Am Receiver Unterdrückung von Funkstörungen durch · PDF fileger, um das...

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99 CQ DL-Spezial Messen und Entstören II I m konkreten Fall haben Nieder- voltbeleuchtungen in Bad und Küche des Nachbarhauses, die durch sog. „elektronische Transforma- toren“ gespeist wurden (bis 300 VA mit NV-Leitungslängen von mehr als 5 m), auf den KW-Bändern Störsignale bis zu 100 μV am Rx-Eingang erzeugt (Dipol- Außenantenne). Das hat mir nach 30 Jahren den Wiedereinstieg in unser schönes Hobby gründlich verdorben. Bei der Ortung der Störquelle leisteten ein 80-m-Fuchsjagdempfänger und ein Mittelwellen-Kofferradio mit Ferritan- tenne gute Dienste. Danach konnte ich mühelos am Stati- ons-Rx verfolgen, ob die Nachbarn Küche und/oder Bad beleuchtet hat- ten. Versuche, die Störungen NF-seitig mit- tels DSP (Soundkarte und entsprechen- de Software) zu unterdrücken, brach- ten zwar „kosmetische“ Verbesserun- gen so lange noch ein Nutzsignal fest- stellbar war, versagten aber völlig, wenn das Nutzsignal im Störsignal un- terging. Deshalb kamen nur wirksame Unterdrückungsmethoden am Rx-Ein- gang in Frage. Theorie Das Prinzip ist uralt und denkbar ein- fach: Zum Signal A (Betriebssignal be- stehend aus Nutz- und Störsignal), das von der Betriebsantenne kommt, wird Signal B (von einer Hilfsantenne kom- mend und ebenfalls Nutz- und Störsig- nal enthaltend) addiert und zwar so, dass in beiden Signalwegen das Störsig- nal amplitudengleich, jedoch um 180 Grad phasenverschoben ist. Das führt zur Unterdrückung des Störsignals und einer gewissen Schwächung des Nutz- signals. Letztere fällt um so geringer aus, je schwächer in Signalweg B das Nutzsignal im Vergleich zum Störsignal ist. Das Prinzip wird sinngemäß auch in der Elektroakustik zur Unterdrückung von Nebengeräuschen eingesetzt. Als Hilfsantennen für Störungen der be- schriebenen Art kommen also gerade sol- FUNKENTSTÖRUNG Unterdrückung von Funkstörungen durch Elektro- geräte und andere Anlagen Peter Zingsheim – OE6ZH Was tun, wenn Funkstörungen nicht bereits an der Entstehung gehindert werden können, sondern über die Antenne den Weg in den Rx finden? Dieser Beitrag soll Versuche und Projekte an- regen, selbst hartnäckige Störungen, die durch elektrische Geräte und Anlagen in und ums Haus verursacht werden, mit sehr einfachen Mitteln bereits am Empfängereingang wirksam zu unterdrücken. Am Receiver Bild 1: Schaltung des Grundgerätes (Quelle: WA1ION, adaptiert: OE6ZH)

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99CQ DL-Spezial Messen und Entstören II

I m konkreten Fall haben Nieder-voltbeleuchtungen in Bad undKüche des Nachbarhauses, die

durch sog. „elektronische Transforma-toren“ gespeist wurden (bis 300 VA mitNV-Leitungslängen von mehr als 5 m),auf den KW-Bändern Störsignale bis zu100 µV am Rx-Eingang erzeugt (Dipol-Außenantenne). Das hat mir nach 30Jahren den Wiedereinstieg in unserschönes Hobby gründlich verdorben.Bei der Ortung der Störquelle leistetenein 80-m-Fuchsjagdempfänger und ein

Mittelwellen-Kofferradio mit Ferritan-tenne gute Dienste. Danach konnte ich mühelos am Stati-ons-Rx verfolgen, ob die NachbarnKüche und/oder Bad beleuchtet hat-ten.Versuche, die Störungen NF-seitig mit-tels DSP (Soundkarte und entsprechen-de Software) zu unterdrücken, brach-ten zwar „kosmetische“ Verbesserun-gen so lange noch ein Nutzsignal fest-stellbar war, versagten aber völlig,wenn das Nutzsignal im Störsignal un-

terging. Deshalb kamen nur wirksameUnterdrückungsmethoden am Rx-Ein-gang in Frage.

TheorieDas Prinzip ist uralt und denkbar ein-fach: Zum Signal A (Betriebssignal be-stehend aus Nutz- und Störsignal), dasvon der Betriebsantenne kommt, wirdSignal B (von einer Hilfsantenne kom-mend und ebenfalls Nutz- und Störsig-nal enthaltend) addiert und zwar so,dass in beiden Signalwegen das Störsig-nal amplitudengleich, jedoch um 180Grad phasenverschoben ist. Das führtzur Unterdrückung des Störsignals undeiner gewissen Schwächung des Nutz-signals. Letztere fällt um so geringeraus, je schwächer in Signalweg B dasNutzsignal im Vergleich zum Störsignalist. Das Prinzip wird sinngemäß auch inder Elektroakustik zur Unterdrückungvon Nebengeräuschen eingesetzt.Als Hilfsantennen für Störungen der be-schriebenen Art kommen also gerade sol-

F U N K E N T S T Ö R U N G

Unterdrückung von Funkstörungen durch Elektro-geräte und andere AnlagenPeter Zingsheim – OE6ZH

Was tun, wenn Funkstörungen nicht bereits an der Entstehunggehindert werden können, sondern über die Antenne den Wegin den Rx finden? Dieser Beitrag soll Versuche und Projekte an-regen, selbst hartnäckige Störungen, die durch elektrischeGeräte und Anlagen in und ums Haus verursacht werden, mitsehr einfachen Mitteln bereits am Empfängereingang wirksamzu unterdrücken.

Am Receiver

Bild 1: Schaltung desGrundgerätes(Quelle: WA1ION,adaptiert: OE6ZH)

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che „Antennen“ in Frage, die als Betriebs-antenne tunlichst zu vermeiden sind: z.B.die Heizungsanlage, Erdschleifen, Drähteam Fußboden oder an der Wand zurNachbarwohnung etc.Da ein käufliches Gerät (MFJ-1026) nichtzu Erprobungszwecken zu bekommenwar, kam nur Selbstbau in Frage.

VersuchsaufbauDie Schaltung des Grundgerätes (Bild1) beruht auf Versuchen von WA1ION[2] im MW- und LW-Bereich. Ich habesie für die KW-Bänder umdimensioniertund ein wenig vereinfacht. Im Gegen-satz zu manchen kommerziellen Lö-sungen werden nur passive Bauelemen-te verwendet, im wesentlichen (überdi-mensionierte) Ferrit-Breitbandübertra-ger, um das Großsignalverhalten des Rxnicht nachteilig zu beeinflussen. Ein ur-sprünglich vorgesehener Verstärker(Bild 2, wahlweise in Kanal A oder Ka-nal B eingeschleift, zur Pegelanglei-chung zwischen den Signalwegen) er-wies sich als überflüssig, da in allen Pra-xisfällen das Störsignal über die Hilfsan-tenne in ausreichender Stärke aufge-nommen werden konnte. Demnachkönnen neben dem Verstärker auchUmschaltrelais und Stromversorgung

entfallen, im Einzelnen (siehe Bild 1)folgende Bauteile: SW2, K1, K2, L1,L2, L3, R13, R14, C3, C4, C14, C15,C16, J6.Die Eingangsimpedanz im Kanal A be-trägt 50 �, für den Kanal B (Störsignal)stehen über SW1 wahlweise ein Ein-gang mit 50 � oder zwei Eingänge mit200 � bzw. 800 � zur Verfügung (Sie-he Bilder 3 bis 5). SW5 dient dazu,die Eingänge A und B direkt miteinan-der zu verbinden. Über SW6 kann derEingang A direkt auf den Ausgangdurchgeschleift werden. SW3 erlaubtdie Wahl zwischen Kanal A (solo), Ka-nal B (solo), A+B oder A–B (mit Pha-senabgleich durch P3). SW4 stellt, jenach Frequenzbereich, der Phasen-brücke mehr oder weniger Kapazitätzur Verfügung.Das Gerät wird, ähnlich einem Prese-lektor direkt vor dem Rx-Eingang einge-schleift, was auch bei den meisten Trxmöglich ist, sodass Sende-Empfangsum-schaltung entfallen kann.

PraxisDer Selbstbau (Lochrasterplatine, Bild3) ist einfach, Selbstbauerfahrung vor-ausgesetzt. Die Bedienung erfordert an-fänglich ein wenig Geduld und Finger-spitzengefühl, bis sich die Erfahrungeinstellt.Zunächst sollte man sich mit der Bedie-nung vertraut machen, indem man dieGleichsignalunterdrückung (z.B. einund derselbe starke Rundfunksender inbeiden Signalwegen) ermittelt. DerWert sollte mindestens 60 dB betragen,er dürfte durch Übersprechen zwischenden Signalwegen begrenzt sein.Die Schaltung arbeitet breitbandig,nachjustieren innerhalb eines Bandesist nur nötig, wenn die Störquellewechselt.

Die hohe Einschleifdämpfung von ca.15 dB fällt in der Praxis kaum ins Ge-wicht. Worauf es ankommt, ist ja nichtdie absolute Signalstärke, sondern derAbstand zwischen Nutz- und Störsig-nal. Im Extrem kann das heißen: Signa-le, die zuvor mit S9 und ebenso starkenStörungen anlagen, werden störungs-frei lesbar, obwohl das S-Meter nurnoch S2 anzeigt.Praktische Hörbeispiele stehen auf derHomepage des Verfassers [1] zur Verfü-gung.Einschränkungen sollen nicht ver-schwiegen werden: Das Prinzip setztvoraus, dass man es mit einer (einzi-gen) punktförmigen Störquelle zu tunhat, die ortsfest ist (andernfalls würdesich ja die Phasenlage mit der Positionder Störquelle verändern, und manmüsste ständig nachgleichen).So ist zwar verständlich, dass sich dasGerät auch bei Störungen bewährte,die von einem PC-LAN (zwischen denbeiden PCs in der Funkbude, bei ho-hem Datendurchsatz während derwechselseitigen periodischen Datensi-cherung und vor dem Entstören durchGleichtaktdrosseln) herrührten. Ande-rerseits darf man keine Wunder beistark strahlenden, räumlich ausgedehn-ten Netzwerkstrukturen mit örtlichwechselnder Auslastung erwarten.Das Prinzip eignet sich auch, beim Be-trieb mit zwei verschiedenen, räumlichauseinanderliegenden Empfangsanten-nen, zur Steuerung der Richtcha-rakteristik. Dies wurde allerdings nichterprobt.

Weitere HinweiseNachstehend möchte ich einige Anre-gungen geben, den beschriebenen Pro-totyp hinsichtlich Wirkung und Bedie-nung zu optimieren.

Stückliste

Bild 2: Schaltung des

Ausgleichsverstärkers(Quelle: W7IUV,

adaptiert: OE6ZH)

GrundgerätC1–C4, C9 47 nFC5–C8 150 pFC14–C16 10 nFR1–R4 entfallenR5, R6 470 �P1–P3 1 k�

J1–J5 Cinch-BuchsenJ6 9-V-BuchseK1, K2 5-V-Relais 2 × um

(DSY-SDC5V)L1–L3 4 mHT1–T7 Amidon BN43-202

(u = 850, Al = 2890), Wicklungsdaten siehe Schaltbild

SW1, SW5 1 × umSW2 1 × um mit MittelstellungSW4, SW6 2 × umSW3 3 × 4 DrehschalterVerstärkermodulC1–C13 10 nFC14 47 nFR7 1,5 k�

R8 1 k�

R9 6,8 k�

R10 10 �R11 150 �R12 4,7 �L3 auf GrundgerätQ1 2 N 5109T8 Amidon FT50-43

(15 W bifilar)

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Bauteile: An die Qualität der Bauteile,insbesondere die Kontaktsicherheit(Geräuschfreiheit) der Schalter und Po-tis sind hohe Anforderungen zu stellen,da bereits kleine Schwankungen derÜbergangswiderständige lästige Knack-geräusche erzeugen (die Schaltung liegtam Rx-Eingang!).Pegelregler (P1, P2): Vorteilhaft sindPotenziometer mit logarithmischerKennlinie oder eine Beschaltung so,dass eine pseudologarithmische Kennli-nie entsteht.Ausgleichsverstärker, Preselektoren: Anden Ausgleichsverstärker sind hinsicht-lich Großsignalverhalten höchste An-forderungen zu stellen. Die angegebenSchaltung ist nur bei kurzen Hilfsanten-nen zu empfehlen. Wenn es nicht ohneAusgleichsverstärker geht, sollte vorden Eingang des Kanals B ein Preselek-tor geschaltet werden. Zu empfehlen istz.B. die Schaltung auf der Homepagedes Bavarian Contest Club [3].Einschleifdämpfung: Die Phasenbrückeist die Hauptquelle der Einschleifdämp-fung von ca. 15 dB. Ich kenne keineeinfachere und zugleich verlustfreieMöglichkeit. Für Hinweise bin ichdankbar. Auf den oberen Bändern kön-nen 15 dB zu viel sein. Dann kommtzum Ausgleich der Einschleifdämpfungein Verstärker zwischen Ausgang desGerätes und Rx-Eingang in Frage, indiesem Fall ist ein Preselektor vor demVerstärker zu empfehlen.Übersprechen, HF-Lecks: Beim Aufbaumuss peinlichst auf die Vermeidungvon HF-Lecks geachtet werden, sowohlzwischen Eingang und Ausgang, wieauch zwischen den Kanälen. Das istnur mit entsprechenden Abschirmmaß-nahmen und Kapselung (Kammerbau-weise) zu erreichen. Im Prototyp wur-de darauf nicht geachtet. Diese Anfor-

derungen lassen mich an der Zweck-mäßigkeit von gedruckten Schaltungenzweifeln, da die zu kapselnden Moduleso klein werden, dass sie ganz einfachherkömmlich aufgebaut werden kön-nen. Oder: Eine kupferkaschierteGrundplatte, die alle Erdverbindungenbereitstellt, darauf die Teile löten und„fliegend“ verbinden, dazwischen Ab-schirmbleche (oder kupferkaschiertePlättchen) löten.T-R-Umschaltung: In den seltensten Fäl-len wird eine T-R-Umschaltung nötigsein. Die meisten Transceiver haben ei-nen Antennenausgang, an dem man ei-nen zweiten Rx anschließen kann, undeinen Antenneneingang für eine separa-te Empfangsantenne. Dazwischenkommt das Gerät. Damit erübrigen sichdurchgebrannte Schaltdioden, ver-brannte Relais etc. Für den Fall des Fal-les findet man bei DK9NL [4] eine T-R-Schaltung, die sich als Modul hinzufü-gen lässt. Damit habe ich jedoch keineErfahrung.Rahmenantennen als Hilfsantennen:Rahmenantennen scheinen sich anzu-bieten, da man damit das Störsignalnoch besser „isolieren“ oder „orten“kann. Aber Vorsicht: Die beschriebeneSchaltung in ihrer einfachsten Form lässt Rückwirkungen zu! Mit anderenWorten: Die Rahmenantenne (falls ab-stimmbar und mit hoher Güte) wirktals Saugkreis und kann über die Pha-senbrücke T5 und T6 das Nutzsignaldeutlich dämpfen! Abhilfe bietet dannein Ausgleichsverstärker (wie beschrie-ben). Die abgestimmte Rahmenantennewirkt zugleich als Preselektor. Mit die-ser Variante habe ich zwar experimen-tiert, sie aber wieder fallengelassen, weilich mit einer aperiodischen Hilfsantenne(Zentralheizung) ohne Ausgleichsverstär-ker auch zum Ziel kam.

Der Faktor Mensch Unsere Nachbarn waren sehr verständ-nisvoll, haben sogar die neuen Eisen-kerntransformatoren bezahlt und beimEinbau selbst Hand angelegt. Dafür ka-men andere Nachbarn mit „modernen“Beleuchtungssystemen hinzu.Dank gebührt auch einem anderenNachbarn, Harald, OE6GC, für die leih-weise Überlassung eines 80-m-Fuchs-jagdempfängers und Helmut, OE6TXG,der mich mit Infos zu NF-Störunter-drückern (analog und mittels DSP) ver-sorgte.

F U N K E N T S T Ö R U N G

Literatur und Bezugsquellen

[1] Schaltung, Hörbeispiele, Kontaktzum Verfasser:www.forwardlearning.com/oe6zh(dort den Menüpunkt „projects“ aus-wählen)[2] WA1ION: www.qsl.net/wa1ion[3] BCC (Bavarian Contest Club):www.bavarian-contest-club.de(dort unter Projekte: „Das BCC-Pre-selector-Projekt“)[4] DK9NL: www.dk9nl.de(ähnliches Prinzip, allerdings aktive Bauelemente)[5] KH6SR: http://lwca.org/library/articles/kh6sr/index.htm (Kapitel 3bis 6 enthalten eine gute Aufberei-tung des Themas in voller Breite) Bild 5: Vorderseite mit Bedienungselementen

Bild 4: Rückseite mit Anschlüssen

Bild 3: Oberseite zur Übersicht