Alpe géint de choix

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Für den gemeinsamen Ethikunterricht; Géint de choix Die ALPE (Association luxembourgeoise des professeurs d’éthique) begrüßt die öentliche Diskussion über den Werteunterricht, die sich zur Zeit in den Luxemburger Medien abspielt, als Ausdruck eines allgemeinen Interesses aber auch der existentiellen Ängste einer breiteren Bevölkerungsschicht. Im Zuge dieser Diskussionen wurden wir auch auf die Initiative „Fir de Choix“ aufmerksam, die auf ihrer Internetseite nicht nur gegen den von der Regierung angekündigten allgemeinen Werteunterricht argumentiert, sondern, ausgehend von der Annahme, dass das neue Einheitsfach womöglich nicht viel anders gestaltet werden wird, auch gegen das bestehende Alternativfach zum gegenwärtigen Religionsunterricht: Education morale et sociale/ Philosophieren mit Kindern (EMS/PmK) in der Grundschule und Formation morale et sociale/ Praktische Philosophie in der Sekundarstufe (FOMOS, PP). Während zunächst auf das Risiko einer Meinungslosigkeit oder eines Relativismus hingewiesen wird, wird schlussendlich angedeutet, der allgemeine Werteunterricht könne dazu führen, dass den SchülerInnen antireligiöse Werte unterbreitet würden. Abgesehen davon, dass diese zwei Argumente uns widersprüchlich erscheinen, möchten wir erklären, dass beide Sorgen nicht berechtigt sind, falls (wie von der Initiative angenommen) das neue Fach im Wesentlichen der aktuellen EMS/PmK und der FOMOS/PP entspräche. Die Befürchtung, es hinge vom Lehrer ab, welche Werte und Inhalte unterrichtet würden, findet in diesem Fach keinen Halt, denn sowohl die Inhalte als auch die Didaktik sind in dem von der Initiative zitierten Lehrplan festgelegt. Eine Antwort auf die Frage, worüber reflektiert wird, ist allerdings auch dort nachzulesen. Wie der Philosoph Karl Jaspers sagte „Gar nicht selten hört man aus Kindesmund, was dem Sinne nach in die Tiefe des Philosophierens geht“, gehen wir davon aus, dass Kinder sehr wohl philosophieren können. Denn Philosophieren bedeutet staunen, neugierig sein, hinterfragen, zweifeln, analysieren, Gedankenexperimente machen, usw. So können Kinder und Jugendliche kritische Menschen werden, die ihre Umwelt nicht als gegeben hinnehmen, sondern das was ihnen begegnet, erst mal prüfen. !""#$%&'%#( *+,-./#+01-#%"- 2-" 30#4-""-+0" 256'7%8+- !"#$%"&

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Page 1: Alpe géint de choix

Für den gemeinsamen Ethikunterricht; Géint de choix

Die ALPE (Association luxembourgeoise des professeurs d’éthique) begrüßt die öffentliche Diskussion über den Werteunterricht, die sich zur Zeit in den Luxemburger Medien abspielt, als Ausdruck eines allgemeinen Interesses aber auch der existentiellen Ängste einer breiteren Bevölkerungsschicht. Im Zuge dieser Diskussionen wurden wir auch auf die Initiative „Fir de Choix“ aufmerksam, die auf ihrer Internetseite nicht nur gegen den von der Regierung angekündigten allgemeinen Werteunterricht argumentiert, sondern, ausgehend von der Annahme, dass das neue Einheitsfach womöglich nicht viel anders gestaltet werden wird, auch gegen das bestehende Alternativfach zum gegenwärtigen Religionsunterricht: Education morale et sociale/ Philosophieren mit Kindern (EMS/PmK) in der Grundschule und Formation morale et sociale/ Praktische Philosophie in der Sekundarstufe (FOMOS, PP).

Während zunächst auf das Risiko einer Meinungslosigkeit oder eines Relativismus hingewiesen wird, wird schlussendlich angedeutet, der allgemeine Werteunterricht könne dazu führen, dass den SchülerInnen antireligiöse Werte unterbreitet würden. Abgesehen davon, dass diese zwei Argumente uns widersprüchlich erscheinen, möchten wir erklären, dass beide Sorgen nicht berechtigt sind, falls (wie von der Initiative angenommen) das neue Fach im Wesentlichen der aktuellen EMS/PmK und der FOMOS/PP entspräche.

Die Befürchtung, es hinge vom Lehrer ab, welche Werte und Inhalte unterrichtet würden, findet in diesem Fach keinen Halt, denn sowohl die Inhalte als auch die Didaktik sind in dem von der Initiative zitierten Lehrplan festgelegt. Eine Antwort auf die Frage, worüber reflektiert wird, ist allerdings auch dort nachzulesen.

Wie der Philosoph Karl Jaspers sagte „Gar nicht selten hört man aus Kindesmund, was dem Sinne nach in die Tiefe des Philosophierens geht“, gehen wir davon aus, dass Kinder sehr wohl philosophieren können. Denn Philosophieren bedeutet staunen, neugierig sein, hinterfragen, zweifeln, analysieren, Gedankenexperimente machen, usw. So können Kinder und Jugendliche kritische Menschen werden, die ihre Umwelt nicht als gegeben hinnehmen, sondern das was ihnen begegnet, erst mal prüfen.

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Die Tatsache, dass weder Eltern noch Schüler die persönliche Lebensphilosophie oder Weltanschauung des PP-Lehrers kennen, sehen wir nicht als Nachteil, sondern als notwendige Bedingung, damit die Schüler eigene Urteilsfähigkeit und selbstbestimmtes Reflektieren entwickeln. Auch riskiert ein allgemeiner Werteunterricht nicht zur Meinungslosigkeit oder Indifferenz zu führen, wenn dort den Schülern zu jedem Thema –nachdem sie sich zunächst ihrer eigenen Stellung bewusst geworden sind- kontroverse Positionen dargelegt werden. Durch den Austausch zwischen Kindern oder Jugendlichen unterschiedlicher Kulturen lernen sie, dass es neben der eigenen Weltanschauung (sei es die christliche, muslimische, atheistische, ...) auch noch andere gibt. So kann die eigene Meinung schlussendlich kritisch reflektiert oder aber gefestigt werden. Ein aktuelles Beispiel wäre die auch in der Öffentlichkeit diskutierte Frage nach der Legitimation von gleichgeschlechtlichen Ehen. Eine ethische Frage, die auch im Religionsunterricht nicht mehr einfach mit dem Verweis auf die Bibel oder katholische Dogmen beantwortet werden kann, geschweige denn mit der vermeintlich eindeutigen Lebensphilosophie des unterrichtenden Lehrers. Hier bedarf es eines aufgeklärten Diskurses, der es den SchülerInnen erlaubt, unvoreingenommen eine eigene Meinung zu entwickeln, die sowohl christlich-katholische als auch weltlich-neutrale Positionen beinhaltet. Das gewählte Beispiel zeigt einmal mehr, dass insbesondere wenn es um gesellschaftliche Tabus geht, das Erlernen einer selbstständigen Meinungsbildung und deren Begründung eine wichtige Voraussetzung für die Orientierung in einer pluralistischen Gesellschaft darstellt.

Fazit: Die Initiative „Fir de Choix“ argumentiert folglich für die Wahlfreiheit zwischen einem katholischen Religionsunterricht und einem Alternativfach, welches sie jedoch bemängelt. Die ALPE setzt sich ein für einen gemeinsamen Ethikunterricht und nicht gegen einen Religionsunterricht, dessen Berechtigung sie außerhalb der öffentlichen Schule nicht in Frage stellt.