Alpen Cross 2009 PDF

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14 Routen in den Ostalpen BERCHTESGADEN - VENEDIG TOURENCHARAKTER MITTEL Einmal hochalpines Gelände, eine länge- re Schiebepassage; alpine Erfahrung und Trittsicherheit erforderlich, FAHRLEISTUNGEN 8900 Hm bergauf, 9450 Hm bergab und 458 km in 6 Etappen. KONDITION FAHRTECHNIK HÖCHSTER PUNKT Felber Tauern in den Hohen Tauern, 2481 m, 2 Pässe über 2000 m. ALPENHAUPTKAMMPASSAGE Felber Tauern in den Hohen Tauern. ERLEBNISWERT Von der Salzstraße zur Seidenstraße auf historischen Wegen durch die Berchtes- gadener Alpen und über die Kitzbüheler Alpen in den Pinzgau, über die Hohen Tauern und Karnischen Alpen in die Friauler Ebene mit der Lagunenstadt Venedig. HIGHLIGHTS Die alten Tauernhäuser, die Dynamite- Trails an Piave und Tagliamento, der Kontrast zwischen dem stillen Cadore und dem lauten Jesolo. KARTEN Besonders gut zur ersten Übersicht eig- net sich die Autokarte »Alpenländer«, 1:600 000, von freytag & berndt. Für die Routenplanung benötigt man die Kom- pass-Wanderkarten Nr. 14,29,39 und 47, jeweils 1:50 000; Tabacco-Wanderkarten Nr. 01 und 02, jeweils 1:25 000; die TCI- Straßenkarte Blatt »Friaul/Venetien«, 1:200 000. BESTE TOURENZEIT Anfang Juni bis Anfang Oktober. Ich kam gerade aus Riva von der Direttissima zurück. Auf meinem Schreib- tisch lag ein Zettel: »Berchtesgaden - Venedig, sieben Bikerinnen und sechs Biker, morgen um 8.00 Uhr Start in der Ramsau, viel Spaß.« Ich war vollkommen unvorbereitet. Alles, woran ich mich erinnern konnte, war ein Gespräch mit meinem ehemaligen Schreiberkollegen Toni Wölfinger, der diese Route für sein 1994 erschienenes Transalpbuch ausgearbeitet hat. Seine Tour fuhr ich im Jahre 2000 mit den mir so kurzfristig angekündigten 13 Mountainbikern, mit nur geringen Veränderungen, nach. Die Topogra- fie der Alpen lässt in diesem Abschnitt einfach keine andere sinnvolle Rou- tenwahl zu. Der Gesamtcharakter des Tauern-Trecks auf alten Handelsrouten von der Salzstraße Berchtesgadens zur Seidenstraße Venedigs ist eigentlich einfach. Lediglich die Hauptkammpassage auf dem »Oberen Weg« über den 2481 Meter hohen Felber Tauern fällt aus diesem Rahmen. Doch über den sind die Säumer schon vor 500 Jahren mit ihren über 150 Kilogramm schwer beladenen Packtieren gezogen. Unterkunft und Verpflegung gibt es auch heute noch in den Tauernhäusern. Immerhin vier dieser Herber- gen aus alter Zeit warten auf der etwa 30 Kilometer langen Passage aus dem Pinzgau nach Matrei in Osttirol auf hungrige Biker. Zuvor folgt die Route einer alten Salzstraße über die Berchtesgadener und Kitzbüheler Al- pen mit tollen Panoramablicken, danach den Flussläufen von Drau und Gail zum Karnischen Grenzkamm. Eine kehrenreiche Piste aus dem Ge- birgskrieg öffnet das Tor zum Süden mit der Endstation Venedig. Durch den Nationalpark Berchtesgaden Nicht die Fahrbahnen kosten Kraft und Zeit, sondern die vielen Fotostopps am Anfang der Tour. Auf unseren Startplatz am alten Markt von Berchtes- gaden schaut der Watzmann mit Frau und Kindern herab. Ein halbes Stündchen später lockt die Wimbachklamm zur Kurzvisite. Kaum drei Kilo-

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Die Route von Berchtesgaden nach Venedig

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14 Routen in den Ostalpen

BERCHTESGADEN - VENEDIG

TOURENCHARAKTER

MITTEL Einmal hochalpines Gelände, eine länge­re Schiebepassage; alpine Erfahrung und Trittsicherheit erforderlich,

FAHRLEISTUNGEN 8900 Hm bergauf, 9450 Hm bergab und 458 km in 6 Etappen.

KONDITION

FAHRTECHNIK

HÖCHSTER PUNKT Felber Tauern in den Hohen Tauern, 2481 m, 2 Pässe über 2000 m.

ALPENHAUPTKAMMPASSAGE Felber Tauern in den Hohen Tauern.

ERLEBNISWERT Von der Salzstraße zur Seidenstraße auf historischen Wegen durch die Berchtes­gadener Alpen und über die Kitzbüheler Alpen in den Pinzgau, über die Hohen Tauern und Karnischen Alpen in die Friauler Ebene mit der Lagunenstadt Venedig.

HIGHLIGHTS Die alten Tauernhäuser, die Dynamite-Trails an Piave und Tagliamento, der Kontrast zwischen dem stillen Cadore und dem lauten Jesolo.

KARTEN Besonders gut zur ersten Übersicht eig­net sich die Autokarte »Alpenländer«, 1:600 000, von freytag & berndt. Für die Routenplanung benötigt man die Kom­pass-Wanderkarten Nr. 14,29,39 und 47, jeweils 1:50 000; Tabacco-Wanderkarten Nr. 01 und 02, jeweils 1:25 000; die TCI-Straßenkarte Blatt »Friaul/Venetien«, 1:200 000.

BESTE TOURENZEIT Anfang Juni bis Anfang Oktober.

Ich kam gerade aus Riva von der Direttissima zurück. Auf meinem Schreib­

tisch lag ein Zettel: »Berchtesgaden - Venedig, sieben Bikerinnen und

sechs Biker, morgen um 8.00 Uhr Start in der Ramsau, viel Spaß.« Ich war

vollkommen unvorbereitet. Alles, woran ich mich erinnern konnte, war ein

Gespräch mit meinem ehemaligen Schreiberkollegen Toni Wölfinger, der

diese Route für sein 1994 erschienenes Transalpbuch ausgearbeitet hat.

Seine Tour fuhr ich im Jahre 2000 mit den mir so kurzfristig angekündigten

13 Mountainbikern, mit nur geringen Veränderungen, nach. Die Topogra­

fie der Alpen lässt in diesem Abschnitt einfach keine andere sinnvolle Rou­

tenwahl zu.

Der Gesamtcharakter des Tauern-Trecks auf alten Handelsrouten von

der Salzstraße Berchtesgadens zur Seidenstraße Venedigs ist eigentlich

einfach. Lediglich die Hauptkammpassage auf dem »Oberen Weg« über

den 2481 Meter hohen Felber Tauern fällt aus diesem Rahmen. Doch über

den sind die Säumer schon vor 500 Jahren mit ihren über 150 Kilogramm

schwer beladenen Packtieren gezogen. Unterkunft und Verpflegung gibt

es auch heute noch in den Tauernhäusern. Immerhin vier dieser Herber­

gen aus alter Zeit warten auf der etwa 30 Kilometer langen Passage aus

dem Pinzgau nach Matrei in Osttirol auf hungrige Biker. Zuvor folgt die

Route einer alten Salzstraße über die Berchtesgadener und Kitzbüheler Al­

pen mit tollen Panoramablicken, danach den Flussläufen von Drau und

Gail zum Karnischen Grenzkamm. Eine kehrenreiche Piste aus dem Ge-

birgskrieg öffnet das Tor zum Süden mit der Endstation Venedig.

Durch den Nationalpark Berchtesgaden Nicht die Fahrbahnen kosten Kraft und Zeit, sondern die vielen Fotostopps

am Anfang der Tour. Auf unseren Startplatz am alten Markt von Berchtes­

gaden schaut der Watzmann mit Frau und Kindern herab. Ein halbes

Stündchen später lockt die Wimbachklamm zur Kurzvisite. Kaum drei Kilo-

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458 km 8900 Hm 6 Tage 2 Pässe über 2000 m Höchster Punkt 2481 m I

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Alpencross östlich des Brenners

Links: Das Ramsauer Kirchlein mit der Rei­teralpe im Hinter­grund

Rechts: Die ausge­setzte Passage über den Schneegruben vom Brentling zum alten Tauernweg

meter weiter klicken die Fotoapparate schon

wieder. Das berühmte Postkartenmotiv mit

dem Ramsauer Kirchlein unter den imposan­

ten Hörnern der Reiter Alm will auf Zelluloid

gebannt werden. Wir radeln vor dieser gran­

diosen Kulisse auf einer Holzbrücke über die

Ramsauer Ache. Dann öffnet sich der Talkessel

und gibt Zauberblicke auf den malerischen

Hintersee preis. Erst auf der für den Autover­

kehr gesperrten Hirschbichlstraße findet der

Trupp langsam seinen Rhythmus. Doch das

gleichmäßige Pedalieren dauert nicht lange.

Die gewaltige, rötlich angehauchte Abrisskan­

te eines Felssturzes ganz oben am Mühlsturz­

horn sorgt für staunende Blicke. Die Steine

polterten vor fünf Jahren bis auf die Straße

herab. Unter dem Klauswandl wird das

schmale Teersträßchen so steil, dass einzelne

Köpfe unter den Fahrradhelmen eine rote

Warnfarbe annehmen und alle dankend auf

den kleinen Abstecher zur Bindalm verzich­

ten. Dabei entgeht den Fotoapparaten ein

Motiv aus der jahrhundertealten Almkultur.

Vor den kalkhell leuchtenden Wänden der

Reiter Alm scheint die Sonne auf einen schin­

delgedeckten und mit Steinen beschwerten

Zwiehof, bestehend aus dem Feuerhaus mit

einer »Rauchkuchl«, dem Stadel sowie einem

Feldkasten und einem an den Hang gelehn­

ten »Kasstöckl«. Das ist ein fensterloser Wohn­

raum, umgeben von einem Stall, dem so ge­

nannten »Umadumstall«.

Das Getränk im Wirtshaus Hirschbichl nach

der alten Zollwache schmeckt immer. An­

schließend rollen wir locker auf feinem Schot­

ter zur Saalach hinab, geben kurz Gas auf dem

Tauernradweg und schnaufen unter dem

mächtigen Birnhorn durch die Rossruck­

klamm zum Römersattel hinauf. Die letzte hal­

be Stunde muss man das Fahrrad auf einem

guten Wanderweg bergwärts schieben. Da

der Fotoapparat jetzt immer öfter im Ruck-

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ÜBER DEN FELBER TAUERN ZUR ADRIA

sack bleibt, erreichen wir auf tollen, fahrtech­

nisch einfachen Pisten über das Schanzl am

späten Nachmittag unser Etappenziel Hinter-

glemm.

Über die Kitzbüheler Alpen in den Pinzgau Wie Mountainbiker es sich wünschen, schlän­

gelt sich ein Almsträßchen durch den Vogel­

almgraben 700 Höhenmeter empor unter die

grasigen Gipfelflanken des Geißstein. Bis zur

Murnauer Scharte, dem Übergang in den

Pinzgau, muss man noch eine knappe halbe

Stunden marschieren. Das einzige Problem ist

ein Bauer, der die Bergradier nicht mag, weil

sie immer die Viehgatter offen lassen. So lau­

fen seine Kühe immer zu den Kühen des

Nachbarn. Obwohl jedes Rindvieh einen eige­

nen Namen hat, ist das Auseinanderklauben

viel Arbeit. Jetzt hat der gute Mann für viel

Geld so genannte Viehpeitschen statt der Gat­

ter an den Durchgängen angebracht. Die öff­

nen sich beim Durchfahren und schließen

sich danach wieder. Trotzdem muss der Bauer

seine Kühe immer wieder beim Nachbarn su­

chen gehen, nämlich dann, wenn man mit

dem Mountainbike zu schnell ist. Dann blei­

ben die Viehpeitschen nach dem Durchbret­

tern offen. Dieses Problem ist auch den Leuten

von der Touristinfo von Hinterglemm bekannt.

Sie wollen für Alpencrosser eine Alternativ­

route in den Pinzgau ausarbeiten. Bis jetzt ist

das allerdings Wunschdenken geblieben, müs­

sen wir nach wie vor durch den schönen

Vogelalmgraben. Ich kann aber auch den Bau­

ern verstehen. Seine Kühe sind seine Kinder.

Also bitte alle Peitschen, Gatter, Tore und Tü­

ren wieder ordnungsgemäß schließen.

Das Panorama von der Murnauer Scharte

auf die Hohen Tauern mit Venediger, Wies­

bachhorn und Großglockner ist ein grandio­

ses Bild, der Kaiserschmarrn mit Apfelmus in

der Bürgelhütte nach dem Pinzgauer Spazier­

gang einfach ein Muss.

Über dem Vogelalmgraben wenig unter der

Murnauer Scharte

Page 5: Alpen Cross 2009 PDF

Alpencross östlich des Brenners

Unterwegs auf dem alten Tauernweg zur St. Pöltner Hütte

Mehrere hundert Jahre alte Dielen aus Holz

knarzen unter den Clickpedalschuhen. Nach

einer wahren Kässpatzen-Schlacht ruhen un­

sere müden Körper unter rotweiß karierter,

viele Kilogramm schwerer Bettwäsche in zu

kurzen Holzbettgestellen. Das Tauernhaus

Spital bietet auch dem Reisenden von heute

noch viel Tradition.

Über die Hohen Tauern Rund 1300 Höhenmeter darüber klebt als

nächstes Schutzhaus die Sankt Pöltner Hütte

in den steilen Schotterreisen des Tauernko-

gels. Wenig unterhalb markiert ein schlichtes

Holzkreuz den historischen Übergang des Fel­

ber Tauern. 1300 Höhenmeter sind eigentlich

bei einer Alpenhauptkammpassage nicht viel.

Trotzdem darf diese Passage nicht unter­

schätzt werden. Wer da nicht drüberkommt,

kann mit dem Bus durch den gut fünf Kilome­

ter langen Tauerntunnel auf die andere Seite

der Alpen fahren oder heimradeln. Notfalls

könnte man die Großglockner Hochalpenstra­

ße auch noch in Betracht ziehen. Dafür müss­

te man nach Mittersill zurückrollen und 30 Kilo­

meter auf dem Pinzgau-Radwanderweg nach

Bruck strampeln. In diesem Fall würde ich

aber gleich eine andere Zufahrt wählen (siehe

Alpencross-Roadbook S. 270, Berchtesgaden

- Cortina di Ampezzo). Ab Lienz besteht dann

die Möglichkeit, wieder auf die Route nach Ve­

nedig einzuschwenken.

Der Anstieg zum Felber Tauern gliedert

sich in drei Abschnitte: Zuerst die Bergfahrt

auf einem ehemaligen Bergwerkssträßchen

unter den Gipfel des Brentling. Die gut fahrba­

re Piste gewinnt vom Hintersee mit 22 Kehren

800 Höhenmeter. Dann folgt über den Schnee­

gruben eine Querung auf einem ausgesetz­

ten Pfad zum alten Tauernweg. Dafür sind

Trittsicherheit und Orientierungsvermögen

erforderlich. Schließlich der lange Marsch auf

einem breiten, teils plattigen Weg zur Pöltner

Hütte. Rund zwei Stunden sollten Mountain-

biker dafür einplanen. Bei schlechter Sicht sor­

gen die vielen bunten Fahnen um das Schutz­

haus für eine Stimmung wie in einem tibeti­

schen Bergkloster.

Page 6: Alpen Cross 2009 PDF

ÜBER DEN FELBER TAUERN ZUR ADRIA

Bikende Geister vor der St. Pöltner Hütte

am Felber Tauern

Der Abstieg nach Osttirol wird auch keinem

geschenkt. Nach einem kurzen ungefähr­

lichen Schiebestück führt eine steinige Piste

bis zum Zirmkreuz. Trailkönner bleiben auf

der linken Seite des Tauernbachs und zirkeln

ihr Gerät vom Venedigerblick mehr recht als

schlecht zum Matreier Tauernhaus hinab. Alle

anderen wechseln auf die andere Seite des

Tauernbachs und plagen sich auf einem mar­

kierten Weglein nach Außergschlöss hinab,

landschaftlich die schönere Route. Den mar­

kanten Gipfel des Großvenedigers kann man

so oder so nicht übersehen. Bis Lienz im Mün­

dungsdreieck von Isel und Drau müssen noch

45 Kilometer auf den Tachometer drauf. Die

Fahrbahnen sind durchwegs gut und es geht

fast nur noch bergab.

Über den Karnischen Haupthamm Weiter in den Süden, direkt über die zerfresse­

nen Kofel der Lienzer Dolomiten gibt es kei­

nen brauchbaren Weg für Mountainbiker. Auf

dem schönen Drau-Radweg und entlang der

Gail umfahren wir diesen schrofigen Riegel.

Höhenmeterhungrige Mountainbiker können

die Fahrstrecke etwas abkürzen: Auf der Bike-

route ab Abfaltersbach über den Gailtaler

Dorfberg zum Kartitscher Sattel. Gegenüber

der Talvariante bedeutet dies zusätzliche

350 Höhenmeter, die mit einem aufschlussrei­

chen Blick in den Karnischen Grenzkamm be­

lohnt werden. Wie eine lange Kette mit riesi­

gen Gliedern in Form von Berggipfeln trennt

dieser Gebirgszug die südlichen Kärntner von

den Friauler Bergen. In ununterbrochener Rei­

henfolge zogen sich im Gebirgskrieg die Hö­

henstellungen von Ost nach West. Klangvolle

Gipfelnamen erinnern bis heute an das Kampf­

geschehen: Helm, Großer Pal, Hochweißstein

oder Porze, wo wir heute eine fast durchwegs

fahrbare ehemalige Militärpiste über die Kar­

nischen Alpen vorfinden. Vorbildlich für

Links: Das vom Hoch­wasser gezeichnete Tal zur Anhöhe von

Lavardet

Die Brücke über den Tauernbach am Zirm­kreuz, im Hintergrund

die Gletscher des Großvenedigers

Page 7: Alpen Cross 2009 PDF

Alpencross östlich des Brenners

Page 8: Alpen Cross 2009 PDF

UBER DEN FELBER TAUERN ZUR ADRIA

Mountainbiker markiert, führt eine breite

Schotterstraße von Obertilliach zur Porzehüt-

te. Die letzten 150 Höhenmeter zum Tilliacher

Joch tragen die meisten das Rad auf dem neu­

zeitlichen Wanderweg direkt hinauf, obwohl

etwas abseits noch die weniger steile Trasse

des alten Militärwegs vorhanden ist. Wenig

jenseits der Passhöhe verstecken sich zahlrei­

che Gefechtsstellungen im Hang. Auf nur an­

fangs grobsteinigem Untergrund bremsen

wir durch 19 Kehren 800 Höhenmeter bergab

zu den Wiesen am Cordevole-Bach, wo meh­

rere Gasthöfe hungrigen Alpencrossern Unter­

kunft und italienische Küche bieten.

Zum Lago di Saurls Locker geht es durch das Val Visdende ins stil­

le Cadore bergab. In Campolongo beginnt die

Bergfahrt zur Forcella Lavardet. Von dem neu­

en Teersträßchen neben dem geröllreichen

Bachbett des Frisan, das durch eine enge

Schlucht mittels 14 Kehren die 600 Höhenme­

ter zur bewaldeten Anhöhe von Lavardet

meistert, war nicht mehr viel übrig. Das letzte

Hochwasser hatte die Trasse arg in Mitleiden­

schaft gezogen, der Übergang war für den

Autoverkehr gesperrt. Gerade richtig für unse­

re geländegängigen Mountainbikes, die Auf­

fahrt hat mir sehr viel Spaß bereitet. Ebenso

die Abfahrt von der Sella di Razzo auf ange­

nehmen Pisten zum Lago di Sauris. Eigenarti­

ge Ortsbezeichnungen wie »rio Mitreichen-

poch« erinnern an eine deutsche Sprachinsel.

Oben und links: Der alte Militärweg zum Tilliacher Joch, tech­

nisch versierte und bä­renstarke Mountainbi­

ker bleiben im Sattel.

Alte Kasernen aus dem Oebirgskrieg auf der italienischen Seite

des Tilliacher Joch

Page 9: Alpen Cross 2009 PDF

Alpencross ostlich des Brenners

Eigenartige Orts­bezeichnungen

erinnern an eine deutsche Sprachinsel

am Lago di Sauris.

Während der Berg­fahrt zur Forcella Lavardet

Die zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges aus­

gewanderten Schlesier pflegen dort noch

heute ihre Mundart. Nach der Staumauer und

einer unangenehmen, weil stockdunklen Tun­

neldurchfahrt finden wir etwas abseits ein

hübsches Badefleckchen. Zum Rifugio Piaz

auf dem Passo del Pura ist es nicht mehr weit,

nur noch sechs Kilometer und 400 Höhenme­

ter auf schmaler Teerpiste.

Zur Adrla Nach dem zahmen Buckel von Prusio hinter

Ampezzo markiert die Brücke über den brei­

ten Tagliamento die letzte Bergfahrt dieser Al-

penüberquerung. Der jetzt durchgehend ge­

teerte Fahrweg über die Forcella di Monte

Rest diente den Alpini im Ersten Weltkrieg als

versteckte Nachschubroute. Auch heute noch

verliert sich in den abgelegenen waldreichen

Friauler Dolomiten kaum ein Autofahrer. Ein­

zig ein paar kleine verträumte Gebirgsdörfer

liegen am Weg der 30 Kilometer langen Ab­

fahrt nach Maniago, dem Eintrittsort in die

weite Friauler Ebene.

Nun kann man eine Fahrkarte lösen und

bequem mit dem Zug nach Venedig rollen.

Page 10: Alpen Cross 2009 PDF

ÜBER DEN FELBER TAUERN ZUR ADRIA

Oder aber aus eigener Kraft die noch rund 100

flachen, meist heißen Kilometer zur Adria be­

wältigen. Im Windschatten haben wir das in

gut drei Stunden geschafft. Dabei wären mir

die sieben Bikerinnen fast verdurstet.

Bei der Touristinfo von Jesolo bekam ich

einen Ortsplan. Ein blaues Kreuz markierte

unser Hotel. Die Route dorthin sah eigentlich

nicht schwer aus. Als wir dann in die Adriastra-

ße einbogen, musste ich vom Rad absteigen.

Ein undurchdringliches Gewirr aus Menschen

versperrte mir den Weg. Vom Meer habe ich

nichts gesehen. Beidseitig der Straße reihte

sich Bar an Bar, Hotel an Hotel. Dazwischen

nassgeschwitzte Autofahrer. Für zwei Kilome­

ter haben wir über eine Stunde gebraucht. Es

war die schwerste Schiebepassage der gan­

zen Woche.

Eine trotz dichten Bergwaldes von Muren bedrohte

Piste führt von der Sella di Razzo zum

Lago di Sauris.

Page 11: Alpen Cross 2009 PDF

Routenbeschreibung

ROUTENBESCHREIBUNG

AN- UND RÜCKREISE Anreise mit der Bahn nach Berchtesgaden. Rückreise mit der

Bahn ab Venedig/Mestre zurück nach Deutschland. Infos bei

der Rad-Hotline der Bahn, Tel.: 01805/15 14 15, oder im

Internet unter www.bahn.de.

ÜBERNACHTUNG Telefonische Reservierung am Vorabend ist ratsam. Es gibt

zahlreiche weitere Übernachtungsmöglichkeiten, sodass

von der vorgeschlagenen Etappeneinteilung abgewichen

werden kann.

Die in den Etappenbeschreibungen angegebenen Ziffern be­

ziehen sich auf die Angaben in den Kompass-Wanderkarten.

Kompass-Wanderkarte Nr. 14 und 29

BERCHTESGADEN (560 m, Bahnstation, Verkehrsamt, Tel.:

08652/96 70)->Hinterschönau (697 m, Radroute)->Wim-

bachbrücke (630 m, Radroute)->Klaus/Ramsau->Hintersee

(789 m, Radwanderroute)->Hirschbichlstraße (805 m,am Ein­

gang in den Nationalpark)->Grundübelau->Hirschbichlpass

(1166 m, Grenze Deutschland/Österreich, Wirtshaus, Über­

nachtungsmöglichkeit im Bergheim Hirschbichl, DAV, Tel.:

08657/271 ^R ich tung Eiblkapelle (auf Piste 401)->Wilden-

bachschlucht-Brücke (816 m, auf Bikeroute 33, später

26)->Wildental-Kuftenstein/St. Martin (634 m, Bikerou-

te)->Vorderkaserklamm (730 m, Jausenstation, Naturbade­

gebiet an der Schüttach, Radroute, Achtung: Anschlagtafel

des Österreichischen Bundesheers mit Schießzeiten am Rö­

mersattel beachten)->Rossruckklamm (links halten)->Rö-

mersattel (1202 m, Militärübungsgebiet, nach den beiden Pis­

tenkehren auf rechts abzweigenden, markierten Wanderweg,

Karte ungenau->nicht auf der Piste geradeaus weiter, Schie­

bestücke insgesamt ca. 25 Min.)->Hochfilzen (959 m, Bike-

route)->Gasthof Eiserne Hand (860 m)->Burgeralm (1256 m,

Berggasthof, auf Bikeroute 11)->Spielberghaus (1311 m)

->Saalbach (1102 m, auf Bikeroute entlang Spielberg-

bach)->HINTERGLEMM (1028 m, Verkehrsamt, Tel.:

+43 6541 68 00 68).

2 Über die Kitzbüheler Alpen in . den Pinzgau

Kompass-Wanderkarte Nr. 29 und 39

HINTERGLEMM (1028 m->Lengau (1146 m)-> Labeckalm

(Radroute->Stefflalm (1680 m, auf Piste 1 durch den Vogel­

almgraben, bitte die zahlreichen Viehgatter wieder schlie-

ßen)->Murnauer Scharte (1959 m, ab Stefflalm weiter auf

fahrbaren Almweg Richtung Süden bis zum Bach/Almge­

bäude, dann Querung unter dem Leitenkogel zu Wanderweg

1, insgesamt ca. 30 Min. Schieben)->Bürgelhütte (1699 m, be­

wirtschaftet, auf Pinzgauer Spaziergang Richtung Westen,

mittelschwerer Downhill mit Schiebestücken insgesamt etwa

30 Min.)->Stuhlfelden (800 m, auf Piste 13)^Salzach-

brücke->Mittersill (788 m, Radroute)->TAUERNHAUS SPI­

TAL (1169 m, auf markierter Bikeroute am Felber Bach ent­

lang zum Wolframwerk, zuletzt Talstraße Richtung Hintersee,

Tel.: +43 6562 62 40).

Rast an der oberen Stefflalm über dem Vogelalmgraben, Hier beginnt das Schiebestück zur Murnauer Scharte.

1. Durch den Nationalpark Berchtesgaden

Page 12: Alpen Cross 2009 PDF

ÜBER DEN FELBER TAUERN ZUR ADRIA

Ein Bauernhaus im Val Visdende

3. Über die Hohen Tauern

Kompass-Wanderkarte Nr. 39

TAUERNHAUS SPITAL (1169 m)->Hintersee->Brentling-Bergstraße (2000 m)-> Alter Tauernweg 917 (2000 m, ab Ende der Piste an Steinmauer entlang bergauf, am Ende über Wei­dezaun und ausgesetzte Querung über den Schneegruben, nicht markiert, nur Pfadspuren, Trittsicherheit erforderlich, bei schlechter Sicht nicht empfehlenswert, ca. 30 Min. Schie­ben bis zum Tauernweg)->St. Pöltener Hütte am Felber Tau­ern (2481 m, auf Tauernweg 917, ca. 100 Min. Schieben, Tel.: +43 6562 265)->Zirmkreuz (2000 m, ab Hütte auf Weg 511 gut 100 Hm bergab, dann auf Piste bis nahe Kote 2027, zuletzt Steig zur Holzbrücke über Tauernbach)->Außergschlöss (1680 m, auf markiertem, in der Karte nicht verzeichneten Wanderweg, ca. 40 Min. Schieben)->Matreier Tauernhaus (1511m, Übernachtungsmöglichkeit, Tel.: +43 4875 88 11) ->Felbertauernstraße->Gruben (1200 m, auf Piste 925)-> Matrei (942 m, auf Piste 925)->Huben (819 m, auf der Felber-tauernstraße)-»LIENZ (665 m, auf markierter Radroute ent­lang der Isel, Verkehrsamt, Tel.: +43 4852 652 65). Hinweis: Der Abstieg vom Tauernbach in Höhe des Zirmkreuzes über den Venedigerblick zum Matreier Tauern­haus ist weniger mühsam, technisch versierte Mountainbiker können viele Abschnitte auf dem Wanderweg 512 fahren. Landschaftlich ist die Originalroute nach Außergschlöss lohnender.

4 Über den Karnischen . Haupthamm

Kompass-Wanderkarte Nr. 47

L IENZ (665 m)->Abfaltersbach (983 m, auf dem Drau-Rad-weg)->St. Oswald (1360 m, auf Piste 2 am Nordhang des Dorf-berges)->Kartitscher Sattel (1525 m)->Obertilliach (1450 m)->Gailbrücke (1342 m)->Neue Porzehütte (1942 m, auf markierter Bikeroute durchs Obertilliacher Tal, Tel.: +43 6644038929)->Tilliacher Joch (2094 m, Grenze Öster­reich/Italien, auf altem Militärweg 459, ca. 15 Min. Schieben) ->CORDEVOLE-BACH im Val Visdende (1261 m, auf nur an­fangs grobsteiniger Militärpiste, mehrere Gasthöfe, etwa Alle Buone Arie, Infos über das Verkehrsamt Santo Stefano di Ca-dore,Tel.:+39 0435 622 30).

5. Zum Lago di Sauris

Tabacco-KarteNr.01 und 02

C O R D E V O L E - B A C H (1261 m)->Piave-Brücke (1000 m)

->Campolongo (auf der Karnischen Dolomitenstraße)->Pia-

ve-Brücke (940 m)->Forcella Lavardet (1531 m, auf der S 465,

für den Kfz-Verkehrgesperrt)->Selladi Razzo(1803 m, auf der

S619 Richtung Süden bis Kote 1724,dann linksauf Piste Rich­

tung Osten)->Sauris di Sopra (1394 m, Gasthöfe)->Sauris di

Sotto->Staumauer Lago di Sauris (981 m ) ->PASSO DEL PURA mit dem Rif. Tita Piaz (1417 m, über die Staumauer und

durch 300 m langen, unbeleuchteten Tunnel, Tel.:

+39 0439 90 65).

6. Zur Adria

Tabacco-Karte Nr. 02; TCI-Karte Blatt »Friaul/Venetien« PASSO DEL PURA (1428 m)->Ampezzo (559 m, zuletzt auf

der SS 52)->Brücke über den Tagliamento-Stausee (512 m,

auf der SS 52 Richtung Tolmezzo bis Kote 452, dann rechts auf

der S 552 über die Forca di Priuso)->Passi di Monte Rest

(1060 m)->Hago di Tramonti (313 m)->Meduno (313 m, auf

der S 552)->Maniago (283 m, 66 km ab Passo del Pura, Bahn­

station, Weiterfahrt per Zug über Sacile nach Venedig/Mestre

möglich)->Vivaro (138 m)->Arzene->S. Vito al Tagliamento

(30 m)->Portogruaro->Ponte Maranghetto Eraclea->Jesolo

->L IDO DI J E S O L O (0 m, Verkehrsamt, Tel.: +39 0421

37 06 01, Tipp: anderntags Ausflug per Bus und Schiff über

Lido nach Venedig. Die Mountainbikes nicht mitnehmen.

Radfahren ist in Venedig verboten).