„Mitteleuropa im 5. Jahrtausend vor Christus“ · mit endogen als auch exogen verursachten...

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WESTFÄLISCHE WILHELMS -U NIVERSITÄT MÜNSTER „Mitteleuropa im 5. Jahrtausend vor Christus“ Internationale Konferenz 06. bis 08. Oktober 2010

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WESTFÄLISCHE

WILHELMS-UNIVERSITÄT

MÜNSTER

„Mitteleuropa im 5. Jahrtausend

vor Chr istus“

I nte r n at i o n a l e Ko n fe re n z06. bis 08. Oktober 2010

Internationale Konferenz„Mitteleuropa im 5. Jahrtausend vor Christus“

Historisches Seminar, Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologieder Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster

06. – 08. Oktober 2010

Mitteleuropa im 5. Jahrtausend vor Christus – Fragestellungen und Probleme –

Ralf Gleser

Für das 5. Jahrtausend fehlen umfassende Untersuchungen jüngeren Datums, welche die archäologischen Hinterlassenschaften aus einer überregionalen Per-spektive unter Anwendung neuester Forschungsmethoden, vor allem auch der Naturwissenschaften, in den Blick nehmen. Dabei ist der Dynamik der sozialen, wirtschaftlichen und ideologischen Komponenten der involvierten Gesellschaf-ten vermehrt Beachtung zu schenken. Diese äußern sich v.a. im Totenritual, im Siedlungswesen, bei der Gewinnung, Nutzung und Weiterverarbeitung von Rohmaterialien und deren Austausch, beim Bau monumentaler Grabenanlagen und bei der Gestaltung von Sachgütern wie Tonwaren oder Figurinen. Es ist evident, dass jeweils zu Beginn des 5. Jahrtausends, etwa um dessen Mitte und an dessen Ende deutliche kulturelle Wandlungsvorgänge einsetzen, die sich im Zerfall von für einige Jahrhunderte weitgehend stabilen kulturellen Traditionen niederschlagen. Das Ende der bandkeramischen Kultur kann sowohl mit endogen als auch exogen verursachten Krisen in Verbindung gebracht wer-den, welche die Suche nach neuen kulturellen Ausdrucksformen bestimmten. Für die Wandlungsvorgänge in der Mitte des 5. Jahrtausends werden oft exo-gene Faktoren erwogen, die sich europaweit bemerkbar machen sollen: Man geht davon aus, dass technologische und wirtschaftliche Innovationsschübe und damit verbundene gesellschaftliche Veränderungen sich auswirkten, deren Ursprünge sowohl in frühen megalithbauenden Gesellschaften West-, als auch in kupferzeitlichen Gesellschaften Südosteuropas zu suchen sein sollten. Mögli-cherweise wurden dabei progressive Prozesse durch Bevölkerungskontakt und Ideentransfer begünstigt. Die Entstehung der Trichterbecherkulturen am Ende des 5. Jahrtausends wird heute vor allem als Ergebnis endogenen Wandels der daran beteiligten Gesellschaften am Übergang zur vollsesshaften Lebensweise im nördlichen Mitteleuropa interpretiert. Offene Fragen zur Kulturgeschichte des 5. vorchristlichen Jahrtausends lassen sich u.a. wie folgt formulieren: 1) Die variantenreichen Totenrituale fordern zur Frage heraus, warum bis zur Mitte des 5. Jahrtausends Frauen und Männern mit tendenziell unterschiedli-cher Beigabenausstattung gemeinsam in von den Siedlungen getrennten Ne-kropolen bestattet wurden und warum ab der Mitte des 5. Jahrtausends im östlichen Karpatenbecken deutlich geschlechtsdifferenzierte Totenbehandlun-gen vorkommen, während im restlichen Mitteleuropa „reguläre“ Bestattungen fehlen, was bedeutet, dass Siedlungsbestattungen, oft mit komplexen Manipu-

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lationen an den Verstorbenen, dominieren. 2) Bei Monumentalbauten wie den Grabensystemen stellt sich die Frage, wel-chen sozialen Prozessen sie ihre Entstehung verdanken, wofür sie dienten, wie sie in das regionale Siedlungsgefüge eingebunden sind und weshalb die Nut-zung bestimmter Anlagen, wie etwa die der konzentrischen Kreisgrabenanla-gen der Lengyel-Kultur, auf ein schmales Zeitfenster in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends begrenzt ist. 3) Beim Siedlungswesen sind die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Gren-zen von Nahrungsmittel- und Sachgüterproduktion näher zu erforschen. Ferner sind die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, aber auch klimatischen und naturräumlichen Voraussetzungen markanter Veränderungen im Hausbau und im allgemeinen Siedlungsbild erneut in den Blick zu nehmen, genauso wie die erkennbare Ausweitung der Siedlungsgebiete in die Seeufer- und Feuchtboden-regionen mit dem damit verbundenen Neolithisierungsschub in landwirtschaft-lich schlechter zu nutzende Naturräume sowohl in Nordeuropa als auch im sub-alpinen Milieu. Zu fragen ist auch nach Ursachen für Unbeständigkeiten und Diskontinuitäten im Siedlungswesen, wie sie bei den Feuchtbodensiedlungen konkret nachzuweisen sind und bei Mineralbodensiedlungen vermutet werden dürfen. 4) Die frühen Kupferartefakte in Mitteleuropa sind, wie vergleichbar wertvolle Fernhandels- und Prestigegüter, im Hinblick auf Herkunftsgebiete und mögli-cherweise bereits vorhandenes regionales Know-How eingehender zu beleuch-ten. 5) Die kulturellen Mechanismen auffallender Unterschiede in Größe, Verbrei-tung und Dynamik „archäologischer Kulturen“ sind zu hinterfragen. Hier ist vor allem die großräumig verbreitete und expansive Michelsberger Kultur im Kon-trast zu kleinräumigen zeitgleichen Erscheinungen wie den sog. Post-Rössener Gruppen, die nach kurzer Zeit erlöschen, als Exempel in Erinnerung zu bringen. In diesem Zusammenhang ist außer der Frage nach Akkulturationsvorgängen auch die nach Bevölkerungsbewegungen zu thematisieren. In diesem Zusam-menhang sind fest eingebürgerte, aber inhaltlich unscharfe Termini wie „Ein-fluss“, auf den Prüfstand zu heben und speziell für die im 5. Jahrtausend fest-zustellenden „westlichen Einflüsse“ oder „Lengyel-Einflüsse“ zu konkretisieren. 6) Die Ursachen und die Bedeutung von Gestaltungsunterschieden an der Ton-ware mit der Persistenz verzierender Traditionen im Unterschied zum Aufkom-men von unverzierter Produktion gilt es zu beleuchten. Ebenso das Aufkommen keramischer „Neuerungen“ wie flache Böden und Henkelgefäße im südlichen sowie „Backteller“, Tonschlicker und getupfte Leisten im westlichen und nörd-lichen Mitteleuropa.

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7) Die ideologische Komponente der vor allem im Kontext der Lengyel- und Theißkultur auftretenden reichen Idolatrie in Form von oft regelhaft zerbro-chenen weiblichen Statuetten ist zu hinterfragen, weil der Anteil der Idole im Fundspektrum benachbarter archäologischer Kulturen im Kontrast dazu ver-schwindend gering ist. Häufig werden weibliche Statuetten als Ausdrucksfor-men eines Fruchtbarkeitskults interpretiert. Eine kultische Interpretation er-fahren Gehörne von Rindern und Auerochsen aus Grabenanlagen, Gruben und Gräbern der westlich benachbarten Kulturen. 8) Erneut zu thematisieren sind die Voraussetzungen, Ursachen und konkre-ten Verläufe des raschen Erlöschens bestimmter Kulturen, wie z.B. die mit Linearbandkeramik, und für das Entstehen neuer Kulturen, wie z.B. Michels-berg, Trichterbecher, Spät- bzw. Epi-Lengyel usf. Ein schwieriges hermeneutisches Problem ergibt sich zweifellos aus der not-wendigen Terminologie zur Klassifikation von Fundensembles. Die inhaltliche Abgrenzung einer (archäologischen) Kultur verlangt mehr als die Verwendung einer bestimmten Keramik durch ihre Träger: Vielmehr fordert die Theorie seit Langem, alle direkt und indirekt erfassbaren kulturellen Aspekte in einem kon-kreten Raum zu betrachten – materielle Hinterlassenschaften, wie Tongegen-stände, Steingeräte und Schmuck, aber auch Hausgrundrisse, Siedlungspläne, Gräber und Depots ebenso wie zu erschließende Hinweise auf Totenritual, Wirt-schaftsweise, Sozialstruktur und religiöse Vorstellungen. Der (indirekte) Weg dahin führt über eine kontextuelle Merkmalanalyse von Funden und Befun-den. Tonware ist aber im 5. Jahrtausend sehr oft die häufigste Fundkategorie, weshalb gerade sie in der Praxis zur „verkürzten“ Variante des archäologischen Kulturbegriffs hinführt. Ob der aus der kritischen Beleuchtung dieser Erkennt-nis und dem Aufzeigen der damit verbundenen erkenntnistheoretischen Kom-plikationen erwachsende Vorschlag, statt von „Kulturen“ von „keramischen Stilprinzipien“ zu sprechen, tatsächlich der vergangenen Wirklichkeit gerechter werden kann, bedarf noch weiterer Diskussion. Der Gehalt des Stilbegriffs in der prähistorischen Archäologie, der außer auf den reinen Signalcharakter von materieller Kultur auch auf Phänomene wie Tradition und Identität hinweist, scheint bei solcher Vorgehensweise unterschätzt.

ALLGEMEINE HINWEISE

TagungsortDie Konferenz findet in Raum F2 des Fürstenberghauses, 1. Stock, Domplatz 20-22, in Münster statt. Einen Lageplan finden Sie auf der letzten Seite.Bei der Anreise mit dem PKW beachten Sie bitte, dass das Parken in der Innenstadt von Münster nur eingeschränkt möglich ist. Außerdem bitten wir Sie zu beachten, dass Münster eine „Fahrradfahrer-Stadt“ ist und Sie daher mit zahlreichen Fahrradfahrern rechnen müssen, die sich unter Umständen nicht immer an die Verkehrsregeln halten.

AnfahrtPKW: Von Süden: Über die A1 Richtung Osnabrück/Bremen, Abfahrt Kreuz Mün-ster Süd (78), auf die B51 Richtung Münster abbiegen. Dem Streckenverlauf folgen bis auf die Weseler Straße (B219) Richtung Münster Zentrum. Am Land-gericht nach rechts in die Universitätsstraße abbiegen und dem Straßenverlauf folgen (aus der Universitätsstraße wird nach einer Weile der Bispinghof). Nach ca. 0,5 km nach links in die Pferdegasse abbiegen. Das Fürstenberghaus befin-det sich auf der linken Seite.Von Norden: Über die A1 Richtung Dortmund, Abfahrt Münster Nord (77) auf die B54 Richtung Münster abbiegen. Der Straße (Steinfurther Straße) etwa 6,5 Kilometer folgen und sich am Hindenburgplatz eher links halten. Am Schloss vorbei und an der Gerichtsstraße links in die Universitätsstraße einbiegen und dem Straßenverlauf folgen (aus der Universitätsstraße wird nach einer Weile der Bispinghof). Nach ca. 0,5 km nach links in die Pferdegasse abbiegen. Das Fürstenberghaus befindet sich auf der linken Seite.

Flugzeug: Der Flughafen Münster-Osnabrück (FMO) liegt im Norden der Stadt und ist über die A1 mit Münster verbunden. Vom Flughafen fahren etwa alle 20 Minuten Busse der Linien S50, D50 und R51 in die Stadt. Den Fahrplan finden Sie online unterhttp://www.flughafen-fmo.de/download/Busline_S50_Muenster_FMO.pdf.

Bahn: Vom Hauptbahnhof (West) Münster gelangen Sie zu Fuß in ca. 15 Mi-nuten zum Tagungsort. Ausgang Richtung Bremer Platz, Innenstadt, am Hotel Conti vorbei in die Fußgängerzone und dann der Windhorststraße etwa 0,5 km lang folgen. Dann rechts auf die Ludgeristraße, rechts halten, auf den Prinzipal-markt und knapp hinter dem Rathaus links in die Straße Michaelisplatz (wird nach 200 m zur Straße „Domplatz“).

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UnterkünfteHotels und andere Unterkünfte können Sie über die Webpräsenz von Münster Marketing suchen und buchen:http://www.muenster.de/stadt/tourismus/hotels.html.

TagungsbüroDas Tagungsbüro befindet sich im Foyer des Tagungsraumes F2 im Fürstenberg-haus. Es wird Mittwoch und Donnerstag von 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr besetzt sein.

Tagungsgebühr und ZahlungshinweiseDie Tagungsgebühr beträgt 30,- €, für Studierende 15,- €. Wir bitten darum, die Tagungsgebühr im Voraus auf das Konto Nr. 1 267 012, Empfänger: West-fälische Wilhelms-Universität Münster, BLZ 300 500 00, bei der WestLB AG zu überweisen. IBAN: DE42 3005 0000 0001 2670 12; BIC/Swift: WELADEDD.Bitte überweisen Sie die Tagungsgebühr bis zum 15.09.2010.

TagungsmappeFür alle Personen, die sich bis zum 15.09.2010 angemeldet haben, liegt im Ta-gungsbüro eine Tagungsmappe bereit.

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PROGRAMM

Mittwoch, 06.10.2010

09.00 – 09.45 Grußwort der Stadt Münster durch die Bürgermeisterin Frau Wendela-Beate Vilhjalmsson

Grußwort der Rektorin der Westfälischen Wilhelms-Universi-tät, Prof. Dr. Ursula Nelles

Grußwort der Landesrätin Dr. Barbara Rüschoff-Thale, Kul-turdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-LippeRalf Gleser (Münster): Einführung ins Thema, Ziele und Orga-nisation der Tagung

09.45 – 10.15 Andrea Zeeb-Lanz (Speyer): Außergewöhnliches Ritual als Krisenmanagement? Herxheim und das Ende der Bandkera-mik

10.15 – 10.45 Stefan Suhrbier (Berlin): Multikulti in Mainfranken – Der Be-ginn des Mittelneolithikums

10.45 – 11.15 Thomas Link (Würzburg): Stilwandel contra Siedlungskonti-nuität: Zum Übergang von der Linien- zur Stichbandkeramik in Sachsen

11.15 – 11.45 Hans-Christoph Strien (Grafschaft): Hinkelstein und VSG: Westliche Einflüsse bei der Entstehung des mitteleuropä-ischen Mittelneolithikums

12.00 – 13.30 Mittagspause

13.30 – 14.00 Lech Czerniak (Gdańsk): After the LBK. Communities of the fifth millennium BC in North-Central Europe

14.00 – 14.30 Christian Jeunesse (Strasbourg): De la fin du Rubané au Mi-chelsberg ancien. Le Néolithique du Nord de la France au Ve millénaire avant J.-C.

14.30 – 15.00 Sönke Hartz / Harald Lübke (Schleswig): Die Neolithisierung der südlichen Ostseeküste im 5. und frühen 4. Jahrtausend v. Chr. Neue Forschungen in Schleswig-Holstein und Mec-klenburg

15.00 – 15.30 Jonas Beran (Wustermark): Swifterbant in Brandenburg? Überlegungen zu Endmesolithikum und beginnendem Jung-neolithikum im nordostdeutschen Binnenland

15.45 – 16.15 Kaffeepause

Mittwoch, 06.10.2010

16.15 – 16.45 Joanna Pyzel (Gdańsk): Besiedlungsmuster in der polnischen Tiefebene zwischen Bandkeramik und Brześć Kujawski-Grup-pe – Zur Frage der Kontinuität, Tradition und kulturellen Erin-nerung in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends

16.45 – 17.15 Thomas Terberger (Greifswald) / Agnieszka Czekaj-Zastaw-ny (Kraków) / Jacek Kabaciński (Poznań): Contacts and Inno-vations in Pomerania in the 5th and early 4th millennium cal. BC

17.15 – 17.45 Samuel van Willigen (Zürich / Aix) / Anthony Denaire (Habsheim) / Thomas Doppler (Basel) / Pierre-Yves Nicod (Genève): Grenzen und Interaktionen zwischen Rhein, Alpen und Rhône im 5. Jahrtausend v.Chr.

17.45 – 18.15 Renate Ebersbach (Bern): Die Nutzung neuer Lebensräume in Süddeutschland und der Schweiz im 5. Jahrtausend – Chro-nologie und Siedlungsarchäologie

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Donnerstag, 07.10.2010

08.00 – 08.30 Barbara Stopp (Basel): Die Nutzung neuer Lebensräume in Süddeutschland und der Schweiz im 5. Jahrtausend – Wirt-schafts- und Umweltarchäologie

08.30 – 09.00 Susanne Friederich (Halle): Das Mittelneolithikum im mittle-ren Neckarland

09.00 – 09.30 Kurt W. Alt (Mainz) / Nicole Nicklisch (Mainz) / Christian Meyer (Mainz) / Joachim Wahl (Konstanz): Das mittelneoli-thische Gräberfeld von Jechtingen (Großgartach/Rössen) im Spiegel der biohistorischen Quellen

09.40 – 10.00 Kaffeepause

10.00 – 10.30 Edith Schmidt (Freiburg i. Br.): Insektenreste aus bandkera-mischen Brunnen. Tote Käfer lassen eine bandkeramische Brunnenumgebung entstehen

10.30 – 11.00 Urs Leuzinger (Frauenfeld): Ziegenkot – Fischbandwurm – getrüffelter Gerstenbrei. Interdisziplinäre Forschung am Bei-spiel der Pfahlbausiedlungen von Arbon-Bleiche 3 und Pfyn-Breitenloo

11.00 – 11.30 Angelina Siebert (Mainz) / Nicole Nicklisch (Mainz) / Nina Ulrich (Mainz) / Victoria Oelze (Leipzig) / Veit Dresely (Halle) / Kurt W. Alt (Mainz): „Ich und du, Müllers Kuh …“ Ernährung und Subsistenz im mitteldeutschen Neolithikum. Aussagepo-tential biochemischer Forschungen in der Anthropologie

11.30 – 12.00 Svend Hansen (Berlin): Die kupferzeitliche Kulturentwicklung während des 5. Jahrtausends cal. BC im westlichen Schwarz-meergebiet und ihre Bedeutung für Mitteleuropa

12.15 – 14.00 Mittagspause

14.00 – 14.30 František Trampota (Brno): Supra-regional contacts between Lengyel culture in Southern Moravia and other regions

14.30 – 15.00 Jaroslav Řídký (Praha) / Daniel Stolz (Nižbor) / Lenka Kovačiková (České Budějovice): Central Bohemia during the first half of the fifth millennium BC with respect to typochro-nology, stone industry and osteology

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Donnerstag, 07.10.2010

15.00 – 15.30 Elisabeth Rammer (Wien): Neues zu den Siedlungen der Lengyelkultur in Niederösterreich

15.30 – 16.00 Kathrin Nowak / Markus Pavlovic (Köln): Chronologie, Aus-tauschsysteme und soziale Strukturen mittelneolithischer Siedlungen im Rheinland

16.15 – 16.45 Kaffeepause

16.45 – 17.15 Florian Eibl (Saarbrücken): Transformationsprozesse in Ritus und Kult der Bayerischen Gruppe der Stichbandkeramik und der Gruppe Oberlauterbach

17.15 – 17.45 Wolf-Dieter Steinmetz (Wolfenbüttel): Der Friedhof von Wittmar: Tradition, Wandel und Transfer an der Peripherie der Rössener Kultur

17.45 – 18.15 Istvan Zalai-Gaál (Budapest): Frühkupferzeitliche Elemente in den Bestattungssitten der Lengyel-Kultur in Transdanubien

20.00 Öffentlicher Abendvortrag: Dieter Kaufmann (Halle): Alexander Nagel und das eponyme Gräberfeld von Rössen

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Freitag, 08.10.2010

08.00 – 08.30 Michael M. Rind (Münster): Zum Stand der Ausgrabungser-gebnisse im Hornsteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen, Lkr. Kelheim (Niederbayern)

08.30 – 09.00 Georg Roth (Leipzig): Geben und Nehmen – Die Weitergabe von Arnhofener Hornstein im 5. Jahrtausend v. Chr.

09.00 – 09.30 Silviane Scharl (Köln): Silex-Austauschsysteme am Übergang vom Alt- zum Mittelneolithikum im westlichen Franken

09.30 – 10.00 Petr Šída (Praha): Remarks on the origin of raw material of Rössen culture stone tools

10.15 – 10.45 Kaffeepause

10.45 – 11.15 Dieter Kaufmann (Halle): Rössenzeitliche Amphibolitgeräte in Mitteldeutschland

11.15 – 11.45 Eric Biermann (Köln): Aspekte von Tradition, Regionalität, Ak-kulturation und Austausch am Beispiel steinerner Keulenköp-fe

11.45 – 12.15 Marion Heumüller (Hemmenhofen): Ein echter Dauerbren-ner: Kleinteiliger Perlenschmuck in Mitteleuropa

12.30 – 13.30 Mittagspause

13.30 – 14.00 Ingo Bürger (Nürnberg): Rheinisches Bischheim in Mittel-franken und andere Überraschungen. Neue Forschungen zur Gliederung des frühen Jungneolithikums in Bayern

14.00 – 14.30 Loïc Jammet-Reynal (Genève) / Pierre Pétrequin (Gray) / Marie Besse (Genève): Jura Mountains at the end of the fifth millennium BP. Cultural interactions with Rhine valley and Swabia

14.30 – 15.00 Anthony Denaire (Habsheim): La place du sud du Rhin supé-rieur dans la première moitié du 5e millénaire avant J.-C.

15.15 – 15.45 Kaffeepause

15.45 – 16.15 Philippe Lefranc (Saint-Dié) / Christian Jeunesse (Stras-bourg): Deux nouvelles enceintes «cérémonielles» de la se-conde moitié du Ve millénaire découvertes en Alsace (France)

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Freitag, 08.10.2010

16.15 – 16.45 Ute Seidel (Konstanz): Wechselnde Überlieferungsdichten von Fundstellen an der Wende des 5./4. Jahrtausends v. Chr. – Mögliche Faktoren

16.45 – 17.00 Abschlussdiskussion und Ende der Tagung

Posterpräsentationen von:

LWL-Archäologie für Westfalen (Münster): Westfalen im 5. Jahrtausend v. Chr.Sophie Bartholdy (Berlin): Die Transformation der Fruchtbarkeitsgöttin in Ah-nenkulte am Beispiel der bandkeramischen StatuettenChristian Groer (Münster): Der neolithische Siedlungsplatz von Nottuln-Upho-ven und die Neolithisierung des Münsterlandes Maria Cladders-Stäuble (Dresden) / Harald Stäuble (Dresden) / Thomas Tisch-endorf (Leipzig) / Sabine Wolfram (Leipzig): Das DFG-Projekt EythraAndreas Kotula (Greifswald): GIS-Analysis of the Terminal Mesolithic peat bog site of Dąbki 9, Poland – First results

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ABSTRACTS DER VORTRÄGE

Kurt W. Alt1/Nicole Nicklisch1/Christian Meyer1/Joachim Wahl2: Das mittel-neolithische Gräberfeld von Jechtingen (Großgartach/Rössen) im Spiegel der biohistorischen Quellen

1Institut für Anthropologie, Bioarchaeometry Group, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz2Landesamt für Denkmalpflege Baden Württemberg, Osteologie, Konstanz

Das im Jahre 1973 im nordwestlichen Kaiserstuhl bei Freiburg entdeckte und vom damaligen Landesdenkmalamt in Freiburg durch Rolf Dehn ausgegrabene mittelneolithische Gräberfeld von Jechtingen wurde konventionell anthropo-logisch bearbeitet. Die auf der Basis von mehr als 100 Bestattungen vorgeleg-ten Ergebnisse geben – trotz des relativ schlechten Erhaltungszustandes der geborgenen Skelettreste – einen Einblick in die demographische Zusammen-setzung der Bevölkerung, deren Lebensbedingungen und Gesundheitszustand. Sie erlauben im Vergleich mit weiteren Gräberfeldern dieser Zeitstellung aus Südwestdeutschland sogar die Aussage, dass mit Jechtingen möglicherweise ein bisher nur bevölkerungsbiologisch fassbarer Wandel in der Struktur und Dy-namik neolithischer Bevölkerungen greifbar wird. Die überaus schlechte Kno-chenerhaltung verhinderte weiterführende molekulargenetische Studien mit-tels aDNA- (Verwandtschaft, Populationsgenetik) oder Isotopenanalysen (Mo-bilität, Migration), die gegebenenfalls mehr Aufschluss über diese mittelneoli-thische Bevölkerung gegeben hätten. Mittels Kohlenstoff- und Stickstoffanaly-sen werden derzeit die Ernährungsmuster in der Bevölkerung von Jechtingen rekonstruiert.

Jonas Beran (Wustermark): Swifterbant in Brandenburg? Überlegungen zu Endmesolithikum und beginnendem Jungneolithikum im nordostdeutschen Binnenland

Seit Jahrzehnten sind die Umstände des Übergangs zur agrarischen Wirtschafts-weise Gegenstand besonderen Forschungsinteresses. Während für die östliche Bandkeramik inzwischen wieder eine bäuerliche Kolonisation angenommen wird, verdichten sich für die westliche Bandkeramik die Hinweise auf eine kom-plexere Entwicklung, bei der ein einheimisches mesolithisches Substrat sowie ein Alternativneolithikum westeuropäischen Ursprungs wichtige Komponenten darstellen.

Die Entstehung der südskandinavisch-norddeutschen Trichterbecherkultur aus dem einheimischen Spätmesolithikum ohne nennenswerte Zuwanderungen scheint anhand etlicher ergrabener Feuchtbodensiedlungen, besonders im westlichen Ostseeküstengebiet, eindeutig nachvollziehbar.Im südlich anschließenden Binnenland fehlen derartige Grabungen bisher weit-gehend.Für den nordwestdeutschen Raum wurde für die Entstehung der Michelsberger Kultur (deren Abgrenzung von der frühen TBK auch im östlichen Norddeutsch-land ein bisher ungelöstes Problem darstellt) die Beteiligung eines keramischen Spätmesolithikums vom Typ Ertebølle-Ellerbek bzw. Swifterbant diskutiert (Ch. Willms), während für diese ansonsten eine Transformation der mittelneolithi-schen Gruppen oder eine Landnahme aus Westeuropa angenommen werden.In Weiterverfolgung schon früher formulierter Thesen sollen für den nordmit-teldeutschen und brandenburgischen Raum mögliche Hinweise auf die Exis-tenz eines keramischen Spätmesolithikums bzw. eines Alternativneolithikums westeuropäischen Typs als Vorläufer von TBK und Michelsberg benannt und diskutiert werden.Dabei handelt es sich zum einen um spärliche Nachweise einer Keramik, wie sie von F. Laux für den Fundplatz Hamburg-Boberg herausgestellt und mit der mitteldeutschen Gaterslebener Kultur (nach damaligem Verständnis) paralleli-siert worden war. Nach heutigem Kenntnisstand wäre für letztere die Schönin-ger Gruppe des ausgehenden 5. Jahrtausends einzusetzen, in welcher Bezüge zur Boberger Keramik möglicherweise zu erkennen sind. Zum anderen bieten die Steingerät-Einzelfunde die vorläufig wichtigste Ansatzmöglichkeit, über den Mangel an Siedlungen, Gräbern und Keramik hinwegzukommen und zu kultur-genetischen und kulturgeografischen Fragen Stellung nehmen zu können. In diesem Sinne sollen Walzenbeile, Querhauen, Schlangenkopfhacken und Spitz-hauen hinsichtlich Verbreitung, Fundumständen, typogenetischer Beziehungen und Funktionsdeutung besprochen werden.

Eric Biermann (Köln): Aspekte von Tradition, Regionalität, Akkulturation und Austausch am Beispiel steinerner Keulenköpfe

Zum 120sten Jahrestag des Abschlusses der ersten Grabung des eponymen Gräberfeldes von Rössen soll die Aufmerksamkeit auf eine ansonsten eher un-beachtete Fundgruppe gelenkt werden. Aus Grab 35 wurde ein durchbohrter

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Keulenkopf aus Marmor geborgen, den man sicherlich zu den hervorragenden Kleinfunden zählen kann. Es handelt sich wahrscheinlich um den ersten wissen-schaftlich dokumentierten mittelneolithischen Grabfund dieser Art.Die Typologisierung solcher Stücke ermöglicht einen Blick auf regionale Her-stellung-, Rohmaterial- und Formtraditionen über lange Zeiträume und kerami-sche Stilgrenzen hinweg. Im Vortrag sollen verschiedene Keulentypen mit ih-ren unterschiedlichen Verbreitungsräumen gegenübergestellt und eingeordnet werden. Abschließend sollen einige Überlegungen zur Funktion solcher Keulen-köpfe angeschlossen werden, die neben dem möglichen Werkzeug- und Waf-fencharakter auch den Fokus auf rituelle und soziologische Aspekte wie Status und Prestige beinhalten.

Ingo Bürger (Nürnberg): Rheinisches Bischheim in Mittelfranken und andere Überraschungen - Neue Forschungen zur Gliederung des frühen Jungneolithi-kums in Bayern

Die Ausgangsbasis der noch andauernden Untersuchungen, die in enger Zu-sammenarbeit mit der Dienststelle Nürnberg des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege durchgeführt werden, bilden das mittlerweile sehr umfangrei-che Fundmaterial von Marktbergel (Lkr. Bad Windsheim-Neustadt a.d. Aisch) sowie weitere Fundstellen im westlichen Mittelfranken. Die intensive Beschäf-tigung mit dem Material (insbesondere Zusammensetzungen) erweiterte nicht nur den Kenntnisstand zu frühjungneolithischen Gefäßformen in dieser Region allgemein, sondern erbrachte darüber hinaus auch den Nachweis rundbodiger Formen im Rahmen des ursprünglich als flachbodig eingestuften Östlichen Bischheim (Lüning 1981). Dies muß zwangsläufig zu einer kritischen Auseinan-dersetzung mit dem Konzept der sogenannten flachbodigen Schulterbandgrup-pen, besonders der Goldberg- und der Unterfränkischen Gruppe (Zeeb 1998), führen. Ziel der Forschungen ist deshalb eine Neugliederung des immerhin vier bis fünf Jahrhunderte dauernden frühen Jungneolithikums im westlichen Fran-ken. Von Vorteil sind hierbei, neben den selbstverständlich vorhandenen Bezie-hungen zur weiter südöstlich verbreiteten Münchshöfener Kultur, v.a. die star-ken Bezüge nach Westen, die sich im mittelfränkischen Fundmaterial ablesen und schon jetzt erahnen lassen, dass eine Korrelation mit den besser erforschten Gruppen der Nachbarregionen möglich ist. Deutlich ist der Fundniederschlag eines überregional verbreiteten Bischheim; hierauf folgt Material, für das sich gute Vergleichsmöglichkeiten in Schernau, im Nördlinger Ries und in noch wei-

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ter entfernten Epi-Rössener Gruppen Südwestdeutschlands (Schwieberdingen, Bruebach-Oberbergen) finden lassen. Am Ende der Poströssener Entwicklung in Mainfranken steht echtes Fundmaterial der entwickelten Schwieberdinger Gruppe, die in ihrer Spätphase offensichtlich weit nach Nordosten expandierte und auch noch Kontakte mit dem beginnenden Spätmünchshöfen (~ 42. Jh.) in Südostbayern hatte. Die in Mainfranken nachfolgende Ältere Michelsberger Kultur ist um 4000 BC bis in den bayerischen Donauraum vorgedrungen und traf dort noch auf ein ausklingendes Spätmünchshöfen.

Lech Czerniak (Gdańsk): After the LBK. Communities of the fifth millennium BC in North-Central Europe

The second half of the 5th millennium cal. BC marks major developments in the process of the Neolithisation of North-Central Europe. Indigenous hunter-gatherers finally disappeared and the Funnel Beaker Culture emerged. The process was intensified at the turn of the 5th and the 4th millennia cal. BC when the final Danubian farming communities such as Lengyel, Brześć Kujawski, Gatersleben ultimately disappeared and the TRB became the only entity in the region. The beginnings of the process, however, have been dated back to the end of the 6th and early centuries of 5th millennium cal. BC and are marked by two major cultural transformations. These comprise a transition from the LBK to StBk (the mid of the 5th millennium cal BC) and then from the StBK to B-KK. Equally im-portant were intense and complex relations between local farming and foraging groups, in particular Ertebølle and Narva. The last two decades brought about a range of new excavations in northern Poland enlarging considerably a pool of available data. The paper aims to analyze the newest results of these studies and provides their interpretation in terms of cultural and historical changes in the 5th millennium cal BC.

Anthony Denaire (Strasbourg): La place du sud du Rhin supérieur dans la pre-mière moitié du 5e millénaire avant J.-C.

Avec plus de 130 sites recensés pour la première moitié du 5ème millénaire avant J.-C., le sud de la plaine du Rhin supérieur possède aujourd’hui l’un des corpus les plus importants disponibles pour les cultures de Grossgartach et de Roessen. La documentation disponible ne cesse de s’enrichir, plus particuliè-rement en Alsace, grâce à plusieurs fouilles récentes d’archéologie préventive.

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Le propos de cette communication est, en s’appuyant sur ce riche corpus, d’es-sayer d’éclairer la place du sud du Fossé rhénan pendant cette période. En ef-fet, bien que le Néolithique moyen s’accompagne d’un phénomène de “rého-mogénéisation” du point de vue de la céramique, il existe tout de même de nombreux clivages dans la répartition et/ou la fréquence de certains décors cé-ramiques Grossgartach et Roessen. Il en va également de même avec d’autres catégories de mobilier comme la parure. Ces clivages semblent traduire l’exis-tence de réseaux de relation privilégiée au sein de ces cultures, réseaux dont la nature reste encore largement à préciser.

Renate Ebersbach (Bern): Die Nutzung neuer Lebensräume in Süddeutschland und der Schweiz im 5. Jahrtausend – Chronologie und Siedlungsarchäologie

Während des 5. Jahrtausends wurden neue Lebensräume besiedelt, die außer-halb des Altsiedellandes lagen. Diese neuen Lebensräume setzen sich aus unter-schiedlichen Biotopen zusammen, die die neolithischen bäuerlichen Kulturen vor verschiedene neue Herausforderungen stellten. Im süddeutsch-schweize-rischen Alpenvorland und in den Hauptalpentälern kann dieser Prozess beson-ders gut beobachtet werden, da die Nutzung der Seeufer und Feuchtgebiete am Ende des 5. Jahrtausends einsetzt und damit die archäologische Quellenla-ge entscheidend verbessert wird. Aber auch schon im Mittelneolithikum sind bäuerliche Siedlungen aus dem Alpenraum fassbar. Der Vortrag stellt neuere chronologische und siedlungsarchäologische Ergebnisse vor und diskutiert die Frage der Neolithisierung des Alpenraumes.

Florian Eibl (Saarbrücken): Transformationsprozesse in Ritus und Kult der Bay-erischen Gruppe der Stichbandkeramik und der Gruppe Oberlauterbach.

Für die erste Hälfte des 5. Jahrtausends werden im altbayerischen Kernland südlich der Donau durch ein gerade in den letzten Jahren deutlich modifiziertes Fund- und Befundbild, differenzierte Ritualpraktiken fassbar. Neben innerhalb „normaler“ Siedlungen entdeckter Fundensembles, die als Reste ritualisierter Handlungen interpretiert werden können, existieren an ausgewählten Orten monumentale Kreisgrabenanlagen, welche ebenfalls besonderen Zwecken ge-dient haben.Analog zu diesen Entwicklungen im kultischen Raum sind komplexe Bestat-

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tungssitten belegbar, welche deutliche Hinweise auf ein differenziertes Ritu-al- und Sozialsystem innerhalb der Bayerischen Gruppe der Stichbandkeramik erbringen.Mit der Transformation der bayerischen Stichbandkeramiker zu Trägern der Gruppe Oberlauterbach wurde auch deren Vorstellungswelt massiven Modi-fikationen unterworfen. Diese Veränderungen sind anhand der belegten ritu-ellen Praktiken und der Auflassung der monumentalen Kreisgrabenanlagen ebenso nachweisbar wie durch eine neue Bestattungsdogmatik. Das „Oberlau-terbacher System“ bricht dabei weitgehend mit den traditionellen Ritualkon-zepten der Stichbandkeramik und bietet eine Grundlage für die Ideenwelt der frühkupferzeitlichen Münchshöfener Gruppe.

Sönke Hartz / Harald Lübke (Schleswig): Die Neolithisierung der südlichen Ost-seeküste im 5. und frühen 4. Jahrtausend v. Chr. Neue Forschungen in Schles-wig-Holstein und Mecklenburg

Eine entscheidende Rolle bei der Frage der Neolithisierung des südlichen Ost-seegebietes spielt die Ertebølle-Kultur. Sie erscheint seit zwischen 5500 und 4100 v. Chr. im gesamten Arbeitsgebiet als eine weitgehend einheitliche Küs-tenkultur mit vereinzelten saisonalen Inlandstationen. In Norddeutschland konzentrierten sich die Forschungen vor allem auf Fundstellen in der Niede-rung des Oldenburger Grabens in Ostholstein wie Rosenhof, Wangels, Neustadt und Siggeneben-Süd sowie auf die Wismarbucht mit Jäckelberg-Huk und Tim-mendorf-Nordmole I und II. Durch ihre optimalen Erhaltungsbedingungen von organischen Materialien geben sie umfassende Einblicke in die Lebensverhält-nisse und die wechselvolle Geschichte der endmesolithischen Küstenjäger und -fischer und frühtrichterbecherzeitlichen Bauern.

Loïc Jammet-Reynal (Genève) / Pierre Pétrequin (Gray) / Marie Besse (Genève): Jura Mountains at the end of the fifth millennium BP. Cultural interactions with Rhine Valley and Swabia

The Néolithique Moyen Bourguignon culture (NMB, 4200-3600 cal. BC) is cen-tered on the Jura Mountains and the river Saône plains.

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Among the mainstream NMB ceramics assemblage, Ösenkranzflasche, Back-teller and Tulpenbecher are shared with the early Michelsberg culture (Noyen group and MK I-II); while flat-based beakers with curved neck connect NMB to northeastern cultures such as Bischheim Oriental, Schernau-Goldberg and Aichbühl. Other main ceramic types from those northern cultures, such as Knickwand-, konische Schüssel and handled jug (Kanne) are absent from the NMB ceramics selection.Recent excavations (2003-2008) conducted by Pierre Pétrequin around the Lake of Clairvaux (Jura, France) focused on the NMB occupations. The collected ceramics, more than a thousand profiles, motivate a new synthesis on this cul-ture, developed in our ongoing PhD thesis. Aside from those recent fieldworks, various local museums were visited.In this contribution, we want to discuss how the Michelsberg culture, the Bischheim culture and some Epi-Rössen groups were involved in the early de-velopment of the NMB culture.

Christian Jeunesse (Strasbourg): De la fin du Rubané au Michelsberg ancien. Le Néolithique du Nord de la France au Ve millénaire avant J.-C.

La région concernée se confond en gros avec le Bassin de la Seine. Les vallées du Rhin et de la Moselle ainsi que la façade atlantique ne seront pas abordées. Le 5ème millénaire est marqué par deux grands changements : au tout début, la fin du Rubané ; vers 4500 – 4400, la formation du Michelsberg. Nous essaie-rons de faire le point sur la séquence culturelle concernée en insistant particu-lièrement sur trois aspects :

- les relations chronologiques et culturelles entre le Rubané finissant et les cultures de Villeneuve-Saint-Germain (VSG) et d’Augy-Sainte-Pallaye (ASP);

- la part respective des composantes danubienne, méditerranéenne et in-digène dans la formation des cultures de VSG, ASP et Cerny;

- la question de l’origine et de l’expansion de la culture de Michelsberg;- les rapports de cette culture avec le Chasséen et les groupes de Noyen et

de Bischheim.

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Svend Hansen (Berlin): Die kupferzeitliche Kulturentwicklung während des 5. Jahrtausends cal. BC im westlichen Schwarzmeergebiet und ihre Bedeutung für Mitteleuropa.

Die kupferzeitlichen Kulturerscheinungen des 5. Jahrtausends in Südosteuropa haben schon im 19. Jh. die Fachwelt fasziniert. Spätestens mit der Entdeckung des Gräberfelds von Varna wurde die Komplexität des kupferzeitlichen Sozi-alsystems erkennbar. Die reichen Goldfunde wurden aus mitteleuropäischer Perspektive als ein fernes „El Dorado“ verstanden. Zunehmend deutlicher wird jedoch, dass der westpontische Raum während des 5. Jahrtausends in ein weit-räumiges Kommunikationsnetz eingebunden war, das im Westen bis an den Atlantik und im Norden bis an die Ostsee reichte. Auf der Grundlage neuer Ausgrabungen in Siedlungshügeln an der Unteren Do-nau, einer Reihe neuer 14C-Datierungen im Gräberfeld von Varna und der Ana-lyse ausgewählter Fundmaterialien ist es möglich, ein aktualisiertes Bild der kupferzeitlichen Kulturentwicklung in diesem Raum zu zeichnen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen und Perspektiven für den mitteleuropäi-schen Raum zu diskutieren.

Marion Heumüller (Stuttgart): Ein echter Dauerbrenner: Kleinteiliger Perlen-schmuck in Mitteleuropa Hornstaad-Hörnle IA (3917–3902 v. Chr.) ist eine jungneolithische Seeufer-siedlung im westlichen Teil des Bodensees, die im Rahmen eines DFG-Schwer-punktprogrammes zu großen Teilen ausgegraben wurde. Mit 4350 Exemplaren nehmen die Schmuckfunde im Vergleich zu anderen neolithischen Siedlungen Mitteleuropas eine absolute Sonderstellung ein und wurden im Rahmen einer Dissertation untersucht. Im Mittelpunkt standen dabei Fragen zur Herstellung und zur Verbreitung der Hornstaader Schmuckobjekte.Die Suche nach Parallelen führte weit über die Grenzen der Bodenseeregion hi-naus. Ein großer Teil der in Hornstaad-Hörnle IA geborgenen Schmuckartefakte – Röhrenperlen, Glisperlen, Doppelknöpfe, Hirschgrandeln und Eberzahnla-mellen – war während des frühen Jungneolithikums in vielen Regionen Mit-teleuropas gebräuchlich. Die Vergleichsfunde weisen zugleich weit über den Hornstaader Zeitrahmen hinaus. Bei der Mehrzahl der in Hornstaad-Hörnle IA geborgenen Schmucktypen handelt es sich um großräumig, weit über einzel-ne keramisch definierte Kulturgruppen hinaus verbreitete und zugleich auch

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ausgesprochen langlebige Objekte, deren Anfänge sich bis in mittelneolithi-sche Zeit bzw. das frühe 5. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen lassen. Die weit verbreitete und lang andauernde Schmucktradition lässt auf ein enges Bezie-hungsgeflecht der verschiedenen Kulturgruppen und einen hohen Symbolwert der betreffenden Schmuckobjekte schließen.

Dieter Kaufmann (Halle): Rössenzeitliche Amphibolitgeräte in Mitteldeutsch-land

In Verbindung mit der katalogmäßigen Erfassung der archäologischen Hinter-lassenschaften der Rössener Kultur in Mitteldeutschland erfolgte auch eine Aufnahme der als Einzelfunde geborgenen rössenzeitlichen Felsgesteingeräte. Mit Stand vom 1. Januar umfasste der Katalog 2172 Geräte.Davon untersuchte Petr Šída (Prag) 403 Geräte makro-petrographisch, um Aus-sagen zur Provenienz des verwendeten Rohmaterials zu erhalten. Danach wur-den fast 84% der Artefakte aus nordböhmischem Amphibolit hergestellt.Die relativ gleichmäßige Verteilung der aus nordböhmischem Amphibolit gefer-tigten Geräte in Mitteldeutschland belegt, dass es auch zur Zeit der Rössener Kultur einen flächendeckenden Handel mit nordböhmischem Amphibolit gege-ben hat.Anhand rössenzeitlicher Verwahrfunde kann nicht nur das bekannte Spektrum an Felsgesteingeräten der Rössener Kultur erweitert werden, sondern werden auch Überlegungen zu Herstellungszentren, zu möglichen Abläufen im Handel, zum relativen Wert nordböhmischen Amphibolits, zu Rohmaterialbarren sowie zu Äqivalenten im Handel angestellt.

Philippe Lefranc (Saint-Dié) / Christian Jeunesse (Strasbourg): Deux nouvelles enceintes “cérémonielles” de la seconde moitié du V° millénaire découvertes en Alsace (France)

Les deux enceintes faisant l’objet de cette communication ont été découvertes en 2009, en Basse-Alsace, dans les environs de Strasbourg, sur les communes d’Entzheim et de Duntzenheim (Bas-Rhin, France). Il s’agit dans les deux cas d’enceintes de type “Rosheim”, constituées de segments diachrones, se recou-pants partiellement, et présentant des profils et des profondeurs différentes (Sohlgraben et Spitzgraben). Les deux monuments, que l‘on identifie à des en-

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ceintes à fonction cérémonielle, ont été fondés lors de l‘horizon Rössen III et demeurent en fonction pendant tout l‘épi-Rössen (Groupe de Bruebach-Ober-bergen et Bischheim Occidental du Rhin Supérieur). Le mobilier est rare mais l‘on soulignera la relative fréquence des dépôts de faune à Duntzenheim ainsi que de nombreux fragments de meules altérés par le feu.Ces deux enceintes constituent des jalons importants pour l‘étude des monu-ments de type „Rosheim“, monument de tradition rubanée mais don’t la péren-nité s‘étend jusqu‘au coeur du Jungneolithikum.

Urs Leuzinger (Frauenfeld): Ziegenkot – Fischbandwurm – getrüffelter Gers-tenbrei: Interdisziplinäre Forschung am Beispiel der Pfahlbausiedlungen von Arbon-Bleiche 3 und Pfyn-Breitenloo

Die zirkumalpinen Feuchtbodensiedlungen der Jungsteinzeit – unter dem popu-lären Begriff „Pfahlbauten“ mittlerweile sogar Kandidatinnen für das UNESCO-Weltkulturerbe – zeichnen sich besonders wegen der ausgezeichneten Erhal-tung von organischen Funden und Befunden aus. Im wassergesättigten Sedi-ment konservieren sich Bauhölzer, Holzartefakte, Geflechte und Gewebe, Tier-knochen, Fäkalien, Samen und Früchte sowie Pollen über die Jahrtausende. Diese archäologischen und archäobiologischen Hinterlassenschaften werden von interdisziplinären Forscherteams untersucht und ausgewertet. So lässt sich Lebensweise, Wirtschaft, Umwelt und dank der Dendrochronologie auch die Zeitstellung detailgenau rekonstruieren.Die eponyme Fundstelle Pfyn-Breitenloo (3708–3704 v.Chr.) sowie die Seeufer-siedlung Arbon-Bleiche 3 (3384–3370 v.Chr.) liegen beide in der Ostschweiz. Sie wurden vor einigen Jahren von über 30 Forscherinnen und Forschern um-fassend untersucht und die aufsehenerregenden Resultate veröffentlicht. So konnte man beispielsweise anhand von Ziegenkotresten u.a. den Gesundheits-zustand der Tiere beschreiben, mit Analysen an Darmparasiten-Eiern den urge-schichtlichen Verzehr von verdorbenem Fisch belegen oder dank Sporenfunden von Weißem Trüffel die neolithische Gourmet-Küche beschreiben …

Literatur: A. de Capitani/S. Deschler-Erb/U. Leuzinger/E. Marti-Grädel/J. Schibler, Die jungstein-zeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Funde. Archäologie im Thurgau 11 (Frauenfeld 2002); S. Jacomet/U. Leuzinger/J. Schibler, Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Umwelt und Wirtschaft. Archäologie im Thurgau 12 (Frauenfeld 2004); U. Leuzinger, Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Befunde. Archäologie im Thurgau 9 (Frauenfeld 2000); U. Leuzin-ger, Pfyn-Breitenloo. Die jungsteinzeitliche Pfahlbausiedlung. Archäologie im Thurgau 14 (Frauen-feld 2007).

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Th. Link (Würzburg): Stilwandel kontra Siedlungskontinuität: Zum Übergang von der Linien- zur Stichbandkeramik in Sachsen

Am Beispiel des Fundortes Dresden-Prohlis lässt sich exemplarisch die kontinu-ierliche Entwicklung von der jüngeren Linienband- zur frühen Stichbandkera-mik im sächsischen Elbegebiet belegen. Die Siedlung besteht ohne erkennba-ren Bruch fort und es ist sogar Kontinuität einzelner Hofplätze wahrscheinlich zu machen. Bei genauerer Betrachtung der zunächst grundverschieden erscheinenden Ver-zierungssysteme der Linien- und Stichbandkeramik ist festzustellen, dass die meisten der frühstichbandkeramischen Zierelemente bereits in der jüngeren LBK vorweg genommen werden. Die frühe SBK ist keine grundlegende Neu-bildung, sondern vielmehr Resultat der Verschmelzung bereits vorhandener Elemente zu einem neuen Zierstil. Dessen herausragendes Kennzeichen ist je-doch seine starre Einheitlichkeit, weshalb die Genese der SBK in erster Linie als stilistischer Kanonisierungsprozess zu verstehen ist. Als Interpretationsansatz ist denkbar, dass durch die neue Ornamentik bewusst eine Abkehr vom „tradi-tionellen“ Zierstil zum Ausdruck gebracht und so eine neue symbolische Iden-tität geschaffen werden sollte. Für die räumliche Ausbreitung des neuen Stils ist dabei keineswegs die Wanderung von Menschen vorauszusetzen, sondern vielmehr die Verbreitung neuer Vorstellungen und Ideen in überregionalen In-teraktionsnetzwerken. In Anbetracht der kontinuierlichen Entwicklung erscheint die frühe SBK nicht als neue „Kultur“, sondern vielmehr als spezifische Regionalgruppe der jüngs-ten LBK. Der vielleicht grundlegendere kulturelle Wandel scheint sich erst mit dem Übergang von der frühen zur mittleren bzw. späten SBK abzuspielen.

Kathrin Nowak / Markus Pavlovic (Köln): Chronologie, Austauschsysteme und soziale Strukturen mittelneolithischer Siedlungen im Rheinland

Im Folgenden werden zwei Dissertationsprojekte der Universität zu Köln vorge-stellt, welche von der Stiftung zur Förderung der Archäologie im Rheinischen Braunkohlenrevier unterstützt werden.Den Ausgangspunkt des ersten Projektes bildete zunächst die Entwicklung ei-ner präzisen Chronologie der Rössener Zeit im Rheinland. Dazu wurden die Ke-ramikinventare verschiedener Siedlungen der Aldenhovener Platte und ihrer Umgebung neu aufgenommen und in einer Korrespondenzanalyse ausgewer-

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tet. Aufgrund dieser Daten wurde die interne Struktur einer Siedlung (Inden 01) erneut ausgewertet. Unter Einbeziehung ethnologischer Modelle konnten somit neue Erkenntnisse über Sozialsystem und Sozialdynamik der Siedlung ge-wonnen werden, welche nicht nur ein genaueres Bild der Rössener Zeit, son-dern auch Hinweise auf das Ende dieser Epoche geben können.Untersuchungsgegenstand des zweiten Projektes sind die Silexinventare mit-telneolithischer Siedlungsplätze dieser Region. Dabei werden Fundstellen der Zeitstufen Großgartach bis Rössen berücksichtigt (ca. 4900 bis 4550 BC). Eine statistische Auswertung der Inventare soll nicht nur Aufschluss über die Ent-wicklung von Versorgungs- und Weitergabemechanismen von Silexrohmaterial geben, sondern auch die Interpretationsgrundlage für die dem Tausch zugrun-deliegenden sozialen Netzwerke der Bewohner der einzelnen Siedlungen lie-fern.Durch diese beiden Projekte wird ein detaillierteres Bild dieser Zeitstufe kons-truiert, da die beiden wichtigsten Materialgruppen berücksichtigt werden. Das soziale System wird zum einen auf Siedlungsebene und zum anderen auf dem Niveau eines Kleinraumes (Siedlungsgruppen) beleuchtet.

Joanna Pyzel (Gdańsk): Besiedlungsmuster in der polnischen Tiefebene zwi-schen Bandkeramik und Brześć-Kujawski-Gruppe - Zur Frage der Kontinuität, Tradition und kulturellen Erinnerung in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends

In der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr. findet in der polnischen Tief-ebene eine Zeit des intensiven Kulturwandels statt, über deren Verlauf heftig gestritten wird. Besonders wichtig ist dabei das Problem der Beziehung der Brześć-Kujawski-Gruppe (auch spätbandkeramische Kultur genannt) mit der Bandkeramik. Die beiden kulturellen Einheiten gelten als relativ gut erforscht.Nach dem Bruch bandkeramischer Strukturen gibt es für einige Jahrhunderte keine aussagekräftigen Befunde, bis dann wieder für die Brześć Kujawski-Grup-pe zahlreiche Besiedlungshinterlassenschaften vorliegen.Überraschenderweise wird aber der Brześć-Kujawski-Gruppe gerade in der Be-siedlung eine Beständigkeit mit der – nicht unbedingt lokalen – LBK-Tradition unterstellt. So dienen oft Modelle, die für die LBK entwickelt wurden (z. B. das Hofplatzmodell), zur Beschreibung der Charakteristika der jüngeren Kultur.In diesem Beitrag wird dies hinterfragt. Das Problem der Kontinuität oder Dis-kontinuität in der Besiedlung und damit der Tradition, dem kulturellen Gedächt-

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nis und der Identität wird auf unterschiedlichen Ebenen untersucht: Regionen, Siedlungsräumen, einzelnen Siedlungen und Häusern.

Elisabeth Rammer (Wien): Neues zu den Siedlungen der Lengyelkultur in Nie-derösterreich

Gegenstand des Vortrages sind drei neu ergrabene, mittelneolithische Fund-plätze in Niederösterreich: Michelstetten, Mitterretzbach und Münchendorf/3-Mahden. Alle drei wurden in den vergangenen 15 Jahren untersucht und sollen nun einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden. Mitterretzbach und Michelstetten sind beides Siedlungsplätze, die ab der Len-gyelkultur bis in die Neuzeit immer wieder genutzt wurden. In meinem Vortrag wird es um die jeweils älteste Siedlungsphase dieser beiden Fundstellen gehen. Dabei möchte ich das Augenmerk in erster Linie auf die gefundenen architek-tonischen Überreste richten. Auch soll es um das gefundene Keramikmaterial, Bestattungen innerhalb der Siedlung, Funde von Bauopfern und geringfügige Besonderheiten im Befund gehen. Bei Münchendorf/3-Mahden handelt es sich um den Fund eines einzeln ste-henden lengyelzeitlichen Hauses. Hier wurden keine weiteren Siedlungsphasen festgestellt. Ich möchte in diesem Fall in erster Linie auf die architektonischen Besonderheiten des Hauses sowie auf die Probleme bei dessen Datierung ein-gehen.

Literatur: A. Carneiro, Die Lengyelkeramik der Fundstelle 6 von Michelstetten, NÖ: Kulturelle Kenn-zeichung und chronologische Stellung. In: J. Regenye (red.), Sites and stones. Lengyel culture in western Hungary and beyond (Veszprém 2001 Veszprém 2001) 47 – 54; A. Carneiro/P. Stadler, Das neolithische Haus von Münchendorf-Drei Mahden in Niederösterreich. Chronik Münchendorf von den Anfängen bis 2004 (Münchendorf 2004) 7 – 12; E. Lauermann, Archäologische Forschungen Michelstetten 1995 (Asparn/Zaya 1996); E. Lauermann, Archäologische Forschungen Michelstet-ten 1996 (Asparn/Zaya 1997); E. Lauermann, Archäologische Forschungen in Michelstetten, NÖ; Zusammenfassender Vorbericht über die Grabungen des NÖ. Landesmuseums 1994 – 1999. Arch. Österreich 11,1, 2000, 5 – 35. E. Lauermann/F. Drost, Mitterretzbach 1999 – 2001. Archäologische Forschungen (Asparn/Zaya 2001). P. Stadler/E. Ruttkay, Absolute Chronology of the Moravian-Eas-tern-Austrian group (MOG) of the painted pottery (Lengyel-Culture) based on new radiocarbon dates from Austria. Kommentare zur aktuellen Chronologie der MOG aus typologischer Sicht. In: J.K. Kozłowski & P. Raczky (eds.), The Lengyel, Polgár and related cultures in the Middle/Late Neo-lithic in Central Europe (Kraków 2007) 117 – 146.

Jaroslav Řídký (Praha) / Daniel Stolz (Nižbor) / Lenka Kovačiková (České Budějovice): Central Bohemia during the first half of fifth millennium BC with respect to typo-chronology, stone industry and osteology

Excavations in the Prague-West area within the last years have brought a lot of new information about the structure of late Neolithic living areas. Rescue excavations and field walking surveys also contributed to our understanding of the settlements in the basin of the Únětický stream on the north-west border of Prague.Artifacts from settlement areas constitute a significant part of assemblages from the StK period. Typo-chronological characteristics of ceramics prove long-term settlements on most sites. Four excavations realized in the second half of the 20th century in Kněžívka, Černý Vůl, Horoměřice and Roztoky (Prague-west) will serve for a more detailed comparison. All the above mentioned areas have certain common features: very few re-corded houses, the absence of ovens and the regular pattern of the location of storage pits.

Michael Maria Rind (Münster): Zum Stand der Ausgrabungsergebnisse im Hornsteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen, Lkr. Kelheim (Niederbayern)

Das untertägige Hornsteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen (Niederbayern) ist ein montanarchäologisches Bodendenkmal von europäischem Rang. Zwi-schen der Linienbandkeramik und der Münchshöfener Kultur hat man dort in Schächten bis zu 8 m Tiefe Hornstein als Rohmaterial für die Werkzeugherstel-lung gewonnen.Zum Bergwerk gehören vermutlich etwa 20.000 Schächte, die senkrecht abge-teuft rasch wieder verfüllt worden sind. Durch Ausgrabungen der Kreisarchäo-logie Kelheim (Prof. Rind), z. T. in Zusammenarbeit mit den Universitäten Frank-furt (Prof. Lüning) und Köln (Prof. Zimmermann, Dr. Roth) sowie dem Deutschen Bergbaumuseum Bochum (Prof. Weisgerber) konnten bis zum Jahr 2010 über 650 Schächte freigelegt und dokumentiert werden.Das z. T. von der DFG finanzierte Forschungsprojekt widmet sich der akut be-drohten Fundstelle und deren Gesamtpublikation. Im Vortrag wird der aktuelle Stand der Ausgrabungen referiert.

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Georg Roth (Leipzig): Geben und Nehmen – Die Weitergabe von Arnhofener Hornstein im 5. Jahrtausend v. Chr.

Das neolithische Hornsteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen im niederbay-erischen Kreis Kelheim besitzt eine mehrtausendjährige Nutzungsgeschichte (ROTH 2008). Die Nutzung des dort im Untertagebau abgebauten Hornsteins erreichte im frühen 5. Jahrtausend v. Chr. während SOB I/II bzw. Großgartach ihren Höhepunkt. In weiten Teilen des südlichen Mitteleuropa war man zu die-ser Zeit auf das Silexrohmaterial aus Arnhofen angewiesen.Der Vortrag präsentiert mehrere Aspekte dieses wirtschaftshistorischen Phä-nomens. Aufbauend auf der interpolierten Hornsteinverbreitung werden die wirtschaftlichen Aktivitäten bei der Weitergabe im Hinblick auf Art und Umfang analysiert. Die Kombination mit Bevölkerungsdichteschätzungen erlaubt die Beurteilung der wirtschaftlichen Bedeutung für die neolithische Bevölkerung Mitteleuropas. Ausgehend von den dabei beobachteten Quantitäten lassen sich Grundstrukturen wirtschaftlichen Handelns im frühen Mittelneolithikum beschreiben. Die Präsentation endet mit einem Ausblick auf die weitere Ent-wicklung der Hornsteinnutzung bis zum Ende des 5. Jahrtausend v. Chr.

Silviane Scharl (Köln): Silex-Austauschsysteme am Übergang vom Alt- zum Mit-telneolithikum im westlichen Franken

Das westliche Franken ist aufgrund seiner geologischen Situation nur mit min-derwertigem Silexrohmaterial ausgestattet. Die alt- und mittelneolithischen Bewohner versorgten sich daher mit qualitativ hochwertigem Rohmaterial aus entfernteren Regionen. Diese Ausgangslage bietet die Möglichkeit, die Silex-Austauschsysteme und die diesen zugrunde liegenden überregionalen Netz-werke zu untersuchen. Gleichzeitig ermöglicht der Vergleich der Silexversorgung Aussagen zum Über-gang vom Alt- zum Mittelneolithikum. Auf den ersten Blick scheint sich für den Beginn des Mittelneolithikums ein radikaler Wandel abzuzeichnen. Ein markan-ter Wechsel im Rohmaterialspektrum wurde als Indiz für den Zusammenbruch Jahrhunderte lang stabiler Netzwerke am Ende der Bandkeramik gewertet, der mit einer Entvölkerung des westlichen Frankens in Zusammenhang gebracht wurde.Im Vortrag soll aufgezeigt werden, dass durchaus kontinuierliche Entwicklun-gen fassbar sind, die gegen diese Annahme sprechen. Die Veränderungen, die

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nachweisbar sind, deuten vielmehr auf eine veränderte Kommunikation hin, die sich im westlichen Franken auch im Besiedlungsbild abzeichnet.

Edith Schmidt (Freiburg): Insektenreste aus bandkeramischen Brunnen. Tote Käfer lassen eine bandkeramische Brunnenumgebung entstehen

Aus bandkeramischen Brunnen mit Feuchterhaltung wie Erkelenz-Kückhoven, Eythra und Plaußig sind in hohen Anzahlen Insektenreste, überwiegend Käfer-flügeldecken, in anthropogenen Verfüllschichten, die als Abfallgruben genutzt wurden, erhalten geblieben. Aufgrund der ökologischen Ansprüche der Tiere an die Umwelt lassen sich auch noch deren Reste zu Umweltrekonstruktionen heranziehen: Die Käferthanatozönosen liefern ein Bild von einem kleinräumi-gen Mosaik unterschiedlicher Anbauflächen mit Getreide, Hülsenfrüchten, Fut-terpflanzen und wahrscheinlich mit umgebenden Hecken bzw. dichten Büschen als möglichem Schutz gegen das Eindringen von Vieh. Allerdings konnte man das Eindringen von Schädlingen nicht verhindern, die Schädlingskäfer im Frei-land stammten aus der heimischen Fauna, im Gegensatz zu den Vorratsschäd-lingen. Auch Bäume standen in Brunnennähe. Anhand von Käferresten konnten Eichen, belegt durch den Puppenräuber Calosoma inquisitor, den Hirschkäfer Lucanus cervus und den Rüsselkäfer Coeliodes cinctus belegt werden, des wei-teren Weiden, Erlen und Fichten, wie Funde der Rüsselkäfer Chlorophanus gib-bosus, C. viridis und Otiorhynchus squamosus anzeigen. Flugunfähige Kornkäfer (Sitophilus granarius) müssen z. T. massenhaft in den Getreidevorräten vorhanden gewesen sein, und wenn der Befall zu hoch und dieser für Mensch und Tier ungenießbar war, ist alles in den nicht mehr ge-nutzten Brunnen entsorgt worden, ebenso Vorräte, die vom Schwarzen Ge-treidenager (Tenebrioides mauretanicus), einem Sekundärschädling, befallen waren und andere Lebensmittel, wie Trockenobst, getrocknete Kräuter, Sam-melfrüchte, Häute oder Felle, die von so genanntem Hausungeziefer, Messing- und Kugelkäfer (Niptus hololeucus, Gibbium psylloides), angefressen waren. Puparienhüllreste von Stubenfliegen sind zusammen mit Dung von Rindern in den Brunnen gelangt und können eine frühe Tierhaltung im Haus bzw. ganz in Hausnähe belegen, da diese tropischen Tiere bei uns im Freien nicht überleben können. Belege für Viehhaltung innerhalb der Siedlungen sind vielfältig. Dung-käfer von Rindern und Schafen lassen annehmen, dass sich diese Tiere zumin-dest zeitweilig in Brunnennähe aufgehalten hatten. Damit zeigen die Käferanalysen zugleich auch, dass die meisten der vorgefunde-

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nen synanthropen Arten (s.o.), einschließlich der Stubenfliege, nicht wie bisher angenommen, von den Römern nach Mitteleuropa eingeschleppt worden sind, sondern schon sehr viel früher, zusammen von den ersten, sesshaften Siedlern. Es handelt sich hierbei um die frühesten Fundnachweise bisher weltweit – Fun-de, die es nicht geben dürfte?

Ute Seidel (Stuttgart): Wechselnde Überlieferungsdichten von Fundstellen an der Wende des 5./4. Jahrtausends – Mögliche Faktoren

Vorgestellt werden erste Ergebnisse aus dem DFG-Projekt „Siedlungsstrukturen der Michelsberger Kultur im Kraichgau“ Pl 95/51-1, das aufbauend auf das DFG-Projekt Pl 95/29-1 zu den Erdwerken und unbefestigten Siedlungsstellen der Michelsberger Kultur im Raum Heilbronn formuliert wurde (Seidel 2008). Das Projekt ist im Regierungspräsidium Stuttgart, Abt. 8, Ref. 85 angesiedelt.Ziel der laufenden Arbeiten ist es, die jungneolithische Besiedlungsentwick-lung im Kraichgau nachzuzeichnen. Ausgegangen wird von der These kleiner Gemeinschaften, die nur kurzzeitige Niederlassungen gründeten, diese aber wiederholt aufsuchten.Vorgestellt werden die neu erarbeiteten Datierungen für die bekannten Fund-stellen der Bischheimer bis Michelsberger Kultur in den Regierungsbezirken Stuttgart und Karlsruhe, thematisiert werden Probleme der Datierung, und es wird ein Versuch der Deutung der unterschiedlichen Überlieferungsdichten un-ternommen.

Literatur: U. Seidel, Michelsberger Erdwerke im Raum Heilbronn. Materialhefte Arch. Baden-Württemberg 81/1-2 (Stuttgart 2008); B. Schlenker/E. Stephan/J. Wahl, Michelsberger Erdwerke im Raum Heilbronn. Materialhefte Arch. Baden-Württemberg 81/3 (Stuttgart 2008); E. Stauch/ K. Banghard, Das ganz normale Michelsberg. Neues zur jungneolitischen Siedlungsgeschichte zwi-schen Rhein und Neckar. In: P. Ettel/R. Friedrich/W. Schier (Hrsg.), Interdisziplinäre Beiträge zur Siedlungsarchäologie. Gedenkschrift für Walter Janssen (Rahden/Westf. 2002) 369 – 390.

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Angelina Siebert1 / Nicole Nicklisch1 / Nina Ulrich1 / Viktoria M. Oelze2 / Veit Dresely3 / Kurt W. Alt1: „Ich und du, Müllers Kuh …“ – Ernährung und Subsistenz im mitteldeutschen Neolithikum. Aussagepotential biochemischer Forschun-gen in der Anthropologie

1 Institut für Anthropologie, Bioarchaeometry Group, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz2 Max Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig3 Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle

Die Erforschung prähistorischer Ernährungsgewohnheiten ist fundamental für unser Verständnis von menschlichen Lebensweisen, Verhaltensmustern und Landnutzungsmodellen. Der wohl radikalste Wandel in der Geschichte mensch-licher Subsistenzstrategien ist der Übergang vom mobilen Wildbeutertum zur bäuerlichen Lebensweise, als der Mensch im Zuge der meso-neolithischen Transition begann, seine Umwelt gezielt zu manipulieren und unabhängig vom vorhandenen Nahrungsangebot eine kalkulierbare Grundversorgung zu etab-lieren, die ein sesshaftes und ortskonstantes Leben voraussetzte. Mittels bio-chemischer Methoden der Anthropologie lassen sich zahlreiche Facetten im Kontext neolithischer Subsistenzstrategien und Ernährungspräferenzen nach-zeichnen. Die Analyse stabiler Stickstoff- und Kohlenstoffisotope aus mensch-lichem Knochenkollagen erlaubt einen direkten Nachweis der verzehrten Nah-rung eines Menschen und ermöglicht so die Rekonstruktion von tierischen und pflanzlichen Nahrungskomponenten prähistorischer Gesellschaften. Anhand der dicht besiedelten und intensiv landwirtschaftlich genutzten Region des Mit-telelbe-Saale-Gebietes werden im Zuge einer Ernährungsrekonstruktion über alle Phasen des Neolithikums Trends und Brüche in der Nahrungsorganisation präsentiert und weitere Ansätze in der Diskussion um landwirtschaftliche Sys-teme, Subsistenzstrategien, Nahrungsumstellung, Gesundheit und Krankheit aufgezeigt.

Wolf-Dieter Steinmetz (Wolfenbüttel): Der Friedhof von Wittmar: Tradition, Wandel und Transfer an der Peripherie der Rössener Kultur

Der frühneolithische Friedhof von Wittmar im Nordharzvorland wurde in den Jahren 1976-1977 ausgegraben. Er wird zurzeit wissenschaftlich bearbeitet. Ne-ben einer Belegungsphase der LBK (14 Gräber) konnten 36 Rössener Bestattun-gen (~ 33% der ursprünglich anzunehmenden Belegung) dokumentiert werden. Nach den gängigen Chronologiesystemen begann die Belegung in der frühen

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und endete in der späten Phase dieser Kultur. Sie überspannte also mindestens 4-6 Generationen (~4750/4700-4600/4550 cal. BC). Die Niederlegung während des Rössener Zeitabschnittes erfolgte überwiegend in gestreckter Rückenlage S-N. Die Totenhaltung brach deutlich mit der LBK-Tradition, unterschied sich aber auch von derjenigen der benachbarten mitteldeutschen Nachbarn der gleichen Kultur und tendierte zum weit entfernten SW-Deutschland. Auch in der Beigabenausstattung sind deutliche Unterschiede zur LBK insbesondere im geschlechtlichen Bezug zu erkennen, die männliche Komponente scheint deut-licher in den Vordergrund getreten zu sein, die weibliche hingegen zurück. Hier war der Bezug nach Mitteldeutschland größer, es gibt aber wiederum auch An-knüpfungspunkte nach SW-Deutschland. Einige Beigaben belegen weit reichen-de Fernbeziehungen. Der Friedhof befand sich in der nordwestlichen Grenzregi-on des Rössener Kultur, kaum 20 km von der Lößgrenze entfernt. Der genutzte Siedlungsraum entsprach dabei weitestgehend demjenigen der vorausgegan-genen LBK, zu der aber im Nordharzvorland ein deutlicher Besiedlungshiatus von nahezu 250-300 Jahren bestand. Unter den genannten kulturhistorischen und siedlungsgeographischen Voraussetzungen werden die Ergebnisse der an-thropologischen Bearbeitung von besonderem Interesse sein.

Barbara Stopp (Basel): Die Nutzung neuer Lebensräume in Süddeutschland und der Schweiz im 5. Jahrtausend. Wirtschafts- und Umweltarchäologie

Die im Laufe des 5. Jahrtausends neu besiedelten Lebensräume zeichnen sich durch zum Teil neue und unterschiedliche Biotope aus. Die fast ausschliesslich bäuerlich orientierten Kulturen stellte dies vor neue Herausforderungen, da Ackerbau und Viehwirtschaft diesen Gegebenheiten angepasst werden muss-ten. Für die Archäobotanik ist von Vorteil, dass am Ende des 5. Jahrtausends die Nutzung von Feuchtgebieten einsetzt, wodurch sich Pflanzenreste besonders gut erhalten und die archäobiologische Quellenlage dadurch entscheidend ver-bessert wird. Das zur Untersuchung gewählte Gebiet, das süddeutsch-schwei-zerische Alpenvorland und die Hauptalpentäler, bietet sich aufgrund der un-terschiedlichen geographischen Verhältnisse besonders für eine vergleichende Untersuchung an.

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Hans-Christoph Strien (Grafschaft): Hinkelstein und VSG: Westliche Einflüsse bei der Entstehung des mitteleuropäischen Mittelneolithikums

Allgemein gilt als ausgemacht, dass die wesentlichen Impulse beim Übergang von der LBK zu ihren jeweiligen Nachfolgekulturen aus dem Südosten kamen. Dieses Modell wurde unlängst in Zweifel gezogen (Jeunesse & Strien 2009). Hier soll nun dargelegt werden, dass Hinkelstein über relativ intensive Kontakte ins Pariser Becken verfügte und dass wichtige Kulturelemente aus der dortigen Villeneuve-Saint-Germain-Gruppe (VSG) übernommen wurden. Dies betrifft die Ziertechnik und den Schmuck, aber wohl auch die Steinindustrie. Darin wer-den Einflüsse aus dem westlichen Kulturkreis bei der Genese des mitteleuropä-ischen Mittelneolithikums fassbar.

Literatur: Jeunesse/Strien 2009: Chr. Jeunesse/H.-Chr. Strien, Bemerkungen zu den stichbandkera-mischen Elementen in Hinkelstein. In: A. Zeeb-Lanz (Hrsg.), Krisen - Kulturwandel - Kontinuitäten. Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa. Beiträge der Internationalen Tagung in Herxheim bei Landau (Pfalz) vom 14.-17.06.2007. Internat. Arch. ASTK 10, Rahden/Westf. 2009, 241-248.

Stefan Suhrbier (Berlin): Multikulti in Mainfranken – Der Beginn des Mittelneo-lithikums

Der Übergang vom Alt- zum Mittelneolithikum in Mainfranken ist – wie auch in anderen Regionen – zunächst einmal durch das Fehlen der eigentlich mit diesem Zeithorizont verbundenen Keramikstile gekennzeichnet. Es lassen sich weder eigenständige Siedlungen mit Hinkelsteinkeramik noch solche mit Stich-bandkeramik nachweisen, und auch für frühes Großgartach gibt es nur spärli-che Belege. In dem Vortrag soll anhand von einigen mikroregionalen Fallbeispielen eine Hy-pothese zum Ablauf dieses Übergangs zur Diskussion gestellt werden. Als Basis dient das von Eisenhauer 2002 publizierte Innovationsmodell, das in modifi-zierter bzw. erweiterter Form auch zur Erklärung der Vorgänge in Mainfranken dienen kann.Es wird deutlich, dass sich die Region durch ihre geographische Randlage be-zogen auf das Verbreitungsgebiet der beiden großen mittelneolithischen Kera-miktraditionen (Stichbandkeramik in Mitteldeutschland bzw. Südostbayern und die Abfolge Hinkelstein – Großgartach – Rössen in Westdeutschland) auszeich-net. Trotzdem stellt sich Mainfranken – anders, als es in älteren Kartierungen den Anschein hat – nicht als fast siedlungsleeres Durchgangsgebiet dar. Wie

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jüngste Ergebnisse zeigen, handelt es sich um eine dicht besiedelte Region, die allerdings kein Innovationszentrum für Neues darstellt. Vielmehr wurden be-reitwillig Elemente aus den benachbarten Regionen aufgegriffen und einige As-pekte davon dauerhaft in das eigene Lebensumfeld integriert.

Thomas Terberger (Greifswald) / Agnieszka Czekaj-Zastawny (Kraków) / Jacek Kabaciński (Poznań): Contacts and Innovations in Pomerania in the 5th and early 4th millenium cal. BC

In the 5th millennium cal. BC Pomerania is characterised by a frontier situation. Since the Linienbandkeramik times (LBK) Kujavia and the lower Oder area were settled by Neolithic farmers while on the coast late hunter-gatherers persisted with a different way of life. Ongoing research at the important peat bog site of Dąbki 9 in Koszalin district provides some new information on the socio-eco-nomic conditions for the period under consideration. Archaeozoological investigations demonstrate that domesticates were intro-duced not before the late 5th millennium or even later. At the same time vari-ous lines of evidence indicate close contacts to neighboring hunter-gatherers and early farmers. The talk will discuss these contacts on the basis of imported knowledge such as the introduction of pointed bottom pottery and imported objects. It becomes clear that pottery vessels from farming communities were exchanged/ transported to the coast in considerable numbers. Fragments of foreign pottery identified recently demonstrate that in the early 4th millen-nium cal. BC such contacts were sometimes even of long distance character.

František Trampota (Brno): Supra-regional contacts between the Lengyel cul-ture in Southern Moravia and other regions

The paper deals with physic evidence of contacts between region of Southern Moravia and other regions within a distance over ca. 80 km. Lithic industry and determination of raw material especially belong to the most important items connected to evidence of contacts. Among discussed distant regions are men-tioned namely Eastern Slovakia, Lesser Poland, Southern Bavaria, the Western Alps and North-western Hungary. Other resolved questions are connected with form of distribution and with its sense (eg. obsidian). The term “culture” which is set based on pottery decoration is confronted with the supra-regional char-

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acter of the distribution of artefacts. It seems that contact on long distance were running among different cultures rather than in space of Lengyel cultural complex itself.

Samuel van Willigen (Zürich/Aix-en-Provence) / Anthony Denaire (Habsheim) / Thomas Doppler (Basel)/Pierre-Yves Nicod (Genève): Grenzen und Interaktio-nen zwischen Rhein, Alpen und Rhone im 5. Jahrtausend v. Chr.

Die Region zwischen Rhein und Rhone wird selten gesamthaft behandelt, was nicht nur sprachliche Ursachen hat, sondern zu einem großen Teil auf unter-schiedliche Forschungstraditionen im mitteleuropäischen und südwesteuropä-ischen Raum zurückzuführen ist. Die Methoden dieser zwei Forschungstraditio-nen lassen sich meist nur schwer auf einen gemeinsamen Nenner bringen, was für ein gesamtheitliches Bild unabdingbar wäre.Gerade die hier diskutierten Regionen bieten die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen den Kulturen des mitteleuropäischen Mittelneolithikums und denen des westmediterranen Néolithique moyen vergleichend zu betrachten. Ziel die-ses Beitrages soll es sein, ausgehend von den neuesten Arbeiten in der Rheine-bene, im Schweizer Mittelland und im Rhonebecken, die nordwestmediterrane mit der mitteleuropäischen Kultursequenz zu konfrontieren und so die Entwick-lung von Grenzen und Interaktionen zwischen zwei großen europäischen Kul-turräumen im Laufe des 5. Jahrtausends vor Chr. zu untersuchen.

István Zalai-Gaál (Budapest): Frühkupferzeitliche Elemente in den Bestattungs-sitten der Lengyel-Kultur in Transdanubien

Die Bestattungssitten der transdanubischen Lengyel-Kultur sind überwiegend spätneolithisch und weisen Traditionen auf, die aus der zeitlich vorangehenden mittelneolithischen (westliche Linienbandkeramik) Entwicklung stammen. Die Ergebnisse der eingehenden Analyse der Funde und Befunde aus den Altgra-bungen (Lengyel, Zengővárkony, Mórágy, usw.) bekannten 659 Lengyel-Bestat-tungen und den 2500 neuestens ausgegrabenen Gräbern von Alsónyék lenkten die Aufmersamkeit auf die Erscheinungen, die in der Lengyel-Kultur fremd oder neu sind. Es handelt sich in erster Linie um gewisse Elemente der keramischen Verzierung und der Körperhaltung der Skelette. Ein anderes wichtiges Phäno-men stellt die Existenz von steinernen Schaftlochäxten in diesen Bestattungen

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dar, die kupferne Formen nachahmen. Diese „fremden” Elemente treten den-noch nur in sehr wenigen Gräbern auf. In dem Ansatz wird versucht, einige Fra-gen der Herkunft dieser Erscheinungen und die Probleme des Übergangs vom Spätneolithikum zur Frühkupferzeit in Südtransdanubien zu beantworten.

Andrea Zeeb-Lanz (Speyer): Außergewöhnliches Ritual als Krisenmanagement? Herxheim und das Ende der BandkeramikHerxheim ist aufgrund der dort gefundenen Konzentrationen aus menschlichen Skeletteilen, Schädelkalotten und zertrümmerten Knochen als einzigartige An-lage des mitteleuropäischen Altneolithikums bekannt geworden. Offenbar im Zuge ritueller Zeremonien wurden ca. 800-900 Individuen nach ihrem Tod sys-tematisch zerteilt, von allem Fleisch befreit und die Knochen dann zerschlagen. Ob kannibalistische Handlungen eine Rolle bei diesem Ritual spielen, ist nicht gesichert, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Neben den menschlichen Überresten fand sich in den Konzentrationen exzeptionell qualitätvolle Kera-mik, die ebenfalls intentionell vor Ort zerschlagen wurde; ein ähnliches Schick-sal erlitten Steingeräte und große Mahlsteine.Bei der Suche nach vergleichbaren Situationen in der späten Bandkeramik fin-det sich zwar kein einziger analoger Platz, aber auffällige Totenbehandlungen häufen sich in der letzten Phase der Bandkeramik eindeutig. Der Vortrag stellt die Frage, ob diese wie auch das außergewöhnliche Ritual in Herxheim in direk-tem Zusammenhang mit soziokulturellen Krisenzuständen zu sehen sind.

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Prof. Dr. Kurt W. AltInstitut für Anthropologie, Fachbereich 10 (1050) der Johannes-Gutenberg-Universität MainzColonel-Kleinmann-Weg 2 (SBII)55099 [email protected]

Sophie Bartholdy, M.A.Waldemarstr. 46,10999 [email protected]

Dr. Jonas BeranArchäologie Manufaktur GmbHFriedrich-Rumpf-Straße 1514641 [email protected]

Marie BesseLaboratoire d‘archéologie préhistorique etd‘histoire des peuplementsUniversité de GenèveDépartement d’anthropologieCase postaleCH-211 Genève 4

Eric BiermannParkstraße 59D-51147 Kö[email protected]

Ingo Bürger M.A.Panzerleite 8396049 [email protected]

Agnieszka Czekaj-ZastawnyInstytut Archeologii i Etnologii PANul. Slawkowska 17P-31-016 Krakó[email protected]

Prof. Dr. hab. Lech CzerniakInstytut ArcheologiiUniwersytet Gdańskiul. 80-851 Gdań[email protected]

Anthony DenaireUMR 7044-Université de StrasbourgANTEA-Archéologie, 11 rue de Zurich68440 [email protected]

Dipl. phil. Thomas DopplerInstitut für Prähistorische undNaturwissenschaftliche ArchäologieUniversität BaselSpalenring 145CH-4055 Basel

Dr. Veit DreselyLandesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum fürVorgeschichteRichard-Wagner-Straße 906114 Halle (Saale)[email protected]

Dr. Renate Ebersbach Archäologischer Dienst Bern Brünnenstrasse 66 Postfach 5233 CH - 3001 [email protected]

Florian EiblAn der Leiten 1794405 Landau a. d. [email protected]

Dr. Susanne FriederichZentralreferat BodendenkmalpflegeLandesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum fürVorgeschichteRichard-Wagner-Straße 906114 Halle (Saale)[email protected]

Adressen der Beitragenden

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Christian Groer M.A.Westfälische Wilhelms-Universität MünsterRobert-Koch-Straße 2948149 Mü[email protected]

Prof. Dr. Svend HansenDeutsches Archäologisches InstitutEurasien-AbteilungIm Dol 2-614195 [email protected]

Dr. Sönke HartzStiftung Schleswig-Holsteinische LandesmuseenSchloß Gottorf24837 [email protected]

Dr. Marion Heumüller M.A.Regierungspräsidium StuttgartLandesamt für DenkmalpflegeStromeyersdorfstr. 378467 [email protected]

Loïc Jammet-ReynalLaboratoire d’archéologie préhistorique et d’histoire des peuplementsUniversité de GenèveDépartement d’anthropologieCase postaleCH-211 Genève [email protected]

Prof. Dr. Christian JeunesseUniversité Marc Bloch - Strasbourg IIInstitut des Antiquités nationales9, place de l’Université67084 Strasbourg [email protected]

Dr. Jacek KabacinskiInstytut Archeologii i Etnologii PANul.Rubiez 4661-612 [email protected]

Dr. Dieter KaufmannLandesamt für Denkmalpflege und ArchäologieLandesmuseum für VorgeschichteRichard-Wagner-Str. 906114 Halle / [email protected]

Andreas Kotula M.A.Ernst Moritz Arndt Universität GreifswaldLehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte Hans-Fallada-Str. 1 17487 [email protected]

Ing. Lenka KovačikováKatedra zoologiePřírodovědecká fakulta, JUBranišovská 31 370 05 České Budějovice, Czech [email protected]

Philippe LefrancInstitut National de Recherche en Archéologie Préventive (INRAP)141 route de RobacheF-88100 Saint-Dié[email protected]

PD Dr. habil. Urs LeuzingerAmt für Archäologie des Kantons ThurgauSchlossmühlestr. 15aCH-8510 [email protected]

Thomas Link M.A.Lehrstuhl für Vor- und FrühgeschichtlicheArchäologieJulius-Maximilians-Universität WürzburgResidenzplatz 2, Tor A97070 Wü[email protected]

Dr. Harald LübkeStiftung Schleswig-Holsteinische LandesmuseenSchloß Gottorf24837 [email protected]

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Christian Meyer M.A.Institut für Anthropologie der Johannes-Gutenberg-Universität MainzColonel-Kleinmann-Weg 255099 [email protected]

Pierre-Yves NicodDépartement d’Anthropologie et d’Ecologie12, rue Gustave-RevilliodCH-1227 Carouge (Genève)[email protected]

Nicole Nicklisch M.A.Institut für AnthropologieBioarchaeometry GroupColonel-Kleinmann-Weg 255128 [email protected]

Kathrin Nowak M.A.Universität zu KölnInstitut für Ur-und FrühgeschichteWeyertal 12550923 Kö[email protected]

Victoria OelzeAbteilung für HumanevolutionMax Planck Institut for Evolutionäre Anthropologie Deutscher Platz 6 D-04103 [email protected]

Markus Pavlović M.A.Universität zu KölnInstitut für Ur-und FrühgeschichteWeyertal 12550923 Kö[email protected]

Pierre Pétrequin69, Grande RueF-70100 Gray

Joanna PyzelInstytut Archeologii, Uniwersytet Gdańskiul. Bielańska 5P-80-851 Gdań[email protected]

Mag. Elisabeth RammerMichaelerstrasse 11A-1180 [email protected]

Mgr. Jaroslav Řídký, Ph.D.Institute of Archaeology of the Academy of Sciences of the Czech Republic, Prague, v.v.i.Letenská 4118 01, Praha 1 - Malá StranaCzech [email protected]

Prof. Dr. Michael M. RindLandschaftsverband Westfalen-LippeAn den Speichern 748157 Mü[email protected]

Georg Roth M.A. (prom.)Professur für Ur- und FrühgeschichteHistorisches Seminar der Universität LeipzigRitterstr. 1404109 [email protected]

Silviane ScharlUniversität zu KölnInstitut für Ur- und FrühgeschichteWeyertal 12550923 Kö[email protected]

Dipl.-Biol. Edith SchmidtGerda-Weiler Str. 1079100 [email protected]

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Dr. Ute SeidelLandesamt für Denkmalpflege Baden-Württembergim Regierungspräsidium StuttgartAbt. 8, Ref. 85Stromeyersdorfstr. 378467 [email protected]

Dr. Petr Šída Zborovská 44CZ-150 00 PRAHA 5Česká [email protected]

Angelina Siebert M.A.Institut für AnthropologieBioarchaeometry GroupColonel-Kleinmann-Weg 255128 [email protected]

Wolf-Dieter Steinmetz M.A.Braunschweigisches LandesmuseumKanzleistr. 338300 Wolfenbüttel [email protected]

Mgr. Daniel Stolz, Ph.D.Ústav archeologické památkové péče středních Čech (ÚAPPSČ) NižborNižbor – Zámek čp. 260 267 05 Nižbor, Czech [email protected]

Dr. Barbara StoppIPNA, Institut für Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie Spalenring 145 CH - 4055 Basel [email protected]

Hans-Christoph StrienAltbachstraße 3053501 [email protected]

Stefan Suhrbier M.A.Institut für Prähistorische ArchäologieFreie Universität BerlinAltensteinstraße 15D-14095 [email protected]

Prof. Dr. Thomas TerbergerErnst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Historisches Institut, Lehrstuhl für Vor- und FrühgeschichteHans-Fallada-Strasse 117481 [email protected]

Thomas Tischendorf M.A.Landesamt für Archäologie SachsenHeilemannstraße 304288 [email protected]

František TrampotaInstitute of Archaeology and Museology, Facultuy of ArtsMasaryk UniversityArna Nováka 1CZ-602 00 [email protected]

Nina UlrichInstitut für AnthropologieBioarchaeometry GroupColonel-Kleinmann-Weg 255128 [email protected]

Prof. Dr. Joachim WahlRegierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege Arbeitsstelle Konstanz, OsteologieStromeyersdorfstraße 378467 [email protected]

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Samuel van WilligenSchweizerisches NationalmuseumLandesmuseum ZürichSection Archéologie/Fachbereich ArchäologieMuseumstrasse 2CH-8021 Zü[email protected]

Prof. Dr. István Zalai-GaálMagyar Tudományos Akadémia Régészeti Intézete(Archäologisches Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften)Úri u. 49H-1250 [email protected]

Dr. Andrea Zeeb-LanzGeneraldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-PfalzDirektion Archäologie - SpeyerKleine Pfaffengasse 1067346 [email protected]

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IMPRESSUM

Organisation und Redaktion:Prof. Dr. Ralf Gleser, Dr. Valeska Becker

Gestaltung:Renate Roling

Fotografie UmschlagmotivLWL-Archäologie Westfalen / Stefan Brentführer

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Druck:UniPrint, Westfälische Wilhelms-Universität, Schlossplatz 2, 48149 Münster