Analysis+3+Komplett

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Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kr¨ uppel www.math.uni-rostock.de/merker/ ¨ Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gr¨ uttm¨ uller www.math.uni-rostock.de/mgruttm/ ¨ Ubung Analysis III f¨ ur Physiker und Lehramt Gymnasium WS 06/07 Serie 1 Abgabetermin: 24.10.2006 (Lehrer) bzw. 26.10.2006 (Physiker) Aufgabe 1 Welche der folgenden Gleichungen sind gew¨ ohnliche Differentialgleichungen? Bei allen gew¨ ohnlichen Differentialgleichungen gebe man die Ordnung und die Form (implizit/explizit) an und entscheide, ob sie linear sind! a) x 2 · y (x)+ x · y (x)+2y(x) - sin x =0 b) y (x)= y(x)(x 2 · cos(x)) · y (x) c) ∂y(x,t) ∂x + ∂y(x,t) ∂t = y(x, t) d) ∂y(r,s) ∂r = (sin(r)+ s 2 ) · y(r, s) Aufgabe 2 Zeigen Sie, dass die angegebenen Funktionen L¨ osungen der jeweiligen Differentialgleichun- gen bzw. Anfangswertprobleme auf den Intervallen I sind. C, C 1 und C 2 sind dabei willk¨ urliche reelle Konstanten. a) y +4xy - 8x = 0; y(x)= C · e -2x 2 +2 auf I := (-∞, ) b) y = xy 2 , y(0) = 1 ; y(x)= 2 2-x 2 auf I := (- 2, 2) c) y - 4y +4y +8 · sin(2x) = 0; y(x) := C 1 e 2x +C 2 x e 2x - cos(2x) auf I := (-∞, ) Aufgabe 3 Bestimmen Sie zu den folgenden Kurvenscharen jeweils eine Differentialgleichung, so dass die Kurvenscharen L¨ osung eben dieser Differentialgleichung sind. a) y = C 1 x + C 2 b) C 1 x 3 + C 2 y 2 =0 Aufgabe 4 x y v E v F (x) a a b Die Mittellinie eines Flusses mit einer Breite von 2a Metern sei die y-Achse eines rechtwinkeligen Koor- dinatensystems. Die Str¨ omunggeschwindigkeit v F (x) sei die durch v F (x)= v 0 1 - x 2 a 2 gegebene parabolische Funktion des Abstandes x von der Mittellinie. Damit hat der Fluss an den Ufern die Str¨ omungsgeschwindigkeit v F (±a) = 0 und in der Mitte v(0) = v 0 . Bestimmen Sie die Bahn y(x) ei- nes Schwimmers, der bei (-a, 0) ins Wasser springt und beim Durchschwimmen des Flusses die konstan- te Eigengeschwindigkeit v E in Richtung der positi- ven x-Achse h¨ alt, und errechnen Sie die Abdrift b = |y(a) - y(-a)|.

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Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

WS 06/07Serie 1

Abgabetermin: 24.10.2006 (Lehrer) bzw. 26.10.2006 (Physiker)

Aufgabe 1 Welche der folgenden Gleichungen sind gewohnliche Differentialgleichungen?Bei allen gewohnlichen Differentialgleichungen gebe man die Ordnung und die Form (implizit/explizit)an und entscheide, ob sie linear sind!

a) x2 · y′′(x) + x · y′(x) + 2y(x) − sin x = 0

b) y′′′(x) = y(x)(x2 · cos(x)) · y′(x)

c) ∂y(x,t)∂x

+ ∂y(x,t)∂t

= y(x, t)

d) ∂y(r,s)∂r

= (sin(r) + s2) · y(r, s)

Aufgabe 2 Zeigen Sie, dass die angegebenen Funktionen Losungen der jeweiligen Differentialgleichun-gen bzw. Anfangswertprobleme auf den Intervallen I sind. C, C1 und C2 sind dabei willkurliche reelleKonstanten.

a) y′ + 4xy − 8x = 0; y(x) = C · e−2x2

+2 auf I := (−∞,∞)

b) y′ = xy2, y(0) = 1 ; y(x) = 22−x2 auf I := (−

√2,√

2)

c) y′′ − 4y′ + 4y + 8 · sin(2x) = 0; y(x) := C1 e2x +C2x e2x − cos(2x) auf I := (−∞,∞)

Aufgabe 3 Bestimmen Sie zu den folgenden Kurvenscharen jeweils eine Differentialgleichung, so dassdie Kurvenscharen Losung eben dieser Differentialgleichung sind.

a) y = C1x + C2

b) C1x3 + C2y

2 = 0

Aufgabe 4

x

y

vE

vF (x)

a a

b

Die Mittellinie eines Flusses mit einer Breite von2a Metern sei die y-Achse eines rechtwinkeligen Koor-dinatensystems. Die Stromunggeschwindigkeit vF (x)sei die durch

vF (x) = v0

(

1 − x2

a2

)

gegebene parabolische Funktion des Abstandes x vonder Mittellinie. Damit hat der Fluss an den Uferndie Stromungsgeschwindigkeit vF (±a) = 0 und in derMitte v(0) = v0. Bestimmen Sie die Bahn y(x) ei-nes Schwimmers, der bei (−a, 0) ins Wasser springtund beim Durchschwimmen des Flusses die konstan-te Eigengeschwindigkeit vE in Richtung der positi-ven x-Achse halt, und errechnen Sie die Abdrift b =|y(a) − y(−a)|.

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Ubung zur Analysis III fur Physiker und LehramtGymnasium

Blatt 1

Losung zu Aufgabe 6.1:

(a) Gewohnliche Differentialgleichung 2. Ordnung, nicht explizit, linear. Denn es wird nurnach x abgeleitet, also liegt eine gewohnliche DGL vor; die Gleichung ist nicht bereitsnach y′′(x) aufgelost, d.h. nicht von der Form y′′(x) = f(x, y(x), y′(x)) , also ist sienicht explizit; aber sie ist linear, denn von der Form an(x)y(n)+· · ·+a0(x)y(x)−b(x) =0 .

(b) Gewohnliche Differentialgleichung 3. Ordnung, explizit, nicht linear.

(c) Partielle Differentialgleichung

(d) Gewohnliche Differentialgleichung (in der Variablen r mit Parameter s ), explizit,linear.

Losung zu Aufgabe 6.2:

(a) Es gilt y′(x) = −4Cxe−2x2und daher

y′ + 4xy − 8x = −4Cxe−2x2

+ 4x(Ce−2x2

+ 2) − 8x = 0

(b) Es gilt y′(x) = 4x(2−x2)2

und daher y′ = x( 22−x2 )

2 = xy2 , sowie außerdem y(0) = 22

= 1 .

(c) Es gilt y′(x) = 2C1e2x + C2(1 + 2x)e2x + 2 sin(2x) , y′′(x) = 4C1e

2x + C2(4 + 4x)e2x +4 cos(2x) , und daher y′′ − 4y′ + 4y + 8 sin(x) = 0 .

Losung zu Aufgabe 6.3:

(a) y′′ = 0 , da Ableiten y′(x) = C1 und nochmaliges Ableiten y′′(x) = 0 liefert.

(b) 3y = 2xy′ , da Ableiten 3C1x2 + 2C2yy′ = 0 die Gleichung C1 = −2C2yy′

3x2 und somitC2(y

2 − 2x3yy′) = 0 bzw. 3y = 2xy′ liefert.

Losung zu Aufgabe 6.4:

Die DGL y′(x) = vF (x)vE

= v0

a2vE(a2 − x2) zum Anfangswert y(−a) = 0 hat die Losung

y(x) =v0

a2vE

∫ x

−a

a2 − x2dx =v0

3a2vE

(3a2x − x3)|x−a =v0

3a2vE

(3a2x − x3 + 2a3)

und in x = a gilt y(a) = 4v0

3vEa , dies ist somit auch die Abdrift.

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Blatt 2

Implizite/Explizite/Lineare DGL, orthogonale Kurvenscharen

• Eine gewohnliche Differentialgleichung (GDGL) n -ter Ordnung ist eine Gleichung freine von einer Variablen x abhangige Funktion y(x) , in der (im Gegensatz zu ei-ner gewohnlichen Gleichung) nicht nur x und y(x) , sondern auch die Ableitungeny′(x), . . . , y(n)(x) bis zur Ordnung n vorkommen.

• Eine DGL der Form f(x, y, y′, . . . , y(n)) = 0 heißt implizite DGL n -ter Ordnung, eineDGL der Form y(n) = f(x, y, y′, . . . , y(n−1)) heißt explizite DGL n -ter Ordnung.

• Eine lineare DGL n -ter Ordnung hat die Form

an(x)y(n) + · · ·+ a1(x)y′ + a0(x)y = b(x)

mit Funktionen a0, a1, . . . , an, b , die hochstens von x (und nicht von y, y′, . . . , y(n) )abhangen.

• Man erwartet, daß eine DGL n -ter Ordnung allgemein durch eine Kurvenschar mitn Konstanten C1, . . . , Cn gelost wird, und daß diese Konstanten durch vorgegebeneAnfangswerte y(x0), y

′(x0), . . . , y(n−1)(x0) eindeutig bestimmt sind (so daß dann auch

die Losung y des Anfangswertproblems eindeutig ist). Ein Beweis dafur, daß dieseErwartungshaltung unter gewissen Voraussetzungen gerechtfertigt ist, wird erst spaterdurch Existenz- und Eindeutigkeitssatze erfolgen.

• Lost eine Kurvenschar die DGL y′ = f(x, y) , so lost die orthogonale Kurvenschardie DGL z′ = − 1

f(x,z). Denn haben zwei Kurven x 7→ (x, y(x)) und x 7→ (x, z(x))

der beiden Scharen einen gemeinsamen Schnittpunkt (d.h. es gilt y(x) = z(x) ), dannsind die Tangentialvektoren (1, y′(x)) und (1, z′(x)) genau dann orthogonal, wenn1 · 1 + y′(x) · z′(x) = 0 und daher z′(x) = − 1

y′(x)= − 1

f(x,z(x))gilt.

• Veranschaulichen kann man sich explizite DGLen 1. Ordnung durch das Zeichnen vonRichtungsfeldern.

Spezielle Losungsmethoden

• y′ = f(y)g(x) (Trennung der Variablen) : Division durch f(y) und Integration nachx liefert nach der Substitutionsregel∫ y(x)

y(x0)

1

f(y)dy =

∫ x

x0

g(x) dx .

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Indem man diese beiden Integrale ausrechnet und abschließend die Gleichung nachy(x) auflost, erhalt man eine Losung zum Anfangswert y(x0) .

Satz: Ist f(y(x0)) 6= 0 , so kann man tatsachlich lokal bei x0 eindeutig nach y(x)auflosen, bei f(y(x0)) = 0 dagegen kann es neben der konstanten Losung y(x0) lokalbei x0 auch noch andere Losungen geben.

• Substitution: Substituiert man in einer DGL der Form y′ = f(x, g(x, y)) die Funktionz(x) := g(x, y(x)) , so erfullt diese die DGL z′ = ∂g

∂x(x, y)+ ∂g

∂y(x, y)f(x, g(x, y)) . Unter

der Voraussetzung, daß die rechte Seite nur eine Funktion von x und g(x, y(x)) (abernicht von y selbst) ist, erhalt man so eine DGL z′ = h(x, z) fur z , in der kein y mehrvorkommt.

Hat man die Substitution g geschickt gewahlt, so ist die DGL fur z vielleicht einfacherlosbar als die fur y (z.B. dadurch, daß in ihr die Variablen getrennt sind), und durchAuflosen von z = g(x, y) nach y erhalt man dann aus der Losung z auch eine Losungy der ursprunglichen DGL (zumindest wenn das Auflosen moglich ist).

• Wendet man Trennung der Variablen oder Substitution (oder andere Methoden) an,ohne sich um die Voraussetzungen zu kummern, oder macht man dabei Rechenfeh-ler, dann erhalt man moglicherweise nicht die korrekte Losung. Allerdings hat man jaimmer eine Moglichkeit zu uberprfen, ob das, was man herausbekommen hat, eine kor-rekte Losung ist: ZUR PROBE SETZE MAN DAS HERAUSBEKOMMENE IN DIEURSPRUNGLICHE DGL EIN UND UBERPRUFE, OB DIES DIE DGL WIRKLICHLOST. Das Bilden der Probe sei Ihnen warmstens ans Herz gelegt, insbesondere in derKlausur, um Rechenfehler zu erkennen.

Zusatzaufgabe 10.1:

(a) Lose die lineare Differentialgleichung 5y′ + x2y = 0 mittels Trennung der Variablen.

(b) Lose die Differentialgleichung y′ = x2

y(1+x3)mittels Trennung der Variablen. Auf wel-

chem Intervall existiert die Losung?

(c) Lose die Differentialgleichung y′(x2 + 1) = xy + 2x .

Losung zu Zusatzaufgabe 10.1:

(a) Aus y′ = −x2y/5 ergibt sich neben der konstanten Losung y = 0 mittels Trennungder Variablen y′

y= −x2

5, also ln(y) = − 1

15x3 + C und somit y = Ce−x3/15 . Beachte,

daß diese Kurvenschar fur C = 0 die konstante Losung enthalt.

(b) Es gilt mit Trennung der Variablen

yy′ =x2

1 + x3

⇒ y2/2 = 1/3 ln(1 + x3) + C

⇒ y = ±(2/3 ln(1 + x3) + C)1/2 .

Die Losung existiert nur fur x ≥ 3√

e−3C/2 − 1 .

(c) Eine konstante Losung ist y = −2 . Fr y 6= −2 konnen wir die DGL y′(x2+1) = xy+2xals y′

y+2= x

x2+1schreiben und dann Trennung der Variablen anwenden: Integration

liefert ln(y + 2) = 12ln(x2 + 1) + C und somit y = C

√x2 + 1− 2 .

2

Page 5: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 10.2:

(a) Lose die Differentialgleichung xy2y′ = (ln x)2 + (ln x)−1y3 durch Substitution vonz := y/ ln(x) .

(b) Lose die Differentialgleichung x2y′ = xy + y2 + 5x2 fur x > 0 .

Losung zu Zusatzaufgabe 10.2:

(a) Die explizite Form der Gleichung lautet y′ = ln2(x)xy2 + y

x ln(x). Wir wollen die rechte

Seite als eine Funktion von x und u(x) := y/ ln(x) auffassen. Mit der Substitution uerhalten wir

u′ = − y

x ln2(x)+

1

ln(x)y′

= − y

x ln2(x)+

1

ln(x)

(ln2(x)

xy2+

y

x ln(x)

)=

ln2(x)

x ln(x)y2

=1

x ln(x)u2

Trennung der Variablen liefert u2u′ = 1x ln x

und somit 13u3 = ln(ln(x)) + C . Die

Losung der ursprunglichen DGL erfullt daher y3 = (3 ln(ln(x)) + C)(ln(x))3 und istdurch y = ln(x) 3

√3 ln(ln(x)) + C gegeben.

(b) Die DGL x2y′ = xy + y2 + 5x2 hat die explizite Gestalt y′ = yx

+ y2

x2 + 5 , d.h. siehat die Form y′ = f(y/x) einer hnlichkeits-DGL. Somit wenden wir die Substitutionu = y/x an und erhalten die DGL

u′ =y′x− y

x2=

u + u2 + 5− u

x=

u2 + 5

x.

Mit Trennung der Variablen folgt dann

u′

u2 + 5=

1

x

⇒ arctan(u√5) =

√5 ln(x) + C

⇒ u =√

5 tan(√

5 ln(x) + C)

⇒ y = x√

5 tan(√

5 ln(x) + C).

Zusatzaufgabe 10.3: Bestimme die orthogonalen Trajektorien zu den Kurvenscharen

(a) y = Cx

(b) y = Cex2

(c) y = 1 + x + Cex

Losung zu Zusatzaufgabe 10.3:

3

Page 6: Analysis+3+Komplett

(a) Die zugehorige DGL ist y′ = y/x wegen y′ = C = y/x . Die orthogonale DGL lautetz′ = −x/z , und mittels Trennung der Variablen ergibt sich z2 = −x2 +C , d.h. Kreisesind die orthogonalen Trajektorien.

(b) Die zugehorige DGL ist y′ = 2xy wegen y′ = 2Cxex2= 2xy . Die orthogonale DGL

lautet z′ = − 12xz

und hat mittels Trennung der Variablen die Losung z2 = − ln(x)+C ,

d.h. z(x) = ±√

C − ln(x) sind die orthogonalen Trajektorien.

(c) Die zugehorige DGL ist y′ = y − x wegen y′ = 1 + Cex = y − x . Die orthogonaleDGL lautet z′ = − 1

z−x. Substituiert man u := z − x , so ergibt sich u′ = z′ − 1 =

− 1z−x

− 1 = − 1u− 1 = −u+1

u. Trennung der Variablen liefert −

∫u

u+1= x + C , d.h.

−u + ln(u + 1) = x + C bzw. e−u(u + 1) = Cex , dies laßt sich jedoch nicht explizitnach u auflosen. Fur z ergibt sich e−z(z − x + 1) = C , was sich auch nicht explizitauflosen laßt.

4

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 2

Abgabetermin: 27.10.2006 (Lehrer) bzw. 1.11.2006 (Physiker)

Aufgabe 1 Skizziere das Richtungsfeld der Differentialgleichung y′ = x + y und darineine Losung. Wieviele polynomiale Losungen der Differentialgleichung gibt es ?

Aufgabe 2 Bestimme die orthogonalen Trajektorien zu den Kurvenscharen

a) y + x2 = C , b) y = Cx2

Skizziere beide Kurvenscharen sowie die orthogonalen Trajektorien.

Aufgabe 3 Lose mittels Trennung der Variablen die Differentialgleichungen

a) y′ = 4e−yx3

b) y′ + x2y = 2x2

c) y′ = y(1− y)

Aufgabe 4 Lose die folgenden Differentialgleichungen mittels Substitution

a) y′ = x + y

b) y′ = 12

(y2

x2 + 1)

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Ubung zur Analysis III fur Physiker und LehramtGymnasium

Blatt 2

Losung zu Aufgabe 2.1:

(a) Das Richtungsfeld sieht folgendermaßen aus:

(b) Es gibt genau eine polynomiale Losung der Gleichung. Denn ist y(x) Polynom vomGrad n ≥ 2 , dann ist die linke Seite y′(x) ein Polynom vom Grad n − 1 , wahrenddie rechte Seite x + y(x) ein Polynom vom Grad n ist. Daher kann keine Gleichheitvorliegen. Daruberhinaus kann y(x) nicht den Grad 0 haben, d.h. konstant sein, dadann y′(x) im Gegensatz zu x+ y(x) das Nullpolynom ist. Also ist - wenn uberhaupt- der Grad einer polynomialen Losung 1 , d.h. y(x) hatte die Form y(x) = ax + b .Mit diesem Ansatz ergibt sich aus y′(x) = x + y(x) die Gleichung a = x + ax + b mitder Losung a = −1 = b . Einzige polynomiale Losung ist daher y(x) = −x− 1 .

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Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 2 2

Losung zu Aufgabe 2.2:

(a) Die Kurvenschar y + x2 = C lost die Differentialgleichung y′ = −2x . Eine Kur-ve c(x) := (x, y(x)) der Kurvenschar hat daher im Punkt x die Ableitung c′(x) =(1, y′(x)) = (1,−2x) . Die Kurve d(x) = (x, z(x)) ist in einem Schnittpunkt genaudann orthogonal zu c , wenn < c′(x), d′(x) >= 0 mit dem Euklidischen Skalarprodukt< ·, · > im R2 gilt. Daraus ergibt sich < c′(x), d′(x) >= 1 · 1 + y′(x) · z′(x) = 0 undalso z′ = − 1

y′ . Somit lautet die Differentialgleichung fur die orthogonale Kurvenschar

z′(x) = 12x

, und durch Integration ermittelt man z(x) = 12ln(x) + C .

(b) Die Kurvenschar y = Cx2 erfullt y′ = 2Cx und wegen C = y/x2 daher die Differen-tialgleichung y′ = 2y/x . Die orthogonale Kurvenschar erfullt daher die Differential-gleichung z′ = − x

2z. Trennung der Variablen liefert

∫2z dz = −

∫x dx und daher die

Losung z2 = −x2/2 + C bzw. z(x) = ±√

C − x2/2 .

Losung zu Aufgabe 2.3:

(a) Trennung der Variablen liefert∫

ey dy = 4∫

x3 dx und daher ey = x4 + C , d.h.y(x) = ln(x4) + C .

(b) Die Differentialgleichung y′ + x2y = 2x2 kann man zu y′ = x2(2 − y) umschreiben.Trennung der Variablen liefert dann

∫1

2−ydy =

∫x2 dx und daher − ln(2 − y) =

x3/3 + C , d.h. y(x) = 2− Ce−x3/3 .

(c) y′ = y(1−y) ist der Spezialfall y′ = 1 ·f(y) von Trennung der Variablen. Daher ergibtsich

∫1

y(1−y)dy =

∫1 dx . Die linke Seite bestimmt man mittels der Partialbruchzer-

legung 1y(1−y)

= 1y

+ 11−y

, die ln(y) − ln(1 − y) = x + C liefert. Daraus ergibt sichy

1−y= Cex , d.h. y(x) = Cex

1+Cex .

Losung zu Aufgabe 2.4:

(a) Substituiere z(x) := x+y(x) , dann gilt z′(x) = 1+y′(x) , und daher folgt aus y′(x) =x + y(x) die Differentialgleichung z′ = 1 + z fur z . Mittels Trennung der Variablenermittelt man

∫1

1+zdz =

∫1 dx und daher ln(1 + z) = x +C , d.h. 1 + z = Cex bzw.

z(x) = Cex − 1 . Durch Rucksubstitution ergibt sich y(x) = Cex − x− 1 .

(b) Die Substitution z := yx

liefert z′ = xy′−yx2 = z2+1

2x− z

xund daher

z′ =1

2x(z2 − 2z + 1) =

1

2x(z − 1)2 .

Trennung der Variablen liefert∫

1(z−1)2

dz =∫

12x

dx und daher − 1z−1

= 12(ln(x) + C) ,

d.h. 1− 2ln(x)+C

. Rucksubstitution ergibt y(x) = x− 2xln(x)+C

.

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Blatt 3

Lineare DGL 1.Ordnung, Bernoulli-DGL, Riccati-DGL

• Lineare Differentialgleichungen y′ + a(x)y = b(x) lost man, indem man zunachst diehomogene linear DGL y′ = −a(x)y betrachtet, deren allgemeine Losung yh(x) :=Ce−

Ra(x) dx ist.

Danach sucht man eine Losung yp der inhomogenen lineare DGL y′ + a(x)y = b(x)mittels des Ansatzes yp = C(x)e−

Ra(x) dx mit einer von x abhangigen Funktion C(x)

(Variation der Konstanten). Dieser Ansatz fuhrt auf C ′ = b(x)eR

a(x) dx , und durchdirekte Integration ergibt sich daraus C(x) sowie dann yp(x) .

Die allgemeine Losung der inhomogenen DGL ist dann y(x) := yh(x) + yp(x) .

• Die Bernoulli-DGL y′ + a(x)y + b(x)yp = 0 , p 6= 1 , lost man durch die Substitutionz := y1−p , die auf die lineare DGL z′ + (1 − p)a(x)z + (1 − p)b(x) = 0 fur z fuhrt.Losen dieser linearen DGL und anschließende Rucksubstitution y = z1/(1−p) liefert dieallgemeine Losung der Bernoulli-DGL.

• Die Riccati-DGL y′ + a(x)y + b(x)y2 = c(x) kann man allgemein losen, wenn manschon eine partikulare Losung yp(x) kennt. Durch die Substitution z := y−yp geht dieRiccati-DGL namlich uber in die Bernoulli-DGL z′+(a(x)+2b(x)yp(x))z+b(x)z2 = 0 .Losen dieser und anschließende Rucksubstitution y = z + yp liefert die allgemeineLosung der Riccati-DGL.

Zusatzaufgabe 3.1:

(a) Leite aus den Newtonschen Gravitationsgesetzen x′′ = −Gm2(x − y)/|x − y|3 undy′′ = −Gm1(y − x)/|y − x|3 fur zwei Korper an den Punkten x(t), y(t) ∈ R3 mitMassen m1, m2 im Spezialfall m1 → 0 und die Gleichung des freien Falls aus großerHohe her.

(b) Reduziere die DGL y′′ = y − 2y3 zweiter Ordnung durch Multiplikation mit y′ undanschließende Integration zu einer DGL erster Ordnung mit einem Parameter E , undlose diese DGL im Spezialfall E = 0 .

Losung zu Zusatzaufgabe 3.1:

(a) Fur m1 → 0 gilt y′′ = 0 , d.h. y vollfuhrt eine geradlinige Bewegung y(t) = y0 + tv0 .In einem Koordinatensystem, bei dem y konstant der Ursprung ist (Bemerke: dieNewtonschen DGL sind invariant unter geradlinigen Bewegungen, deswegen kann mandas Koordinatensystem immer so wahlen, daß y im Ursprung liegt), gilt somit mitM := m2 das Gesetz x′′ = −GMx/|x|3 fur den freien Fall aus großer Hohe. Gehtman nun noch von Vektoren im R3 zum Eindimensionalen uber, erhalt man die DGLr′′ = −GM/r2 , r > 0 , fur den Fall aus großer Hohe.

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(b) Multiplikation von y′′ = y − 2y3 mit y′ liefert y′y′′ = yy′ − 2y3y′ . Die linke Seiteist ((y′)2/2)′ , die rechte ist (y2/2− y4/2)′ , und da diese beiden Ableitungen uberein-stimmen, stimmen die Funktionen (y′)2/2 und y2/2 − y4/2 bis auf eine Konstanteuberein. Es gilt also (y′)2/2 = y2/2− y4/2 + E mit einer Konstanten E , und dies istdie gesuchte DGL 1.Ordnung.

Im Spezialfall E = 0 hat man (y′)2 = y2(1− y2)/2 zu losen, d.h.√

2y′ = y√

1− y2 .Das Integral

∫1

y√

1−y2dy bestimmt man durch die Substitution y = cos(z) , die√

1− y2 = sin(z) und dy = − sin(z) dz liefert.

Nach dieser Substitution hat man das Integral −∫ sin(z)

cos(z) sin(z)dz = −

∫1

cos(z)dz zu

bestimmen. Dieses berechnet man wiederum durch eine Substitution t = tan(z/2) ,die auf cos(z) = 1−t2

1+t2und dz = 2

1+t2dt fuhrt. Das jetzt zu berechnende Integral

lautet also −∫

1+t2

1−t22

1+t2dt = −

∫2

1−t2dt . Mittels der Partialbruchzerlegung ergibt sich

2t2−1

= 1t−1

− 1t+1

, und daher als Stammfunktion ln(t− 1)− ln(t + 1) .

Rucksubstitution ergibt daher

√2

∫1

y√

1− y2dy =

√2 ln

(tan(arccos(y)/2)− 1

tan(arccos(y)/2) + 1

),

und somit ist die Losung implizit durch tan(arccos(y)/2)−1tan(arccos(y)/2)+1

= Cex/√

2 gegeben.

Zusatzaufgabe 3.2:

(a) Lose die lineare Differentialgleichung ay′+ y = b . Unter welchen Bedingungen konver-giert y(x) fur x → +∞ , und gegen welchen Wert ?

(b) Lose y′ + cos(x)y = cos3(x) .

Losung zu Zusatzaufgabe 3.2:

(a) Die homogene lineare DGL ay′ + y = 0 hat die allgemeine Losung yh(x) = Ce−x/a .Eine partikulare Losung findet man durch den Ansatz yp = const , der yp(x) = bliefert. Die allgemeine Losung ist also y(x) = Ce−x/a + b .

Bei a > 0 konvergieren die Losungen fur x → +∞ gegen b , bei a < 0 gegenUnendlich.

(b) Die homogene lineare DGL y′ + cos(x)y = 0 hat die allgemeine Losung yh(x) =Ce− sin(x) . Eine partikulare Losung bestimmt man uber den Variation-der-Konstanten-Ansatz yp(x) = C(x)e− sin(x) . Einsetzen dieses Ansatzes in die inhomogene DGL liefertC ′(x) = cos3(x)esin(x) . Daraus ergibt sich mittels partieller Integration

C(x) =

∫cos3(x)esin(x) = cos2(x)esin(x) + 2

∫sin(x) cos(x)esin(x) =

cos2(x)esin(x) + 2

(sin(x)esin(x) −

∫cos(x)esin(x)

)=

(cos2(x) + 2 sin(x)− 2

)esin(x) .

Also ist yp(x) = cos2(x)+2 sin(x)−2 eine partikulare Losung, und y(x) = Ce− sin(x) +cos2(x) + 2 sin(x)− 2 die allgemeine Losung.

2

Page 12: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 3.3:

(a) Lose die Bernoulli-DGL xy′ + y − y5 = 0 .

(b) Lose die Riccati-DGL y′ − y2 − 2xy = 2 mit spezieller Losung yp(x) = −1/x .

Losung zu Zusatzaufgabe 3.3:

(a) Die Bernoulli-DGL y′ + y/x − y5/x = 0 lost man durch die Substitution z := y−4 .Diese liefert die lineare DGL z′ − 4z/x + 4/x = 0 , deren homogene Losung zh(x) =e4 ln(x) = Cx4 lautet. Eine partikulare Losung ist zp(x) = 1 , also ist z(x) = Cx4+1 dieallgemeine Losung und somit y = 1

4√Cx4+1die allgemeine Losung der Bernoulli-DGL.

(b) In der Riccati-DGL y′ − y2 − 2xy = 2 mit spezieller Losung yp(x) = −1/x liefertdie Substitution z := y − yp die Bernoulli-DGL z′ + (−2x + 2/x)z − z2 = 0 . DieSubstitution u := 1/z liefert dann die lineare DGL u′ − (−2x + 2/x)u + 1 = 0 .Die homogene DGL wird durch uh(x) = Cx2e−x2

gelost, und eine partikulare Losungup(x) = C(x)x2e−x2

bestimmt man durch Variation der Konstanten:

C(x) = −∫

ex2

/x2 = ex2

/x−∫

2ex2

,

wobei man das letzte Integral nicht elementar berechnen kann und die Stammfunktioneinfach mit E(x) bezeichnet.

Die Losung ist dann u(x) = Cx2e−x2+ x− 2x2e−x2

E(x) , und die Losung der Riccati-DGL ist y(x) = 1

x+(C−2E(x))x2e−x2 − 1x

.

3

Page 13: Analysis+3+Komplett

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 3

Abgabetermin: 7.11.2006 (Lehrer) bzw. 8.11.2006 (Physiker)

Aufgabe 1 Lose die folgenden linearen Differentialgleichungen erster Ordnung

a) y′ + y = 1

b) y′ + 2xy = 2ex(1−x)

c) y′ + sin(x)y = sin(x) cos(x)

Konvergiert die Losung fur x→ +∞ ? Und wenn ja, wogegen ?

Aufgabe 2 Lose die folgenden Bernoulli-Differentialgleichungen

a) y′ + y − xy2 = 0

b) y′ − x4y − x4y4 = 0

Aufgabe 3 Lose die folgenden Riccati-Differentialgleichungen

a) y′ − y − exy2 = −3e−x mit der speziellen Losung e−x

b) y′ + (1− 2x2)y + xy2 = x− x3 + 1 mit der speziellen Losung y(x) = x

Aufgabe 4 Fur den freien Fall eines Korpers aus großer Hohe uber der Erde kann mandie Differentialgleichung y′′ = −GM/y2 aus dem Newtonschen Gravitationsgesetz her-leiten. Dabei bezeichnet M = 5, 97 1027g die Erdmasse und G = 6, 685 10−8cm3/gs2 dieGravitationskonstante.

a) Fuhre diese DGL 2.Ordnung in die DGL 1.Ordnung (y′)2 = 2GM/y + E mit derkonstanten Gesamtenergie E uber.

b) Zeige: Ist die Gesamtenergie E positiv, so gilt nirgendwo y′(x) = 0, der Korper kehrtalso nicht zur Erde zuruck, sondern entflieht dem Gravitationsfeld der Erde. Ist Edagegen negativ, so bleibt y(x) beschrankt, der Korper fallt zur Erde zuruck.

c) Lose die DGL fur den Grenzfall E = 0 und bestimme den Fluchtgeschwindigkeitgenannten Wert y′(0) dieser Losungen am Erdradius y(0) = 6, 37 108cm. Raketenmussen mit mindestens dieser Geschwindigkeit gestartet werden, um dem Gravitati-onsfeld der Erde zu entfliehen.

Page 14: Analysis+3+Komplett

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Ubung zur Analysis III fur Physiker und LehramtGymnasium

Blatt 3

Losung zu Aufgabe 3.1:

(a) Die homogene lineare DGL y′ = −y hat die Losung yh(x) = Ce−x . Eine partikulareLosung der inhomogenen DGL ermittelt man mittels eines polynomialen Ansatzes,woraus sich yp(x) = 1 ergibt, oder Variation der Konstanten: Aus yp(x) = C(x)e−x

ergibt sich C ′(x)e−x = 1 , d.h. C(x) = ex und somit die partikulare Losung yp(x) = 1 .Gesamtlosung ist also y(x) = yh(x)+yp(x) = Ce−x +1 , und fur x → +∞ konvergiertsomit y(x) gegen 1 .

(b) Die homogene lineare DGL y′ = −2xy hat die Losung yh(x) = Ce−x2. Eine partikulare

Losung der inhomogenen DGL ermittelt man mittels Variation der Konstanten: Ausyp(x) = C(x)e−x2

ergibt sich C ′(x)e−x2= 2ex(1−x) , d.h. C(x) = 2ex und somit die

partikulare Losung yp(x) = 2ex(1−x) . Gesamtlosung ist also y(x) = yh(x) + yp(x) =Ce−x2

+ 2ex(1−x) , und fur x → +∞ konvergiert somit y(x) gegen 0 .

(c) Die homogene lineare DGL y′ = − sin(x)y hat die Losung yh(x) = Cecos(x) . Einepartikulare Losung der inhomogenen DGL ermittelt man mittels Variation der Kon-stanten: Aus yp(x) = C(x)ecos(x) ergibt sich C ′(x)ecos(x) = sin(x) cos(x) , d.h.

C(x) =

∫cos(x) sin(x)e− cos(x) =

cos(x)e− cos(x) −∫

(− sin(x))e− cos(x) = cos(x)e− cos(x) + e− cos(x)

und somit die partikulare Losung yp(x) = cos(x) + 1 . Gesamtlosung ist also y(x) =yh(x) + yp(x) = Cecos(x) + cos(x) + 1 , und fur x → +∞ bleibt y zwar beschrankt, istaber periodisch und konvergiert daher nicht.

Losung zu Aufgabe 3.2:

(a) In der Bernoulli-DGL y′ + y − xy2 = 0 substituiert man z := y1−2 = 1/y und erhaltdie lineare DGL z′ = −y′/y2 = 1/y − x = z − x mit Losung z(x) = Cex + x + 1 .Rucksubstitution liefert y(x) = 1/(Cex + x + 1) .

(b) In der Bernoulli-DGL y′ − x4y − x4y4 = 0 substituiert man z := y1−4 = 1/y3 underhalt die lineare DGL z′ = −3y′/y4 = −3x4/y3 − 3x4 = −3x4z − 3x4 mit Losung

z(x) = Ce−35x5

+ 1 . Rucksubstitution liefert y(x) = 1/(Ce−35x5

+ 1)1/3 .

Page 15: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 3 2

Losung zu Aufgabe 3.3:

(a) Fur die Riccati-DGL y′− y− exy2 = −3e−x mit der speziellen Losung e−x erfullt dieDifferenz u(x) := y(x)− e−x die DGL

u′ = y′ − (e−x)′ = (y + exy2 − 3e−x)− (e−x + exe−2x − 3e−x) = u + ex(y2 − e−2x)

und daher wegen y2−e−2x = (y−e−x)(y+e−x) die DGL u′−u−exu(u+2e−x) = 0 , d.h.die Bernoulli-DGL u′−3u−exu2 = 0 . Die Substitution z := 1/u liefert die lineare DGLz′ = −3z−ex mit Losung Ce−3x− 1

4ex , also insgesamt y(x) = e−x +1/(Ce−3x− 1

4ex) .

(b) Fur die Riccati-DGL y′ + (1 − 2x2)y + xy2 = x − x3 + 1 mit der speziellen Losungy(x) = x erfullt die Differenz u(x) := y(x)− x die Bernoulli-DGL

u′ + ((1− 2x2) + 2x · x)u + xu2 = u′ + u + xu2 = 0 .

Mit der Substitution z = 1/u ergibt sich die lineare DGL z′ = z + x mit LosungCex − x + 1 , also insgesamt y(x) = x + 1/(Cex − x + 1) .

Losung zu Aufgabe 3.4:

(a) Multiplikation von y′′ = −GM/y2 mit 2y′ liefert ((y′)2)′ = 2GM(1/y)′ , und Inte-gration ergibt die DGL 1.Ordnung (y′)2 = 2GM/y + E fur y . Dabei ergibt sich diekonstante Gesamtenergie E aus den Anfangswerten durch E = y′(0)2 − 2GM/y(0) .

(b) Ist E positiv, so muß auch (y′)2 − 2GM/y positiv sein, und da y positiv ist, mußsomit (y′)2 positiv sein, also kann nie y′ = 0 gelten.

Ist E negativ, so ist 2GM/y = (y′)2−E ≥ −E , also ist y durch die positive Konstante−2GM/E beschrankt.

(c) Fur E = 0 ergibt sich die DGL y′ =√

2GM/y . Mittels Trennung der Variablen

findet man als Losungen y(x) = 3√

9GM/2(x + C)2/3 . Fur die Fluchtgeschwindigkeit

gilt y′(0) =√

2GM/y(0) = 11, 2 km/s .

Page 16: Analysis+3+Komplett

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Blatt 4

Exakte-Differentialgleichung, Integrierender Faktor, Iterationsver-fahren von Picard-Lindelof

• Die Differentialgleichung g(x, y) dx + h(x, y) dy = 0, (x, y) ∈ B heißt exakt, falls esin B eine Funktion φ = φ(x, y) mit

∂φ(x, y)

∂x= g(x, y) und

∂φ(x, y)

∂y= h(x, y)

gibt. Notwendiges Kriterium (Integrabilitatsbedingung) fur das vorliegen einer exaktenDifferentialgleichung ist

∂g(x, y)

∂y=

∂h(x, y)

∂x.

Das Kriterium ist auch hinreichend, falls B einfach zusammenhangend.

• Ist die Differentialgleichung g(x, y) dx + h(x, y) dy = 0 nicht exakt, dann kann manversuchen durch Multiplikation mit einem (integrierenden) Faktor µ = µ(x, y) die-se in eine exakte Differentialgleichung µ(x, y)g(x, y) dx + µ(x, y)h(x, y) dy = 0 zuuberfuhren. Die Bestimmung von µ ist im allgemeine schwierig. Bessere Erfolgsaus-sichten hat man, wenn man weiß, dass µ = µ(x) nur von x bzw. µ = µ(y) nur vony abhangt. Dies ist z.B. der Fall, wenn gy−hx

heine Funktion von x bzw. wenn gy−hx

g

eine Funktion von y ist.

• Das Iterationsverfahren von Picard-Lindelof konstruiert Naherungslosungen yi(x) derAnfangswertaufgabe y′ = f(x, y) mit y(x0) = y0 durch setzen von y0(x) ≡ y0 und

yi+1(x) = y0 +

∫ x

x0

f(t, yi(t)) dt fur i = 0, 1, . . . .

Zusatzaufgabe 4.1: Man zeige, dass die folgende DGL exakt ist und gebe dann die Losungimplizit in der Form φ(x, y) = C an!

(2y2 + 6xy − x2) dx + (y2 + 4xy + 3x2) dy = 0.

Losung zu Zusatzaufgabe 4.1: Die Differentialgleichung g(x, y) dx + h(x, y) dy = 0erfullt die Integrabilitatsbedingung gy = hx , da gy = hx = 4y + 6x fur alle (x, y) ∈ R2

(einfach zusammenhangend) und ist daher exakt. Es gilt φx = g = 2y2 + 6xy − x2 , alsoφ = 2xy2+3x2y− x3

3+C(y) . Partielle Differentation nach y ergibt φy = 4xy+3x2+C ′(y) =

h = y2+4xy+3x2 , also C ′(y) = y2 und somit C(y) = 13y3 . Die implizite Losung der exakten

Differentialgleichung lautet

φ(x, y) = 2xy2 + 3x2y − x3

3+

1

3y3 = C.

Page 17: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 4.2: Die Differentialgleichungen

(a) xy3 dx + (1 + 2x2y2) dy = 0

(b) 2y dx + x dy = 0

sind nicht exakt. (Warum?) Gibt es einen integrierenden Faktor der speziellen Gestaltµ = µ(x) oder µ = µ(y) ? Wenn ja, bestimmen Sie einen solchen und losen Sie damitdie Differentialgleichungen. Die Darstellung der Losung in impliziter Form genugt.Losung zu Zusatzaufgabe 4.2:

(a) gy−hx

g= −1

yist eine Funktion von y , daher ist der Ansatz µ = µ(y) erfolgversprechend.

Fur den integrierender Faktor µ = µ(y) gilt ∂∂y

µ(xy3) = ∂∂x

µ(1 + 2x2y2) und damit

µ′(xy3) + µ3xy2 = µ(4xy2) . Trennung der Variablen liefert die Differentialgleichungµ′

µ= 4xy2−3xy2

xy3 = 1y. Eine Losung µ = y kann als integrierender Faktor benutzt werden,

um die exakte Differentialgleichung

xy4 dx + (y + 2x2y3) dy = 0

zu erhalten. Integrieren von φx = xy4 bzgl. x ergibt φ = 12x2y4+C(y) und die partielle

Ableitung von φ nach y dann φy = 2x2y3 + C ′(y) = y + 2x2y3 . Also ist C ′(y) = yund C(y) = 1

2y2 ∈ R . Damit haben die Losungskurven die Gestalt x2y4 + y2 = C .

(b) In dieser Aufgabe ist sowohl der Ansatz µ = µ(x) als auch µ = µ(y) moglich. Imersten Fall erhalt man µ = x als integrierenden Faktor, beim zweiten Ansatz µ = 1√

y.

Nutzt man fur die weitere Rechnung µ = x so lautet die exakte Differentialgleichung

2xy dx + x2 dy = 0.

Integrieren von φx = 2xy bzgl. x ergibt φ = x2y + C(y) und die partielle Ableitungvon φ nach y dann φy = x2 + C ′(y) = x2 . Also ist C ′(y) = 0 und C(y) = C ∈ R .Damit haben die Losungskurven die Gestalt x2y + C = D bzw. y = C

x2 ∀C ∈ R .

Bemerkung: Sind µ1 und µ2 zwei integrierende Faktoren einer Differentialgleichung( µ1 6= cµ2 ), so ist φ(x, y) = µ1(x, y) + cµ2(x, y) = 0 eine Losung der Differentialglei-chung.

Zusatzaufgabe 4.3: Berechnen Sie die drei ersten Picard-Lindelof’schen Iterationen fur dieAnfangswertaufgabe

y′ = x + y, y(0) = 0.

Vergleichen Sie sie mit der exakten Losung.Losung zu Zusatzaufgabe 4.3: Mit der gegebenen konkreten Differentialgleichung y′ =x + y, y(0) = 0 ergibt sich y0(x) ≡ 0 und yi+1(x) =

∫ x

0t + yi(t) dt . Also

y1(x) =

∫ x

0

t + y0(t) dt =

∫ x

0

t + 0 dt =1

2x2, (1)

y2(x) =

∫ x

0

t + (1

2t2) dt =

1

2x2 +

1

3!x3, (2)

y3(x) =

∫ x

0

t + (1

2t2 +

1

3!t3)2 dt =

1

2x2 +

1

3!x3 +

1

4!x4. (3)

2

Page 18: Analysis+3+Komplett

Mit vollstandiger Induktion zeigt man schnell, dass

yi+1(x) =i+2∑n=2

1

n!xn

ist. Damit konvergieren die yi(x) gegen∑∞

n=21n!

xn = −1−x+∑∞

n=01n!

xn = −1−x+ex . Diesist die exakte Losung die man z.B. auch durch Substitution u = x + y mit anschließenderTrennung der Variablen erhalt.

3

Page 19: Analysis+3+Komplett

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 4

Abgabetermin: 14.11.2006 (Lehrer) bzw. 15.11.2006 (Physiker)

Aufgabe 4.1 Man zeige, dass die folgenden Differentialgleichungen exakt sind und er-mittle die Losungen:

(a) (2x3 + 3y) dx + (3x + y − 1) dy = 0, y(0) = 2

(b) (y2exy2

+ 4x3) dx + (2xyexy2 − 3y2) dy = 0

Aufgabe 4.2 Durch Multiplikation mit einem integrierenden Faktor der Form µ = µ(x)lose man die Differentialgleichung

(x2 + y) dx − x dy = 0 .

Aufgabe 4.3 Man wende das Picard-Lindelof Iterationsverfahren an, um folgendes An-fangsproblem

y′ = x + y2, y(0) = 0

anzunahern. Es sei y0(x) ≡ 0.

(a) Berechne y1, y2 und y3.

(b) Zeichne das Richtungsfeld der Differentialgleichung zusammen mit den Funktioneny0, . . . , y3 in ein gemeinsames Koordinatensystem.

Aufgabe 4.4 Ein Parabolspiegel, dessen Oberflache durch den Graphen der Funktiony = f(x) beschrieben wird, besitzt folgende Eigenschaft: Jeder senkrecht von oben einfal-lende Strahl wird an der Oberflache so reflektiert, dass er durch den Koordinatenursprung

(0, 0) verlauft.x

y einfallender Strahl

(x, y)

r v

u

y = f(x)α

Fur die eingezeichneten Vektoren gilt: r =

(−x

−y

), u =

(1

y′

), v =

(−y′

1

).

(a) Zeigen Sie, dass aus dem Reflexionsgesetz

cos α =r · v|r||v|

=v · ey

|v||ey|(1)

folgt, wobei ey =(01

)der Einheitsvektor in y-Richtung ist.

(b) Stellen Sie mittels der Gleichung (1) eine Differentialgleichung der Gestalt

y′ = F (x, y)

auf.

(c) Welche Parabeln y = ax2 + b erfullen diese Differentialgleichung?

Page 20: Analysis+3+Komplett

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 4

Losung zu Aufgabe 4.1

(a) Die Differentialgleichung g(x, y) dx+h(x, y) dy = 0 erfullt die Integrabi-litatsbedingung gy = hx , da gy = hx = 3 fur alle (x, y) ∈ R2 (einfachzusammenhangend) und ist daher exakt. Es gilt φx = g = 2x3 + 3y ,also φ = 1

2x4 + 3xy + C(y) . Partielle Differentation nach y ergibt

φy = 3x + C ′(y) = h = 3x + y − 1 , also C ′(y) = y − 1 und somitC(y) = 1

2y2 − y . Setzt man die Anfangsbedingung y(0) = 2 in

φ =1

2x4 + 3xy +

1

2y2 − y = C

ein, dann ergibt sich C = 0 und die (implizite) Losung der exaktenDifferentialgleichung lautet

φ =1

2x4 + 3xy +

1

2y2 − y = 0.

(b) Auch diese Differentialgleichung erfullt die Integrabilitatsbedingung gy =hx = 2yexy2

+ 2y3exy2

fur alle (x, y) ∈ R2 und ist daher exakt. Es giltφx = g = y2exy2

+ 4x3 , also φ = exy2

+ x4 + C(y) . Partielle Diffe-rentation nach y ergibt φy = 2xyexy2

+ C ′(y) = h = 2xyexy2 − 3y2 ,also C ′(y) = −3y2 und somit C(y) = −y3 . Die (implizite) Losung derexakten Differentialgleichung lautet dann

φ = exy2

+ x4 − y3 = C.

Losung zu Aufgabe 4.2 Fur den integrierender Faktor µ = µ(x) gilt ∂∂yµ(x2+

y) = ∂∂xµ(−x) und damit µ = −xµ′ − µ . Trennung der Variablen liefert die

Differentialgleichung µ′

µ = − 2x . Eine Losung µ = 1

x2 kann als integrierenderFaktor benutzt werden, um die exakte Differentialgleichung

(1 +y

x2 ) dx − 1

xdy = 0

Page 21: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 3 2

zu erhalten. Integrieren von φx = 1+ yx2 bzgl. x ergibt φ = x− y

x +C(y) unddie partielle Ableitung von φ nach y dann φy = − 1

x + C ′(y) = − 1x . Also ist

C ′(y) = 0 und C(y) = C ∈ R . Damit haben die Losungskurven die Gestaltx − y

x + C = 0 bzw. y = x2 + Cx ∀C ∈ R .

Losung zu Aufgabe 4.3 Das Iterationsverfahren von Picard-Lindelof kon-struiert Naherungslosungen yi(x) der Anfangswertaufgabe y′ = f(x, y) mity(x0) = y0 durch setzen von y0(x) ≡ y0 und

yi+1(x) = y0 +

∫ x

x0

f(t, yi(t)) dt fur i = 0, 1, . . . .

Mit der gegebenen konkreten Differentialgleichung y′ = x + y2, y(0) = 0ergibt sich y0(x) ≡ 0 und yi+1(x) =

∫ x

0 t + yi(t)2 dt . Also

y1(x) =

∫ x

0t + y0(t)

2 dt =

∫ x

0t + 02 dt =

1

2x2, (1)

y2(x) =

∫ x

0t + (

1

2t2)2 dt =

1

2x2 +

1

20x5, (2)

y3(x) =

∫ x

0t + (

1

2t2 +

1

20t5)2 dt =

1

2x2 +

1

20x5 +

1

160x8 +

1

4400x11. (3)

Hinweis: Obige Zeichnung erhalt man mit dem Computeralgebrasystem Mapleund folgenden Kommandos:

> with(DEtools):with(plots):

> r:=dfieldplot(diff(y(x),x)=x+y(x)^2, y(x), x=-3..3,y=-3..3, color= black):

> p1:=plot(1/2*x^2,x=-3..3,y=-3..3, color= red):

> p2:=plot(1/2*x^2+1/20*x^5,x=-3..3,y=-3..3, color= blue):

> p3:=plot(1/2*x^2+1/20*x^5+1/160*x^8+1/4400*x^11,x=-3..3,y=-3..3, color= black):

> display(r,p1,p2,p3);

Page 22: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 3 3

Losung zu Aufgabe 4.4

(a) Das Skalarprodukt der Vektoren v und ey (Richtung des einfallendenStrahls) ergibt v · ey = |v||ey| · cos α . Nach dem Reflexionsgesetz ist derWinkel zwischen r und v ebenfalls α , da v senkrecht auf u steht. Alsogilt auch hier r · v = |r||v| · cos α und damit die gewunschte Gleichung.

(b) Ausrechnen der Skalarprodukte in der gerade hergeleiteten Gleichungliefert

r · v|r||v|

=xy′ − y√x2 + y2|v|

=v · ey

|v||ey|=

1

|v|was aquivalent ist zu

y′ =

√x2 + y2 + y

x.

(c) Aus dem Ansatz y = ax2 + b folgt y′ = 2ax . Einsetzen in die Differen-tialgleichung aus (b) fuhrt zu folgender Rechnung:

y′ =

√x2 + y2 + y

x

2ax =

√x2 + (ax2 + b)2 + ax2 + b

x

ax2 − b =√

x2 + (ax2 + b)2

(ax2 − b)2 = x2 + (ax2 + b)2

−2ab = 1 + 2ab

b = − 1

4a

Damit sind die Losungen der Differentialgleichung Parabeln der Bauarty = f(x) = ax2 − 1

4a mit a > 0 , da die Strahlen von oben einfallen.

Page 23: Analysis+3+Komplett

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Blatt 5

Integrierender Faktor, Satz von Picard-Lindelof, Satz von Peano

• Statt integrierende Faktoren µ einer DGL g(x, y) dx + h(x, y) dy = 0 zu suchen, dienur von x bzw. y abhangen, kann man naturlich auch allgemeiner Faktoren suchen,die die Form µ(t(x, y)) mit einem µ : R → R und einer Funktion t : R2 → R haben.Dann lautet die Exaktheitsbedingung

∂yµg =

∂xµh ,

und mit dem Ansatz fur µ findet man

µ′∂t

∂yg + µ

∂g

∂y= µ′

∂t

∂xh + µ

∂h

∂y.

Die daraus entstehende Gleichung µ′ = . . . kann man nur dann losen, wenn sie einegewohnliche DGL fur µ(t) ist, d.h. die rechte Seite darf nur von µ und t abhangen(aber nicht von Termen in x, y , die nicht die Form t(x, y) haben).

• Speziell zur Beantwortung der Frage danach, wie lange eine Losung zu einem Anfangs-wert eindeutig bleibt, ist die folgende Formulierung des Satzes von Picard-Lindelofnutzlich:

Satz: Hat eine Funktion f(x, y) : [0, a] × [y0 − b, y0 + b] → R in der Variablen y dieLipschitzkonstante L , dann existiert eine eindeutige Losung y : [0, min(a, b/L)] → Rder DGL y′ = f(x, y) zum Anfangswert y(0) = y0 .

Hat man daher eine Losung y(x) des Anfangswertproblems ermittelt, so ist sie zu-mindest bis zum Wert x = min(a, b/L) eindeutig, erst danach kann sich eine weitereLosung abspalten.

• Der Satz von Peano garantiert die lokale Existenz von Losungen der DGL y′ = f(x, y)zu einem Anfangswert y(0) = y0 schon bei nur stetigem f . Ist f lokal nahe (0, y0)aber nicht Lipschitz-stetig, so muß diese Losung nicht eindeutig sein.

Den Satz von Peano kann man mit Hilfe des Satzes von Arzela-Ascoli beweisen, unddort taucht der Begriff der gleichgradigen Stetigkeit auf:

• Eine Menge von stetigen Funktionen heißt gleichgradig stetig, wenn zu jedem ε > 0ein δ > 0 existiert, fur das |x− x| ≤ δ die Ungleichung |f(x)− f(x)| ≤ ε fur alle faus der vorgegebenen Menge von Funktionen erfullt.

Der Unterschied zur Stetigkeit jeder einzelnen Funktion f ist also, daß man δ un-abhangig von den Funktionen f aus der gegebenen Menge von Funktionen wahlenmuß.

Page 24: Analysis+3+Komplett

• Eine Menge von stetigen Funktionen heißt gleichmaßig beschrankt, wenn es ein Mgibt mit |f | ≤ M fur alle f aus der vorgegebenen Menge von Funktionen.

• Satz von Arzela-Ascoli: Gleichgradig stetige und gleichmaßig beschrankte Teilmengendes Raumes der stetigen Funktionen sind kompakt, d.h. Folgen in einer solchen Teil-menge besitzen gleichmaßig konvergente Teilfolgen.

Zusatzaufgabe 5.1:

(a) Adiabatische Zustandsanderungen eines idealen Gases, also Anderungen des VolumensV von einem Mol Gas in Abhangigkeit von der Temperatur T und der konstantenMolwarme H des Gases ohne Warmeaustausch mit der Umgebung, werden durch

H dT +RT

VdV = 0

mit der Gaskonstanten R beschrieben. Bestimme einen von T abhangigen integrie-renden Faktor und lose die DGL.

(b) Die DGL (2y − 3xy2) dx − x dy = 0 hat einen integrierenden Faktor der Form µ =µ(xayb) . Bestimme diesen und lose die DGL.

Losung zu Zusatzaufgabe 5.1:

(a) Nach Multiplikation mit µ = µ(T ) lautet die Exaktheitsbedingung

0 = µ′RT

V+ µ

R

V.

Da µ′ = −µ/T die Losungen µ = C/T hat, kann man also µ(T ) = 1/T als integrie-renden Faktor wahlen.

Gesucht ist daher eine Funktion Φ mit ∂Φ∂T

= H/T , was Φ = H ln(T ) + C(V ) impli-ziert, sowie ∂Φ

∂V= R/V , was C ′(V ) = R/V und daher C(V ) = R ln(V ) impliziert.

Somit ist die Losung V (T ) implizit durch H ln(T )+R ln(V ) = C gegeben, explizit alsodurch V (T ) = C/TH/R . Mit anderen Worten: Das Volumen ist umgekehrt proportionalzur Temperatur T hoch einer Konstante (und dies ist also gerade entgegengesetzt zumublichen Fall, bei dem sich mit steigender Temperatur das Volumen ausdehnt).

(b) Multipliziert man (2y−3xy2) dx−x dy mit µ(xayb) , so lautet die Exaktheitsbedingung

µ′xabyb−1(2y − 3xy2) + µ(2− 6xy) = −µ′axa−1ybx− µ ,

also hat man µ′xayb(2b− 3bxy + a) = −µ(3− 6xy) . Bei b = 2 , a = −1 , lautet dieseDGL daher µ′xayb = −µ und somit ist mit t = xayb die DGL µ′ = −µ/t fur µ(t)zu losen. Eine Losung lautet µ(t) = 1/t , also ist µ(y2/x) = x/y2 ein integrierenderFaktor.

Gesucht ist daher ein Φ mit ∂Φ∂x

= 2x/y− 3x2 , was Φ = x2/y− x3 + C(y) impliziert,sowie ∂Φ

∂y= −x2/y2 , was C ′(y) = 0 impliziert. Die Losung ist also implizit durch

x2/y − x3 = C gegeben, d.h. explizit durch y(x) = x2/(C + x3) .

2

Page 25: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 5.2:Sei f : I → R eine Funktion auf einem beliebigen Intervall I . Beweise oder widerlege diefolgenden Aussagen:

(a) Ist f Lipschitz-stetig, so ist f auch (gleichmaßig) stetig.

(b) Ist f stetig, so ist f auch Lipschitz-stetig.

(c) Ist f stetig differenzierbar und f ′ beschrnkt, so ist f auch Lipschitz-stetig mitLipschitz-Konstante supy∈I |f ′(y)| .

Losung zu Zusatzaufgabe 5.2:

(a) Ja, denn es gilt: f Lipschitz-stetig ⇒ f gleichmaßig stetig ⇒ f stetig . Denn

• f(y) ist Lipschitz-stetig, wenn es ein L gibt mit |f(y)− f(y)| ≤ L|y − y| .• f(y) ist gleichmaßig stetig, wenn es zu jedem ε > 0 ein δ > 0 gibt mit |y− y| ≤

δ ⇒ |f(y)− f(y)| ≤ ε . Fur Lipschitz-stetiges f wahle einfach δ := ε/L .

• f(y) ist stetig, wenn es zu jedem y und jedem ε > 0 ein δ > 0 gibt mit|y− y| ≤ δ ⇒ |f(y)− f(y)| ≤ ε . Wahrend also bei gleichmaßig stetigem f das δnicht von y abhangen darf, darf es dies bei nur stetigem f .

(b) Nein, z.B. ist f(y) = y2 auf ganz R stetig, aber nicht Lipschitz-stetig, denn wegen|y2 − y2| = |y + y| · |y− y| kann keine Abschatzung der Form |f(y)− f(y)| ≤ L|y− y|gelten, denn |y + y| wird beliebig groß fur beliebig große y, y ∈ R .

Allerdings ist f Lipschitz-stetig auf jedem kompakten Intervall I , denn dort existiertsupy,y∈I |y + y| .

(c) Ja, denn nach dem Schrankensatz (der aus dem Mittelwertsatz folgt) gilt |f(y) −f(y)| ≤ |f ′(ξ)||y − y| mit einem von y und y abhangigem ξ ∈ I . Ist nun f ′ auf Idurch L beschrankt, so gilt daher |f(y)− f(y)| ≤ L|y − y| , die Funktion f hat alsoals Lipschitz-Konstante die kleinste obere Schranke von f ′ auf I .

Zusatzaufgabe 5.3:

(a) Bestimme alle Losungen von y′ = 3√

y2 .

(b) Fur welche Anfangswerte y(0) = y0 ist die Losung lokal eindeutig?

(c) Wann wird die Losung zum Anfangswert y(0) = y30 6= 0 fruhestens uneindeutig ?

(d) Gib alle Losungen auf [0,∞) mit y(0) = −1 an.

Losung zu Zusatzaufgabe 5.3:

(a) Mittels Trennung der Variablen erahlt man∫

y−2/3 dy =∫

1 dx und daher 3 3√

y =x + C , d.h. y(x) = (x/3 + C)3 . Da wir bei der Berechnung nicht auf Vorzeichen undNullstellen geachtet haben, machen wir die Probe, um zu uberprufen, ob dies wirklichLosungen sind: y′(x) = (x/3 + C)2 = 3

√y2 ist korrekt.

(b) Die lokale Lipschitzkonstante von f(y) = 3√

y2 bei y ist |f ′(y)| = 23 3√

yund somit nur

bei y = 0 unendlich, also sind Losungen des Anfangswertproblems fur jedes y0 6= 0lokal eindeutig.

3

Page 26: Analysis+3+Komplett

(c) Nach (a) und (b) ist y(x) = (x/3 + y0)3 zumindest lokal bei x = 0 die eindeutige

Losung zum Anfangswert y30 . Da f auf jedem Intervall, daß nicht die Null enthalt,

Lipschitz-stetig ist, muß man also das x bestimmen, bei dem das erstemal y(x) = 0gilt. Dieses x ist hier gerade −3y0 .

Fur positive y0 ist die Losung also auf ganz [0,∞) eindeutig, wahrend sie fur nega-tive y0 zumindest auf [0,−3y0] eindeutig ist. Teil (d) zeigt, daß danach wirklich dieEindeutigkeit verloren geht.

(d) Da offensichtlich auch y = 0 eine Losung ist, hat man zum Anfangswert y(0) = −1nicht nur die Losungen (x/3− 1)3 , sondern auch alle zusammengesetzten Funktionen

y(x) =

(x/3− 1)3 fur 0 ≤ x ≤ 30 fur 3 ≤ x ≤ b(x/3− b/3)3 fur b ≤ x

Man bemerke, daß diese Funktiones auch in den Nahtstellen x = 3 und x = b dif-ferenzierbar mit Ableitung 0 sind, es sind also tatsachlich Losungen der DGL, undaufgrund der Eindeutigkeit außerhalb von 0 auch alle Losungen zum Anfangswert−1 .

Zusatzaufgabe 5.4:

(a) Ist die Menge der Funktionen {sin(x/c) | 1/L ≤ c ≤ 1} , 1 < L < ∞ , auf einemkompakten Intervall gleichgradig stetig ?

(b) Existiert zu einer beliebigen Folge von Funktionen der Menge eine gleichmaßig konver-gente Teilfolge ?

(c) Gib zu sin(x/cn) explizit solch eine Teilfolge an.

(d) Was passiert, wenn man 0 < c ≤ 1 zulaßt ?

Losung zu Zusatzaufgabe 5.4:

(a) Man hat zu uberprufen, ob es zu jedem ε > 0 ein von c unabhangiges δ > 0 gibt mit|x− y| ≤ δ ⇒ | sin(x/c)− sin(y/c)| ≤ ε .

Wegen (sin(x/c))′ = cos(x/c)/c und | cos | ≤ 1 ist 1/c eine Lipschitzkonstante vonsin(x/c) . Somit besitzen die Funktionen sin(x/c) wegen 1/L ≤ c eine gemeinsameLipschitzkonstante L .

Insbesondere kann man zu ε > 0 also δ := ε/L wahlen, dann gilt die obige Implikationund gleichgradige Stetigkeit ist bewiesen.

(b) Nach dem Satz von Arzela-Ascoli sind gleichgradig stetige und gleichmaßig beschrankteTeilmengen des Raumes der stetigen Funktionen kompakt. Nach (a) ist unsere Mengegleichgradig stetig, und wegen | sin | ≤ 1 naturlich auch gleichmaßig beschrankt, alsoist sie nach dem Satz von Arzela-Ascoli kompakt. Man kann also zu jeder Folge darineine gleichmaßig konvergente Teilfolge finden.

(c) Um nun wirklich zu einer beliebigen Folge sin(x/cn) eine konvergente Teilfolge anzu-geben, wahle man zunachst eine konvergente Teilfolge von cn ∈ [1/L, 1] aus (dies geht,da [1/L, 1] kompakt ist).

4

Page 27: Analysis+3+Komplett

Ist c der Grenzwert dieser Teilfolge ck , dann ist sin(x/c) der gleichmaßige Grenzwertder Folge sin(x/ck) , denn wegen der Stetigkeit von sin gilt sin(x/ck) → sin(x/c)punktweise, und wegen

| sin(x/ck)− sin(x/c)| ≤ L|1/ck − 1/c||x| ≤ L|ck − c|

cck

K

mit der Schranke K des kompakten Intervalls gilt auch die gleichmaßige Konvergenz.

(d) Laßt man beliebig kleine c zu, dann verliert man die gleichgradige Stetigkeit, da 1/cnicht mehr beschrankt bleibt. Tatsachlich besitzt fur cn → 0 die Folge sin(x/cn) keinekonvergente Teilfolge, denn sin(x/cn) konvergiert noch nicht mal punktweise (außerfur x = 0 ).

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Page 28: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 5

Abgabetermin: 21.11.2006 (Lehrer) bzw. 22.11.2006 (Physiker)

Aufgabe 5.1 Lose die Differentialgleichung

(2x2y + y3) + (x3 + 2xy2)y′ = 0

mittels eines integrierenden Faktors µ = µ(xy), der nur vom Produkt xy abhangt.

Aufgabe 5.2 Sei f : I → R eine Funktion auf einem beliebigen Intervall I. Beweise oderwiderlege die folgenden Aussagen:

a) Ist I kompakt und f gleichmaßig stetig, so ist f auch Lipschitz-stetig.

b) Ist f stetig differenzierbar, so ist f auch Lipschitz-stetig.

c) Ist I kompakt und f stetig differenzierbar, so ist f auch Lipschitz-stetig.

Aufgabe 5.3 a) Bestimme eine Losung der Differentialgleichung y′ +y+ 3√

y2 = 0 zumAnfangswert y(0) = 1.

b) Zeige, dass die Losung auf dem Intervall 0 ≤ t ≤ 3 ln(2) eindeutig ist (Satz vonPicard-Lindelof).

c) Zeige durch Angabe einer zweiten Losung, dass die Losung der obigen Anfangswert-aufgabe auf jedem Intervall 0 ≤ t ≤ b mit b > 3 ln(2) nicht mehr eindeutig ist.

Aufgabe 5.4 a) Ist die Menge der Funktionen xn, n ∈ N, gleichgradig stetig auf demIntervall [0, b], b < 1 ?

b) Gilt dasselbe auch fur das Intervall [0, 1] ?

Page 29: Analysis+3+Komplett

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 5

Losung zu Aufgabe 5.1:

Nach Multiplikation mit µ = µ(xy) lautet die Exaktheitsbedingung

∂yµ(2x2y + y3) =

∂xµ(x3 + 2xy2)

und somit

µ′x(2x2y + y3) + µ(2x2 + 3y2) = µ′y(x3 + 2xy2) + µ(3x2 + 2y2)

oder auch µ′(x3y − xy3) = µ(x2 − y2) , d.h. µ′ = µ/xy , d.h. µ′(z) = µ/z mit Losungµ(z) = Cz , z.B. µ(xy) = xyDaher sucht man ein Φ mit ∂Φ

∂x= xy(2x2y + y3) = 2x3y2 + xy4 und ∂Φ

∂y= xy(x3 + 2xy2) =

x4y + 2x2y3 . Integration der ersten Gleichung liefert Φ = (x4y2 + x2y4)/2 + C(y) , und diesin die zweite Gleichung eingesetzt ergibt x4y + 2x2y3 + C ′(y) = x4y + 2x2y3 , d.h. C(y) istkonstant. Somit sind die Losungen der DGL implizit durch die Gleichung x4y2 + x2y4 = C2

gegeben, d.h. (x2y, xy2) muß auf einem Kreis vom Radius C liegen.

Losung zu Aufgabe 5.2:

(a) nein, z.B. ist√|x| auf I = [−1, 1] als stetige Funktion auf einem Kompaktum

gleichmaßig stetig, aber wegen der Unbeschranktheit der Ableitung nahe Null nichtLipschitz-stetig.

(b) nein, auf nichtkompaktem I nicht, z.B. hat f(x) = x2 die lokale Lipschitzkonstante|f ′(x)| = 2|x| , aber das Supremum uber I = R existiert nicht.

(c) ja, da |f ′| als stetige Funktion auf dem Kompaktum I ihr Maximum annimmt undsomit L := maxx∈I |f ′(x)| die Lipschitzkonstante ist.

Losung zu Aufgabe 5.3:

(a) Die Gleichung ist eine Bernoulli-Gleichung, die Substitution z := y1/3 liefert z′ =y′

3y2/3 = − z+13

. Die Losung lautet z(x) = Ce−x/3 − 1 , und Rucksubstitution liefert

y(x) = (Ce−x/3 − 1)3 . Eine Losung zum Anfangswert y(0) = 1 ist also y1(x) =(2e−x/3 − 1)3 .

Da wir bei der Substitution einfach die dritte Wurzel gezogen haben, ohne darauf zuachten, daß y nichtnegativ ist, machen wir besser noch eine Probe:

y′ + y + 3√

y2 = −(Ce−x/3 − 1)2Ce−x/3 + (Ce−x/3 − 1)3 + (Ce−x/3 − 1)2 =

−(Ce−x/3 − 1)2(Ce−x/3 − 1) + (Ce−x/3 − 1)3 = 0 ,

also losen die obigen Funktionen wirklich die Differentialgleichung.

Page 30: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 5 2

(b) Die Funktion f(y) = −y − 3√

y2 hat die Ableitung f ′(y) = −1− 2y

3 3√

y4und somit auf

dem Intervall (ε,∞) , ε > 0 , die Lipschitzkonstante −1− 23 3√ε

. Daher ist die Losung

zum Anfangswert y(0) = 1 eindeutig, solange y1 > 0 ist, und dies ist bis zu t = 3 ln(2)der Fall.

(c) Eine offensichtliche Losung der Gleichung, die nicht in der obigen Losungsschar enthal-ten ist, ist die konstante Funktion y2 = 0 . somit hat man neben der Losung y1 nochdie zusammengesetzte Losung, die bis zu t = 3 ln(2) mit y1 ubereinstimmt und da-nach konstant 0 ist. Man bemerke, daß diese Losung auch stetig differenzierbar (abernicht analytisch) ist.

Losung zu Aufgabe 5.4:

(a) Gleichgradig stetig heißt, daß zu jedem ε ein δ existiert mit |xn − yn| ≤ ε fur alle|x− y| ≤ δ und alle n ∈ N .

Dies ist tatsachlich der Fall, denn |xn−yn| = |x−y| |xn−1 +xn−2y+ · · ·+yn−1| ≤ δ nbn

gilt, und somit laßt sich zu ε der Wert δ := εnbn wahlen. Dieser ist aber noch nicht

unabhangig von n , jedoch gibt es wegen b < 1 ein N , ab dem nbn < 1 fur alle n > Ngilt, und somit kann man δ als das Maximum von ε und allen ε

nbn , n = 1, . . . , N ,wahlen, was nun unabhangig von n ist.

(b) Im Intervall [0, 1] hat man keine gleichgradige Stetigkeit mehr, nicht nur, weil dasvorige Argument wegen b = 1 nicht mehr funktioniert, sondern weil die Folge xn auf[0, 1] nur gegen die unstetige Funktion f(x) = 0 fur x < 1 und f(1) = 1 punktweisekonvergiert, eine unstetige Funktion aber nicht der gleichmasige Grenzwert einer Folgestetiger Funktionen sein kann, obwohl sie dies nach dem Satz von Arzela-Ascoli seinmuste.

Page 31: Analysis+3+Komplett

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Blatt 6

Singulare Losungen, Hullkurven, Clairautsche Differentialgleichung

• Ist eine Losung y = y(x) der Differentialgleichung F (y′, y, x) = 0 nicht in der Kurven-schar der allgemeinen Losung Φ(x, y, c) = 0 enthalten, dann wird sie singulare Losunggenannt.

Singulare Losungen treten z.B. in Differentialgleichungen der Form y′ = f(x, y) auf,wenn man von f(x, y) einen Faktor abspalten kann, der identisch Null fur y = y(x)wird.

• Eine Kurve y = y(x) heißt Hullkurve der Kurvenschar Φ(x, y, c) = 0 , wenn sie jedeKurve der Kurvenschar beruhrt. Ist Φ(x, y, c) = 0 allgemeine Losung einer Differenti-algleichung F (y′, y, x) = 0 , so ist auch die Hullkurve y = y(x) Losung der Differen-tialgleichung. Die Hullkurve der Kurvenschar Φ(x, y, c) = 0 ermittelt man, indem inden Gleichungen

Φ(x, y, c) = 0 und∂

∂cΦ(x, y, c) = 0

der Parameter c eliminiert wird. Dies ergibt eine Beziehung s(x, y) = 0 . Die Hullkurveerfullt dann die Gleichung s(x, y) = 0 .

• Eine Clairautsche Differentialgleichung ist von der Form

y = xy′ + f(y′).

Die Losung erhalt man durch Substitution y = p = p(x) und differenzieren der erhal-tenen Gleichung y = xp + f(p) nach x mit dem Ergebnis: p′(x + f ′(p)) = 0 . Im Fallp′ = 0 erhalt man als Losung die Geradenschar y = cx + f(c) . Im Fall x + f ′(p) = 0liefert das eliminieren von x in der oben erhaltenen Gleichung y = xp + f(p) dieParmeterdarstellung

x = −f ′(p) und y = −f ′(p)p + f(p)

einer Kurve in der Ebene, die Hullkurve der zuvor bestimmten Geradenschar.

Page 32: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 6.1: Bestimmen Sie zu folgenden Differentialgleichungen die allgemeine undsingulare Losung. Welche der singularen Losungen sind Hullkurven? Warum?

(a)

y′ =2√

y

x

(b)

y′ = 3 3√

y2

Losung zu Zusatzaufgabe 6.1:

(a) Allgemeine Losung: y = (ln |x| + c)2 , singulare Losung y ≡ 0 ist Hullkurve, da jedeKurve die Gerade y ≡ 0 im Punkt (e−c, 0) beruhrt

(b) Allgemeine Losung: y = (x + c)3 , singulare Losung y ≡ 0 ist keine Hullkurve, da jedeKurve nur einen gemeinsamen Schnittpunkt mit der Geraden y ≡ 0 hat

Zusatzaufgabe 6.2: Berechne die Hullkurve der Kurvenschar

sin(c)x + cos(c)y = 1.

Losung zu Zusatzaufgabe 6.2:Zur Bestimmung der Hullkurve bildet man die partielle Ableitung vonΦ(x, y, c) = sin(c)x + cos(c)y − 1 = 0 nach c und erhalt ∂

∂cΦ(x, y, c) =

cos(c)x − sin(c)y = 0 . Zur Elimination von c kann man die zweite Glei-

chung nach y bzw. x auflosen und erhalt: y = cos(c)sin(c)

x bzw. x = sin(c)cos(c)

y .Setzt man diese Beziehung in die erste Gleichung ein, so ergibt sichx = sin(c) und y = cos(c) . Damit kann c in der ersten Gleichung elimi-niert werden und man erhalt die Beziehung s(x, y) = x2 +y2−1 = 0 . DerKreis mit dem Radius 1 ist tatsachlich Hullkurve von Φ(x, y, c) = 0 , dajeder Punkt auf dem Kreis auch von eine Geraden aus der Kurvenscharberuhrt wird.Zusatzaufgabe 6.3: Die Punkte der Parabel y = x2 seien die Mittelpunkte von Kreisenmit dem Radius r0 .

(a) Geben Sie die Gleichung der Kreisschar an (verwenden Sie den Parameter c als x -Koordinate der Kreismittelpunkte) und skizzieren Sie die Kreisschar fur r0 = 1

4und

die zugehorigen Hullkurven.

(b) Bestimmen Sie die Gleichung der Hullkurven. Sind dies auch Parabeln?

Losung zu Zusatzaufgabe 6.3:

(a) Die Kreise haben die Mittelpunkte (c, c2) und damit lautet die Gleichung der Kreis-

schar: (x− c)2 + (y − c2)2 = r20 .

2

Page 33: Analysis+3+Komplett

(b) Die partielle Ableitung von Φ(x, y, c) = (x − c)2 + (y − c2)2 − r20 = 0 nach c ergibt

∂∂c

Φ(x, y, c) = −2(x − c) − 4c(y − c2) = 0 . Umstellen nach x − c = −2c(y − c2) undEinsetzten in die definierende Gleichung der Kreisschar liefert: 4c2(y−c2)2+(y−c2)2−r20 = 0 . Wir losen die Gleichung nach y auf und erhalten y(c) = c2 ± ro√

1+4c2. Fur x

bedeutet das x(c) = c − 2c(c2 ± ro√1+4c2

− c2) = c ∓ 2cro√1+4c2

. Damit sind die beidenHullkurven in Parmeterform beschrieben. Es sind keine Parabeln.

Zusatzaufgabe 6.4: f(x, y) sei auf R×R stetig und besitze dort eine beschrankte stetigepartielle Ableitung fy . Zeigen Sie, dass die Differentialgleichung y′ = f(x, y) keine singulareLosung besitzt, welche Hullkurve ist!Losung zu Zusatzaufgabe 6.4: Aus der Stetigkeit von f(x, y) und der Beschrankt-heit von fy folgt, dass f(x, y) Lipschitz-stetig bzgl. y ist mit der Lipschitz-KonstantenL = supy∈R |f ′(y)| . Damit erfullt f(x, y) die Voraussetzungen des Satzes von Picard-Lindelofauf ganz R×R , dass heißt zu jedem Punkt (x0, y0) existiert genau eine Losung der Differen-tialgleichung y′ = f(x, y) , die durch diesen Punkt verlauft. Angenommen es existiert einesingulare Losung, die Hullkurve der allgemeinen Losung von y′ = f(x, y) ist, dann beruhrtjede Kurve aus der allgemeinen Losung die singulare Losung in einem Punkt (xc, yc) . Dassbedeutet, dass durch diesen Punkt mindestens zwei verschiedene Losungen verlaufen im Wi-derspruch zur Aussage des Satzes von Picard-Lindelof. Also ist die Annahme falsch und eskann keine singulare Losung geben, die gleichzeitig Hullkurve ist.Zusatzaufgabe 6.5: Formen Sie folgende Differentialgleichung

(x2 − 1)(y′)2 − 2xyy′ + y2 − 1 = 0

in eine Clairautsche Differentialgleichung um und bestimmen Sie die allgemeine Losung.Vergleichen Sie mit Zusatzaufgabe 6.2. Welche Folgerung kann man bzgl. der singularenLosung der Differentialgleichung ziehen?Losung zu Zusatzaufgabe 6.5: Schreibt man die Gleichung als (xy′−y)2 = 1+(y′)2 undlost nach y auf, so erhalt man die Clairautsche Differentialgleichung y = xy′ ±

√1 + (y′)2 .

Die allgemeine Losung dieser Differentialgleichung ist dann y = cx±√

1 + c2 . Schreibt manc = − tan(α) so erhalt man die Hessesche Normalform der Geraden sin(α)x + cos(α)y = 1und damit die Geradenschar, die unter Aufgabe 6.2 betrachtet wurde. Die Hullkurve dieserKurvenschar x2 +y2−1 = 0 ist damit singulare Losung der gegebenen Differentialgleichung.Probe: Ableitung der singularen Losung nach x liefert 2x + 2yy′ = 0 und damit y′ =−xy

. Einsetzen in die gegebenen Differentialgleichung und umformen unter Beachtung von

x2 + y2 = 1 bestatigt: (x2 − 1)(y′)2 − 2xyy′ + y2 − 1 = (x2 − 1)(−xy

)2 − 2xy(−xy

) + y2 − 1 =

−x2 + 2x2 − x2 = 0 .Zusatzaufgabe 6.6: Bestimmen Sie die allgemeine und singulare Losung der ClairautscheDifferentialgleichung

y = xy′ + ey′.

Losung zu Zusatzaufgabe 6.6: Die allgemeine Losung dieser Differentialgleichung ist danny = cx + ec .Die singulare Losung in Parameterform ist dann x = −ep (also x < 0 ) und y = −ep +ep . Eliminiert man den Parameter p , so ergibt sich die explizite singulare Losung y =x(ln(−x)− 1) .

3

Page 34: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 6

Abgabetermin: 28.11.2006 (Lehrer) bzw. 29.11.2006 (Physiker)

Aufgabe 6.1 Man bestimme die allgemeine Losung der Differentialgleichung

u′(t) =1

2t(u(t)− 1)2

und gebe die dazugehorige singulare Losung an!Handelt es sich dabei um eine Hullkurve? (Warum?/Warum nicht?)

Aufgabe 6.2 Es sei a eine beliebige positive reelle Konstante und

x2 + (y − c)2 − a2 = 0

eine 1-parametrige Kurvenschar.

a) Skizziere fur festes a die gegebene Kurvenschar!

b) Besitzt diese Kurvenschar fur festes a eine Hullkurve? Wenn ja, wie lautet diese?

Aufgabe 6.3 Man lose die Differentialgleichung

y = (x− 1)y′ + (y′)2.

Welches ist die singulare Losung? Ist sie eine Hullkurve?

Aufgabe 6.4 Haben Sie schon einmal ein Lichtmuster in ihrer Kaffeetasse gesehen ahn-lich dem in der untenstehenden Abbildung? Wenn ja, dann haben Sie sich vielleicht auchgefragt, wie dieses entsteht. Die Methoden zur Bestimmung der Hullkurve zu gegebe-ner Geradenschar sind die geeigneten mathematischen Werkzeuge, um dieses Katakaustikgenannte Phanomen zu beschreiben.

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Ein (vereinfachtes, da nur 2-dimensionales) mathemathisches Modell fur den Vorgang siehtwie folgt aus. Parallele Lichtstrahlen fallen auf einen kreisformigen Spiegel vom RadiusEins und werden dort reflektiert. Die reflektierten Lichtstrahlen (siehe Skizze) leuchtendabei einige Bereiche im Inneren des Spiegels besser und andere weniger gut aus, was zudem beobachteten Lichtmuster fuhrt.

x

y

einfallender Strahl

reflektierter Strahlα αα

x

y

a) Die reflektierten Strahlen genugen den Gleichungen

sin(2α)x + cos(2α)y − cos(α) = 0

wobei der Parameter α (mit 0 ≤ α ≤ π) der Polarwinkel des Reflexionspunktesgemessen im Uhrzeigersinn von der positiven y-Achse ist.

Zeigen Sie, dass die in der Skizze bezeichneten Winkel ebenfalls die Große von αhaben, und das die reflektierte Gerade gα den Normalenvektor (sin(2α), cos(2α))und den Abstand cos(α) vom Koordinatenursprung hat. (Dann ist klar, dass obigeGeradengleichung die Hessesche Normalform von gα ist.)

b) Bestimmen Sie die Parameterdarstellung der Hullkurve der in (a) angegebenen Ge-radenschar.

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 6

Losung zu Aufgabe 6.1: Durch Trennung der Variablen erhalt man du(u−1)2

= 12t

und

durch anschließende Integration und Auflosen nach u : u = −1

ln(√

|t|)+C+ 1 . Beim Trennen

der Variablen wird durch (u− 1)2 dividiert, was nur zulassig ist, wenn (u− 1)2 6≡ 0 . In derTat ist u ≡ 1 eine Losung wie eine Probe schnell zeigt und sogar singulare Losung, da nichtin der allgemeinen Losung enthalten. Aber u ≡ 1 ist keine Hullkurve, da fur beliebiges Cdie Kurve u = −1

ln(√

|t|)+C+ 1 nie die Gerade u ≡ 1 beruhrt.

Losung zu Aufgabe 6.2:

(a)x

y

(b) Zu Φ(x, y, c) = x2 +(y− c)2−a2 = 0 wird die partielle Ableitung nach c gebildet undgleich 0 gesetzt. Damit erhalten wir −2(y− c) = 0 bzw. y− c = 0 . Nach Einsetzen indie Ausgangsgleichung ergibt sich x2−a2 = 0 bzw. x = ±a . Die beiden so erhaltenenGeraden beruhren jede Kurve aus der Kreisschar in einem Punkt, sind also Hullkurven.

Losung zu Aufgabe 6.3: Nach kurzem Umformen erhalt man die Clairautsche Differenti-algleichung y = xy′+(y′)2−y′ . Diese hat nach dem Ansatz aus der Vorlesung die allgemeineLosung y = cx+f(c) = cx+ c2− c . Die singulare Losung in Parmeterform ist dann gegebendurch x(p) = −f ′(p) = −2p + 1 und y(p) = −f ′(p)p + f(p) = −2p2 + p + p2 − p = −p2 .Stellt man die Gleichung fur x nach p um, dann erhalt man p(x) = 1−x

2. Einsetzen in

die Gleichung fur y liefert y(x) = −1−2x+x2

4. Die Hullkurve ist also eine Parabel. In der

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Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 6 2

Vorlesung wurde allgemein bewiesen, dass die singulare Losung einer Clairautschen Diffe-rentialgleichung Hullkurve der allgemeinen Losung ist.

Losung zu Aufgabe 6.4:

Folgende Bezeichnungen (siehe Skizze) werden ein-gefuhrt. M ist der Kreismittelpunkt und gleichzeitigder Koordinatenursprung. A ist der Schnittpunkt ein-fallender Strahl mit der y -Achse, B der Reflexions-punkt, D der zweite Schnittpunkt des reflektiertenStrahls mit dem Kreisspiegel und C der Schnittpunktder (verlangerten) Mittelsenkrechte auf BD , die durchM geht, mit dem Kreisspiegel, E der Fußpunkt derMittelsenkrechte auf BD . Die Gerade, die durch denreflektierten Strahl definiert ist, wird mit gα bezeich-net.

gαM

A

B

C

DE

x

y

ααα

(a) Das Dreieck 4MAB ist rechtwinklig und hat daher den Winkel ∠ABM = π/2 −α . Nach dem Reflexionsgesetz ist der Winkel ∠ABM = ∠EBM = π/2 − α . Diesimpliziert, dass im (nach Konstruktion von ME rechtwinkligen) Dreieck 4MBE derWinkel ∠BME = α ist. Die Dreiecke 4MBE und 4MDE sind kongruent, also giltauch fur den Winkel ∠DME = α . Daraus folgt, dass fur die Koordinaten der PunkteB, C, D,E : B = (sin(α), cos(α)) , C = (sin(2α), cos(2α)) , D = (sin(3α), cos(3α))und E = (1

2(sin(α) + sin(3α)), 1

2(cos(α) + cos(3α))) .

Die Hessesche Normalform ax + bx− d = 0 einer Gerade g gibt an, dass (a, b)T einNormalenvektor der Lange 1 zu g ist und g den Abstand d zum Koordinatenur-sprung hat. Nach Konstruktion ist vec(MC) = (sin(2α), cos(2α))T ein Normalenvek-tor zu gα mit der Lange 1. Der Abstand von gα zum Koordinatenursprung ist gleich

d = |ME| =√

14((sin(α) + sin(3α))2 + (cos(α) + cos(3α))2) . Durch Anwenden eini-

ger Additionstheoreme erhalt man d =√

12(1 + (sin(α) sin(3α) + cos(α) cos(3α)) =√

12(1 + cos(3α− α) =

√cos(α)2 = cos(α) .

(b) Zur Bestimmung der Hullkurve der Geradenschar gα = Φ(x, y, α) = sin(2α)x +cos(2α)y − cos(α) = 0 wird ∂

∂αΦ(x, y, α) = 2 cos(2α)x − 2 sin(2α)y + sin(α) = 0

ermittelt. Aus den beiden Gleichung Φ(x, y, α) = 0 und ∂∂α

Φ(x, y, α) = 0 kann mandie Parameterdarstellung der Hullkurve ermitteln. Durch Multiplikation der Gleichun-gen mit entsprechenden Faktoren und anschließender Addition ergeben sich die Glei-chungen 2 sin(2α)Φ(x, y, α) + cos(2α) ∂

∂αΦ(x, y, α) = 0 bzw. −2 cos(2α)Φ(x, y, α) +

sin(2α) ∂∂α

Φ(x, y, α) = 0 . Diese Gleichungen sind auflosbar nach x bzw. y und manerhalt die Parameterform der Hullkurve

x(α) =−1

2(2 cos(α) sin(2α) + cos(2α) sin(α))

und

y(α) =1

2(2 cos(α) cos(2α) + sin(2α) sin(α)).

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Serie 7

• Jede explizite DGL n -ter Ordnung y(n) = f(x, y, y′, . . . , y(n−1)) kann man in dasSystem erster Ordnung

y′1 = y2

y′2 = y3

. . .

y′n−1 = yn

y′n = f(x, y1, y2, . . . , yn)

durch Definieren von yk := y(k−1) uberfuhren. (Eindeutige) Losbarkeit von Systemenerster Ordnung garantiert also auch (eindeutige) Losbarkeit von expliziten DGL n -terOrdnung.

Spezielle DGL 2 .Ordnung

• Die von y unabhangige explizite DGL y′′ = f(x, y′) zweiter Ordnung fuhrt mandurch die Substitution z := y′ auf die explizite DGL erster Ordnung z′ = f(x, z)zuruck. Hat man die Losung z dieser DGL, so ist y(x) =

∫z(x) dx + const Losung

der ursprunglichen DGL.

• Die von x unabhangige explizite DGL y′′ = f(y, y′) zweiter Ordnung lost man durchBetrachtung einer Umkehrfunktion x(y) von y(x) . Definiert man namlich mit dieser

p(y) := y′(x(y)) , so gilt p′(y) = y′′(x(y))p(y)

(beachte x′(y) = 1/p(y) nach der Regel zur

Differentiation der Umkehrfunktion).

Also erfullt p(y) die DGL erster Ordnung p′ = f(y,p)p

. Hat man eine Losung p dieser

DGL, so liefert x′(y) = 1/p(y) daraus x(y) =∫

1p(y)

dy , und die Losung y(x) ist die

Umkehrfunktion zu diesem x(y) .

• Den wichtigen Spezialfall y′′ = f(y) des vorigen Problems kann man durch Multi-plikation mit y′ losen, danach gilt namlich mit einer Stammfunktion F zu f dieGleichung (1

2(y′)2)′ = (F (y))′ . Also ist die Energie E(y, y′) = 1

2(y′)2 − F (y) konstant

entlang von Losungen. Entweder lost man dann weiter die explizite DGL erster Ord-nung y′ = ±

√2√

F (y) + C , oder man zeichnet einfach die Hohenlinien von E(y, y′) .Die Hohenlinien (y, y′) nennt man die Bahnen der Losungen im Phasenraum. Sieliefern haufig auch schon ein gutes Verstandnis der Losungen, denn man sieht, wiePosition y und Geschwindigkeit y′ voneinander abhangen.

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Lineare DGL n -ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten

• Die homogene lineare DGL n -ter Ordnung y(n) + an−1y(n−1) + · · · + a1y

′ + a0y = 0mit konstanten Koeffizienten lost man durch den Ansatz y(x) = eλx , der auf dascharakteristische Polynom λn + an−1λ

n−1 + · · · + a1λ + a0 fuhrt. Ist λ eine k -facheNullstelle dieses Polynoms, so sind eλx, xeλx, . . . , xk−1eλx gerade k linear unabhangigeLosungen. Jede Losung ist eine Linearkombination dieser n zu den Nullstellen descharakteristischen Polynoms gehorigen Fundamentallosungen.

Naturlich kann es vorkommen, daß λ komplex ist, dann liefert obiges Vorgehen kom-plexwertige Fundamentallosungen. Die zugehorigen reellwertigen Fundamentallosun-gen sind durch den Real- und Imaginarteil der komplexwertigen Fundamentallosun-gen gegeben, die zu komplex konjugierten Nullstellen λ, λ gehoren. Ist beispielsweiseλ = a ± ib einfache Nullstelle, dann sind <(eλx) und =(eλx) , also eax cos(bx) undeax sin(bx) , die zu λ, λ gehorigen reellwertigen Fundamentallosungen.

• Hat man eine Losung yp der inhomogenen linearen DGL n -ter Ordnung y(n) +an−1y

(n−1) + · · · + a1y′ + a0y = b(x) gefunden, so ist jede andere Losung die Sum-

me aus yp und einer Losung der zugehorigen homogenen DGL.

Partikulare Losungen yp ermittelt man haufig uber einen Ansatz: Ist die rechte Seiteein Polynom vom Grad k , so wahle man einen polynomialen Ansatz vom Grad k undbestimme dessen Koeffizienten durch Koeffizientenvergleich. Ist die rechte Seite vonder Form eax und a keine Nullstelle des charakteristischen Polynoms, dann liefertder Ansatz Aeax eine partikulare Losung. Ist die rechte Seite ein Polynom in sin, cosbzw. sinh, cosh , so kommt man mit einem Polynom in sin, cos bzw. sinh, cosh vomselben Grad als Ansatz fur die partikulare Losung zum Ziel (es sei denn sin, cos bzw.sinh, cosh gehoren selbst zum Fundamentalsystem).

Allgemeiner kann man partikulare Losungen mittels Variation der Konstanten finden,da dies jedoch besser im zugehorigen System erster Ordnung funktioniert, verschiebenwir diese Methode auf spater.

Zusatzaufgabe 7.1:

(a) Die DGL my′′ = mg−a|y′| beschreibt den durch Luftwiderstand gebremsten freien Fallim Gravitationsfeld der Erde. Lose die DGL fur y′(0) = 0 und ermittle die maxima-le Fallgeschwindigkeit limx→∞ y′(x) . In der Realitat gilt fur einen Fallschirmspringerungefahr m

a= 5, 6 s , wie groß ist seine maximale Fallgeschwindigkeit?

(b) Schreibe das System y′ = z , z′ = yz , erster Ordnung um in eine DGL zweiter Ordnungund lose diese.

(c) Bestimme die Bahnen (y, y′) von Losungen der DGL y′′ = 3y2 im Phasenraum undberechne eine Losung exakt.

Losung zu Zusatzaufgabe 7.1:

(a) Die DGL ist nach Division von m von der Form y′′ = f(y′) und daher liefert dieSubstitution z := y′ eine DGL erster Ordnung z′ = mg − a|z| . Integration liefertz(x) = Ce−ax + mg

asolange z ≥ 0 , insbesondere also fur C ≥ −mg

a, x ≥ 0 , was

unsere Anfangsbedingung z(0) = 0 erfullt, da sie C = −mga

impliziert.

Die Losung zur Anfangbedingung ist also y(x) = mga

∫1−e−ax dx = mg

a(x+ 1

ae−ax)+D ,

und die Grenzgeschwindigkeit ist mga

. Insbesondere gilt bei ma

= 6 s ungefahr mga

=55 m/s ≈ 198 km/h .

2

Page 40: Analysis+3+Komplett

(b) Die DGL 2 .Ordnung lautet y′′ = y′y , sie hat die Form y′′ = f(y, y′) . Daher betrachtetman eine Umkehrfunktion x(y) und damit p = y′(x(y)) , dann gilt p′ = f(y, p)/p = y .Die Losung ist daher p(y) = y2/2 + C , und es ergibt sich x(y) = 2

∫dy

y2+C. Dieses

Integral ist bei C = 0 gleich −2/y +D , bei C > 0 gleich 2√C

arctan(y/√

C)+D und

bei C < 0 gleich 1C

ln(

y−Cy+C

)+ D .

Die Umkehrfunktion ist daher durch y(x) = −2/(x −D) bei C = 0 gegeben, durch

y(x) =√

C tan(√

C2

(x−D)) bei C > 0 und durch y(x) = C 1+eC(x−D)

1−eC(x−D) bei C < 0 .

(c) Multiplikation mit y′ liefert ((y′)2/2)′ = y′y′′ = y2y′ = (y3/3)′ , also ist die EnergieE(y, y′) = (y′)2/2− y3/3 konstant. Die Bahnen (y, y′) von Losungen im Phasenraumsind die Hohenlinien der Energie.

Die DGL erster Ordnung ist durch y′ = ±√

2√

y3/3 + C gegeben. Fur C = 0 laßt sie

sich einfach exakt losen: Trennung der Variablen in y′ = ±√

2/3y3/2 liefert −2y−1/2 =

±√

2/3x + D und somit y(x) = 1

(D∓√

1/6x).

Zusatzaufgabe 7.2:

Leite die DGL y′′ = gρ(x)√

1 + y′ fur die Kettenlinie her.

Losung zu Zusatzaufgabe 7.2:

Machen wir ein Gedankenexperiment: Wir schneiden die hngende Kette am Ort (x, y(x)) abund entfernen den rechten Teil, dann mussen wir an diesem Punkt eine Kraft (Hx, Vx) mity′(x) = Vx/Hx wirken lassen, damit der brig gebliebene Teil der Kette seine Form behalt.Analog machen wir dasselbe noch einmal an einem Punkt x′ auf der linken Seite, dann istdie dort aufzuwendende Kraft −(Hx′ , Vx′) . Da sich der ubriggebliebene Teil der Kette inRuhe befindet, ist die Summe aller auf die Kette wirkenden Krafte gleich Null.

3

Page 41: Analysis+3+Komplett

Es gilt also Hx−Hx′ = 0 , d.h. H ist konstant, sowie Vx−Vx′ = g∫ x

x′ρ(x)

√1 + (y′)2 dx , denn

das Integral ist gerade die Gesamtmasse des ubrigen Teils der Kette (Beachte:∫ x

x′

√1 + (y′)2 dx

ist die Lange der Kette!), auf die die Gravitationskraft wirkt.Wegen Vx − Vx′ =

∫ x

x′V ′ dx und V = Hy′ laßt sich der zweite Ausdruck als

∫ x

x′Hy′′ dx =

g∫ x

x′ρ(x)

√1 + (y′)2 dx schreiben. Daher gilt

∫ x

x′Hy′′ − gρ(x)

√1 + (y′)2 dx = 0 fur alle

x′ < x und somit y′′ = gρ(x)√

1 + (y′)2 , wenn man H einfach der Massendichte zuschlagt.

Zusatzaufgabe 7.3:

(a) Leite die DGL my′′ = mg − k max(y, 0) fur die Masse am Gummiband her.

(b) Bestimme deren Ruhelage.

Losung zu Zusatzaufgabe 7.3:

(a) Auf die Masse wirkt einerseits die Gravitationskraft mg , und andererseits das Gum-miband mit Federkonstante k , d.h. die Ruckstellkraft −ky , aber nur solange dasGummiband ausgedehnt wird. Das Gummiband hange unbelastet bis zum Ursprung,dann wirkt ab dem Ursprung keine Ruckstellkraft mehr, also ist die Gesamtkraft desGummibandes −k max(y, 0) .

(b) Die Ruhelage ist das y mit 0 = mg − k max(y, 0) , d.h. y = mg/k .

Zusatzaufgabe 7.4:Lose die folgenden linearen DGL hoherer Ordnung mit konstanten Koeffizienten zunachst imhomogenen Fall, und behandele danach den inhomogenen Fall mittels geeigneter Ansatze.

(a) y′′ + y′ − 2y = x2

(b) y′′ + 2y′ + 2y = e−x

(c) y′′′ − 3y′ − 2y = 8e3x

(d) y′′′ − 3y′′ + 3y′ − y = 4 sin(x)

4

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Losung zu Zusatzaufgabe 7.4:

(a) Das charakteristische Polynom ist λ2 + λ− 2 = (λ− 1)(λ + 2) , also lautet die Losungder homogenen DGL yh(x) = Cex + De−2x . Der Ansatz yp(x) = ax2 + bx + c liefert2a + (2ax + b) − 2(ax2 + bx + c) = x2 und daher a = −1/2 , b = −1/2 , c = −3/4 .Gesamtlosung ist also y(x) = Cex + De−2x − x2/2− x/2− 3/4 .

(b) Das charakteristische Polynom ist λ2 + 2λ + 2 mit den komplexen Nullstellen −1± i ,also ist die komplexe Losung der homogenen DGL yh(x) = Ce(−1+i)x + De(−1−i)x . Diereelle Losung lautet yh(x) = Ce−x sin(x) + De−x cos(x) . Der Ansatz yp(x) = Ae−x

liefert (A−2A+2A)ex = e−x , also A = 1 . Gesamtlosung ist also y(x) = Ce−x sin(x)+De−x cos(x) + e−x .

(c) Das charakteristische Polynom ist λ3−3λ−2 = (λ−2)(λ+1)2 , also lautet die Losungder homogenen DGL yh(x) = Ce2x + De−x + Exe−x . Der Ansatz yp(x) = Ae3x liefert27Ae3x − 9Ae3x − 2Ae3x = 8e3x und daher 27A − 9A − 2A = 8 , d.h. A = 1/2 .Gesamtlosung ist also y(x) = Cex + De−2x + e3x/2 .

(d) Das charakteristische Polynom ist λ3 − 3λ + 3λ− 1 = (λ− 1)3 , also lautet die Losungder homogenen DGL yh(x) = Cex + Dxex + Ex2ex . Der Ansatz yp(x) = A sin(x) +B cos(x) liefert (B + 3A − 3B − A) sin(x) + (−A + 3B + 3A − B) cos(x) = 4 sin(x) ,also 2(A + B) = 0 und 2(A − B) = 4 , d.h. A = 1 und B = −1 . Gesamtlosung istalso y(x) = Cex + Dxex + Ex2ex + sin(x)− cos(x) .

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 7

Abgabetermin: 5.12.2006 (Lehrer) bzw. 6.12.2006 (Physiker)

Aufgabe 7.1 a) Lose die DGL zweiter Ordnung y′′ = 2xy′ + 3x4 zu den Anfangswerten

y(1) = 13, y′(1) = 3

2.

b) Schreibe das System erster Ordnung y′ = z, z′ = z2/y, mit Anfangswerten y(0) = 1,z(0) = 2, um auf eine DGL zweiter Ordnung fur y und lose das entsprechendeAnfangswertproblem.

Aufgabe 7.2 Eine an zwei Punkten aufgehangte Kette y(x) mit Massendichte ρ(x)

genugt unter dem Einfluß der Schwerkraft der DGL y′′ = gρ(x)√

1 + (y′)2 mit der Erd-beschleunigung g = 9.81 ms−2.

a) Lose diese DGL fur konstante Massendichte ρ(x) ≡ ρ.

b) Galilei vermutete falschlicherweise, daß die Kette bei konstanter Massendichte eineParabelform annimmt. Bestimme die Massendichten, fur die die Kette tatsachlichparabelformig ist.

Aufgabe 7.3 Die Auslenkung y(t) einer an einem Gummiband mit Federkonstante kaufgehangten Masse m an der Erdoberflache genugt der DGL my′′ = mg − k max(y, 0)mit der Erdbeschleunigung g = 9.81 ms−2.Bestimme die Bahnen (y, y′) im Phasenraum, auf denen sich die Masse bewegt. Fertigeeine Skizze an.

Aufgabe 7.4 Lose die folgenden linearen DGL hoherer Ordnung mit konstanten Koeffi-zienten:

a) y′′′ + 5y′′ − 22y′ + 16y = 42e−x

b) y′′ + 4y′ + 4y = 9ex

c) y′′ − 2y′ + 5y = 16e3x

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Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 7

Losung zu Aufgabe 7.1:

(a) Die DGL hat die Form y′′ = f(y′, x) , also substituiert man z := y′ . Dann ergibt sichz′ = 2

xz + 3x4 . Dies ist eine lineare DGL erster Ordnung. Die homogene DGL hat

die Losung zh(x) = Cx2 . Fur die inhomogene DGL ergibt Variation der KonstantenC ′x2 = 3x4 , d.h. C ′ = 3x2 und somit z.B. C = x3 . Also ist zp(x) = x5 eine partikulareLosung und die Gesamtlosung lautet z(x) = Cx2 + x5 .

Rucksubstitution liefert y′(x) = 3Cx2 + x5 und also y(x) = Cx3 + D + 16x6 . Aus den

Anfangswerten ergibt sich 3C + 1 = 32

und somit C = 16, sowie 1

6+ D + 1

6= 1

3, d.h.

D = 0 . Die Losung des Anfangswertproblems ist also y(x) = 16(x3 + x6) .

(b) Es gilt y′′ = z′ = z2/y = (y′)2/y , also gilt mit der Umkehrfunktion x(y) von y(x) furp(y) = y′(x(y)) die DGL p′ = p/y , d.h. p(y) = Cy . Daraus folgt x(y) =

∫1

Cydy =

1C

ln(y) + D , und somit y(x) = eC(x−D) .

Aus den Anfangswerten ergibt sich 1 = eC(0−D) und 2 = CeC(0−D) , d.h. C = 2 undD = 0 , also y(x) = e2x und z(x) = y′(x) = 2e2x .

Losung zu Aufgabe 7.2:

(a) Die DGL hat die Form y′′ = f(y′, x) (bzw. ist bei konstanter Massendichte f sogarunabhangig von x ). Die Substitution z := y′ liefert z′ = gρ

√1 + z2 . Trennung der

Variablen ergibt∫

dz√1+z2 =

∫gρ dx . Daraus ergibt sich arcsinh(z) = gρx + C und

somit z = sinh(gρx + C) .

Rucksubstitution liefert y′ = sinh(gρx + C) und daher y(x) = 1gρ

cosh(gρx + C) + Dals Kettenlinie bei konstanter Massendichte ρ .

(b) Fur eine parabelformige Losung y(x) = ax2+bx+c muß y′′ = 2a = gρ√

1 + (2ax + b)2

gelten, d.h. ρ(x) = 2a

g√

1+(2ax+b)2.

Losung zu Aufgabe 7.3:

Die DGL my′′ = mg − k max(y, 0) ist nach Division durch m vom Typ y′′ = f(y) .Multiplikation mit y′ liefert (1

2(y′)2)′ = (F (y))′ fur eine Stammfunktion F von f(y) =

g − km

max(y, 0) . Hier ist F beispielsweise

F (y) =

{gy − k

2my2 fur y ≥ 0

gy fur y < 0.

Page 45: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 7 2

Aus (12(y′)2)′ = (F (y))′ ergibt sich daher die Konstanz der Energie E(y, y′) = 1

2(y′)2−F (y)

entlang von Losungen.Die Losungen der Gleichung E(y, y′) = C sind also die Bahnen im Phasenraum, auf denensich die Masse bewegt. Diese Hohenlinien von E sehen folgendermaßen aus:

Bei geringer Auslenkung weg von der Ruhelage y = mgk

schwingt die Masse also wie einharmonischer Oszillator, denn die Substitution z := y − mg

kliefert

gy − k

2my2 = gz +

mg2

k− k

2m(z +

mg

k)2 = − k

2mz2 +

mg2

2k

und somit E(z, z′) = 12(z′)2 + k

2mz2 = C , also Ellipsen als Hohenlinien. Bei großerer

Auslenkung jedoch kommt der Teil gy = gz + mg2

kzum Tragen, dort ist die Energie

E(z, z′) = 12(z′)2 + gz = C , und die Hohenlinien sind Parabeln.

Losung zu Aufgabe 7.4:

(a) Das charakteristische Polynom zur homogenen DGL y′′′ + 5y′′− 22y′ + 16y = 0 lautetλ3 + 5λ2− 22λ + 16 , es hat die offensichtliche Nullstelle λ = 1 , und wegen λ3 + 5λ2−22λ + 16 = (λ− 1)(λ2 + 6λ− 16) die weiteren Nullstellen λ = −3± 5 . Die allgemeineLosung lautet also yh(x) = Cex + De2x + Ee−8x .

Als partikulare Losung ergibt der Ansatz yp(x) = Ae−x die Gleichung −A + 5A +22A + 16A = 42 , d.h. A = 1 und somit yp(x) = e−x . Die Gesamtlosung lautet alsoy(x) = Cex + De2x + Ee−8x + e−x .

(b) Die homogene Gleichung y′′+4y′+4y = 0 hat das charakteristische Polynom λ2+4λ+4mit doppelter Nullstelle λ = −2 , also lautet die allgemeine Losung der homogenenDGL yh(x) = Ce−2x + Dxe−2x .

Eine Losung der inhomogenen DGL kann man durch den Ansatz yp(x) = Aex gewin-nen, der A + 4A + 4A = 9 , d.h. A = 1 und somit yp(x) = ex als partikulare Losungliefert. Gesamtlosung ist also y(x) = Ce−2x + Dxe−2x + ex .

(c) Die homogene DGL y′′−2y′+5y = 0 hat das charakteristische Polynom λ2−2λ+5 mitden Nullstellen 1±2i . Die komplexe Losung lauten also yh(x) = Ce(1+2i)x +De(1−2i)x ,die relle lautet yh(x) = C sin(2x)ex + D cos(2x)ex .

Wieder ergibt der Ansatz yp(x) = Ae3x bei 9A − 6A + 5A = 16 , d.h. A = 2 ,die partikulare Losung 2e3x der inhomogenen DGL. Gesamtlosung ist also y(x) =C sin(2x)ex + D cos(2x)ex + 2e3x .

Page 46: Analysis+3+Komplett

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Serie 8

Reduktion der OrdnungKennt man fur eine gegebene homogene lineare Differentialgleichung der Ordnung n eineLosung v(x) , dann kann man durch den Ansatz y(x) = z(x)·v(x) und Ersetzen der entspre-chenden Ableitungen von y in der gegebenen Differentialgleichung eine Differentialgleichungfur z(x) erhalten, deren Ordnung n− 1 ist.

Erganzung zu Ausfuhrung in Zusatzaufgaben Serie 7: Lineare DGLn -ter Ordnung mit konstanten KoeffizientenHat man eine Losung yp der inhomogenen linearen DGL n -ter Ordnung y(n) +an−1y

(n−1) +· · · + a1y

′ + a0y = b(x) gefunden, so ist jede andere Losung die Summe aus yp und einerLosung der zugehorigen homogenen DGL.Partikulare Losungen yp ermittelt man oft uber einen Ansatz: Ist die rechte Seite von derForm eax und a keine Nullstelle des charakteristischen Polynoms, dann liefert der AnsatzAeax eine partikulare Losung. Falls a aber eine Nullstelle des charakteristischen Polynomsmit der Vielfachheit m ist, dann wahlt man als Ansatz: Axmeax . Ist die rechte Seite Summebzw. Differenz von verschiedenartigen elementaren Funktionen, dann wahlt man fur jededieser Funktionen einen eigenen Ansatz und arbeitet mit der Summe bzw. Differenz dieserAnsatze weiter.

Variation der KonstantenHat man eine lineare Differentialgleichung

y(n) + a1(x)y(n−1) + . . . a0(x)y = f(x)

gegeben und bilden die yi(x) fur i = 1, 2, . . . , n ein Fundamentalsystem fur die zugehorigehomogene Differentialgleichung mit der allgemeinen Losung

yh(x) = C1y1(x) + C2y2(x) + . . . + Cnyn(x),

dann wahlt man als Ansatz fur die partikulare Losung:

yp(x) = C1(x)y1(x) + C2(x)y2(x) + . . . + Cn(x)yn(x).

Zum Berechnen der C1(x), . . . , Cn(x) gibt man vor:

C ′1y1(x) + C ′

2y2(x) + . . . + C ′nyn(x) = 0

C ′1y

′1(x) + C ′

2y′2(x) + . . . + C ′

ny′n(x) = 0

...

C ′1y

(n−2)1 (x) + C ′

2y(n−2)2 (x) + . . . + C ′

ny(n−2)n (x) = 0

Page 47: Analysis+3+Komplett

Setzt man den Ansatz fur yp(x) in die Differentialgleichung ein und berucksichtigt obigeGleichungen, dann ergibt sich die Gleichung

C ′1y

(n−1)1 (x) + C ′

2y(n−1)2 (x) + . . . + C ′

ny(n−1)n (x) = f(x).

Aus diesen n Gleichungen konnen die n unbekannten Funktionen C1(x), . . . , Cn(x) berech-net werden.

Zusatzaufgabe 8.1:Wir betrachten die Differentialgleichung

(x + 1) y′′(x) + (x− 1) y′(x)− 2y(x) = 0.

(a) Zeigen Sie, daß y(x) = e−x eine Losung der Differentialgleichung ist.

(b) Bestimmen Sie eine zweite, linear unabhangige Losung der Gleichung durch Reduktionder Ordnung.

(c) Bestimmen Sie die Wronski-Determinante der beiden Losungen.

Losung zu Zusatzaufgabe 8.1:

(a) Bilde y′ = −e−x und y′′ = e−x . Einsetzen in die Differentialgleichung ergibt (x +1)e−x + (x− 1)(−e−x − 2e−x = (x + 1− x + 1− 2)e−x = 0e−x = 0 . Also ist e−x eineLosung der Differentialgleichung.

(b) Reduktion der Ordnung durch Ansatz y(x) = z(x)e−x . Also y′ = (z′ − z)e−x undy′′ = (z′′ − 2z′ + z)e−x . Einsetzen in (x + 1)y′′ + (x − 1)y′(x) − 2y(x) = 0 liefert(x+1)(z′′−2z′)+(x−1)z′ = 0 . Also (x+1)z′′− (x+3)z′ = 0 und durch Substitutionz′ = u erhalten wir u′− x+3

x+1u = 0 . Trennung der Variablen liefert weiter u = ex(x+1)2

und damit z =∫

ex(x + 1)2dx = (x2 + 1) . Also y = ze−x = x2 + 1 ist eine 2. Losung,die unabhangig von der ersten Losung ist, wie man im folgenden sieht.

(c)

W =

∣∣∣∣ e−x x2 + 1−e−x 2x

∣∣∣∣ = e−x((x + 1)2 ≥ 0

und insbesondere W 6≡ 0 . Also sind e−x und x2 +1 linear unabhangig und bilden einFundamentalsystem fur die DGL.

Zusatzaufgabe 8.2: Bestimmen Sie die allgemeine Losung der Gleichung

y′′ − 2xy′ + 2y = x2.

Hinweis: Die allgemeine Losung der homogenen Gleichung hat keine Darstellung als Kom-bination elementarer Funktionen, sondern laßt sich nur als Integral schreiben.

2

Page 48: Analysis+3+Komplett

Losung zu Zusatzaufgabe 8.2: Zuerst Losen der homogenen Differentialgleichung

y′′ − 2xy′ + 2y = 0.

Eine erste Losung findet man durch den Ansatz y′′ = 0 oder y = ax + b . Damit erhaltenwir y(x) = x als Losung.Eine zweite Losung erhalten wir durch Reduktion der Ordnung mit dem Ansatz y(x) =z(x) · x . Dies fuhrt auf die Differentialgleichung z′′ + ( 2

x− 2x)z′ = 0 . Substitution u = z′

bringt u′ + ( 2x− 2x)u = 0 und durch Trennung der Variablen erhalten wir u = z′ = ex2

x−2 ,

also z =∫

ex2x−2dx . Mit dem Ansatz y(x) = z(x) ·x = x

∫ex2

x−2dx haben wir eine zweiteLosung gefunden. Die zwei erhaltenen Losungen sind linear unabhangig, wie ein Blick aufWronski-Determinante bestatigt:

W =

∣∣∣∣x x∫

ex2x−2dx

1∫

ex2x−2dx + ex2

x−1

∣∣∣∣ = ex2 6= 0.

Somit setzt sich die allgemeine Losung der homogenen Differentialgleichung als Linearkom-bination dieser beider Losungen zusammen:

yh(x) = C1x + C2x

∫ex2

x−2dx.

Eine partikulare Losung der inhomogene Differentialgleichung berechnen wir aus dem Ansatzyp(x) = Ax2 + Bx + C . Dies liefert yp(x) = −1

2x2 + 1

2.

Als Endergebnis stellt sich die allgemeine Losung der inhomogenen Differentialgleichung wiefolgt dar:

y(x) = C1x + C2x

∫ex2

x−2dx− 1

2x2 +

1

2

Zusatzaufgabe 8.3: Man lose die Differentialgleichung y′′− 4y = 4e2x unter den Anfangs-

bedingungen y(0) = 1, y′(0) = 0 . Fur die Bestimmumg der partikularen Losung benutzeman den Ansatz mit der Variation der Konstanten.

Losung zu Zusatzaufgabe 8.3: Die homogene Differentialgleichung ist y′′ − 4y = 0 und

die zugehorige charakteristische Gleichung lautet λ2 − 4 = 0 und besitzt die Nullstellenλ1,2 = ±2 . Also yh = C1e

2x + C2e−2x . Variation der Konstanten fur Bestimmung einer

partikularen Losung bedeutet, den Ansatz yp = C1(x)e2x + C2(x)e−2x mit der Zusatzbedin-gung C ′

1(x)e2x + C ′2(x)e−2x = 0 zu wahlen. Berechnen von y′p und y′′p und Einsetzen in die

Differentialgleichung fuhrt auf die Gleichung 2C ′1(x)e2x − 2C ′

2(x)e−2x = 0 . Eliminiert manC ′

2(x) aus den beiden Gleichungen und stellt nach C ′1(x) um, dann ergibt sich C ′

1(x) = 1und durch Integrieren C1(x) = x . Analog erhalt man C ′

2(x) = −e4x und C2(x) = −14

e4x .Setzen wir diese Funktionen in den Ansatz von yp ein, dann ist yp(x) = xe2x − 1

4e4xe−2x

eine partikulare Losung.Die allgemeine Losung der inhomogenen Differentialgleichung lautet dann

y(x) = C1e2x + C2e

−2x + xe2x

und Einsetzen von y(0) = 1, y′(0) = 0 bestimmt die Konstanten C1 = 14

und C2 = 34. Die

allgemeine Losung der inhomogenen Anfangswertaufgabe lautet dann

y(x) =1

4e2x +

3

4e−2x + xe2x.

3

Page 49: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 8.4: Bestimmen Sie die allgemeine Losung der Differentialgleichung

y′′ + y =2

cos x.

Dabei soll die partikulare Losung durch Variation der Konstanten bestimmt werden.

Losung zu Zusatzaufgabe 8.4: Ansatz y = eλx . Die Nullstellen des charakteristischen Po-

lynoms λ2+1 lauten λ1,2 = ±i . Die allgemeine Losung der homogenen Differentialgleichunglautet yh = Aeix +Be−ix = C1 cos(x)+C2 sin(x) . Variation der Konstanten fur Bestimmungeiner partikularen Losung bedeutet, den Ansatz yp = C1(x) cos(x) + C2(x) sin(x) mit derZusatzbedingung C ′

1(x) cos(x)+C ′2(x) sin(x) = 0 zu wahlen. Berechnen von y′p und y′′p und

Einsetzen in die Differentialgleichung fuhrt auf die Gleichung −C ′1(x) sin(x)+C ′

2(x) cos(x) =0 . Auflosen nach C ′

1 bzw. C ′2 und anschließendes Integrieren liefert C ′

1 = −2 sin xcos x

, C1 =2 ln(cos x) bzw. C ′

2 = 2, C2 = 2x . Damit ist yp = 2 cos(x) ln(cos x) + 2x sin(x) und dieallgemeine Losung der inhomogenen Differentialgleichung lautet

y = C1 cos(x) + C2 sin(x) + 2 cos(x) ln(cos x) + 2x sin(x).

Zusatzaufgabe 8.5: Bestimmen Sie die allgemeine Losung der folgenden Gleichungen.

(a) y′′′′ − 6y′′ + 9y = 0

(b) y′′′′ − 2y′′′ + 2y′ − y = 0

(c) y′′′′ − 4y′′′ + 14y′′ − 20y′ + 25y = 0

Bem: Das charakteristische Polynom kann in das Quadrat eines quadratischen Poly-noms zerlegt werden.

Losung zu Zusatzaufgabe 8.5: Ansatz y = eλx . Berechne die Nullstellen des charakteri-

stischen Polynoms und beachte deren Vielfachheiten.

(a) λ4−6λ2+9 = (λ−√

3)2(λ+√

3)2 = 0 , Nullstellen λ1,2 = ±√

3 jeweils mit Vielfachheit

2. Damit ist y(x) = Ae√

3x + Bxe√

3x + Ce−√

3x + Dxe−√

3x .

(b) λ4 − 2λ3 + 2λ− 1 = (λ + 1)(λ− 1)3 = 0 , Nullstelle λ1 = −1 mit Vielfachheit 1 undNullstelle λ1 = 1 mit Vielfachheit 3. Damit ist y(x) = Ae−x + Bex + Cxex + Dx2ex .

(c) λ4−4λ3+14λ2−20λ+25 = (λ2−2λ+5)2 = (λ−(1+2i))2(λ−(1−2i))2 = 0 , Nullstellenλ1,2 = 1 ± 2i jeweils mit Vielfachheit 2. Damit ist y(x) = Ae(1+2i)x + Bxe(1+2i)x +Ce(1−2i)x + Dxe(1−2i)x = ex(C1 cos(2x) + C2 sin(2x) + C3x cos(2x) + C4x sin(2x) ).

4

Page 50: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 8

Abgabetermin: 12.12.2006 (Lehrer) bzw. 13.12.2006 (Physiker)

Aufgabe 8.1 Man zeige, dass y1(x) ≡ 1, y2(x) = x, y3(x) = cos(x) und y4(x) = sin(x)Losungen der Differentialgleichung

y′′′′ + y′′ = 0

sind, und gebe die allgemeine Losung an. (Naturlich mit Begrundung!)

Aufgabe 8.2 Fur die folgenden rechten Seiten g(x) berechne man die allgemeine Losungder Differentialgleichung

y′′ + y′ − 6y = g(x).

a) g(x) = x

b) g(x) = ex

c) g(x) = 6x + 4 ex

d) g(x) = e2x

Aufgabe 8.3 Die Differentialgleichung

y′′′ +3

xy′′ + y′ +

1

xy = 0 (1)

besitzt yp(x) = 1x

als Losung. Reduzieren Sie die Ordnung der Differentialgleichung undgeben Sie die allgemeine Losung von (1) an.

Aufgabe 8.4 Man lose das Anfangswertproblem

u′′(t) + 4u′(t) = cos(2t), u(0) = 0, u′(0) = 1

sowohl mit einem geeigneten Ansatz, als auch mit der Methode der Variation der Kon-stanten.1

1Es gilt:R

eax sin(bx) d x = eax

a2+b2(a sin(bx) − b cos(bx)) und

Reax cos(bx) d x = eax

a2+b2(a cos(bx) + b sin(bx))

Page 51: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 8

Losung zu Aufgabe 8.1:

Man pruft leicht nach, dass y′′1 = 0, y′′′′1 = 0 , y′′2 = 0, y′′′′2 = 0 , y′′3 = − cos(x), y′′′′3 = cos(x)und y′′4 = − sin(x), y′′′′4 = sin(x) gilt. Daher erfullt jedes yi, i = 1, . . . , 4 die Differential-gleichung. Die Losungen sind linear unabhangig und bilden ein Fundamentalsystem, da dieWronski-Determinante

W (x) =

∣∣∣∣∣∣∣∣1 x cos(x) sin(x)0 1 − sin(x) cos(x)0 0 − cos(x) − sin(x)0 0 sin(x) − cos(x)

∣∣∣∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣− cos(x) − sin(x)sin(x) − cos(x)

∣∣∣∣ = cos2(x) + sin2(x) = 1

ungleich Null fur beliebiges x ∈ R . Also ist jede Linearkombination der Funktionen yi, i =1, . . . , 4 eine Losung, d.h. die allgemeine Losung hat die Form:

y(x) = C1 + C2x + C3 cos(x) + C4 sin(x)

Losung zu Aufgabe 8.2:

Das charakteristische Polynom der homogenen Differentialgleichung y′′ + y′ − 6y = 0 istλ2 + λ − 6 mit den Nullstellen λ1 = −3 und λ2 = 2 . Damit lautet die allgemeine Losungder homogenen Differentialgleichung: y(x) = C1e

−3x+C2e2x . Durch einen geeigneten Ansatz

kann man fur jede der Funktionen g(x) eine spezielle Losung finden.

(a) Ansatz: y(x) = Ax + B . Mit y′ = A, y′′ = 0 liefert Einsetzen in y′′ + y′ − 6y = xund anschliessender Koeffizientenvergleich A = −1

6, B = −1

36. Damit ist die allgemeine

Losung

y(x) = C1e−3x + C2e

2x − 1

6x− 1

36.

(b) Ansatz: y(x) = A ex . Mit y′ = A ex, y′′ = A ex liefert Einsetzen in y′′ + y′ − 6y = ex

und anschliessender Koeffizientenvergleich A = −14

. Damit ist die allgemeine Losung

y(x) = C1e−3x + C2e

2x − 1

4ex .

(c) Aus der Linearitat der Differentialgleichung konnen wir folgende Schlußfolgerung zie-hen: Ist y1 eine Losung von y′′ + y′ − 6y = g(x) , dann ist αy1 eine Losung vony′′ + y′− 6y = αg(x) , und ist weiter y2 eine Losung von y′′ + y′− 6y = h(x) , dann istαy1 + βy2 eine Losung von y′′ + y′ − 6y = αg(x) + βh(x) . Benutzt man die Losungenaus (a) und (b), dann lautet die allgemeine Losung

y(x) = C1e−3x + C2e

2x − x− 1

6− ex .

Page 52: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Losungen Serie 8 2

(d) Der naheliegende Ansatz y(x) = A e2x funktioniert hier nicht. (Warum?) Stattdessenkann man den Ansatz y(x) = Ax e2x verwenden. Mit y′ = 2A(x + 1) e2x, y′′ = 4A(x +1) e2x liefert Einsetzen in y′′+y′−6y = e2x und anschliessender KoeffizientenvergleichA = 1

6. Damit ist die allgemeine Losung

y(x) = C1e−3x + C2e

2x +1

6x e2x .

Losung zu Aufgabe 8.3:

Da eine spezielle Losung yp(x) = 1x

der Differentialgleichung bekannt ist, kann man durchden Ansatz y(x) = z(x)yp(x) = z

xeine Reduktion der Ordnung erreichen. Bildet man die

Ableitungen des Ansatzes: y′ = z′

x− z

x2 , y′′ = z′′

x− 2z′

x2 + 2zx3 , y′′′ = z′′′

x− 3z′′

x2 + 6z′

x3 − 6zx4 , und

setzt diese in

y′′′ +3

xy′′ + y′ +

1

xy = 0

ein, dann vereinfacht sich dieser Ausdruck zu 1x(z′′′ − z′) = 0 . Dies ist genau dann der Fall

wenn z die homogene, lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten z′′′−z′ = 0erfullt. Das zugehorige charakteristische Polynom ist λ3−λ = λ(λ2 +1) mit den Nullstellenλ1 = 0 und λ2,3 = ±i . Die allgemeine Losung lautet dann z = C1 + C2 cos(x) + C3 sin(x) .Damit ergibt sich fur y(x) = z(x)yp(x) :

y =1

x(C1 + C2 cos(x) + C3 sin(x)).

Losung zu Aufgabe 8.4:Das charakteristische Polynom zur homogenen Differentialgleichung u′′(t) + 4u′(t) = 0 be-sitzt die Nullstellen 0 und −4 . Damit lautet die allgemeine Losung der homogenen Differen-tialgleichung uh(t) = C1 +C2 e−4t . Es wird weiter eine spezielle Losung up der inhomogenenDifferentialgleichung benotigt. Dafur stehen zwei Methoden zur Auswahl: Geeigneter Ansatzoder Variation der Konstanten.

• Ein geeigneter Ansatz ist up(t) = A cos(2t) + B sin(2t) . Dann ergibt sich u′p =

−2A sin(2t) − 2B cos(2t) und u′′p = −4A cos(2t) − 4B sin(2t) . Setzt man dies in

u′′(t) + 4u′(t) = cos(2t) ein, dann folgt (−4A + 8B) cos(2t) + (−8A − 4B) sin(2t) =cos(2t) und durch Koeffizientenvergleich: A = −1

20und B = 1

10. Damit ist up(t) =

−120

cos(2t) + 110

sin(2t) .

• Bei der Variation der Konstanten setzt man up(t) = C1(t) + C2(t) e−4t . Da nur eineeinzige Losung benotigt wird fordern wir zusatzlich C ′

1 + C ′2 e−4t = 0 . Bildet man

die erste und zweite Ableitung von up , dann folgt u′p = C ′

1 + C ′2 e−4t−4C2 e−4t =

−4C2 e−4t und u′′p = (−4C ′

2 + 16C2) e−4t . Einsetzen in u′′(t) + 4u′(t) = cos(2t) liefert−4C ′

2 e−4t = cos(2t) . Also C ′2 = −1

4e4t cos(2t) und somit C2 =

∫ −14

e4t cos(2t)dt =−14

e4t

20(4 cos(2t) + 2 sin(2t)) unter Benutzung der Formel in der Fußnote (bzw. durch

partielle Integration). Nach Bestimmung von C2(t) berechnet man C1(t) aus derForderung C ′

1 + C ′2 e−4t = 0 , die sofort C ′

1 = 14cos(2t) und damit durch Integrie-

ren C1 = 18sin(2t) bringt. Letztendlich ergibt sich dann aus dem Ansatz up(t) =

C1(t) + C2(t) e−4t durch Einsetzen von C1, C2 : up(t) = −120

cos(2t) + 110

sin(2t) .

Die allgemeine Losung der inhomogenen Differentialgleichung ist jetzt

u(t) = C1 + C2 e−4t +−1

20cos(2t) +

1

10sin(2t).

Page 53: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Losungen Serie 8 3

Durch Betrachten der Anfangsbedingungen u(0) = 0, u′(0) = 1 konnen noch die Konstan-ten C1, C2 bestimmt werden. Setzen wir in u(t)′ = −4C2 e−4t +1

5cos(2t) + 1

10sin(2t) t = 0

ein, dann erhalten wir u′(0) = −4C2 + 15

= 1 , also C2 = −15

. Mit u(0) = C1 − 15− 1

20= 0

erhalten wir weiter C1 = 14. Damit lautet die Losung des Anfangswertproblems

u(t) =1

4− 1

5e−4t +

−1

20cos(2t) +

1

10sin(2t).

Page 54: Analysis+3+Komplett

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Zusatzaufgaben zur Analysis III

Serie 9

Lineare Systeme

• Ein System von n linearen DGLen erster Ordnung hat die Form y′(x) = A(x)y(x) +b(x) mit einer (n× n) -Matrix A und einem Vektor b , die beide beliebig von x ∈ Rabhangen durfen. Gesucht ist eine differenzierbare vektorwertige Funktion y : R → Rn ,die das System zu einem Anfangswert y(0) = y0 lost.

• Ist A(x) stetig und beschrankt, so ist die rechte Seite global Lipschitz-stetig in y undsomit existiert fur stetiges b eine eindeutige Losung des Anfangswertproblems fur alleZeiten x ∈ R .

• Ist b = 0 , so heißt das lineare System homogen. Aufgrund der Linearitat gibt es einFundamentalsystem aus n linear unabhangigen Losungen y1, . . . , yn , mit dem sichjede Losung der homogenen Gleichung als Linearkombination y = C1y1 + · · · + Cnyn

schreiben laßt.

• Die allgemeine Losung des inhomogenen linearen Systems ist die Summe aus einerpartikularen Losung des inhomogenen Systems und allen Losungen des homogenenSystems. Hat das homogene System die allgemeine Losung C1y1+ · · ·+Cnyn , so ergibtsich eine partikulare Losung durch den

”Variation der Konstanten“-Ansatz yp(x) =

C1(x)y1(x) + · · ·+ Cn(x)yn(x) , aus dem das lineare (n× n) -GLS

(y1 y2 . . . yn

)

C ′1

C ′2...

C ′n

= b

folgt, dessen Losung die Funktionen C ′1, . . . , C

′n und dann auch C1, . . . , Cn liefert.

• Fur Systeme mit konstanten Koeffizienten A(x) = A ergibt sich ein Fundamental-system aus den Eigenwerten und Eigenvektoren (bzw. Hauptvektoren) von A : Ist λEigenwert von A mit Eigenvektor v , dann ist y(x) = eλxv eine Losung. Ist A dia-gonalisierbar, so erhalt man dadurch n linear unabhangige Losungen und also einFundamentalsystem.

• Ist A nicht diagonalisierbar, d.h. stimmt die algebraische Vielfachheit k von λ (imcharakteristischen Polynom det(A − λE) von A ) nicht mit der geometrischen Viel-fachheit (der Dimension des Raumes der Eigenvektoren zu λ , d.h. der Losungen vonAv = λv ) uberein, so findet man noch Hauptvektoren erster Stufe, d.h. Losungenvon (A − λE)w1 = v , oder sogar Hauptvektoren hoherer Stufe, d.h. Losungen von(A − λE)wi+1 = wi , bis man schließlich k linear unabhangige Eigenvektoren undHauptvektoren gefunden hat.

Page 55: Analysis+3+Komplett

• Ist w Hauptvektor k -ter Stufe, so ist

eλx

(wk + xwk−1 +

x2

2wk−2 + · · ·+ xk

k!v

)eine Losung des linearen Systems y′ = Ay .

• Liegen komplexe Eigenwerte und Eigenvektoren bzw. Hauptvektoren vor, dann ergibtsich die allgemeine reelle Losung aus dem Real- und Imaginarteil der komplexen Losung(sowohl bei eλx als auch in den Eigen- bzw. Hauptvektoren!)

Eulersche DGL

• Eulersche DGLen haben die Form

anxny(n) + an−1x

n−1y(n−1) + · · ·+ a1xy′ + a0y = 0 ,

sind also lineare DGLen n -ter Ordnung mit Monomen der passenden Ordnung alsKoeffizienten. Man kann sie durch die Substitution x = et , y(et) = u(x) (also t =ln(x) , y(x) = u(ln(t)) ) losen, denn dann gilt x dy

dx= du

dt, x2 dy

dx= d2u

dt2− du

dtusw., man

erhalt also eine lineare DGL n -ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten fur u(t) .

Zusatzaufgabe 9.1:

(a) Lose y′ =

(2 10 3

)y .

(b) Lose y′ =

(0 1−1 0

)y .

(c) Lose y′ =

(1 −14 −3

)y .

Losung zu Zusatzaufgabe 9.1:

(a) Die Eigenwerte 2 und 3 stehen bereits auf der Diagonalen, Eigenvektoren zu 2 sind

Vielfache von

(10

), Eigenvektoren zu 3 sind Vielfache von

(11

).

Die Losung ist also

y(x) = C1e2x

(10

)+ C2e

3x

(11

).

(b) Das charakteristische Polynom lautet λ2 + 1 , Eigenwerte sind also ±i . Eigenvekto-

ren zu i sind Losungen des GLS

(−i 1−1 −i

)v1 = 0 , d.h. Vielfache von

(−i1

), und

Eigenvektoren zu −i sind Losungen des GLS

(i 1−1 i

)v1 = 0 , d.h. Vielfache von(

i1

).

Die komplexe Losung mit komplexen Konstanten C1, C2 ist also

y(x) = C1eix

(−i1

)+ C2e

−ix

(i1

),

2

Page 56: Analysis+3+Komplett

diese Losung kann man in die Losung

y(x) = C1

(sin(x)− i cos(x)cos(x) + i sin(x)

)+C2

(sin(x) + i cos(x)cos(x)− i sin(x)

)= C1

(sin(x)cos(x)

)+C2

(cos(x)− sin(x)

)transformieren durch Bilden von Real- und Imaginarteil unter Beachtung von eix =cos(x) + i sin(x) und mit den neuen Konstanten C1 = C1 + C2 , C2 = (C2 − C1)i .Dabei sind im allgemeinen C1, C2 auch wieder komplexe Konstanten. Allerdings kann

man fur jedes Paar von reellen Zahlen C1, C2 durch speziellen Wahl von C1 = C1

2+ C2

2i

bzw. C2 = C1

2− C2

2i erreichen, dass die komplexe Losung in eine rein reelle Losung

transformiert wird.

(c) Das charakteristische Polynom ist (1− λ)(−3− λ) + 4 = λ2 + 2λ + 1 = (λ + 1)2 , alsoist der Eigenwert λ = −1 algebraisch doppelt.

Der Raum der Eigenvektoren ist jedoch nur eindimensional, denn das GLS

(2 −14 −2

)v =

0 hat nur Vielfache von v =

(12

)als Losungen.

Da der Eigenvektor v aber im Bild der Matrix

(2 −14 −2

)liegt, gibt es noch einen

Hauptvektor w erster Stufe, d.h. eine Losung von

(2 −14 −2

)w = v , namlich z.B.

w =

(0−1

).

Mit diesem lautet die allgemeine Losung des Systems

y(x) = C1e−x

(12

)+ C2e

−x

((0−1

)+ x

(12

)).

Zusatzaufgabe 9.2:

(a) Zeige: Ist λ Eigenwert von A mit Eigenvektor v und w Hauptvektor erster Stufe zuv , so ist eλx(w + xv) eine Losung der DGL y′ = Ay .

(b) Zeige: Ist v Eigenvektor einer reellen Matrix A zum komplexen Eigenwert λ , dannist v Eigenvektor zum Eigenwert λ .

(c) Beweise, daß fur die Frobeniusmatrix

A =

0 1 0 . . . 00 0 1 . . . 0

· · · − a0 −a1 −a2 . . . −an−1

jeder Eigenwert nur einen eindimensionalen Eigenraum hat, egal welche algebraischeVielfachheit vorliegt. Folgere, daß homogene lineare DGLen n -ter Ordnung y(n) +an−1y

(n−1) + an−2y(n−2) + · · ·+ a1y

′ + a0y = 0 bei Vorliegen eines algebraisch k -fachenEigenwertes λ die k linear unabhangigen Losungen eλx, xeλx, . . . , xk−1eλx besitzen.

3

Page 57: Analysis+3+Komplett

Losung zu Zusatzaufgabe 9.2:

(a) Es gilt Aw = v + λw , Av = λv , also

A(eλx(w + xv)) = eλx(Aw + xAv) = eλx(λw + v + λxv) =(eλx(w + xv)

)′(b) Da A reell ist, folgt aus Av = λv auch

Av = Av = λv = λv

(c) Die Gleichung Av = λv lautet in Komponenten vi+1 = λvi , i = 1, . . . , n − 1 ,und −a0v1 − a1v2 − · · · − an−1vn = 0 . Ist also v Eigenvektor zu λ , so kann mandie erste Komponente auf 1 normieren, und dann folgt aus vi+1 = λvi sofort v =(1, λ, . . . , λ(n−1)) . Der Eigenvektor ist also nach Normierung der ersten Komponenteeindeutig, d.h. der Eigenraum ist geometrisch eindimensional.

Daher gibt es Hauptvektoren wi bis zur Stufe k−1 , und da von dem k -dimensionalenLosungsraum y = C1e

λxv+C2eλx(w1+xv)+. . . des Systems nur die erste Komponente

fur die Losung der Gleichung n -ter Ordnung wichtig ist, hat die Gleichung n -terOrdnung das Fundamentalsystem eλx, xeλx, . . . , xk−1eλx .

Zusatzaufgabe 9.3:

(a) Leite die Gleichung u′′ + ω2 sin(u) = 0 fur ein schwingendes Pendel her.

(b) Lose die Linearisierung u′′ + ω2u = 0 .

(c) Schreibe die DGL u′′+au′+ω2u = cos(ωx) einer Schwingung mit Dampfung und Re-sonanz auf ein System von linearen DGLen erster Ordnung um und lose das homogeneSystem allgemein.

Losung zu Zusatzaufgabe 9.3:

(a) Der Winkel, um den ein Pendel der Lange l ausgelenkt ist, sei u . Da die Gravitati-onskraft nur nach unten wirkt, ist die in Richtung des Pendels wirkende Kraft gerade−mg sin(u) . Andererseits ist der zuruckgelegte Weg des Pendels (gemessen vom tief-sten Punkt) dann lu , also gilt mlu′′ = −mg sin(u) bzw. u′′ + g

lsin(u) = 0 , und mit

ω =√

gl

folgt die Gleichung.

(b) Fur kleine Auslenkungen u gilt sin(u) ≈ u und somit die linearisierte Gleichungu′′ + ω2u = 0 , die u(t) = C1 sin(ωt) + C2 cos(ωt) als Losung besitzt.

(c) Das zugehorige System lautet

y′ =

(0 1−ω2 −a

)y +

(0

cos(ωx)

).

Das charakteristische Polynom lautet λ(λ − a) + ω2 , also sind die Eigenwerte a2±

√a2−4ω2

4.

Die Eigenvektoren zu a2

+√

a2−4ω2

4sind Losungen von(

−a2−

√a2−4ω2

41

−ω2 a2−

√a2−4ω2

4

)v = 0 ,

4

Page 58: Analysis+3+Komplett

also Vielfache von v =

(1

a2

+√

a2−4ω2

4

), und analog fur den anderen Eigenvektor.

Die allgemeine (moglicherweise komplexe) Losung des homogenen Systems ist im Fall4ω2 6= a2 also

y = C1e(a2+

√a2−4ω2

4)x

(1

a2

+√

a2−4ω2

4

)+ C2e

(a2−√

a2−4ω2

4)x

(1

a2−

√a2−4ω2

4

)Zusatzaufgabe 9.4:

(a) Lose das inhomogene System3 0 00 0 −20 2 0

y +

e4x

sin(x)ex

Losung zu Zusatzaufgabe 9.4:

(a) Die Eigenwerte sind 3 und ±2i , Eigenvektor zu 3 ist

100

, Eigenvektoren zu ±2i

sind

0−1±i

.

Die komplexe Losung lautet also

y = C1e3x

100

+ C2e2ix

0−1i

+ C3e−2ix

0−1−i

.

Die reelle Losung ist daher

y = C1e3x

100

+ C2

0− cos(2x)− sin(2x)

+ C3

0− sin(2x)cos(2x)

.

Variation der Konstanten liefert das GLSe3x 0 00 − cos(2x) − sin(2x)0 − sin(2x) cos(2x)

C ′1

C ′2

C ′3

=

e4x

11

,

also hat man C ′1 = ex und somit z.B. C1 = ex , wahrend C ′

3(sin2 +cos2) = − sin(2x)+

cos(2x) , also z.B. C3 = 12(cos(2x + sin(2x)) , und C ′

2 = sin(2x) + cos(2x) , d.h. z.B.C2 = 1

2(sin(2x)− cos(2x)) .

5

Page 59: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 9.5:

(a) Lose die Eulersche DGL x2y′′ − 3xy′ + 5y = (ln(x))2 .

Losung zu Zusatzaufgabe 9.5:

(a) Nach der Substitution gilt (u′′ − u′) − 3u′ + 5u = t2 . Das charakteristische Polynomist λ2 − 4λ + 5 , d.h. λ = 2± i . Also ist die Losung u(t) = C1e

2t sin(t) + C2e2t cos(t) .

Der Ansatz up(t) = At2 + Bt + C fur eine partikulare Losung liefert 5A = 1 , −8A +B = 0 und 2A− 4B + 5C = 0 , d.h. A = 1/5 , B = 8/5 , C = 30/25 .

Somit ergibt sich nach der Rucksubstitution

y(x) = C1x2 sin(ln(x)) + C2x

2 cos(ln(x)) +1

5(ln(x))2 +

8

5ln(x) +

30

25.

6

Page 60: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07

Serie 9

Abgabetermin: 19.12.2006 (Lehrer) bzw. 20.12.2006 (Physiker)

Aufgabe 9.1 Lose die folgenden homogenen Systeme linearer DGLen erster Ordnungmit konstanten Koeffizienten:

(a) y′ =

(3 11 3

)y (b) y′ =

1 −1 −2−1 1 21 1 0

y (c) y′ =

2 2 −31 3 −31 2 −2

y

Aufgabe 9.2 Die Bewegung zweier linearisierter Pendel der Masse m, die an Staben derLange l hangen und durch eine Feder mit Federkonstante k gekoppelt sind, kann durchdas System

mx′′ = −mg

lx− k(x− y) my′′ = −mg

ly − k(y − x)

aus zwei DGLen zweiter Ordnung modelliert werden.Schreibe dieses System in ein System aus vier DGLen erster Ordnung um und lose dieses.

Aufgabe 9.3 Lose die folgenden inhomogenen Systeme linearer DGLen erster Ordnungmit konstanten Koeffizienten:

(a) y′ =

(1 14 −2

)y +

(e−2x

−2ex

)(b) y′ =

1 0 −30 1 −21 1 −1

y +

05 cos(2x)

2 sin(2x) + cos(2x)

Aufgabe 9.4 Lose die Eulersche DGL x2y′′− xy′− 3y = 3 ln(x) mittels der Substitutionx = et, y(et) = u(t), die die Eulersche DGL in eine lineare DGL zweiter Ordnung mitkonstanten Koeffizienten uberfuhrt. Bestimme auch das zugehorige System von linearenDGLen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten und lose dieses.

Page 61: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 9

Losung zu Aufgabe 9.1:

(a) Das charakteristische Polynom der Matrix ist (3−λ)2−1 = λ2−6λ+8 = (λ−2)(λ−4) ,also sind die Eigenwerte der Matrix λ1 = 2 und λ2 = 4 .

Die zum Eigenwert λ gehorigen Eigenvektoren v sind die Losungen von Av = λv .Fur λ1 = 2 sind die Eigenvektoren also Losungen der Gleichung(

3− 2 11 3− 2

)v =

(1 11 1

)v = 0 ,

d.h. Vielfache des Eigenvektors v1 =

(1−1

).

Fur λ2 = 4 sind die Eigenvektoren Losungen von(3− 4 1

1 3− 4

)v =

(1 −11 −1

)v = 0 ,

d.h. Vielfache des Eigenvektors v2 =

(11

).

Die allgemeine Losung des homogenen Systems linearer DGLen ist daher

y(x) = C1eλ1xv1 + C2e

λ2xv2 = C1e2x

(1−1

)+ C2e

4x

(1 11 −1

).

(b) Das charakteristische Polynom der Matrix ist

−(1− λ)2λ− 2 + 2 + 2(1− λ)− 2(1− λ) + λ = −λ((1− λ)2 − 1) = −λ2(λ− 2) ,

also ist λ1 = 0 doppelter und λ2 = 2 einfacher Eigenwert.

Die zu λ1 = 0 gehorigen Eigenvektoren sind die Losungen der Gleichung 1 −1 −2−1 1 21 1 0

v = 0 ,

d.h. Vielfache von v1 =

1−11

. Der Eigenwert ist also geometrisch nur einfach.

Page 62: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 9 2

Als Hauptvektor ergibt sich aus 1 −1 −2−1 1 21 1 0

w =

1−11

die Losung w1 =

100

.

Zu λ2 = 2 sind die Eigenvektoren Losungen der Gleichung−1 −1 −2−1 −1 21 1 −2

v = 0 ,

d.h. Vielfache von v2 =

1−10

.

Die allgemeine Losung des homogenen Systems linearer DGLen ist daher

y(x) = C1eλ1xv1+C2e

λ1x(w1+xv1)+C3eλ2xv2 = C1

1−11

+C2

1 + x−xx

+C3e2x

1−10

.

(c) Das charakteristische Polynom ist

(2− λ)(3− λ)(−2− λ)− 6− 6 + 3(3− λ) + 6(2− λ)− 2(−2− λ) = (λ− 1)3 ,

also liegt der dreifache Eigenwert 1 vor.

Die Matrix

1 2 −31 2 −31 2 −3

hat Rang 1 , also gibt es zwei linear unabhangige Eigenvek-

toren, z.B. v1 =

111

und v2 =

2−10

. Da v1 im Bild der Matrix liegt, gibt es zu v1

noch einen Hauptvektor, dieser ergibt sich aus

1 2 −31 2 −31 2 −3

w1 = v1 zu w1 =

100

.

Die allgemeine Losung des homogenen Systems linearer DGLen ist daher

y(x) = C1eλ1xv1+C2e

λ1x(w1+xv1)+C3eλ1xv2 = C1e

x

111

+C2ex

1 + xxx

+C3ex

2−10

.

Page 63: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 9 3

Losung zu Aufgabe 9.2:

Das System lautet xyx′

y′

=

0 0 1 00 0 0 1

−(gl+ k

m) k

m0 0

km

−(gl+ k

m) 0 0

xyx′

y′

.

Das charakteristische Polynom (Entwicklung nach der ersten Zeile) ist

−λ det

−λ 0 1km

−λ 0−(g

l+ k

m) 0 −λ

+ det

0 −λ 1−(g

l+ k

m) k

m0

km

−(gl+ k

m) −λ

,

also

λ4 + 2(g

l+

k

m)λ2 + (

g

l+

k

m)2 − (

k

m)2 =

(λ2 +g

l+

k

m)2 − (

k

m)2 = (λ2 +

g

l+ 2

k

m)(λ2 +

g

l) .

Daher sind die Nullstellen ±i√

gl+ 2 k

mund ±i

√gl.

Statt die Eigenvektoren auszurechnen (dies konnte man auch tun, es wurde sich dabei

(1, 1, i√

gl, i

√gl) als Eigenvektor zu i

√gl

ergeben, und (1,−1, i√

gl+ 2 k

m,−i

√gl+ 2 k

m) als

Eigenvektor zu i√

gl+ 2 k

m), raten wir die Losungen geschickt: Da die Nullstellen komplex

sind, sind die reellen Losungen des Systems ein Produkt aus konstanten Vektoren und Sinus-

bzw. Cosinus-Schwingungen der Perioden√

gl

oder√

gl+ 2 k

m. Da das System aus einem

System von zwei DGLen zweiter Ordnung entstanden ist, reicht es, die mit den Schwingun-gen multiplizierten konstanten Vektoren fur (x, y) zu ermitteln. Durch scharfes Anschauender DGLen zweiter Ordnung sieht man, daß

(x(t)y(t)

)=

(sin(

√glt)

sin(√

glt)

),

(cos(

√glt)

cos(√

glt)

),

sin(√

gl+ 2 k

mt)

− sin(√

gl+ 2 k

mt)

,

cos(√

gl+ 2 k

mt)

− cos(√

gl+ 2 k

mt)

,

vier linear unabhangige Losungen sind. Physikalisch beschreiben die ersten beiden das Schwin-gen der Pendel in Phase (die Feder hat keinen Einfluß), wahrend die letzten beiden ein ge-genphasiges Schwingen der Pendel beschreiben, bei dem die Feder mal zusammengepresstund mal gedehnt ist. Linearkombinationen dieser beiden Schwingungsarten konnen schonrecht kompliziert aussehen, gewisse Aspekte chaotischen Verhalten konnen auftreten.

Page 64: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 9 4

Losung zu Aufgabe 9.3:

(a) Das homogene System y′ =

(1 14 −2

)y hat das charakteristische Polynom (1 −

λ)(−2 − λ) − 4 = λ2 + λ − 6 = (λ − 2)(λ + 3) . Der zum Eigenwert λ = 2 gehorige

Eigenvektor ist

(11

), wahrend zu λ = −3 der Eigenvektor

(1−4

)gehort. Die Losung

des homogenen Systems ist daher

yh(x) = C1e2x

(11

)+ C2e

−3x

(1−4

).

Um eine partikulare Losung zu ermitteln, variieren wir die Konstanten: Der Ansatz

yp(x) = C1(x)e2x

(11

)+ C2(x)e−3x

(1−4

)liefert

C ′1(x)e2x

(11

)+ C ′

2(x)e−3x

(1−4

)=

(e−2x

−2ex

),

also (e2x e−3x

e2x −e−3x

) (C ′

1(x)C ′

2(x)

)=

(e−2x

−2ex

).

Die Losung dieses linearen GLS ist(C ′

1(x)C ′

2(x)

)=

(12e−4x − e−x

e4x + 12ex

),

und daher gilt (C1(x)C2(x)

)=

(e−x − 1

8e−4x

14e4x + 1

2ex

).

Als partikulare Losung ergibt sich also

yp(x) = (ex − 1

8e−2x)

(11

)+ (

1

4ex +

1

2e−2x)

(1−4

)=

1

4ex

(50

)+

1

8e−2x

(315

).

(b) Das homogene System hat das charakteristische Polynom (1 − λ)(1 − λ)(−1 − λ) +

3(1 − λ) + 2(1 − λ) = −(λ − 1)(λ2 + 4) . Eigenvektor zu 1 ist

1−10

, Eigenvektor

zu 2i ist

32

1− 2i

, Eigenvektor zu −2i ist

32

1 + 2i

. Die komplexe Losung des

homogenen Systems ist daher

yh(x) = C1ex

1−10

+ C2e2ix

32

1− 2i

+ C3e−2ix

32

1 + 2i

.

Page 65: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 9 5

Die reelle Losung des homogenen Systems ist daher

yh(x) = C1ex

1−10

+ C2

3 cos(2x)2 cos(2x)

cos(2x) + 2 sin(2x)

+ C3

3 sin(2x)2 sin(2x)

−2 cos(2x) + sin(2x)

.

Eine partikulare Losung ermitteln wir mittels Variation der Konstanten: Der Ansatz

yp(x) = C1(x)ex

1−10

+C2(x)

3 cos(2x)2 cos(2x)

cos(2x) + 2 sin(2x)

+C3(x)

3 sin(2x)2 sin(2x)

−2 cos(2x) + sin(2x)

liefert das Gleichungssystem ex 3 cos(2x) 3 sin(2x)−ex 2 cos(2x) 2 sin(2x)0 cos(2x) + 2 sin(2x) −2 cos(2x) + sin(2x)

C ′1(x)

C ′2(x)

C ′3(x)

=

05 cos(2x)

2 sin(2x) + cos(2x)

.

Dieses kann man mittels Gauss zuex 3 cos(2x) 3 sin(2x)0 5 cos(2x) 5 sin(2x)0 cos(2x) + 2 sin(2x) −2 cos(2x) + sin(2x)

C ′1(x)

C ′2(x)

C ′3(x)

=

05 cos(2x)

2 sin(2x) + cos(2x)

umformen und erhalt C ′

3 = 0 , d.h. z.B. C3(x) = 0 , und C ′2 = 1 , d.h. z.B. C2(x) = x ,

sowie exC ′1 + 3x cos(2x) = 0 , d.h. C1(x) =

∫−3xe−x cos(2x) dx . Man konnte dieses

Integral noch mittels partieller Integration weiter ausrechnen, dies lassen wir aberbleiben und schreiben unsere partikulare Losung einfach als

yp(x) =

(∫−3xe−x cos(2x) dx

)ex

1−10

+ x

3 cos(2x)2 cos(2x)

cos(2x) + 2 sin(2x)

.

Losung zu Aufgabe 9.4:

Die Substitution liefert y(x) = u(ln(x)) und daher u′ = y′x , u′′ = y′x+y′′x2 , also xy′ = u′ ,x2y′′ = u′′ − u′ .Somit geht die DGL in (u′′−u′)−u′− 3u = 3t uber. Die homogene DGL u′′− 2u′− 3u = 0hat das charakteristische Polynom λ2−2λ−3 mit Nullstellen λ = 3,−1 und also die Losunguh = Ce3t + De−t .Eine partikulare Losung ist up = −t + 2

3, also ist die Losung der Eulerschen DGL y(x) =

Cx3 + D/x− ln(x) + 23.

Das zugehorige System erster Ordnung lautet mit v = u′(uv

)′

=

(0 13 2

) (uv

)+

(03t

).

Das charakteristische Polynom lautet λ(λ− 2)− 3 = λ2 − 2λ− 3 , die Eigenwerte sind also

3,−1 , und Eigenvektoren sind

(13

)bzw.

(1−1

). Eine partikulare Losung ist

(−t + 2

3

−1

),

also lautet die Gesamtlosung(uv

)= Ce3t

(13

)+ De−t

(1−1

)+

(−t + 2

3

−1

).

Page 66: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Zusatzaufgaben zur Analysis III

Serie 10

Realteil und Imaginarteil einer komplexen Funktion

• Eine komplexe Funktion ist eine Abbildung

f : U ⊆ C → C

die jeder komplexen Zahl z ∈ U eine komplexe Zahl w ∈ C zuordnet.

• Das Argument z einer komplexen Funktion kann man darstellen als z = x+i y , wobeix, y ∈ R sind. Durch Einsetzen in f(z) und evt. notwendige Umformungen kann maneine Darstellung

f(z) = u(x, y) + i v(x, y)

finden. Die reellen Funktionen u(x, y) bzw. v(x, y) heißen Realteil bzw. Imaginarteilvon f(z) . Man schreibt Re f(z) = u(x, y) bzw. Im f(z) = v(x, y) .

• Ist eine komplexe Funktion in der Form

f(z) = u(x, y) + i v(x, y)

gegeben, dann kann man sie in Abhangigkeit von der komplexen Variable z schreiben,indem man x = z+z

2und y = z−z

2 isetzt.

Stetigkeit und Differenzierbarkeit von komplexen Funktionen

• Eine komplexe Funktion f(z) heißt stetig in z0 , wenn f(z) in einer Umgebung Uvon z0 definiert ist und wenn gilt limz→z0 f(z) = f(z0) . D.h. wenn fur alle ε > 0eine reelle Zahl δ = δ(ε) existiert, so dass fur alle z ∈ C mit |z − z0| < δ auch|f(z)− f(z0)| < ε gilt.

• Die komplexe Funktion f(z) sei in einer Umgebung von z0 definiert. Als Ableitungvon f(z) im Punkt z0 definiert man den Grenzwert

f ′(z) = lim∆z→0

f(z0 + ∆z)− f(z0)

∆z.

Existiert dieser Grenzwert, dann sagt man, dass f(z) in z0 differenzierbar ist. DieFunktion f(z) ist differenzierbar in U ⊆ C , falls f(z) fur alle z0 ∈ U differenzierbarist.

• Die aus der reellen Analysis bekannten Regeln zur Bestimmung von Ableitungen (Sum-menregel, Produktregel, Quotientenregel, Kettenregel) gelten auch im Komplexen.

Page 67: Analysis+3+Komplett

• Die Funktion f(z) ist holomorph(analytisch) in z0 falls es eine Umgebung U ⊆ C vonz0 gibt, in der f(z) differenzierbar ist. f(z) ist holomorph in einem Gebiet G ⊆ C ,falls f(z) holomorph fur alle z0 ∈ G ist.

Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen, Laplace Gleichung

• Die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen lauten

∂u

∂x=

∂v

∂y(1)

∂v

∂x= −∂u

∂y. (2)

• Die komplexe Funktion f(z) = u(x, y) + i v(x, y) sei in einer Umgebung von z0 =x0 + i y0 definiert und Real- und Imaginarteil besitzen in dieser Umgebung stetigepartielle Ableitungen.Dann gilt: f(z) ist genau dann in z0 differenzierbar, wenn in (x0, y0) die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfullt sind.

In diesem Falle gilt

f ′(z0) = ux(x0, y0) + i vx(x0, y0) = uy(x0, y0)− i vy(x0, y0).

• Die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen sind gleichbedeutend mit

∂zf(z) = 0

wobei man definiert

∂z=

1

2(

∂x− i

∂y) und

∂z=

1

2(

∂x+ i

∂y).

Sind die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfullt, dann ist

f ′(z) =∂

∂zf(z)

• Als Folgerung der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erhalt man dieLaplace-Gleichungen

∂2u

∂x2+

∂2u

∂y2= 0 und

∂2v

∂x2+

∂2v

∂y2= 0.

Realteil und Imaginarteil einer holomorphen Funktion sind Losungen der Laplace Glei-chung und zusatzlich miteinander durch die Cauchy-Riemannschen Differentialglei-chungen verknupft.

2

Page 68: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 10.1:Man gebe Real- und Imaginarteil folgender komplexer Funktionen an:

a) f(z) = z2z

b) f(z) = 12(z + 1

z)

Losung zu Zusatzaufgabe 10.1:

a) Ersetzt man in f(z) = z2z die komplexe Variable z durch die Darstellung

z = x + i y,

dann erhalt man

f(z) = (x + i y)2(x− i y)

= (x2 − y2 + i 2xy)(x− i y)

= (x3 + xy2) + i(x2y + y3)

Also gilt Re f(z) = u(x, y) = x3 + xy2 und Im f(z) = v(x, y) = x2y + y3 .

b) Analoges Vorgehen wie in (a) liefert

f(z) =1

2(x + i y

1

x + i y)

=1

2(x + i y +

x− i y

x2 + y2)

=x(x2 + y2 + 1)

2(x2 + y2)+ i

y(x2 + y2 − 1)

2(x2 + y2)

Also gilt Re f(z) = u(x, y) = x(x2+y2+1)2(x2+y2)

und Im f(z) = v(x, y) = y(x2+y2−1)2(x2+y2)

.

Zusatzaufgabe 10.2: Stelle die komplexe Funktion f(z) mit Realteil

Re f(z) =x2 − y2

x2 + y2

und Imaginarteil

Im f(z) =2xy

x2 + y2

in Abhangigkeit von z dar und vereinfache so weit wie moglich.Losung zu Zusatzaufgabe 10.2: Durch Einsetzen von x = z+z

2und y = z−z

2 iund einigen

Umformungen ergibt sich

f(z) =x2 − y2

x2 + y2+ i

2xy

x2 + y2

=(z + z)2 + (z − z)2

(z + z)2 − (z − z)2+ + i

2

i

(z + z)(z − z)

(z + z)2 − (z − z)2

=z

z

3

Page 69: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 10.3: Uberprufe mit Hilfe der entsprechenden Definitionen, ob die komplexeFunktion f(z) = z in C

a) stetig,

b) holomorph ist.

Losung zu Zusatzaufgabe 10.3:

a) f(z) ist stetig, da fur alle z0 ∈ C f(z0) definiert ist und limz→z0 f(z) = f(z0) .Um letzteres zu zeigen, muss man ∀ε > 0 ein δ = δ(ε) finden, so dass ∀z ∈ C mit|z − z0| < δ auch |f(z)− f(z0)| < ε gilt. Fur die Funktion f(z) = z kann man δ = εwahlen.

Alternative kann man argumentieren, dass aus der Steigkeit von Re f(z) = x undIm f(z) = −y auch die Stetigkeit von f(z) folgt.

b) Zu uberprufen ist, ob der Grenzwert

lim∆z→0

f(z0 + ∆z)− f(z0)

∆z

fur alle z0 ∈ C existiert. Mit z0 = x0 + i y0 und ∆z = ∆x + i ∆y muss also folgenderGrenzwert existieren

lim∆z→0

f(z0 + ∆z)− f(z0)

∆z= lim

∆x→0,∆y→0

f(x0 + ∆x + i(y0 + ∆y))− f(x0 + i y0))

∆x + i ∆y

= lim∆x→0,∆y→0

(x0 + ∆x) + i−(y0 + ∆y)− x0 + i y0))

∆x + i ∆y

= lim∆x→0,∆y→0

∆x− i ∆y

∆x + i ∆y.

Aber fur ∆x = 0 und ∆y → 0 , gilt

lim∆x→0,∆y→0

∆x− i ∆y

∆x + i ∆y= −1

und fur ∆x → 0 und ∆y = 0

lim∆x→0,∆y→0

∆x− i ∆y

∆x + i ∆y= 1.

Dies bedeutet, dass der Grenzwert fur keine z0 ∈ C existiert und die Funktion damitnirgends komplex differenzierbar und damit auch nicht holomorph ist.

Zusatzaufgabe 10.4: Man uberprufe mit Hilfe der Cauchy-Riemannschen Differential-gleichungen ob folgende Funktionen holomorph sind oder nicht.

a) f(z) = z

b) f(z) = z

c) f(z) = 1z

4

Page 70: Analysis+3+Komplett

Losung zu Zusatzaufgabe 10.4: In den erste beiden Fallen existieren die partiellen Ab-leitungen von Real- und Imaginarteil. Damit sind die zu untersuchenden Funktionen genaudan holomorph, wenn die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfullt sYnd. Dasgilt auch fur (c) mit der Ausnahme von z = 0 .

a) f(z) = x + i y . Die partiellen Ableitungen erfullen

∂u

∂x= 1 =

∂v

∂y∂v

∂x= 0 = −∂u

∂y.

Damit ist f(z) holomorph.

b) f(z) = x− i y . Fur die partiellen Ableitungen gilt

∂u

∂x= 1 6= ∂v

∂y= −1.

Damit ist f(z) nicht holomorph.

c) f(z) = 1z

= 1|z|2z

= xx2+y2 + i −y

x2+y2 . Die partiellen Ableitungen erfullen

∂u

∂x=

y2 − x2

(x2 + y2)2=

∂v

∂y

∂v

∂x=

2xy

(x2 + y2)2= −∂u

∂y.

Damit ist f(z) holomorph.

Zusatzaufgabe 10.5: Fur welche Wahl von Koeffizienten a, b, c ist das Polynom ax2 +bxy + cy2 Realteil einer holomorphen Funktion f(z) , die ein komplexes Polynom in z ist?Benutze die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen.Losung zu Zusatzaufgabe 10.5: Aus dem Differentailgleichung

∂u

∂x= 2ax + by =

∂v

∂y

folgt durch Integrieren bzgl. y :

v = 2axy +b

2y2 + g(x).

Wegen

∂v

∂x= 2ay + g′(x) = −∂u

∂y= −(bx + 2cy)

muss danna = −c und g′(x) = −bx

gelten. Damit ist g(x) = − b2x2 + C und v(x, y) = 2axy + b

2y2 − b

2x2 + C .

5

Page 71: Analysis+3+Komplett

Also f(z) = ax2 + bxy + cy2 + i(2axy + b2y2 − b

2x2 + C) . Durch Einsetzen von x = z+z

2und

y = z−z2 i

und einigen Umformungen ergibt sich

f(z) = ax2 + bxy + cy2 + i(2axy +b

2y2 − b

2x2 + C)

=a

4(z + z)2 +

b

4 i(z + z)(z − z) +

a

4(z − z)2 + i(

a

2 i(z + z)(z − z)− b

8((z − z)2 + (z + z)2) + C)

=a

4(2z2 − 2zz + 2z2 + 2z2 + 2zz + 2z2)− i(

b

4(z2 − z2 + z2 + z2) + C)

= (a− ib

2)z2 + i C

= w2z2 + w0

ein komplexes Polynom in z mit komplexen Koeffizienten w2, w0 . Die einzige Bedingung ana, b, c ist damit a = −c .Bemerkung: Diese Bedingung ergibt sich auch sofort aus der Laplace Gleichung

∂2u

∂x2+

∂2u

∂y2= 0.

6

Page 72: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07Serie 10

Abgabetermin: 09.1.2007 (Lehrer) bzw. 10.1.2007 (Physiker)

Aufgabe 10.1 Man gebe Real- und Imaginarteil folgender komplexer Funktionen an:

a) f(z) = i z + 2z2

b) f(z) = z+ii−z

c) f(z) = ez2+z (Hinweis: ei ϕ = cos ϕ + i sin ϕ)

Aufgabe 10.2 Von der holomorphen Funktion f(z) ist der Imaginarteil

v(x, y) = 3x2y − y3

gegeben. Mit Hilfe der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen berechne manden Realteil u(x, y) und stelle f(z) in Abhangigkeit von z dar.

Aufgabe 10.3 Die Funktion f(z) sei im Gebiet D holomorph. Man zeige: Ist eine derGroßen

a) Re f(z)

b) Im f(z)

c) |f(z)|in D konstant, dann ist auch f(z) in D konstant.

Aufgabe 10.4 Zeigen Sie mit Hilfe der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen,dass ...

a) ... f(z) = z2 holomorph ist.

b) ... f(z) = zn holomorph ist fur alle n ∈ N.

c) ... f(z) = |z|2 nicht holomorph ist.

d) ... f(z) = Re z + Im z nicht holomorph ist.

Page 73: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 10

Losung zu Aufgabe 10.1:

(a) Ersetzt man in f(z) = i z + 2z2 die komplexe Variable z durch die Darstellung

z = x + i y,

dann erhalt man

f(z) = i(x− i y) + 2(x + i y)2

= ix + y + 2(x2 + i 2xy − y2)

= (y + 2x2 − 2y2) + i(x + 4xy)

Also gilt Re f(z) = u(x, y) = y + 2x2 − 2y2 und Im f(z) = v(x, y) = x + 4xy .

(b) Analoges Vorgehen wie in (a) liefert

f(z) =x + i(1 + y)

−x + i(1− y)

=x + i(1 + y)

−x + i(1− y)· −x− i(1− y)

−x− i(1− y)

=1− x2 − y2

x2 + (1− y)2+ i

−2x

x2 + (1− y)2

Also gilt Re f(z) = u(x, y) = 1−x2−y2

x2+(1−y)2und Im f(z) = v(x, y) = −2x

x2+(1−y)2.

(c) Analog

f(z) = e(x+i y)2+x+i y

= ex+x2−y2 · ei(2xy+y)

= ex+x2−y2

(cos(2xy + y) + i sin(2xy + y))

= ex+x2−y2

cos(2xy + y) + i ex+x2−y2

sin(2xy + y)

Also gilt Re f(z) = u(x, y) = ex+x2−y2cos(2xy+y) und Im f(z) = v(x, y) = ex+x2−y2

sin(2xy+y) .

Page 74: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 10 2

Losung zu Aufgabe 10.2: Die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen lauten

∂u

∂x=

∂v

∂y(1)

∂v

∂x= −∂u

∂y. (2)

Benutzt man Gleichung (2) mit v(x, y) = 3x2y−y3 , so erhalt man aus ∂v∂x

= 6xy = −(−6xy) ,die Gleichung ∂u

∂y= −6xy . Integrieren bzgl. y liefert dann u = −3xy2 + g(x) . Wobei g eine

Funktion ist, die nur von x abhangt. Diese Funktion g kann naher bestimmt werden, indemman Gleichung (1) benutzt. ∂u

∂x= −3y2 + g′(x) = ∂v

∂y= 3x2 − 3y2 . Koeffizientenvergleich

zeigt jetzt an, dass g′(x) = 3x2 sein muss und integrieren bzgl. x ergibt g(x) = x3 +C mitC ∈ R . Damit ist Re f(z) = u(x, y) = x3 − 3xy2 + C .Im zweiten Teil der Aufgabe ist die Funktion

f(z) = x3 − 3xy2 + C + i(3x2y − y3)

in Abhangigkeit von z darzustellen. Dies gelingt mit dem Ansatz x = z+z2

und y = z−z2 i

aus dem sich

f(z) = x3 − 3xy2 + C + i(3x2y − y3)

= (z + z

2)3 − 3

z + z

2(z − z

2 i)2 + C + i(3(

z + z

2)2 z − z

2 i− (

z − z

2 i)3)

=1

8((z + z)3 − 3(z + z)(z − z)2 + C + 3(z + z)2(z − z)− (z − z)3)

= z3 + C

ergibt.

Losung zu Aufgabe 10.3: Nach Satz aus der Vorlesung ist eine komplexe Funktion

f(z) = u(x, y) + i v(x, y) , deren Real- und Imaginarteil partielle Ableitungen nach x undy besitzt, im Gebiet D genau dann holomorph, wenn dort die Cauchy-RiemannschenDifferentialgleichungen erfullt sind.

(a) Ist Re f(z) = u(x, y) = C ∈ R konstant, dann existieren die partielle Ableitungen∂u∂x

= ∂u∂y

= 0 . Bevor man die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen verwen-den kann, muss man sich noch uberlegen, dass auch die partiellen Ableitungen vonv(x, y) existieren.

Die Funktion f(z) ist holomorph in D , d.h. der Grenzwert

lim∆z→0

f(z0 + ∆z)− f(z0)

∆z

existiert fur all z0 ∈ D .

Mit z0 = x0 + i y0 und ∆z = ∆x + i ∆y existiert also der Grenzwert

lim∆z→0

f(z0 + ∆z)− f(z0)

∆z= lim

∆x→0,∆y→0

c + i v(x0 + ∆x, y0 + ∆y)− (c + i v(x0, y0))

∆x + i ∆y

= lim∆x→0,∆y→0

i(v(x0 + ∆x, y0 + ∆y)− v(x0, y0))

∆x + i ∆y.

Page 75: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 10 3

Setzt man insbesondere ∆x = 0 und ∆y → 0 , dann existiert

lim∆x→0,∆y→0

i(v(x0 + ∆x, y0 + ∆y)− v(x0, y0))

∆x + i ∆y= lim

∆y→0

v(x0, y0 + ∆y)− v(x0, y0)

∆y=

∂v

∂y(x0, y0).

Analog existiert mit ∆x → 0 und ∆y = 0

lim∆x→0,∆y→0

i(v(x0 + ∆x, y0 + ∆y)− v(x0, y0))

∆x + i ∆y= i lim

∆x→0

v(x0 + ∆x, y0)− v(x0, y0)

∆x= i

∂v

∂x(x0, y0).

Die partiellen Ableitungen von v(x, y) existieren also und f(z) erfullt die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen. Also ∂u

∂x= 0 = ∂v

∂yund somit v(x, y) = g(x) .

Wegen −∂u∂y

= 0 = ∂v∂x

= g′(x) ist dann v(x, y) = g(x) = D ∈ R konstant. Damit gilt

f(z) = C + i D = K ∈ C ist konstant.

(b) Auch hier uberzeugt man sich analog wie in (a), dass die partiellen Ableitungenvon Realteil und Imaginarteil existieren. Also ist folgt aus der Voraussetzung, dassf(z) holomorph ist, dass Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfullt seinmussen. Sei v(x, y) = D ∈ R . ∂v

∂x= 0 = −∂u

∂yliefert u(x, y) = g(x) . Wegen

∂v∂y

= 0 = ∂u∂x

= g′(x) ist dann u(x, y) = g(x) = C ∈ R konstant. Damit gilt

f(z) = C + i D = K ∈ C ist konstant.

(c) Existenz der partiellen Ableitungen von Realteil und Imaginarteil kann man sich wiederaus der Definition der Differenzierberkeit einer komplexen Funktion f(z) uberlegen.Sei jetzt |f(z)| = |u(x, y) + i v(x, y)| =

√u2 + v2 konstant. Dann ist auch u2 + v2

konstant. Bildet man die partiellen Ableitungen dieser Gleichung nach x bzw, y soerhalt man

2u∂u

∂x+ 2v

∂v

∂x= 0 und 2u

∂u

∂y+ 2v

∂v

∂y= 0.

Unter Verwendung der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen kann man die-se Gleichungen transformieren auf die Form

2u∂u

∂x− 2v

∂u

∂y= 0 und 2u

∂u

∂y+ 2v

∂u

∂x= 0.

Multipliziert man mit ∂u∂x

bzw. ∂u∂y

und addiert die beiden Gleichungen, dann folgt

2u

((∂u

∂x)2 + (

∂u

∂y)2

)= 0.

Dann ist u(x, y) = 0 konstant oder

(∂u

∂x)2 + (

∂u

∂y)2 = 0.

Aus letzterem folgt ∂u∂x

= 0 und ∂u∂y

= 0 , also u(x, y) konstant. In beiden Fallen folgt

aus (a) die Behauptung.

Page 76: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 10 4

Losung zu Aufgabe 10.4: In allen vier Fallen existieren die partiellen Ableitungen von

Real- und Imaginarteil. Damit sind die zu untersuchenden Funktionen genau dan holomorph,wenn die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen erfullt snd.

(a) f(z) = z2 = (x + i y)2 = x2 − y2 + i 2xy . Die partiellen Ableitungen erfullen

∂u

∂x= 2x =

∂v

∂y∂v

∂x= 2y = −∂u

∂y.

Damit ist f(z) holomorph.

(b) Wir betrachten den Fall, dass n = 2m gerade ist. Der Fall n ungerade ist analog.

f(z) = zn = (x + i y)n =n∑

j=0

(n

i

)xn−j(i y)j

=m∑

k=0

(n

2k

)xn−2k(−1)ky2k + i

m−1∑k=0

(n

2k + 1

)xn−(2k+1)(−1)ky2k+1.

Damit sind Real- und Imaginarteil von f(z) gleich

u(x, y) =m∑

k=0

(n

2k

)xn−2k(−1)ky2k

und

v(x, y) =m−1∑k=0

(n

2k + 1

)xn−(2k+1)(−1)ky2k+1.

Die partiellen Ableitungen erfullen

∂u

∂x=

m−1∑k=0

(n

2k

)(n− 2k)xn−2k−1(−1)ky2k

=m−1∑k=0

n!

(2k)!(n− 2k)!(n− 2k)xn−2k−1(−1)ky2k

=m−1∑k=0

n!

(2k)!(n− 2k − 1)!xn−2k−1(−1)ky2k

=m−1∑k=0

n!

(2k + 1)!(n− 2k − 1)!(2k + 1)xn−2k−1(−1)ky2k

=m−1∑k=0

(n

2k + 1

)(2k + 1)xn−2k−1(−1)ky2k

=∂v

∂y

Page 77: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 10 5

∂u

∂y=

m∑k=1

(n

2k

)(2k)xn−2k(−1)ky2k−1

= −m−1∑k=0

(n

2(k + 1)

)(2(k + 1))xn−2(k+1)(−1)ky2(k+1)−1

= −m−1∑k=0

(n

2k + 1

)(n− (2k + 1))xn−(2k+1)−1(−1)ky2k+1

= −∂v

∂x.

Damit ist f(z) holomorph.

(c) f(z) = |z|2 = |x + i y|2 = x2 + y2 + i 0 . Fur die partiellen Ableitungen gilt

∂u

∂x= 2x 6= ∂v

∂y= 0.

Damit ist f(z) nicht holomorph.

(d) f(z) = x + y + i 0 . Fur die partiellen Ableitungen gilt

∂u

∂x= 1 6= ∂v

∂y= 0.

Damit ist f(z) nicht holomorph.

Page 78: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Zusatzaufgaben zur Analysis III

Weihnachtsubung

Potenzreihenentwicklungen

• Ist in der DGL n -ter Ordnung y(n) = f(x, y, y′, . . . , y(n−1)) die Funktion f um den

durch die Anfangswerte festgelegten Punkt (x0, y0, y′0, . . . , y

(n−1)0 ) in eine Potenzreihe

entwickelbar, dann ist lokal auch die Losung um x0 in eine Potenzreihe entwickel-bar, und der Konvergenzradius ist mindestens so groß wie der Konvergenzradius derFunktion f .

• Sind die Koeffizienten a(x), b(x) der DGL y′′+a(x)y′+b(x)y = 0 um x0 nicht in einePotenzreihe entwickelbar, besitzt aber a in x0 hochstens einen Pol erster Ordnungund b in x0 hochstens einen Pol zweiter Ordnung, dann fuhrt der verallgemeinertePotenzreihen-Ansatz

∑∞k=0 ck(x− x0)

k+α zum Ziel:

Aus diesem Ansatz ergibt sich mit dem Koeffizienten a−1 von a(x) vor 1/(x − x0)und b−2 von b(x) vor 1/(x− x0)

2 aus der Forderung c0 6= 0 (ansonsten erhalt mannur die Null-Losung) die Index-Gleichung α(α− 1) + a−1α + b−2 = 0 .

Mit den Nullstellen α1, α2 der Index-Gleichung erhalt man zwei linear unabhangigeLosungen u1, u2 , es sei denn α1 − α2 ∈ Z gilt, dann kann es passieren, daß man zumverallgemeinerten Potenzreihenansatz fur die zweite Losung noch einen logarithmischenAnteil addieren muß.

• Eine DGL, die den gerade genannten Bedingungen genugt, ist die Besselsche DGLx2u′′ + xu′ + (x2 − p2)y = 0 , die ausfuhrlich in der Vorlesung besprochen wurde.

Zusatzaufgabe 10.1:

(a) Ist die rechte Seite von y′ = 11−x

y um x0 = 0 , y0 beliebig, in eine Potenzreiheentwickelbar ?

(b) Lose die DGL y′ = 11−x

y zum AW y(0) = y0 einerseits mittels Trennung der Variablenund andererseits durch einen Potenzreihen-Ansatz. Bestimme den Konvergenzradius.

(c) Ist die Losung der DGL y′′ − xx−1

y′ + 1x−1

y = 0 zu den Anfangswerten y(0) = 1 ,y′(0) = 1 , in eine Potenzreihe entwickelbar ? Bestimme gegebenenfalls die ersten funfKoeffizienten.

Page 79: Analysis+3+Komplett

Losung zu Zusatzaufgabe 10.1:

(a) Ja, denn es gilt 11−x

=∑∞

k=0 xk fur |x| < 1 .

(b) Trennung der Variablen liefert ln(y)− ln(y0) = − ln(1− x) und daher y(x) = 11−x

y0 .

Der Potenzreihenansatz y(x) =∑∞

k=0 akxk liefert aus dem AW a0 = y0 und ansonsten

(1− x)∞∑

k=1

kakxk−1 = (1− x)y′ = y =

∞∑k=0

akxk .

Daraus ergibt sich∞∑

k=0

((k + 1)ak+1 − kak − ak)xk = 0

und somit die Rekursionsvorschrift a0 = y0 , ak+1 = kak+ak

k+1= ak . Also gilt ak = y0

fur alle k , und somit hat man die Potenzreihenentwicklung y(x) =∑∞

k=0 y0xk , die fur

|x| < 1 konvergiert.

(c) Die Koeffizienten − xx−1

=∑∞

k=0 xk+1 und 1x−1

= −∑∞

k=0 xk lassen sich in fur |x| < 1konvergente Potenzreihen entwickeln, also auch die Losung der DGL zu den gegebenenAnfangswerten.

Multiplikation der DGL mit (x − 1) liefert (x − 1)y′′ − xy′ + y = 0 , und setzt manden Ansatz y(x) =

∑∞n=0 anx

n ein, so ergibt sich

∞∑n=2

(x− 1)n(n− 1)anxn−2 −

∞∑n=1

nanxn−1 +

∞∑n=0

anxn = 0

Sortieren und wechseln der Indizes liefert

∞∑n=0

(−(n + 2)(n + 1)an+2 + (n + 1)(n− 1)an+1 + an) xn = 0

also an+2 = 1(n+2)(n+1)

((n2 − 1)an+1 + an) . Aus den Anfangswerten erhalt man a0 =

1 = a1 und damit a2 = 0 , a3 = 1/6 , a4 = 1/24 , a5 = 2/5! .

Zusatzaufgabe 10.2:

(a) Lose die durch die DGL u′′ + n−1r

u′ = λu gegebene Eigenwert-Gleichung des Laplace-Operators auf den rotationssymmetrischen Funktionen im Rn durch einen verallge-meinerten Potenzreihenansatz.

(b) Lost man die Laplace-Gleichung auf dem punktierten Kreis getrennt in Polarkoordi-naten (r, φ) , so ergibt sich mit den Eigenwerten k2 , k ∈ N0 , der zu φ gehorigenGleichung als DGL fur den rotationssymmetrischen Anteil u′′ + 1

ru′ − k2

r2 u = 0 . Losediese DGL durch einen verallgemeinerten Potenzreihenansatz.

(c) Fuhrt bei x2u′′ − (x + 1)u = 0 der verallgemeinerte Potenzreihenansatz zum Erfolg,oder treten logarihtmische Anteile auf ?

2

Page 80: Analysis+3+Komplett

Losung zu Zusatzaufgabe 10.2:

(a) Die Index-Gleichung lautet α(α−1)+(n−1)α = 0 , woraus sich α1 = 0 und α2 = 2−nergibt. Es liegt also immer der Fall α1 − α2 ∈ Z vor. Dieser ist hier aber ganzlichunproblematisch. Denn der Ansatz u =

∑k akr

k liefert∑k

akk(k − 1)rk−2 + (n− 1)akkrk−2 − λakrk = 0

und somit nach Sortierung und Indexverschiebung∑k

((k + 2)(k + n)ak+2 − λak) rk = 0

also ak+2 = λ(k+2)(k+n)

ak . Gibt man sich also irgendwelche a0, a1 vor, so erhalt maneine Reihendarstellung der Losung.

Ein Fundamentalsystem ist u1 =∑∞

k=0λk

2·····(2k+2)·n·····(k+n)r2k ( a0 = 1 , a1 = 0 ) und

u2 =∑∞

k=0λk

3·····(2k+3)·(n+1)·····(2k+n+1)r2k+1 ( a0 = 0 , a1 = 1 ), logarithmische Anteile

spielen keine Rolle.

(b) Die Index-Gleichung lautet α(α− 1) + α− k2 = 0 , also ergibt sich α1 = k , α2 = −k .Auch hier ist die Differenz immer ganzzahlig, aber der Fall ist fast immer unproblema-tisch: Ist k ∈ N , so ergeben sich u1(r) = rk und u2(r) = r−k als linear unabhangigeLosungen.

Nur im Fall α = 0 tritt neben der konstanten Losung u1(r) = 1 = r0 als zweiteLosung noch mit u2(r) = ln(r) ein logarithmischer Anteil auf.

(c) Nach Division durch x2 lautet die DGL u′′ − x+1x2 u = 0 . Die Index-Gleichung ist also

α(α − 1) + 0α − 1 = 0 , d.h. α2 − α − 1 = 0 ist zu losen, d.h. α = 1±√

52

sind dieNullstellen (goldener Schnitt).

Die Differenz der beiden Nullstellen ist√

5 6∈ Z , also fuhrt der verallgemeinerte Po-tenzreihenansatz zum Erfolg.

3

Page 81: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 10.3:

Die Lorenz-Gleichungen

x = σ(x− y)

y = ρx− y − xz

z = xy − βz

sind ein System von drei DGLen erster Ordnung mit drei positiven Parametern σ, ρ, β , dasnichtlinear ist und sogar fur gewisse Parameter einen chaotischen Attraktor besitzt, densogenannten Lorenz-Attraktor.Die Chaotizitat des Lorenz-Attraktors ist numerisch schon lange bekannt, wurde aber erstvor kurzem rigoros bewiesen. Da man die Lorenz-Gleichungen als starke Vereinfachung einesWetter-Modells ansehen kann, dient die Chaotizitat des Lorenz-Attraktors haufig als Be-grundung fur den sogenannten Schmetterlings-Effekt: Schon der Flugelschlag eines Schmet-terlings in Asien hat Einfluß auf das langfristige Wetter bei uns. Aufgrund der Chaotizitatist das Wetter also langfristig nicht genau vorhersagbar.Die folgenden Zusatzaufgaben untersuchen elementare Eigenschaften, die nichts mit derChaotizitat des Lorenz-Systems fur gewisse Parameter zu tun haben. Spielen kann manmit dem Lorenz-Attraktor z.B. auf http://to-campos.planetaclix.pt/fractal/lorenz eng.html.

(a) Zeige, daß die Lorenz-Gleichungen invariant unter (x, y, z) 7→ (−x,−y, z) ist.

(b) Zeige, daß die z -Achse ( x = 0 , y = 0 ) invariant ist und lose dort die DGl. Wohinstrebt das System dort langfristig ?

(c) Zeige, daß neben (0, 0, 0) fur ρ ≥ 1 auch die Punkte (√

β(ρ− 1),√

β(ρ− 1), ρ − 1)

und (−√

β(ρ− 1),−√

β(ρ− 1), ρ− 1) Ruhelagen sind.

Losung zu Zusatzaufgabe 10.3:

(a) trivial

(b) Dort gilt z = −βz , und die Losung z(t) = e−βt strebt fur t → 0 gegen Null.

(c) In (0, 0, 0) ist die rechte Seite offensichtlich der Nullvektor.

In den anderen beiden Punkten gilt wegen x = y ±√

β(ρ− 1) offensichtlich x = 0 ,und y = ρx− y − xz = (ρ− 1)x− x(ρ− 1) = 0 folgt mit z = ρ− 1 . Desweiteren istz = xy − βz = β(ρ− 1)− β(ρ− 1) = 0 .

4

Page 82: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Zusatzaufgaben zur Analysis III

Serie 11

Kurvenintegrale

• Das Kurvenintegral∫

γf(z) dz einer komplexen Funktion f : D ⊂ C → C entlang

einer Kurve γ : [a, b] → D kann man als den Grenzwert von Riemannschen Summen∫γ

f(z) dz := limmaxk |tk−tk−1|→0

n∑k=1

f(γ(tk)) (γ(tk)− γ(tk−1))

bzgl. immer feiner werdender Zerlegungen a = t0 < t1 < · · · < tn = b definieren.

Dieser Grenzwert und somit das Integral existiert zumindest fur stetige f und rekti-fizierbare γ . Dabei heißt γ rektifizierbar, wenn die Lange

L(γ) := supa=t0<t1<···<tn=b

n∑k=1

|γ(tk)− γ(tk−1)|

der Kurve γ endlich ist.

• Insbesondere sind stuckweise stetig differenzierbare Kurven γ rektifizierbar. Die Langeeiner solchen Kurve kann man durch

L(γ) =

∫ b

a

|γ′(t)| dt

berechnen, und das Kurvenintegral einer stetigen Funktion f entlang der Kurve durch∫γ

f(z) dz =

∫ b

a

f(γ(t))γ′(t) dt .

Diese beiden Formeln konnen im Fall stuckweise stetig differenzierbarer Kurven auchals Definition der Lange bzw. des Kurvenintegrals dienen.

• Rechenregeln fur Kurvenintegrale:

– Das Kurvenintegral ist linear in f und es gilt

|∫

γ

f(z) dz| ≤(

maxt∈[a,b]

|f(γ(t))|)

L(γ)

Page 83: Analysis+3+Komplett

– Das Kurvenintegral entlang von γ hangt nur von der Orientierung, nicht abervon der Parametrisierung von γ ab. Denn fur eine monoton wachsende stetigdifferenzierbare Bijektion φ : [a, b] → [a, b] gilt∫

γ◦φf(z) dz =

∫ b

a

f(γ(φ(t)))γ′(φ(t))φ′(t) dt =

∫ b

a

f(γ(s))γ′(s) ds =

∫γ

f(z) dz

nach der Substitutionsregel mit s := φ(t) . Entsprechend gilt fur die umorientierteKurve (−γ)(t) := γ(−t) die Regel∫

−γ

f(z) dz = −∫

γ

f(z) dz

– Definiert man zu Kurven γ1, γ2 , fur die der Endpunkt von γ1 mit dem Anfangs-punkt von γ2 ubereinstimmt, die Kurve γ1 + γ2 als diejenige, bei der man erstγ1 und anschließend γ2 durchlauft, dann gilt∫

γ1+γ2

f(z) dz =

∫γ1

f(z) dz +

∫γ2

f(z) dz

• Eine Kurve γ : [a, b] → C heißt geschlossen, wenn γ(a) = γ(b) gilt.

• Ein Gebiet D ist eine offene und beschrankte Teilmenge von C . Ein Gebiet D heißteinfach zusammenhangend, wenn es keine Locher in D gibt. Mathematisch praziserbedeutet dies, daß die Umlaufzahl n(γ, z) , die in Zusatzaufgabe 11.5 definiert wird,fur jede in D verlaufende geschlossene Kurve γ und jedes z 6∈ D gleich Null ist.

• Cauchyscher Integralsatz: Fur jede holomorphe Funktion f : D → C auf einemeinfach zusammenhangenden Gebiet D ⊂ C und jede geschlossene Kurve γ in D gilt∫

γf(z) dz = 0 .

Aquivalent: Fur jede holomorphe Funktion f : D → C auf einem einfach zusam-menhangenden Gebiet D ⊂ C und jede Kurve γ in D hangt

∫γf(z) dz nur vom

Anfangs- und Endpunkt von γ ab. Verbindet γ die Punkte z1 und z2 , so schreibtman daher auch

∫ z2

z1f(z) dz fur das Kurvenintegral entlang γ .

Allgemeiner: Ist das Gebiet D mehrfach zusammenhangend, aber die Umlaufzahl vonγ um jeden Punkt z 6∈ D gleich Null (solche Kurven nennt man nullhomolog), danngilt immer noch

∫γf(z) dz = 0 .

• Eine holomorphe Funktion F heißt Stammfunktion von f , wenn F ′ = f gilt. Zu jederholomorphen Funktion f auf einem einfach zusammenhangenden Gebiet existiert eineStammfunktion.

• Ist F auf dem Gebiet D eine Stammfunktion zu f und γ : [a, b] → D eine stetigdifferenzierbare Kurve, dann gilt

∫γf(z) dz = F (γ(b))− F (γ(a)) .

Aber Achtung: Die Stammfunktion muß wirklich auf einer Umgebung D der Kurveγ existieren, dies ist z.B. fur die Stammfunktion ln(z) von 1

zund den Rand γ des

Einheitskreises nicht der Fall, denn ln(z) ist nur auf C \ {z|<(z) ≤ 0} definiert undlaßt sich auch nicht weiter stetig fortsetzen, der Kreisrand liegt aber nicht innerhalbdieser Menge.

2

Page 84: Analysis+3+Komplett

• Cauchysche Integralformel: Fur jede holomorphe Funktion f : D → C auf einemeinfach zusammenhangenden Gebiet D ⊂ C und jede geschlossene Kurve γ in D ,die z0 ∈ D einmal umlauft, gilt f(z0) = 1

2πi

∫γ

f(z)z−z0

dz .

Allgemeiner: Fur mehrfach zusammenhangende Gebiete und nullhomologe Kurven γin D , die n(γ, z0) -mal um den Punkt z0 ∈ D herumlaufen, gilt n(γ, z0)f(z0) =1

2πi

∫γ

f(z)z−z0

dz .

Zusatzaufgabe 11.1:

Fur den positiv orientierten Rand des Einheitskreises γ : [−π, π] → C , γ(t) := eit , berechneman mittels der Definition

(a) die Lange L(γ) ,

(b) das Kurvenintegral∫

γz dz ,

(c) das Kurvenintegral∫

γ1zdz ,

(d) das Kurvenintegral∫

γiz dz .

Losung zu Zusatzaufgabe 11.1:

γ ist stetig differenzierbar mit γ′(t) = ieit , also kann man die Definition fur stuckweisestetig differenzierbare Wege verwenden. Damit gilt

(a)

L(γ) =

∫ π

−π

|γ′(t)| dt =

∫ π

−π

1 dt = 2π

(b) ∫γ

z dz =

∫ π

−π

eitieit dt = −∫ π

−π

sin(2t) dt + i

∫ π

−π

cos(2t) dt = 0

Hier hatte man auch mit dem Cauchyschen Integralsatz argumentieren konnen.

(c) ∫γ

1

zdz =

∫ π

−π

1

eitieit dt = 2πi

Das Ergebnis ist kein Widerspruch zum Cauchyschen Integralsatz, denn 1z

ist nurholomorph im nicht einfach zusammenhangenden Gebiet C \ {0} .

(d) ∫γ

iz dz =

∫ π

−π

(−i)e−itieit dt = 2π

Diese Integral kann man ubrigens benutzen, um beliebige Flacheninhalte auszurechnen:Umlauft γ in positiver Richtung das Gebiet D , dann liefert die Halfte des Realteilsdieses Integrals genau den Flacheninhalt von D (Beweis mittels des Satzes von Stokes).

3

Page 85: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 11.2:

(a) Zeige: Ist F auf dem Gebiet D eine Stammfunktion zu f und γ : [a, b] → D eineKurve, dann gilt

∫γf(z) dz = F (γ(b))− F (γ(a)) .

(b) Bestimme mittels einer Stammfunktion zu zn , n ∈ N , das Kurvenintegral∫

γzn dz

einer zwei (n + 1) -te Einheitswurzeln verbindenden Kurve γ .

(c) Berechne fur eine 1 + i und 2i verbindende Kurve, die nicht durch −1 lauft, dasKurvenintegral

∫γ

1(z+1)3

dz .

Losung zu Zusatzaufgabe 11.2:

(a) Es gilt nach der Kettenregel und dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung∫γ

f(z) dz =

∫ b

a

f(γ(t))γ′(t) dt =

∫ b

a

(F ◦ γ)′(t) dt = F (γ(b))− F (γ(a)) .

(b) Stammfunktion von f(z) = zn ist bis auf eine beliebige Konstante F (z) = 1n+1

zn+1 .

Auswertung von F in einer (n + 1) -ten Einheitswurzel ergibt 1n+1

, und die Differenz

zweier solcher Auswertungen ist daher Null. Also gilt∫

γzn dz = 0 .

(c) Stammfunktion auf C \ {−1} ist −12(z+1)2

, also gilt∫γ

1

(z + 1)3dz =

−1

2(2i + 1)2− −1

2(1 + i + 1)2=

1

6− 8i+

1

6 + 8i=

6

100

Zusatzaufgabe 11.3:

Das Argument arg(z) einer komplexen Zahl z 6= 0 ist der Winkel φ ∈ (−π, π] in derPolarkoordinaten-Darstellung z = reiφ . Beachte, daß φ nur bis auf Addition von Vielfachenvon 2π eindeutig bestimmt ist, erst unsere Forderung φ ∈ (−π, π] macht ihn eindeutig.

(a) Zeige, daß arg : C \ {x|x ≤ 0} → (−π, π) nicht zu einer stetigen Funktion auf einemgroßeren Gebiet D ⊂ C fortgesetzt werden kann.

(b) Zeige |ez| = e<(z) und arg(ez) = =(z) mod 2π . Folgere, daß ln(z) := ln |z|+ i arg(z)auf C \ {z|<(z) ≤ 0} eine Umkehrfunktion zu ez ist.

(c) Berechne die Ableitung von arg(z) = arctan(y/x) (bei z = x + iy , x > 0 ) auf derrechten Halbebene {z|<(z) > 0} .

Losung zu Zusatzaufgabe 11.3:

(a) Strebt eine Folge zn mit =(zn) < 0 gegen einen Punkt x < 0 und wn mit =(wn) > 0gegen dasselbe x , dann gilt arg(zn) → −iπ und arg(wn) → iπ , also unterscheidensich beide Grenzwerte um 2πi . Daher laßt sich arg nicht stetig in solch einen Punktx fortsetzen. Nahert man sich 0 auf verschiedenen Geraden durch 0 , so liefert einanaloges Argument, daß arg auch nicht stetig nach 0 fortgesetzt werden kann.

4

Page 86: Analysis+3+Komplett

(b) Die Polarkoordinaten-Darstellung von ez ist ez = e<(z)ei=(z) , also gilt |ez| = e<(z)

und arg(ez) = =(z) mod 2π . Daraus folgt, daß eln(z) den Betrag eln(|z|) = |z| unddas Argument arg(z) hat, also gerade z in Polarkoordinaten-Darstellung ist. Somitist eln(z) = z fur alle z , die nicht in R−

0 liegen.

(c) Wir nutzen∂

∂z=

1

2

(∂

∂x− i

∂y

)und erhalten so

arg′(z) =1

2

(1

1 + y2/x2

−y

x2− i

1

1 + y2/x2

1

x

)=

1

2

−y − ix

x2 + y2=

1

2

−iz

|z|2=

1

2iz

Zusatzaufgabe 11.4:

Berechne mittels der Cauchyschen Integralformel die Kurvenintegrale

(a)∫|z|=1

ez

zdz

(b)∫|z|=1

1/zz−2

dz

(c)∫|z+1|=1

2z2−1

dz

Losung zu Zusatzaufgabe 11.4:

(a) Da ez holomorph ist, gilt ∫|z|=1

ez

zdz = 2πie0 = 2πi .

(b) Da 1/(z − 2) in jedem Kreis um 0 vom Radius < 2 holomorph ist, gilt∫|z|=1

1/(z − 2)

zdz = 2πi

1

0− 2= −πi

(c) Da 1z2−1

= 1z−1

− 1z+1

gilt und der erste Summand holomorph in jedem Kreis um −1mit Radius < 2 ist, ergibt sich∫

|z+1|=1

2

z2 − 1dz = 0− 2πi(−1) = 2πi .

5

Page 87: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 11.5:

Zeige, daß n(γ, z0) := 12πi

∫γ

1z−z0

dz fur eine nicht durch z0 verlaufende geschlossene Kurveγ immer eine ganze Zahl ist, die angibt, wie haufig γ orientiert um z0 herumlauft. Dieganze Zahl n(γ, z0) nennt man daher die Umlaufzahl von γ um z0 .

Losung zu Zusatzaufgabe 11.5:

Ohne Einschrankung sei γ auf [0, 1] definiert. Wir betrachten

h(t) =1

2πi

∫ t

0

γ′(t)

γ(t)− z0

dt .

Es gilt offensichtlich h(0) = 0 und h(1) = n(γ, z0) , und wir wollen e2πih(1) = 1 zeigen, dannhaben wir die Behauptung bewiesen, denn e2πix = 1 gilt nur fur x ∈ Z .Betrachte nun g(t) := e−2πih(t)(γ(t)− z0) . Dann gilt

g′(t) = e−2πih(t)(γ(t)− z0)

(2πih′(t) +

γ′(t)

γ(t)− z0

)= 0 ,

denn h′(t) = 12πi

γ′(t)γ(t)−z0

. Also ist g(t) konstant gleich C , und mit dieser Konstanten gilt

Ce2πih(t) = γ(t) − z0 . Setzt man hier nun t = 0, 1 ein, so ergibt sich aufgrund der Ge-schlossenheit der Kurve γ rechts jeweils derselbe Wert, und daher auch links, also giltCe2πih(1) = Ce2πih(0) = C . Nun ist C aber auch ungleich Null, denn die rechte Seitevon Ce2πih(t) = γ(t) − z0 ist ungleich Null, da γ nicht durch z0 lauft. Also erhalt mane2πih(1) = 1 , was zu beweisen war.Zur anschaulichen Interpretation der Umlaufzahl: Nach dem Cauchyschen Integralsatz furmehrfach zusammenhangende Gebiete kann man statt uber γ auch uber Rander von Kreisenum z0 integrieren, und zwar uber genau so viele, wie γ um z0 herumlauft. Die Integrationuber den Rand eines solchen Kreises liefert aber immer 2πi als Wert. Integriert man alsouber n solche Kreisrander, dann ergibt sich n(γ, z0) = 1

2πi2πni = n .

6

Page 88: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07Serie 11

Abgabetermin: 16.1.2006 (Lehrer) bzw. 17.1.2006 (Physiker)

Aufgabe 11.1

a) Berechne das Kurvenintegral von f(z) := |z| entlang des Halbkreises γ1(t) := ei(π−t),t ∈ [0, π], und der Strecke γ2(t) := t, t ∈ [−1, 1], die beide −1 und 1 miteinanderverbinden.

b) Berechne∫

γz cos(z) dz entlang jeder −i mit i verbindenden Kurve γ.

Aufgabe 11.2Berechne durch Ermittlung einer holomorphen Stammfunktion entlang einer 1 + i und 2iverbindenden Kurve γ die Kurvenintegrale

a)∫

γcos((1 + i)z) dz ,

b)∫

γiz2 + 1− 2iz−2 dz ,

c)∫

γzeiz2

dz .

Aufgabe 11.3

a) Zeige, daß ln(z) := ln(|z|) + i arg(z) auf C \ {x|x ≤ 0} eine Stammfunktion zu 1z

ist.

b) Berechne das Kurvenintegral∫

γ1zdz entlang des positiv orientierten Randes des Ein-

heitskreises γ : [−π, π] → C, γ(t) := eit, einerseits mittels der Stammfunktion ln(z)und andererseits mittels der Cauchyschen Integralformel.

Aufgabe 11.4Berechne mittels der Cauchyschen Integralformel die Kurvenintegrale

a)∫|z|=2

sin(z)z+i

dz

b)∫|z|= 1

2

e1−z

z(1−z)2dz

c)∫|z−i|=1

zz2+1

dz

Page 89: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 11

Losung zu Aufgabe 11.1:

(a) Es gilt∫γ1

|z| dz =

∫ π

0

|γ1(t)|γ′1(t) dt =

∫ π

0

γ′1(t) dt = γ1(π)− γ1(0) = 1− (−1) = 2

und ∫γ2

|z| dz =

∫ 1

−1

|t|dt = 1 .

(b) Da z cos(z) holomorph ist, ist der Wert des Integrals unabhangig von der konkretgewahlten Kurve, entlang derer integriert wird. Es reicht also, das Integral langs einer−i und i verbindenden Kurve auszurechnen. Wir wahlen γ(t) := it , t ∈ [−1, 1] , underhalten ∫

γ

z cos(z) dz =

∫ 1

−1

γ(t) cos(γ(t))γ′(t) dt =

∫ 1

−1

it cos(it)i dt =

−∫ 1

−1

teit + e−it

2dt = t

ieit − ie−it

2|t=1t=−1 −

∫ 1

−1

ieit − ie−it

2dt =

iei − ie−i

2− ie−i − iei

2+

∫ 1

−1

eit − e−it

2idt = iei − ie−i +

∫ 1

−1

sin(t) dt = −2 sin(1)

Losung zu Aufgabe 11.2:

(a) f(z) = cos((1 + i)z) hat die Stammfunktion 11+i

sin((1 + i)z) , also gilt∫γ

cos((1 + i)z) dz =1

1 + isin((1 + i)2i)− 1

1 + isin((1 + i)2) =

1− i

2(sin(−2 + 2i)− sin(2i)) = −1 + i

4

((e−2 − 1)(cos(2) + i sin(2))− (e2 − 1)(cos(2)− i sin(2))

).

(b) f(z) = iz2 + 1− 2iz−2 hat die Stammfunktion i3z3 + z + 2iz−1 , also gilt∫

γ

iz2+1−2iz−2 dz =i

3(2i)3+(2i)+2i(2i)−1−

(i

3(1 + i)3 + (1 + i) + 2i(1 + i)−1

)=

7

3−2

3i .

(c) f(z) = zeiz2hat die Stammfunktion 1

2ieiz2

, also gilt∫γ

zeiz2

dz =1

2iei(1+i)2 − 1

2iei(2i)2 =

−i

2

(e−2 − cos(4) + i sin(4)

).

Page 90: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 11 2

Losung zu Aufgabe 11.3:

(a) Wir nutzen∂

∂z=

1

2

(∂

∂x− i

∂y

)und erhalten so mit ln(z) = 1

2ln(x2 + y2) + i arctan( y

x)

ln′(z) =1

2

(1

2

2x

x2 + y2− i

1

2

2y

x2 + y2

)+

i

2

(1

1 + y2/x2

−y

x2− i

1

1 + y2/x2

1

x

)=

z

2|z|2+ i

−iz

2|z|2=

1

2z+

1

2z=

1

z.

(b) ln(z) ist eine Stammfunktion von 1z

auf C \ {x|x ≤ 0} , also gilt∫γ

1

zdz = lim

a→−π,b→π

∫γ|[a,b]

1

zdz = lim

a→−π,b→πln(γ(b))− ln(γ(a)) = iπ − i(−π) = 2πi .

Mittels der Cauchyschen-Integralformel

f(z0) =1

2πi

∫γ

f(z)

z − z0

dz

angewandt auf die in ganz C holomorphe Funktion f(z) ≡ 1 und den Punkt z0 := 0erhalt man ebenso

1 =1

2πi

∫γ

1

z − 0dz ,

d.h.∫

γ1zdz = 2πi .

Losung zu Aufgabe 11.4:

(a) Da sin(z) holomorph ist, gilt∫|z|=2

sin(z)

z − (−i)dz = 2πi sin(−i) = −2πi sin(1) .

(b) Da e1−z/(1− z)2 auf jedem Kreis um 0 mit Radius < 1 holomorph ist, gilt∫|z|= 1

2

e1−z

z(1− z)2dz =

∫|z|= 1

2

e1−z/(1− z)2

z − 0dz = 2πie1−0/(1− 0)2 = 2πie .

(c) Da zz2+1

= z/2iz−i

− z/2iz+i

(komplexe Partialbruchzerlegung) gilt, z/2i holomorph auf ganzC ist und der zweite Summand in jedem Kreis um i mit Radius < 2 holomorph ist,gilt ∫

|z−i|=1

z

z2 + 1dz =

1

2i

∫|z−i|=1

z

z − idz + 0 = πi .

Page 91: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Zusatzaufgaben zur Analysis III

Serie 12

komplexe Potenzreihen

• Unter einer Potenzreihe mit Mittelpunkt(Entwicklungspunkt) z0 ∈ C versteht maneine Reihe der Form

∞∑k=0

ck(z − z0)k = c0 + c1(z − z0) + c2(z − z0)

2 + . . . .

• Eine auf einer offenen Menge U ⊂ C definierte Funktion f(z) heißt um z0 ∈ U in

eine Potenzreihe entwickelbar, wenn es eine Potenzreihe∞∑

k=0

ck(z − z0)k mit Entwick-

lungspunkt z0 ∈ C gibt, so dass

f(z) =∞∑

k=0

ck(z − z0)k

fur alle z ∈ U(z0) .

• Es gibt eine Zahl 0 ≤ r < ∞ , genannt Konvergenzradius, derart, dass die Potenzreihe∞∑

k=0

ck(z − z0)k fur |z − z0| < r absolut gegen f(z) konvergiert und fur |z − z0| > r

divergiert. r = ∞ schreibt man, wenn die Potenzreihe fur alle z ∈ C konvergiert.

• Berechnung des Konvergenzradius

Quotientenkriterium:

r = limk→∞

∣∣∣∣ ck

ck+1

∣∣∣∣Wurzelkriterium:

r = limk→∞

1k√|ck|

Laurent-Reihen, Residuum

• Eine Laurent-Reihe ist eine Reihe der Form∞∑

k=−∞

ck(z − z0)k.

Sie heißt konvergent in z1 , wenn die Reihen∞∑

k=0

ck(z1 − z0)k und

∞∑k=1

c−k(z1 − z0)−k

konvergieren, die Summe dieser beiden Reihen ist dann der Wert von∞∑

k=−∞ck(z− z0)

k

in z1 .

Page 92: Analysis+3+Komplett

• Die Reihe∞∑

k=1

c−k(z − z0)−k =

−∞∑k=−1

ck(z − z0)k heißt Hauptteil,

∞∑k=0

ck(z − z0)k hießt

Nebenteil der Laurent-Reihe.

• In einer Umgebung U ⊆ C holomorphe Funktionen sind in eine Potenzreihe entwickel-bar, d.h. der Hauptteil der Laurent-Reihe ist Null.

• Ein Punkt z0 ∈ C heißt isolierte Singularitat von f(z) , wenn f(z) in einer Umgebungvon z0 mit Ausnahme des Punktes z0 selber definiert und holomorph ist.

• Ist z0 eine isolierte Singularitat von f(z) und∞∑

k=−∞ck(z−z0)

k die Laurent-Reihe von

f(z) , dann heißt der Koeffizient c−1 das Residuum von f(z) an der Stelle z0 .

Bezeichnung: resz0f(z)

• Residuensatz: Ist die Funktion f(z) im abgeschlossenen Bereich U holomorph mitAusnahme endlich vieler Punkte z1, . . . , zn , die im Inneren von U liegen, dann giltfur das Integral uber die Randkurve γ∫

γ

f(z)dz = 2πin∑

k=1

reszkf(z).

Zusatzaufgabe 12.1: Man stelle die Potenzreihe (mit der Entwicklungsstelle z0 = 2 ) fur

folgende Funktion auf und bestimme deren Konvergenzradius

f(z) =1

z − 3.

Losung zu Zusatzaufgabe 12.1:

Man kann

f(z) =1

z − 3=

−1

1− (z − 2)

schreiben und die komplexe geometrische Reihe verwenden:

f(z) = −∞∑

k=0

(z − 2)k

Die geometrische Reihe konvergiert, wenn |q| = |z−2| < 1 gilt. Also ist der Konvergenzradiusr = 1 um den Punkt 2 ∈ C .

2

Page 93: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 12.2: Man bestimme die Laurent-Reihe von

f(z) =1

z2 − 5z + 6

um z0 = 2 . Ermittle daraus res2f(z) .Losung zu Zusatzaufgabe 12.2:Durch Partialbruchzerlegung und unter Verwendung von 12.1 erhalt man:

f(z) =1

z2 − 5z + 6=

1

(z − 3)(z − 2)=

1

z − 3− 1

z − 2= −

∞∑k=0

(z−2)k− 1

z − 2= −

∞∑k=−1

(z−2)k

Man beachte, dass die Laurent-Entwicklung von (−1)/(z − 2) = (−1)(z − 2)−1 nur ausdiesem Summanden besteht und dass 1/(z − 3) holomorph ist in einer Umgebung von 2 ,d.h. der Hauptteil der Laurent-Reihe ist Null dort. Damit gilt res2f(z) = c−1 = −1 .

Zusatzaufgabe 12.3:

Man bestimme durch Anwendung des Residuensatzes das reelle Integral

2π∫0

1

2 + sin(t)dt.

Losung zu Zusatzaufgabe 12.3:Im Komplexen gilt sin(t) = 1

2i(eit− e−it) und wenn t das Intervall [0, 2π] durchlauft, dann

durchlauft z = eit den Einheitskreis. Also kann das Integral als Kurvenintegral uber demEinheitskreis |z| = 1 geschrieben werden, mit der Substitution z = eit . Der Integrand isteine rationale Funktion von z ; der Residuensatz laßt sich anwenden (nur z = −2+

√3 liegt

im Inneren vom Einheitskreis) und liefert:

2π∫0

1

2 + sin(t)dt =

∫|z|=1

1

2 + 12i

(z − 1z)

1

izdz = 2

∫|z|=1

1

z2 + 4zi− 1dz =

4πires−2+√

3

1

z2 + 4zi− 1= 4πi

1

2√

3i=

2π√3

Man beachte bei obiger Rechnung, das die Funktion f(z) genau eine Singularitat im Inneresdes Einheitskreises z0 = −2+

√3 besitzt. Das Residuum von f(z) an der Stelle z0 = −2+

√3

bestimmt man analog zur Vorgehensweise unter 12.2.

3

Page 94: Analysis+3+Komplett

Vorlesung: Prof. Dr. Manfred Kruppel www.math.uni-rostock.de/∼merker/Ubungen: Dr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller www.math.uni-rostock.de/∼mgruttm/

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt GymnasiumWS 06/07Serie 12

Abgabetermin: 23.1.2006 (Lehrer) bzw. 24.1.2006 (Physiker)

Aufgabe 12.1Man stelle die Potenzreihe (mit der Entwicklungsstelle z0 = 0) fur folgende Funktion aufund bestimme deren Konvergenzradius

f(z) = ez+i π .

Aufgabe 12.2Man stelle die Potenzreihe (mit der Entwicklungsstelle z0 = 0) fur folgende Funktion aufund bestimme deren Konvergenzradius

f(z) =z

4 + z2.

Hinweis: Man fuhre zunachst Partialbruchzerlegung durch und versuche anschließend, diekomplexe geometrische Reihe zu verwenden:

∞∑k=0

zk =1

1− z∀z : |z| < 1.

Aufgabe 12.3Man bestimme die Laurent-Reihe von

f(z) =1

z2 + 4z + 1

um z1 = −2+√

3 und um z2 = −2−√

3. Ermittle daraus resz1f(z) und resz2f(z). Welcherdieser beiden Punkte z1, z2 liegt im Kreis U = {z : 0 ≤ |z| <= 1}?Hinweis: Partialbruchzerlegung und komplexe geometrische Reihe.

Aufgabe 12.4Man bestimme durch Anwendung des Residuensatzes das reelle Integral

2π∫0

1

2 + cos(t)dt.

Hinweis: Man schreibe cos(t) = 12(eit + e−it) und beachte, dass wenn t das Intervall [0, 2π]

durchlauft, dann durchlauft z = eit den Einheitskreis.

Page 95: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Ubung Analysis III fur Physiker und Lehramt Gymnasium

Losungen Serie 12

Losung zu Aufgabe 12.1: Die Potenzreihe von f(z) = ez+i π mit der Entwicklungsstellez0 = 0 erhalt man wie folgt:

ez+i π = ei π ez = ei π

∞∑k=0

zk

k!= (cos(π) + i sin(π))

∞∑k=0

zk

k!=

∞∑k=0

−1

k!zk.

Den Konvergenzradius bestimmt man mit dem Quotientenkriterium

r = limk→∞

∣∣∣∣ ck

ck+1

∣∣∣∣ = limk→∞

∣∣∣∣k + 1

k

∣∣∣∣ = ∞.

Dabei bedeutet r = ∞ , dass die Potenzreihe fur alle z ∈ C konvergiert.

Losung zu Aufgabe 12.2: Die Funktion f(z) = z4+z2 kann man in zwei Partialbruche

zerlegen:

f(z) =z

4 + z2=

z

(z + 2i)(z − 2i)=

1

2

1

z + 2i+

1

2

1

z − 2i=

1

4i

1

1− z−2i

− 1

4i

1

1− z2i

.

Weiter ergibt sich unter Verwendung der komplexen geometrischen Reihe fur∣∣ z±2i

∣∣ < 1 , d.h.fur |z| < 2

f(z) =1

4i

∞∑k=0

(z

−2i

)k

− 1

4i

∞∑k=0

( z

2i

)k

=∞∑

k=0

1

4i

(1

(−2i)k− 1

(2i)k

)zk.

Fur gerades k werden die Koeffizienten ck Null, damit lasst sich f(z) weiter vereinfachenzu

f(z) =∞∑

k=0

1

(2i)2k+2z2k+1.

Den Konvergenzradius kann man aus dem Konvergenzradius der geometrischen Reihe odermit dem Wurzelkriterium bestimmen.

r = limk→∞

1k√|ck|

= limk→∞,k ungerade

|2i| = 2.

Page 96: Analysis+3+Komplett

Analysis III, Prof. Dr. Kruppel, WS 06/07, Blatt 12 2

Losung zu Aufgabe 12.3: Wir machen die Partialbruchzerlegung von f(z) und entwickelndie einzelnen Bruche zuerst an der Stelle z1 = −2 +

√3 und spater an der Stelle z2 =

−2−√

3 .

f(z) =1

z2 + 4z + 1=

1

(z − z1)(z − z2)=

1

2√

3

1

z − z1

− 1

2√

3

1

z − z2

Den Partialbruch 1/(z − z2) kann man so schreiben, dass man die komplexe geometrischeReihe verwenden kann. Dies ergibt:

f(z) =1

2√

3

1

z − z1

− 1

2√

3

1

2√

3

1

1− z−z1

−2√

3

=1

2√

3

1

z − z1

− 1

12

∞∑k=0

1

(−2√

3)k(z − z1)

k.

Dabei ist 1/(z − z2) holomorph bei z1 , also ohne Hauptteil. Die Laurententwicklung von1/2

√31/(z − z1) besteht nur aus ebendiesem Summanden. Also ist resz1f(z) = 1/2

√3 .

Analog ist

f(z) =1

2√

3

1

z − z1

− 1

2√

3

1

z − z2

=1

2√

3

1

−2√

3

1

1− z−z2

2√

3

− 1

2√

3

1

z − z2

=

− 1

12

∞∑k=0

1

(2√

3)k(z − z2)

k − 1

2√

3

1

z − z2

und damit resz2f(z) = −1/2√

3 .

Losung zu Aufgabe 12.4:Im Komplexen gilt cos(t) = 1

2(eit + e−it) und wenn t das Intervall [0, 2π] durchlauft, dann

durchlauft z = eit den Einheitskreis. Also kann das Integral als Kurvenintegral uber demEinheitskreis |z| = 1 geschrieben werden, mit der Substitution z = eit . Der Integrand isteine rationale Funktion von z ; der Residuensatz laßt sich anwenden (nur z = −2+

√3 liegt

im Inneren vom Einheitskreis) und liefert:

2π∫0

1

2 + cos(t)dt =

∫|z|=1

1

2 + 12(z + 1

z)

1

izdz =

2

i

∫|z|=1

1

z2 + 4z + 1dz =

4πres−2+√

3

1

z2 + 4z + 1=

2π√3

Page 97: Analysis+3+Komplett

Institut fur Mathematik der Universitat Rostock WS 2006/07Prof. Dr. Manfred KruppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Gruttmuller

Klausurvorbereitung zur Analysis III

Zusatzaufgabe 11.1:

Lose die folgenden Differentialgleichungen erster Ordnung zum Anfangswert y(0) = y0 undprufe, ob die Losung eindeutig ist.

(a) y′ = (2x + 1)y

(b) y′ = 3(xy)2

(c) y′ = 5√

(1 + y)2

(d) y′ = cos(x)(1 + y2)

(e) y′ = 4x3(y2)1/3

(f) y′ = ex−y

Zusatzaufgabe 11.2:

Lose die folgenden Bernoulli- und Riccati-DGLen:

(a) y′ + xy + (13− x2)y4 = 0

(b) y′ − 2xy − y2 = 2

(c) y′ + xy + xy3 = 0

(d) y′ + y1+x

+ (1 + x)y4 = 0

(e) y′ − y + exy2 + 5e−x = 0

Zusatzaufgabe 11.3:

Prufe, ob die folgenden DGLen exakt sind, und finde andernfalls einen integrierenden Faktor.Lose anschließend die DGL (zum gegebenen Anfangswert):

(a) (y2exy + 3x2y) dx + (x3 + (1 + xy)exy) dy = 0 zum Anfangswert y(0) = 0

(b) y dx + 2x dy = 0 zum Anfangswert y(1) = 1/2

(c) (sin(xy) + xy cos(xy)) dx + x2 cos(xy) dy = 0 zum Anfangswert y(1) = π/2

(d) y(1 + xy) dx− x dy = 0

(e) (2x2 + 2xy2 + 1)y dx + (3y2 + x) dy = 0 zum Anfangswert y(1) = 0

(f) (cos(x + y2) + 3y) dx + (2y cos(x + y2) + 3x) dy = 0

(g) (xy2 − y3) dx + (1− xy2) dy = 0

Page 98: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 11.4:

Lose die folgenden DGLen zweiter Ordnung:

(a) y′′ + y′ = e−x

(b) x2y′′ + 2xy′ − 1 = 0

(c) y′′ = −x(y′)2

(d) 2x2y′′ + (y′)3 = 2xy′

(e) x2y′′ = (y′)2

(f) y′y′′ = 2 zum Anfangswert y(0) = 1 , y′(0) = 2 und y′′ = f(y)

(g) y′′ + y = 0

(h) y′′ − y = 0

(i) y′′ − 3y2 = 0 zum Anfangswert y(0) = 2 , y′(0) = 4

(j) yy′′ + (y′)2 = 0

(k) y2y′′ + y = 0

(l) 2y2y′′ + 2y(y′)2 = 1

Zusatzaufgabe 11.5:

Lose die folgenden linearen DGLen hoherer Ordnung:

(a) y′′′ − y′′ − y′ + y = 2e−x

(b) y′′′ + y′′ + y′ + y = e−x

(c) y′′′ − y′ = 2 sin(x)

(d) y′′′ + 4y′ = x

(e) y′′′ − 3y′′ + 2y′ = x + ex

(f) y′′′ − 2y′′ + y′ = x3 + 2ex

(g) y′′′′ + y′′′ = x

Zusatzaufgabe 11.6:

Lose die folgenden linearen Systeme von DGLen erster Ordnung:

(a) y′ =

(1 14 1

)y

(b) y′ =

(2 −13 −2

)y +

(et

t

)

(c) y′ =

(1 14 −2

)y +

(e−2t

−2et

)

2

Page 99: Analysis+3+Komplett

(d) y′ =

(1

√3√

3 −1

)y +

(et

√3e−t

)

(e) y′ =

(4 −28 −4

)y +

(t−3

−t−2

)

(f) y′ =

1 −2 02 0 −14 −2 −1

y

(g) y′ =

−1 1 30 2 00 1 2

y +

xe2x + 1e2x

xe2x

Zusatzaufgabe 11.7:

Prufe, ob die folgenden Funktionen holomorph in ihrem Definitionsbereich sind ( z = x+iy ):

(a) f(z) = zz

(b) f(z) = ex(cos(y) + i sin(y))

(c) f(z) = x2 + y2 − 2ixy

(d) f(z) = ix+yx2+y2

(e) f(z) = z2|z|

(f) f(z) = cos(x) cosh(y)− i sin(x) sinh(y)

(g) f(z) = x3y2 + ix2y3

Zusatzaufgabe 11.8:

Gibt es eine holomorphe Funktion f : C → C , die der angegebenen Bedingung genugt ?Ermittle gegebenenfalls jede solche Funktion ( z = x + iy ) .

(a) <(f) = x2 − y2

(b) <(f) = x2 + y2

(c) <(f) = 2x3 − 6xy2 + x2 − y2 − y

(d) <(f) = x2 − y2 + e−y sin(x)− ey cos(x)

(e) |<(f(z))| ≤ e−x2, f(0) = 1 .

3

Page 100: Analysis+3+Komplett

Zusatzaufgabe 11.9:

Bestimme die folgenden Kurvenintegrale:

(a)

∫|z+2i|=2

z

(z + 1)(z + 3i)dz

(b)

∫|z−2i|=1

ln(z)

z(iz + 2)dz

(c)

∫|z|=2

ez

(z + 1)(z − 3)2dz

(d)

∫|z|=2

sin(z)

z + idz

(e)

∫|z|=1

1

(z − a)(z − b)dz fur |a|, |b| 6= 1

(f)

∫|z+2i|=2

1

z2 + 1dz

4

Page 101: Analysis+3+Komplett

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Prof. Dr. Manfred KrüppelDr. Jochen Merker, Dr. Martin Grüttmüller

Klausur Analysis III für Physiker und Lehramt Gymnasium

Bitte in Druckschrift ausfüllen.Name: Vorname:

Matrikelnummer:

1 2 3 4 5 6 Σ

Aufgabe 1 (5 Punkte)

Bestimme die Lösung y(x) der Differentialgleichung y′ = 2xe−y zum Anfangswert y(0) = y0. Warum istdie Lösung eindeutig ?

Aufgabe 2 (8 Punkte)

(a) Löse die Bernoullische Differentialgleichung y′ − y + xy3 = 0.

(b) Bestimme einen integrierenden Faktor für die Differentialgleichung (x + y2) dx + xy dy = 0 und lösedie nach Multiplikation mit diesem Faktor entstehende exakte Differentialgleichung implizit. Wielautet die explizite Lösung zum Anfangswert y(−3) =

√2 ?

Aufgabe 3 (8 Punkte)

(a) Bestimme die allgemeine Lösung der linearen Differentialgleichung y′′ = 1xy′ − 2

x zweiter Ordnung,deren rechte Seite nur von y′ und x abhängt.

(b) Löse die Differentialgleichung y′′ = −14y3 zweiter Ordnung, deren rechte Seite nur von y abhängt, zum

Anfangswert y(0) = 1, y′(0) = 1/2.

Aufgabe 4 (6 Punkte)

Löse die inhomogene lineare Differentialgleichung y′′′ + 3y′′ − 4y = 9ex dritter Ordnung mit konstantenKoeffizienten.

Aufgabe 5 (7 Punkte)

Löse das lineare System

y′ =(

3 −25 −4

)y + b(x)

zunächst im homogenen Fall b(x) ≡ 0 und dann für die Inhomogenität b(x) =(

ex

−ex

)durch Variation

der Konstanten.

Aufgabe 6 (6 Punkte)

(a) Ist die Funktion f(x + iy) = (x3 − 3xy2 + x) + i(3x2y − y3 + y) holomorph ?

(b) Bestimme1

2πi

∫γ

eπz

z − idz für die Kurve γ(t) = i + e2πit, t ∈ [0, 1].

1

Page 102: Analysis+3+Komplett

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Prof. Dr. Manfred KrüppelDr. Jochen Merker, Dr. MartinGrüttmüller

Klausur Analysis III für Physiker und Lehramt Gymnasium

Aufgabe 1 (4+1 Punkte)

Trennung der Variablen liefert

ey(x) − ey0 =∫ y(x)

y(0)ey dy =

∫ x

02x dx = x2

und also y(x) = ln(x2 + ey0).Eindeutigkeit kann man damit begründen, daÿ man bei Trennung der Variablen wegen e−y 6= 0 nichtdurch Null geteilt hat, also nur Äquivalenzumformungen durchgeführt hat, so daÿ die ermittelte Lösungauch die einzige ist.Ein anderes korrektes Argument wäre, daÿ die rechte Seite als stetig di�erenzierbare Funktion in y auchlokal Lipschitz-stetig ist, was nach dem Satz von Picard-Lindelöf die Eindeutigkeit garantiert.

Aufgabe 2 (4+4 Punkte)

(a) Die Substitution z := y1−3 = y−2 liefert die lineare DGL z′ = −2 y′

y3 = −2z+2x für z. Die homogeneLösung ist zh(x) = Ce−2x, eine partikuläre Lösung ist zp(x) = x − 1

2 , die Gesamtlösung ist alsoz(x) = zh(x) + zp(x). Rücksubstitution liefert y(x) = 1q

Ce−2x+x− 12

.

(b) Es gilt ∂∂y (x + y2) = 2y 6= y = ∂

∂x(xy), also ist die Di�erentialgleichung nicht exakt.

Jedoch existiert ein integrierender Faktor µ(x), denn die Exaktheitsbedingung µy(x + y2) + µ2y =µxxy + µy liefert dann µx = 1

xµ mit einer nur von x abhängigen rechten Seite. Ein möglicherintegrierender Faktor ist daher µ(x) = x.

Nach Multiplikation mit diesem ergibt sich die exakte DGL (x2 + xy2) dx + x2y dy = 0. Die Lösungist implizit durch Φ(x, y) = C gegeben mit einem Φ, das Φx = x2+xy2 und also Φ = x3

3 + x2y2

2 +C(y)erfüllt, wobei x2y + C ′(y) = x2y und also C ′ = 0 gilt, z.B. C(y) = 0. Lösungen der DGL sind alsoimplizit durch x3

3 + x2y2

2 = C gegeben.

Der Anfangswert liefert C = 0, also ist die explizite Lösung zu diesem Anfangswert y(x) =√

−23 x.

Aufgabe 3 (4+4 Punkte)

(a) Substitution z := y′ liefert z′ = 1xz− 2

x , die homogene Lösung ist zh(x) = Cx, eine partikuläre Lösungist zp(x) = 2, und somit ist die Gesamtlösung z(x) = Cx+2. Integration liefert y(x) = Cx2+D+2xals allgemeine Lösung.

Eine alternative Methode wäre Reduktion der Ordnung mittels der o�ensichtlichen Lösung yp(x) =2x.

(b) Nach Multiplikation mit y′ ergibt sich ((y′)2/2)′ = (1/8y2)′. Also ist die Energie (y′)2/2−1/8y2 = Ckonstant. Aus dem Anfangswert ergibt sich C = 0 und somit y′ = 1/2y, d.h. y2 = x + 1 bzw.y(x) =

√x + 1.

Aufgabe 4 (6 Punkte)

Das charakteristische Polynom ist λ3 + 3λ2 − 4 = (λ− 1)(λ + 2)2, also lautet die Lösung der homogenenDGL yh(x) = C1e

x + C2e−2x + C3xe−2x.

Der Ansatz yp(x) = Axex liefert Aex(x + 3) + 3Aex(x + 2)− 4Axex = 9ex und somit 3A + 6A = 9, d.h.A = 1.

1

Page 103: Analysis+3+Komplett

Alternativ liefert Variation der Konstanten das lineare GLS

C ′1e

x + C ′2e

−2x + C ′3xe−2x = 0

C ′1e

x − 2C ′2e

−2x + C ′3e

−2x(−2x + 1) = 0

C ′1e

x + 4C ′2e

−2x + C ′3e

−2x(4x− 4) = 9ex ,

das nach Gauÿ zu

C ′1e

x + C ′2e

−2x + C ′3xe−2x = 0− 3C ′

2e−2x + C ′

3(−3x + 1)e−2x = 03C ′2e

−2x + C ′3(3x− 4)e−2x = 9ex ,

und ebenso zu

C ′1e

x + C ′2e

−2x + C ′3xe−2x = 0− 3C ′

2e−2x + C ′

3(−3x + 1)e−2x = 0− 3C ′3e

−2x = 9ex ,

äquivalent ist. Daraus ergibt sich C ′3 = −3e3x, d.h. C3 = −e3x, sowie C ′

2 = (3x − 1)e3x, d.h. C2 =13(3x− 2)e3x, und C ′

1 = 1, d.h. C1 = x.Also erhält man yp(x) = xex + 1

3(3x− 2)ex− xex = xex− 23ex als eine partikuläre Lösung, und den Term

−23ex kann man in der homogenen Lösung verstecken.

Aufgabe 5 (7 Punkte)

Die Matrix hat das charakteristische Polynom (3− λ)(−4− λ) + 10 = λ2 + λ− 2 = (1− λ)(−2− λ) unddaher die Eigenwerte 1 und −2. Den Eigenvektor zum Eigenwert 1 bestimmt man als Lösung von(

2 −25 −5

)v = 0

zu v =(

11

). Zum Eigenwert −2 ergeben sich die Eigenvektoren aus

(5 −25 −2

)v = 0 .

zu v =(

25

).

Die allgemeine Lösung des homogenen Systems ist also

yh(x) = C1ex

(11

)+ C2e

−2x

(25

).

Variation der Konstanten für das inhomogene System liefert das GLS(ex 2e−2x

ex 5e−2x

) (C ′

1

C ′2

)=

(ex

−ex

)und also C ′

2 = −23 e3x und C ′

1 = 73 , z.B. C2 = −2

9e3x und C1 = 73x .

Somit lautet eine partikuläre Lösung yp(x) = 73xex

(11

)− 2

9ex

(25

). Die Gesamtlösung des inhomogenen

Systems ist dann

y(x) = C1ex

(11

)+ C2e

−2x

(25

)+

73xex

(11

)− 2

9ex

(25

).

Aufgabe 6 (6 Punkte)

(a) Es gilt f(z) = z3 + z, und als Polynom in z ist f holomorph.

Alternativ: Die Cauchy-Riemannschen DGL ∂u∂x = 3x2 − 3y2 + 1 = ∂v

∂y und ∂u∂y = −6xy = − ∂v

∂x sinderfüllt.

(b) Der Wert ist nach der Cauchyschen Integralformel f(z) = 12πi

∫∂Br(z)

f(ξ)ξ−z dξ gerade eπi = −1.

Alternativ: Es gilt 12πi

∫γ

eπz

z−i dz =∫ 10

eπi+πe2πit

e2πit e2πit dt = eπi∫ 10 eπe2πit

dt und die Substitution u :=πe2πit liefert du = 2π2ie2πit dt, also eπi

∫S1

eu

2πieu du = eπi = −1.

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