Alternative Natrium

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S Der Bedarf an wiederaufladba-ren elektrochemischen Energie-speichern ließ in den letzten Jahren die Forschungsanstrengungen zu Lithiumionenbatterien stark an-steigen. Die (elektro-)chemische Grundlagenforschung steht dabei vor der Aufgabe, die Elektroden-materialien und Elektrolyte – sowie deren Zusammenspiel – besser zu verstehen, um Sicherheit, Langle-bigkeit und Energiedichte der Bat-terien zu erhöhen. Außerdem wer-den alternative Verbindungen und Zellkonzepte untersucht, die Ver-besserungen bei Energiedichte oder beim Preis der eingesetzten Materialien versprechen.

Da die Anforderungen an eine Batterie je nach Anwendung stark variieren, muss die Lithiumionen-technik aber nicht immer die beste Wahl sein. So sind zum Beispiel Blei- oder Metallhydridbatterien nach wie vor beliebt. Auch die wachsende Nachfrage nach statio-nären Energiespeichern erfordert neue, besonders kostengünstige und langlebige Batterien. Die große Zahl an Anwendungen von elektro-chemischen Energiespeichern er-öffnet daher Perspektiven für Tech-nologien, die ohne Lithium aus-kommen.

Natrium ist aufgrund seiner Stel-lung im Periodensystem die nächst -liegende Alternative zu Lithium. Mit Gehalten von 28 400 mg·kg–1 und 11 000 mg·L–1 in Erdkruste bzw. Meerwasser ist Natrium um mehrere Größenordnungen häufi-ger als Lithium (20 mg·kg–1 und

0,18 mg·L–1).1) Es erscheint daher vor allem hinsichtlich der Diskus-sion um ressourcenschonende und günstige Technologien als beson-ders attraktiv.

Überraschenderweise ist aber die Elektrochemie des Natriums und seiner Verbindungen bei Raumtem-peratur verhältnismäßig wenig er-forscht. Obwohl bereits in den 1970er und 80er Jahren neben Li-thium- auch an Natriumionenbat-terien geforscht wurde, führte der kommerzielle Erfolg der Lithium-ionenbatterie dazu, dass natrium-basierte Systeme – mit Ausnahme von Hochtemperatursystemen – weitgehend in Vergessenheit gerie-ten.

Seit wenigen Jahren erhält die Forschung zu Natriumionenbatte-rien aber international wieder Auf-trieb. So liefert die Literaturdaten-bank Web of Science für den Zeit-raum zwischen 2000 und 2010 nur 16 Treffer zum Thema „Natriumio-nenbatterie“. Seitdem wurden je-doch weitere 345 Arbeiten publi-ziert. Der starke Anstieg innerhalb der letzten Jahre ist einerseits mit der (Wieder-)Entdeckung neuer Elektrodenmaterialien verbunden, andererseits erscheinen zuneh-mend Arbeiten, welche die Eigen-schaften nanostrukturierter Elek-troden untersuchen. Gleichzeitig sind auch kommerzielle Produkte in der Entwicklung.2,3) Einen Über-blick über die derzeit eingesetzten Materialien geben mehrere in den letzten drei Jahren erschienene Übersichtsartikel.4–8)

Im Folgenden sollen einzelne Beispiele einen Einblick in den di-rekten Vergleich zwischen Lithi-um- und Natriumionenbatterien

Philipp Adelhelm

Lithium- und Natriumionenbatterien scheinen sich zunächst sehr zu ähneln. In Wirklichkeit verhalten sie

sich aber oft unterschiedlich.

Alternative Natrium

BElektrochemieV

Abb. 1. Lithiumionenbatterie (Entladevorgang) mit Graphit als

negativer Elektrode und LiCoO2 als positiver Elektrode. Eine

Natriumionenbatterie könnte nach dem gleichen Prinzip funktio-

nieren, jedoch verhalten sich die Elektrodenmaterialen abhängig

vom Alkaliion meist sehr unterschiedlich.

VV Auf den ersten Blick könnten in Natriumionenbat-

terien ähnliche Materialien zum Einsatz kommen

wie in Lithiumionenbatterien. Allerdings verhal-

ten sich LiCoO2, NaCoO2 und Graphit ganz unter-

schiedlich.

VV Bei Konversionsreaktionen steht die Forschung

zum Vergleich lithium- und natriumbasierter

Systeme noch am Anfang. Es bleibt noch viel zu

tun, bis der Einfluss des Alkaliions auf die Zell -

reaktion genau bestimmt werden kann.

VV Ein Vorteil von Natrium gegenüber Lithium ist

die größere Zahl an natriumbasierten Verbin-

dungen. Batterien auf Na-Basis könnten somit

solche auf Li-Basis ergänzen.

S QUERGELESEN

1163

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(mit organischem Elektrolyten) geben. Die chemische Ähnlichkeit von Lithium und Natrium ließe eigentlich erwarten, dass die glei-chen Elektrodenmaterialien ge-nutzt werden können (Abbil-dung 1, S. 1163). Das Analogon zur klassischen Lithiumionenbat-terie basierend auf Graphit und LiCoO2 wäre dann eine Natriumio-nenbatterie basierend auf Graphit und NaCoO2. Die Ergebnisse der letzten Jahre zeigen aber, dass sich die Elektrochemie von ansonsten gleichartigen Lithium- und Na-triumverbindungen stark unter-scheiden kann. Dabei kommt es nicht selten auch zu Überraschun-gen. Es stellt sich die Frage: Wie

ändern sich Kinetik und Thermo-dynamik der Elektrodenreaktionen alkalimetallhaltiger Verbindungen beim Austausch von Lithium- durch die etwas größeren und schwereren Natriumionen?

Der Blick auf die Phasendia-gramme – sofern diese bekannt sind – erlaubt erste Einschätzun-gen. Genauere Informationen lie-fern aber erst elektrochemische Methoden. Besonders aussagekräf-tig sind Entlade-/Ladekurven. Hier-bei wird zwischen zwei Elektroden ein konstanter Strom vorgegeben und die gemessene Spannung als Funktion der geflossenen Strom-menge (meist in mAh·g–1) darge-stellt. Aus der geflossenen Strom-

menge lässt sich die Änderung der Stöchiometrie der Verbindung be-rechnen. Gleichzeitig liefert die Zellspannung Informationen über Thermodynamik und Kinetik der Zellreaktion. Auch wenn nicht im-mer alle Größen in gleichem Maße zugänglich sind, ist es beachtlich, dass wichtige Eigenschaften einer Reaktion direkt aus einem einzigen Diagramm ablesbar sind.

Cobaltoxide von Li und Na im Vergleich

S Lithiumcobaltoxid (LCO) ist der Klassiker unter den Elektro-denmaterialien für die positive Elektrode einer Lithiumionenbat-terie. Es kristallisiert in einer Schichtstruktur aus (CoO2)n-Ebe-nen; dazwischen befinden sich be-wegliche Lithiumionen. Mit Co3+/Co4+ als redoxaktivem Zen-trum verläuft die Elektrodenreakti-on gemäß

mit A = Li, Na.Die vollständige Delithiierung

(x = 1) von LiCoO2 entspricht dabei einer spezifischen Kapazität von 274 mAh·g–1. Eine reversible Elek-trodenreaktion ist wegen Stabili-tätsproblemen bei niedrigen Lithi-umgehalten nur in einem einge-schränkten Stöchiometriebereich von etwa 0 < x < 0,5 möglich. Die praktische Kapazität von LCO liegt daher bei zirka 140 mAh·g–1. Der Spannungsverlauf in Abbildung 2 zeigt, dass die Elektrodenreaktion in einem recht schmalen Bereich zwischen 3,8 V und 4,2 V gegen-über Li/Li+ abläuft. Das chemische Potenzial des Lithiums hängt also nur wenig von der Stöchiometrie ab. Ein solches Verhalten ist ty-pisch für eine feste Lösung und verbunden mit einer kontinuierlich leicht abfallenden Spannung. Ein Phasenwechsel würde hingegen die thermodynamischen Eigenschaften abrupt ändern und damit zu einem Sprung im Spannungsverlauf füh-ren. Ein Spannungsplateau wäre im Fall von zwei koexistierenden Pha-sen zu erwarten. Die sehr schwach

Deinterkalation2 1 2Interkalation

ACoO A CoO Ax x x e

Abb. 3. Änderung des Redoxverhaltens von Na2/3MnyCo1-yO2 als Funktion des Mangan -

gehalts. Die Zugabe von Mn verringert die „Stufigkeit“ der Spannungsverläufe und ermög-

licht höhere Kapazitäten (nach: Lit.13)).

Abb. 2. Lade-/Entladekurven von LixCoO2 und NaxCoO2 im Vergleich. (Daten LCO: W. Zhang,

PCI Gießen, Daten NCO: Lit.10) )

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ausgeprägten Stufen im Span-nungsverlauf von LCO bei unge-fähr 4,1 V lassen sich auf Ord-nungsphänomene der Lithiumio-nen in der Schichtstruktur zurück-zuführen.9)

Natriumcobaltoxid (NCO) ver-hält sich offensichtlich ganz an-ders. Mehrere ausgeprägte Stufen sind durch Plateaus oder leicht ab-fallende Kurven verbunden. Der Spannungsverlauf erstreckt sich dabei über einen Bereich von mehr als 1,4 V.10) Grund hierfür ist, dass das Natriumion aufgrund seines größeren Radius Positionen mit

unterschiedlicher Koordination einnehmen kann. Abhängig von der Art der Stapelung der (CoO2)n-Ebenen und dem Na-triumgehalt bilden sich hier also in großer Vielfalt weitere, energe-tisch sehr unterschiedliche Pha-sen.

Daher eignet sich NCO eher nicht als Elektrodenmaterial für ei-ne Natriumionenbatterie. Einerseits würde die Batterie abhängig vom Entladegrad sehr unterschiedliche Spannungen liefern, andererseits verhindert der massive Einsatz von Cobalt eine ressourcenschonende

und günstige Batterie. Weltweit wird daher intensiv nach Elektro-denmaterialien für Natriumionen-batterien gesucht, die auf besser verfügbaren Übergangsmetallen wie Mn, Fe, Ni oder Ti beruhen.11,12)

Natrium hat den Vorteil, dass grundsätzlich mehr Verbindungen existieren als bei Lithium. Ausge-hend von LCO oder NCO bietet es sich auch an, Cobalt teilweise zu ersetzen. Im Fall von Lithium hat dieses Konzept bereits zu Elektro-denmaterialien mit Schichtstruktur geführt, die ihren Weg in die An-wendung gefunden haben. Wel-chen Einfluss die schrittweise Sub-stituierung von Cobalt durch Man-gan auf die Reaktion hat, ist in Ab-bildung 3 zu sehen. Abhängig vom Mangangehalt kann das Redoxver-halten also gezielt verändert wer-den.13) Ein weiteres Beispiel ist Na0,45[Ni0,22Co0,11Mn0,66]O2.

14)

Graphit

S Graphit ist das Pendant zu LCO und dient seit langem als negative Elektrode in Lithiumionenbatte-rien. Auch hier erlaubt die Schicht-struktur unter Reduktion oder Oxidation die reversible Einlage-rung von Lithiumionen gemäß

Das Phasendiagramm zeigt, dass gleich mehrere thermodynamisch stabile Li-C-Interkalationsverbin-dungen existieren. Auch hier ergibt sich daher wieder ein stufenförmi-ger Spannungsverlauf (Abbildung 4 oben). Der maximale Lithiumge-halt ist bei einer Stöchiometrie von LiC6 erreicht, was einer Kapazität von 372 mAh·g–1 entspricht.

Graphit bildet mit vielen Sub-stanzen stabile Interkalationsver-bindungen. Bekannt sind Verbin-dungen mit den Alkalimetallen Kalium (KC8), Rubidium (RbC8) und Caesium (CsC8). Natrium bil-det hier eine überraschende Aus-nahme, da es so gut wie keine In-terkalationsneigung zeigt. Nach theoretischen Überlegungen könn-te dieses besondere Verhalten an der speziellen Größe des Natrium-

Abb. 4. Oben: Lade-/Entladekurven von Graphit. Als Elektrolytlösungsmittel dienen die in

Lithium ionenbatterien routinemäßig eingesetzten organischen Carbonate. Die Einlagerung

von Lithium erfolgt unter Bildung einer binären Interkalationsverbindung. Natrium zeigt

hier so gut wie keine Aktivität. Unten: Anders verhält es sich, wenn spezielle Ether (hier

diglyme) eingesetzt werden. Hier co-interkaliert das Natriumion gemeinsam mit seiner Sol-

vathülle unter Bildung einer ternären Interkalationsverbindung.16)

Deinterkalationx 6 InterkalationC 6 C x x e

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ions liegen.15) Ein Trick könnte helfen, um diesen Größeneffekt zu umgehen und dennoch Graphit in Natriumionenbatterien einzuset-zen: Mit speziellen Ethern (Gly-mes) anstelle der normalerweise als Lösungsmittel eingesetzten Carbonate co-interkaliert das Na-triumion gemeinsam mit seiner Solvathülle in die Graphitstruk-tur.16)

Abbildung 4 unten (S. 1165) zeigt den Spannungsverlauf dieser Elektrodenreaktion. Sie weist eine reversible Kapazität von zirka 100 mAh·g–1 über 1000 Zyklen auf. Dieses Verhalten ist umso überra-schender, da die Co-Interkalation von Carbonat-Lösungsmittelmole-külen bei Lithiumionenbatterien zu

einer schnellen Zelldegradation führt. Vermutlich ist es gerade das Fehlen von natriumreichen, binären Na-C-Interkalationsverbindungen, das diese Elektrodenreaktion über viele Zyklen ermöglicht.

Konversionsreaktionen

S Konversionsreaktionen eignen sich besonders gut dazu, Lithium und Natrium zu vergleichen. Bei diesen Elektrodenreaktionen wird das Prinzip der Ioneninterkalation in Schichtstrukturen zugunsten ei-ner vollständigen Reduktion/Oxi-dation der Übergangsmetalle aufge-geben, um so Elektroden mit höhe-rer Kapazität zu erhalten. Die Elek-trodenreaktion in allgemeiner Form lautet:

mit A = Li, Na und MaXb als Über-gangsmetallverbindung. Für eine Reaktion zwischen Lithium und Fe3O4 gilt theoretisch also

Der Reiz von Konversionsreak-tionen liegt in ihrer Vielfalt und da-rin, dass mit einer geeigneten Über-gangsmetallverbindung MaXb das Redoxpotenzial gezielt einstellbar ist. So lassen sich Konversionsreak-tionen sowohl für die positive als auch für die negative Elektrode nutzen. Da die thermodynami-schen Daten vieler Übergangsme-tallverbindungen tabelliert sind, lassen sich gemäß

Abb. 5. Links oben: Unterschied in den Zellspannungen zwischen Konversionsreaktionen mit Lithium und Natrium.17) Rechts oben: Typischer

Spannungsverlauf einer Konversionsreaktion mit Bildung der Nanostruktur während der ersten Entladung gefolgt von einer ausgeprägten

Hysterese. Die Überspannungen summieren sich hier bei manchen Systemen bis zu über einem Volt. Qrev und Qirr kennzeichnen den reversi-

blen und irreversiblen Anteil der Reaktion. Unten: Konversionsreaktion mit Bildung der Nanostruktur am Beispiel Li/Fe3O4 (vereinfacht).

Deinterkalation202 2Interkalation

Na C 20 C Nadiglyme diglyme e

a b cM X (b c) A (b c) e a M b A X

3 4 2Fe O 8 Li 8 e 3 Fe 4 Li O

rGEz F

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die theoretischen Zellspannungen E° einfach berechnen (z = Zahl übertragener Elektronen, F = Fara-day-Konstante). Über den Heß-schen Satz lassen sich nun auch di-rekt die Unterschiede in den Zell-spannungen zwischen ansonsten analogen Reaktionen für Lithium und Natrium berechnen (Abbil-dung 5). So weisen Reaktionen mit Oxiden in einer Lithiumzelle eine um 0,96 V höhere Spannung auf als in einer Natriumzelle. Bei Iodiden und Bromiden hat hingegen die Natriumzelle formal eine höhere Zellspannung. Eine Erklärung hier-für liefert die energetische Betrach-tung über das Born-Haber-Sche-ma.17)

Der Weg in die Anwendung ist aber für alle Konversionsreaktio-nen noch weit. Mehrere Gründe dafür lassen sich direkt aus dem in Abbildung 5 gezeigten Spannungs-verlauf entnehmen, der für viele Konversionsreaktionen mit Lithi-um und Natrium typisch ist. Der erste Entladeprozess geht mit der Entstehung eines Nanokomposits einher, was mit einer sehr großen und unerwünschten irreversiblen Kapazität verbunden ist. Alle wei-teren Zyklen zeigen dann eine aus-geprägte Hysterese: Sowohl die Entlade- als auch die Ladekurve liegen weit vom berechneten Zell-potenzial entfernt. Grund für das Auftreten einer solchen Hysterese sind große Überspannungen; die Zellreaktion ist also kinetisch stark gehemmt. Die Größe der Hysterese ist daher auch direktes Maß für die energetische Effizienz der Reakti-on.

Weiterhin beschränken uner-wünschte Nebenreaktionen mit dem Elektrolyten (unter anderem Bildung eines Polymerfilms) die Zyklenstabilität, und die Zellreakti-on ist durch das Auftreten von Zwi-schenphasen oft wesentlich kom-plizierter als auf dem Papier formu-liert. Darüber hinaus existieren aufgrund der Nanostruktur mögli-cherweise weitere, kapazitive La-dungsspeichermechanismen.18)

Es bleibt hier also noch viel zu tun, bis Konversionsreaktionen

genau verstanden und der Ein-fluss des Alkaliions auf die Zellre-aktion genau bestimmt werden kann.

Li/O2- versus Na/O2-Batterien

S Unter den Metall/Sauerstoff-Batterien finden sich die Batterien mit den höchsten theoretischen Energiedichten. Die positive Elek-trode besteht aus einer Kohlen-stoffelektrode, die Kontakt zur Außenluft hat. Als negative Elek-trode dient idealerweise das reine Alkalimetall. Während der Entla-dung wird Sauerstoff reduziert. Mögliche Entladeprodukte in or-ganischen Lösungsmitteln sind al-so Superoxide, Peroxide und Oxi-de.

Aufgrund der Instabilität von Lithiumsuperoxid findet sich in Li/O2-Batterien das Peroxid als Entladeprodukt.19) Li2O2 kristal-lisiert dabei oft in Form nano-skopischer Ringe (Abbildung 6, S. 1168). Auch hier ist die Zellre-aktion mit hohen Überspannun-gen und Nebenreaktionen ver-bunden, die bisher die größten Hindernisse auf dem Weg zur An-wendung bilden. Im Gegensatz dazu kann eine Na/O2-Zelle mit Natriumsuperoxid als Entladepro-dukt betrieben werden. Hier kris-tallisiert NaO2 in Form von mi-krometergroßen kubischen Kris-tallen. Die Überspannungen sind dabei klein und Nebenreaktionen laufen in wesentlich geringerem Umfang ab.20,21)

Fazit und Ausblick

S Die Forschung zu Natriumio-nenbatterien hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen und in kurzer Zeit beachtliche Fort-schritte erzielt. Neben der Ent-wicklung von praktischen Zellen für die Anwendung bietet sich hier auch ein attraktives Feld für die Grundlagenforschung. Die Ver-gleiche zwischen ansonsten identi-schen Elektrodenreaktionen für Lithium- und Natriumionenbatte-rien zeigen, dass Unterschiede im

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elektrochemischen Verhalten nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Die Diskussion hierüber führt dabei auf drei grundsätzliche Fragen zurück: • Welchen Einfluss hat die Ionen-

größe auf das Phasenverhalten von Alkalimetallverbindungen?

• Wie beeinflussen Ionengröße und -masse die Transporteigen-schaften im Festkörper, im Elek-trolyten (Solvatation) und an der Elektrodengrenzfläche?

• Wie verändert sich die Struktur der sich bildenden Grenzphasen zwischen Elektroden und Elek-trolyt (solid electrolyte interpha-se) beim Austausch des Ions?

Um diese Fragen zu beantworten, sind neben Experimenten theoreti-sche Überlegungen notwendig.

Weiterhin besteht die Chance, dass sich aufgrund der im Vergleich zu Lithium größeren Anzahl an na-triumbasierten Verbindungen Bat-terien mit besonderen Eigenschaf-ten entwickeln lassen, welche die Lithiumionentechnologie passend ergänzen.

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Philipp Adelhelm, Jahr-

gang 1978, ist seit Ende

des Jahres 2009 Nach-

wuchsgruppenleiter im Be-

reich Energiespeicherma-

terialien am Physikalisch-

Chemischen Institut der Universität Gießen

(AG Jürgen Janek). Im Rahmen seiner Habilita-

tion beschäftigt er sich mit Kohlenstoffmate-

rialien und der Entwicklung neuer, natriumba-

sierter Batteriesysteme.

[email protected]

Abb. 6. Links: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Sauerstoffelektrode (poröses Kohlenstofffasernetzwerk) nach der Entladung in

einer Lithium- bzw. Natrium-Sauerstoff-Batterie. Rechts: Lade-/Entladekurven im Vergleich. (Daten: PCI Gießen)

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