empfohlen werden, wenn ihr Index den
Mittelwert der mit geprüften Standardsorten um min-
destens 0,20 Indexpunkte unterschreitet (tieferer Wert =
besser). Eine bis anhin empfohlene Sorte wird aus der
Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen gestri-
chen, wenn ihr Index denjenigen des Standards um mehr
als 0,20 Punkte übertrifft. Da beim Inkarnatklee erstmals
eine Sortenprüfung durchgeführt wurde und somit für
die Bewertung der Sorten kein eigentlicher Standard
ermittelt werden konnte, verwendete man den Mittel-
wert der drei Indizes als Vergleichswert.
Nr. SorteErtrag ers-ter Schnitt*
Gesamt- ertrag1* Güte* Jugendent-
wicklungKonkur-
renzkraftAus-
dauer*Resistenz gegen Stängelbrenner*
TS- Gehalt
Index
1 Tigri 4,8 4,3 3,0 3,8 5,1 4,8 3,3 3,9 4,08
2 Sacromonte 4,6 4,4 2,8 3,9 5,1 4,8 3,8 5,4 4,24
3 Winner 5,2 4,7 3,1 4,3 5,5 5,0 3,3 4,8 4,39
4 Miriam 5,2 5,2 3,1 4,2 5,3 4,9 4,0 4,9 4,55
5 Elite II 5,1 4,9 3,6 5,3 5,9 4,5 4,4 5,0 4,71
Mittel (Standard) 5,0 4,7 3,1 4,3 5,4 4,8 3,7 4,8 4,39
6 Tabor*** 4,0 5,5 3,0 3,0 5,0 ** ** 4,7 4,17***
7 Bluegold 4,7 4,2 3,2 4,4 5,7 4,2 2,4 5,2 4,04
8 Alex 6,3 5,5 3,3 4,4 5,2 5,0 4,4 6,0 4,97
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten
Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 5 = mittel; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht1Ertragsnoten von 4 Versuchsstandorten mit je 1 bis 3 Erhebungen 2010 und 1 bzw. 2 Erhebungen 2011 sowie von 1 Standort mit 3 Erhebungen 2012
* Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung
** keine Beobachtung möglich
*** einschnittige Sorte, Mittel (Standard): 4,41
Tab. 3 | Sortenversuche mit Alexandrinerklee: Ergebnisse der Ertragserhebungen und Bonitierungen der Jahre 2010 bis 2012
Nr. Sortenname Antragsteller Kategorie1
1 Contea Continental, IT 1
2 Clo Ferri, IT 3*
3 Carmina Carneau, FR 3*
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten
1Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:
Kategorie 1:
In der Schweiz in der «Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen» geführt
Kategorie 3:
Nicht empfohlen. Zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus*Kann noch bis bis 31. Dezember 2015 an Stelle von «Contea» eingesetzt werden
Tab. 4 | Sortenprüfung mit Inkarnatklee: Kategorieneinteilung der geprüften Sorten
300
Pflanzenbau | Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 296–301, 2013
Den besten Index erreichte die Neuzüchtung Bluegold
(Tab. 3). Sie lieferte nicht nur den besten Gesamtertrag,
sondern überzeugte auch durch gute Noten für die
Resistenz gegen den Stängelbrenner, die Ausdauer und
die Güte. Weniger vorteilhaft schnitt Bluegold hinsicht-
lich Jugendentwicklung, Konkurrenzkraft und TS-Gehalt
ab. Da diese Eigenschaften bei der Gesamtbewertung
nur einfach gewichtet werden, erzielte die Sorte den-
noch einen Index, der die Aufnahme in die Liste der
empfohlenen Sorten ermöglicht. Für die zweite geprüfte
Neuzüchtung, die Sorte Alex, fielen die Ergebnisse dage-
gen ungenügend aus. Deren Index liegt weit über dem
Wert des Standards und kann deshalb nicht neu empfoh-
len werden. Unter den bereits empfohlenen Sorten
erzielte die Sorte Tigri den besten Index. Die Sorte ist in
allen Eigenschaften gut. Hervorzuheben sind die gute
Ertragsleistung und die hohen TS-Werte. Auch Sacro-
monte weist eine gute Ertragsleistung auf und erzielte
die besten Werte für die Bestandesgüte. Nachteilig sind
dagegen die vergleichsweise tiefen TS-Gehalte. Tabor
konnte als einschnittige Sorte nicht mit den anderen
Sorten verglichen werden. Ihr Index von 4,17 wurde an
einem Standard gemessen, bei welchem die Ausdauer
und Resistenz gegen den Stängelbrenner nicht berück-
sichtig wird. Seine Vorzüge hat Tabor vor allem in der
Ertragsleistung des ersten Aufwuchses. Aber auch in der
Güte und der Jugendentwicklung schneidet er gut ab.
Tabor ist, ähnlich wie die Sorte Winner, hochwachsend
und weist deshalb eine eher schlechte Standfestigkeit
auf. Die Sorte Elite II erreichte den für eine Empfehlung
erforderlichen Gesamtindex nicht mehr und wird des-
halb von der Liste der empfohlenen Sorten gestrichen.
Beim Inkarnatklee waren drei Sorten in der Prüfung:
Contea, Clo und Carmina (Tab. 4). Da diese Sorten noch
keine Empfehlung haben, dient der Mittelwert der
Indexwerte der drei geprüften Sorten als Vergleichsbasis.
Die Sorte Contea schnitt in fast allen Eigenschaften
deutlich besser ab als die beiden anderen Sorten (Tab. 5).
Insbesondere beim Ertrag, der Güte, der Jugendentwick-
lung, aber auch bei der Konkurrenzkraft, der Ausdauer
und dem TS-Gehalt lag Contea deutlich vorne. Nur be-
züglich Winterhärte und Resistenz gegen Blattkrankhei-
ten war die Sorte vergleichsweise schlecht. Aufgrund der
Ergebnisse wird Contea neu in die Liste der empfohle-
nen Sorten aufgenommen. Sie ersetzt in Zukunft die bei-
den Sorten Clo und Carmina. Ab 2016 darf in Standard-
mischungen mit Inkarnatklee nur noch Contea
verwendet werden.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Aufgrund der Ergebnisse der Sortenprüfung mit Alexan-
driner- und Inkarnatklee der Jahre 2010 bis 2012 wird
die Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen
durch folgende Neuerungen ergänzt:
•• Alexandrinerklee: Die bisher empfohlene Sorte Elite II
verliert ab 1. Januar 2016 ihre Empfehlung und wird
durch die neue Sorte Bluegold ersetzt.
•• Inkarnatklee: Von den drei erstmals geprüften Sorten
wird Contea neu in die Liste der empfohlenen Sorten
aufgenommen. Die zur Zeit im Handel verwendeten
Sorten Clo und Carmina dürfen anstelle von Contea in
Standardmischungen noch bis am 31. Dezember 2015
eingesetzt werden. � n
Nr. SorteErtrag erster
Schnitt*Gesamt-ertrag1* Güte* Jugendent-
wicklungKonkurrenz-
kraftAus-
dauer
Toleranzen/ Resistenzen TS-
GehaltIndex
Winter-einflüsse
Blattkrank-heiten*
1 Contea 2,6 2,8 3,6 1,8 6,1 5,7 6,4 5,1 4,6 3,94
2 Clo 5,5 5,8 4,0 3,1 6,8 6,8 5,4 4,3 5,4 5,07
3 Carmina 7,1 6,8 4,8 4,5 6,8 5,8 4,6 3,5 5,0 5,48
Mittel (Standard)** 5,1 5,1 4,1 3,1 6,6 6,1 5,5 4,3 5,0 4,83
Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 5 = mittel; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht1Ertragsnoten von 6 Versuchsstandorten mit je 1 bis 4 Erhebungen 2010 und 1 Erhebung 2011 sowie von 1 Standort mit 1 Erhebung 2012*Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung**Standard entspricht dem Mittel der drei geprüften Sorten, da noch keine empfohlenen Sorten vorliegen
Tab. 5 | Sortenversuche mit Inkarnatklee: Ergebnisse der Ertragserhebungen und Bonitierungen der Jahre 2010 bis 2012
301
Alexandriner- und Inkarnatklee: Ergebnisse der Sortenversuche 2010 bis 2012 | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Trifoglio alessandrino e incarnato:
Risultati delle prove varietali da 2010 a
2012
Le Stazioni di ricerca Agroscope
Reckenholz-Tänikon ART e Changins-
Wädenswil ACW tramite delle prove
varietali hanno esaminato le attitudini
di coltura di otto varietà di trifoglio
alessandrino e tre varietà di trifoglio
incarnato. Sono state appurate
seguenti caratteristiche: produttività,
vigore giovanile, bontà della cotica,
concorrenzialità, persistenza, e
resistenza alle malattie e allo sverna-
mento e contenuto di sostanza secca.
Per valutare e comparare le varietà è
stato calcolato un indice per ogni
varietà che corrisponde alla media di
tutti parametri analizzati. Per il
trifoglio alessandrino la lista delle
varietà consigliate viene completata
con la varietà Bluegold, mentre la
varietà Elite II sarà stralciata dal 2016.
Tra le tre varietà di trifoglio incarnato è
la nuova selezione Contea che viene
aggiunta alla lista delle varietà
consigliate. Le altre due varietà Clo e
Carmina possono essere utilizzate fino
alla fine 2015 al posto di Contea.
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 296–301, 2013
Literatur ▪ Gujer H., Rotacher A., Röthlisberger K. & Studer H., 1983. Pflanzen unse-rer Wiesen und Weiden. Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale LMZ, Zollikofen, 16–19.
▪ Nösberger J., 1984. Futterbau I – Unterlagen zur Vorlesung, Institut für Pflanzenbau, ETH-Zürich, 91.
▪ Raynal G., Gondran J., Bournoville R. & Courtillot M., 1989. Ennemis et maladies des prairies. Institut national de la Recherche agronomique INRA éd. Paris, 109-110.
▪ Suter D., Hirschi H.U., Frick R. & Bertossa M., 2012a. Liste der empfohle-nen Sorten von Futterpflanzen 2013–2014. Agrarforschung Schweiz 3 (10), 1–8.
▪ Suter D., Rosenberg E., Mosimann E. & Frick R., 2012b. Standardmischun-gen für den Futterbau: Revision 2013–2016. Agrarforschung Schweiz 3 (10), 1–12.
Berseem clover and Crimson clover
variety trials (2010-2012)
From 2010 through 2012, the Agro-
scope Reckenholz-Tänikon ART and
Agroscope Changins-Wädenswil ACW
research stations tested in total eight
varieties of Berseem clover and three
varieties of Crimson clover in compara-
tive variety trials at seven experimen-
tal sites. All varieties were grown in
pure stands and in mixture with
grasses. The parameters assessed were
dry matter yield, juvenile develop-
ment, vigour, competitive ability,
persistence, resistance to leaf diseases
and winter conditions and dry matter
content. For each variety, an index-
value based on field measurements
and observations was calculated,
allowing an accurate comparison of
the varieties. According to the results,
one new variety of Berseem clover
(Bluegold) will be added to the «List of
recommended varieties of forage
plants». The previously recommended
variety Elite II has been disqualified.
With Crimson clover, one of the three
breeds tested (Contea) reached the
index-value required for recommenda-
tion. The two other varieties Clo and
Carmina will not be recommended, but
can still be used in standard mixtures
until the end of 2015.
Key words: Trifolium alexandrinum L.,
Trifolium incarnatum L., variety test,
list of recommended varieties.
302 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 302–305, 2013
Nicole Berger, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz
Auskünfte: Nicole Berger, [email protected], Tel. +41 31 910 22 29
Rehkitzrettung
In der Schweiz sterben jährlich mehrere tausend Reh-
kitze bei der Grasernte. Die herkömmlichen Methoden
zur Rettung von Rehkitzen sind nicht immer erfolgreich.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes der Hochschule
für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften HAFL
wurde nach technischen Lösungen gesucht um das Lei-
den der Kitze und die Abgänge von Nutztieren durch
Kadaverteile im Futter zu verhindern.
Rehe (Capreolus capreolus) setzen ihre Kitze bevorzugt
von Mitte April bis Mitte Juli in Wiesen. Meist handelt es
sich um Zwillingsgeburten. Die Neugeborenen suchen
sich unabhängig voneinander einen Platz in der Wiese
(Stubbe 2008). Während den ersten zwei bis drei Lebens-
wochen verfügen sie über einen Drückinstinkt (Abb. 1)
und ducken sich bei Gefahr flach auf den Boden statt zu
flüchten. Zudem sind sie dank ihrer Fellfarbe in Wiesen
K u r z b e r i c h t
Abb. 1 | Ein fast zwei Wochen altes Rehkitz drückt sich bei Gefahr flach auf den Boden statt zu flüchten. Dieser Instinkt wird den Tieren bei der Grünlandmahd zum Verhängnis. (Foto: Walter Berger)
Rehkitzrettung | Kurzbericht
303Agrarforschung Schweiz 4 (6): 302–305, 2013
perfekt getarnt und werden zusätzlich von ihren Müt-
tern äusserst sauber und geruchlos gehalten. Selbst von
Fressfeinden mit guten Nasen (Fuchs, Hund, Luchs) kön-
nen sie so nicht aufgespürt werden (Menzel 2007). Im
gleichen Zeitraum werden die Wiesen gemäht. So
kommt es zu Unfällen, bei denen die Rehkitze durch die
Mähwerke getötet oder verstümmelt werden.
Herkömmliche Methoden
Die Anstrengungen von Seiten der Jäger und Landwirte
sind gross, die Jungtiere vor der Mahd ausfindig zu
machen oder zu vertreiben. Dazu verblenden und verwit-
tern sie die Felder, indem sie auffällige Fahnen aufstellen
und unangenehme Gerüche in den Feldern ausbringen.
Es wird auch gezielt nach den Kitzen gesucht, indem
Menschenketten mit und ohne Hunde die Felder durch-
kämmen. Viele Kitze können so gerettet werden und
dennoch sind die Bemühungen nicht immer erfolgreich.
Zur Vermeidung dieser Unfälle mit den negativen
Folgen wurde an der Hochschule für Agrar-, Forst- und
Lebensmittelwissenschaften (HAFL) ein Projekt zur
Detektion und Rettung von Rehkitzen in Grasbeständen
durchgeführt. Am Projekt beteiligt waren auch das
Departement Technik und Informatik der BFH in Burg-
dorf, das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie
(IGP) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich
(ETHZ) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU).
Verhalten der Rehe
Die unterschiedliche Wirksamkeit von Massnahmen wie
Verblenden und Verwittern könnte durch das individu-
elle Angstverhalten der Rehe erklärt werden. Während
die mutigen Rehe nach dem Fahnenstellen noch am sel-
ben Abend ihre Kitze aus dem Bestand führen, trauen
sich die ängstlicheren erst nach zwei bis drei Tagen in
den Bestand hinein. Wenn sich in der Wiese anschlies-
send nichts weiter tut, kehren die mutigen Rehe nach
ein bis zwei Tagen wieder zurück (Jarnemo 2002). Um
das Verblenden sicher anwenden zu können, müsste das
Angstverhalten der Tiere bekannt sein.
Im Rahmen der Projektarbeit konnte festgestellt
werden, dass das genaue und ausdauernde Beobachten
der Felder die sicherste, wenn auch eine sehr aufwän-
dige Methode war, um Rehkitze in einem Bestand auszu-
machen. Wurde ein Kitz gesetzt, war die Geiss häufiger
auf diesen Flächen anzutreffen. Auch stand die Geiss
längere Zeit (mehrere Minuten) am selben Ort, um ihr
Kitz zu säugen und zu säubern. Dabei war zu beachten,
dass Rehgeissen nicht jedes Jahr zur gleichen Zeit und
am gleichen Ort setzten. Dies erschwert die Vorhersage
der kritischen Gebiete und Zeitpunkte. Zusätzlich wur-
den Rehkitze an Orten gefunden, wo noch nie zuvor sol-
che gesichtet worden waren. Somit mussten und müssen
nach wie vor alle zu mähenden Flächen aufwändig
abgesucht werden.
High-Tech-Suche aus der Luft
Die wirkungsvollste Methode, Rehkitze in hohen Gras-
beständen zu detektieren waren Thermalkameras auf
Multikoptern (Abb. 2). Dabei wurden die zu mähenden
Wiesen mit dem Fluggerät in einer Höhe von 50 Metern
(Tab. 1) und einem Kamerawinkel von 28° (horizontal) x
21°(vertikal) systematisch (Autopilot) abgesucht. Mit
einem zweiachsigen Kameragestell wurde die Kamera
Abb. 2 | Quadrokopter mit zweiachsigem Kameragestell und Ther-malkamera beim Einsatz für die Rehkitzsuche. (Foto: Nicole Berger)
Flughöhe Sichtbedingungen
100 m Sehr gut Dünner, stehender BestandKeine Sonne, kühle Temperaturen
50 m
Normal Überwiegend stehender BestandSicht fast bis zum BodenKeine/wenig Sonne, eher kühl
30-40m Schlecht Sehr dichter und/oder liegender Bestandsonnig und warm
Nicht mehr fliegen
Zu schlecht Viele offene Erdstellen (> 18°C) oderdürres Gras im BestandDirekte Sonne und warm
Tab. 1 | Die Flughöhe ist abhängig von der Temperatur, der Sonneneinstrahlung und den Eigenschaften des Bestandes
Kurzbericht | Rehkitzrettung
304 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 302–305, 2013
senkrecht nach unten ausgerichtete. Das aufgenom-
mene Thermal-Video wurde in Echtzeit via Funk auf
Bildschirme am Boden übertragen und von der Ret-
tungsperson interpretiert. Kitze waren aufgrund ihrer
Körpertemperatur (Abb. 3) als helle Flecken auf dem
Thermalfilm sichtbar. Wurde ein solcher Wärmepunkt
erkannt, konnte die momentane Position des Multikop-
ters per Knopfdruck auf dem Laptop gespeichert wer-
den. Diese gespeicherten Koordinaten wurden im
Anschluss gezielt angeflogen und der Multikopter darü-
ber in Schwebe gehalten. Die Retterin oder der Retter
gelangte mit Hilfe eines zweiten Bildschirms, auf dem
sie oder er sich selbst ebenfalls als hellen Wärmepunkt
erkannte, zum Rehkitz. Mit dieser Methode wurden im
Rehkitzprojekt an 26 Suchtagen auf 14 von 100 Feldern
21 Kitze, zehn Rehe und ein junger Hase gefunden. Im
Anschluss an die Suche wurde zwölfmal gemäht und
zuvor alle Kitze detektiert. Der Vorteil, dieses Verfahrens
war, dass die Kitze nicht lange gesucht, sondern einfach
und rasch aufgefunden und anschliessend gerettet wer-
den konnten.
Die Kosten eines solchen Systems betragen rund
25 000.– Franken. Zusammen mit einem Lohn für die
Arbeit entspricht dies einem Preis von 140.– CHF pro Feld.
Die Flächenleistung pro Feld (ca. 2 ha) beträgt mit Vor-
bereitung Detektion und Rettung 20 bis 30 Minuten, auf
grossen, zusammenhängenden Flächen nur 7,5 Minuten.
Damit können mit dieser Methode drei- bis viermal so
viele Flächen abgesucht werden wie mit dem ebenfalls
sehr wirkungsvollen, handgetragenen und mit Infrarot-
sensoren ausgerüsteten ISA-Wildretter (Abb. 4). Der Vor-
teil dieses Gerätes besteht darin, dass die Personen mit
ihm direkt im Feld unterwegs sind und somit sofort kon-
trollieren können, ob es sich bei einem Alarm um ein
Rehkitz oder um ähnlich warme Objekte wie von der
Sonne aufgewärmten Steine, Ameisen- oder Mäusehau-
fen oder dürres Gras handelt.
Rettungsstrategien
Durch den Einsatz der neuen Technik bei der Rehkitzsu-
che konnten neue Erkenntnisse bezüglich des Rehver-
haltens gewonnen werden. So wurde beobachtet, dass
auch erwachsene Tiere in den Feldern ruhen. Wiesen
dienen somit Jung- und Alttieren als Lebensraum. Weiter
wurde erkannt, dass sich Rehkitze bei Starkregen unter
das schützende Blätterdach der Bäume zurückziehen.
Das Anmähen der Felder am Waldrand nach Regen kann
somit tote Rehkitze zur Folge haben.
Im Rahmen des Projekts wurde neu erkannt, dass je
nach Alter der Rehkitze zwei Rettungsstrategien nötig
sind (Abb. 5). So bedürfen auch die älteren Rehkitze,
welche bereits vor Gefahr flüchten, der Rettung, da sie
sich noch auf ihre gute Tarnung verlassen. Es waren also
diese Rehkitze, die im letzten Moment noch aufspran-
gen um zu flüchten und dann von den Mähwerken ver-
stümmelt wurden. Die jungen Rehkitze mit Drückins-
tinkt blieben liegen, wurden überfahren und waren in
der Regel sofort tot.
Rehkitze anfassen?
Bei der Rettung kommen die jungen sich drückenden
Rehkitze mit Menschen in Kontakt. Dabei besteht die
Möglichkeit, dass die Kitze ihre Geruchlosigkeit verlie-
ren. Die Gefahr, von ihren Müttern verstossen zu werden,
besteht laut Hespeler (2006) nicht. Ein möglichst natürli-
cher Geruch ist trotzdem überlebenswichtig für die Kitze,
Abb. 3 | Im Thermalbild eines sich drückenden und eingerollten Rehkitzes sind die Augen und die Stellen am wärmsten wo sich der Kopf an den Körper schmiegt. (Quelle: Nicole Berger)
Abb. 4 | Ein getragener ISA-Wildretter mit Infrarotsensoren hilft Rehkitze sicher in Wiesen aufzuspüren. (Foto: Nicole Berger)
Rehkitzrettung | Kurzbericht
305Agrarforschung Schweiz 4 (6): 302–305, 2013
die Position der Rehkitze in den Wiesen auf 2–3 m
Radius genau berechnen. Diese Koordinaten können
dann mit einem einfachen Hand-GPS-Gerät aufgesucht
werden. Um die perfekt getarnten Kitze vor Ort schnell
und sicher auffinden zu können, wurde zusätzlich ein
Handsuchgerät ähnlich einem Metalldetektor konstru-
iert. Das Ortungssystem sowie das Handdetektionsgerät
befinden sich noch im Vorprototypenstadium und sollen
in einem Folgeprojekt bis zur Serienreife weiter entwi-
ckelt werden. n
da sie sonst nicht mehr vor Fressfeinden geschützt sind
(Hess 2012). Am sichersten ist es, die Hände gründlich
mit Erde und frisch ausgerissenem Gras einzureiben und
zusätzlich den direkten Kontakt mit den Kitzen zu ver-
meiden, indem mit Grasbüscheln zugefasst wird.
Ausblick
Die Thermaltechnik ist grundsätzlich sehr gut geeignet
zur Rehkitzrettung. Es stellte sich heraus, dass sie am
besten bei kühlen Temperaturen und in Abwesenheit
der Sonne funktionierte. Am sichersten und auch plan-
bar war die Suche von 5.00 bis 8.30 Uhr am Morgen.
Die zukünftige flächendeckende Suche soll durch
koordiniert arbeitende Suchteams sichergestellt werden.
Im Moment werden an der HAFL Projekte für deren Aus-
bildung und die Anschaffung der Systeme vorbereitet.
Die kurze Zeitspanne in welcher gesucht werden
kann, schränkt die Flächenleistung der Methode ein. Aus
diesem Grund und zur Reduktion der Kosten sollen Früh-
warnsysteme entwickelt werden, welche Wiesen mit
effektivem Rehkitzbestand ausweisen. Damit können
sechs von sieben Feldern ausgeschlossen werden, auf
denen sich keine Rehkitze aufhalten.
Im Rahmen des Projektes wurde ausserdem ein auto-
matisches Ortungssystem für die Detektion von Rehkit-
zen in Wiesenbeständen entwickelt. Dieses System kann
Literatur ▪ Hespeler B., 2006. Die Kitze kommen … . DJZ 5/2006, 41-43. ▪ Hess S., 2012. Den Rehkitzen auf der Spur. Neue Zuger Zeitung, 26.05.2012. Zugang: www.zugerzeitung.ch [26.05.2012].
▪ Jarnemo A., 2002. Roe deer Capreolus capreolus fawns and mowing – mortality rates and countermeasures. Wildl. Biol. 8, 211–218.
▪ Menzel K., 2007. Hege und Bejagung des Rehwildes. Franckh-Kosmos, Stuttgart, S. 17, 18, 37/139.
▪ Stubbe C., 2008. Rehwild. Franckh-Kosmos, Stuttgart, S. 171–177/391.
Schrittge-schwindigkeit
fahren(noch testen)
Vor Mäherher laufen
FlüchtendesKitz
Später mähen(verwittern und
verblenden)
Am Fundort(Markierungfür Traktor-
lenker)
In Kistefixieren
In anderenBestand legen
AmWaldrand
Sofort mähenAufpassen, dasses nicht zurück-
läuft
ZweiRettungsstrategien
Sichdrückendes
Kitz
In denWald drücken
Abb. 5 | Es bedarf zweier unterschiedlicher Rettungsstrategien: eine für sich drückende junge Rehkitze und eine für flüchtende ältere Rehkitze.
306
P o r t r ä t
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 306, 2013
Stefan Lauber: Urban und doch der alpinen Zone verschrieben
Wir treffen uns an der ETH, das Faltrad blieb vor der Tür.
Stefan Lauber schält sich aus der Montur eines mobilen,
urbanen Menschen: Er legt den Rucksack ab und zieht
die Regenhose aus. «Mein mit Velo und Bahn kombinier-
ter Arbeitsweg zwischen der WSL in Birmensdorf und
dem Wohnort Luzern ist mein Fitnesstraining», entschul-
digt er sich kurz, «denn für Sport bleibt neben Familie
und Beruf sonst kaum Zeit». Er zückt den Laptop – das
mobile Office wird manifest.
Die Endphase des Verbundprojektes verlange ihm als
Ko-Leiter und Koordinator von AlpFUTUR neben der
aktiven Beteiligung an der Erziehung seiner beiden Kin-
der im Vorschulalter zeitlich und organisatorisch viel ab,
erklärt er, zumal seine Frau wie er in einem 70 %-Pensum
als Programmleiterin arbeite. Zurzeit würde die deut-
sche Version des Synthesebuches verfasst und verschie-
dene weitere Publikationen und Umsetzungsarbeiten
seien auch noch am Laufen, erklärt er mit sichtlicher
Freude an dieser Projektphase. Eine französische und
italienische Version der Synthese folgten später.
Verbundprojekt von A bis Z «AlpFUTUR war ein eigentliches Bottom-Up-Forschungs-
projekt: Nachdem Stakeholder zu den möglichen For-
schungsfragen im Sömmerungsgebiet befragt worden
waren, wurde ein Forschungsprogramm entworfen. Dann
folgten konkrete Projektskizzen und wir begannen mit
der Suche nach der Finanzierung», blickt Lauber zurück.
«Die Akquise der Finanzen wäre ohne eigene Webseite
(www.alpfutur.ch) kaum möglich gewesen», ist sich der
Ingenieur Agronom nachträglich sicher, «diese Seite ist
für uns aber auch ein wichtiges Instrument zur Sichtbar-
machung der Fortschritte und Resultate.» Für den erfolg-
reichen Projektverlauf sei schliesslich auch die gute
Zusammenarbeit im Team entscheidend gewesen. 2013
und 2014 folgen nun in Zusammenarbeit mit Agridea
zahlreiche Umsetzungsveranstaltungen in allen beteilig-
ten Regionen. «Und dann gibt es im Sommer 2014 mit
allen Beteiligten ein Abschlussfest», freut sich Stefan Lau-
ber über diese Aussicht, «denn AlpFUTUR konnte nur
dank ihnen und ihrem motivierten Einsatz gelingen.»
Mit Projektmanagement den Fächer weiter geöffnet
Er selbst, meint Stefan Lauber, habe mit dieser Arbeit
das Thema seiner Dissertation im Bereich Umwelt- und
Ressourcenökonomie1, die er im Rahmen des Nationa-
len Forschungsprogramms NFP 48 bei Agroscope in Täni-
kon schrieb, auf fachlicher Ebene weiterziehen können.
«Die Alpen sind eine der grössten natürlichen Ressour-
cen der Schweiz», ergänzt er, und ihre Nutzung sei eine
sehr spannende agrar- aber auch gesellschaftspolitische
Frage; dafür habe er sich schon früh in seinem Werde-
gang interessiert. «Mit dem Forschungsmanagement
konnte ich mich innerhalb meines Forschungsthemas an
einer spannenden Schnittstelle zwischen Organisation
und Forschung bewegen», meint Lauber.
In der Freizeit bewegt sich Stefan Lauber auf Berg-
wanderungen mit seiner Familie immer wieder in der
alpinen Zone. «Nur Klettern kommt für mich nach den
vielen Arbeitsstunden am Computer nicht in Frage»,
führt er aus, denn dann brauche er Weitsicht und Hori-
zont an Stelle einer weiteren vertikalen Wand vor dem
Kopf.
Etel Keller-Doroszlai, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-
Tänikon ART, 8046 Zürich
1Agrarstrukturwandel im Berggebiet: Ein agentenbasiertes, räumlich explizites Agrarstruktur- und Landnutzungsmodell für zwei Regionen Mittelbündens. ART-Schriftenreihe 2 (2006), Agroscope, Ettenhausen.
307
A k t u e l l
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 307–311, 2013
Pflanzenschutzmittel in der Landwirt-schaft
> Landwirtschaft> Umwelt-Vollzug2013
> Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft
Ein Modul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft
Ein Modul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Land-
wirtschaft
Diese Vollzugshilfe erläutert die gesetzlichen Grundla-
gen im Gewässer- und Umweltschutz, im Chemikalien-
recht sowie teilweise im Landwirtschaftsrecht, die beim
Umgang mit Pflanzenschutzmitteln auf dem Landwirt-
schaftsbetrieb massgebend sind. Sie konkretisiert unbe-
stimmte Rechtsbegriffe insbesondere im Hinblick auf die
Lagerung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
sowie die Reinigung der Spritzgeräte. Die Vollzugshilfe
richtet sich in erster Linie an die Vollzugsbehörden sowie
an landwirtschaftliche Beraterinnen und Berater.
Christian Leu, Bundesamt für Umwelt BAFU
Ruth Badertscher, Bundesamt für Landwirtschaft BLW
Die Vollzugshilfe «Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft» wird nur
elektronisch veröffentlicht. Download: www.bafu.admin.ch/UV-1312-D
Bodenbakterien: wirksame Helfer im Kampf gegen Krankheiten im Kartoffelbau
An der jährlichen Tagung des Arbeitskreises «Biologi-
sche Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten» der Deut-
schen Phytomedizinischen Gesellschaft trafen sich über
30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Wit-
zenhausen, Deutschland.
Verschiedene Aspekte der biologischen Krankheits-
bekämpfung wurden diskutiert, mit starkem Fokus auf
das Potenzial von Bodenbakterien für die Regulierung
von wichtigen Kartoffelkrankheiten, wie der Kraut-
fäule, der Schleimkrankheit oder der Wurzeltöter-
krankheit. Die an dieser Tagung vorgestellten positiven
Effekte, die mit dem Einsatz von verschiedenen Bakte-
rien (Pseudomonas- oder Bacillus-Arten) erzielt wurden,
lassen hoffen, dass wir in Zukunft durch ein besseres
Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Schad-
und Nutzorganismen nützliche Bakterienarten im
Boden selektiv fördern oder gezielt inokulieren könn-
ten, um Pflanzenkrankheiten im biologischen Anbau
effizient und nachhaltig zu regulieren.
Laure Weisskopf, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon
ART
308 Agrarforschung Schweiz 4 (6): 307–311, 2013
Aktuell
N e u e P u b l i k a t i o n e n
sowie Lebensräume definiert. Diese Qualität wird fortan
Umweltziele Landwirtschafts- Qualität, kurz UZL-Quali-
tät, genannt. In einem zweiten Schritt wurde abge-
schätzt, wie gross der aktuell vorha dene Anteil an
Flächen mit UZL-Qualität in den verschiedenen landwirt-
schaftlichen Zonen und den fünf Hauptregionen ist. In
einem weiteren Schritt wurden Zielgrössen vorgeschla-
gen. Diese orientieren sich an Fallbeispielen von Vernet-
zungsprojekten und verschiedenen, bereits veröffent-
lichten Studien. In den Bergzonen III und IV sowie im
Sömmerungsgebiet sind heute noch ausreichend Flä-
chen mit UZL-Qualität vorhanden. Es zeigt sich aber ein
Defizit an Flächen mit UZL-Qualität im Talgebiet und in
den Bergzonen I und II. Mit den aktuell ausgewiesenen
ökologischen Ausgleichsflächen werden die Soll-Anteile
quantitativ beinahe erreicht. Um die qualitativen Defi-
zite zu beheben und die vorgeschlagenen Soll-Werte zu
erreichen, bedarf es einer Verdreifachung des Anteils an
Flächen mit UZL-Qualität in diesen landwirtschaftlichen
Zonen – insbesondere beim ökologischen Ausgleich im
Ackerbau. Um die Artenvielfalt zu fördern, bedarf es
darüber hinaus in allen Regionen spezifische Förder-
massnahmen für Zielarten und national hoch prioritäre
Leitarten. Dabei orientiere man sich an den Priorisierun-
gen der National Prioritären Arten. Für 24 Subregionen
werden zudem Schwerpunkte der zu erhaltenden und
fördernden Lebensräume gegeben und es wird beispiel-
haft erwähnt, für welche Ziel- und Leitarten sie von
Bedeutung sind.
Thomas Walter et al., ART
Operationalisierung derUmweltziele LandwirtschaftBereich Ziel- und Leitarten, Lebensräume(OPAL)
Autorschaft:
Thomas Walter, Stefan Eggenberg, Yves Gonseth, Fabien Fivaz,
Christian Hedinger, Gabriela Hofer, Andrea Klieber-Kühne, Nina Richner,
Karin Schneider, Erich Szerencsits, Sebastian Wolf
ART-Schriftenreihe 18 | Januar 2013
Operationalisierung derUmweltziele LandwirtschaftBereich Ziel- und Leitarten, Lebensräume (OPAL)
ART-Schriftenreihe 18
Im Jahr 2008 haben das Bundesamt für Umwelt BAFU
und das Bundesamt für Landwirtschaft BLW Umweltziele
für die Landwirtschaft formuliert. Um diese Ziele im
Bereich «Arten und Lebensräume» weiter zu konkreti-
sieren ist eine Quantifizierung und Regionalisierung
erforderlich. Deshalb werden in dieser Schrift quantita-
tive und qualitative Zielgrössen für die verschiedenen
landwirtschaftlichen Zonen und Regionen vorgeschla-
gen, die anhand von Verbreitungspotenzialen der Ziel-
und Leitarten abgegrenzt wurden. Dazu wurden in
einem ersten Schritt unter Berücksichtigung der beste-
henden Instrumente, wie beispielsweise der nationalen
Inventare und der Öko-Qualitätsverordnung, Qualitäts-
kriterien für Flächen und Regionen auf der Basis der
gemäss BAFU und BLW zu fördernden Ziel- und Leitarten
309Agrarforschung Schweiz 4 (6): 307–311, 2013
Aktuell
ART-Bericht 757
Aufgrund des ausgeprä ten Sozialverhaltens und der
Konkurrenz beim Fressen ist der Fressplatz bei Ziegen
ein Bereich im Stall, in dem es oft zu Auseinanderset-
zungen kommt. Dies kann sich insbesondere bei der
Haltung von Ziegen in kleinen Beständen negativ auf
das Wohlbefinden und die Leistung der Tiere auswir-
ken. Zwei an der Forschungsanstalt Agroscope Recken-
holz-Tänikon ART durchgeführte Experimente unter-
suchten die Eignung verschiedener Fressgittertypen
und die Bedeutung von Fressblenden in Situationen mit
und ohne Fixierung am Fressgitter. Die Verhaltensbeob-
achtungen fanden an Gruppen mit behornten und
hornlosen Tieren statt. Ziel der Untersuchungen war es,
die Gestaltung des Fressplatzes zu optimieren, um Aus-
einandersetzungen zu minimieren und rangtiefen Zie-
gen den Zugang zum Futter zu erleichtern. Die Ergeb-
nisse belegen, dass sich Palisadenfressgitter hierfür
unabhängig von der Behornung am besten eignen.
Fressblenden wirken sich positiv auf das Verhalten der
Ziegen aus, wenn diese beim Fressen fixiert werden.
Aufgrund der Verletzungsgefahr ist der Einsatz von
Fressblenden besonders bei behornten Ziegen zu emp-
fehlen.
Nina M. Keil, ART,
Sandra Hilfiker und Edna Hillmann, ETH Zürich,
Eva Nordmann und Susanne Waiblinger, Veterinärmedizinische
Universität Wien
Impressum
Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller,ART
Die ART-Berichte/Rapports ARTerscheinen in rund 20 Nummernpro Jahr. JahresabonnementFr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern:ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch
ISSN 1661-7568
ART-Bericht 757
Gestaltung des Fressplatzes für Ziegen
Palisadenfressgitter, Fressblenden und ein angepasstes Fütterungsmanagementmindern
Auseinandersetzungen
Autorinnen
Nina M. Keil, Bundesamt fürVeterinärwesen, Zentrum fürtiergerechte Haltung:Wiederkäuer und Schweine,ART,CH−8356 Ettenhausen,E-Mail: [email protected]
Sandra Hilfiker und Edna Hill-mann,Verhalten, Gesundheit &Tierwohl, ETH, CH–8092 Zürich
Eva Nordmann und SusanneWaiblinger, VeterinärmedizinischeUniversitätWien, Institut fürTierhaltung und Tierschutz,AT−1210Wien
Oktober 2012
Aufgrund des ausgeprägten Sozialverhal-tens und der Konkurrenz beim Fressen istder Fressplatz bei Ziegen ein Bereich imStall, in dem es oft zu Auseinandersetzun-gen kommt. Dies kann sich insbesonderebei der Haltung von Ziegen in kleinenBeständen negativ auf das Wohlbefindenund die Leistung der Tiere auswirken.Zwei an der Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ART durchgeführteExperimente untersuchten die Eignungverschiedener Fressgittertypen und dieBedeutung von Fressblenden in Situatio-nen mit und ohne Fixierung am Fressgit-ter. Die Verhaltensbeobachtungen fanden
an Gruppen mit behornten und hornlosenTieren statt. Ziel der Untersuchungen wares, die Gestaltung des Fressplatzes zu opti-mieren, um Auseinandersetzungen zuminimieren und rangtiefen Ziegen denZugang zum Futter zu erleichtern. DieErgebnisse belegen, dass sich Palisaden-fressgitter hierfür unabhängig von derBehornung am besten eignen. Fressblen-den wirken sich positiv auf das Verhaltender Ziegen aus, wenn diese beim Fressenfixiert werden. Aufgrund der Verletzungs-gefahr ist der Einsatz von Fressblendenbesonders bei behornten Ziegen zu emp-fehlen.
Abb. 1: Ein für die Ziegenhaltung geeignetes Fressgitter muss klar unterteilte Fressplätzehaben und möglichst einfaches Aus- und Einfädeln erlauben.
Gestaltung des Fressplatzes für Ziegen
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M e d i e n m i t t e i l u n g e n
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Aktuell
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 307–311, 2013
31.05.2013Grosses Interesse am Bachelor-Studium in Bio logischer Landwirtschaft – Lehre profitiert von anwendungsorientierter ForschungDie ersten Studierenden der neuen Bachelor-Vertie-
fungsrichtung «Biologische Landwirtschaft und Hortikul-
tur» im Studium Umweltingenieurwesen an der ZHAW
Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ste-
hen vor dem Abschluss. Das praxisbezogene Studium
zeichnet sich durch die Nähe zu zahlreichen Akteuren in
Praxis und Forschung aus. Bei Agroscope eigneten sich
die Studierenden ihr Know-how im Bio-Acker- und Bio-
Futterbau an.
30.05.2013Winterverluste bei den Bienenvölkern: Imker/-innen können aufatmenNach den katastrophalen Verlusten im Winter 2011/2012
fehlt nach dem vergangenen Winter rund jedes vierte
Bienenvolk für die Frühlingstracht. Dies entspricht etwa
dem langjährige Durchschnitt. Das Problem Winterster-
ben ist aber nach wie vor ungelöst.
27.05.2013 Bedroht eine neue Gerstenkrankheit den Weizen?Seit den Neunziger Jahren haben die Sprenkelnekrosen
der Gerste immer mehr an Bedeutung zugenommen.
Diese Blattflecken sind unter anderem das Resultat einer
neuen Gerstenkrankheit, die durch den Erreger Ramula-
ria collo-cygni verursacht werden. Dieser Pilz wurde von
Agroscope nachgewiesen. Dank einer von Agroscope
entwickelten molekularen Nachweismethode konnte
der Pilz 2012 auf den Blättern von verschiedenen Som-
merweizensorten gefunden und identifiziert werden.
Wiederholt sich die Geschichte der Gerstenkrankheit auf
dem Weizen? Und wird der Pilz über das Saatgut über-
tragen?
16.05.2013 Später Kartoffelanbau: Welches sind die Risiken? Diesen Frühling verzögerte der anhaltende Regen den
Kartoffelanbau im Schnitt um 3 bis 4 Wochen. Auf eini-
gen Parzellen mit schwierigen Bedingungen wird der
Anbau vermutlich erst im Juni erfolgen, was äusserst
ungewöhnlich ist. Eine späte Pflanzung ist physiologi-
schen, phytosanitären und klimatischen Risiken ausge-
setzt, was sich auf den Ernteertrag auswirken dürfte.
Agroscope stellt Informationen über die diesbezügliche
Anfälligkeit der verschiedenen Sorten bereit. Bei günsti-
gen Anbau- und Erntebedingungen in diesem Jahr
könnten sich die Folgen des schlechten Starts in Grenzen
halten. Das Angebot an Frühsorten wird jedoch vermut-
lich geschmälert, insbesondere zu Beginn der neuen Ver-
kaufskampagne.
13.05.2013 Rotschwingel – eine stressresistente Pflanze für die Weide Der Rotschwingel ist ein kleines, in fast all unseren Regi-
onen angesiedeltes Gras. Er zeichnet sich durch seine
überdurchschnittliche Stressresistenz aus. Es ist daher
kaum verwunderlich, dass er in zahlreichen Rasen- und
Wiesenmischungen enthalten ist. Agroscope enthüllt
nun das Geheimnis um diese unscheinbare Pflanze, die
massgeblich für stabile Weideerträge sorgt.
07.05.2013Aktuelle Information zu Kraut- und Knollenfäule via Smartphone – 25 Jahre PhytoPRE Kartoffelproduzenten in der Schweiz haben dank der
neuen PhytoPRE WebApp via Smartphone Zugang zu
Informationen bezüglich Kraut- und Knollenfäule, die
mehrmals täglich aktualisiert werden. Abrufbar sind
eine Befallskarte, die Haupt-infektions- und Sporulati-
onsperioden (HISP), das regionale Infektionsrisiko so-wie
verschiedene Pflanzenschutz-Bulletins. Die Entwicklung
des Warn- und Prognosesystems PhytoPRE wurde im Jahr
1988 gestartet. Seitdem hat es zahlreiche Verbesserun-
gen gegeben und zu diesem Jubiläum bietet Agroscope
für die laufende Saison den Smartphone-Service kosten-
los an.
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311
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 4 (6): 307–311, 2013
V e r a n s t a l t u n g e n
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
I n t e r n e t l i n k s
Agrarpolitik 2014–2017
www.focus-ap-pa.ch
Die Plattform «Focus AP-PA.ch» stellt den Multiplika-
torinnen und Multiplikatoren in der Landwirtschaft und
im ländlichen Raum Informationen aus erster Hand,
Unterlagen und Arbeitsinstrumente zur Verfügung, die
die Umsetzung der Agrarpolitik 2014-2017 erleichtern.
Juni 2013
19. – 20.06.2013Agrartechniktage TänikonAgroscope Reckenholz-Tänikon ARTEttenhausen
Juli 2013
02. – 05.07.2013ISHS Fireblight 2013Agroscope Changins-Wädenswil ACW und ETH ZürichETH Zürich
August 2013
23.08.2013InfoTag Medizinal- und AromapflanzenAgroscope Changins-Wädenswil ACWAttiswil BE
29.08.2013AGFF-StrickhoftagungAgroscope ART, AGFFStrickhof, Eschikon, 8315 Lindau
September 2013
05.09.2013Informationstagung AgrarökonomieAgroscope Reckenholz-Tänikon ARTEttenhausen
Oktober 2013
01.10.2013AlpFUTUR - wissenschaftliche SchlusstagungAlpFUTUR Verbund (Agroscope, WSL)Schüpfheim LU
02.10.20137. ÖkobilanzplattformAgroscope
V o r s c h a u
Juli–August 2013 / Heft 7–8
Die Roggenproduktion in der Schweiz hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Forschende von Agroscope untersuchen die Mahl- und Backqualität von Roggen sorten, damit besser auf die Anforderungen der Verwender von Roggen eingegangen werden kann. (Foto: Agroscope)
V o r s c h a u
•• Backqualität von Roggen in der Schweiz, Cécile
Brabant et al., ACW
•• Knaulgras: Prüfergebnisse von 31 Sorten,
Daniel Suter et al., ART und ACW
•• Zwanzig Jahre Sortenversuche mit Silomais in der
Schweiz, Alice Baux und Jürg Hiltbrunner, ACW und
ART
•• Einfluss der Maissorte und des Entwicklungsstadiums
auf die aerobe Stabilität, Ueli Wyss und Yves Arrigo,
ALP-Haras
•• Serie Proficrops: Der HOLL-Raps in der Schweiz: vom
Testanbau zur grossflächigen Produktion, Alice Baux
et al., ACW
•• Mikroorganismen – Bestandteil zukünftiger
Düngungssysteme, Antonia Maria Müller et al.,
ETH Zürich
•• Mastleistung, Schlachtkörper- und Fleischqualität
verschiedener Masthybridlinien, Cédric Hoffmann
et al., Micarna SA und Stiftung Aviforum
•• Masthybridlinien: Benutzung des Aussenklimabe-
reichs, Einstreuqualität und Gefieder, Cédric Hoff-
mann et al., Micarna SA und Stiftung Aviforum
www.alpfutur.ch
Aktuelle Forschungsergebnisse
für Beratung und Praxis:
Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal
im Jahr Forschungsergebnisse über
Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,
Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und
Gesellschaft.
Agrarforschung ist auch online verfügbar
unter: www.agrarforschungschweiz.ch
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Talon einsenden an:redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt AgroscopeLiebefeld-Posieux ALP-haras, Postfach 64, 1725 PosieuxTel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00e-mail: [email protected] | www.agrarforschungschweiz.ch
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Strasse/Nr
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Beruf
Datum
Unterschrift
Agrarforschung Schweiz/RechercheAgronomique Suisse ist die zeitschrift
der landwirtschaftlichen Forschung von
Agroscope und ihren Partnern. Partner der
zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirt-
schaft, die hochschule für Agrar-, Forst- und
Lebensmittelwissenschaft hAFL, die Bera-
tungszentralen AGriDeA, die eidgenössische
Technische hochschule eTh zürich, Departe-
ment für Umweltsystemwissenschaften und
Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der
zeitschrift ist.
Die zeitschrift erscheint in Deutsch und Fran-
zösisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus
Forschung, industrie, Lehre, Beratung
und Politik, an kantonale und eidgenössische
Ämter und an weitere Fachinteressierte.