Algebra -...

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Universit¨ at Regensburg WS 2011/12 Vorlesungsmitschrift Algebra Prof. Dr. Niko Naumann 15. Februar 2012 gesetzt in L A T E X von Gerhard M¨ uhlberger

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Universitat Regensburg WS 2011/12

Vorlesungsmitschrift

Algebra

Prof. Dr. Niko Naumann

15. Februar 2012

gesetzt in LATEX von Gerhard Muhlberger

Inhaltsverzeichnis

0. Lineare Algebra 1

1. Gruppentheorie I 5

2. Lokalisierungen 15

3. Der Satz von Gauß 21

4. Irreduzibilitatskriterien 27

5. Algebraische Korpererweiterungen 31

6. Der algebraische Abschluss eines Korpers 37

7. Zerfallungskorper 41

8. Separabilitat 45

9. Endliche Korper 51

10.Galois-Theorie 53

11.Bestimmung einiger Galois-Gruppen 6311.1. Die Permutationsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6311.2. Quadratische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6311.3. Kubische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6311.4. Die allgemeine Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

12.Kreisteilungskorper 67

13.Gruppentheorie II 7513.1. Operationen von Gruppen auf Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7513.2. Die Sylow-Satze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7913.3. Auflosbare Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8013.4. Permutationsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8113.5. Semidirekte Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

14.Konstruktion mit Zirkel und Lineal 85

15.Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen 9115.1. Charaktere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9115.2. Zyklische Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9115.3. Auflosbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9315.4. Algebraische Gleichungen vom Grad 3 und 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9615.5. Positive Charakteristik (Ausblick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Stichwortverzeichnis 103

0. Lineare Algebra

In diesem Einfuhrungskapitel sollen nochmals die wichtigsten Definitionen aus der Linearen Al-gebra wiederholt werden.

Literatur: Bosch, (Lineare) Algebra

0.1 Definition. Eine Menge G mit einer inneren Verknupfung G×G→ G, (a, b) 7→ a · b heißteine Gruppe, wenn die folgenden Eigenschaften erfullt sind:

i) Assoziativitat: ∀a, b, c ∈ G gilt

(a · b) · c = a · (b · c) (0.1)

ii) Existenz eines neutralen Elementes: ∃e ∈ G, sodass ∀a ∈ G gilt

e · a = a · e = a (0.2)

iii) Existenz von inversen Elementen: Zu jedem a ∈ G gibt es ein b ∈ G mit

a · b = b · a = e (0.3)

Die Gruppe heißt kommutativ oder abelsch, falls zusatzlich gilt

iv) Kommutativitat: ∀a, b ∈ G gilt

a · b = b · a (0.4)

0.2 Definition. Sei G eine Gruppe. Eine Teilmenge H ⊆ G heißt Untergruppe von G, wenngilt:

i) a, b ∈ H ⇒ ab ∈ H

ii) e ∈ H

iii) a ∈ H ⇒ a−1 ∈ H

0.3 Proposition. (Untergruppenkriterium & Rechenregeln) Die Bedingungen i) - iii)einer Untergruppe in Definition 0.2 sind aquivalent zu

a, b ∈ H ⇒ a · b−1 ∈ H. (0.5)

Außerdem gelten in Gruppen folgende Rechenregeln:

1. Kurzungsregeln:

ab = ac⇒ b = c ∧ ac = bc⇒ a = b

2. (a−1)−1 = a

3. (ab)−1 = b−1a−1

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0. Lineare Algebra

0.4 Definition. Eine Menge R mit zwei Verknufungen”+“ (Addition) und

”·“(Multiplikation)

heißt ein Ring, wenn folgende Bedingungen erfullt sind:

i) (R,+) ist abelsche Gruppe.

ii) Die Multiplikation ist assoziativ.

iii) Distributivgesetze: ∀a, b, c ∈ R gilt

a · (b+ c) = a · b+ a · c ∧ (a+ b) · c = a · c+ b · c (0.6)

Das neutrale Element bzgl.”+“ heißt Nullelement 0. Der Ring R heißt kommutativ, wenn die

Multiplikation kommutativ ist. Ein Element e ∈ R heißt Einselement 1, falls e · a = a · e = a.

0.5 Definition. Ist a Element eines Ringes R mit Einselement und existiert ein Inverses b ∈ Rmit a · b = 1 = b · a, so schreibt man b = a−1. Dieses Inverse ist dann eindeutig bestimmt und anennt man in diesem Fall invertierbar oder eine Einheit.

0.6 Definition. Sei R ein Ring. a ∈ R heißt Nullteiler, wenn es ein b = 0 ∈ R mit a · b = 0oder b · a = 0 gibt. R heißt nullteilerfrei oder Integritatsring, wenn fur alle a, b ∈ R mita · b = 0 stets a = 0 oder b = 0 (bzw. a, b = 0 ⇒ a · b = 0) folgt.

0.7 Definition. Seien R, R′ Ringe. Eine Abbildung φ : R → R′ heißt Ringhomomorphis-mus, wenn fur a, b ∈ R gilt:

i) φ(a+ b) = φ(a) + φ(b)

ii) φ(a · b) = φ(a) · φ(b)

iii) φ(1R) = 1R′ , d.h. das Einselement von R bildet auf das Einselement von R′ ab.

0.8 Definition. Sei R ein Ring. Eine Teilmenge �a ⊆ R heißt Ideal, falls gilt:

i) �a ist additive Untergruppe, d.h. �a = ∅ und aus a, b ∈ �a folgt a− b ∈ �a .

ii) a ∈ �a , r ∈ R⇒ ra, ar ∈ �a

0.9 Proposition. Seien R,R′ ein Ring und φ : R → R′ ein Ringhomomorphismus. Dann istder Kern

kerφ = {a ∈ R : φ(a) = 0} (0.7)

ein Ideal, wobei φ injektiv genau dann, wenn kerφ das Nullideal. Fur ein Element a ∈ R heißtdas erzeugte Ideal

(a) = Ra = {ra : r ∈ R} (0.8)

Hauptideal, z.B. erhalt man fur R = Z: (2) = Menge der geraden Zahlen. Ist k ein Korper sobesitzt dieser nur die trivialen Ideale, also das Einheitsideal (1) = k und das Nullideal (0).

0.10 Definition. Sei R ein Ring.

i) Ein Ideal �p ⊆ R heißt Primideal, wenn �p = R und fur a, b ∈ R mit a · b ∈ �p stetsa ∈ �p oder b ∈ �p folgt.

ii) Ein Ideal �m ⊆ R heißt maximal, wenn �m = R und wenn gilt: Ist �a ⊆ R Ideal mit�m ⊆ �a ⊆ R, so folgt �a = �m oder �a = R.

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0.11 Proposition.

i) �p ⊆ R Primideal ⇔ R/�p Integritatsring

ii) �m ⊆ R maximal ⇔ R/�m Korper ⇔ Nullideal 0 ⊆ R/�m maximal

0.12 Definition. Sei R ein (kommutativer) Ring. Ein R-Modul ist eine Menge M mit einerinneren Verknupfung M ×M → M, (a, b) 7→ a + b (Addition) und einer außeren VerknupfungR×M →M, (α, a) 7→ α · a (skalare Multiplikation), so dass gilt:

i) (M,+) ist abelsche Gruppe.

ii) Distributivgesetze: ∀α, β ∈ R, a, b ∈M gilt

(α+ β) · a = α · a+ β · a ∧ α · (a+ b) = α · a+ α · b (0.9)

iii) Assoziativitat: ∀α, β ∈ R, a ∈M gilt

(α · β) · a = α · (β · a) (0.10)

iv) 1 · a = a fur das Einselement 1 ∈ R und alle a ∈M

0.13 Definition. Ein Korper ist eine Menge k mit zwei inneren Verknupfungen (Addition &Multiplikation), so dass gilt:

i) (k,+) ist abelsche Gruppe.

ii) (k∗ = k\{0}, ·) ist abelsche Gruppe.

iii) Es gelten die bekannten Distributivgesetze (0.6).

Bemerkung: Ein nullteilerfreier, kommutativer Ring mit Einselement ist ein Korper.

0.14 Definition. Sei k ein Korper. Ein k-Vektorraum ist eine Menge V mit einer innerenVerknupfung V × V → V, (a, b) 7→ a + b (Addition) und einer außeren Verknupfung k × V →V, (α, a) 7→ α · a (skalare Multiplikation), so dass gilt (vgl. Modul):

i) (V,+) ist abelsche Gruppe.

ii) Es gelten die Distributivgesetze (0.9).

iii) Die skalare Multiplikation ist assoziativ, d.h. es gilt (0.10).

iv) 1 · a = a fur das Einselement 1 ∈ R und alle a ∈ V

0.15 Definition. Seien V , W k-Vektorraume. Dann gibt es einen k-Vektorraum V ⊗k W zu-sammen mit einer bilinearen Abbildung

η : V ×W → V ⊗k W, (0.11)

die folgende universelle Eigenschaft haben: Zu jedem k-Vektorraum U mit einer bilinearen Ab-bildung

ξ : V ×W → U (0.12)

gibt es genau eine lineare Abbildung ξ⊗ : V ⊗kW → U mit ξ = ξ⊗◦η. Kommutatives Diagramm:

V ×W

η

��

ξ

##HHH

HHHH

HHH

V ⊗k Wξ⊗

// U

V ⊗kW heißt das Tensorprodukt von V und W . Die Elemente von V ⊗kW heißen Tensoren.

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0. Lineare Algebra

0.16 Proposition. (Rechenregeln fur Tensoren) Ist η : V ×W → V ⊗k W und v ⊗ w :=η(v, w), so gilt fur v, v′ ∈ V,w,w′ ∈W und λ ∈ k:

a) v ⊗ w + v′ ⊗ w = (v + v′)⊗ w, v ⊗ w + v ⊗ w′ = v ⊗ (w + w′)

b) (λ · v)⊗ w = v ⊗ (λ · w) = λ · (v ⊗ w)

Weiter gilt: Falls dimV , dimW <∞, so ist

dim(V ⊗k W ) = dimV · dimW (0.13)

0.17 Beispiel. Anschauung: Tensoren als”mehrdimensionale Matrizen“

• Eine Zahl ist ein Tensor 0-ter Stufe.

• Ein (Spalten-)Vektor ist ein Tensor erster Stufe.

• Eine Matrix ist ein Tensor zweiter Stufe.

• Das Levi-Civita-Symbol εi1,i2,...,in im Rn ist ein Beispiel fur einen Tensor n-ter Stufe.

0.18 Proposition & Definition. Der Polynomring R[X] uber einem kommutativen Ring R(oder einem Korper k) ist ein kommutativer Ring, welcher aus (formal gebildeten) Summen desTyps

∑ni=0 aiX

i besteht, bzgl. der”gewohnlichen“ Addition und Multiplikation. Weiterhin gilt

deg(f · g) = deg(f) · deg(g) (0.14)

fur f, g ∈ R[X]. Dabei soll formal n−∞ = −∞+m = −∞+ (−∞) = −∞ sein, wobei mit

deg(f) :=

{−∞ , falls f ≡ 0

max{n ∈ N : an = 0} , sonst(0.15)

der Grad von f und mit f ≡ 0 das Nullpolynom bezeichnet werden.

0.19 Proposition & Definition. Es sei R ein Integritatsring und 0 = p ∈ R keine Einheit.

i) p heißt irreduzibel, falls fur jede Zerlegung p = xy mit x, y ∈ R gilt: x ∈ R∗ oder y ∈ R∗.

ii) p heißt Primelement, wenn aus p | xy stets p | x oder p | y folgt, d.h. mit anderenWorten, wenn das Hauptideal (p) prim ist.

Weiterhin gilt p prim ⇒ p irreduzibel und es sind aquivalent:

i) p ist irreduzibel.

ii) p ist Primelement.

iii) (p) ist maximales Ideal in R.

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1. Gruppentheorie I

1.1 Definition. Seien G, G′ Gruppen. Ein Gruppenhomomorphismus (von G nach G′) isteine Abbildung φ : G→ G′ mit

φ(a · b) = φ(a) · φ(b) ∀a, b ∈ G. (1.1)

Ferner heißt φMono(morphismus) :⇔ φ injektiv,Epi(morphismus) :⇔ φ surjektiv, Iso(morphismus):⇔ φ bijektiv, Endo(morphismus) :⇔ G = G′ und Auto(morphismus) :⇔ G = G′ ∧φ bijektiv.

1.2 Beispiel. Sei φ : G→ G′ ein Gruppenhomomorphismus.

i) Fur alle a ∈ G gilt:

φ(a−1) = φ(a)−1 (1.2)

ii) Wenn e ∈ G und e′ ∈ G′ die neutralen Elemente bezeichnen, so gilt:

φ(e) = e′ (1.3)

Beweis.

ii) e′ · φ(e) = φ(e) = φ(e · e) = φ(e) · φ(e) Kurzen⇒ e′ = φ(e)

i) φ(a) · φ(a)−1 = e′ii)= φ(e) = φ(a · a−1) = φ(a) · φ(a−1)

Kurzen⇒ φ(a)−1 = φ(a−1)

1.3 Proposition & Definition. Sei φ : G→ G′ ein Gruppenhomomorphismus.

i) ker(φ) := {a ∈ G | φ(a) = e′} ⊆ G ist eine Untergruppe, der Kern von φ, und es gilt:

φ injektiv ⇔ ker(φ) = {e} (1.4)

ii) im(φ) := {b ∈ G′ | ∃ a ∈ G : φ(a) = b} ⊆ G′ ist eine Untergruppe, das Bild von φ .

Beweis. siehe Ubungen

1.4 Proposition. Sei G eine Gruppe. Dann ist die Abbildung

{φ | φ : Z → G Gruppenhomomorphismus} ≃−−−→ G, φ 7→ φ(1) (1.5)

bijektiv.

Beweis. siehe LA1

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1. Gruppentheorie I

1.5 Beispiel & Definition. Sei G eine Gruppe. Dann ist

Aut(G) := {φ | φ : G→ G Automorphismus}

eine Gruppe bzgl. der Komposition mit neutralem Element idG , die Automorphismusgruppevon G. (Aut(G) ⊊ Σ(G) ist eine Untergruppe.) Die Abbildung ψ : G→ Aut(G) definiert durch

ψ(g)(h) = ghg−1 ∀g, h ∈ G (1.6)

ist wohldefiniert und ein Gruppenhomomorphismus. Fur alle g ∈ G heißt die Abbildung ψ(g)Konjugation mit g.

Beweis.

i) ψ ist wohldefiniert, d.h. ∀g ∈ G ist ψ(g) ∈ Aut(G), denn:

– ∀h, h′ ∈ G gilt:

ψ(g)(hh′) = g(hh′)g−1 = (gh g−1)(g︸ ︷︷ ︸= e

h′g−1) = ψ(g)(h) · ψ(g)(h′)

Also ist ψ(g) ein Gruppenhomomorphismus.

– ∀g, h ∈ G gilt:

(ψ(g) ◦ ψ(g−1))(h) = g(ψ(g−1)(h))g−1 = g(g−1︸ ︷︷ ︸= e

h (g−1)−1)g−1︸ ︷︷ ︸= e

= h

⇒ ψ(g) ◦ ψ(g−1) = idG, also ist ψ(g) ∈ Aut(G).

ii) Fur g, g′, h ∈ G gilt:

(ψ(g) ◦ ψ(g′))(h) = ψ(g)(g′h(g′)−1) = g(g′h(g′)−1)g−1

= (gg′)h(gg′)−1 = ψ(gg′)(h)

Also ist ψ ein Gruppenhomomorphismus

Beispiel. Sei G = Z/3Z = {0, 1, 2}. Dann ist

Aut(G) ≃ (Z/3Z)∗ = {1, 2} ⊆ Σ(G) = Σ{0, 1, 2} = S3.

Insbesondere: |Aut(G)| = 2, |Σ(G)| = 6

1.6 Proposition & Definition. Seien G eine Gruppe und H ⊆ G eine Untergruppe. Dann istdie Relation ∼ auf G definiert durch

g ∼ g′ :⇔ g−1 · g′ ∈ H ∀g, g′ ∈ G (1.7)

eine Aquivalenzrelation. Fur g ∈ G heißt die Aquivalenzklasse

[g] := {g′ ∈ G | g ∼ g′} (1.7)= {gh | h ∈ H} =: gH ⊆ G (1.8)

die Linksnebenklasse von g bzgl. H. Wir bezeichnen G/H := {gH| g ∈ G} als Faktorgruppe(oder Restklassengruppe) und (G : H) := |G/H| als Index von H in G. Es gelten:

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i) Fur alle g, g′ ∈ G gilt:

gH = g′H ⇔ gH ∩ g′H = ∅ ⇔ g ∈ g′H ⇔ g−1g′ ∈ H (1.9)

ii) Fur alle g, g′ ∈ G ist die Abbildung gH → g′H, gh 7→ g′h bijektiv. Fur |H| <∞ folgt

|gH| = |g′H|. (1.10)

iii) Disjunkte Vereinigung:

G =∪

gH∈G/H

gH (1.11)

..

H = eH

.

g1H

.

g2H

.

G

Beweis. Zeige zunachst, dass ∼ eine Aquivalenzrelation ist.

• Reflexivitat:

g · g−1 = e ∈ H(1.7)⇒ g ∼ g ∀g ∈ G

• Symmetrie: Seien g, g′ ∈ G mit g ∼ g′.

(1.7)⇒ g−1 · g′ ∈ HH UG⇒ H ∋ (g−1 · g′)−1 = (g′)−1 · g (1.7)⇒ g′ ∼ g

• Transitivitat: Seien g, g′, g′′ ∈ G.

g ∼ g′ ∧ g′ ∼ g′′(1.7)⇒ g−1g′, (g′)−1g′′ ∈ H

H UG⇒ H ∋ (g−1 · g′) · ((g′)−1 · g′′) = g−1g′′

(1.7)⇒ g ∼ g′′

i) und iii) folgen aus ∼ Aquivalenzrelation, ii) ist klar.

1.7 Korollar. (Satz von Lagrange) Seien G eine endliche Gruppe und H ⊆ G eine Unter-gruppe. Dann gilt:

|G| = |H| · (G : H) (1.12)

Insbesondere ist |H| ein Teiler von |G|.

Beweis.

|G| (1.11)=

∣∣∣∣∣∣∪

gH∈G/H

gH

∣∣∣∣∣∣ =∑

gH∈G/H

|gH|

(1.10)=

∑gH∈G/H

|eH| =∑

gH∈G/H

|H| = |G/H| · |H| def.= |H| · (G : H)

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1. Gruppentheorie I

1.8 Beispiel. Sei S3 = Σ{1, 2, 3}. Dann sind

A3 := {σ ∈ S3 | sign(σ) = 1} = {1,(1 2 32 3 1

)︸ ︷︷ ︸

=:σ

,

(1 2 33 1 2

)︸ ︷︷ ︸

=:σ2

} ⊆ S3 und H := {1,(1 2 32 1 3

)︸ ︷︷ ︸

=: τ

}

Untergruppen mit |A3| = 3, |H| = 2. Also: |S3/A3| = 2, |S3/H| = 3; explizit:

S3 = A3 ∪ τA3 und S3 = H ∪ σH ∪ σ2H

1.9 Definition. Seien G eine Gruppe und H ⊆ G eine Untergruppe. Dann heißt H Normal-teiler von G, in Zeichen H ⊴ G, wenn

ghg−1 ∈ H ∀g ∈ G,h ∈ H. (1.13)

1.10 Beispiel.

• In einer abelschen Gruppe ist jede Untergruppe ein Normalteiler, denn:

ghg−1 = gg−1h = h ∈ H

• In Beispiel 1.8 gilt A3 ⊴ S3, aber H ⊆ S3 ist kein Normalteiler.

1.11 Proposition. Sei φ : G→ G′ ein Gruppenhomomorphismus. Dann gilt:

ker(φ) ⊴ G (1.14)

Beweis. Nach 1.3 i) ist ker(φ) ⊆ G eine Untergruppe. Prufe nun Definition 1.9:

g ∈ G, h ∈ ker(φ) ⇒ φ(ghg−1) = φ(g)φ(h)φ(g)−1 = φ(g)e′φ(g)−1 = e′

⇒ ghg−1 ∈ ker(φ)

1.12 Beispiel & Definition. Ist G eine Gruppe, so ist

Z(G) := {g ∈ G | ∀h ∈ G : gh = hg (⇔ ghg−1 = h)} ⊴ G (1.15)

ein Normalteiler, das Zentrum von G.

Beweis. Fur ψ : G → Aut(G) wie in Beispiel & Definition 1.5 sieht man ker(ψ) = Z(G), alsofolgt die Behauptung aus Proposition 1.11.

Beispiel.

• k Korper, n ≥ 1 ⇒ Z(Gln(k)) = k∗1n

• Z(S3)!= {e}

• G = Z(G) ⇔ G abelsch

1.13 Proposition. Seien G eine Gruppe, N ⊴ G ein Normalteiler. Dann existiert genau eineGruppenstruktur auf der Menge G/N , so dass die kanonische Abbildung

π : G→ G/N, π(g) = gN (1.16)

ein surjektiver Gruppenhomomorphismus ist. Es gilt ker(π) = N .

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Beweis. Falls eine solche Struktur existiert, so ist sie eindeutig festgelegt durch

∀g, g′ ∈ G : (gN) · (g′N) = π(g) · π(g′) = π(gg′) = (gg′)N. (1.17)

Fur die Existenz zeige nur, dass (1.17) wohldefiniert ist, d.h.

∀g, g′, g1, g′1 ∈ G : gN = g1N ∧ g′N = g′1N ⇒ (gg′)N = (g1g′1)N. (1.18)

Wegen (1.7) aus Definition 1.6 betrachte

(gg′)−1 · (g1g′1) = (g′)−1 · g−1 · g1 · g′1= (g′)−1 · g′1 · (g′1)−1︸ ︷︷ ︸

= e

· g−1 · g1︸ ︷︷ ︸∈N, da gN=g1N

· g′1

∈ (g′)−1 · g′1︸ ︷︷ ︸∈N, da g′N=g′1N

· (g′1)−1 ·N · g′1︸ ︷︷ ︸⊆N, da N⊴G

∈ N,

also ist (gg′)N = (g1g′1)N . Ferner gilt:

ker(π) = {g ∈ G | π(g) (= gN) = e′ (= eN = N) ∈ G/N} 1.6 i)= N (1.19)

1.14 Beispiel. Sei H = {1, (1 2)} ⊆ S3 wie in Beispiel 1.8. Die”Abbildung“ G/H × G/H →

G/H, (gH, g′H) 7→ (gg′)H ist nicht wohldefiniert, denn es gelten eH = (1 2)H, da (1 2) ∈ H,und (1 2 3)H = (1 2 3)H, aber

(e ◦ (1 2 3))H = ((1 2) ◦ (1 2 3))H,

denn

(e ◦ (1 2 3))−1(1 2)(1 2 3) = (1 3 2)(2 3) = (1 3) ∈ H.

Das Beispiel zeigt, dass man fur (1.18) im Beweis zu Proposition 1.13 auf die Voraussetzung

”Normalteiler“ nicht verzichten kann und dass H ⊆ S3 kein Normalteiler ist.

1.15 Satz. (Homomorphiesatz) Seien G eine Gruppe, N ⊴ G ein Normalteiler, φ : G → G′

ein Gruppenhomomorphismus und π die kanonische Abbildung (1.16). Dann sind aquivalent:

i) N ⊆ ker(φ)

ii) Es existiert genau ein Gruppenhomomorphismus φ : G/N → G′ mit φ = φ ◦ π.

Es kommutiert also das Diagramm:

Gφ //

π !!CCC

CCCC

C G′

G/N

∃!φ

<<zz

zz

Außerdem gilt imφ = imφ, kerφ = π(kerφ), kerφ = π−1(kerφ). Insbesondere ist φ genau danninjektiv, wenn N = kerφ gilt.

Beweis. siehe Ubungen

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1. Gruppentheorie I

1.16 Korollar. Ist φ : G→ G′ ein Epimorphismus, so ist

φ : G/ ker(φ)≃−−→ G′, φ(g · ker(φ)) = φ(g) (1.20)

wohldefiniert und ein Isomorphismus.

Beweis. Nach Satz 1.15 ist φ wohldefiniert und ein Gruppenhomomorphismus (wahle in 1.15N = ker(φ)). Wegen φ Epimorphismus ist auch φ ein Epimorphismus. Aus

ker(φ) = ker(φ)/N = ker(φ)/ ker(φ) = {e}

und aus Proposition & Definition 1.3 i) folgt, dass φ injektiv, also Isomorphismus, ist.

1.17 Satz. Seien G eine Gruppe und p := |G| eine Primzahl. Dann gilt G ≃ Z/pZ.

Beweis. Wegen 1 = p = |G| existiert 1 = g ∈ G. Nach Proposition 1.4 existiert genau einGruppenhomomorphismus φ : Z → G mit φ(1) = g. Nach Korollar1.7 (Satz von Lagrange) folgt

1 = |im(φ)|∣∣ |G| = p.

Wegen p Primzahl folgt |im(φ)| = |G|, d.h. φ ist ein Epimorphismus. Nach Korollar 1.16 existiert

dann genau ein Isomorphismus Z ≃−−→ G. Damit ist ker(φ) ⊆ Z eine Untergruppe vom Index|G| = p. Nach LA1 folgt ker(φ) = pZ, also G ≃ Z/pZ.

1.18 Beispiel.

i) Z/2Z× Z/2Z ≃ Z/4Z (vgl. Struktursatz fur endlich erzeugte abelsche Gruppen)

ii) S3 ≃ Z/6Z, denn S3 ist nicht abelsch.

Beide Beispiele zeigen, dass man in Satz 1.17 auf die Voraussetzung”Primzahl“ nicht verzichten

kann.

1.19 Proposition & Definition. Seien G eine Gruppe, x ∈ G und φ : Z → G der eindeutigeGruppenhomomorphismus mit φ(1) = g. Dann ist

⟨x⟩ := im(φ) = {xn | n ∈ Z} ⊆ G (1.21)

die kleinste Untergruppe von G, die x enthalt. Sie heißt die von x (in G) erzeugte Untergruppe.

Beweis. Wegen Proposition & Definition 1.3 ii) ist ⟨x⟩ ⊆ G eine Untergruppe und es gilt

x = φ(1) ∈ im(φ) ∈ ⟨x⟩.

Ist H ⊆ G eine Untergruppe mit x ∈ H, so folgt xn ∈ H fur alle n ∈ Z, d.h. ⟨x⟩ ⊆ H.

1.20 Proposition & Definition. Fur eine Gruppe G sind aquivalent:

i) Es gibt ein x ∈ G mit ⟨x⟩ = G.

ii) Es existiert ein Epimorphismus φ: Z → G.

In diesem Fall heißt G zyklisch und jedes x ∈ G mit ⟨x⟩ = G heißt Erzeuger von G.

Beweis. Fur i) ⇒ ii) wahle φ : Z → G mit φ(1) = x und fur ii) ⇒ i) wahle x = φ(1).

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1.21 Satz. (Klassifikation von zyklischen Gruppen) Bis auf Isomorphie existieren genaudie zyklischen Gruppen Z/mZ fur m ≥ 1 und Z (erzeugt z.B. durch 1 und 1).

Beweis. Es ist klar, dass die angegebenen Gruppen zyklisch paarweise nicht isomorph sind. Seinun G eine beliebige zyklische Gruppe. Nach Proposition 1.20 ii) gibt es einen Epimorphismus

φ : Z → G und nach Korollar 1.16 damit einen Isomorphismus φ : Z/ ker(φ) ≃−−→ G. Nun istker(φ) ⊆ Z eine Untergruppe.

LA=⇒ ∃ m ≥ 0 : ker(φ) = (m) = mZ

=⇒ G ≃

{Z, m = 0

Z/mZ, m > 0(1.22)

1.22 Satz. Sei G eine zyklische Gruppe. Dann gilt:

i) Ist H ⊆ G eine Untergruppe, so ist H zyklisch.

ii) Ist φ : G→ G′ ein Gruppenhomomorphismus, so sind ker(φ) und im(φ) zyklisch.

Beweis.

i) Ohne Einschrankung sei H = {e} und φ : Z → G ein Epimorphismus. Dann ist auchψ := φ|φ−1(H) : φ

−1(H) → H ein Epimorphismus.

Z φ // //OO

��

GOO

��φ−1(H)

ψ // // H

WegenH = {e} ist {0} = φ−1(H) ⊆ Z eine nicht-triviale Untergruppe. Dann ist φ−1 = mZfur ein m ≥ 1, also Z ≃ φ−1(H), x 7→ mx zyklisch. Es folgt, dass H als Bild von φ−1(H)unter φ wieder zyklisch ist.

ii) Ist ψ : Z → G ein Epimorphismus, so ist es auch die Komposition Z ψ−−→ Gφ−−→ im(φ),

d.h. im(φ) ist zyklisch. Wegen ker(φ) ⊆ G Untergruppe ist ker(φ) zyklisch nach i).

1.23 Definition. Seien G eine Gruppe und x ∈ G. Dann heißt

ord(x) := |⟨x⟩| != min{n ≥ 1 | xn = e} ∈ N ∪ {∞} (1.23)

die Ordnung von x (in G).

1.24 Beispiel. Betrachte G := F∗5 = (Z/5Z)∗.

x ∈ F∗5 x2 x3 x4 ord(x)

1 1 1 1 12 4 3 1 43 4 2 1 44 1 4 1 2

Ergebnisse: Die Elemente 2 und 3 sind Erzeuger, alle Ordnungen ord(x) sind Teiler von 4 = |G|.Die Rechnung zeigt F∗

5 ≃ Z/4Z (F∗5 zyklisch).

11

1. Gruppentheorie I

1.25 Satz. (Kleiner Fermat’scher Satz) Seien G eine endliche Gruppe und x ∈ G. Dann istord(x) ein Teiler von |G| und es gilt x|G| = e in G.

Beweis. Nach Definition ist ord(x) = |H| fur die Untergruppe H := ⟨x⟩ ⊆ G. Nun folgtord(x)

∣∣ |G| aus Korollar 1.7 (Satz von Lagrange). Klar ist xord(x) = e und damit

x|G| 1.7= xord(x)·(G:⟨x⟩) = e(G:⟨x⟩) = e.

1.26 Korollar.

i) Seien n ≥ 1 und a ∈ Z teilerfremd zu n. Dann gilt aφ(n) ≡ 1(n)1, wobei φ(n) die Euler’scheφ-Funktion2 bezeichnet.

ii) Ist p eine Primzahl und a ∈ Z mit p ∤ a, so gilt ap−1 ≡ 1(p) (vgl. Beispiel 1.24).

Beweis.

i) Wegen ggT(a, n) = 1 ist a ∈ (Z/nZ)∗ und mit φ(n) = |(Z/nZ)∗| folgt die Behauptung ausSatz 1.25.

ii) Fur n = p Primzahl in i) gilt nach LA1 φ(p) = p− 1.

1.27 Proposition. Seien G eine endliche Gruppe und fur alle d | |G| gelte

|{x ∈ G | xd = e}| ≤ d. (1.24)

Dann ist G zyklisch.

Beweis. Fur d∣∣ |G| =: n setze ψ(d) := |{x ∈ G | ord(x) = d}|. Mit Satz 1.25 folgt∑

1≤d|n

ψ(d) = |G| = n. (1.25)

Seien d∣∣n und es gelte ψ(d) = 0, d.h. es existiert ein z ∈ G mit ord(x) = d. Wegen Satz 1.25

gilt dann gd = e fur alle g ∈ ⟨z⟩. Aus |⟨z⟩| = d und (1.24) folgt damit {x ∈ G | xd = e} ⊆ ⟨z⟩.Insbesondere ist {x ∈ G | ord(x) = d} ⊆ ⟨z⟩ ≃ Z/dZ. Andererseits gilt aber

|{w ∈ (Z/dZ) | ord(w) = d}| = |(Z/dZ)∗| = φ(d).

Insgesamt folgt fur alle d∣∣ |G|

ψ(d) ≤ φ(d), (1.26)

denn fur ψ(d) = 0 ist das trivial. Summation liefert:

n = |G| (1.25)=∑1≤d|n

ψ(d)(1.26)

≤∑1≤d|n

φ(d) = n

Somit muss (1.26) fur alle d |n eine Gleichheit sein; insbesondere fur d = n folgt

ψ(n) = φ(n) = |(Z/nZ)∗| = 0,

d.h. es existiert ein x ∈ G mit ord(x) = n. Es folgt G = ⟨x⟩ und G ist zyklisch.

1Notation: 1(n) = 1 mod n2Die Euler’sche φ-Funktion φ(n) := |{1 ≤ a ≤ n | (a, n) = 1}| gibt fur jede naturliche Zahl n an, wieviele positive ganze Zahlen a ≤ n zu ihr teilerfremd sind. Dabei bezeichnet (a, n) = ggT(a, n) den großtengemeinsamen Teiler von a und n (vgl. Erinnerung 12.5).

12

1.28 Korollar. Seien k ein Korper und G ⊆ k∗ eine endliche Untergruppe. Dann ist G zyklisch.

Beweis. Wegen Proposition 1.27 zeige nur, dass |{x ∈ k∗ | xd = 1}| ≤ d fur alle d = 1 gilt. Dasist klar, denn das Polynom T d − 1 ∈ k[T ] hat hochstens d Nullstellen in k nach LA2.

Bemerkung. Die Gruppe (Z/8Z)∗ ist nicht zyklisch.

1.29 Bemerkung. Q∗ ist nicht zyklisch! Also kann man in Korollar 1.28 nicht auf die Voraus-setzung

”endlich“ verzichten.

Beweis.

i) Verwende Korollar 1.28 mit G := k∗.

ii) folgt aus i) fur k = Fp.

1.30 Korollar.

i) Ist k ein endlicher Korper, dann ist k∗ zyklisch.

ii) Ist p eine Primzahl, dann ist F∗p zyklisch (vgl. Beispiel 1.24).

13

1. Gruppentheorie I

14

2. Lokalisierungen

Referenz: Atiyah, MacDonald, Introduction to Commutative Algebra, S. 36-39

2.1 Proposition & Definition. Seien A, B kommutative Ringe, φ : A → B ein Ringhomo-morphismus und S := φ−1(B∗) ⊆ A. Dann gelten:

i) 1 ∈ S

ii) ∀s, t ∈ S : st ∈ S

Eine Teilmenge S ⊆ A, die i) und ii) erfullt, heißt multiplikativ abgeschlossen.

Beweis.

i) φ(1) = 1 ∈ B∗ ⇒ 1 ∈ φ−1(B∗) = S

ii) Sei s, t ∈ S.

⇒ φ(s), φ(t) ∈ B∗

⇒ φ(s)φ(t) = φ(st) ∈ B∗ = φ(S)

Fixiere: Es sei A ein kommutativer Ring und S ⊆ A multiplikativ abgeschlossen.

2.2 Konstruktion & Definition. Die Relation auf der Menge A× S definiert durch

∀(a, s), (b, t) ∈ A× S : (a, s) ∼ (b, t) :⇔ ∃n ∈ S : n(at− bs) = 0 (2.1)

ist eine Aquivalenzrelation. Schreibe as := [(a, s)] fur die Aquivalenzklasse von (a, s) ∈ A × S

und

S−1A :={as| (a, s) ∈ A× S

}. (2.2)

Damit:

a

s=b

tin S−1A⇔ ∃n ∈ S : n(at− bs) = 0

Die Abbildungen

+ : S−1A× S−1A→ S−1A,

(a

s,b

t

)7→(at+ bs

st

)· : S−1A× S−1A→ S−1A,

(a

s,b

t

)7→(ab

st

) (2.3)

sind wohldefiniert und (S−1A,+, ·, 01 ,11) ist ein kommutativer Ring, der Quotientenring von

A bzgl. S.

15

2. Lokalisierungen

Beweis. ∼ reflexiv und symmetrisch ist klar. Seien a, b, c ∈ A, s, t, u ∈ S mit (a, s) ∼ (b, t) und(b, t) ∼ (c, u) gegeben.

(2.1)⇒ ∃v, w ∈ S :1) (at− bs)v = 0

2) (bu− ct)w = 0

}mult. 1) mit uw⇒mult. 2) mit sv

{atvuw = bsuvw

buwsv = ctwsv

⇒ (au− cs)tvw = 0 in A (2.4)

Wegen tvw ∈ S folgt (a, s) ∼ (c, u) aus (2.4), d.h. ∼ ist Aquivalenzrelation. Der Rest desBeweises sei als Ubungsaufgabe gestellt.

2.3 Beispiel. Ist in Konstruktion & Definition 2.2 A ein Integritatsring und gilt 0 ∈ S, sovereinfacht sich (2.1) zu a/s = b/t in S−1A, d.h. at = bs in A. Die Teilmenge A\{0} ⊆ A istmuliplikativ abgeschlossen und der Ring

Quot(A) := (A\{0})−1A ={as| a ∈ A, s = 0 ∈ A

}(2.5)

heißt der Quotientenkorper von A, z.B. Quot(Z) = Q.

2.4 Proposition. (universelle Eigenschaft von S−1A)

i) Die Abbildung φ : A→ S−1A, φ(a) := a1 ist ein Ringhomomorphismus.

ii) Fur einen Ringhomomorphismus ψ : A→ B, wobei B kommutativ, sind aquivalent:

a) ψ(S) ⊆ B∗

b) Es existiert genau ein Ringhomomorphismus f : S−1A→ B mit ψ = f ◦ φ.

Aψ //

φ��

B

S−1A∃! f

77ooooooo

Beweis.

i) A→ S−1A, a 7→ a1 ist Ringhomomorphismus. Rechne z.B.

φ(a) + φ(b) =a

1+b

1

(2.3)=

a · 1 + b · 11 · 1

=a+ b

1= φ(a+ b).

Der Rest folgt analog.

ii) b) ⇒ a): Fur alle s ∈ S gilt1

sφ(s) =

1

s· s1=

1

1= 1 in S−1A und damit

φ(S) ⊆ (S−1A)∗. (2.6)

Es folgt

ψ(S)b)= f(φ(S))

(2.6)

⊆ f((S−1A)∗) ⊆ B∗.

a) ⇒ b): Eindeutigkeit: Fur alle a ∈ A, s ∈ S gilt

f(as

)= f

(a

1·(s1

)−1)

= f(φ(a) · φ(s)−1) = ψ(a) · ψ(s)−1,

16

also ist f eindeutig durch ψ bestimmt. Fur die Existenz zeige nur, dass die Abbildungf : S−1A → B, f

(as

):= ψ(a) · ψ(s)−1 wohldefiniert ist. Zunachst gilt nach a) fur alle

s ∈ S, dass ψ(s) ∈ B∗, d.h. es existiert ψ(s)−1 ∈ B. Zu zeigen ist noch, dass fur allea, b ∈ A, s, t ∈ S a

s = bt in S

−1A gilt, bzw.

ψ(a)ψ(s)−1 = ψ(b)ψ(t)−1 in B.

Wegen (2.1) folgt ∃n ∈ S : n(at− bs) = 0 in A. Durch Anwenden von ψ erhalt man

ψ(n)︸︷︷︸∈B∗

(ψ(a)ψ(t)− ψ(b)ψ(s)) = 0 in B

⇒ψ(a)ψ(t)︸︷︷︸∈B∗

= ψ(b)ψ(s)︸︷︷︸∈B∗

in B

⇒ψ(a)ψ(t)−1 = ψ(b)ψ(s)−1 in B.

Beispiel.

• Es gibt genau einen Ringhomomorphismus Q → C, da genau ein Ringhomomorphismusψ : Z → C existiert, und es gilt ψ(Z\{0}) ⊆ C∗.

Z ψ //

��

C

Q = (Z\{0})−1Z

55kkkkkkkk

• S−1A = {0} ⇔ 0 ∈ S, denn:

S−1A = {0} LA⇔ 1

0=

0

0in S−1A

def.⇔ ∃s ∈ S : 0 = s(1 · 0− 0 · 0) = s in A

⇔ 0 ∈ S

2.5 Korollar.

i) ker(φ : A→ S−1A) = {a ∈ A | ∃s ∈ S : sa = 0 in A}

ii) S−1A = {0} ⇔ 0 ∈ S

Beweis. Da ii) bereits aus letztem Beispiel bekannt ist, bleibt nur noch i) zu zeigen.

∀a ∈ A : 0 =0

1= φ(a) =

a

1in S−1A

(2.1)⇔ ∃s ∈ S : 0 = s · (1 · 0− a · 1) = sa in A.

2.6 Beispiel & Definition. Seien A ein Integritatsring und �p ⊆ A ein Primideal. Dann istA\�p ⊆ A multiplikativ abgeschlossen und

A�p := (A\�p )−1A (2.7)

heißt die Lokalisierung von A bei �p . Es gilt A ⊆ A�p ⊆ A(0) = Quot(A). Fur A = Z und�p = (p), p ∈ Z Primzahl, gilt z.B.

A = Z ⊆ A�p = Z(p) ={ab| a, b ∈ Z : p ∤ b

}⊆ A(0) = Q. (2.8)

Einheiten: {±1} ⊆ Z∗(p)

(!)= Z(p)\(p) = {ab | a, b ∈ Z : p ∤ a, b} ⊆ Q\{0}

17

2. Lokalisierungen

Beweis. Zeige nur, dass A\�p ⊆ A multiplikativ abgeschlossen ist, d.h. prufe Definition 2.1 i)und ii) fur S = A\�p .

i) 1 ∈ A\�p , sonst gilt 1 ∈ �p�p Ideal⇒ �p = A, was im Widerspruch zur Definition von

Primideal steht.

ii) s, t ∈ A\�p ⇒ st ∈ A\�p , sonst gilt st ∈ �p�p PI⇒ s ∈ �p oder t ∈ �p ⇒ s ∈ A\�p oder

t ∈ A\�p (Widerspruch!)

2.7 Konstruktion. Seien M ein A-Modul und S ∈ A multplikativ abgeschlossen. Auf derMenge M × S ist ∀(m, s), (m′, t) ∈M × S :

(m, s) ∼ (m′, t) :⇔ ∃u ∈ S : u(tm− sm′) = 0 (2.9)

in M eine Aquivalenzrelation. Schreibe S−1M := (M × S)/ ∼ und ms := [(m, s)] ∈ S−1M fur

alle (m, s) ∈M × S. Dann ist S−1M ein S−1A-Modul vermoge fur m,m′ ∈M,a ∈ A, s, t ∈ S:

m

s+m′

t:=

tm+ sm′

ts;

a

s· mt

:=am

st.

Ist φ :M → N A-linear, so ist

S−1φ : S−1M → S−1N, (S−1φ)(ms

):=

φ(m)

s(2.10)

S−1A-linear.

Beweis. Analog zu Konstruktion 2.2

2.8 Proposition. Sei (∗) M φ−→ Nψ−→ P eine exakte Folge von A-Moduln, d.h. im(φ) = ker(ψ).

Dann ist auch die Folge von (S−1A)-Moduln S−1MS−1φ−−−→ S−1N

S−1ψ−−−→ S−1P exakt.

Beweis. Zu zeigen ist im(S−1φ) = ker(S−1ψ).

”⊆“: folgt aus S−1ψ ◦ S−1φ

(!)= S−1(ψ ◦ φ) (∗) exakt

= S−1(0) = 0.

”⊇“: Sei x ∈ ker(S−1ψ). Dann ∃n ∈ N, s ∈ S mit x = n

s .

⇒ 0 = (S−1ψ)(x) = (S−1ψ)(ns

)(2.10)=

ψ(n)

sin S−1P

Wegen Konstruktion 2.7 ∃t ∈ S mit ts · ψ(n) = ψ(ts · n) = 0 in P .

⇒ ts · n ∈ ker(ψ) = im(φ) ⇒ ∃m ∈M : φ(m) = ts · n in N

⇒ (S−1φ)( mts2

)=φ(m)

ts2=ts · nts2

=n

s= x ∈ im(S−1φ) (ts2 ∈ S!)

18

2.9 Proposition. SeiM ein A-Modul. Dann existiert genau eine A-lineare Abbildung (Tensor-produkt)

f : S−1A⊗AM≃−−→ S−1M,

a

s⊗m 7→ am

s(2.11)

fur a ∈ A, s ∈ S,m ∈M und es ist f (S−1A)-linear und ein Isomorphismus.

Beweis. Wegen der universellen Eigenschaft des Tensorprodukts ist die eindeutige Existenz vonf aquivalent dazu, dass die Abbildung S−1A ×M → S−1M, (as ,m) 7→ am

s A-bilinear ist; diessieht man leicht. f ist sogar S−1A-linear, da

f

(a

s·(b

t⊗m

))= f

(ab

st⊗m

)=abm

st=a

s· bmt

=a

s· f(b

t⊗m

).

Nach Konstruktion 2.7 ist klar, dass f surjektiv ist, denn ms = f(1s ⊗m). Behauptung:

∀x ∈ S−1A⊗AM ∃t ∈ S,m ∈M : x =1

t⊗m (2.12)

Zunachst ist x eine endliche Summe

x =∑i

aisi

⊗mi︸ ︷︷ ︸elementarer Tensor

(2.13)

mit geeigneten ai ∈ A, si ∈ S,mi ∈M . Es gelten

t :=∏i

si ∧ ti :=∏j =i

sj ∈ S (2.14)

und damit in S−1A⊗AM :

tx(2.13)=

∑i

(aisi

· t)⊗mi

(2.14)=

∑i

(aiti)︸ ︷︷ ︸∈A

⊗mi

=∑i

(1⊗ (aitimi)) = 1⊗ (∑i

aitimi)︸ ︷︷ ︸=:m∈M

Damit folgt x = 1t ⊗ m in S−1A ⊗A M und damit die Behauptung. Sei nun x ∈ ker(f). Mit

(2.12) folgt

x =1

t⊗m (2.15)

fur geeignete t ∈ S,m ∈ M . Also gilt in S−1M wegen (2.15) 0 = f(x) = mt und ∃s ∈ S mit

0 = stm in M .

⇒ x(2.15)=

1

t⊗m =

1

t2s⊗ (stm)︸ ︷︷ ︸

=0

= 0

Es folgt ker(f) = {0}, also ist f injektiv.

19

2. Lokalisierungen

2.10 Beispiel. Mφ−→ N

ψ−→ P eine exakte Folge abelscher Gruppen (= Z-Modul). Dann ist dieFolge von Q-VR (= S−1Z-Modul fur S := Z\{0})

M ⊗Z Qφ⊗idQ−−−−→ N ⊗Z Q

ψ⊗idQ−−−−→ P ⊗Z Q (2.16)

exakt.

Beweis. folgt aus Proposition 2.8 und 2.9. Betrachte hierzu folgendes Diagramm:

M ⊗Z Q φ⊗id //

≃��

N ⊗Z Q ψ⊗id //

≃��

P ⊗Z Q

≃��

(Z\{0})−1M(Z\{0})−1φ // (Z\{0})−1N

(Z\{0})−1ψ // (Z\{0})−1P

Nach 2.8 mit A = Z, S = Z\{0} ist die zweite Zeile des Diagramms exakt. Die senkrechtenIsomorphismen sind die gleichen wie in 2.9 (beachte S−1A ≃ Q). Man pruft, dass das Diagrammkommutiert und es folgt die Exaktheit der ersten Zeile.

20

3. Der Satz von Gauß

Fixiere: Es seien R ein faktorieller Ring (jedes Element ist Produkt von Primelementen),

Q := Quot(R) = (R\{0})−1R

und P ein Vertretersystem der Primelemente bis auf Assoziiertheit.

Beispiel.

• Sei R = Z, P = {2, 3, 5, . . .} (positive Primzahlen).

• Sei R = k[X] (k Korper), P = {f ∈ R | f ist normiert und irreduzibel}.

• Sei R = Z[i] := {x+ iy | x, y ∈ Z} der Ring der ganzen Gauß’schen Zahlen, P = ?

3.1 Erinnerung. Fur alle p ∈ P: νp : Q∗ → Z, νp(ab ) = νp(a)− νp(b) und fur alle 0 = a ∈ R ist

a = ε∏p∈P

pνp(a) (3.1)

(fur ε ∈ R∗ geeignet) die Primfaktorzerlegung ein Homomorphismus. Die Abbildung

R∗ ⊕

⊕p∈P

Z

≃−−−→ Q∗, (ε, (np)) 7→ ε∏p∈P

pnp (3.2)

ist ein Isomorphismus von abelschen Gruppen mit inverser Abbildung

q 7→

(q∏

p∈P pνp(q)

, (νp(q))p∈P

). (3.3)

Fur alle q ∈ Q∗ gilt

q ∈ R⇔ ∀p ∈ P : νp(q) = 0. (3.4)

Setze νp(0) := ∞ fur alle p ∈ P.

3.2 Bemerkung. Fur jeden Ringhomomorphismus φ : R → R′ existiert genau ein Ringhomo-morphismus φ[X] : R[X] → R′[X] mit

φ[X](∑

aiXi)=∑

φ(ai)Xi. (3.5)

Es gilt:

ker(φ[X]) ={∑

aiXi | ai ∈ ker(φ) ⊆ R

}(3.6)

Ist z.B. p ∈ R, so ist π : R[X] → (R/(p))[X], π(∑

i aiXi) :=

∑i(ai mod (p))Xi ein surjektiver

Ringhomomorphismus mit

ker(π) :={∑

aiXi | ∀i : p | a

}. (3.7)

Wahle φ : R→ R′ als den kanonischen Homomorphismus R→ R/(p).

21

3. Der Satz von Gauß

Beweis. Betrachte das Diagramm:

Rφ //

��

R′ // R′[X]

R[X]

∃!φ[X]:φ[X](X)=X

66mmmmmmmm

⇒ φ[X](∑

aiXi) =

∑φ[X](ai)︸ ︷︷ ︸φ(ai)

φ[X](X)i︸ ︷︷ ︸Xi

=∑

φ(ai)Xi

3.3 Proposition & Definition. Sei p ∈ P. Fur f =∑aiX

i ∈ Q[X] heißt

νp(f) := min{νp(ai)} ∈ Z ∪ {∞} (3.8)

die ppp-adische Bewertung von f . Es gelten:

i) f = 0 ⇔ ∀p ∈ P : νp(f) = ∞

ii) f ∈ R[X] ⇔ ∀p ∈ P : νp(f) ≥ 0

iii) Lemma von Gauß. Fur alle f, g ∈ Q[X] gilt

νp(f · g) = νp(f) + νp(g). (3.9)

Beweis.

i) ∀p : νp(f) = ∞ ⇔ ∀p, i : νp(ai) = ∞ 3.1⇔ ∀i : ai = 0 ⇔ f = 0

ii) f ∈ R[X] ⇔ ∀i : ai ∈ R(3.4)⇔ ∀p ∈ P, i : νp(ai) ≥ 0 ⇔ ∀p : νp(f) ≥ 0

iii) 1. Fall: f ∈ Q ⊆ Q[X] und g ∈ Q[X] beliebig. Schreibe g =∑biX

i.

⇒ νp(fg) = νp(∑

(fbi)Xi)

def.= min{νp(fbi)}

3.1= min{νp(f) + νp(bi)} , da f ∈ Q

= νp(f) + min{νp(bi)} = νp(f) + νp(g)

Allgemeiner Fall: Seien ohne Einschrankung f, g = 0 (somit ist nicht ∞ = ∞ zu zeigen).Wegen Fall 1 durfen f, g durch αf , βg mit α, β ∈ Q∗ beliebig ersetzt werden. Fur einegeeignete Wahl von α, β ∈ Q∗ (nehme jeweils den ggT der Koeffizienten von f bzw. g)gilt f := αf , g := βg ∈ R[X] und νp(f) = νp(g) = 0. Dann ist νp(f g) = 0 zu zeigen. Seiweiterhin π : R[X] → (R/(p))[X] wie in Bemerkung 3.2, so gilt fur f =

∑aiX

i

0 = νp(f) = min{νp(ai)} ≥ 0,

da f ∈ R[X]. Also existiert ein i, sodass νp(ai) = 0, d.h. p ∤ ai und damit nach (3.7)π(f) = 0. Analog gilt π(g) = 0 und es folgt in (R/(p))[X]:

0 = π(f)π(g) = π(f g),

da (R/(p))[X] ein Integritatsring ist und wie oben folgt νp(f g) = 0.

Beispiel. ν3(7X2 + 1

8X + 27) = min{ν3(7), ν3(18), ν3(27)} = min{0, 0, 3} = 0.

22

3.4 Korollar. Sei h ∈ R[X] normiert und es gelte h = fg in Q[X] mit f, g ∈ Q[X] normiert.Dann gilt: f, g ∈ R[X].

Beweis. Fur alle p ∈ P gelten νp(h) = 0, da h ∈ R[X] normiert und νp(1) = 0, und νp(f), νp(g) ≤0, da f, g ∈ Q[X] normiert. Nach dem Lemma von Gauß (3.9) gilt fur alle p ∈ P

0 = νp(h) = νp(f) + νp(g).

Wegen νp(f), νp(g) ≤ 0 folgt νp(f) = νp(g) = 0 und mit 3.3 iii) dann f, g ∈ R[X].

3.5 Beispiel. Seien h =∑aiX

i ∈ R[X] normiert und α ∈ Q mit h(α) = 0. Dann folgt α ∈ Rund α | a0 in R.

Beweis. h(α) = 0 ⇔ h = (X − α)g in Q[X] mit g ∈ Q[X] geeignet. Aus h,X − α normiert folgtg normiert. Aus Korollar 3.4 folgt X − α, g ∈ R[X], insbesondere also α ∈ R. Ferner gilt in R:

0 = h(α) =∑

aiαi = α

∑aiα

i−1 + a0

⇒ a0 = α

−∑i≥1

aiαi−1

︸ ︷︷ ︸

∈R, da ai∈R

⇒ α | a0 in R

3.6 Beispiel. Es existiert kein q ∈ Q mit q3+2q+1 = 0. (Die Gleichung hat eine Losung in R!)

Beweis. h := X3 + 2X + 1 ∈ Z[X] ist normiert und R := Z ist Hauptidealring, also faktoriell.Gabe es ein q ∈ Q = Quot(Z) mit h(q) = 0, so folgt aus Beispiel 3.5 q ∈ Z und q | a0 = 1, alsoq ∈ {±1}, aber es gilt h(±1) = {4, 2} = 0.

3.7 Proposition & Definition. Fur f =∑aiX

i ∈ R[X] gilt:

i) Fur alle p ∈ P ist νp(f) = 0 genau dann, wenn ggT(a0, a1, . . .) = 1. In diesem Fall heißt fprimitiv, so ist z.B. jedes normierte Polynom primitiv.

ii) Fur alle f = 0 ∈ Q[X] gibt es ein α ∈ Q∗ und f ∈ R[X] primitiv, sodass f = αf .

Beweis.

i) Fur alle p ∈ P ist νp(ggT(a0, a1, . . .)) = min{νp(ai)} = νp(f). Da fur alle q ∈ Q∗ dieAussage ∀p ∈ P : νp(q) = 0 nach Erinnerung 3.1 aquivalent ist zu q ∈ R∗, folgt durchAnwenden auf q = ggT(ai)

(∀p ∈ P : νp(f) = 0) ⇔ ggT(ai) ∈ R∗

⇔ ggT(ai) = (1).

ii) Wegen f = 0 gilt nach Proposition 3.3 i) ∀p ∈ P : νp(f) = ∞. Es ist klar, dass fur fastalle p ∈ P gilt νp(f) = 0 (namlich fur alle p ∈ P, die weder Nenner noch Zahler einesKoeffizienten von f teilen). Deswegen ist α :=

∏p∈P p

νp(f) ∈ Q∗ wohldefiniert und fur

f := α−1f gilt ∀p ∈ P :

νp(f) = νp(α−1f)

3.3 iii)= −νp(α) + νp(f) = −νp(f) + νp(f) = 0, (3.10)

also ist f ∈ R[X] nach Teil i) primitiv.

23

3. Der Satz von Gauß

Beispiel. Sei f := 23X

2 + 16 ∈ Q[X]. Dann ist 18f = 12X2 + 3 ∈ Z[X] nicht primitiv, aber

6f = 4X2 + 1 ∈ Z[X] ist primitiv.

3.8 Satz. (Satz von Gauß) Sei R ein faktorieller Ring. Dann ist auch der Ring R[X] faktoriellund fur alle q ∈ R[X] sind aquivalent:

i) q ∈ R[X] ist ein Primelement.

ii) Es gilt entweder q ∈ R ist ein Primelement oder q ∈ R[X] ist primitiv und q ∈ Q[X] istein Primelement.

Insbesondere sind fur ein primitives f ∈ R[X] aquivalent:

a) f ∈ R[X] ist ein Primelement.

b) f ∈ Q[X] ist ein Primelement.

Beweis.

ii) ⇒ i): 1. Fall: Es ist q ∈ R[X] ein Primelement. Dann ist π : R[X] ↠ (R/(p))[X] wie inBemerkung 3.2 surjektiv mit ker(π) = (q) ⊆ R[X]. Es folgt

(R/(q))[X] ≃ R[X]/(q) (3.11)

Wegen q ∈ R Primelement ist die linke Seite von (3.11) ein Integritatsring, also auchR[X]/(q), was aber genau dann der Fall ist, wenn q ∈ R[X] Primelement.

2. Fall: Es ist q ∈ R[X] primitiv und q ∈ Q[X] ein Primelement. Zeige nach Definition, dassq ∈ R[X] ein Primelement ist. Seien dazu f, g ∈ R[X] mit q | fg in R[X] gegeben. Damitist auch q | fg in Q[X] und wegen q ∈ Q[X] gilt q | f in Q[X], d.h. fur ein geeignetesh ∈ Q[X] gilt f = qh in Q[X]. Es folgt fur alle p ∈ P:

0q prim=

3.7 i)νp(q) =

(3.9)−νp(h) + νp(f).

Wegen f ∈ R[X] ist νp(f) ≥ 0 und damit ∀p ∈ P : νp(h) ≥ 0, also h ∈ R[X] wegen 3.3 ii)und damit f = qh in R[X]. Es folgt q | f in R[X], also ist q ∈ R[X] Primelement.

i) ⇒ ii): Noch zu zeigen ist: Jedes 0 = f ∈ R[X]\R[X]∗ (R[X]∗ = R∗) ist ein Produkt vonPrimelementen obiger Gestalt. Dann folgt sowohl, dass R[X] faktoriell ist, als auch dieImplikation i) ⇒ ii). Schreibe f = af mit a ∈ R, f ∈ R[X] primitiv (vgl. 3.7 ii)). Da Rfaktoriell, ist a ein Produkt von Primelementen obiger Gestalt, also sei ohne Einschrankungf = f ∈ R[X] primitiv. Sei nun 0 = f ∈ R[X] primitiv. Schreibe

f =n∏i=1

fi = a ·n∏i=1

fi ∈ Q[X] (3.12)

mit fi ∈ Q[X] prim (Q[X] ist HIR, also faktoriell) und a ∈ Q∗, fi ∈ R[X] primitiv undprim in Q[X]. Aus (3.12) und (3.9) folgt νp(a) = νp(f)−

∑ni=1 νp(fi) = 0− 0 = 0 fur alle

p ∈ P, d.h. nach 3.1 ist a ∈ R∗ (a Einheit von R). Aus (3.12) erhalt man nun

f = (af1) ·n∏i=2

fi, (3.13)

wobei af1 primitiv, da a ∈ R∗. Damit ist f Produkt von primitiven Faktoren, die in Q[X]prim sind.

24

3.9 Beispiel. Z[X] ist faktoriell, aber kein Hauptidealring, z.B. ist (2, X) ⊆ Z[X] kein Haupt-ideal. Das Polynom 2X ∈ Z[X] ist nicht primitiv. 2X ∈ Q[X] ist ein Primelement (2 ∈ (Q[X])∗ =Q∗, X ∈ Q[X] ist Primelement), aber 2X ∈ Z[X] hat Primfaktorzerlegung 2X = 2 ·X in Z[X].(2, X sind nicht-assoziierte Primelemente in Z[X]: Z[X]/(2) ≃ F2[X], Z[X]∗ = Z∗ = {±1}.)

3.10 Beispiel & Definition. Sei k ein Korper. Dann heißt

k(X) := Quot(k[X]) =

{f

g| f, g ∈ k[X], g = 0

}(3.14)

der Korper der rationalen Funktionen (in einer Variablen X uber k) und die k-Algebra

k[X,Y ] := (k[X])[Y ] (3.15)

der Polynomring in den Variablen X,Y (uber k). Wegen Satz 3.8 ist k[X,Y ] faktoriell. Es giltz.B. f := X3 + Y 2 ∈ k[X,Y ] ist irreduzibel.

Beweis. Wegen Satz 3.8 (”prim ⇔ irreduzibel“) setze R := k[X]. Dann ist f ∈ R[Y ] normiert

vom Grad 2 (f = Y 2+X3Y 0), also primitiv. Nach 3.8 ist f ∈ R[Y ] ein Primelement genau dann,wenn f ∈ Quot(R)[Y ] = k(X)[Y ] irreduzibel ist. Wegen deg(f) = 2 ist dies aquivalent dazu, dassf keine Nullstellen in k(X) hat. Angenommen es existiert so ein α ∈ k(X) : 0 = f(α) = α2+X3

in k(X). Aus Beispiel 3.5 mit h := f , R = k[X] folgt α ∈ k[X] und damit −α2 = X3 in k[X],also 2 deg(α) = deg(X3) = 3 in Z. Widerspruch!

25

3. Der Satz von Gauß

26

4. Irreduzibilitatskriterien

Fixiere: R sei faktorieller Ring, Q := Quot(R).

4.1 Proposition. Sei 0 = f ∈ Q[X]. Es gelten:

i) ∃α ∈ Q∗ : f := αf ∈ R[X] ist primitiv

ii) Aquivalent sind:

a) f ∈ R[X] ist Primelement.

b) f ∈ Q[X] ist Primelement.

Beweis. i) ist gleich der Aussage 3.7 ii). Wegen α ∈ Q[X]∗ und 3.8 a) ⇔ b) folgt fur ii)

b) ⇔ f ∈ Q[X] prim ⇔ a)

4.2 Bemerkung. Proposition 4.1 fuhrt die Untersuchung von Irreduzibilitat vonQ[X] auf R[X]zuruck.

4.3 Satz. (Reduktionskriterium) Seien f =∑d

i=0 aiXi ∈ R[X] und p ∈ R ein Primele-

ment. Es gelte p ∤ ad und d > 0. Sei π : R[X] → (R/(p))[X] wie in Bemerkung 3.2. Ist dannπ(f) ∈ (R/(p))[X] irreduzibel, so auch f ∈ Q[X]. Ist f zusatzlich primitiv, so ist f ∈ R[X]irreduzibel.

Beweis. 1. Fall: Sei f primitiv und f ∈ R[X] reduzibel. Dann kann man schreiben f = gh inR[X] mit g, h ∈ (R[X])∗ = R∗. Wegen f primitiv gilt

deg(g), deg(h) > 0. (4.1)

Wegen p ∤ ad konnen die hochstens Koeffizienten von g und h nicht durch p teilbar sein, also

deg(π(g)) = deg(g), deg(π(h)) = deg(h)(4.1)> 0. (4.2)

Es folgt in (R/(p))[X] : π(f) = π(g)π(h) und wegen (4.2) gilt π(g), π(h) ∈ ((R/(p))[X])∗ =(R/(p))∗, also ist π(f) ∈ (R/(p))[X] reduzibel. Widerspruch!

2. Fall: Sei nun f ∈ R[X] mit p ∤ ad, d > 0 beliebig. Dann kann man schreiben f = cf inR[X] mit 0 = c ∈ R, f ∈ R[X] primitiv. Wegen p ∤ ad folgt p ∤ c in R und p teilt nicht denhochsten Koeffizienten von f . Also ist π(f) = π(c)π(f) in (R/(p))[X] und da π(f) irreduzibelfolgt π(f) ∈ (R/(p))[X] irreduzibel. Mit Fall 1 ist dann auch f ∈ R[X] irreduzibel und mit Satz3.8 (Satz von Gauß) ist f ∈ Q[X] irreduzibel. Wegen c ∈ Q∗ = (Q[X])∗ ist dann aber auchf = cf ∈ Q[X] irreduzibel.

4.4 Beispiel. Wahle in Satz 4.3 z.B.

i) Sei R = Z, p = 3, f = 2X ∈ R[X]. Dann ist π(f) = −X ∈ F3[X] offensichtlich irreduzibel,also ist 2X ∈ Quot(R)[X] = Q[X] irreduzibel, aber 2X ∈ Z[X] ist nicht irreduzibel (vgl.Beispiel 3.9). (Hier ist f nicht primitiv.)

27

4. Irreduzibilitatskriterien

ii) Sei R = Z, p = 2, f = 2X2 +X ∈ Z[X]. Dann ist π(f) = X ∈ F2[X] irreduzibel, aber esgilt Q[X] ∋ f = X(2X + 1) ist nicht irreduzibel. (Hier gilt p | ad.)

iii) Sei R = Z[Y ], p = Y, f = 2. Dann ist π(f) = 2 ∈ (R/(Y ))[X] (R/(Y ) ≃ Z) irreduzibel,aber f ∈ Q[X] = Quot(Z[Y ])[X] ist eine Einheit (denn Z ⊆ Z[Y ] ⇒ Q ⊆ Quot(Z[Y ])),also nicht irreduzibel. (Hier gilt d = 0.)

4.5 Korollar. (Eisensteinkriterium) Sei f = adXd + · · · + a1X + a0 ∈ R[X] ein primitives

Polynom vom Grad d > 0. Weiter sei p ∈ R ein Primelement mit

p ∤ ad, p | ai fur i < d, p2 ∤ a0. (4.3)

Dann ist f ∈ R[X] und damit nach Satz 3.8 (Satz von Gauß) auch f ∈ Q[X] irreduzibel.

Beweis. Angenommen, f sei reduzibel in R[X]. Dann gibt es eine Zerlegung f = gh in R[X] mit

deg(g), deg(h) > 0. (4.4)

Es folgt

ad︸︷︷︸=0

·Xd = π(f) = π(g)π(h) in (R/(p))[X] ⊆ Quot(R/(p))︸ ︷︷ ︸=: Q

[X]. (4.5)

Wegen ad := π(ad) ∈ Q∗ und X ∈ Q[X] Primelement folgt aus der Primfaktorzerlegung in Q[X]und (4.5) π(g) = αXa, π(h) = βXb mit α, β ∈ Q∗, a, b ≥ 0 und a+ b = d. Wegen p ∤ ad sind diehochsten Koeffizienten von g und h nicht durch p teilbar, also ist a = deg(π(g)) = deg(g) > 0nach (4.4) und ebenso b > 0. Damit sind die konstanten Terme α0 von g bzw. β0 von h durch pteilbar, da die konstanten Terme von π(g) und π(h) Null sind. Es folgt p2 | α0β0 = a0 in R imWiderspruch zu (4.3).

4.6 Beispiel.

i) ∀n ≥ 1 : MipoQ(α := n√2) = Xn − 2 =: f(X) ∈ Q[X]

Beweis. f(α) = 0 und f normiert sind klar. Zeige noch: f(X) ∈ Q[X] ist irreduzibel. Diesfolgt sofort aus Korollar 4.5 mit R = Z und p = 2. (

”f ist Eisenstein bzgl. 2.“)

ii) Seien k ein Korper und n ≥ 1. Dann ist f(X) := Xn − t ⊆ k(t)[X] irreduzibel.

Beweis. R := k[t] ist faktoriell mit Quot(R) = k(t) und p := t ∈ R ist ein Primelement.Die Bedingungen (4.3) in Korollar 4.5 sind erfullt und f ist primitiv, da normiert.

iii) Seien p eine Primzahl und ζp := e2πi/p ∈ C (p-te Einheitswurzel). Dann gilt

MipoQ(ζp) =Xp − 1

X − 1= Xp−1 +Xp−2 + · · ·+X + 1 =: f(X) ∈ Q[X]. (4.6)

Beweis. f ist normiert und erfullt

f(ζp) =ζpp − 1

ζp − 1=(e

2πip

·p − 1)

︸ ︷︷ ︸=0

/(e

2πip − 1

)︸ ︷︷ ︸

=0

= 0. (4.7)

28

Zeige noch, dass f ∈ Q[X] irreduzibel ist. Es existiert genau ein Q-Algebren-Homomorphis-mus σ : Q[X] → Q[X] mit σ(X) = X + 1 (und σ−1(X) = X − 1) und σ ist ein Automor-phismus. Es genugt zu zeigen, dass g = σ(f) ∈ Q[X] irreduzibel ist. Rechne:

g(X) = f(X + 1) =(X + 1)p − 1

(X + 1)− 1=

(X + 1)p − 1

X

=(Xp + pXp−1 + · · ·+ pX + 1)− 1

X

=

p∑i=1

(p

i

)Xi−1 = Xp−1 + pXp−2 + · · ·+ p ∈ Z[X] (4.8)

ist normiert. Um zu sehen, dass g Eisenstein bzgl. p ist, ist noch zu zeigen

∀1 ≤ i ≤ p− 1 : p |(p

i

). (4.9)

Es gilt(pi

)= p(p−1)·...·(p−i+1)

1·2·...·i und wegen p ∤ (p− 1), . . . , (p− i+ 1), 1, 2, . . . , i (i < p) folgtsogar νp

((pi

))= 1 und insbesondere dann (4.9).

iv) f(X) := X3 + 3X2 − 4X − 1 ∈ Q[X] ist irreduzibel.

Beweis. f ∈ Z[X] ist primitiv und modulo 3 gilt

π(f) =: f(X) = X3 −X − 1 ∈ F3[X]. (4.10)

Rechne f(0, 1,−1) = −1,−1,−1 = 0. Wegen deg(f) = 3 ist also f ∈ F3[X] irreduzibelund nach Satz 4.3 (Reduktionskriterium) folgt die Behauptung.

v) f(X,Y ) := X2Y +XY 2 −X − Y + 1 ∈ Q[X,Y ] ist irreduzibel.

Beweis. Schreibe f = a2X2+a1X+a0 ∈ (Q[Y ])[X] mit a2 = Y, a1 = (Y 2−1), a0 = −(Y −1)

(fasse f als Polynom in X auf). Dann ist f primitiv, da bereits a2, a0 ∈ R = Q[Y ]teilerfremd sind. p = Y − 1 ∈ R ist ein Primelement und es gelten

p ∤ a2 (klar), p | a1 = p(Y + 1), p | a0 = −p, p2 ∤ a0.

Die Behauptung folgt aus Korollar 4.5.

vi) f(X) := X4 + 3X3 +X2 − 2X + 1 ∈ Q[X] ist irreduzibel.

Beweis. f ∈ Z[X] ist normiert. Wegen Beispiel 3.5 und f(±1) = 4, 2 = 0 folgt (∗) f besitztkeinen Linearfaktor in Q[X]. Reduktion modulo 2 liefert f := π(f) = X4+X3+X2+1 ∈F2[X]. Offenbar gilt dann f(1) = 0 und Division liefert

f = (X + 1)(X3 +X + 1) in F2[X]. (4.11)

Beide Faktoren sind irreduzibel, da sie keine Nullstellen und Grad ≤ 3 haben, also ist(4.11) die Primfaktorzerlegung von f ∈ F2[X]. Ware nun f ∈ Q[X] reduzibel, so warewegen Satz 3.8 (Satz von Gauß) auch f ∈ Z[X] reduzibel und wegen (∗) musste geltenf = gh in Z[X] mit deg(g) = deg(h) = 2. Dann musste aber auch gelten f = g ·h in F2[X]mit deg(g), deg(h) ≤ 2 (wegen deg(f) = 4 also sogar deg(g) = deg(h) = 2). Wegen (4.11)besitzt aber f ∈ F2[X] bis auf Assoziiertheit genau die Teiler {1, X + 1, X3 + X + 1, f}und keines dieser Polynome besitzt Grad 2. Widerspruch!

29

4. Irreduzibilitatskriterien

vii) Seien p eine Primzahl und Fp(X) := (Xp − 1)/(X − 1) = Xp−1 + . . .+X + 1 ∈ Z[X] wiein iii). Fur r ≥ 1 setze n := pr und ζpr := exp

(2πin

). Ferner sei

Fpr(X) := Fp(Xpr−1

) ∈ Z[X]. (4.12)

Es folgt deg(Fpr) = (p− 1)pr−1 = φ(pr) mit der Euler’schen φ-Funktion. Dann gilt:

Fpr(X) = MipoQ(ζpr) (4.13)

Beweis. Wegen Xp − 1 = (X − 1)Fp(X) folgt durch Ersetzen von X durch Xpr−1:

Xpr−1 − 1 = (Xpr−1 − 1)Fpr(X) (4.14)

Wegen ζpr

pr = 1, aber ζpr−1

pr = 1 folgt Fpr(ζpr) = 0. Offenbar ist Fpr normiert. Zeige nochanalog zu iii), dass f(X) := Fpr(X +1) ∈ Z[X] Eisenstein bzgl. p ist. Mit Fpr(X) ist auchf(X) normiert und fur den konstanten Term gilt

f(0) = Fpr(1)(4.12)= Fp(1)

iii)= p.

Zeige noch, dass alle weiteren Koeffizienten von f durch p teilbar sind durch Rechnen inZ[X]/(p) ≃ Fp[X]:

f(X)def= Fpr(X + 1)

(4.12)= Fp((X + 1)p

r−1)(!)≡ Fp(X

pr−1+ 1) ≡ Xpr−1(p−1) mod p,

wobei die letzte Identitat aus iii) Fp(X + 1) ≡ Xp−1 folgt.

4.7 Bemerkung. Fur n,m ≥ 1 gilt(exp

(2πi

n

))m= 1 ⇔ n | m, (4.15)

d.h. ζn := exp(2πi/n) ∈ C∗ hat Ordnung n.

Beweis. Es gilt ζmn = exp(m · 2πi/n). Nach Analysis III erfullt der surjektive Homomorphismusexp : C → C, z 7→ ez die Beziehung

ker(exp) = 2πiZ ⊆ C, (4.16)

also gilt

ζmn = 1 ⇔ m

n∈ Z ⇔ n | m.

30

5. Algebraische Korpererweiterungen

5.1 Proposition & Definition.

i) Sei R ein Integritatsring. Dann gibt es genau ein p ∈ N ≥ 0 mit

ker(Z φ−−−→ R) = (p). (5.1)

Hier ist φ der eindeutige Ringhomomorphismus charakterisiert durch n 7→ n · 1, wobein · 1 = 1 + . . .+ 1 (n-mal) fur n ∈ N und (−n) · 1 = n · (−1). Es gilt p = 0 oder p > 0 isteine Primzahl. In diesem Fall heißt p die Charakteristik von R, in Zeichen char(R) = p.Falls char(R) > 0 gilt

char(R) = min{k ∈ N\{0} | k · 1 = 0}. (5.2)

ii) Sei k = R in i) ein Korper. Dann existiert genau ein kleinster Teilkorper Q ⊆ k und es gilt

Q ≃

{Q , falls char(k) = 0

Fp , falls char(k) = p > 0. (5.3)

Q ⊆ k heißt der Primkorper von k.

Beweis.

i) φ induziert aufgrund des Homomorphiesatzes 1.15 einen Monomorphismus Z/(p) ↪→ R,also ist auch Z/(p) ein Integritatsring. Nach LA2 ist dann p = 0 oder p > 0 eine Primzahl.

ii) Ist in i) R = k ein Korper, so erhalte einen Ringhomomorphismus:

Z/(p) �� /� u

'PPPPP

PPPPPP

P R = k

Q = Quot(Z/(p))) ∃!

7nnnnnnnnnnnnn

Es ist klar, dass Q ≃ Quot(Z/(p)) ⊆ k der kleinste Teilkorper ist und man erhalt fur

p = 0 : Q ≃ Quot(Z/(p)︸ ︷︷ ︸≃Z

) ≃ Q

p > 0 : Q ≃ Quot(Z/(p)︸ ︷︷ ︸≃Fp

) ≃ Fp

5.2 Definition & Beispiel. Eine Korpererweiterung ist ein Ringhomomorphismus k ↪→ E,bei dem k und E Korper sind. Es folgt

char(k) = char(E), (5.4)

denn k ↪→ E ist injektiv.k � � / E

__@@@@@@@@ ψ

>>}}}}}}}}

⇒ ker(φ) = ker(ψ)

31

5. Algebraische Korpererweiterungen

Bemerkung. Fur den Ringhomomorphismus von Integritatsringen Z → Fp gilt

char(Z) = 0 = p = char(Fp).

5.3 Proposition & Definition. Sei k ein Korper mit char(k) = p > 0. Dann gelten

i) ∀x, y ∈ k, n ≥ 1 :

(x+ y)pn= xp

n+ yp

nin k (5.5)

ii) Die Abbildung Frobk : k ↪→ k,Frobk(x) = xp ist ein injektiver Ringhomomorphismus, derFrobenius von k.

iii) Falls k endlich, ist Frobk : k∼−−→ k ein Isomorphismus.

iv)

Frobk = idk ⇔ k = Fp (5.6)

Beweis.

i) ist bekannt aus LA

ii) Klar sind Frobk(0) = 0 und Frobk(1) = 1. Weiterhin gelten

Frobk(xy) = Frobk(x)Frobk(y) (5.7)

und Frobk(x+ y) = Frobk(x) + Frobk(y). (5.8)

Zweiteres folgt aus i) mit n = 1. Damit ist Frobk : k → k ein Ringhomomorphismus undwegen k Korper folgt

Frobk(x) = xp = 0 ⇒ x = 0,

d.h. Frobk ist injektiv.

iii) Jede injektive Selbstabbildung (wie z.B. Frobk) einer endlichen Menge (wie z.B. k) istsurjektiv (vgl. die axiomatische Definition einer endlichen Menge).

iv)”⇐“: Fur alle x ∈ Fp gilt FrobFp(x)− x = x(xp−1 − 1) = 0 (klar fur x = 0 und fur x ∈ F∗

p

gilt xp−1 = 1 nach Korollar 1.26 ii)).

”⇒“: char(k) = p⇒ Fp ⊆ k Primkorper

Fur alle x ∈ k gilt 0 = Frobk(x) − x = xp − x und das Polynom T p − T ∈ Fp(T ) hathochstens p Nullstellen in k. Jedes x ∈ Fp ⊆ k ist aber eine Nullstelle nach Beweis von

”⇐“, also gilt k ⊆ Fp.

Bemerkung und Definition. Sei k ⊆ E eine Korpererweiterung. Dann ist E insbesondere einek-Algebra und insbesondere ein k-Vektorraum. Ein α ∈ E heißt algebraisch uber k genau dannwenn ein f ∈ k[X] mit f = 0 und f(α) = 0 in E existiert, sonst heißt α transzendent uberk. In diesem Fall ist Mipok(α) ∈ k[X] definiert und ist das eindeutige normierte, irreduziblePolynom in k[X], das α annulliert. Ein Korper K mit k ⊆ K ⊆ E heißt Zwischenkorper derKorpererweiterung k ⊆ E.

32

5.4 Definition. Sei k ⊆ E eine Korpererweiterung. Dann heißt

[E : k] := dimk(E) ∈ (N\{0}) ∪ {∞} (5.9)

der Grad von E uber k. Schreibe E/k fur”E uber k“.

5.5 Satz. (Gradsatz) Sind k ⊆ K ⊆ E Korpererweiterungen, so gilt

[E : k] = [E : K] · [K : k]. (5.10)

Beweis. 1. Fall: Gelte

[E : K], [K : k] <∞. (5.11)

Dann folgt E ≃ K [E:K] als K-Vektorraum und K ≃ k[K:k] als k-Vektorraum, also als k-Vektorraum:

E ≃ K [E:K] ≃ (k[K:k])E:K ≃ k[K:k]·[E:K] (5.12)

2. Fall: Falls (5.11) nicht gilt, so existiert eine unendliche Menge X mit (X ⊆ E ist K-linearunabhangig) oder (X ⊆ K ist k-linear unabhangig). In beiden Fallen ist X ⊆ E k-linear un-abhangig, also gilt [E : k] = ∞.

5.6 Korollar. Sind k ⊆ K ⊆ E Korpererweiterungen und [E : k] eine Primzahl, so folgt E = Koder K = k.

5.7 Beispiel.

i) Seien k ein Korper, f ∈ k[X] irreduzibel und n := deg(f). Dann ist k ⊆ E := k[X]/(f)eine Korpererweiterung mit [E : k] = n. Das Element α := (X + (f)) ∈ E erfullt f(α) = 0in E. (Sprechweise:

”E = k(α) entsteht aus k durch Adjunktion der Nullstelle α von f .“)

ii) R ⊆ C und Q ⊆ Q(√2) := Q[X]/(X2 − 2) sind Korpererweiterungen von Grad 2.

Beachte: Es existieren zwei Q-Algebren-Homomorphismen Q[X]/(X2 − 2) ↪→ R, namlichX 7→

√2 und X 7→ −

√2.

iii) Sei k ein Korper. Dann ist [k(t) : k] = ∞, da k ⊆ k[t] ⊆ k(t) k-UVR und dimk k[t] = ∞.

iv) [R : Q] = ∞

Beweis. Jede endliche Erweiterung von Q ist eine abzahlbare Menge. (!)

Alternativ/Ausfuhrlicher: Seien n ≥ 1 und α ∈ R : αn = 2 (Existenz von α folgt ausZwischenwertsatz). Schreibe

Q ⊆ Q[α] ⊆ R (5.13)

fur die von α erzeugte Q-Unteralgebra von R. Wegen MipoQ(α) = Xn − 2 (vgl. 4.6 i)) istQ[α] ≃ Q[X]/(Xn− 2) = Q(α) ein Korper mit [Q(α) : Q] = n (vgl. 5.7 i)). Aus (5.13) undSatz 5.5 folgt n | [R : Q], wegen n beliebig also [R : Q] = ∞.

5.8 Definition. Eine Korpererweiterung k ⊆ E heißt algebraisch genau dann, wenn fur alleα ∈ E α algebraisch ist uber k.

33

5. Algebraische Korpererweiterungen

Beispiel. Die Korpererweiterung k ⊆ k(t) ist nicht algebraisch, aber α := 0 ∈ k(t) ist algebraischuber k.

5.9 Bemerkung & Definition. Seien k ⊆ E eine Korpererweiterung und α ∈ E. Erhalte k-Algebren k ⊆ k[α] ⊆ E. Es ist α genau dann algebraisch uber k, wenn k[α] ein Korper ist,also

k[α] ≃ k[X]/(Mipok(α)) = k(α) (5.14)

und [α : k] := [k(α) : k] heißt der Grad von α uber k. Ist α transzendent uber k, so ist derEinsetzungshomomorphismus k[X]

∼−−→ k[α], X 7→ α ein k-Algebren-Isomorphismus.

Beweis. siehe Ubungen

5.10 Satz. Jede endliche Korpererweiterung ist algebraisch.

Beweis. siehe LA2 (Cayley-Hamilton, 1, α, α2, . . . ∈ E k-linear abhangig)

5.11 Proposition & Definition. Sei k ein Korper.

i) Fur n ≥ 2 definiere k[X1, . . . , Xn] := (k[X1, . . . , Xn−1])[Xn] den Polynomring in den Va-riablen X1, . . . , Xn uber k. Dann ist fur jede kommutative k-Algebra A die Abbildungvon Mengen Homk-Alg(k[X1, . . . , Xn], A)

∼−−→ An, φ 7→ (φ(Xi))1≤i≤n bijektiv (universelleEigenschaft der k-Algebra k[X1, . . . , Xn]).

ii) Sei k ⊆ E eine Korpererweiterung und X ⊆ E eine Teilmenge. Dann ist

k(X) =∩

k⊆K⊆E ZKmit X⊆K

K (5.15)

der kleinste Zwischenkorper von k ⊆ E, der X enthalt.

iii) Gilt in ii) X = {α1, . . . , αn} (d.h. X ist endlich), so folgt

k(α1, . . . , αn) = k({α1, . . . , αn}) = Quot(k[α1, . . . , αn]), (5.16)

wobei k[α1, . . . , αn] := im(k[X1, . . . , Xn]φ−−→ E) und φ der nach i) eindeutige kAlgebren-

Homomorphismus mit φ(Xi) = αi fur 1 ≤ i ≤ n ist.

iv) Eine Korpererweiterung k ⊆ E heißt endlich erzeugt genau dann, wenn {α1, . . . , αn} ⊆ Eendlich existieren mit E = k(α1, . . . , αn).

v) Eine Korpererweiterung k ⊆ E heißt einfach genau dann, wenn es ein α ∈ E gibt mitE = k(α), d.h. wenn E von einem Element erzeugt wird.

Beweis.

i) Die universelle Eigenschaft folgt durch Induktion aus dem bekannten Fall n = 1.

ii) + iii) siehe Ubungen

5.12 Satz. Seien k ⊆ E = k(α1, . . . , αn) eine endlich erzeugte Korpererweiterung und αi fur1 ≤ i ≤ n uber k algebraisch. Dann gelten:

i) E = k(α1, . . . , αn) = k[α1, . . . , αn]

ii) E ist endliche also insbesondere algebraische Korpererweiterung von k, d.h. [E : k] <∞.

34

Beweis. Wir schließen mit Induktion nach n ≥ 1.

n = 1: Bemerkung 5.9

n > 1: Nach Induktionsvoraussetzung ist k ⊆ E′ := k[α1, . . . , αn−1] eine endliche Korpererweiterung.αn ist algebraisch uber k, also insbesondere algebraisch uber E′. Nach Bemerkung 5.9 istE′ ⊆ E′[αn] eine endliche Korpererweiterung und nach Satz 5.5 folgt mit k ⊆ E′ ⊆E′[αn]: k ⊆ E′[αn] = k[α1, . . . , αn−1] ist endliche Korpererweiterung. Insbesondere istk[α1, . . . , αn] ein Korper, also E = k(α1, . . . , αn) = k[α1, . . . , αn]. Es folgen i) und ii).

5.13 Beispiel. Fur jedes n ≥ 1 ist cos(πn) ∈ R algebraisch uber Q.

Beweis. Nach der Formel von Euler gilt

cos(πn

)=

1

2

(e

πin + e−

πin

), (5.17)

denn fur alle x ∈ R ist eix = cosx + i sinx. Dann ist α := eπin = ζ2n algebraisch uber Q wegen

α2n = 1 und Bemerkung 4.7. Nach Satz 5.12 ii) gilt also [Q(α) : Q] < ∞ und damit ist nachSatz 5.10 Q(α)/Q algebraisch. Nach Definition 5.8 bedeutet dies, dass jedes Element von Q(α)algebraisch uber Q ist, also insbesondere auch cos(πn) =

12(α+ α−1) ∈ Q(α).

Problem: Bestimme explizit 0 = f ∈ Q[X] : f(cos(πn)) = 0.

5.14 Proposition. Sei k ⊆ E eine Korpererweiterung.

i) Aquivalent sind:

a) E/k ist endlich.

b) E/k ist endlich erzeugt und algebraisch.

ii) Aquivalent sind:

c) E/k ist algebraisch.

d) ∃X ⊆ E : E = k(X) und ∀x ∈ X : x ist algebraisch uber k, d.h. E wird uber k vonalgebraischen Elementen erzeugt.

Beweis.

a) ⇒ b): Klar ist a) ⇒ E/k endlich erzeugt, a) ⇒ E/k algebraisch gilt nach Satz 5.10.

b) ⇒ a): Satz 5.12 ii)

c) ⇒ d): Wahle X = E.

d) ⇒ c): Sei I := {X ′ | X ′ ⊆ X endlich}. Dann ist

E = k(X) =∪X′∈I

k(X ′). (5.18)

Sei nun α ∈ E. Dann gibt es wegen (5.18) ein X ′ ∈ I mit α ∈ k(X ′). Nach Satz 5.12 istk ⊆ k(X ′) endlich und nach Satz 5.10 α ∈ k(X ′) algebraisch uber k. Wegen α ∈ E beliebigfolgt E/k algebraisch.

35

5. Algebraische Korpererweiterungen

5.15 Satz. (Transitivitat der Algebraizitat) Seien k ⊆ K ⊆ E Korpererweiterungen. Danngelten:

i) Ist α ∈ E algebraisch uber K und ist K/k algebraisch, dann ist α algebraisch uber k.

ii) Die Erweiterung E/k ist genau dann algebraisch, wenn K/k und E/K algebraisch sind.

Beweis. Sei MipoK(α) = Xn + cn−1Xn−1 + . . . + c0. Dann ist α bereits uber dem Teilkorper

K ′ = k(c0, . . . , cn−1) ⊆ K algebraisch und es folgt [K ′(α) : K ′] < ∞ und damit nach Satz 5.12ii) [K ′ : k] < ∞. Dann folgt aber wiederum mit Satz 5.5 (Gradsatz), dass [K ′(α) : k] < ∞ undmit Satz 5.10 ist α damit algebraisch uber k, d.h. es gilt i). ii) folgt aus i) angewandt auf alleα ∈ E.

5.16 Beispiel. Es sindQ ⊆ QC:= {α ∈ C | α ist algebraisch uberQ} ⊆ CKorpererweiterungen.

Wegen Proposition 5.14 d) ⇒ c) ist QC/Q algebraisch. Nach dem Beweis von Beispiel 5.7 iv)

gilt [QC: Q] = ∞ (Nebenbemerkung: Q( n

√2) ⊆ QC

). Also ist wegen Proposition 5.14 b) ⇒ a)

QC/Q nicht endlich erzeugt.

36

6. Der algebraische Abschluss eines Korpers

6.1 Proposition & Definition. Fur einen Korper k sind aquivalent:

i) Jedes f ∈ k[X] mit deg(f) ≥ 1 besitzt eine Nullstelle in k.

ii) Jedes irreduzible f ∈ k[X] ist linear.

iii) Jedes f ∈ k[X] ist ein Produkt linearer Polynome (zerfallt in Linearfaktoren).

iv) Fur alle algebraischen Korpererweiterungen E/k gilt E = k.

Gelten i) – iv), so heißt k algebraisch abgeschlossen.

Beweis. i) ⇒ ii) ⇒ iii) sind klar.

iii) ⇒ iv) Seien α ∈ E und f = Mipok(α). Wegen f irreduzibel folgt aus iii) deg(f) = 1, also α ∈ k.

iv) ⇒ i) Sei f ∈ k[X] mit deg(f) ≥ 1.

⇒ ∃g ∈ k[X] irreduzibel : g | f (6.1)

Nach Beispiel 5.7 ist k ⊆ E := k[X]/(g) eine endliche (und damit algebraische) Korper-erweiterung und offenbar ist α := (X+(g)) ∈ E eine Nullstelle von g. Nach iv) gilt k = E,also besitzt g (wegen (6.11) also auch f) eine Nullstelle in k.

6.2 Proposition & Definition. Seien X eine Menge und fur jede endliche Teilmenge X ′ ={X1, . . . , Xn} ⊆ X sei k[X ′] := k[X1, . . . , Xn]. Dann heißt

k[X ] :=∪

X ′⊆Xendlich

k[X ′] (6.2)

der Polynomring in den Variablen X uber k. Er besitzt folgende universelle Eigenschaft: Furjede kommutative k-Algebra A ist die Abbildung von Mengen

Homk-Alg(k[X ], A)∼−−→ AX := Abb(X , A), φ 7→ (x 7→ φ(x)) (6.3)

mit x ∈ X bijektiv.

Beweis. Wegen (6.2) ist folgende Abbildung bijektiv:

Homk-Alg(k[X ], A)∼−−→{(φX ′)X ′⊆X

endlich

∣∣ φX ′ ∈ Homk-Alg(k[X′], A);

∀X ′ ⊆ X ′′ ⊆ X endlich: φX ′′ |k[X ′] = φX ′

}(6.4)

Wegen Proposition 5.1 ist folgende Abbildung bijektiv:

Homk-Alg(k[X ], A)∼−−→{(fX ′)X ′⊆X

endlich

∣∣ fX ′ : X ′ → A;

∀X ′ ⊆ X ′′ ⊆ X endlich: fX ′′ |X ′ = fX ′

}=: Σ

(6.5)

Es ist klar, dass die Abbildung Abb(X , A)∼−−→ Σ, f 7→ (fX ′ := f |X ′)X ′⊆X endlich bijektiv

ist und man pruft, dass die resultierende Bijektion Homk-Alg(k[X ], A)∼−−→ Abb(X , A) wie

angegeben ist.

37

6. Der algebraische Abschluss eines Korpers

6.3 Das Lemma von Zorn.

6.3.1 Definition. Eine teilweise geordnete Menge ist ein Tupel (M,≤), wobei M eineMenge und ≤ eine Relation auf M sind, so dass fur alle x, y, z ∈M gelten:

i) x ≤ x

ii) x ≤ y und y ≤ z ⇒ x ≤ z

iii) x ≤ y und y ≤ x ⇒ x = y

(M,≤) heißt total geordnet :⇔ ∀x, y ∈ M : x ≤ y oder y ≤ x. x ∈ M heißt maximalesElement :⇔ ∀y ∈ M : x ≤ y ⇒ x = y. Fur eine Teilmenge N ⊆ M heißt x ∈ M obereSchranke fur N :⇔ ∀y ∈ N : y ≤ x.

6.3.2 Beispiel. Seien R ein kommutativer Ring, M := {I | I ⊊ R Ideal} und I ≤ J :⇔ I ⊆ J .Dann ist (M,≤) teilweise geordnet, aber im Allgemeinen nicht total geordnet. Beispielsweise istfur R = Z, (2), (3) ∈M weder (2) ≤ (3) noch (3) ≤ (2).

6.3.3 Satz. (Zorn’sches Lemma) Sei (M,≤) eine teilweise geordnete Menge M = ∅ und jedetotal geordnete Teilmenge N ⊆M besitze eine obere Schranke. Dann besitzt M ein maximalesElement.

Beweis. Ohne Beweis. Die Aussage ist aquivalent zum Auswahlaxiom.

6.3.4 Beispiel. Sei (M,≤) wie in 6.3.2 fur R = {0}. Dann ist {0} ∈M , alsoM = ∅. Sei N ⊆Mtotal geordnet. Dann ist J =

∪I∈N I ⊊ R ein Ideal. (⇒ J ∈M ist obere Schranke fur N)

Beweis. Rechne zuerst die Ideal-Eigenschaften nach.

1) Sei x ∈ J, a ∈ R. Dann gibt es I ∈ N mit x ∈ I und es folgt ax ∈ I.

2) Seien x, y ∈ J . Dann gibt es I1, I2 ∈ N mit x ∈ I1, y ∈ I2. Wegen N total geordnet giltI1 ≤ I2 oder I2 ≤ I1. Nach evtl. Vertauschen von x, y sei ohne Einschrankung I1 ≤ I2.Dann ist x, y ∈ I2, also x+ y ∈ I2 ⊆ J .

Also ist J ⊆ R ein Ideal. Ware J = R, dann ist 1 ∈ J =∪I∈N I. Also gibt es ein I ∈ N mit

1 ∈ I und damit I = R. Widerspruch zu J ⊊ R. Damit erfullt (M,≤) alle Voraussetzungen vonSatz 6.3.3 und es folgt

6.3.5 Satz. Sei R = {0} ein kommutativer Ring. Dann besitzt R ein maximales Ideal �m .

6.4 Satz & Definition. Sei k ein Korper. Dann existiert eine algebraische Korpererweiterungk ⊆ k mit k algebraisch abgeschlossen. Jedes solche k heißt ein algebraischer Abschlussvon k.

Bemerkung. Die Notation wird spater durch Satz 6.7 gerechtfertigt.

Beweis. Setze I := {f ∈ k[X] | deg(f) ≥ 1}, X := {Xf | f ∈ I} und betrachte das IdealJ := (f(Xf ) | f ∈ I} ⊆ k[X ]. Behauptung: J = k[X ]. Angenommen es ware J = k[X ]. Danngilt 1 ∈ J , d.h.

1 =

n∑i=1

gi · fi(Xfi) (6.6)

38

mit n ≥ 1, gi ∈ k[X ] und fi ∈ I geeignet. Aus Beispiel 5.7 i) induktiv angewandt auf alleirreduziblen Teiler von f1, . . . , fn folgt die Existenz einer endlichen Korpererweiterung k ⊆ Kund α1, . . . , αn ∈ K, fur die gilt:

fi(αi) = 0 ∀1 ≤ i ≤ n (6.7)

Wegen Proposition 6.2 existiert ein k-Algebren-Homomorphismus Φ : k[X ] → K mit

Φ(Xfi) = αi ∀1 ≤ i ≤ n (6.8)

und es folgt in K:

1 = Φ(1)(6.6)=

n∑i=1

Φ(gi)Φ(fi(Xfi)) =

n∑i=1

Φ(gi)fi(Φ(Xfi))

(6.7)=

n∑i=1

Φ(gi)fi(αi))(6.8)= 0 (6.9)

Widerspruch und es folgt die Behauptung. Wegen der Behauptung ist k[X ]/J = {0} und wegenSatz 6.3.5 existiert damit ein maximales Ideal �m ⊆ k[X ]/J . Erhalte eine Korpererweiterungk ⊆ α(k) als Komposition

α : k ↪→ k[X ] ↠ k[X ]/J ↠ (k[X ]/J)/�m . (6.10)

Wir haben gezeigt: Ist k ein Korper, dann gibt es eine algebraische Korpererweiterung α(k),so dass jedes nicht-konstante f ∈ k[X] eine Nullstelle in α(k) besitzt. Betrachte nun denKorperturm

k ⊆ α(k) ⊆ α(α(k)) =: α2(k) ⊆ · · · ⊆ k :=∪n≥1

α(n)(k). (6.11)

Zeige noch:

i) k/k ist algebraisch.

ii) k ist algebraisch abgeschlossen.

Wegen α(k) algebraisch, ist fur alle n ≥ 1 α(n)(k)/α(n−1)(k) algebraisch (setze α(0)(k) = k).Induktiv folgt aus Satz 5.15, dass α(n)(k)/k fur alle n ≥ 0. Es folgt i), da jedes Element vonk in einem α(n)(k) liegt. Sei nun f ∈ k[X] nicht-konstant. Da f nur endlich viele Koeffizientenhat, folgt aus (6.11) die Existenz eines n = 0, sodass f ∈ α(n)(k)[X]. Also hat f eine Nullstellein α(n+1)(k) ⊆ k und ii) folgt aus Proposition 6.1.

6.5 Notation & Bemerkung. Sei σ : K → L ein Korperhomomorphismus. Schreibe fur allef =

∑aiX

i ∈ k[X]:

fσ :=∑

σ(ai)Xi ∈ L[X] (6.12)

Dann gilt fur alle α ∈ k:

σ(f(α)) = σ(∑

aiαi) =

∑σ(ai)σ(α)

i = fσ(σ(α)) (6.13)

Insbesondere folgt fur alle α ∈ k: f(α) = 0 ⇒ fσ(σ(α)) = 0

39

6. Der algebraische Abschluss eines Korpers

6.6 Lemma. Seien k ein Korper, k ⊆ k(α) eine einfache, algebraische Korpererweiterung, f :=Mipok(α) ∈ k[X] und σ : k ↪→ L eine Korpererweiterung. Dann ist die Abbildung

Homk-Alg(k(α), L)∼−−→ {β ∈ L | f(β) = 0}, σ′ 7→ σ′(α) (6.14)

wohldefiniert und bijektiv. Insbesondere gilt

|Homk-Alg(k(α), L)| ≤ [k(α) : k]. (6.15)

Beweis. Die erste Aussage folgt aus den universellen Eigenschaften von k ↪→ k[X] und k[X] ↠k[X]/(f) ≃ k(α). Die zweite Aussage folgt aus

deg(fσ) = deg(f) = [k(α) : k]. (6.16)

6.7 Satz & Definition. Seien k ⊆ k′ eine algebraische Korpererweiterung und σ : k ↪→ L = Leine Korpererweiterung und L algebraisch abgeschlossen. Dann existiert eine Fortsetzung von σ(:= ein k-Algebren-Homomorphismus σ′ : k′ → L). Sind zusatzlich k′ algebraisch abgeschlossenund L algebraisch uber σ(k) ⊆ L, so ist jedes solche σ′ ein Isomorphismus.

Beweis. Betrachte

M := {(K, τ) | k ⊆ K ⊆ k′ Zwischenkorper und τ : K → L eine Fortsetzung von σ}. (6.17)

Wegen (k, σ) ∈M = ∅ setze fur alle (K, τ), (K ′, τ ′) ∈M

(K, τ) ≤ (K ′, τ ′) :⇔ K = K ′ und τ ′∣∣K

= τ. (6.18)

Dann ist (M,≤) eine teilweise geordnete Menge und jede total geordnete Teilmenge von Mbesitzt eine obere Schranke in M . Wegen Satz 6.3.3 existiert ein maximales Element (K,σ′) ∈M . Zeige nun, dass K = k′. Angenommen K ⊊ k′, wahle α ∈ k′\K. Wegen L = L besitztMipoK(α) ∈ K[X] ⊆ L[X] eine Nullstelle in L. Nach Lemma 6.6 besitzt σ′ : K ↪→ L eineFortsetzung σ′′ : K(α) ↪→ L. Wegen σ′′|k = σ′|k = σ ist (K(α), σ′′) ∈M , was wegen K ⊊ K(α)der Maximalitat von (K,σ′) ∈ M widerspricht. Damit ist σ′ : k′ ↪→ L eine Fortsetzung von σ.Seien nun zusatzlich k′ algebraisch abgeschlossen und L/σ(k) algebraisch. Dann ist auch L/σ′(k′)algebraisch, da σ′(k′) ⊇ σ(k). Wegen σ′(k′) ≃ k′ algebraisch abgeschlossen und Proposition 6.1iv) ist also L = σ′(k′), d.h. σ′ : k′ ↠ L ist surjektiv, also ein Isomorphismus.

6.8 Korollar. Seien k ein Korper und k ⊆ ki fur i = 1, 2 algebraische Abschlusse von k. Dannexistiert ein k-Algebren-Homomorphismus k1

∼−−→ k2 und jeder solche ist ein Isomorphismus.

Beweis. Behauptung folgt mit Satz 6.7 mit k′ := k1, L := k2 und σ : k ↪→ k2 wie angegeben.

40

7. Zerfallungskorper

Fixiere: k Korper, F ⊆ {f ∈ k[X] | deg(f) ≥ 1} = ∅ und schreibe k-Homomorphismus furk-Algebren-Homomorphismus.

7.1 Definition. Ein Zerfallungskorper von F (uber k) ist eine Korpererweiterung k ⊆ E,fur die gilt

i) ∀f ∈ F :

f = αn∏i=1

(X − αi) in E[X] (7.1)

mit n ≥ 1, α, αi ∈ E geeignet, d.h. f zerfallt uber E in Linearfaktoren.

ii) E/k wird von den Nullstellen der f ∈ F erzeugt:

E = k(α | α ∈ E und ∃f ∈ F : f(α) = 0) (7.2)

7.2 Beispiel. Wahle k = Q, F = {f} mit f = X3 − 2 ∈ Q[X] und k = Q ⊆ E := Q(α) mitα3 = 2 (vgl. Beispiel 5.7). Dann hat f eine Nullstelle in E (namlich α) und in E[X] gilt

f = (X − α)(X2 + αX + α2︸ ︷︷ ︸=: g

). (7.3)

Hatte f eine weitere Nullstelle β = α in E, folgte (β/α)3 = 2/2 = 1, also 1 = ζ := β/α ∈ E :ζ3 = 1. Nach Beispiel 4.6 iii) gilt MipoQ(ζ) = X2 + X + 1, also [Q(ζ) : Q] = 2. Wegen ζ ∈ Eerhalte einen Korperturm Q ⊆ Q(ζ) ⊆ E, fur den gemaß der Gradformel 5.5 gelten wurde

3 = [E : Q] = [E : Q(ζ)] · [Q(ζ) : Q] = [E : Q(ζ)] · 2, (7.4)

was wegen 2 ∤ 3 ein Widerspruch ist. Daher ist (7.3) die Primfaktorzerlegung von f in E[X],denn g ∈ E[X] ist irreduzibel, da sonst ein β ∈ E existieren wurde mit g(β) = 0, also auchf(β) = 0 sprich β = α. Es gilt jedoch

g(α) = 3α2(= f ′(α)) = 0. (7.5)

Insbesondere zerfallt f uber E nicht in Linearfaktoren, d.h. E ist kein Zerfallungskorper von fbzw. {f}.

7.3 Satz. (Existenz und Eindeutigkeit von Zerfallungskorpern)

i) Es existiert ein Zerfallungskorper k ⊆ E von F .

ii) Seien k ⊆ E1, k ⊆ E2 Zerfallungskorper von F und σ : E1 ↪→ E2 ein k-Homomorphismus.Dann gilt σ(E1) = E2, also

σ : E1≃−−→ E2 ↪→ E2 (7.6)

iii) Sind Ei/k Zerfallungskorper von F fur i = 1, 2, dann existiert ein k-IsomorphismusE1

∼−−→ E2.

41

7. Zerfallungskorper

Beweis.

i) Wahle den algebraischen Abschluss k ⊆ k (vgl. Satz 6.4) und setze E := k(α | α ∈ k und∃f ∈ F : f(α) = 0). Wegen Proposition 6.1 i) ist dann E/k ein Zerfallungskorper von F .

ii) Wegen Ei/k Zerfallungskorper von F gilt mit Ni := {α ∈ Ei | ∃f ∈ F : f(α) = 0} und σk-Homomorphisms:

Ei = k(Ni) (7.7)

σ(E1) = k(σ(N1)) (7.8)

Behauptung:

σ(N1) ⊆ N2 (7.9)

Sei α ∈ N1, dann gibt es ein f ∈ F mit f(α) = 0. Da fσ = f wegen f ∈ k[X] undσ|k = idk, gilt

0 = σ(0) = σ(f(α)) = fσ(σ(α)) = f((α)). (7.10)

Also ist (α) ∈ N2 und es folgt k ⊆ σ(E1)(7.8)= k(σ(N1))

(7.9)

⊆ k(N2)(7.7)= E2 und da sowohl

σ(E1)/k als auch E2/k Zerfallungskorper von F sind, gilt sogar σ(E1) = E2.

iii) Nach Satz 6.7 mit k′ := E1 und L := E2 existiert σ (σ′ in 6.7) wie in ii). Nebenbemerkung:

E/k Zerfallungskorper ⇒ E/k algebraisch (7.11)

7.4 Satz & Definition. Fur eine algebraische Korpererweiterung k ⊆ E sind aquivalent:

i) Jeder k-Homomorphismus σ : E → E erfullt σ(E) = E.

ii) ∃F ⊆ {f ∈ k[X] | deg(f) ≥ 1} = ∅ : E/k ist Zerfallungskorper von F .

iii) Jedes irreduzible f ∈ k[X], welches eine Nullstelle α ∈ E besitzt (d.h. f(α) = 0), zerfalltuber E vollstandig in Linearfaktoren.

In diesem Fall heißt E/k normal.

Beweis.

i) ⇒ iii): Da f uber E in Linearfaktoren zerfallt, zeige nur: Fur β ∈ E mit f(β) = 0 ist β ∈ E.Wegen f irreduzibel und ohne Einschrankung normiert ist f = Mipok(α) = Mipok(β) undwegen Beispiel 5.7 i) gibt es dann einen k-Isomorphismus φ : k(α)

∼−−→ k(β), φ(α) = β.Betrachte das Diagramm

k(α) ∼φ //

� _

k(β) ��incl. / E

E

∃σ (Satz 6.7)

66lllllllll

.

Es folgt β = φ(α) = σ(α) ∈ σ(E)i)= E.

iii) ⇒ ii): Setze F := {f ∈ k[X] | f irreduzibel und ∃α ∈ E : f(α) = 0}. Zeige dann, dassE/k Zerfallungskorper von F ist, d.h. es gelten 7.1 i) und ii).

42

i) Sei f ∈ F . Dann gibt es per Definition ein α ∈ E mit f(α) = 0. Nach iii) zerfallt fdann in Linearfaktoren uber E.

ii) Wegen E/k algebraisch gilt: ∀α ∈ E ist f := Mipok(α) ∈ F und f(α) = 0. Also wirdE/k von allen Nullstellen aller f ∈ F erzeugt.

ii) ⇒ i): Es sind E ⊆ E und σ(E) ⊆ E Zerfallungskorper von F , also E = σ(E) (vgl. Beweisvon Satz 7.3 ii)).

7.5 Beispiel. Wegen Beispiel 7.2 und Satz 7.4 iii) ist die algebraische Korpererweiterung E =Q( 3

√2)/k mit k = Q nicht normal, denn das irreduzible Polynom X3 − 2 ∈ k[X] besitzt in E

eine Nullstelle, zerfallt aber uber E nicht in Linearfaktoren.

7.6 Proposition. Sei k ⊆ E = E eine algebraische Korpererweiterung mit E algebraisch ab-geschlossen (d.h. E ist ein algebraischer Abschluss von k). Dann ist E/k normal.

Beweis. Behauptung folgt aus Satz 7.4 iii) und Proposition 6.1 iii).

7.7 Beispiel.

i) Sei k ⊆ E eine Korpererweiterung mit [E : k] = 2. Dann ist E/k normal.

ii) Seien k ⊆ K ⊆ E algebraische Korpererweiterungen mit E/k normal. Dann ist E/Knormal, im Allgemeinen jedoch nicht K/k wegen k ⊆ E ⊆ k.

Beweis.

i) Prufe Satz 7.4 iii): Sei f ∈ k[X] irreduzibel mit ∃α ∈ E mit f(α) = 0. Wegen [E : k] = 2folgt mit der Gradformel deg(f) = [k(α) : k] ∈ {1, 2}. Der Fall deg(f) = 1 ist trivial. Seideg(f) = 2 und ohne Einschrankung f normiert. Mit f(X) = X2 + aX + b und a, b ∈ kgilt in E[X] : f(X) = (X − α)(X − (−α− a)).

ii) ist klar nach Satz 7.4 ii).

7.8 Beispiel. In dem Korperturm k := Q ⊆ K := Q(√2) ⊆ E := Q( 4

√2) (K ⊆ E, da

[( 4√2)2]2 = 2, also ( 4

√2)2 =

√2) sind beide Erweiterungen vom Grad 2 (=: quadratisch) und da-

mit insbesondere normal, aber E/k ist nicht normal. (”normal ist nicht transitiv“, vgl. Satz 5.15)

Beweis. X2 − 2, X4 − 2 ∈ Q[X] sind irreduzibel, da Eisenstein bzgl. 2, und aus der Gradformelfolgt die erste Aussage. Nun existiert α ∈ R und β ∈ C\R mit α4 = β4 = 2 (X4 − 2 hat nur 2reelle Nullstellen). Erhalte nach Lemma 6.6 Q-Homomorphismen i : Q( 4

√2) ↪→ R, 4

√2 7→ α und

j : Q( 4√2) ↪→ C, 4

√2 7→ β. Wegen β ∈ R und i(E) ⊆ R (also i(E) = j(E)) kann E/k nach Satz

7.4 i) oder auch 7.4 iii) nicht normal sein.

7.9 Definition. Sei k ⊆ E eine algebraische Korpererweiterung. Eine normale Hulle von E/kist eine (algebraische) Korpererweiterung E ⊆ E′ mit

i) E′/k ist normal.

ii) Ist E ⊆ K ⊆ E′ ein Zwischenkorper mit K/k normal, so folgt K = E′.

43

7. Zerfallungskorper

7.10 Satz & Definition. Sei k ⊆ E eine algebraische Korpererweiterung.

i) Es existiert eine normale Hulle E′/k von E/k. Diese ist eindeutig bis auf Isomorphie.

ii) Ist E/k endlich ([E : k] <∞), so ist es auch E′/k ([E′ : k] <∞).

iii) Ist k ⊆ E ⊆ L ein Korperturm mit L/k normal (z.B. L = k, vgl. Proposition 7.6),so ist E′ := k(σ(E) | σ : E → L k-Homomorphismus) eine normale Hulle von E/k, dienormale Hulle von E in L/k. Die Zwischenkorper k ⊆ σ(E) ⊆ L heißen die Konjugiertenvon E in L.

Beweis.

i) Ein Zerfallungskorper E′ von F := {f ∈ k[X] | deg(f) ≥ 1 und ∃α ∈ E : f(α) = 0} uberk besitzt das Gewunschte (vgl. Satz 7.3).

ii) Gilt [E : k] <∞, so kann in i) |F | <∞ gewahlt werden und aus Proposition 5.14 i) folgt[E′ : k] <∞.

iii) siehe Ubungen (Hinweis: Lemma 6.6)

7.11 Beispiel. Wahle k := Q ⊆ E := Q( 3√2) ⊆ L := C in Satz 7.10 iii). Dann ist

HomQ-Alg(E,L)∼−−→ {α ∈ C | α3 = 2} =: N , φ 7→ φ(

3√2). (7.12)

Nach Analysis gibt es genau ein α ∈ R mit α3 = 2 und setze ζ := ζ3 = exp(2πi/3). Dann giltN = {α, αζ, αζ2}, denn

(αζi)3 = α3(ζ3)i = 2 · 1 = 2 ∀i ∈ Z,

und wegen ord(ζ) = 3 nach Bemerkung 4.7 sind α, αζ, αζ2 ∈ C paarweise verschieden, also alleNullstellen von X3 − 2 in C. Fur die normale Hulle E′ von E in C folgt mit Satz 7.10 iii)

E′ = Q(α, αζ, αζ2)!= Q(α, ζ), (7.13)

denn”⊆“ ist klar und

”⊇“ folgt mit ζ = αζ/α. Es gilt [E′ : Q] = 6.

Beweis. siehe Ubungen (Hinweis: Betrachte MipoQ(ζ) = X2 +X +1 (nach Beispiel 4.6 iii)) unddas Diagramm:

E′ = Q(α, ζ)

2

oooooo

oooooo

6

3

MMMMMM

MMMM

Q(α) = E

3 PPPPPP

PPPPPP

Q(ζ)

2qqqqqq

qqqq

k = Q

Wegen 2 ∤ 3 ist Q(ζ) ⊆ Q(α) bzw. Q(ζ) und Q(α) disjunkt.)

44

8. Separabilitat

Fixiere: Sei k ein Korper.

8.1 Definition. Die Abbildung k[X] → k[X], f =∑aiX

i 7→ f ′ :=∑iaiX

i−1 heißt (formale)Ableitung. Fur f, g ∈ k[X], a ∈ k gelten:

i) (af)′ = a · f ′

ii) (f + g)′ = f ′ + g′

iii) (fg)′ = f ′g + fg′ (Produktregel)

Beweis. i) und ii) sind klar, iii) folgt durch direktes Nachrechnen (wegen i) und ii) kann f = Xm

und g = Xn mit n,m ≥ 0 angenommen werden).

8.2 Beispiel.

{f ∈ k[X] | f ′ = 0} =

{k , char(k) = 0

{g(Xp) | g ∈ k[X]} , char(k) = p > 0(8.1)

Beweis. siehe Ubungen

8.3 Satz & Definition. Seien f ∈ k[X] = 0 und α ∈ k eine Nullstelle von f . Dann ist α genaudann eine mehrfache Nullstelle von f , wenn f ′(α) = 0 gilt.

Beweis. In k[X] gilt

f(X) = (X − α)rg(X) mit g(α) = 0 und r ≥ 1. (8.2)

Hierbei heißt r die Vielfachheit der Nullstelle α und α heißt mehrfache Nullstelle genaudann wenn r ≥ 2 (sonst einfache Nullstelle). Zeige also r ≥ 2 ⇔ f ′(α) = 0. Rechne

f ′(X)8.1= r(X − α)r−1g(X) + (X − α)rg′(X). (8.3)

Wegen r ≥ 1 und g(α) = 0 folgt

f ′(α) = r(α− α)r−1g(α) = 0 ⇔ r − 1 ≥ 1. (8.4)

8.4 Lemma. Sei f ∈ k[X] nicht-konstant.

i) Fur α ∈ k sind aquivalent:

a) α ist mehrfache Nullstelle von f .

b) f(α) = f ′(α) = 0

c) (ggT(f, f ′))(α) = 0

ii) Ist f irreduzibel, so sind aquivalent:

a) In k existiert eine mehrfache Nullstelle von f .

b) f ′ = 0 in k[X]

45

8. Separabilitat

Beweis.

i) Wegen 0 = f ∈ k[X] ⊆ k[X] folgt a) ⇔ b) aus Satz 8.3. Dann gilt

b) ⇔ (X − α) | f, f ′ in k[X] ⇔ (X − α) | ggT(f, f ′) in k[X] ⇔ (ggT(f, f ′))(α) = 0 ⇔ c).

ii) a) ⇒ b): Sei α ∈ k mehrfache Nullstelle von f . Wegen f irreduzibel und ohne Ein-schrankung normiert (denn (af)′ = af ′) gilt (∗) f = Mipok(α). Nach i), a) ⇒ b) giltf ′(α) = 0. Wegen deg(f ′) < deg(f) folgt aus (∗) f’=0.

b) ⇒ a): Wegen k algebraisch abgeschlossen und f nicht-konstant existiert ein α ∈ k mitf(α) = 0. Wegen f ′(α) = 0(α) = 0 und i), b) ⇒ a) ist α eine mehrfache Nullstellevon f .

8.5 Definition. f ∈ k[X]\k heißt separabel genau dann, wenn alle Nullstellen von f in keinfach sind.

8.6 Proposition. Seien char(k) = 0 und f ∈ k[X] irreduzibel. Dann ist f separabel.

Beweis. Wegen char(k) = 0 und Beispiel 8.2 ist f ′ = 0. Aus Lemma 8.4 ii) folgt die Behauptung.

8.7 Beispiel. Sei k = Fp(t), f(X) = Xp − t ∈ k[X]. Dann ist f irreduzibel nach Beispiel 4.6ii). In k[X] gilt f ′(X) = pXp−1 = 0 in k[X]. Also ist f nach Lemma 8.4 ii) nicht separabel.Genauer gilt: Setze k ⊆ E := k(α) mit 0 = f(α) = αp − t. Dann gilt in E[X]:

f(X) = Xp − t = Xp − αp(5.5)= (X − α)p (8.5)

Damit ist E/k ein Zerfallungskorper von f und es folgt

Homk-Alg(E, k) ≃ {β ∈ k | βp = t} = {α} (8.6)

mit Lemma 6.6, denn β ∈ k, βp = t ⇒ βp = t = αp ⇒ 0 = αp − βp = (α − β)p ⇒ α = β.Insbesondere folgt

1 = |Homk-Alg(E, k)| < [E = k(α) : k] = p (8.7)

(vgl. Gleichung (6.15) in Lemma 6.6).

8.8 Definition. Sei k ⊆ E eine algebraische Korpererweiterung.

i) α ∈ E heißt separabel uber k genau dann, wenn Mipok(α) ∈ k[X] separabel ist.

ii) E/k heißt separabel genau dann, wenn α separabel uber k ist fur alle α ∈ E.

8.9 Definition. Ein Korper k heißt vollkommen genau dann, wenn jede algebraische Korper-erweiterung von k separabel ist.

8.10 Beispiel.

i) Jeder Korper der Charakteristik 0 ist vollkommen (folgt aus Proposition 8.6).

ii) Fp(t) ist nicht vollkommen, denn nach Beispiel 8.7 ist fur α ∈ Fp(t) αp− t nicht separabeluber Fp(t).

iii) Jeder endliche Korper ist vollkommen. (siehe Satz 8.12, ii))

46

8.11 Definition. Sei k ⊆ E eine algebraische Korpererweiterung. Dann heißt

[E : k]s := |Homk-Alg(E, k)| ∈ (N\{0}) ∪ {∞} (8.8)

der Separabilitatsgrad von E/k.

8.12 Satz.

i) Im Fall char(k) = p > 0 ist k vollkommen genau dann, wenn der Frobenius Frobk : k∼−−→ k

ein Isomorphismus ist.

ii) Jeder endliche Korper ist vollkommen.

Beweis.

i)”⇒“ Zeige, dass Frobk : k → k surjektiv ist (vgl. Proposition 5.3). Sei α ∈ k und E/k der

Zerfallungskorper von f(X) = Xp − α ∈ k[X]. In E[X] gilt

f(X) = Xp − α = (X − β)p (8.9)

mit β ∈ E geeignet, vgl. Beispiel 8.7. Fur g := Mipok(β) gilt g | f und wegen kvollkommen ist g separabel. Wegen (8.9) ist g = X − β ∈ k[X], also β ∈ k undα = βp = Frobk(β), d.h. Frobk ist surjektiv.

”⇐“ Angenommen k ist nicht vollkommen. Dann existiert ein f ∈ k[X] irreduzibel und

nicht separabel, d.h. es gibt eine mehrfache Nullstelle und nach Lemma 8.4 gilt f ′ = 0in k[X]. Nach Beispiel 8.2 ist also f(X) = g(Xp) mit g =

∑aiX

i ∈ k[X] geeignet.Frobk ist nach Voraussetzung surjektiv, also ai = bpi fur bi ∈ k geeignet. Also gilt

f(X) = g(Xp) =∑

ai(Xp)i =

∑bpi (X

i)p =∑

(biXi)p =

(∑biX

i)p

in k[X],

(8.10)

was wegen p ≥ 2 ein Widerspruch zu f irreduzibel ist.

ii) folgt mit i) und Proposition 5.3 iii).

8.13 Lemma. Sei k ⊆ E = k(α) eine einfache algebraische Korpererweiterung.

i) Es gilt:

[k(α) : k]s =∣∣{β ∈ k | Mipok(α)(β) = 0

}∣∣ (8.11)

ii) α ist genau dann separabel uber k, wenn [k(α) : k] = [k(α) : k]s.

Beweis.

i) Aus Lemma 6.6:

[k(α) : k]s = |Homk-Alg(k(α), k)|(6.14)=

∣∣{β ∈ k | Mipok(α)(β) = 0}∣∣ (8.12)

ii) f := Mipok(α) ∈ k[X] zerfallt uber k in Linearfaktoren. Dann gilt

[k(α) : k] = deg f ≥∣∣{β ∈ k | f(β) = 0

}∣∣ = [k(α) : k]s (8.13)

und es gilt Gleichheit genau dann, wenn alle Nullstellen β ∈ k von f sind einfach, d.h. fseparabel.

47

8. Separabilitat

8.14 Satz. (Gradsatz) Seien k ⊆ K ⊆ E algebraische Korpererweiterungen. Dann gilt

[E : k]s = [E : K]s · [K : k]s. (8.14)

Beweis. Sei E ⊆ k ein algebraischer Abschluss. Wegen E/K und K/k sind dann auch k/K(K = k) und k/k algebraische Abschlusse und nach Definition gilt

[E : k]s = |Homk-Alg(E, k)|, [E : K]s = |Homk-Alg(E, k)|, [K : k]s = |Homk-Alg(K, k)|.(8.15)

Fur jedes σ ∈ Homk-Alg(K, k) existiert nach Satz 6.7 ein k-Isomorphismus σ : k → k mitσ|K = σ. Es ist nun klar, dass die Gradformel aus folgender Behauptung folgt:

Die Abbildung HomK-Alg(E, k)×Homk-Alg(K, k) → Homk-Alg(E, k), (τ, σ) 7→ σ ◦ τ istwohldefiniert und bijektiv.

Die Wohldefiniertheit ist klar, da τ insbesondere ein k-Algebren-Homomorphismus ist. Geltenun mit σi ∈ Homk-Alg(K, k), HomK-Alg(E, k)

σ1 ◦ τ1 = σ2 ◦ τ2. (8.16)

Dann folgt mit τi K-linear

(σ1 ◦ τ1)|K = (σ2 ◦ τ2)|K ⇔ σ1|K = σ2|K ⇔ σ1 = σ2, (8.17)

also σ1 = σ2 und wegen (8.16) τ1 = τ2, d.h. die Injektivitat ist gezeigt. Fur die Surjektivitat seiα ∈ Homk-Alg(E, k), σ := α|K ∈ HomK-Alg(K, k) und (σ−1 ◦ α)

∣∣K

= idK , also τ := σ−1 ◦ α ∈HomK-Alg(E, k). Es folgt

σ ◦ τ = σ ◦ (σ−1 ◦ α) = α. (8.18)

8.15 Satz. Fur eine endliche Korpererweiterung k ⊆ E sind aquivalent:

i) E/k ist separabel.

ii) ∃ α1, . . . , αn ∈ E separabel uber k mit E = k(α1, . . . , αn).

iii) Es gilt [E : k]s = [E : k].

Beweis.

i) ⇒ ii): trivial

ii) ⇒ iii): Wegen den Gradsatzen 8.14 und 5.5 kann man durch Induktion n = 1 annehmenund die Behauptung folgt aus Lemma 8.13 ii).

iii) ⇒ i): Sei α ∈ E beliebig. Dann gilt nach Voraussetzung

[E : k(α)] · [k(α) : k] = [E : k]!= [E : k]s = [E : k(α)]s · [k(α) : k]s. (8.19)

Aus dem Beweis von Lemma 8.13 ii) folgen die Ungleichungen [E : k(α)]s ≤ [E : k(α)]und [k(α) : k]s ≤ [k(α) : k]. Insgesamt muss also [k(α) : k]s = [k(α) : k] gelten, also ist αseparabel uber k nach Lemma 8.13 ii).

48

8.16 Korollar. (Transitivitat der Separabilitat) Fur algebraische Korpererweiterungenk ⊆ K ⊆ E sind aquivalent:

i) E/k ist separabel.

ii) E/K und K/k sind separabel.

Beweis.

i) ⇒ ii): K/k separabel ist trivial. Sei nun α ∈ E. Dann teilt MipoK(α) | Mipok(α) und mitMipok(α) ist auch MipoK(α) separabel, d.h. α ist separabel uber K.

ii) ⇒ i): Sei α ∈ E, f := MipoK(α) =∑aiX

i ∈ K[X] und K ′ := k(ai) ⊆ K. Dann gelten

(1) K ′/k ist endlich und separabel.

(2) f ∈ K ′[X] ist separabel, da E/K separabel ist.

(1) folgt mit Satz 8.15 ii) ⇒ i) und K ′/k endlich, da endlich viele Elemente adjungiertwerden. Es folgt mit Gradsatzen und Satz 8.15 i) ⇔ iii)

∞(1)> [K ′(α) : k] = [K ′(α) : K ′] · [K ′ : k]

(1),(2)= [K ′(α) : K ′]s · [K ′ : k]s

= [K ′(α) : k]s. (8.20)

Also ist K ′(α)/k separabel und α separabel uber k.

8.17 Satz & Definition. (Satz vom primitiven Element) Sei k ⊆ E = k(α1, . . . , αn) eineendliche Korpererweiterung und seien α2, . . . , αn separabel uber k. Dann existiert ein α ∈ E mitE = k(α). Jedes solche α heißt primitives Element von E/k.

Bemerkung. Seien p eine Primzahl, E := Fp(X,Y ) und k := FrobE(E) ⊆ E. Dann ist [E : k] = p2

und E/k ist nicht einfach. (ohne Beweis)

Beweis. 1. Fall: Ist k endlich, dann ist wegen [E : k] <∞ auch E endlich.

1.30 i)⇒ ∃α ∈ E∗ : E∗ = ⟨α⟩ ⇒ E = k(α)

2. Fall: Sei k unendlich. Induktiv kann man annehmen, dass E von zwei Elementen erzeugt wird,also E = k(α1, α2). Schreibe Homk-Alg(E, k) = {σ1, . . . , σn} und n := [E : k]s. Setze

P (X) :=∏

1≤i,j≤ni=j

[(σi(α1)− σj(α1)) +X(σi(α2)− σj(α2))] ∈ k[X] (8.21)

Dann gilt P (X) = 0 in k[X]. Sonst wurden 1 ≤ i, j ≤ n, i = j existieren mit σi(αk) = σj(αk)(k = 1, 2) und mit E = k(α1, α2) ware σi = σj im Widerspruch zu i = j. Wegen P (X) = 0 undk unendlich gibt es dann ein β ∈ k mit P (β) = 0. Daraus folgt, dass fur α := α1 + βα2 ∈ E dieElemente σ1(α), . . . , σn(α) ∈ k paarweise verschieden sind, denn

0 = P (β) =∏

1≤i,j≤ni=j

[(σi(α1)− σj(α1)) + β(σi(α2)− σj(α2))︸ ︷︷ ︸=

β∈kσi(α)−σj(α)

]. (8.22)

Fur k ⊆ E′ := k(α) ⊆ E folgt [E′ : k]s ≥ n = [E : k]s, da die σi|E′ ∈ Homk-Alg(E′, k) paarweise

verschieden sind. Wegen E′ ⊆ E folgt

[E : k]s = [E′ : k]s. (8.23)

49

8. Separabilitat

Es bleibt noch E = E′ zu zeigen, denn dann folgt wegen E′ = k(α) die Behauptung. Sei α2 sepa-rabel uber k. Dann ist mit Satz 8.15 α2 separabel uber E′, sodass [E′(α2) : E

′]s = [E′(α2) : E′]

gilt. Ferner gilt mit der Gradformel aus Satz 8.14 die Abschatzung

[E : k]s ≥ [E′(α2) : k]s = [E′(α2) : E′]s · [E′ : k]s

(8.23)= [E′(α2) : E

′] · [E : k]s, (8.24)

also [E′(α2) : E′] = 1, d.h. α2 ∈ E′. Wegen α1 = α − βα2 ist damit auch α1 ∈ E′ und gesamt

E′ ⊇ k(α1, α2) = E, also E = E′.

50

9. Endliche Korper

9.1 Lemma. Sei k ein endlicher Korper. Dann gelten:

i) p := char(k) > 0 und Fp ⊆ k ist ein Primkorper.

ii) n := [k : Fp] = dimFp(k) <∞ und |k| = pn.

iii) k ist Zerfallungskorper von Xpn −X ∈ Fp[X] uber Fp. k/Fp ist daher normal.

Beweis.

i) Sonst musste char(k) = 0 gelten, also Q ⊆ k im Widerspruch zu |k| <∞ (vgl. 5.1).

ii) Aus |k| <∞ folgt n <∞ und aus k ≃ Fnp (also Fp-Vektorraum) folgt |k| = pn.

iii) Zeige

Xpn −X =∏α∈k

(X − α) in k[X], (9.1)

dann folgt iii) nach Definition 7.1. Beide Seiten von (9.1) sind nach ii) normierte Polynomevom Grad pn, also genugt zu zeigen, dass αp

n= α ∀α ∈ k. Das ist klar fur α = 0 und fur

0 = α ∈ k∗ folgt aus Satz 1.25 (fur G = k∗) und ord(k∗) = ord(k)− 1 = pn − 1:

αpn−1 = 1 ⇒ αp

n= α

9.2 Satz. Seien p eine Primzahl und n ≥ 1. Dann ist der Zerfallungskorper vonXpn−X ∈ Fp[X]der bis auf Isomorphie eindeutige Korper mit pn Elementen, geschrieben Fpn .

Beweis. Die Eindeutigkeit folgt aus Lemma 9.1 iii) und Satz 7.3. Sei Fp ⊆ Fp ein algebraischer

Abschluss. Zeige zunachst, dass Fpn := {α ∈ Fp | αpn= α} ⊆ Fp ein Teilkorper ist. Es ist

FrobnFp= FrobFp

◦ . . . ◦ FrobFp︸ ︷︷ ︸n-mal

: Fp∼−−→ Fp (9.2)

ein Korperisomorphismus mit Fpn := {α ∈ Fp | FrobnFp(α) = α}, also ist Fpn ein Korper. Es ist

klar, dass Fpn ein Zerfallungskorper von Xpn − X ∈ Fp[X] ist. Wegen (Xpn − X)′ = −1 und

Satz 8.3 ist Xpn −X ∈ Fp[X] separabel und es folgt |Fpn | = pn.

Bemerkung. Es gilt fur alle Primzahlen p ∈ Z:

Z/pnZ ≃ Fpn ⇔ n = 1 (9.3)

51

9. Endliche Korper

9.3 Bemerkung. Da Fpn/Fp normal ist, gilt fur jeden Fp-Homomorphismus

i : Fpn ↪→ Fp, i(Fpn) = Fpn . (9.4)

Schreibe daher auch Fpn = Fpn und fasse im Folgenden alle Fpn als Teilkorper eines festenalgebraischen Abschlusses Fp auf:

Fp ⊆ Fpn ⊆ Fp ∀n ≥ 1 (9.5)

9.4 Korollar. Fur alle n,m ≥ 1 gilt

Fpn ⊆ Fpm ⇔ n | m. (9.6)

Beweis.

”⇐“ Schreibe m = xn, x ∈ N geeignet und sei α ∈ Fpn . Dann folgt

αpm= FrobnxFp

(α) = FrobnFp◦ . . . ◦ FrobnFp︸ ︷︷ ︸x-mal

(α)αpn=α= α⇒ α ∈ Fpm . (9.7)

”⇒“ Mit Gradsatz gilt

m = [Fpm : Fp] = [Fpm : Fpn ]︸ ︷︷ ︸∈N

· [Fpn : Fp]︸ ︷︷ ︸=n

⇒ n | m. (9.8)

9.5 Satz & Definition. Seien p eine Primzahl und 1 ≤ n | m, q := pn und q′ := pm, alsoFp ⊆ Fq ⊆ Fq′ ⊆ Fp.

i) Fq := FrobnFp∈ AutFq(Fp,Fp) heißt der relative Frobenius uber Fq.

ii) Die Gruppe AutFq-Alg(Fq′ ,Fq′) ist zyklisch von der Ordnung mn = [Fq′ : Fq] und σ := Fq|Fq′

ist ein Erzeuger.

Beweis.

i) Zeige Fq|Fq= id. Dies folgt sofort mit Satz 9.2, denn

α ∈ Fq ⇒ Fq(α) = αq = α. (9.9)

ii) Es gilt AutFq-Alg(Fq′ ,Fq′) = HomFq-Alg(Fq′ ,Fq′) aufgrund der Normalitat von Fq′/Fq undwegen Separabilitat und Lemma 8.13 ii) ist

|HomFq-Alg(Fq′ ,Fq′)| = |HomFq-Alg(Fq′ ,Fp)| = [Fq′ : Fq]s = [Fq′ : Fq] =m

n=: k. (9.10)

Weiterhin ist wegen Fq′/Fq normal σ(Fq′) = Fq′ ⊆ Fp, also σ ∈ AutFq-Alg(Fq′ ,Fq′). Zeigenoch ord(σ) = k. Zunachst ist σk = F kq = Fq′ = idFq′ klar. Ware nun a := ord(σ) < k, soware σa = Fnq = idFq′ , d.h.

∀α ∈ Fq′ : α = σa(α) = αqa= αp

n−a. (9.11)

Es gilt also

|{α ∈ Fp | (9.11)}| ≤ pna < pnk = pm = q′ (9.12)

im Widerspruch zu |Fq′ | = q′.

52

10. Galois-Theorie

10.1 Definition. Eine algebraische Korpererweiterung k ⊆ E heißt galoissch, wenn sie normalund separabel ist (vgl. Definitionen 7.4 und 8.8 ii)). In diesem Fall heißt

Gal(E/k) := Autk-Alg(E) = Homk-Alg(E,E) (10.1)

die Galois-Gruppe der Galois-Erweiterung E/k.

10.2 Beispiel & Definition.

i) Fur eine endliche Korpererweiterung k ⊆ E sind aquivalent:

a) E/k ist galoissch.

b) E/k ist Zerfallungskorper eines separablen Polynoms f ∈ k[X].

In diesem Fall kann f in b) irreduzibel gewahlt werden und Gal(E/k) heißt auch dieGalois-Gruppe von fff .

ii) Jede Erweiterung k ⊆ E endlicher Korper ist galoissch und mit q := |k| (also k = Fq) gilt:Gal(E/k) ist zyklisch von Ordnung [E : k], erzeugt von (Fq)|E ∈ Gal(E/k).

Beweis.

i) a) ⇒ b): Nach Satz 8.17 gibt es ein α ∈ E mit E = k(α). Wegen E/k normal und wegenSatz 7.4 ii) ist dann E/k ein Zerfallungskorper von f := Mipok(α) ∈ k[X] und f istseparabel und irreduzibel.

b) ⇒ a): Nach Satz 7.4 ist E/k normal und mit Satz 7.10 iii), Satz 8.15 i) ⇒ ii) undf ∈ k[X] separabel folgt E/k separabel, also galoissch.

ii) folgt aus Lemma 9.1 iii), Satz 8.12 ii) und Satz 9.5 ii).

10.3 Proposition. Seien k ⊆ K ⊆ E Korpererweiterungen und E/k galoissch. Dann gelten:

i) E/K ist galoissch und

Gal(E/K) = {σ ∈ Gal(E/k) | σ|K = idK} ⊆ Gal(E/k) (10.2)

ist eine Untergruppe.

ii) Ist zusatzlich K/k galoissch, so ist die Abbildung

π : Gal(E/k) ↠ Gal(K/k), σ 7→ σ|K (10.3)

wohldefiniert und ein surjektiver Gruppenhomomorphismus und es gilt

ker(π) = Gal(E/K) ⊴ Gal(E/k). (10.4)

Beweis.

i) Wegen Beispiel 7.7 ii) und Korollar 8.16 i) ⇒ ii) ist E/k galoissch. Rest ist klar.

53

10. Galois-Theorie

ii) π ist wegen K/k normal und Satz 7.4 i) wohldefiniert, d.h. ∀σ ∈ Gal(E/k) : σ(K) ⊆ K,und damit σ|K ∈ Gal(K/k); π Gruppenhomomorphismus ist klar. Wegen E/k normal undSatz 6.7 ist π surjektiv. Die Aussage uber ker(π) folgt aus i).

10.4 Proposition. Sei k ⊆ E eine endliche normale Korpererweiterung. Dann gelten

|Autk(E)| = [E : k]s ≤ [E : k] (10.5)

und insbesondere ist |Autk(E)| = [E : k] genau dann, wenn E/k separabel (also galoissch).

Beweis. Aussage folgt aus Definition 8.11 und Satz 8.15 iii) ⇒ i).

10.5 Satz & Definition. Seien E ein Korper und G ⊆ Aut(E) := {φ : E∼−−→ E isomorph}

eine Untergruppe. Dann gelten:

i) Es ist

k = EG := {α ∈ E | ∀σ ∈ G : σ(α) = α} ⊆ E (10.6)

ein Teilkorper, der Fixkorper von E unter G.

ii) Ist |G| < ∞ (G endlich), dann ist E/k eine endliche Galois-Erweiterung und es geltenGal(E/k) = G ⊆ Aut(E) und [E : k] = |G|.

iii) Ist E/k algebraisch (aber nicht notwendig G endlich), so ist E/k galoissch und G ⊆Gal(E/k) ist eine Untergruppe.

Beweis. i) ist klar, zeige ii) und iii): E/k ist separabel. Seien α ∈ E undGα := {σ(α) | σ ∈ G} ⊆ E.Dann gilt fur alle σ ∈ G:

Mipok(α)(σ(α)) = Mipok(α)σ︸ ︷︷ ︸

∈ k[X]=EG[X]

(α) = Mipok(α)(α) = 0 (10.7)

Es folgt |Gα| ≤ deg(Mipok(α)) <∞ und

f(X) :=∏β∈Gα

(X − β) ∈ E[X] (10.8)

ist ein separables Polynom mit f(α) = 0, da α ∈ Gα. Zeige also, dass f ∈ k[X] (dann ist αseparabel uber k). Zunachst gilt fur alle σ ∈ G:

fσ(X) =∏β∈Gα

(X − σ(β)) =∏β∈Gα

(X − β) = f(X), (10.9)

da die Abbildung Gα → Gα, β 7→ σ(β) bijektiv ist (mit Umkehrabbildung β 7→ σ−1(β)). Alsohat f ∈ E[X] Koeffizienten in EG = k, d.h. E/k ist separabel. E/k ist zudem normal, daE/k Zerfallungskorper aller obigen Polynome f ∈ k[X] (fur α ∈ E variabel) ist. Also ist E/kgaloissch. Es ist klar, dass G ⊆ Gal(E/k) eine Untergruppe ist. Sei nun n := |G| < ∞. Dannfolgt aus f(α) = 0 (siehe oben) und deg(f) = |Gα| ≤ |G| = n fur alle α ∈ E:

[k(α) : k] ≤ n (10.10)

Wegen Satz 8.17 (Satz vom primitiven Element) angewandt auf die endlichen Zwischenkorpervon E/k, folgt damit [E : k] ≤ n und gesamt

n = |G|UG≤ |Gal(E/k)|

(10.5)

≤ [E : k] ≤ n, (10.11)

also |G| = |Gal(E/k)| und wegen G ⊆ Gal(E/k) Untergruppe damit G = Gal(E/k).

54

10.6 Beispiel. Seien p eine Primzahl, E = Fp, σ := FrobFpund G := ⟨FrobFp

⟩ ⊆ Aut(E).

Dann gelten G ≃ Z, k := EG = Fp und G ⊊ Gal(E/k) ist eine echte Untergruppe.

Beweis. siehe Ubungen

10.7 Korollar. Seien k ⊆ E eine normale Korpererweiterung und G := Autk(E). Dann gelten:

i) E/EG ist galoissch mit Galois-Gruppe Gal(E/EG) = G.

ii) Ist E/k galoissch, so gilt EG = k.

Beweis.

i) Nach Satz 10.5 ist E/EG galoissch und es gilt

Gal(E/EG) = AutEG(E)(∗)= Autk(E) = G. (10.12)

zu (∗):”⊆“ ist klar wegen k ⊆ EG.

”⊇“: Fur σ ∈ Autk(E) = G gilt σ|EG = idEG , also

σ ∈ AutEG(E).

ii) Klar ist k ⊆ EG ⊆ E. Aus der Definition von EG folgt [EG : k]s = 1. Ist namlich k einalgebraischer Abschluss von k mit E ⊆ k und sei σ : EG ↪→ k ein k-Homomorphismus mitFortsetzung σ : k → k nach Satz 6.7. Nach Satz 7.4 i) gilt dann wegen E/k normal:

τ := σ|E : E∼−−→ E ∈ Autk(E) = G⇒ σ = τ |EG

τ∈G= idEG (10.13)

Es folgt also 1 = |Homk-Alg(EG, k)| = [EG : k]s. Wegen E/k galoissch, also insbesondere

separabel, ist auch EG/k separabel nach Korollar 8.16 i) ⇒ ii), also mit Satz 8.15 1 =[EG : k]s = [EG : k], d.h. es ist EG = k.

10.8 Bemerkung & Beispiel.

i) Aus Korollar 10.7 ii) folgt insbesondere: Die Aussage E/k galoissch ⇒ EGal(E/k) = kist aquivalent zu der Aussage, dass fur alle α ∈ E/k ein σ ∈ Gal(E/k) existiert mitσ(α) = α = id(α), d.h. die Automorphismen von E/k separieren die Elemente α ∈ E/k.

ii) Ist k ein vollkommener Korper, so ist k ⊆ k galoissch nach Proposition 7.6 und Definition8.9 und

Gk := Gal(k/k) (10.14)

heißt die absolute Galois-Gruppe von k.

iii) Seien p eine Primzahl, k := Fp(t) ⊆ E := k(α) mit αp = t. Dann ist E/k nach Beispiel 8.7normal und G := Autk(E) = {id}. Insbesondere ist also E = EG ⊋ k, da [E : k] = p = 1(vgl. Korollar 10.7, ii)).

55

10. Galois-Theorie

10.9 Satz. (Hauptsatz der Galois-Theorie) Seien k ⊂ E eine endliche galoissche Korper-erweiterung und G := Gal(E/k). Dann gelten:

i) Die Abbildungen

Φ : {H | H ⊆ G Untergruppe} ⇄ {K | k ⊆ K ⊆ E Zwischenkorper} : Ψ, (10.15)

H 7→ EH ,

Gal(E/K) 7→K

sind wohldefiniert und zueinander invers.

ii) Fur eine Untergruppe H ⊆ G sind aquivalent:

a) H ⊴ G ist ein Normalteiler.

b) EH/k ist galoissch.

In diesem Fall ist die Abbildung G = Gal(E/k) ↠ Gal(EH/k), σ 7→ σ|EH ein surjektiverGruppenhomomorphismus, der einen Isomorphismus

G/H = Gal(E/k)/Gal(E/EH)≃−−→ Gal(EH/k) (10.16)

induziert.

Beweis.

i) Die Wohldefiniertheit von Φ ist klar und die von Ψ folgt aus Proposition 10.3 i).

- Φ ◦ Ψ = id: Fur einen Zwischenkorper k ⊆ K ⊆ E folgt K = Φ(Ψ(K)) = EGal(E/K)

aus Korollar 10.7 ii) fur die Korpererweiterung K ⊆ E.

- Ψ ◦ Φ = id: Fur eine Untergruppe H ⊆ G folgt Gal(E/EH) = H nach Satz 10.5 ii).

ii) b) ⇒ a) und die zweite Aussage folgen aus Proposition 10.3 ii).

a) ⇒ b): Wegen Korollar 8.16 i) ⇒ ii) ist mit E/k auch EH/k separabel. Zeige alsonoch, dass EH/k normal ist dazu nach Satz 7.4 i):

Fur jeden k-Homomorphismus σ : EH ↪→ E gilt σ(EH) ⊆ EH .

Fur eine Fortsetzung σ : E ↪→ E von σ gilt wegen E/k normal σ(E) = E, alsoσ ∈ Autk(E) = G. Sei nun α ∈ EH und ω ∈ H beliebig, also ω(σ(α)) = (ω ◦ σ)(α).Rechne ω ◦ σ = σ ◦ σ−1 ◦ ω ◦ σ︸ ︷︷ ︸

=ω′∈H

, also

ω(σ(α)) = σ(ω′(α)) = σ(α) = σ(α), (10.17)

wobei ω′(α) = α wegen ω′ ∈ H,α ∈ EH . Wegen α, ω beliebig folgt σ(EH) ⊆ EH .

10.10 Korollar. Ist E/k eine endliche separable Korpererweiterung, so besitzt E/k nur endlichviele Zwischenkorper.

1. Beweis. Die normale Hulle E′/k ist endlich nach Satz 7.10 ii), normal und separabel, denn:Nach Satz 8.17 gibt es ein α ∈ E mit E = k(α). Wahle E ↪→ E = k. Nach Satz 7.10 iii) istE′ = k(σ(α) | σ ∈ Homk-Alg(E,E)). Aus |Homk-Alg(E,E)| = [E : k]s = [E : k] < ∞ folgt[E′ : k] < ∞. Fur alle σ gilt Mipok(σ(α)) = Mipok(α) ∈ k[X] ist separabel, also ist E′/kseparabel und damit galoissch mit G := Gal(E′/k) endlich, genauer |G| = [E′ : k] < ∞. Gbesitzt nur endlich viele Untergruppen, also besitzt E′/k nach Satz 10.9 i) nur endlich vieleZwischenkorper. Jeder Zwischenkorper von E/k ist aber insbesondere einer von E′/k.

56

2. Beweis. Nach Satz 8.17 existiert ein α ∈ E mit E = k(α). Dann folgt die Aussage ausUbungsblatt 6, Aufgabe 4.

10.11 Bemerkung & Definition. Seien k ⊆ E eine Korpererweiterung und k ⊆ K1,K2 ⊆ EZwischenkorper. Dann ist

K1 ·K2 := K1(K2) = K2(K1) ⊆ E (10.18)

der kleinste Zwischenkorper von E/k, der K1 und K2 enthalt, und heißt das Kompositum vonK1 und K2 in E.

10.12 Satz. Seien k ⊆ E eine endliche Galois-Erweiterung (= endliche Korpererweiterung, diegaloissch ist), k ⊆ K1,K2 ⊆ E Zwischenkorper und Hi := Gal(E/Ki) ⊆ G = Gal(E/k) diezugehorigen Untergruppen. Dann gelten:

i) K1 ⊆ K2 ⇔ H2 ⊆ H1 (!)

ii) K1 ·K2 = EH1∩H2

iii) K1 ∩K2 = E⟨H1,H2⟩, wobei ⟨H1,H2⟩ ⊆ G die von H1 und H2 erzeugte Untergruppe ist.

Bildchen:

..

E

.

K1 ·K2

.K1

.K2

.

K1 ∩K2

.

k

.

H1

.

H2

.

H1 ∩ H2

.

⟨H1, H2⟩

.G

Lese das Diagramm folgendermaßen: E/K1 ist galoissch mit Gal(E/K1) = H1, ...

Beweis.

i)”⇒“ H2 = AutK2(E) ⊆ AutK1(E) = H1 wegen K1 ⊆ K2.

”⇐“ K1 = EH1 ⊆ EH2 = K2 wegen Satz 10.9 i) und H2 ⊆ H1.

ii) Es ist wegen Teil i)

K1 ·K2 = EH1 · EH2 ⊆ EH1∩H2 · EH1∩H2 = EH1∩H2 (10.19)

und ferner wegen Ki ⊆ K1 ·K2

Gal(E/K1 ·K2) ⊆ AutK1(E) ∩AutK2(E) = H1 ∩H2, (10.20)

also mit Teil i) EH1∩H2 ⊆ K1 ·K2.

57

10. Galois-Theorie

iii) E⟨H1,H2⟩ = EH1 ∩EH2 , da jedes Element von ⟨H1,H2⟩ ein Produkt von Elementen aus H1

oder H2 ist.

10.13 Beispiel. Nach Ubungsblatt 7, Aufgabe 2 ist die Galois-Gruppe von f := X3−2 ∈ Q[X]isomorph zu S3, genauer: Fur α ∈ C mit α3 = 2, ζ := exp(2πi/3) ∈ C (dritte Einheitswurzel)ist E := Q(α, ζ)/Q Zerfallungskorper von f und die Abbildung

Gal(E/Q)≃−−→ Σ {α, αζ, αζ2}︸ ︷︷ ︸

=:N

, σ 7→ σ|N (10.21)

ist wohldefiniert und ein Gruppenisomorphismus. Aus der Linearen Algebra ist folgendes Unter-gruppen-Diagramm der S3 bekannt:

Σ(N ) ≃ S3⊴

ssssss

ssss

KKKKKK

KKKK

SSSSSS

SSSSSS

SSSS

WWWWWWWWWW

WWWWWWWWWW

WWWW

A3 H2 H1 H0

{e}

KKKKKKKKKKK

sssssssssss

kkkkkkkkkkkkkkkkkkk

ggggggggggggggggggggggggggg

mit H2 := ⟨τ2 := (α αζ)⟩, H1 := ⟨τ1 := (α αζ2)⟩, H0 := ⟨τ0 := (αζ αζ2)⟩ und A3 = ⟨(α αζ αζ2)⟩.A3 ⊴ S3 ist der einzige nicht-triviale Normalteiler und es gilt S3/A3 ≃ Z/2Z. Die Hi sind alle vonOrdnung 2 und nicht normal. Außerdem konnen Durchschnitt und Erzeugerrelationen abgelesenwerden, z.B. ⟨A3,Hi⟩ = S3 und Hi ∩ A3 = {e} fur alle 0 ≤ i ≤ 2. Aus Satz 10.9 und Satz 10.12folgt daraus folgendes Diagramm von Zwischenkorpern:

E = E{e} = Q(α, ζ)

yyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyy

2 SSSSSSSS

SSSSSS

2 YYYYYYYYYYYY

YYYYYYYYYYYY

YYY

2ZZZZZZZZ

ZZZZZZZZZZZZZZZZ

ZZZZZZZZZZZZZZZZ

ZZZZZ

EH2 = Q(αζ2) EH1 = Q(αζ) EH0 = Q(α)

EA3 = Q(ζ)

ES3 = QZ/2Z

RRRRRRRRRRRRRR

3

wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwww

3

llllllllllllllllllllllllllllllllllll

3

hhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh

Wegen Hi ⊆ S3 nicht normal, ist Q(αζi)/Q nicht normal (vgl. Beispiel 7.2). Wegen A3 ⊴ S3 istQ(ζ)/Q galoissch mit Gal(Q(ζ)/Q) ≃ S3/A3 ≃ Z/2Z. Zur Bestimmung der Fixkorper:

1) σ := (α αζ αζ2) ∈ A3 ist ein Erzeuger und es gilt

σ(ζ) = σ

(αζ

α

)=σ(αζ)

σ(α)=αζ2

αζ= ζ, (10.22)

also ζ ∈ EA3 . Wegen [EA3 : Q] = 2 und [Q(ζ) : Q] = 2, da MipoQ(ζ) = X2 +X + 1, folgtEA3 = Q(ζ).

2) Fur id = τi ∈ Hi gilt τi(αζi) = αζi, also αζi ∈ EHi . Wegen [Q(αζi) : Q] = 3, da

MipoQ(αζi) = X3 − 2 und [EHi : Q] = [EHi : ES3 ] = [S3 : Hi] = 3 folgt EHi = Q(αζi) fur

0 ≤ i ≤ 2.

58

Bemerkung. Seien k ⊆ E endlich galoissch, G := Gal(E/k) und H ⊆ G eine Untergruppe. Danngelten:

a) [E : EH ] = |H|

b) [EH : k] = [G : H]

Beweis. Aussage a) folgt aus Proposition 10.3 i) mit Gal(E/EH) = H. Dann gilt [E : k] = |G| =[G : H] · |H| = [G : H] · [E : EH ] und wegen [E : k] = [E : EH ] · [EH : k] folgt Aussage b).

10.14 Definition. Eine Galois-Erweiterung E/k heißt abelsch (bzw. zyklisch), wenn dieGruppe Gal(E/k) abelsch (bzw. zyklisch) ist.

10.15 Korollar. Seien E/k endlich abelsch (bzw. zyklisch) und k ⊆ K ⊆ E ein Zwischenkorper.Dann ist K/k abelsch (bzw. zyklisch).

Beweis.Sei G := Gal(E/k) abelsch, dann ist H := Gal(E/K) ⊴ G ein Normalteiler und damitnach Hauptsatz 10.9 ii) K/k galoissch und Gal(K/k) ≃ G/H endlich abelsch (bzw. zyklischnach Satz 1.22).

10.16 Satz. Seien k ⊆ E eine Korpererweiterung und k ⊆ K1,K2 ⊆ E Zwischenkorper mitKi/k endlich galoissch fur i = 1, 2. Dann gilt:

i) K1 ·K2/k ist endlich galoissch und die Abbildung

φ : Gal(K1 ·K2/K1)∼−−→ Gal(K2/K1 ∩K2), σ 7→ σ|K2

(10.23)

ist wohldefiniert und ein Gruppenisomorphismus.

ii) Die Abbildung

ψ : Gal(K1 ·K2/k) ↪→ Gal(K1/k)×Gal(K2/k), σ 7→(σ|K1

, σ|K2

)(10.24)

ist wohldefiniert und ein injektiver Gruppenhomomorphismus. Im Fall K1 ∩K2 = k ist ψsurjektiv und damit ein Isomorphismus.

Beweis.

i) Es existieren separable fi ∈ k[X] so, dass Ki/k Zerfallungskorper von fi ist mit i = 1, 2,siehe Beispiel 10.2 i) a) ⇒ b). Dann ist K1 · K2/k der Zerfallungskorper des separablenPolynoms f1 · f2, also endlich und galoissch. φ ist wohldefiniert, da (σ|K2

)∣∣K1∩K2

= id

wegen σ|K1= id, und offenbar ein Gruppenhomomorphismus. Fur σ ∈ Gal(K1 ·K2/K1)

gilt σ|K1= id und fur σ ∈ ker(φ) zusatzlich noch σ|K2

= id, also σ|K1·K2= σ = id, d.h.

φ ist injektiv. Ferner gilt mit dem Hauptsatz 10.9 i)

Kim(φ)2 = (K1 ·K2)

Gal(K1·K2/K1) ∩K2 = K1 ∩K2 = KGal(K2/K1∩K2)2 , (10.25)

also im(φ) = Gal(K2/K1 ∩K2), d.h. φ ist surjektiv.

ii) Wohldefiniertheit und Gruppenhomomorphismus sind klar. Sei nun σ ∈ ker(ψ), dann istσ|Ki

= id fur i = 1, 2 und damit σ = σ|K1·K2= id, also ψ injektiv. Gelte nun K1∩K2 = k

und sei (σ, σ′) ∈ Gal(K1/k)×Gal(K2/k) beliebig. Mit Teil i) gibt es dann ein σ ∈ Gal(K1 ·K2/K2) mit σ|K1

= σ und ein σ′ ∈ Gal(K1 ·K2/K1) mit σ′|K2= σ′. Dann gilt

ψ(σ′ ◦ σ) = (σ′ ◦ σ|K1, σ′ ◦ σ|K2

) = (id ◦ σ, σ′ ◦ id) = (σ, σ′), (10.26)

also ψ surjektiv.

59

10. Galois-Theorie

Bemerkung zum Beweis von Satz 10.16 i).

1) Sind f1, f2 ∈ k[X] separabel, dann folgt im Allgemeinen nicht f1f2 ∈ k[X] separabel.Nehme z.B. f1 = f2 = X.

2) Sind k ⊆ K1,K2 ⊆ E Zwischenkorper mit Ki/k separabel fur i = 1, 2, dann ist K1 ·K2/kendlich und separabel.

Beweis. Nach Satz 8.17 (Satz vom primitiven Element) gibt es αi ∈ Ki mit Ki = k(αi). Es giltMipoK1

(α2) | Mipok(α2), da Mipok(α2) ∈ K1[X] α2 annuliert. Mit Mipok(α2) ist damit auchMipoK1

(α2) separabel, also k ⊆ K1 ⊆ K1(α2) = K1(k(α2)) = K1(K2) = K1 ·K2, wobei beideErweiterungen endlich separabel sind. Nach Gradformel und Korollar 8.16 ist dann K1 ·K2/kendlich separabel.

10.17 Proposition. Seien k ein Korper, f ∈ k[X] separabel, E/k ein Zerfallungskorper vonf , G := Gal(E/k) (vgl. Beispiel 10.2) und N := {β ∈ E | f(β) = 0}. (Beachte |N | = deg(f).)Dann gilt σ(N ) ⊆ N fur alle σ ∈ G und es sind aquivalent:

i) f ∈ k[X] ist irreduzibel.

ii) Fur alle α, β ∈ N gibt es ein σ ∈ G mit σ(α) = β.

Beweis. Sei α ∈ N und σ ∈ G. Dann folgt 0 = σ(f(α)) = fσ(σ(α)) = f(σ(α)), wobei f = fσ

wegen f ∈ k[X]. Es ist also σ(α) ∈ N , d.h. fur alle σ ∈ G ist σ(N ) ⊆ N .

i) ⇒ ii): Ist E ⊆ k ein algebraischer Abschluss, so existiert ein σ : k → k mit σ(α) = β (sieheUbungsblatt 8, Aufgabe 3 i) d) ⇒ a)). Wegen E/k normal it σ := σ|E ∈ G und es giltσ(α) = σ(α) = β.

ii) ⇒ i): Fur g = Mipok(α) gelten g | f in k[X] und fur alle β ∈ N gibt es ein σ ∈ Gmit σ(α) = β. Es folgt 0 = σ(g(α)) = gσ(σ(α)) = g(β), d.h. es ist g|N = 0. Wegen fseparabel gilt |N | = deg(f) und aus g|N = 0 folgt deg(g) ≥ deg(f). Wegen g | f sinddamit f, g ∈ k[X] assoziiert, also ist mit g auch f irreduzibel.

10.18 Beispiel. (Biquadratische Erweiterung) Seien α, β ∈ Q mit α21 = 2, α2

2 = 3 undE := Q(α1, α2). Dann gelten Gal(E/Q) ≃ Z/2Z×Z/2Z und β := α1 +α2 erfullt E = Q(β) mit

MipoQ(β) = X4 − 10X2 + 1 ∈ Q[X]. (10.27)

Beweis. Mit k := Q ⊆ K1 := Q(α1),K2 := Q(α2) ⊆ E = K1 ·K2 ist klar, dass Ki/k galoisschvon Grad 2 ist, also Gal(Ki/k) ≃ Z/2Z fur i = 1, 2. Man kann zeigen, dass K1 ∩K2 = k gilt,und nach Satz 10.16 ii) ist

φ : Gal(E/k)≃−−→ Gal(K1/k)×Gal(K2/k) ≃ Z/2Z× Z/2Z (10.28)

mit φ(σ) = (σ|K1, σ|K2

) ein Isomorphismus. Fur i = 1, 2 gelten Gal(Ki/k) = {1, τi}, wobeiτi : Ki → Ki durch τi(αi) = −αi eindeutig bestimmt ist. Nach Definition von φ folgt Gal(E/k) ={1, σ1, σ2, σ1σ2}, wobei diese Elemente eindeutig bestimmt sind durch folgende Tabelle:

x ∈ G x(α1) x(α2)

1 α1 α2

σ1 −α1 α2

σ2 α1 −α2

σ1σ2 −α1 −α2

60

Rechne nun fur β := α1 + α2 ∈ E:

f(X) =∏

σ∈Gal(E/k)

(X − σ(β)) (10.29)

= (X − (α1 + α2))(X + (α1 + α2))(X − (α1 − α2))(X + (α1 − α2))

= (X2 − (α1 + α2)2)(X2 − (α1 − α2)

2) = (X2 − (5 + 2α1α2))(X2 − (5− 2α1α2))

= X4 − 10X2 + (5 + 2α1α2)(5− 2α1α2) = X4 − 10X2 + 1 ∈ Q[X]

Offenbar sind die Nullstellen von f genau {β, σ1(β), σ2(β), σ1σ2(β)}. Daraus folgt, dass E/kZerfallungskorper von f ist. Nach Proposition 10.17 i) ⇒ ii) folgt nun, dass f ∈ k[X] irreduzibelist, und wegen f normiert gilt also f = Mipok(β).

61

10. Galois-Theorie

62

11. Bestimmung einiger Galois-Gruppen

Fixiere: Sei k ein Korper.

11.1. Die Permutationsdarstellung

11.1.1 Satz & Definition. Seien f ∈ k[X] separabel, n := deg(f) > 0, k ⊆ E ein Zerfallungs-korper von f und N := {α ∈ E | f(α) = 0} (|N | = n). Dann ist die Abbildung

ϱ : Gal(E/k) ↪→ Σ(N ) ≃ Sn (11.1)

nach Wahl einer Nummerierung N = {α1, . . . , αn} mit ϱ(σ)(α) = σ(α) fur alle σ ∈ Gal(E/k),α ∈ N wohldefiniert und ein injektiver Gruppenhomomorphismus. Man kann also Gal(E/k) alsUntergruppe der Sn auffassen und insbesondere ist [E : k] = |Gal(E/k)| ein Teiler von |Sn| = n!.ϱ heißt die Permutationsdarstellung von Gal(E/k). Es gelten:

a) f ∈ k[X] ist irreduzibel genau dann, wenn fur alle α, β ∈ N ein σ ∈ Gal(E/k) existiertmit ϱ(σ)(α) = β.

b) Aussage a) gilt insbesondere, wenn ϱ ein Isomorphismus ist, d.h. [E : k] = n! bzw.Gal(E/k) ≃ Sn.

Beweis. E/k ist endlich galoissch nach Beispiel 10.2 i) b) ⇒ a). Die Aussagen uber ϱ folgen wiein Ubungsblatt 7, Aufgabe 2 ii). Aussage a) ist Proposition 10.17 i) ⇒ ii) und b) ist klar.

11.2. Quadratische Gleichungen

Betrachte f = X2+aX+ b ∈ k[X], wobei f keine Nullstellen in k besitze. Dann ist E := k(α)/kfur f(α) = 0 ein Zerfallungskorper von f und in E[X] gilt f(X) = (X −α)(X − (−α− a)) nachBeispiel 7.7 i). Weiter ist nach Lemma 8.4 ii) und f irreduzibel f ∈ k[X] nicht separabel genaudann, wenn f ′ = 2X + a = 0 in k[X], also wenn char(k) = 2 und a = 0. Gelte nun char(k) = 2oder a = 0. Dann ist E/k galoissch mit Gal(E/k) ≃ Z/2Z und das eindeutige 1 = σ ∈ Gal(E/k)ist durch σ(α) = −α− a eindeutig bestimmt.

11.3. Kubische Gleichungen

Es gelte char(k) = 2, 3 und F (X) = X3 + αX2 + βX + γ ∈ k[X] besitze keine Nullstellen in k.Dann ist F ∈ k[X] irreduzibel. Betrachte ahnlich wie quadratische Erganzung

f(X) := F(X − α

3

)= X3 +X2

(3 · α

3+ α

)+ . . .

= X3 + aX + b (11.2)

fur a, b ∈ k geeignet. (Hier geht char(k) = 3 ein.) Da k[X]∼−−→ k[X], X 7→ X − α

3 ein Iso-morphismus ist, betrachte im Folgenden f(X). Es gilt f ′(X) = 3X2 + a = 0 wegen 3 = 0, also

63

11. Bestimmung einiger Galois-Gruppen

ist f ∈ k[X] separabel nach Lemma 8.4 ii) und der Zerfallungskorper E/k von f ist galoissch.Nummeriere N := {α ∈ E | f(α) = 0} = {α1, α2, α3}. Nach Satz 11.1.1 gibt es dann genaueinen Gruppenhomomorphismus ϱ : Gal(E/k) ↪→ S3 mit

σ(αi) = αϱ(σ)(i) (11.3)

fur alle σ ∈ Gal(E/k) und 1 ≤ i ≤ 3. Wegen f irreduzibel folgt [E : k] ≥ 3 und aus derbekannten Untergruppenstruktur der S3 (vgl. Beispiel 10.13) folgt

Gal(E/k) ≃ im(φ) ≃ A3 oder S3. (11.4)

Wir wollen eine Methode angeben, um zu testen, welcher der beiden Falle vorliegt. Betrachtehierzu

δ := (α1 − α2)(α1 − α3)(α2 − α3), (11.5)

wobei δ ∈ E∗, da f separabel. Dann gilt σ(δ) = sgn(ϱ(σ))δ in E∗ fur alle σ ∈ Gal(E/k) wegen(11.3) und den Definitionen von δ und sgn(ϱ(σ)) als Anzahl der Fehlstande.

Zur Erinnerung: Eine Permutation π ∈ Sn heißt gerade bzw. ungerade, falls

sgn(π) =∏i<j

π(i)− π(j)

i− j, (11.6)

das Signum von π, den Wert 1 bzw. −1 hat. Die Funktion sgn ist multiplikativ, d.h. es giltsgn(π ◦ π′) = sgn(π) · sgn(π′) fur π, π′ ∈ Sn. Die alternierende Gruppe An besteht dann ausden geraden Permutationen, also ist An der Kern des surjektiven GruppenhomomorphismusSn → {1,−1}, π 7→ sgn(π), vgl. auch Erinnerung 13.4.9.

Es folgt im(ϱ) = A3 genau dann, wenn sgn(ϱ(σ)) = 1 in Z fur alle σ ∈ Gal(E/k). Wegenchar(k) = 2 und obiger Aussage ist dies genau dann der Fall, wenn σ(δ) = δ fur alle σ ∈ Gal(E/k)bzw. δ ∈ EGal(E/k) = k. Ferner gilt mit ∆ = δ2 fur alle σ ∈ Gal(E/k):

σ(∆) = (±δ)2 = ∆, (11.7)

also ∆ ∈ k und in diesem speziellen Fall ist die Diskriminante (siehe Kapitel 15.4)

∆ = −4a3 − 27b2. (11.8)

Damit gilt fur die Galois-Gruppe des irreduziblen Polynoms f = X3 + aX + b:

Gal(E/k) ≃

{A3 ,∆ = −4a3 − 27b2 ∈ (k∗)2

S3 , sonst(11.9)

11.3.1 Beispiel. Seien k = Q und f(X) = X3 − X + 1 ∈ Q[X]. Wegen f(±1) = 0 besitzt fkeine Nullstellen in Q und hier gilt ∆ = −4·(−1)3−27·12 = −23 /∈ (Q∗)2, also hat die GleichungX3 −X + 1 = 0 uber Q die Galois-Gruppe S3. Ferner gilt fur den eindeutigen ZwischenkorperQ ⊆ K ⊆ E mit [K : Q] = 2 (vgl. Beispiel 10.13):

K = Q(δ) = Q(√−23) (11.10)

64

11.4. Die allgemeine Gleichung

11.4. Die allgemeine Gleichung

Sei n ≥ 1 fixiert und E := k(t1, . . . , tn). Dann existiert genau eine Abbildung ϱ : Sn → Aut(E)mit ϱ(σ)(ti) = tσ(i) fur alle σ ∈ Sn, 1 ≤ i ≤ n und ϱ ist ein injektiver Gruppenhomomorphismus,vermoge dessen wir Sn ⊆ Aut(E) als Untergruppe auffassen.

11.4.1 Proposition & Definition. Die Korpererweiterung K := ESn ⊆ E ist galoissch mitGal(E/K) = Sn. K heißt Korper der symmetrischen rationalen Funktionen (in denVariablen t1, . . . , tn uber k).

Beweis. Korollar 10.7 i)

11.4.2 Beispiel. Seien n = 2 und S2 = {1, (1 2) =: σ}. Dann ist t1 + t2 ∈ k(t1, t2)S2 , da

σ(t1 + t2) = t2 + t1 = t1 + t2. Aber falls char(k) = 2, ist t1 − t2 /∈ k(t1, t2)S2 , da σ(t1 − t2) =

t2 − t1 = −(t1 − t2) = t1 − t2, da 1 = −1.

11.4.3 Definition. Die in der Entwicklung

f(X) =

n∏i=1

(X − ti) =

n∑i=0

(−1)i · si(t1, . . . , tn) ·Xn−i ∈ k[t1, . . . , tn][X] (11.11)

auftretenden si ∈ k[t1, . . . , tn] fur 0 ≤ i ≤ n heißen die i-ten elementarsymmetrischenPolynome (in t1, . . . , tn uber k). Es gilt fur alle 0 ≤ k ≤ n

sk(t1, . . . , tn) =∑

1≤i1<···<ik≤nti1 · ti2 · . . . · tik , (11.12)

z.B. ist s0 = 1, s1 = t1 + . . .+ tn, s2 = t1t2 + t1t3 + . . .+ tn−1tn, ... , sn = t1 · . . . · tn.

11.4.4 Definition. Seien A eine k-Algebra, I eine Menge und fur alle i ∈ I sei ai ∈ A. Dannheißt {ai}i∈I algebraisch unabhangig uber k genau dann, wenn der eindeutige k-Algebren-Homomorphismus φ : k[I] → A mit φ(i) = ai fur alle i ∈ I injektiv ist.

11.4.5 Beispiel.

i) Fur I = {1} ist a1 ∈ A genau dann algebraisch unabhangig uber k, wenn a1 transzendentuber k ist.

ii) Die Elemente a1 := x2, a2 := x3 ∈ A := k[x] sind transzendent uber k nach Ubungsblatt 6,Aufgabe 1 iii), aber {a1, a2} ist nicht algebraisch unabhangig uber k, da fur 0 = f(X,Y ) :=X3 − Y 2 ∈ k[X,Y ] gilt f(a1, a2) = 0. Beachte: {a1, a2} ⊆ A sind k-linear unabhangig.

11.4.6 Satz. Es gelten:

i) K = ESn ⊆ E ist Zerfallungskorper von f(X) =∏ni=1(X − ti) ∈ K[X].

ii) Hauptsatz uber symmetrische Funktionen:

K = k(s1, . . . , sn) (11.13)

iii) Die {s1, . . . , sn} ⊆ K sind algebraisch unabhangig uber k (und damit ist K = ESn einrationaler Funktionenkorper uber k in den Variablen s1, . . . , sn). Insbesondere gilt fur allef, g ∈ k(t1, . . . , tn) :

f(s1, . . . , sn) = g(s1, . . . , sn) ⇒ f = g (11.14)

65

11. Bestimmung einiger Galois-Gruppen

Beweis.

i) Zunachst gilt fur alle σ ∈ Sn

fσ(X) =n∏i=1

(X − tσ(i)) = f(X), (11.15)

also f ∈ K[X]. Wegen E = k(t1, . . . , tn) = K(t1, . . . , tn) ist klar, dass E/K ein Zerfallungs-korper von f ist.

ii) Wir haben k(s1, . . . , sn) ⊆ K = ESn ⊆ E nach Teil i) und nach Definition 11.4.3 gilt sogarf(X) ∈ k(s1, . . . , sn)[X] und damit wegen deg(f) = n und Teil i) [E : k(s1, . . . , sn)] ≤ n!.Aus [E : ESn ] = |Sn| = n! (vgl. Proposition 11.4.1) folgt K = k(s1, . . . , sn).

iii) Seien k(S1, . . . , Sn) der Korper der rationalen Funktionen in nVariablen, k(S1, . . . , Sn) ⊆ Lein Zerfallungskorper des Polynoms

f(X) =n∑i=0

(−1)i · Si ·Xn−i ∈ k(S1, . . . , Sn)[X] (11.16)

mit S0 = 1 und T1, . . . , Tn ∈ L die Nullstellen von f in L (gelistet mit Vielfachheiten).Dann gilt

L = k(S1, . . . , Sn)(T1, . . . , Tn) = k(T1, . . . , Tn), (11.17)

da Si = si(T1, . . . , Tn) ∈ k(T1, . . . , Tn) fur alle i. Fur den eindeutigen k-Algebren-Homo-morphismus φ : k[t1, . . . , tn] → k[T1, . . . , Tn] mit φ(ti) = Ti fur alle 1 ≤ i ≤ n giltφ(si) = Si fur alle 1 ≤ i ≤ n wegen Si = si(T1, . . . , Tn). Da {S1, . . . , Sn} ⊆ k[S1, . . . , Sn]algebraisch unabhangig uber k ist, ist {s1, . . . , sn} ⊆ k[s1, . . . , sn] algebraisch unabhangiguber k.

11.4.7 Bemerkung & Definition.

i) Sei char(k) = 2. Es istK = ESn ⊆ EAn galoissch vom Grad 2 und fur δ :=∏

1≤i<j≤n(ti − tj)

gilt nach Satz 11.4.6 ii) EAn = K(δ) = k(s1, . . . , sn, δ). Es ist ein offenes Problem, obf1, . . . , fn ∈ EAn existieren, die EAn = k(f1, . . . , fn) erfullen.

ii) Vermutung: Fur jede endliche GruppeG existiert eine Galois-Erweiterung E/QmitGal(E/Q) ≃ G.

Man bezeichnet das Polynom

p(X) = Xn + S1Xn−1 + . . .+ Sn = Xn +

n∑i=1

SiXn−i ∈ k(S1, . . . , Sn)[X] (11.18)

als das allgemeine Polynom n-ten Grades uber k.

11.4.8 Bemerkung. Seien k ⊆ E eine Korpererweiterung und f ∈ E[X] ein normiertes Poly-nom vom Grad n. Dann existiert genau ein k-Algebren-Homomorphismus φ : k(S1, . . . , Sn) → Emit φ[X](p(X)) = f , namlich φ(Si) = (n− i)-ter Koeffizient von f .

11.4.9 Satz. Das allgemeine Polynom n-ten Grades p(X) ∈ k(S1, . . . , Sn)[X] ist irreduzibel,separabel und es gilt Gal(p(X)) ≃ Sn (vgl. Beispiel & Definition 10.2).

Beweis. Wegen Satz 11.4.6 ii) existiert ein k-Isomorphismus φ : k(S1, . . . , Sn)∼−−→ k(s1, . . . , sn)

mit φ(Si) = (−1)isi und fur diesen gilt φ[X](p(X)) = f(X) wie in Definition 11.4.3. DieAussagen des Satzes folgen nun aus den analogen Aussagen fur f , namlich Satz 11.4.6 i) undProposition 11.4.1.

66

12. Kreisteilungskorper

(Die Galois-Theorie von Xn − 1 = 0)

Fixiere: Seien k ein Korper, n,m ≥ 1 und char(k) ∤ n,m. Im Fall char(k) = 0 seien n,m ≥ 1beliebig.

12.1 Proposition & Definition. Die Teilmenge

Un := Un(k) = {ζ ∈ k∗ | ζn = 1} ⊆ k

∗(12.1)

ist eine zyklische Untergruppe der Ordnung n, die Gruppe der nnn-ten Einheitswurzeln in k.

Beweis. Un ⊆ k∗Untergruppe ist klar. Fur ζ ∈ Un gelten (Xn − 1)(ζ) = 0 und (Xn − 1)′(ζ) =

n·ζn−1 = 0. Damit istXn−1 ∈ k[X] separabel und es folgt |Un| = deg(Xn−1) = n. Insbesondereist Un ⊆ k

∗endlich, also zyklisch nach Korollar 1.28.

Bemerkung. Sei p prim und n ≥ 1. Dann gilt {ζ ∈ Fp | ζpn= 1} = {1}. (!)

12.2 Definition. ζ ∈ Un heißt primitiv genau dann, wenn ⟨ζ⟩ = Un.

12.3 Beispiel. Sei k = C, U6 = ⟨ζ6⟩ = ⟨exp(2πi6

)⟩ ⊆ C∗. Dann sind ζ6 und ζ56 = ζ−1

6 primitiv.

..ζ36 = −1

.1 = ζ06 = ζ66

.

i

.

−i

.

ζ16 = ζ−56

!= 1

2 + i√3

2

.

ζ26

.

ζ46

.

ζ56

.π3

Es gelten ord(ζ26 ) = ord(ζ46 ) = 3, ord(ζ36 ) = 2, ord(ζ06 ) = 1 und ord(ζ16 ) = ord(ζ56 ) = 6.

12.4 Proposition. Fur n,m ≥ 1 mit (n,m) = 1 und char(k) ∤ m,n ist die Abbildung

f : Un × Um → Unm, (ζ, ξ) 7→ ζ · ξ (12.2)

wohldefiniert und ein Gruppenisomorphismus. Sind ζ ∈ Un und ξ ∈ Um primitiv, so ist es auchζ · ξ ∈ Unm.

67

12. Kreisteilungskorper

Beweis. Wegen char(k) ∤ n,m und Um, Un ⊆ Unm Untergruppen ist f ein wohldefinierter Homo-morphismus kommutativer Gruppen. Wegen Proposition 12.1 gilt

|Un × Um| = |Unm| = nm. (12.3)

Gelte außerdem

f(ζ, ξ) = ζ · ξ = 1, (12.4)

dann existieren wegen (n,m) = 1 a, b ∈ Z mit 1 = a · n+ b ·m, also

ζ = ζ1 = ( ζn︸︷︷︸=1

)a · (ζm)b (12.4)= ( ξm︸︷︷︸

=1

)−b = 1 (12.5)

und damit ξ = 1 wegen (12.4). Es folgt ker(f) = {(1, 1)}. Damit ist f injektiv und wegen (12.3)auch surjektiv und damit ein Isomorphismus. Man sieht leicht, dass fur (ζ, ξ) ∈ Un × Um gilt:

ord((ζ, ξ)) = kgV(ord(ζ), ord(ξ)) (12.6)

Sind nun ζ ∈ Un, ξ ∈ Um primitv, dann folgt ord((ζ, ξ)) = kgV(n,m) = nm, da (n,m) = 1.Wegen f isomorph, ist ord(f(ζ, ξ)) = ord(ζ · ξ) = nm und damit ζ · ξ ∈ Unm primitiv.

Bemerkung. Die Voraussetzung (n,m) = 1 in Proposition 12.5 wird gebraucht. Seien beispiels-weise ζ = i ∈ U4(C) und ξ = i ∈ U4(C). Diese sind primitiv, aber ζ · ξ = −1 ∈ U16(C) hatOrdnung 2 = 16, ist also nicht primitiv.

12.5 Erinnerung. Die Euler’sche φ-Funktion ist definiert als φ : N\{0} → N mit

φ(n) := |(Z/nZ)∗| ∀n ≥ 1 (12.7)

und es gelten:

i) Es ist (Z/nZ)∗ = {a ∈ Z/nZ | (a, n) = 1}, also insbesondere

φ(n) = |{0 ≤ a ≤ n− 1 | (a, n) = 1}|. (12.8)

ii) Multiplikativitat der φ-Funktion: Fur alle n,m ≥ 1 mit (n,m) = 1 gilt

φ(n) · φ(m) = φ(n ·m) (12.9)

iii) Sei p > 0 eine Primzahl und r ≥ 1. Dann gilt

φ(pr) = (p− 1)pr−1. (12.10)

12.6 Proposition. Fur alle a ∈ Z/nZ wird die additive zyklische Gruppe (Z/nZ,+) genaudann von a erzeugt, wenn a ∈ (Z/nZ)∗. Ist insbesondere n = 0, so enthalt Z/nZ genau φ(n)Elemente, die Z/nZ erzeugen.

Beweis.

”⇒“ Sei a Erzeuger von (Z/nZ,+), dann gibt es ein k ≥ 1 ∈ Z mit

1 = a+ . . .+ a︸ ︷︷ ︸k-mal

= a · k

in Z/nZ, also a ∈ (Z/nZ)∗.

68

”⇐“ Sei a ∈ (Z/nZ)∗, dann gibt es ein b ≥ 1 ∈ Zmit a·b = 1 in Z/nZ, also 1 ∈ ⟨a⟩ ⊆ (Z/nZ,+).

Wegen ⟨1⟩ = (Z/nZ,+) folgt ⟨a⟩ = (Z/nZ,+).

12.7 Korollar. Fur n ≥ 1 gelten:

i) |{ζ ∈ Un | ζ primitiv}| = φ(n)

ii) Fur ζ ∈ Un primitiv und r ∈ Z ist ζr ∈ Un genau dann primitiv, wenn r ∈ (Z/nZ)∗, nachErinnerung 12.5 i) also wenn (r, n) = 1.

Beweis.

i) |{ζ ∈ Un | ζ primitiv}| 12.1=12.2

|{a ∈ (Z/nZ,+) | ⟨a⟩ = (Z/nZ,+)}| 12.6= |(Z/nZ)∗| 12.5= φ(n)

ii) Sei ζ ∈ Un primitiv. Dann ist (Z/nZ,+)≃−−→ Un, a 7→ ζa ein Isomorphismus. Also ist fur

alle r ∈ Z ζr ∈ Un primitiv genau dann, wenn ⟨r⟩ = (Z/nZ,+) bzw. nach Proposition 12.6wenn r ∈ (Z/nZ)∗.

12.8 Satz. Seien n ≥ 1 und ζn ∈ k eine primitive n-te Einheitswurzel. Dann gelten:

i) k(ζn)/k ist eine endlich abelsche Galois-Erweiterung.

ii) Die Abbildung ψ : Gal(k(ζn)/k) ↪→ Aut(Un), ψ(σ) = σ|Unist wohldefiniert und ein injek-

tiver Gruppenhomomorphismus.

iii) Die Abbildung (Z/nZ)∗ → Aut(Un), a 7→ (ζ 7→ ζa) ist wohldefiniert und ein Gruppenho-momorphismus.

Beweis. Sei ζn primitiv. Dann ist

Un = ⟨ζn⟩ = {ζan | a ∈ Z} ⊆ k(ζn). (12.11)

Also ist k(ζn)/k ein Zerfallungskorper von Xn − 1 ∈ k[X]. Wegen ζnn = 1 ist (Xn − 1)′(ζn) =nζn−1

n = 0 und damit Xn − 1 ∈ k[X] separabel und k(ζn)/k endlich galoissch. Fur ζ ∈ Un undσ ∈ Gal(k(ζn)/k) gilt

[σ(ζ)]n = σ(ζn) = σ(1) = 1, (12.12)

also σ(ζ) ∈ Un. Ferner ist die Abbildung Un → Un, ζ 7→ σ(ζ) wegen σ(ζ · ξ) = σ(ζ) · σ(ξ)ein Gruppenhomomorphismus mit Inversem σ−1

∣∣Un

. Damit ist ψ in ii) wohldefiniert und einGruppenhomomorphismus. Wegen (12.11) ist ψ injektiv. Aussage iii) folgt, da nach Proposition12.1 Un ein freier (Z/nZ)-Modul vom Rang 1 ist. Aussage i) gilt, da nach ii) und iii) die Galois-Gruppe Gal(k(ζn)/k) abelsch ist.

12.9 Bemerkung & Definition.

i) In der Situation von Satz 12.8 gilt [k(ζn) : k] | φ(n).

ii) Fur k = Q in Satz 12.8 heißt Q(ζn) der n-te Kreisteilungskorper.

69

12. Kreisteilungskorper

12.10 Satz. Sei n ≥ 1 und ζn ∈ Q eine primitive n-te Einheitswurzel. Dann ist der Gruppen-homomorphismus

ψ : Gal(Q(ζn)/Q)∼−−→ Aut(Un) ≃ (Z/nZ)∗ (12.13)

mit σ(ζ) = ζψ(σ) fur alle σ ∈ Gal(Q(ζn)/Q), ζ ∈ Un(Q) (vgl. Satz 12.8 ii)) ein Isomorphismus.Insbesondere gilt

[Q(ζn) : Q] = φ(n). (12.14)

Beweis. Sei f = MipoQ(ζn), dann folgt f | Xn−1 in Q[X] und mit Korollar 3.4 (mit h = Xn−1,R = Z) und f normiert gilt f ∈ Z[X] und

Xn − 1 = f · h (12.15)

in Z[X] fur h geeignet.

Behauptung 1: Ist p > 0 eine Primzahl mit p ∤ n, so ist f(ζpn) = 0 und ζpn ∈ Un primitiv.

Die zweite Aussage der Behauptung folgt aus Korollar 12.7 ii). Angenommen es ware f(ζpn) = 0,dann ware h(ζpn) = 0 wegen (ζpn)n = 1 und (12.15). Es folgt h(Xp)(ζn) = 0 und mit Korollar 3.4f | h(Xp) in Z[X], d.h. h(Xp) = f · g in Z[X] fur g geeignet. Reduktion modulo p liefert

hp= h(Xp) = f · g, (12.16)

also (h, f) = 1 in Fp[X]. Hierbei ist hp= h(Xp), denn: Sei h =

∑i aiX

i mit ai ∈ Fp. Es folgt

h(Xp) =∑i

ai(Xp)i =

∑i

api (Xi)p = (

∑i

aiXi)p = h

p. (12.17)

Dann besitzt Xn − 1 = f · h ∈ Fp[X] eine mehrfache Nullstelle in Fp im Widerspruch zuXn − 1 ∈ Fp[X] separabel, da p ∤ n (vgl. Beweis zu Satz 12.8 ii)).

Behauptung 2: Ist ζ ∈ Un primitiv, so gilt f(ζ) = 0.

Wegen Korollar 12.7 ii) gibt es ein r ∈ Z mit (r, n) = 1 und ζ = ζrn. Dann ist r = p1 · . . . · pm einendliches Produkt von Primzahlen pi mit pi ∤ n fur alle 1 ≤ i ≤ m und aus Behauptung 1 folgtinduktiv: f(ζp1n ) = 0 und ζp1n ∈ Un primitiv, angewandt auf ζp1n ist (ζp1n )

p2 = ζp1p2n ∈ Un primitivund f(ζp1p2n ) = 0, ... Es folgt 0 = f(ζrn) = f(ζ) und damit Behauptung 2.

Nach Satz 12.8 ii) ist ψ : Gal(Q(ζn/Q) ↪→ (Z/nZ)∗ injektiv. Zu zeigen bleibt also nur noch[Q(ζn) : Q] ≥ |(Z/nZ)∗| = φ(n). Mit Behauptung 2 gilt

[Q(ζn) : Q] = deg(f) ≥Beh. 2

|{ζ ∈ Un | ζ primitiv}| = φ(n). (12.18)

12.11 Korollar. Seien n,m ≥ 1 teilerfremd und ζn, ζm ∈ Q primitive n-te bzw. m-te Einheits-wurzeln. Dann gelten:

i) Q(ζn, ζm) = Q(ζn) ·Q(ζm) = Q(ζn · ζm) [= Q(ζnm)]

ii) Q(ζn) ∩Q(ζm) = Q

70

iii) Die Abbildung

Gal(Q(ζn, ζm)/Q) → Gal(Q(ζn)/Q)×Gal(Q(ζm)/Q)

σ 7→ (σ|Q(ζn), σ|Q(ζm))

ist ein Gruppenisomorphismus.

Beweis.

i) Da ζn · ζm nach Proposition 12.4 eine nm-te Einheitswurzel ist, gelten ζn, ζm ∈ Q(ζn · ζm),denn Un, Um ⊆ Unm. Der Rest ist klar.

ii) Wir haben folgendes Korperdiagramm:

..

Q(ζnm)

.Q(ζn)

.Q(ζm)

.

E := Q(ζn) ∩Q(ζm)

.

Q

.

φ(n)

.

φ(m)

. φ(nm) = φ(n)φ(m)

wobei die Grade nach Satz 12.10 gelten. Aus der Gradformel fur Q ⊆ Q(ζn) ⊆ Q(ζnm)folgt [Q(ζnm) : Q(ζm)] = φ(n) ≤ [Q(ζn) : E] ≤ [Q(ζn) : Q] = φ(n) und damit φ(n) =[Q(ζn) : E] = [Q(ζn) : Q], also E = Q.

iii) folgt aus i), ii) und Satz 10.16 ii).

12.12 Bemerkung. In der Situation von Korollar 12.11 ist folgendes Diagramm kommutativ:

Gal(Q(ζnm)/Q) ≃12.11//

≃ 12.10��

Gal(Q(ζn)/Q)×Gal(Q(ζm)/Q)

≃ 12.10��

(Z/nmZ)∗ ≃a7→(a mod n,a mod m)

// (Z/nZ)∗ × (Z/mZ)∗

12.13 Definition. Seien n ≥ 1 und {ζ1, . . . , ζφ(n)} ⊆ Un ⊆ k∗die primitiven n-ten Einheits-

wurzeln (vgl. Korollar 12.7 i)). Dann heißt

Φn(X) =

φ(n)∏i=1

(X − ζi) ∈ k[X] (12.19)

das n-te Kreisteilungspolynom uber k.

12.14 Satz. Fur n ≥ 1 und char(k) ∤ n gelten:

i) Φn(X) ∈ k[X] ist separabel und normiert mit deg(Φn) = φ(n).

ii) Fur k = Q ist Φn(X) ∈ Z[X] irreduzibel.

iii) Berechnungsformel:

Xn − 1 =∏

d>0,d|n

Φd(X) in k[X] (12.20)

71

12. Kreisteilungskorper

Beweis.

i) Nach Definition 12.13 ist klar, dass Φn(X) ∈ k[X] normiert und separabel vom Grad φ(n)ist. Zeige also nur, dass Φn(X) ∈ k[X]. Fur E := k(ζn) = k(ζ | ζ ∈ Un) ist Φn(X) ∈ E[X]klar und E/k ist endlich galoissch nach Satz 12.8 i). Fur σ ∈ Gal(E/k) und ζ ∈ Unprimitiv ist auch σ(ζ) ∈ Un primitiv. Mit Definition 12.13 ist dann Φn(X)σ = Φn(X) furalle σ ∈ Gal(E/k), also Φn(X) ∈ (EGal(E/k))[X] = k[X].

ii) Φn(X) ∈ Q[X] ist irreduzibel, genauer: Fur ζ ∈ Un(Q) primitiv gelten [ζn : Q] = φ(n)nach Satz 12.10, deg(Φn(X)) = φ(n) und Φn(ζn) = 0 nach Definition 12.13, also gilt sogar

Φn(X) = MipoQ(ζn). (12.21)

Wegen Φn(X) normiert gilt Φn(X) | Xn − 1 in Q[X] und es folgt Φn(X) ∈ Z[X] mitKorollar 3.4.

iii) Setze fur alle 0 < d, d | n:

Pd := {ζ ∈ Un | ord(ζ) = d} (12.22)

Dann ist Un die disjunkte Vereinigung uber alle Pd, 0 < d | n. Daher gilt in k[X]

Xn − 1 =∏ζ∈Un

(X − ζ) =∏

d>0,d|n

Φd(X). (12.23)

Beachte auch, dass Ud ⊆ Un gilt fur alle d | n.

12.15 Beispiel. Sei k = Q. Mit Satz 12.14 iii) kann man Φn(X) ∈ Z[X] durch Induktion uberdie Anzahl der Primfaktoren von n explizit berechnen:

i) Sei p > 0 eine Primzahl.

Xp − 1 = Φ1(X) · Φp(X), Φ1(X) = X − 1

⇒ Φp(X) =Xp − 1

X − 1= Xp−1 + . . .+X + 1 = MipoQ(ζp) (12.24)

(vgl. Beispiel 4.6 iii))

ii) Seien p, q > 0 Primzahlen mit p = q.

Xpq − 1 = Φ1(X) · Φp(X) · Φq(X) · Φpq(X)

⇒ Φpq(X) =(Xpq − 1)(X − 1)(X − 1)

(X − 1)(Xp − 1)(Xq − 1)=

(Xpq − 1)(X − 1)

(Xp − 1)(Xq − 1)(12.25)

Beachte deg(Φpq) = φ(pq) = φ(p)φ(q) = (p− 1)(q − 1). Beispielsweise erhalt man

Φ6(X) = X2 −X + 1 = MipoQ(ζ6).

Ubersicht uber die ersten 10 Kreisteilungspolynome:

Φ1 = X − 1, Φ6 = X2 −X + 1,

Φ2 = X + 1, Φ7 = X6 +X5 +X4 +X3 +X2 +X + 1,

Φ3 = X2 +X + 1, Φ8 = X4 + 1,

Φ4 = X2 + 1, Φ9 = X6 +X3 + 1,

Φ5 = X4 +X3 +X2 +X + 1, Φ10 = X4 −X3 +X2 −X + 1

72

12.16 Satz. Seien Fq ein endlicher Korper (vgl. Satz 9.2), n ≥ 1 eine naturliche Zahl mit(n, q) = 1 und ζn ∈ Fq eine primitive n-te Einheitswurzel. Dann gelten:

i) Der injektive Gruppenhomomorphismus ψ : Gal(Fq(ζn)/Fq) ↪→ Aut(Un) ≃ (Z/nZ)∗ (vgl.Satz 12.8) erfullt ψ(Fq) = q mit dem relativen Frobenius Fq (vgl. Satz & Definition 9.5),d.h. der relative Frobenius von Fq(ζn)/Fq wird auf die zugehorige Restklasse q ∈ (Z/nZ)∗abgebildet. Insbesondere induziert ψ einen Isomorphismus

Gal(Fq(ζn)/Fq)∼−−→ ⟨q⟩ ⊆ (Z/nZ)∗. (12.26)

ii) [Fq(ζn) : Fq] = ord(q ∈ (Z/nZ)∗)

iii) Φn(X) ist genau dann irreduzibel in Fq[X], wenn ⟨q⟩ = (Z/nZ)∗.

iv) Ist q = p eine Primzahl, so ist p = 1(n) genau dann, wenn ζn ∈ Fp ⊆ Fp, was wiederumgenau dann gilt, wenn Φn(X) eine Nullstelle modulo p in Z[X] besitzt, d.h. ∃a ∈ Z :Φn(a) = 0(p).

Beweis.

i) Es gilt

ζψ(Fq)n

12.10= Fq(ζn) = ζqn (12.27)

und wegen ord(ζn) = n gilt ψ(Fq) = q(n). Die zweite Aussage folgt dann aus der GleichheitGal(Fq(ζn)/Fq) = ⟨Fq⟩ (vgl. Satz & Definition 9.5 ii)).

ii) Mit Teil i) folgt

[Fq(ζn) : Fq] = |Gal(Fq(ζn)/Fq)| = |⟨q⟩| = ord(q ∈ (Z/nZ)∗). (12.28)

iii) Φn(X) ∈ Fq[X] ist irreduzibel genau dann, wenn Φn(X) = MipoFq(ζn) und es gilt

Φn(X) = MipoFq(ζn) ⇔ [Fq(ζn) : Fq] = φ(n) ⇔ ψ in i) ist injektiv ⇔ ⟨q⟩ = (Z/nZ)∗.

iv) Es gelten die Aquivalenzen

p = 1(n) ⇔ ⟨p⟩ = {1} ⊆ (Z/nZ)∗

⇔ Gal(Fp(ζn)/Fp) = {1}⇔ Φn besitzt eine Nullstelle in Fp wegen Φn(ζn) = 0.

12.17 Beispiel. Seien n = 4 und Φ4(X) = X2 + 1.

p ∤ n 3 5 7 11 13 ...p modulo n -1 1 -1 -1 1 ...

Nullstellen von Φ4 modulo p – 2 – – 8 ...

12.18 Lemma. Sei f ∈ Z[X] mit deg(f) ≥ 1 und setze

P (f) := {p | p > 0 Primzahl und f besitzt Nullstellen modulo p}. (12.29)

Dann gilt |P (f)| = ∞.

73

12. Kreisteilungskorper

Beweis. Offenbar ist P (f) = {p | p > 0 Primzahl: ∃z ∈ Z : p | f(z) in Z}. Schreibef = anX

n + . . .+ a1X + a0 mit an = 0 und ai ∈ Z. Ist a0 = 0, so gilt p | f(p) fur alle Primzahlenp. Sei also ohne Einschrankung a0 = 0. Rechne

f(a0X) = a0 · (anan−10 Xn + . . .+ a1X + 1) =: a0 · g(X).

Dann ist P (g) ⊆ P (f), zeige also nur |P (g)| = ∞. Angenommen dies ware nicht der Fall, dann seiP (g) = {p1, . . . , pn}. Dann existiert α ≥ 1, sodass 0,±1 = g(αp1 · . . . · pn) =: N (da deg(g) ≥ 1).Aus der Definition von g folgt

N ≡ 1 mod pi (∗)

fur alle 1 ≤ i ≤ n. Damit gibt es eine Primzahl q mit q | N (1), also q ∈ P (g) (2). Nach (1) istN ≡ 0(q), aber nach (2) und (∗) auch N ≡ 1(q). Widerspruch!

12.19 Satz. Fur jede Zahl n ≥ 1 existieren unendlich viele Primzahlen p mit p ≡ 1(n).

Beweis. Die Behauptung folgt aus Satz 12.16 iii) und Lemma 12.18 mit f = Φn(X).

12.20 Bemerkung. Allgemeiner gilt der Satz von Dirichlet : Fur a, n ≥ 1 und (a, n) = 1gibt es unendlich viele Primzahlen p mit p = a(n). Vergleiche hierzu J-P. Serre,

”A Course in

Arithmetic“.

74

13. Gruppentheorie II

13.1. Operationen von Gruppen auf Mengen

13.1.1 Proposition & Definition. Seien G eine Gruppe, X eine Menge und ϱ : G → Σ(X)ein Gruppenhomomorphismus. Dann gelten fur die Abbildung

G×X → X, (g, x) 7→ g · x = ϱ(g)(x) (13.1)

folgende Aussagen:

i) e · x = x fur das Einselement e ∈ G und fur x ∈ X.

ii) g · (h · x) = (gh) · x fur alle g, h ∈ G, x ∈ X.

Eine Abbildung der Form (13.1) mit i) und ii) heißt eine Operation oder Aktion von G aufX. Ist umgekehrt (13.1) eine Operation von G auf X, so ist die Abbildung

G→ Σ(X), g 7→ (x 7→ g · x) (13.2)

wohldefiniert und ein Gruppenhomomorphismus.

Beweis. Zeige nur die Aussagen i) und ii) fur die Abbildung (13.1). Der Rest ist Ubung.

i) Es gilt e · x = ϱ(e)(x) = idX(x) = x, da ϱ Gruppenhomomorphismus.

ii) Es gilt g · (h · x) = ϱ(g)(ϱ(h)(x)) = (ϱ(g) ◦ ϱ(h))(x) = (ϱ(gh))(x) = (gh) · x. Erneut ginghierbei im vorletzten Schritt ein, dass ϱ Gruppenhomomorphismus ist.

13.1.2 Beispiel & Definition.

i) Sei G ×X → X, (g, x) 7→ g · x eine Operation der Gruppe G auf der Menge X. Dann istfur jedes σ ∈ G die Linkstranslation mit σ, welche definiert ist durch

lσ : X∼−−→ X, x 7→ σ · x, (13.3)

bijektiv, denn man sieht leicht

lσ ◦ lσ−1 = lσ−1 ◦ lσ = idX .

ii) Ist E/k eine Korpererweiterung, so ist

Autk(E)× E → E, (σ, x) 7→ σ(x) (13.4)

eine Operation.

iii) Sei G eine Gruppe. Dann ist die Multiplikation G × G → G eine Operation der GruppeG auf der Menge G und der zugehorige Gruppenhomomorphismus G → Σ(X) wie inProposition & Definition 13.1.1 ist injektiv, vgl. Blatt 1, Aufgabe 2 i).

75

13. Gruppentheorie II

iv) Sei G eine Gruppe. Dann ist die Abbildung

G×G→ G, (g, h) 7→ ghg−1

eine Operation, die Konjugationsoperation bzw. die Operation von G auf sich selbstdurch Konjugation. Dies folgt aus Beispiel & Definition 1.5 und Proposition & Definition13.1.1.

Fixiere im Folgenden eine Operation G×X → X der Gruppe G auf der Menge X.

13.1.3 Proposition & Definition. Fuhre fur Punkte x ∈ X folgende Notationen ein:

i) Gx := {g · x | g ∈ G} ⊆ X heißt die Bahn bzw. der Orbit von x unter G.

ii) Gx := {σ ∈ G | σ · x = x} ⊆ G ist eine Untergruppe, die Standuntergruppe von x ∈ X.

Beweis. Es ist nur zu zeigen, dass die Teilmenge Gx ⊆ G eine Untergruppe ist. Wegen e · x = xist e ∈ Gx und fur σ, τ ∈ Gx gilt das Untergruppenkriterium, denn

(στ−1) · x = (στ−1)τ · x = (σ(τ−1τ)) · x = σ · x = x,

also gilt στ−1 ∈ Gx.

13.1.4 Proposition. Seien x, y zwei Punkte einer G-Bahn in X, etwa x ∈ Gy. Dann sind dieStanduntergruppen Gx, Gy ⊆ G zueinander konjugiert.

Beweis. Sei x ∈ Gy. Dann gibt es nach Proposition & Definition 13.1.3 i) ein σ ∈ G mit x = σ ·y.Weiter folgt fur alle ω ∈ G

ω ∈ Gx ⇔ ω · x = x⇔ ω · (σ · y) = σ · y ⇔ (σ−1ωσ) · y = y

⇔ σ−1ωσ ∈ Gy ⇔ ω ∈ σGyσ−1.

Wegen ω ∈ G beliebig folgt Gx = σGyσ−1, d.h. Gx ist zu Gy konjugiert.

13.1.5 Proposition & Definition.

i) Die Relation ∼ auf der Menge X definiert durch

x ∼ y :⇔ ∃σ ∈ G : y = σ · x⇔ y ∈ Gx (13.5)

fur alle x, y ∈ X ist eine Aquivalenzrelation, deren Aquivalenzklassen genau die BahnenGx ⊆ X fur x ∈ X sind.

ii) Fur alle x, y ∈ X gilt

Gx ∩Gy = ∅ oder Gx = Gy. (13.6)

iii) Fur die Menge der Bahnen X/G = X/ ∼ (Sprechweise X mod G) gilt

X =∪

[x]∈G\X

Gx, (13.7)

d.h. X ist die disjunkte Vereinigung aller Bahnen.

76

13.1. Operationen von Gruppen auf Mengen

Beweis. Zeige nur die Aquivalenzrelation in Teil i).

• Reflexivitat: Wegen e ∈ G gilt x = e · x, also x ∼ x.

• Symmetrie: Sei x ∼ y. Dann gibt es ein σ ∈ G mit y = σ · x, also gilt

σ−1 · y = σ−1(σ · x) = (σ−1σ) · x = e · x = x,

d.h. y ∼ x.

• Transitivitat: Seien x ∼ y und y ∼ z. Dann gibt es σ, τ ∈ G mit σ ·x = y und τ · y = z, also

z = τ · y = τ · (σ · x) = (τσ) · x,

d.h. x ∼ z.

Dies zeigt die Aquivalenzrelation. Die zweite Aussage in i) ist klar und Teil ii) und iii) sindallgemeine Eigenschaften von Aquivalenzrelationen.

13.1.6 Proposition. Fur x ∈ X ist die Abbildung

G/Gx∼−−→ Gx, σGx 7→ σ · x (13.8)

wohldefiniert und bijektiv. Sind G und X endlich, so folgt

|Gx| = |G/Gx| = (G : Gx). (13.9)

Beweis. Fur alle σ, τ ∈ G sei σGx = τGx. Dann gibt es ω ∈ Gx mit σ = τω und damit

τ · x = τ(ω · x) = (τω) · x = σ · x,

also ist die Abbildung in (13.8) wohldefiniert und offenbar surjektiv. Fur σ, τ ∈ G mit σ ·x = τ ·xfolgt

(τ−1σ) · x = τ−1(σ · x) = τ−1(τ · x) = (τ−1τ) · x = e · x = x,

also τ−1σ ∈ Gx und damit σGx = τGx, d.h. die Abbildung ist auch injektiv und somit bijektiv.Der Rest ist klar.

13.1.7 Satz. (Bahnengleichung) Sind G und X endlich und ist {x1, . . . , xn} ein Vertreter-system der Bahnen, d.h. es gilt X/G = {[x1], . . . , [xn]} und [xi] = [xj ] fur i = j, so folgt

|X| =n∑i=1

|Gxi| =n∑i=1

(G : Gxi). (13.10)

Beweis. Die Aussage folgt aus Proposition & Definition 13.1.5 und Proposition 13.1.6.

13.1.8 Definition. Sei G eine Gruppe und τ ∈ G. Dann heißt die Bahn von τ bzgl. der Kon-jugationsoperation die Konjugationsklasse von τ in G. Die Standuntergruppe Gτ von τ bzgl.der betrachteten Operation heißt Zentralisator von τ in G. Sie wird mit ZG(τ) bezeichnet.Es ist

ZG(τ) = {a ∈ G | aτa−1 = τ, d.h. aτ = τa}. (13.11)

Das Zentrum von G, so wie in Beispiel & Definition 1.12 definiert, ist der Zentralisator von G.

77

13. Gruppentheorie II

13.1.9 Proposition. (Klassengleichung) Ist G eine endliche Gruppe und τ1, . . . , τr fur r ≥ 0ein vollstandiges Vertretersystem derjenigen Konjugationsklassen von G, welche aus mehr alseinem Element bestehen, so gilt

|G| = |Z(G)|+r∑i=1

(G : ZG(τi)). (13.12)

Beweis. Die Konjugationsklasse eines τ ∈ G ist genau dann einelementig, wenn τ ∈ Z(G). Damitfolgt die Behauptung aus der Bahnengleichung, Satz 13.1.7.

13.1.10 Definition. Sei p eine Primzahl. Eine endliche Gruppe G heißt eine ppp-Gruppe, wenn|G| eine Potenz von p ist, d.h. |G| = pn fur ein n ∈ N.

13.1.11 Satz. Jede nicht-triviale endliche p-Gruppe G besitzt ein nicht-triviales Zentrum.

Beweis. Nach der Klassengleichung, Proposition 13.1.9, gilt p | |Z(G)|, also |Z(G)| = 1.

13.1.12 Satz. Sei G eine p-Gruppe der Ordnung pm. Dann gibt es eine Kette

G = H0 ⊇ H1 ⊇ H2 ⊇ . . . ⊇ Hm = {e} (13.13)

von Normalteilern Hi von G mit (Hi−1 : Hi) = p fur alle 1 ≤ i ≤ m.

Beweis. Wir schließen mit Induktion nach m. Der Fall m = 0 ist trivial. Sei also m > 0. NachSatz 13.1.11 ist Z(G) = {e}. Wahle also ein α ∈ Z(G) und α = e. Die zyklische Untergruppe⟨α⟩ besitzt eine Untergruppe H der Ordnung p, namlich ⟨αord(α)/p⟩. Wegen H ⊆ Z(G) ist HNormalteiler von G. Sei G = G/H, also |G| = pm−1. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es eineKette

G := N0 ⊇ N1 ⊇ . . . ⊇ Nm−1 = {e}von Normalteilern Ni von G mit (Ni−1 : Ni) = p. Sei φi die Komposition G → G → G/Ni

und Hi = ker(φi) fur 0 ≤ i ≤ m − 1. Dann ist Hm = {e}, aber Hi ⊴ G. Wegen Hi−1/Hi =(Hi−1/H)/(Hi/H) = Ni−1/Ni gilt (Hi−1 : Hi) = p fur 1 ≤ i ≤ m − 1. Nach Wahl von H giltauch (Hm−1 : Hm) = p und damit ist G = H0 ⊇ . . . ⊇ Hm = {e} eine Kette der gewunschtenArt.

13.1.13 Proposition & Definition. Sei G eine Gruppe, die auf der Menge X operiere. Dannoperiert G auch auf P(X), der Potenzmenge (= Menge aller Teilmengen) von X, vermoge

(σ,M) 7→ σM = {σm | m ∈M}. (13.14)

Beweis. siehe Ubungen

13.1.14 Beispiel & Definition. Sei G eine Gruppe, die auf sich selbst durch Konjugationoperiere. Fuhre fur X ⊆ G folgende Notation ein:

Xσ = σ−1Xσ (13.15)

Ist X = H ⊆ G eine Untergruppe, so ist es auch Hσ. Die Standuntergruppe

NG(H) = {σ ∈ G | σHσ−1 = H} (13.16)

von H heißt der Normalisator von H in G. Es ist H ⊴ NG(H) ein Normalteiler und es giltH ⊴ G genau dann, wenn NG(H) = G.

78

13.2. Die Sylow-Satze

13.2. Die Sylow-Satze

13.2.1 Lemma. Seien G eine endliche p-Gruppe, die auf einer endlichen Menge X operiert,und

X0 = {x ∈ X | σx = x fur alle σ ∈ G} (13.17)

die Menge der Fixpunkte. Dann ist |X| ≡ |X0| mod p.

Beweis. Sei x1, . . . , xn ein vollstandiges Vertretersystem der Bahnen, die aus mehr als einemElement bestehen. Mit der Bahnengleichung 13.1.7 folgt

|X| = |X0|+n∑i=1

(G : Gxi)

und mit p | (G : Gxi) folgt die Behauptung.

13.2.2 Definition. SeienG eine endliche Gruppe, p eine Primzahl und |G| = pnmmit (p,m) = 1.Eine p-Gruppe H ⊆ G mit |H| = pn heißt ppp-Sylow-Gruppe von G.

13.2.3 Beispiel. Es ist

1 ∗ . . . ∗

0 1. . .

......

. . .. . . ∗

0 . . . 0 1

⊆ Gln(Fp) eine p-Sylow-Gruppe.

Beweis. siehe Ubungen

13.2.4 Satz. (Satz von Cauchy) Seien G eine endliche Gruppe und p eine Primzahl. Ist danndie Ordnung von G durch p teilbar, so enthalt G ein Element der Ordnung p.

Beweis. Sei M = {(a1, . . . , ap) ∈ Gp | a1 · . . . · ap = 1}. Dann ist offenbar |M | = |G|p−1. Weiteroperiere die Gruppe Z/pZ aufM durch zyklische Permutation. Diese Operation ist wohldefiniert,denn mit a1 · . . . ·ap = 1 ist auch a1+z · . . . ·apa1 · . . . ·az = 1. SeiM0 die Menge der Fixpunkte, alsodie Menge der (a, . . . , a) mit ap = 1. Wegen (e, . . . , e) ∈ M0 ist M0 nicht leer und mit Lemma13.2.1 gilt |M | ≡ |M0| mod p, d.h. |M | = |G|p−1 ist durch p teilbar und es folgt |M0| ≥ p. Somitgibt es ein (a, . . . , a) ∈M0 mit a = e und ap = 1.

13.2.5 Lemma. Seien G eine endliche Gruppe und H ⊆ G eine p-Gruppe. Dann gilt

(NG(H) : H) ≡ (G : H) mod p. (13.18)

Beweis. H operiere auf M = G/H durch Linkstranslation. Dann ist die Menge der Fixpunktegegeben durch

M0 = {gH | hgH = gH fur alle h ∈ H}.

Fur h ∈ H und g ∈ G gilt aber hgH = gH genau dann, wenn g−1hg ∈ H, d.h. M0 ist die Mengealler gH mit g ∈ NG(H) und es folgt |M0| = (NG(H) : H). Mit |M | = (G : H) folgt schließlichdie Behauptung aus Lemma 13.2.1.

79

13. Gruppentheorie II

Eine direkte Folgerung von Lemma 13.2.5 ist folgendes Korollar.

13.2.6 Korollar. Gegeben sei die Situation von Lemma 13.2.5. Ist der Index (G : H) von Hin G durch p teilbar, so teilt p auch den Index (NG(H) : H) von H in NG(H).

13.2.7 Satz. (1. Sylow-Satz) Seien G eine endliche Gruppe und p eine Primzahl. Dann be-sitzt G eine p-Sylow-Gruppe. Genauer ist jede p-Untergruppe von G in einer p-Sylow-Gruppevon G enthalten.

Beweis. Sei H ⊆ G eine p-Untergruppe. (Dabei sei H = {e} erlaubt.) Zum Beweis des Satzesgenugt es zu zeigen, dass ein H ⊆ H ′ ⊆ G existiert mit (H ′ : H) = p, falls p | (G : H). Konstru-iere dann sukzessive H ′ bis man bei einer p-Sylow-Gruppe angelangt ist. Sei also p | (G : H).Nach Korollar 13.2.6 gilt dann auch p | (NG(H) : H). Nach Satz 13.2.4 enthalt NG(H)/H eineUntergruppe der Ordnung p, deren Urbild in NG(H) ist ein H ′ mit den geforderten Eigenschaf-ten.

13.2.8 Satz. (2. Sylow-Satz) Seien G eine endliche Gruppe und p eine Primzahl. Zu je-der p-Untergruppe H von G und jeder p-Sylow-Gruppe P von G existiert ein g ∈ G, sodassgHg−1 ⊆ P . Umgekehrt sind je zwei p-Sylow-Gruppen von G zueinander konjugiert.

Beweis. H operiere auf M = G/P durch Linkstranslation. Bezeichne M0 die Menge der Fix-punkte in Analogie zum Beweis von Lemma 13.2.5. Nach Lemma 13.2.1 gilt dann |M0| ≡ |M |mod p. Da p | |M | = (G : P ), ist M0 nicht leer und es gibt ein g ∈ G mit hgP = gP fur alleh ∈ H, also g−1Hg ⊆ P . Die erste Aussage ist damit bewiesen und die zweite Aussage folgtdaraus, dass je zwei p-Sylow-Gruppen die gleiche Ordnung besitzen.

13.2.9 Satz. (3. Sylow-Satz) Seien G eine endliche Gruppe und p eine Primzahl. Bezeichnesp die Anzahl der p-Sylow-Gruppen von G mit |G| = pnm und (p,m) = 1. Dann gilt

sp | m und sp ≡ 1 mod p. (13.19)

Beweis. G operiere auf der Menge M der p-Sylow-Gruppen von G durch Konjugation. Nachdem 2. Sylow-Satz 13.2.8 gibt es nur eine Bahn und die Standuntergruppe Gp von P enthalt P .Damit folgt

sp = (G : Gp) | (G : P ) = m.

Sei P eine p-Sylow-Gruppe von G und P operiere auf M durch Konjugation. Bezeichne M0 dieMenge der Fixpunkte. Dann gilt Q ∈M0 genau dann, wenn P ⊆ NG(Q). Fur Q ∈M0 sind P,Qp-Sylow-Gruppen von NG(Q) und damit konjugiert nach Satz 13.2.8. Also ist P = Q und esfolgt M0 = {P}. Die Behauptung folgt nun aus Lemma 13.2.1.

13.3. Auflosbare Gruppen

13.3.1 Definition. Eine Gruppe G heißt auflosbar, wenn es eine Kette

G = H0 ⊇ H1 ⊇ . . . ⊇ Hn = {e} (13.20)

von Untergruppen Hi ⊆ G gibt mit Hi ⊴ Hi−1 und Hi/Hi−1 zyklisch von Primzahlordnung,d.h. insbesondere abelsch.

80

13.4. Permutationsgruppen

13.3.2 Beispiel.

i) Ist G endlich abelsch, so ist G auflosbar. Dies folgt z.B. aus dem Struktursatz oder durchInduktion uber die Gruppenordnung. Beachte, dass jede (inbesondere zyklische) Unter-gruppe normal ist.

ii) Jede endliche p-Gruppe ist auflosbar, vgl. Satz 13.1.12.

13.3.3 Satz. Sei G eine endliche Gruppe. Dann gelten:

i) Ist G auflosbar, so ist es auch jede Untergruppe H ⊆ G.

ii) Ist G auflosbar und N ⊴ G ein Normalteiler, so ist die Quotientengruppe G/N von Gauflosbar.

iii) Sei N ⊴ G ein Normalteiler von G. Sind N und G/N auflosbar, so ist es auch G.

Beweis. siehe Ubungen

13.4. Permutationsgruppen

Sei M = {1, . . . , n}. Betrachtet wird nun die Permutationsgruppe S = Σ(M) = Sn. Fur σ ∈ Sist H = ⟨σ⟩ ⊆ S eine Untergruppe und fur a ∈ M nennen wir Ha die Bahn von a bzgl. σ undHa die zugehorige Standuntergruppe. Setze d = (H : Ha), dann gilt

Ha = {a, σ(a), σ2(a), . . . , σd−1(a)}. (13.21)

13.4.1 Definition. Ein Element ϱ ∈ S heißt ein Zyklus der Lange d, wenn es d verschiedeneElemente a1, a2, . . . , ad ∈M gibt, sodass

ϱ(ai) = ai+1 fur i < d,

ϱ(ad) = a1, (13.22)

ϱ(a) = a fur alle a ∈M\{a1, . . . , ad}.

13.4.2 Notation. Zu d verschiedenen Elementen a1, . . . , ad ∈ M gibt es genau ein ϱ ∈ S mitden Eigenschaften aus (13.22). Dieser Zyklus wird mit ϱ = (a1 a2 . . . ad) bezeichnet.

13.4.3 Bemerkung.

i) Es gilt (a1 a2 . . . ad) = (a2 a3 . . . ad a1) = . . . = (ad a1 . . . ad−1).

ii) Ein Zyklus der Lange d hat die Ordnung d.

iii) Fur τ ∈ S gilt τ(a1 a2 . . . ad)τ−1 = (τ(a1) τ(a2) . . . τ(ad)).

13.4.4 Definition.

i) Fur σ ∈ S sei der Wertebereich definiert durch

W (σ) = {a ∈M | σ(a) = a}. (13.23)

ii) Zwei Zyklen σ, τ ∈ S heißen disjunkt, falls W (σ) ∩W (τ) = ∅. Dann gilt στ = τσ.

13.4.5 Proposition. Jedes σ ∈ S ist darstellbar als Produkt σ = ϱ1ϱ2 . . . ϱr paarweiser dis-junkter Zyklen mit

∑i Lange(ϱi) = n. Bis auf die Reihenfolge ist diese Darstellung eindeutig.

81

13. Gruppentheorie II

Beweis. Seien C1, . . . , Cr verschiedene Bahnen bzgl. σ. Dann gibt es Zyklen ϱi mit ϱi(a) = σ(a)fur a ∈ Ci fur alle 1 ≤ i ≤ r und ϱi paarweise disjunkt. Fur a ∈M gibt es genau ein i mit a ∈ Cinach Voraussetzung und es ist ϱ1ϱ2 . . . ϱr(a) = ϱi(a) = σ(a), d.h. wir haben eine Zerlegungσ = ϱ1ϱ2 . . . ϱr in disjunkte Zykel. Sei σ = γ1γ2 . . . γs eine weitere Zerlegung mit paarweisedisjunkten Zykeln γi und

∑i Lange(γi) = n. Dann sind W (γ1), . . . ,W (γs) die Bahnen bzgl. σ,

also gilt r = s und ohne Einschrankung W (γi) = Ci. Dann muss aber auch γi = ϱi gelten.

13.4.6 Bemerkung. Ist σ = ϱ1ϱ2 . . . ϱr eine Zerlegung in paarweise disjunkte Zykel ϱi, so istdie Ordnung von σ das kleinste gemeinsame Vielfache der Langen der ϱi.

13.4.7 Definition. Sei σ ∈ S mit σ = ϱ1ϱ2 . . . ϱr wie in Proposition 13.4.5. σ besitzt dann denTyp c1, c2, . . . , cn mit ci ∈ N, wenn in der Zerlegung σ genau cj Zyklen der Lange j vorkommen.

13.4.8 Proposition. Zwei Zyklen σ, σ′ ∈ S sind genau dann konjugiert, wenn sie den gleichenTyp haben.

Beweis. Zerlege σ wie in Proposition 13.4.5 in paarweise disjunkte Zyklen σ = ϱ1ϱ2 . . . ϱr. Furτ ∈ S ist dann

τστ−1 = (τϱ1τ−1)(τϱ2τ

−1) . . . (τϱrτ−1)

eine Zerlegung von τστ−1 wie in Satz 13.4.5. Also ist der Typ von σ gleich dem Typ von τστ−1.Seien nun σ, σ′ vom gleichen Typ, also σ = ϱ1 . . . ϱr und σ′ = ϱ′1 . . . ϱ

′r′ wie in Proposition

13.4.5. Dann ist r = r′ und ohne Einschrankung ist die Lange von ϱi gleich der Lange vonϱ′i fur 1 ≤ i ≤ r. Seien ϱi = (a1 . . . ad) und ϱ′i = (a′1 . . . a′d). Dann gibt es eine Bijektion

φi : {a1 . . . ad}∼−−→ {a′1 . . . a′d} mit φi(ai) = a′i. Wegen der Disjunktheit der ϱ1, . . . , ϱr und

ϱ′1, . . . , ϱ′r setzen sich die φi zu einer Bijektion τ : M → M zusammen. Mit Bemerkung 13.4.3

iii) gilt

τστ−1 = (τϱ1τ−1) . . . (τϱrτ

−1) = ϱ′1 . . . ϱ′r = σ′.

13.4.9 Erinnerung. Die Abbildung sgn : S → {±1} ist ein Gruppenhomomorphismus. Fureinen Zyklus σ = τ1 ◦ . . . ◦ τs mit Transpositionen τi gilt sgn(σ) = (−1)s. Insbesondere gilt furπ = (a1 a2 . . . ad) = (a1 a2) ◦ (a2 a3) ◦ . . . ◦ (ad−1 ad):

sgn(π) = (−1)d−1 (13.24)

Der Kern An = ker(sgn) heißt die alternierende Gruppe. Sei σ ∈ S. Dann heißt σ gerade,falls σ ∈ An, ansonsten heißt σ ungerade.

13.4.10 Satz. Die Gruppe Sn ist genau dann auflosbar, wenn n ≤ 4.

Beweis. Fur n = 1 und n = 2 ist die Aussage klar. Fur n = 3 haben wird die Kette {e} ⊴ A3 ⊴ S3mit S3/A3 ≃ Z/2Z und A3/{e} = A3 ≃ Z/3Z. Sei nun n = 4 und betrachte

V4 = {1, (1 2)(3 4), (1 3)(2 4), (1 4)(2 3)} ⊆ S4, (13.25)

die sogenannte Klein’sche Vierergruppe. Diese ist eine Untergruppe der S4, die zu Z/2Z ×Z/2Z isomorph ist. Die Untergruppeneigenschaften lassen sich hierbei leicht nachrechnen, z.B.ist

(1 2)(3 4) ◦ (1 3)(2 4) = (1 4)(2 3) = (1 3)(2 4) ◦ (1 2)(3 4).

82

13.5. Semidirekte Produkte

Wegen Bemerkung 13.4.3 iii) ist V4 ein Normalteiler in S4 und außerdem V4 ⊆ A4. Aus Kardina-litatsgrunden ist weiterhin A4/V4 ≃ Z/3Z und mit der so erhaltenen Kette {e} ⊆ V4 ⊆ A4 ⊆ S4ist S4 auflosbar. Zum Beweis der Nichtauflosbarkeit fur n > 4 benotigen wir noch folgendesLemma.

13.4.11 Lemma. Sei n ≥ 5 und G eine Untergruppe von Sn, die jeden Zyklus der Lange 3enthalt. Ist dann N ein Normalteiler von G mit abelscher Quotientengruppe G/N , so enthaltauch N jeden 3er-Zyklus.

Beweis. Sei (a b c) ein 3er-Zyklus. Wegen n ≥ 5 gibt es d, e ∈ M\{a, b, c}, e = d und Elementeσ = (a c e), ϱ = (a b d) ∈ Sn. Nach Bemerkung 13.4.3 iii) ist dann

ϱσϱ−1 = (ϱ(a) ϱ(c) ϱ(e)) = (b c e),

also ϱσϱ−1σ−1 = (b c e)(e c a) = (a b c). Damit ist (a b c) ∈ N wegen G/N abelsch.

Nun kommen wir zuruck zum Beweis von Satz 13.4.10. Sei n ≥ 5. Ware die Gruppe S5 auflosbar,so gabe es eine Kette Sn = G0 ⊵ G1 ⊵ . . . ⊵ Gm = {e} mit Gi−1/Gi abelsch. Induktiv warenach Lemma 13.4.11 dann jeder 3er-Zyklus in jedem Gi enthalten im Widerspruch zu Gm = {e}.

13.4.12 Definition. Eine Gruppe G = {1} heißt einfach, wenn G außer {e} und G keineweiteren Normalteiler besitzt.

13.4.13 Bemerkung. Es gibt den Satz, dass An einfach ist fur n ≥ 5.

13.5. Semidirekte Produkte

Fixiere: Seien N,H Gruppen und φ : H → Aut(N) ein Homomorphismus.

13.5.1 Satz & Definition. Die auf der Menge N ×H definierte Verknupfung

((n1, h1), (n2, h2)) 7→ (n1, h1) · (n2, h2) := (n1φ(h1)(n2), h1h2) (13.26)

stattet N × H mit der Struktur einer Gruppe aus mit neutralem Element (e, e) und inversemElement (n, h)−1 = (φ(h−1)(n−1), h−1). Sie wird als semidirektes Produkt N ×φ H oderN ⋊H bezeichnet.

Beweis. (e, e) ist offensichtlich ein (links- und rechts-)neutrales Element. Fur die Assoziativitatrechne

((n1, h1) · (n2, h2)) · (n3, h3) = (n1φ(h1)(n2), h1h2) · (n3, h3)= (n1φ(h1)(n2)φ(h1h2)(n3), h1h2h3)

= (n1φ(h1)(n2φ(h2)(n3)), h1h2h3)

= (n1, h1) · (n2φ(h2)(n3), h2h3)= (n1, h2) · ((n2, h2) · (n3, h3))

und fur das inverse Element rechne

(n, h) · (φ(h−1)(n−1), h−1) = (nφ(h)(φ(h−1)(n−1)), hh−1)

= (nn−1, e) = (e, e)

(φ(h−1)(n−1), h−1) · (n, h) = (φ(h−1)(n−1)φ(h−1)(n), h−1h)

= (φ(h−1)(e), e) = (e, e).

83

13. Gruppentheorie II

13.5.2 Definition. Eine kurze exakte Folge (oder Sequenz) ist eine Reihe von Abbildungen

{e} →Mf1−−→ N

f2−−→ P → {e}, (13.27)

wenn f1 injektiv und f2 surjektiv mit im(f1) = ker(f2) sind. Gibt es eine Abbildung g : P → Nmit f2 ◦ g = idP , so heißt die Folge spaltend und g eine Spaltung (oder Split), vgl. VorlesungLineare Algebra II.

Betrachte nun die Abbildungen von Gruppen f : N → N×φH,n 7→ (n, e) und g : H → N×φH,h 7→ (e, h) mit N ⊴ N ×φ H. Dann ist

{e} → Nf−−→ N ×φ H

f−−→ H → {e} (13.28)

eine kurze exakte Sequenz und g ist ein Split von f , also f ◦ g = idH .

13.5.3 Beispiel.

i) Splitting-Lemma. Ist umgekehrt

{e} → Nf−−→ G

f−−→ H = G/N → {e} (13.29)

eine kurze exakte Sequenz, so ist G ≃ N ×φ H, wenn es einen Split g : H → G gibt mitf ◦ g = idH . H operiert dann auf N via g durch Konjugation und der Homomorphismusφ : H → Aut(N) kann in diesem Fall konstruiert werden durch

φ(h)(n) = f−1(g(h) · f(n) · g(h−1)). (13.30)

Weiter ist die Abbildung Φ : N ×φ H → G, (n, h) 7→ (f(n) · g(h)) ein bijektiver Gruppen-homomorphismus:

• Gruppenhomomorphismus:

Φ((n1, h1)) · Φ((n2, h2)) = f(n1)g(h1) · f(n2)g(h2)= f(n1) (g(h1)f(n2)g(h

−11 ))︸ ︷︷ ︸

= f(φ(h1)(n2))

g(h1)g(h2)

= f(n1φ(h1)(n2))g(h1, h2)

= Φ(n1φ(h1)(n2), h1h2)

= Φ((n1, h1) · (n2, h2))

• Bijektivitat: Betrachte die Abbildung Ψ : G→ N×φH,x 7→ (f−1(x·g(f(x))−1), f(x)),so gelten Ψ ◦ Φ = idN×φH und Φ ◦Ψ = idG (nachrechnen).

ii) Gruppe der euklidischen Bewegungen im Rn:

E(n) = Rn ⋊O(n) (13.31)

mit der Standardoperation von O(n), den orthogonalen Matrizen, auf Rn.

84

14. Konstruktion mit Zirkel und Lineal

14.1 Definition.

i) Fur M ⊆ R2 sei G(M) die Menge der Geraden, die zwei verschiedene Punkte von Menthalten, und K(M) sei die Menge der Kreise, deren Mittelpunkt in M liegt und derenRadius gleich dem Abstand zweier Punkte aus M ist.

ii) Fur M ⊆ R2 sei

M die kleinste Teilmenge T von R2, fur die gilt:

a) M ⊆ T

b) Der Schnitt zweier verschiedener Geraden aus G(T ) liegt in T .

c) Der Schnitt einer Geraden aus G(T ) mit einem Kreis aus K(T ) liegt in T .

d) Der Schnitt zweier verschiedener Kreise aus K(T ) liegt in T .

14.2 Bemerkung.

Es ist

M die Punktmenge aus R2, die aus M mit Zirkel und Lineal konstruierbar sind.

Im folgenden identifizieren wir R2 mit C.

14.3 Proposition. Sei M ⊆ C mit {0, 1} ⊆M . Dann gelten:

i) i ∈

�M

ii) z ∈�

M =⇒ z ∈

M

iii) z ∈

�M =⇒ Re(z), Im(z) ∈

M

iv) z ∈

M =⇒ −z ∈

M

v) z1, z2 ∈

M =⇒ z1 + z2 ∈

M

vi) z1, z2 ∈

M =⇒ z1 · z2 ∈

M

vii) z ∈

M, z = 0 =⇒ z−1 ∈

M

Beweis.

i) Es ist −1 ∈

M (spiegle 1 am Ursprung). Dann ist i der Schnittpunkt der Mittelsenk-rechten zu [−1, 1] mit dem Einheitskreis.

ii) Der Fußpunkt a des Lots von z auf die reelle Achse liegt in

M und damit auch z.

iii) Gehe vor wie in (2) fur Re(z) ∈

M und analog auch fur Im(z) ∈

M .

iv) −z ist der Schnitt der Geraden durch 0 und z mit dem Kreis um 0 vom Radius |z|.

v) z1 + z2 ist der Schnitt des Kreises um z1 vom Radius |z2| mit dem Kreis um 0 vomRadius |z2|.

85

14. Konstruktion mit Zirkel und Lineal

vi) Wegen (4), (5) und (a+ ib)(c+ id) = ac− bd+ i(ad+ bs) genugt es, die Behauptung furr, s ∈ R>0 zu zeigen.

Konstruktion:

..

Winkelhalbierende

.

1

.r1

.r2

.x

. Re(z).

Im(z)

Mit dem Strahlensatz gilt dann x : r2 = r1 : 1, also x = r1 · r2.

vii) Schreibe z−1 = z(z · z)−1, also genugt es nach (6) die Behauptung fur r ∈ R>0 zu zeigen.

Konstruktion:

..

Winkelhalbierende

.x

.

1

.r

. Re(z).

Im(z)

Mit dem Strahlensatz gilt dann r : 1 = 1 : x, also x = r−1.

14.4 Korollar. Seien M ⊆ C und {0, 1} ⊆M . Dann ist

M ein Teilkorper von C.

14.5 Proposition. Seien M ⊆ C, {0, 1} ⊆ M und z ∈

M . Dann ist auch w ∈

M fur allew ∈ C mit w2 = z.

Beweis. Sei z = w2 = reiφ. Dann ist w = ±√reiφ/2 und wegen eiφ/2 ∈

M genugt es,√r ∈

Mfur r ∈ R>0 zu zeigen.

86

Konstruktion:

.. Re(z).

−1

.r

.

0

.

Im(z)

.

Thaleskreis

.

z

Nach dem Hohensatz im rechtwinkligen Dreieck gilt dann fur x = |z|: x2 = 1 · r, also x =√r.

Fur M ⊆ C sei M = {m | m ∈M} ⊆ C das Bild von M unter der komplexen Konjugation.

14.6 Proposition. Sei K ⊆ C ein Teilkorper mit K = K.

i) Ist z der Schnittpunkt zweier verschiedener Geraden aus G(K), so folgt z ∈ K.

ii) Ist z der Schnittpunkt einer Geraden aus G(K) mit einem Kreis aus K(K), so gilt:

Es gibt ein w ∈ C mit w2 ∈ K und z ∈ K(w). (14.1)

iii) Ist z der Schnittpunkt zweier verschiedener Kreise aus K(K), so gilt (14.1).

Beweis.

i) Seien z0, z′0 ∈ K, z1, z

′1 ∈ K∗ und

G = {z0 + tz1 | t ∈ R},G′ = {z′0 + t′z′1 | t′ ∈ R}

zwei Geraden mit G = G′. Sei z ∈ G∩G′, also z = z0 + tz1 = z′0 + t′z′1. Dann ist (t, t′) dieeindeutige Losung des Gleichungssystems

tRe(z1)− t′Re(z′1) = Re(z′0)− Re(z0)

tIm(z1)− t′Im(z′1) = Im(z′0)− Im(z0)

uber K (wegen K = K) und damit t, t′ ∈ K, also inbesondere auch z ∈ K.

ii) Sei k = {z ∈ C | (z − a)(z − a) = r2} mit a, r ∈ K eine Kreislinie und g = {z0 + tz1} mitz0 ∈ K, z1 ∈ K∗ eine Gerade. Um die Schnittpunkte von k und g zu berechnen, lose dieGleichung

(z0 + z1t− a)(z0 + z1t− a) = r2.

Dies ist eine quadratische Gleichung in t der Form t2 + pt + q = 0. Fur w = t + p/2 istw2 ∈ K und z0 + tz1 ∈ K(t) = K(w).

87

14. Konstruktion mit Zirkel und Lineal

iii) Sei z ∈ C der Schnittpunkt zweier Kreise

k1 = {z ∈ C | (z − a)(z − a) = r2},k2 = {z ∈ C | (z − b)(z − b) = s2}

mit a, b, r, s ∈ K, a = b. Eine Subtraktion der Gleichungen liefert

z(b− a) + z(b− a) + c = 0 ∈ K

mit c = aa−bb−s2+r2. Dabei handelt es sich um eine Geradengleichung fur z. Indem mandiese mit den Kreisen k1 bzw. k2 schneidet, erhalt man wieder quadratische Gleichungenund man kann analog zu ii) weiterargumentieren.

14.7 Satz. Seien M ⊆ C, {0, 1} ⊆ M und K := Q(M ∪M), also K = K. Dann sind fur einz ∈ C folgende Aussagen aquivalent:

i) z ∈

M

ii) z liegt in einem Teilkorper E ⊆ C, welcher K enthalt und durch sukzessive Adjunktionvon Quadratwurzeln aus K entsteht.

iii) Es gibt eine endliche Kette

K = K0 ⊆ K1 ⊆ . . . ⊆ Km ⊆ C (14.2)

von Teilkorpern von C mit [Ki : Ki−1] = 2 fur 1 ≤ i ≤ m, sodass z ∈ Km.

iv) z ist algebraisch uber K und fur die normale Hulle E/K von K(z)/K ist [E : K] einePotenz von 2.

Beweis.

i) ⇒ ii) folgt aus Proposition 14.6.

ii) ⇒ iii): Entsteht E′ aus E durch Adjunktion einer Quadratwurzel, so ist entweder [E′ :E] = 1 oder [E′ : E] = 2.

iii) ⇒ iv): Gibt es so eine Kette von Teilkorpern, gibt es wi ∈ Ki mit w2i ∈ Ki−1 und

Ki = Ki−1(wi) (quadratische Erganzung). Sei Em/K die normale Hulle von Km/K, alsogaloissch. Deshalb genugt es zu zeigen, dass [Em : K] eine Potenz von 2 ist. Dies schließtman durch Induktion nach m. Fur m = 1 ist nicht zu zeigen. Seien also m > 1 und Em−1

die normale Hulle von Km−1/K. Nach Induktionsannahme ist [Em−1 : K] eine Potenzvon 2 und Km = Km−1(wm). Seien weiterhin α1 = wm, α2, . . . , αs die verschiedenen Kon-jugierten von wm uber K in C. Dann gilt α2

i ∈ Em−1, da α2i konjugiert ist uber K zu

w2m ∈ Km−1. Es gilt Em = Em(α1, . . . , αs) und damit ist [Em : Em−1] eine Potenz von 2,

also auch [Em : K] = [Em : Em−1] · [Em−1 : K].

iv) ⇒ i): E/K ist galoissch und Gal(E/K) eine 2-Gruppe. Nach Satz 13.1.12 gibt es eineKette von Untergruppen

G = H0 ⊇ H1 ⊇ . . . ⊇ Hn = {e}

von G mit (Hi−1 : Hi) = 2. Dazu korrespondiert eine Kette von Zwischenkorpern

K = K0 ⊆ K1 ⊆ . . . ⊆ Kn = E

mit [Ki : Ki−1] = 2. Jedes Ki entsteht also aus Ki−1 durch Adjunktion einer Qua-dratwurzel (quadratische Erganzung) und man erhalt mit Proposition 14.5 sukzessiveK = K0 ⊆

M,K1 ⊆

M, . . . ,Kn = E ⊆

M . Damit ist z ∈

M .

88

14.8 Beispiel.

i) Delisches Problem:

Kann man das Volumen eines Wurfels durch Konstruktion mit Zirkel und Lineal verdop-peln? Fur einen Wurfel mit Kantenlange fuhrt eine Verdoppelung des Volumens zu einemWurfel mit Kantenlange 3

√2, aber es ist [Q( 3

√2) : Q] = 3 keine Potenz von 2 und damit

nicht konstruierbar.

ii) Quadratur des Kreises:

Kann man einen Kreis durch Zirkel und Lineal in ein flachengleiches Quadrat verwandeln?Fur einen Kreis um 0 mit Radius 1 ist der Flacheninhalt durch die Zahl π gegeben. Es istaber π transzendent uber Q (Lindemann 1882), daher ist

√π nicht konstruierbar und das

Problem nicht losbar.

iii) Dreiteilung des Winkels:

Die Frage, ob man einen Winkel in 3 Teile zerlegen kann ist aquivalent zu der Frage, obder Grad der normalen Hulle von Q(exp(iφ/3)) uber Q(exp(iφ)) eine 2er-Potenz ist. ImAllgemeinen ist dies nicht der Fall. Wahle φ so, dass exp(iφ) transzendent ist uber Q (gehtaus Kardinalitatsgrunden). Dann ist

[Q(exp(iφ/3)) : Q(exp(iφ))] = 3,

weil X3 − t irreduzibel ist uber Q(t).

iv) Konstruktion eines regelmaßigen nnn-Ecks:

Ein regelmaßiges n-Eck ist genau dann konstruierbar, wenn [Q(exp(2πi/n)) : Q] = φ(n)eine Potenz von 2 ist, wobei φ(n) die Euler’sche φ-Funktion bezeichnet. Dies ist aquivalentdazu, dass n von der Gestalt

n = 2l · p1 · . . . · pr (14.3)

mit paarweisen verschiedenen Primzahlen pi, wobei pi−1 eine Potenz von 2 sein soll (folgtaus der Multiplikativitat der φ-Funktion).

Lemma. Furm ∈ N ist 1+2m hochstens dann eine Primzahl, wennm eine Potenz von 2 ist.

Beweis. Sei p = 1 + 2m eine Primzahl. Angenommen es ist m = m1 · m2 mit m2 > 1ungerade. Dann ist

p = 1− (−2m1)m2

= (1 + 2m1)(1− 2m1 + 2m1−2 − . . .+ 2m1(m2−1))

ein Produkt zweier Zahlen im Widerspruch zu p prim.

Primzahlen der Form Fk = 22k+ 1 heißen auch Fermat’sche Primzahlen. Es sind

F0 = 3, F1 = 5, F2 = 17, F3 = 257, F4 = 65537 die bisher einzigen bekannten Fermat’schenZahlen, von denen man weiß, dass sie prim sind.

89

14. Konstruktion mit Zirkel und Lineal

90

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

15.1. Charaktere

15.1.1 Definition.

i) Ist G eine Gruppe und K ein Korper, so heißt ein Homomorphismus χ : G → K∗ einK-wertiger Charakter von G.

ii) Seien G und K wie in i). Mit Abb(G,K) wird der K-Vektorraum der (mengentheoreti-schen) Abbildungen von G nach K bezeichnet.

15.1.2 Satz. Verschiedene Charaktere χ1, . . . , χn einer Gruppe G mit Werten in einem KorperK sind linear unabhangig in Abb(G,K).

Beweis. Sei a1χ1 + . . . + anχn = 0 eine nicht-triviale Relation (∗) und ohne Einschrankung sein minimal mit dieser Eigenschaft (sonst verkurze einfach). Also folgt ai = 0 fur alle i und manhat

a1χ1(gh) + . . .+ anχn(gh) = 0

fur alle g, h ∈ G. Wahle nun speziell χ1(g) = χ2(g) und lasse h variieren. Dann ist

a1χ1(g) · χ1 + . . .+ anχn(g) · χn = 0

eine neue nicht-triviale Relation in Abb(G,K). Subtraktion der ursprunglichen Relation (∗) · χ1(g)liefert eine nicht-triviale Relation der Lange n− 1 im Widerspruch zur Minimalitat von n.

15.2. Zyklische Erweiterungen

15.2.1 Proposition & Definition. Seien K ⊆ E eine Galois-Erweiterung und a ∈ E. Dannheißt

NE/K(a) =∏

σ∈Gal(E/K)

σ(a) ∈ K (15.1)

die Norm von a bzgl. E/K und

NE/K : E∗ → K∗ (15.2)

ist ein Homomorphismus.

Beweis.∏σ∈Gal(E/K) σ(a) ist Gal(E/K)-invariant und liegt damit in K. Homomorphismus:

NE/K(a · b) =∏

σ∈Gal(E/K)

σ(ab)

=∏

σ∈Gal(E/K)

σ(a) ·∏

σ∈Gal(E/K)

σ(b)

= NE/K(a) ·NE/K(b)

91

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

15.2.2 Satz. (Hilbert 90) Sei L/K eine endliche zyklische Galois-Erweiterung und σ ∈ Gal(L/K)sei ein erzeugendes Element. Fur ein Element b ∈ L ist dann aquivalent:

i) NL/K(b) = 1

ii) Es gibt ein a ∈ L∗ mit b = a · σ(a)−1.

Beweis. Gilt b = a · σ(a)−1 mit a ∈ L∗, so ist

NL/K(b) =

∏τ∈Gal(L/K) τ(a)∏

τ∈Gal(L/K) τ(σ(a))=

NL/K(a)

NL/K(σ(a))= 1.

Sei nun umgekehrt b ∈ L mit NL/K(b) = 1 und sei n = [L : K]. Wegen der linearen Un-abhangigkeit von Charakteren (vgl. Satz 15.1.2) ist

σ0 + b · σ1 + b · σ(b) · σ2 + . . .+ b · σ(b) · . . . · σn−2(b) · σn−1

als Abbildung L∗ → L nicht die Nullabbildung. Also gibt es ein c ∈ L∗ mit

a := c+ b · σ(c) + b · σ(b) · σ2(c) + . . .+ b · σ(b) · . . . · σn−2(b) · σn−1(c) = 0.

Anwenden von σ und anschließende Multiplikation mit b liefert

b · σ(a) = b · σ(c) + b · σ(b) · σ2(c) + . . .+ b · σ(b) · . . . · σn−1(b) · σn(c) = a,

da σn = id und b · σ(b) · . . . · σn−1(b) = NL/K(b) = 1, also ist b = a · σ(a)−1.

15.2.3 Satz. Seien L/K eine Korpererweiterung und n ∈ N>0 mit char(K) ∤ n. Weiter enthalteK eine primitive n-te Einheitswurzel.

i) Ist L/K eine zyklische Galois-Erweiterung vom Grad n, so gilt L = K(a) fur ein Elementa ∈ L, dessen Minimalpolynom uber K von der Form Xn − c mit c ∈ K ist.

ii) Gilt umgekehrt L = K(a) fur ein Element a ∈ L, das Nullstelle eines Polynoms derForm Xn − c ∈ K[X] ist, so ist L/K eine zyklische Galois-Erweiterung von K. Weiterist d = [L : K] ein Teiler von n und es gilt ad ∈ K, so dass Xd − ad ∈ K[X] dasMinimalpolynom von a uber K ist.

Beweis. Sei ζ ∈ K eine primitive n-te Einheitswurzel.

i) Ist L/K zyklisch vom Grad n, so gilt NL/K(ζ−1) = ζ−n = 1 und aufgrund von Satz 15.2.2(Hilbert 90) gibt es ein a ∈ L∗ mit ζ−1 = a · σ−1(a) bzw. σ(a) = ζ · a. Dabei sei σ einErzeuger von Gal(L/K). Man hat dann

σi(a) = ζi · a, i = 0, . . . , n− 1.

Insbesondere sind die Elemente σ0(a), . . . , σn−1(a) dann paarweise verschieden. Es folgt[K(a) : K] ≥ n bzw. L = K(a) wegen K(a) ⊆ L, also [K(a) : K] = n. Es gilt nun

σ(an) = σ(a)n = ζnan = an,

also an ∈ K. Damit ist a Nullstelle von Xn − an ∈ K[X], welches aus Gradgrunden dasMinimalpolynom von a bzgl. K ist.

92

15.3. Auflosbarkeit

ii) Sei L = K(a), wobei a Nullstelle eines Polynoms der Form Xn − c ∈ K[X] ist. Der Falla = 0 ist trivial, nehme also a = 0 an. Dann sind ζ0a, . . . , ζn−1a insgesamt n verschiedeneNullstellen von Xn − c, so dass L = K(a) ein Zerfallungskorper dieses Polynoms uber Kist. Da Xn − c wegen char(K) ∤ n separabel ist, ist L/K eine Galois-Erweiterung. Furσ ∈ Gal(L/K) ist mit a auch σ(a) eine Nullstelle von Xn − c. Damit gibt es zu σ jeweilseine n-te Einheitswurzel wσ ∈ Un mit σ(a) = wσa und

φ : Gal(L/K) ↪→ Un ⊆ K∗,

σ 7→ wσ

ist ein injektiver Gruppenhomomorphismus. Nach dem Satz von Lagrange (Korollar 1.7)ist d = [L : K] = |Gal(L/K)| ein Teiler von n = |Un| und da Un zyklisch ist, ist es auchjede Untergruppe, also inbesondere auch Gal(L/K). Wahle einen Erzeuger σ ∈ Gal(L/K).Dann ist φ(σ) eine primitive d-te Einheitswurzel und es gilt

σ(ad) = σ(a)d = φ(σ)dad = wdσad = ad,

d.h. ad ∈ K und es folgt die Behauptung.

15.3. Auflosbarkeit

Fixiere: In den folgenden Abschnitten betrachten wir nur Korper von Charakteristik 0.

15.3.1 Definition.

i) Eine endliche Korpererweiterung L/K heißt durch Radikale auflosbar, wenn es zu Leinen Erweiterungskorper E sowie eine Korperkette

K = E0 ⊆ E1 ⊆ . . . ⊆ Em = E

gibt, sodass Ei+1 jeweils aus Ei durch Adjunktion einer Nullstelle eines Polynoms Xn−a ∈Ei[X] entsteht.

ii) Eine endliche Korpererweiterung L/K heißt auflosbar, wenn es einen Oberkorper E ⊇ Lgibt, sodass E/K eine endliche Galois-Erweiterung mit auflosbarer Galois-GruppeGal(E/K)ist.

15.3.2 Satz. Eine endliche Korpererweiterung L/K ist genau dann auflosbar, wenn sie durchRadikale auflosbar ist.

Beweis. Sei zunachst L/K auflosbar. Indem wir L vergroßern, durfen wir ohne EinschrankungL/K also galoissch mit auflosbarer Galois-Gruppe annehmen. Sei n das Produkt der Primzahlen,die den Grad [L : K] teilen. Sei weiterhin F ein Erweiterungskorper vonK, der durch Adjunktioneiner primitiven n-ten Einheitswurzel entsteht. Wahle eine Einbettung L ↪→ F . Dann ist dasKompositum L · F/F galoissch mit

Gal(L · F/F ) ↪→ Gal(L/K),

also ist Gal(L · F/F ) auflosbar. Wahle nun eine Normalreihe

Gal(L · F/F ) = G0 ⊇ G1 ⊇ . . . ⊇ Gm = {e}

93

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

mit Gi ⊴ Gi−1 und [Gi−1 : Gi] prim, d.h. die [Gi−1 : Gi]-te primitive Einheitswurzel liegt in F .Mit dem Hauptsatz der Galois-Theorie (Satz 10.9) korrespondiert hierzu eine Korperkette

F = F0 ⊆ F1 ⊆ . . . ⊆ Fm = L · F.

Nach Satz 15.2.3 entsteht Fi/Fi−1 durch Adjunktion einer Nullstelle eines Polynoms der FormX [Gi−1:Gi] − a. Außerdem entsteht F aus K durch Adjunktion einer Nullstelle von Xn− 1. Alsoist L ⊆ L · F durch Radikale auflosbar.

Sei nun L/K durch Radikale auflosbar. Dann gibt es eine Korperkette

K = L0 ⊆ L1 ⊆ . . . ⊆ Lm

und ohne Einschrankung Lm = L durch Vergroßerung von L. Li entsteht aus Li−1 durch Ad-junktion einer ni-ten Wurzel, genauer einer Nullstelle von Xni −ai ∈ Li−1[X]. Sei n das kleinstegemeinsame Vielfache aller ni. Der Korper F entstehe aus K durch Adjunktion aller n-ten Ein-heitswurzeln. Wahle eine Einbettung L ↪→ F und sei Ei die normale Hulle von Li · F uberK. Zeige zunachst, dass Ei/F eine auflosbare Galois-Gruppe besitzt. Dies schließen wir mitInduktion: Angenommen fur Ei−1/F sei dies schon gezeigt. Seien ai = a1i , . . . , a

mi die Galois-

Konjugierten von ai in Ei−1 bzgl. Gal(Ei−1/K). Dann ist

Ei = Ei−1

(ni

√a1i , . . . ,

ni√ami

),

damit Gal(Ei/Ei−1) auflosbar und es folgt Gal(Ei/F ) ist auflosbar. Also sind Gal(Em/F ),Gal(F/K) auflosbar und damit auch Gal(Em/K) und wegen L ⊆ Em ist L/K auflosbar.

15.3.3 Korollar. Es sei L/K eine (separable) Korpererweiterung vom Grad ≤ 4. Dann ist L/Kauflosbar, insbesondere also auch durch Radikale auflosbar.

Beweis. Satz & Definition 8.17 (Satz vom primitiven Element) impliziert, dass es ein a ∈ Lgibt mit L = K(a), d.h. L/K ist eine einfache Erweiterung. Seien f = MipoK(a) und L′

der Zerfallungskorper von f uber K. Dann gibt es wegen deg(f) ≤ 4 einen MonomorphismusGal(L′/K) ↪→ S4 gemaß der Permutationsdarstellung (Kapitel 11.1), d.h. man kann Gal(L′/K)als Untergruppe der S4 auffassen. Die S4 ist auflosbar nach Satz 13.4.10 und nach Satz 13.3.3i) auch jede ihrer Untergruppen. Damit ist L/K auflosbar und nach Satz 15.3.2 insbesonderedurch Radikale.

15.3.4 Korollar. Es existieren endliche (separable) Korpererweiterungen, die nicht durch Ra-dikale auflosbar sind. Beispielsweise ist die allgemeine Gleichung n-ten Grades fur n ≥ 5 nichtdurch Radikale auflosbar.

Beweis. Die allgemeine Gleichung n-ten Grades

f = Xn − S1Xn−1 + . . .+ (−1)nSn = 0 ∈ K(S1, . . . , Sn)[X] (15.3)

(vgl. Gleichung (11.16), S. 66) hat als Galois-Gruppe die Sn und Sn ist nicht auflosbar fur n ≥ 5nach Satz 13.4.10. Also ist die zugehorige Korpererweiterung nicht durch Radikale auflosbar.

15.3.5 Lemma. Fur eine Primzahl p sei G ⊆ Sp eine Untergruppe, die transitiv auf {1, . . . , p}operiere, d.h. es gibt genau eine G-Bahn. Dann enthalt G eine Untergruppe H der Ordnung p.Ist G auflosbar, so ist H eindeutig bestimmt und insbesondere ein Normalteiler in G.

94

15.3. Auflosbarkeit

Beweis. Die Operation operiert transitiv auf {1, . . . , p}, d.h. es gibt nur eine G-Bahn. Diesebesteht aus p Elementen und mit Proposition 13.1.6 sieht man, dass p ein Teiler von |G| ist.Wegen p2 ∤ p! = |Sp| kann |G| nicht durch p2 teilbar sein. G hat daher eine Untergruppe derOrdnung p, namlich eine p-Sylowgruppe. Angenommen G ist auflosbar, so gibt es eine Kette

G = G0 ⊋ G1 ⊋ . . . ⊋ Gm = {e}

mit Gi ⊴ Gi−1 und [Gi−1 : Gi] prim. Zeige nun per Induktion, dass Gi transitiv auf {1, . . . , p}operiert fur i < n. Seien B1, . . . , Br die Bahnen der Operation von Gi auf {1, . . . , p}. Dann folgt

p =

r∑j=1

|Bj |.

Nach Induktionsannahme operiert Gi−1 transitiv auf {1, . . . , p}. Da Gi ⊴ Gi−1 ein Normalteilerist, ergibt sich fur ein g ∈ Gi−1 und ein x ∈ {1, . . . , p} die Gleichung g(Gix) = Gi(gx), d.h. Gi−1

operiert auf der Menge der Bahnen {B1, . . . , Br} transitiv und wegen Induktionsannahme folgt|Bj | = |Bk| fur alle 1 ≤ j, k ≤ r. Es ist also p = r · |B1|, woraus sich r = 1 oder |B1| = 1 ergibt.Fur i < n ist aber Gi = {e}, daher |Bj | > 1 und somit r = 1, d.h. Gi operiert transitiv auf{1, . . . , p}.

Wie oben enthalt damit Gi fur i < n eine Untergruppe der Ordnung p, insbesondere ist dannGn−1 ≃ Z/2Z von Ordnung p, d.h. p = [Gi : Gi+1] fur i = 0, . . . , p − 2. Ist nun H ⊆ G0 mit|H| = p, so erhalt man induktiv H ⊆ Gi fur i = 0, . . . , n− 1. Hat man namlich H ⊆ Gi fur eini ≤ n− 2, so ist die Abbildung

H ↪→ Gi → Gi/Gi+1

wegen p ∤ [Gi : Gi+1] trivial und es folgt H ⊆ Gi+1. Insbesondere erhalt man H ⊆ Gn−1, was dieEindeutigkeit von H zeigt. Dann ist H aber auch invariant unter Konjugation mit Elementenaus G und damit ein Normalteiler.

15.3.6 Lemma. Sei G wie in Lemma 15.3.5 eine auflosbare Gruppe. Hat ein Element σ ∈ Gzwei verschiedene Fixpunkte auf {1, . . . , p}, so folgt σ = id.

Beweis. Nach Lemma 15.3.5 gibt es in G einen Normalteiler H ⊴ G mit |H| = p. Dann istH = ⟨π⟩ zyklisch von Ordnung p mit π ∈ G. Aus der Zykeldarstellung fur π und ord(π) = pfolgt, dass π ein p-Zykel ist, etwa π = (0 1 . . . p−1). Wir schreiben jetzt Sp = Aut({0, . . . , p−1}).Sei nun σ ∈ G mit zwei verschiedenen Fixpunkten und ohne Einschrankung (Umnummerieren)konnen wir annehmen, dass das Element 0 ein Fixpunkt ist. Seien also 0 und i mit 0 < i < pdie zwei Fixpunkte von σ. Wegen H Normalteiler ist dann

σ ◦ π ◦ σ−1 = (σ(0) . . . σ(p− 1)) ∈ H,

d.h. man kann schreiben σ ◦ π ◦ σ−1 = πr fur ein 0 ≤ r < p, also

(σ(0) . . . σ(p− 1)) = (0 r · 1 . . . r · (p− 1)),

wobei r · j jeweils den Rest in {0, . . . , p − 1} bezeichnet, wenn man r · j durch p teilt. Wegenσ(0) = 0 und σ(i) = i folgt r · i = i und damit r = 1, da 0 < i < p. Somit hat man σ = id.

15.3.7 Satz. Seien K ein Korper und f ∈ K[X] irreduzibel von primem Grad. Die zugehorigeGalois-Gruppe sei auflosbar. Ist dann L ein Zerfallungskorper von f uber K und sind α, β ∈ Lzwei verschiedene Nullstellen von f , so gilt L = K(α, β).

95

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

Beweis. Wegen char(K) = 0 ist L/K separabel und damit galoissch. Seien G = Gal(L/K) undα1, . . . , αp die Nullstellen von f in L. Wir erhalten somit eine Einbettung

G ↪→ Aut({α1, . . . , αp}) ≃ Sp,

d.h. man G als Untergruppe von Sp auffassen. Da f irreduzibel ist, gibt es zu je zwei Nullstellenα, β von f ein σ ∈ Gmit σ(α) = β und G operiert transitiv auf {α1, . . . , αp}. G ist auflosbar nachVoraussetzung und man kann daher Lemma 15.3.6 anwenden. Ist also σ ∈ G mit σ|K(α,β) = id,so hat σ als Permutation von α1, . . . , αp zwei verschiedene Fixpunkte, namlich α und β und dasLemma impliziert σ = id. Deshalb ergibt sich Gal(L/K(α, β)) = 1 und damit K(α, β) = L nachdem Hauptsatz der Galois-Theorie 10.9.

15.3.8 Beispiel. Sei f ∈ Q[X] irreduzibel mit deg(f) = p ≥ 5 prim und besitze f mindestenszwei reelle sowie eine nicht-reelle Nullstelle in C. Angenommen der Zerfallungskorper L von fuber Q ware auflosbar, dann ware L nach Satz 15.3.7 reell im Widerspruch zur Existenz einernicht-reellen Nullstelle, d.h. die Gleichung f(x) = 0 kann nicht aufgelost werden. Als konkretesBeispiel betrachte das Polynom

f = Xp − 4X + 2 ∈ Q[X]. (15.4)

Nach dem Eisenstein-Kriterium ist dieses Polynom irreduzibel, d.h. f hat nur einfache Nullstel-len. Genauer besitzt f drei reelle Nullstellen, denn es ist f ′ = pXp−1 − 4 und fur ein t ∈ R istf ′(t) = 0 genau dann, wenn tp−1 = 4/p bzw. t = ± p−1

√4/p, d.h. f ′ besitzt genau zwei reelle

Nullstellen und f damit hochstens drei. Wegen f(t) → −∞ fur t→ −∞, f(t) → ∞ fur t→ ∞,f(0) = 2 > 0 und f(1) = −1 < 0 hat f mindestens drei reelle Nullstellen, also genau drei.Folglich ist die Galois-Gruppe eines Zerfallungskorpers von f nicht auflosbar.

15.4. Algebraische Gleichungen vom Grad 3 und 4

Fixiere: Seien K ein Korper, f ∈ K[X] normiert und L/K ein Zerfallungskorper von f mit

f = (X − α1) · . . . · (X − αn),

wobei α1, . . . , αn ∈ L die Nullstellen von f bezeichnen.

15.4.1 Proposition & Definition.

i) Der Ausdruck

∆(f) =∏

1≤i<j≤n(αi − αj)

2 ∈ K (15.5)

heißt die Diskriminante von f .

ii) Fur δ(f) =∏

1≤i<j≤n(αi − αj) ∈ L gelten:

a) Fur σ ∈ Gal(L/K) ist σ(δ(f)) = sgn(σ) · δ(f). Hierbei benutze Gal(L/K) ↪→ Sn.

b) Falls Gal(L/K) ⊆ An, so folgt δ(f) ∈ K. Die Umkehrung gilt, falls f separabel ist.

c) Wenn f separabel ist, dann ist K(δ(f)) Fixkorper von Gal(L/K) ∩An.

Beweis.

i) L/K ist galoissch und ∆(f) ist invariant unter Gal(L/K), also ∆(f) ∈ K.

96

15.4. Algebraische Gleichungen vom Grad 3 und 4

ii) a) folgt aus der Definition von sgn und δ(f).

b) folgt aus Aussage a).

c) ist klar, falls Gal(L/K) ⊆ An. Sonst ist [Gal(L/K) : Gal(L/K) ∩ An] = 2, aber[K(δ(f)) : K] = 2. Dann folgt die Behauptung aus dem Hauptsatz.

15.4.2 Proposition. Fur f = X3 + pX + q ∈ K[X] gilt (vgl. Kapitel 11.3)

∆(f) = −27q2 − 4p3. (15.6)

Beweis. Sei L der Zerfallungskorper von f . Schreibe

f = (X − α1)(X − α2)(X − α3)

mit α1, α2, α3 ∈ L. Mit Produktregel kann man die Ableitung von f auch schreiben als

f ′(αi) = (αi − αj)(αi − αk) = 3α2i + p

mit i, j, k ∈ {1, 2, 3}. Da αi Nullstelle von f gilt α3i = −pαi − q und es folgt

f ′(αi) =1

αi(3α3

i + pαi) =1

αi(−3pαi − 3q + pαi)

=2p

αi

(−3q

2p− αi

),

also

∆(f) = (α1 − α2)2(α2 − α3)

2(α3 − α1)2 = (−1)3f ′(α1)f

′(α2)f′(α3)

= − 8p3

α1α2α3f

(−3q

2p

)=

8p3

q

(−(3q

2p

)3

− 3

2q + q

)= −27q2 − 4p3.

Im folgenden wollen wir die Losungsformeln fur allgemeine Polynome dritten Grades ableiten.Betrachte etwa

g(X) = X3 + t1X2 + t2X + t3 ∈ E[X] (15.7)

mit E = K(t1, t2, t3) und den Unbestimmten ti. Sei L ein Zerfallungskorper von g, also etwaL = (β1, β2, β3) mit

g(X) = (X − β1)(X − β2)(X − β3). (15.8)

Mittels kubischer Erganzung durch Ersetzung von X durch X − t1/3 kann man das Polynom g– analog zu Kapitel 11.3 – in eine einfachere Form der Gestalt

f(X) := g

(X − t1

3

)= X3 + pX + q ∈ E[X] (15.9)

bringen mit den Nullstellen α1 = β1+t1/3, α2 = β2+t1/3 und α3 = β3+t1/3. Die Diskriminantevon f bestimmt sich nach Proposition 15.4.2 zu ∆(f) = −27q2 − 4p3. Der Korper K enthalteaußerdem eine primitive dritte Einheitswurzel ζ. Betrachte σ = (1 2 3) ∈ A3 ⊆ S3 = Gal(L/E)und τ = (2 3). Definiere

97

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

a := α1 + ζσ(α1) + ζ2σ2(α1) = α1 + ζα2 + ζ2α3, (15.10)

b := τ(a) = α1 + ζα3 + ζ2α2. (15.11)

Es sind a = 0 und b = 0, da die αi linear unabhangig uber K sind. Dann gelten σ(a) = ζ−1aund σ(b) = ζ−1b. Es folgt a3, b3 ∈ F := LA3 . Wegen α1 + α2 + α3 = 0 und 1 + ζ + ζ2 = 0 gilt

a+ b = 2α1 − ζα1 − ζ2α1 = 3α1 (15.12)

und analog ζ2a+ ζb = 3α2, ζa+ ζ2b = 3α3. Also genugt es – um α1, α2, α3 zu bestimmen – a3

und b3 zu bestimmen. Wegen τ(a) = b, τ2 = id und S3 = ⟨σ, τ⟩ sind a3, b3 Wurzeln des Polynoms

h(X) := (X − a3)(X − b3) = X2 − (a3 + b3)X + a3b3 ∈ E[X]. (15.13)

Nun gilt

ab = (α1 + ζα2 + ζ2α3)(α1 + ζα3 + ζ2α2)

= α21 + α2

2 + α23 + (ζ + ζ2︸ ︷︷ ︸

=−1

)(α1α2 + α2α3 + α3α1)

= (α1 + α2 + α3︸ ︷︷ ︸=0

)2 − 3(α1α2 + α2α3 + α3α1)

= −3p.

Weiterhin sind die Wurzeln von X3+1 gerade −1, ζ, ζ2, also X3+1 = (X +1)(X + ζ)(X + ζ2).Mit X = a/b und anschließender Multiplikation mit b3 folgt

a3 + b3 = (a+ b)(a+ ζb)(a+ ζ2b) = 3α13α23α3 = −27q. (15.14)

Es ist also h = X2 + 27qX − 27p3, also berechnen sich a und b mit

a3, b3 = −27

√(27

2

)2

q2 + 27q3. (15.15)

Aus den Gleichungen (15.12) und (15.15) ergeben sich nun die Losungsformeln zu

(a3

)3= −q

2+

√(q2

)2+(p3

)3,

(b

3

)3

= −q2−√(q

2

)2+(p3

)3. (15.16)

Abschließend wollen wir dieses Ergebnis in folgendem Satz festhalten, benannt nach GerolamoCardano (1501-1576).

15.4.3 Satz. (Cardano’sche Formeln) Sei K ein Korper. Fur p, q ∈ K werden die Losungender algebraischen Gleichung X3 + pX + q = 0 gegeben durch

α1 = u+ v, α2 = ζ2u+ ζv, α3 = ζu+ ζ2v. (15.17)

Dabei ist ζ ∈ K eine beliebige primitive dritte Einheitswurzel, sowie

u =3

√−q2+

√(q2

)2+(p3

)3, v =

3

√−q2−√(q

2

)2+(p3

)3, (15.18)

wobei die dritten Wurzeln mit der Nebenbedingung uv = −1

3p zu wahlen sind.

98

15.4. Algebraische Gleichungen vom Grad 3 und 4

Betrachte schließlich noch allgemeine Polynome vierten Grades

g(X) = X4 + t1X3 + t2X

2 + t3X + t4 (15.19)

mit E = K(t1, t2, t3, t4). Analog zu Polynomen dritten Grades kann man (15.19) auf eine einfa-chere Gestalt uberfuhren. Betrachte

f(X) := g

(X − t1

4

)= X4 + pX2 + qX + r. (15.20)

Seien L/E der Zerfallungskorper von f und α1, α2, α3, α4 die Nullstellen von f in L. Dann istL = K(α1, α2, α3, α4) und Gal(L/E) ≃ S4. Betrachte die Normalkette

{e} ⊴ V4 ⊴ A4 ⊴ S4 (15.21)

und die zugehorige Korperkette

E = L0 ⊆ L1 ⊆ L2 ⊆ L3 = L. (15.22)

Die Elemente

z1 = (α1 + α2)(α3 + α4),

z2 = (α1 + α3)(α2 + α4), (15.23)

z3 = (α1 + α4)(α2 + α3),

bleiben fest unter der Klein’schen Vierergruppe V4, vgl. (13.25), d.h. sie liegen alle in L2. Jedochbleiben die Elemente z1, z2, z3 bei keinem weiteren Element der S4 samtlich fixiert, also istL2 = L0(z1, z2, z3). Sei dann

h(X) := (X − z1)(X − z2)(X − z3) (15.24)

ein symmetrisches Polynom in α1, α2, α3, α4 dritten Grades. Es folgt h ∈ L0[X] und durchAusmultiplizieren erhalt man

h(X) = X3 + (−z1 − z2 − z3)X2 + (z1z2 + z2z3 + z3z1)X − z1z2z3

...

= X3 − 2pX2 + (p2 − 4r)X + q2. (15.25)

Hinter dieser Umformung steht eine langere Rechnung, welche beispielsweise in Bosch, AlgebraS. 276f. nachgelesen werden kann. Die Gleichung (15.25) bezeichnet man auch als kubischeResolvente der Gleichung vierten Grades. Hieraus kann man z1, z2, z3 mithilfe der Carda-no’schen Formeln aus Satz 15.4.3 gewinnen. Weiter hat die V4 die nicht-trivialen Untergruppen

⟨(1 2)(3 4)⟩, ⟨(1 3)(2 4)⟩, ⟨(1 4)(2 3)⟩ (15.26)

und die zugehorigen Zwischenkorper werden uber L2 erzeugt von

u1 = α1 + α2, u2 = α1 + α3, u3 = α1 + α4. (15.27)

Wegen α1 + α2 + α3 + α4 = 0 gelten

u21 = (α1 + α2)(α1 + α2) = −(α1 + α2)(α3 + α4) = −z1,u22 = (α1 + α3)(α1 + α3) = −(α1 + α3)(α2 + α4) = −z2, (15.28)

u23 = (α1 + α4)(α1 + α4) = −(α1 + α4)(α2 + α3) = −z3

99

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

und damit

α1 =1

2(u1 + u2 + u3), α2 =

1

2(u1 − u2 − u3),

α3 =1

2(−u1 + u2 − u3), α4 =

1

2(−u1 − u2 + u3). (15.29)

Dabei sind die Wurzeln so zu wahlen, dass u1u2u3 = −q erfullt ist, denn

u1u2u3 = (α1 + α2)(α1 + α3)(α1 + α4)

= α21(α1 + α2 + α3 + α4︸ ︷︷ ︸

=0

) +∑i<j<k

αiαjαk = −q.

Dies liefert die Losungen der Gleichung f(X) = 0. Das Ergebnis wird nun nochmal in folgendemSatz zusammengefasst.

15.4.4 Satz. Sei K ein Korper. Fur p, q, r ∈ K werden die Losungen der algebraischen Glei-chung X4 + pX2 + qX + r = 0 gegeben durch

α1 =1

2(√−z1 +

√−z2 +

√−z3), α2 =

1

2(√−z1 −

√−z2 −

√−z3),

α3 =1

2(−

√−z1 +

√−z2 −

√−z3), α4 =

1

2(−

√−z1 −

√−z2 +

√−z3). (15.30)

Dabei sind z1, z2, z3 die Losungen der kubischen Resolvente

z3 − 2pz2 + (p2 − 4r)z + q2 = 0, (15.31)

wobei die Quadratwurzeln mit der Nebenbedingung

√−z1 ·

√−z2 ·

√−z3 = −q (15.32)

zu wahlen sind.

15.5. Positive Charakteristik (Ausblick)

In diesem Abschnitt lassen wir die Charakteristik 0 Voraussetzung wieder fallen.

15.5.1 Definition. Sei L/K eine endliche Galois-Erweiterung. Fur a ∈ L heißt dann

SpL/K(a) =∑

σ∈Gal(L/K)

σ(a) ∈ K (15.33)

die Spur von a bzgl. der Korpererweiterung L/K. Es ist SpL/K : L→ K ein Homomorphismusabelscher Gruppen.

Beweis. Fur τ ∈ Gal(L/K) gilt

τ

∑σ∈Gal(L/K)

σ(a)

=∑

σ∈Gal(L/K)

σ(a),

also SpL/K(a) ∈ K.

100

15.5. Positive Charakteristik (Ausblick)

15.5.2 Satz. (Hilbert 90, additive Form) Seien L/K eine endliche zyklische Galois-Erweiterungund σ ∈ Gal(L/K) ein erzeugendes Element. Fur b ∈ L ist dann aquivalent:

i) SpL/K(b) = 0

ii) Es gibt ein a ∈ L mit b = a− σ(a).

Beweis. Geht ahnlich zum Beweis von Satz 15.2.2.

15.5.3 Satz. (Artin-Schreier) Es sei L/K eine Korpererweiterung in Charakteristik p > 0.

i) Ist L/K eine zyklische Galois-Erweiterung vom Grad p, so gilt L = K(a) fur ein a ∈ L,dessen Minimalpolynom uber K von der Form Xp −X − c mit c ∈ K ist.

ii) Gilt umgekehrt L = K(a) fur ein Element a ∈ L, das Nullstelle eines Polynoms der FormXp − X − c ∈ K[X] ist, so ist L/K eine zyklische Erweiterung. Es zerfallt Xp − X − cuber K entweder vollstandig in Linearfaktoren oder aber das Polynom ist irreduzibel. Imletzteren Fall ist L/K eine zyklische Galois-Erweiterung vom Grad p.

Beweis.

i) Fur c ∈ K gilt SpL/K(c) =∑

σ∈Gal(L/K) c = p · c = 0, inbesondere also SpL/K(−1) = 0.Nach Satz 15.5.2 gibt es ein Element a ∈ L mit σ(a) − a = 1, wobei σ ∈ Gal(L/K) einErzeuger ist. Es folgt

σi(a) = a+ i (15.34)

fur i = 0, . . . , p − 1 und σ0(a), . . . , σp−1(a) sind paarweise verschieden. Damit ist [K(a) :K] ≥ p, also L = K(a). Weiter ist

σ(ap − a) = σ(a)p − σ(a) = (a+ 1)p − (a+ 1)

= ap − a (15.35)

und somit c := ap − a ∈ K. Es ist also a eine Nullstelle von Xp −X − c. Dieses Polynomist das Minimalpolynom von a aus Gradgrunden.

ii) Sei nun L = K(a), wobei a Nullstelle von f = Xp−X − c ∈ K[X] ist. Dann ist auch a+1Nullstelle des Polynoms, d.h.

a, a+ 1, a+ 2, . . . , a+ p− 1 ∈ L

sind die p verschiedenen Nullstellen von f . Hat f also eine Nullstelle in K, so liegen alleNullstellen von f in K. L ist also Zerfallungskorper des separablen Polynoms f und damitist L/K galoissch. Falls L = K, ist diese auch zyklisch. Habe nun f keine Nullstellen in K.Dann ist f bereits irreduzibel uber K. Denn ware f = gh mit g und h beide nicht-konstantund normiert, hat man uber L die Faktorisierung

f =

p−1∏i=0

(X − a− i). (15.36)

Bezeichne mit d = deg(g) den Grad von g. Der Koeffizient von Xd−1 in g ist von der Form−da+j mit j ∈ Fp. Wegen −da+j ∈ K und p ∤ d folgt a ∈ K, d.h. f wurde eine NullstelleinK haben imWiderspruch zur Annahme. Es ist also f irreduzibel, wenn f keine Nullstellein K hat. Wahle nun σ ∈ Gal(L/K) mit σ(a) = a+ 1. Dann ist ord(σ) ≥ p, also ist L/Kzyklisch vom Grad p wegen |Gal(L/K)| = deg(f) = p.

101

15. Auflosbarkeit algebraischer Gleichungen

Mithilfe von Satz 15.5.3 lasst sich die Theorie von auflosbaren und durch Radikale auflosbarenErweiterungen auf Korper mit beliebiger Charakteristik ausdehnen. Es gilt dann wieder, dassder Begriff

’auflosbar‘ aquivalent ist zu

’durch Radikale auflosbar‘. Bei

’durch Radikale auflosbar‘

nimmt man Erweiterungen der Form K(a)/K hinzu, wobei MipoK(a) = Xp −X − c.

— The End —

102

Stichwortverzeichnis

Ableitung (formale), 45p-adische Bewertung, 22algebraisch, 32

– abgeschlossen, 37– unabhangig, 65

algebraischer Abschluss, 38allgemeine Polynome, 66Artin-Schreier, 101

Bahn, 76Bahnengleichung, 77Bild, 5

Cardano’sche Formeln, 98Charakter, 91Charakteristik, 31

Delisches Problem, 89Diskriminante, 64, 96Dreiteilung des Winkels, 89

Einheit, 2Einheitswurzeln, primitive, 67Eisensteinkriterium, 28elementarsymmetrische Polynome, 65Erzeuger, 10Euler’sche φ-Funktion, 12, 68

Fermat, kleiner Satz, 12Fortsetzung, 40Frobenius, 32

relativer, 52

Galois-Erweiterung, 53abelsch, zyklisch, 59

Galois-Gruppe, 53absolute, 55

Grad, 4, 33, 34Gradsatz, 33, 48Gruppe, 1

abelsch, 1alternierende, 82auflosbar, 80einfache, 83Untergruppe, 1

zyklische, 10p-Gruppe, 78Gruppenhomomorphismus, 5

Hauptsatz uber symmetrische Funktionen,65

Hauptsatz der Galois-Theorie, 56Hilbert 90, 92

additive Form, 101Homomorphiesatz, 9

Ideal, 2Hauptideal, 2maximales, 2Primideal, 2

Index, 6irreduzibel, 4

KorperFixkorper, 54Korper der rationalen Funktionen, 25Korper der symmetrischen rationalen Funk-

tionen, 65Kreisteilungskorper, 69Primkorper, 31Quotientenkorper, 16vollkommener, 46Zerfallungskorper, 41Existenz und Eindeutigkeit, 41

Zwischenkorper, 32Korpererweiterung, 31

algebraische, 33auflosbar, 93einfache, 34endlich erzeugte, 34galoissch, 53normale, 42separable, 46

Kern, 5Klassifikation von zyklischen Gruppen, 11Klein’sche Vierergruppe, 82Kompositum, 57Konjugation, 6Konjugationsklasse, 77Konjugierte, 44

103

Stichwortverzeichnis

Kreisteilungspolynom, 71kubische Resolvente, 99kurze exakte Folge, 84

Lemma von Gauß, 22Linksnebenklasse, 6Linkstranslation, 75Lokalisierung, 17

Mengeteilweise geordnet, 38total geordnet, 38

Modul, 3multiplikativ abgeschlossen, 15

Norm, 91normale Hulle, 43Normalisator, 78Normalteiler, 8Nullteiler, 2

obere Schranke, 38Operation, 75

Konjugationsoperation, 76transitive, 94

Ordnung, 11

Permutationsdarstellung, 63Polynomring

in den Variablen X , 37in einer Variablen, 4in zwei Variablen, 25

Potenzmenge, 78Primelement, 4Primfaktorzerlegung, 21primitiv, 23

Quadratur des Kreises, 89Quotientenring, 15

Reduktionskriterium, 27Ring, 2

Integritatsring, 2Ring der Gauß’schen Zahlen, 21

Ringhomomorphismus, 2

Satz vom primitven Element, 49Satz von Cauchy, 79Satz von Dirichlet, 74Satz von Gauß, 24Satz von Lagrange, 7semidirektes Produkt, 83Separabilitatsgrad, 47separables Polynom, 46

Splitting-Lemma, 84Spur, 100Standuntergruppe, 76p-Sylow-Gruppe , 79Sylow-Satze, 80

Tensor, 3Rechenregeln, 4

Tensorprodukt, 3Transitivitat der Algebraizitat, 36Transitivitat der Separabilitat, 49transzendent, 32Typ, 82

Untergruppenkriterium, 1

Vektorraum, 3Vielfachheit einer Nullstelle, 45

Wertebereich, 81

Zentralisator, 77Zentrum, 8, 77Zorn’sches Lemma, 38Zyklus, 81

disjunkt, 81

104