Alpe 18052014

2
Nein, Herr Grosbusch von „Fir de choix“ In einem weiteren Leserbrief (erschienen im LW am 10.05.14) wettern Sie erneut gegen die Einführung des einheitlichen “Werteunterrichts“. Auch wenn persönliche Stellungnahmen ihr gutes Recht sind, so würden wir Sie doch bitten, dabei unfundierte Anschuldigungen gegenüber der ALPE zu unterlassen. Die Vereinigung der Ethiklehrer stört sich dabei vor allem an jenen Aussagen, in denen Sie der ALPE unterstellen sie würde genau wissen sogar „indirekt, aber deutlich“ zugeben, dass es den „objektiven, neutralen Werteunterricht“ nicht gibt. Dies ist äußerst erstaunlich, denn ganz im Gegenteil, vertreten wir die Meinung, dass auch in einem von der Politik angekündigten Fach ein absolutes Überwältigungsverbot herrschen muss, so wie es heute bereits im Praktische Philosophie / Ethik Unterricht respektiert wird. Überwältigungsverbot ist ein Begriff der der politischen Bildung entlehnt ist und bedeutet, dass Lehrende Schülern ihre Meinung nicht aufzwingen dürfen. Zentraler Punkt des Unterrichts ist es demnach, den Schüler in die Lage zu versetzen, sich eigenständig mit philosophisch-ethischen Fragestellungen auseinanderzusetzen: Dabei formuliert und begründet der Schüler seine persönliche Stellungnahme und vergleicht diese kritisch mit verschiedenen, auch kontroversen, gesellschaftlichen, politischen und ethisch-philosophischen Positionen. Anschließend an diesen Lernprozess bekräftigt oder reakzentuiert jeder Schüler seine eigene Meinung. Das Respektieren des Überwältigungsverbots seitens der Lehrkraft (und hierauf wird bei der Ausbildung der angehenden Ethiklehrer großen Wert gelegt) garantiert in diesem Zusammenhang eine Lernsituation, welche frei ist von jeglichen ideologischen und dogmatischen Bevormundungen. Da es dem Lehrer somit untersagt ist, dem Schüler mit welchen Mitteln auch immer eine Meinung aufzuzwingen, tritt dessen persönliche Meinung, aber auch die Tatsache, ob besagter Lehrer gläubig oder ungläubig ist, im Unterricht vollends in den Hintergrund. So äußert sich der Ethiklehrer weder für noch gegen z.B. die Abtreibung oder die Homoehe. Sie sehen also, Herr Grosbusch, dass es jedem Schüler selbst überlassen ist seine eigene Meinung zu bilden. Bereits in früheren Stellungnahmen hat sich die ALPE folgerichtig gegen den Begriff des Werteunterrichts ausgesprochen, der an sich problematisch ist, da es in dem neuen Fach nicht unmittelbar darum gehen kann, Werte zu „vermitteln“, sondern eher darum Werte aber auch andere gesellschaftliche Phänomene kritisch zu reflektieren. Ihre Aussage, Herr Grosbusch, dass es laut eines ALPE „Vertreters“ als notwendige Berufszulassung für die zukünftigen Lehrer gelten müsse, die Homoehe zu befürworten, können wir beim besten Wille nicht ernst nehmen. Sie müssten wissen, dass die ALPE bis zum heutigen Zeitpunkt keine Stellung zur Frage der Ausbildung der zukünftigen Lehrer des neuen Fachs bezogen hat. Der „Concours de recrutement“ der aktuellen Ethiklehrer, sowie die Grundsätze unseres Fachs stehen auf jeden Fall nicht in Einklang mit dieser aus unserer Sicht verleugnerischen Aussage. Wenn die Lehrkraft das im Lehrplan der Praktischen Philosophie / Ethik vorgeschriebene Überwältigungsverbot und das Gebot der Multiperspektivität respektiert, dann fließen persönliche Wertvorstellungen nicht in den Unterricht mit ein. Folglich ist der persönliche Standpunkt z.B. zur Frage der Homoehe schlechthin irrelevant. Für die aufmerksamen Verfolger der Debatte um den Werteunterricht in Luxemburg sei nochmals daran erinnert: alle Stellungnahmen der ALPE sind auf unserer Internetseite nachlesbar (www.alpe.lu). So können Sie, Herr Grosbusch, es also getrost jedem Bürger selbst überlassen zu entscheiden, was die ALPE direkt oder indirekt zugibt. Die ALPE ist weiterhin um eine konstruktive Debatte um den Werteunterricht in Luxemburg bemüht. Man kann jedoch nicht behaupten, dass Ihre Artikel dazu beitragen. Überzeugende Argumente für die Einteilung der Schüler in zwei oder mehr Gruppen wenn es um zentrale Themen des gesellschaftlichen Zusammenlebens geht, liefern Sie zumindest nicht. Thierry Holtzem Sarah Panteghini Gilles Retter

description

 

Transcript of Alpe 18052014

Page 1: Alpe 18052014

Nein, Herr Grosbusch von „Fir de choix“ In einem weiteren Leserbrief (erschienen im LW am 10.05.14) wettern Sie erneut gegen die Einführung des einheitlichen “Werteunterrichts“. Auch wenn persönliche Stellungnahmen ihr gutes Recht sind, so würden wir Sie doch bitten, dabei unfundierte Anschuldigungen gegenüber der ALPE zu unterlassen. Die Vereinigung der Ethiklehrer stört sich dabei vor allem an jenen Aussagen, in denen Sie der ALPE unterstellen sie würde genau wissen sogar „indirekt, aber deutlich“ zugeben, dass es den „objektiven, neutralen Werteunterricht“ nicht gibt. Dies ist äußerst erstaunlich, denn ganz im Gegenteil, vertreten wir die Meinung, dass auch in einem von der Politik angekündigten Fach ein absolutes Überwältigungsverbot herrschen muss, so wie es heute bereits im Praktische Philosophie / Ethik Unterricht respektiert wird. Überwältigungsverbot ist ein Begriff der der politischen Bildung entlehnt ist und bedeutet, dass Lehrende Schülern ihre Meinung nicht aufzwingen dürfen. Zentraler Punkt des Unterrichts ist es demnach, den Schüler in die Lage zu versetzen, sich eigenständig mit philosophisch-ethischen Fragestellungen auseinanderzusetzen: Dabei formuliert und begründet der Schüler seine persönliche Stellungnahme und vergleicht diese kritisch mit verschiedenen, auch kontroversen, gesellschaftlichen, politischen und ethisch-philosophischen Positionen. Anschließend an diesen Lernprozess bekräftigt oder reakzentuiert jeder Schüler seine eigene Meinung. Das Respektieren des Überwältigungsverbots seitens der Lehrkraft (und hierauf wird bei der Ausbildung der angehenden Ethiklehrer großen Wert gelegt) garantiert in diesem Zusammenhang eine Lernsituation, welche frei ist von jeglichen ideologischen und dogmatischen Bevormundungen. Da es dem Lehrer somit untersagt ist, dem Schüler mit welchen Mitteln auch immer eine Meinung aufzuzwingen, tritt dessen persönliche Meinung, aber auch die Tatsache, ob besagter Lehrer gläubig oder ungläubig ist, im Unterricht vollends in den Hintergrund. So äußert sich der Ethiklehrer weder für noch gegen z.B. die Abtreibung oder die Homoehe. Sie sehen also, Herr Grosbusch, dass es jedem Schüler selbst überlassen ist seine eigene Meinung zu bilden. Bereits in früheren Stellungnahmen hat sich die ALPE folgerichtig gegen den Begriff des Werteunterrichts ausgesprochen, der an sich problematisch ist, da es in dem neuen Fach nicht unmittelbar darum gehen kann, Werte zu „vermitteln“, sondern eher darum Werte aber auch andere gesellschaftliche Phänomene kritisch zu reflektieren. Ihre Aussage, Herr Grosbusch, dass es laut eines ALPE „Vertreters“ als notwendige Berufszulassung für die zukünftigen Lehrer gelten müsse, die Homoehe zu befürworten, können wir beim besten Wille nicht ernst nehmen. Sie müssten wissen, dass die ALPE bis zum heutigen Zeitpunkt keine Stellung zur Frage der Ausbildung der zukünftigen Lehrer des neuen Fachs bezogen hat. Der „Concours de recrutement“ der aktuellen Ethiklehrer, sowie die Grundsätze unseres Fachs stehen auf jeden Fall nicht in Einklang mit dieser aus unserer Sicht verleugnerischen Aussage. Wenn die Lehrkraft das im Lehrplan der Praktischen Philosophie / Ethik vorgeschriebene Überwältigungsverbot und das Gebot der Multiperspektivität respektiert, dann fließen persönliche Wertvorstellungen nicht in den Unterricht mit ein. Folglich ist der persönliche Standpunkt z.B. zur Frage der Homoehe schlechthin irrelevant. Für die aufmerksamen Verfolger der Debatte um den Werteunterricht in Luxemburg sei nochmals daran erinnert: alle Stellungnahmen der ALPE sind auf unserer Internetseite nachlesbar (www.alpe.lu). So können Sie, Herr Grosbusch, es also getrost jedem Bürger selbst überlassen zu entscheiden, was die ALPE direkt oder indirekt zugibt. Die ALPE ist weiterhin um eine konstruktive Debatte um den Werteunterricht in Luxemburg bemüht. Man kann jedoch nicht behaupten, dass Ihre Artikel dazu beitragen. Überzeugende Argumente für die Einteilung der Schüler in zwei oder mehr Gruppen wenn es um zentrale Themen des gesellschaftlichen Zusammenlebens geht, liefern Sie zumindest nicht. Thierry Holtzem Sarah Panteghini Gilles Retter

Page 2: Alpe 18052014

Mitglieder der ALPE (Association luxembourgeoise des professeurs d’éthique a.s.b.l.)