Anforderungen an mündige Nutzer des Gesundheitswesens · Mikro Meso Makro Prof. Dr. Marie-Luise...

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Informationsvermittlung – der mündige Patient in der Arzt- Patienten-Beziehung Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009 Prof. Dr. Marie-Luise Dierks Inst. Für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Medizinische Hochschule Hannover Arbeitsschwerpunkt Patienten und Konsumenten Patientenuniversität an der MHH Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009 Sich gesundheitsbewusst verhalten Umgang mit Wellness- und Gesundheitskonsumangeboten (z.B. Life-Style- Medikamente, functional food) Adäquate Entscheidungen in bezug auf den Leistungsumfang von Krankenversicherungen treffen Informationen zu Gesundheit und Krankheit finden, verstehen und umsetzen Neue Informationstechnologien nutzen Anforderungen an mündige Nutzer des Gesundheitswesens Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009 Sich aktiv an Entscheidungen beteiligen Sich im Gesundheitssystem zurechtfinden Die adäquate Behandlungseinrichtung finden (Stichworte Qualität und Transparenz) Patientenrechte kennen und einfordern Patienteninteressen vertreten Anforderungen an mündige Nutzer des Gesundheitswesens

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Informationsvermittlung – der mündige Patient in der Arzt-Patienten-Beziehung

Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009

Prof. Dr. Marie-Luise DierksInst. Für Epidemiologie, Sozialmedizin und GesundheitssystemforschungMedizinische Hochschule Hannover

Arbeitsschwerpunkt Patienten und KonsumentenPatientenuniversität an der MHH

Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009

Sich gesundheitsbewusst verhaltenUmgang mit Wellness- und Gesundheitskonsumangeboten (z.B. Life-Style-Medikamente, functional food) Adäquate Entscheidungen in bezug auf den Leistungsumfang von Krankenversicherungen treffen Informationen zu Gesundheit und Krankheit finden, verstehen und umsetzenNeue Informationstechnologien nutzen

Anforderungen an mündige Nutzer des Gesundheitswesens

Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009

Sich aktiv an Entscheidungen beteiligenSich im Gesundheitssystem zurechtfinden

Die adäquate Behandlungseinrichtung finden(Stichworte Qualität und Transparenz)Patientenrechte kennen und einfordernPatienteninteressen vertreten

Anforderungen an mündige Nutzer des Gesundheitswesens

Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009

Patientenrechte

Informed consent

Wahlfreiheit im ambulanten Bereich

Förderung der organisierten SelbsthilfeEtablierung unabhängiger Patientenberatung

Hilfe im Umgang mit Behandlungsfehlern

Beteiligung in Entscheidungsgremien (§ 140 f

SGB V)

Elektronische Gesundheitskarte

Mündige Patienten -Rahmenbedingungen

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Patient Kunde

Nutzer im Gesundheitswesen – mündige Akteure?

Be-werter

Versi-cherte

Partner Bürger

Mitgestalter

Mikro MakroMeso

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Mündige Patienten?

Früher der entmündigte, dann der mündige und heute schon fast der den Arzt bevormundende Patient (Deutsches Ärzteblatt, 29.6.2001)

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Wunsch nach Beteiligung an Entscheidungen – Patienten im europäischen Vergleich (Coulter 2002)

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44,8

Mündige Patienten?

63,0

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Patienten haben ein hohes Interesse an einer Einbeziehung in die medizinische Entscheidung.

Sie führt (insbesondere bei chronischen Erkrankungen)

zu höherem Wissen über Behandlungsmöglichkeitenzu realistischeren Erwartungen über den Verlauf zu höherer Entscheidungssicherheit zu höherer Patientenzufriedenheit.

Darüber hinaus konnte in einigen Studien auch eine beständigere Umsetzung der gewählten Behandlung und eine höhere Therapiewirksamkeit belegt werden.

Systematic review of the effects of shared decision -making on patient satisfaction, treatment adherenc e and health status.Joosten EA , DeFuentes-Merillas L , de Weert GH , Sensky T , van der Staak CP , de Jong CA .

Mündige Patienten?

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Sozialschicht

Art der Erkrankung Gesundheitszustand

Krankheitsstadium

Krankheitserleben

Alter

Faktoren, die den Wunsch nach Partizipation beeinflussen

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autonom fremdbestimmt partnerschaftlich

%

Wunsch nach partnerschaftlicher EntscheidungHochaltrige Patienten in geriatrischer Rehabilitation

46%Arzt, Angehörigeund ich

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„Stil“ und Ermunterung der Professionellen

Faktoren, die den Wunsch nach Partizipation beeinflussen

Unterschätzung der Partizipationsbe-

reitschaft

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Trotz der Versuche des Gesetzgebers, den Gedanken der Nutzerorientierung – und beteiligung im System zu implementieren, hinkt die strukturelle Realität der Institutionen hinterher, steht dieser immer noch im Widerspruch zu einer Reihe von Leitbildern, Verhaltensmustern und Organisationsabläufen bei Institutionen des Gesundheitswesen.

Mündige Patienten?

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Patienteninformationsblatt ambulante Rehabilitation

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Kommunikation und Information –

Immer wieder von Patienten bemängelt und im System nicht ausreichend eingelöst

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+Sehr guter Zugang zu medizinischen Leistungen Sehr kurze WartezeitenGute Versorgung chronisch kranker PatientenZeitnahe BefundeNiedrige Rate von Infektionen im Krankenhaus

Studie des Commonwealth Fund (CWF), 2006Kanada, Australien, Neuseeland, Großbritannien,USA, Deutschland

_Koordination von Leistungserbringern und -sektoren

Entlassungsmanagement im stationären Bereich

Information

Kommunikation

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Information und Kommunikation

66% nicht immer vollständige Aufklärung über Behandlungsalternativen

49% Behandlungsziele werden nicht immer erklärt

46% nicht immer Hinweise auf mögliche Warnsymptome

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Missverständnisse in der KommunikationBehandler …

…. unterschätzen den Informationsbedarf der Patienten

…. unterschätzen die Fähigkeit von Patienten, komplexe Sachverhalte zu verstehen

…. geben Informationen in schwer verständlicher Sprache

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Missverständnisse in der KommunikationBehandler …

…. ohne zu beachten, wie aufnahmefähig Patienten zum Zeitpunkt der Informationsvermittlung sind

…. Vergewissern sich nicht, ob die Patienten die Information tatsächlich verstanden haben.

…. unter Zeitdruck…. häufig ohne unterstützende Materialien... sind nicht hinreichend ausgebildet

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Missverständnisse in der KommunikationPatientinnen und Patienten …

…. scheuen sich, explizit nachzufragen…. befinden sich häufig in einer Situation, in der

ihnen das Verständnis von Informationen schwer fällt

…. können das Vermittelte nicht richtig einordnen…. verstehen viele Begriffe und Zusammenhänge

nicht.

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Missverständnisse in der KommunikationPatientinnen und Patienten …

In 81% der untersuchten Arzt-Patienten-Kontakte wurde mindestens ein für Laien unverständlicher Begriff benutzt (Mittel 4 Begriffe).

„Ihr Gewicht ist stabil, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe".

"Mein Gewicht ist in Ordnung", "Er sagt, dass ich an Gewicht zulegen muss", "Er meint, dass ich an Gewicht nicht allzu stark zunehmen darf“.

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Missverständnisse in der KommunikationPatientinnen und Patienten …

"Arzt: Wissen Sie, was der Hauptgrund dafür ist, dass für so viele Patienten eine Dialyse nötig ist? Diabetes!"

Was meint der Arzt mit "Dialyse„?

"Weiß nicht",

"Dass man jeden Tag etwas untersuchen muss",

"Hängt das mit den Zehen zusammen?",

"Dass man sich körperlich mehr bewegen muss, wenn man Diabetes hat".

Cesar M. Castro, Clifford Wilson, Frances Wang, Dean Schillinger: Babel Babble: Physicians' Use of Unclarified Medical Jargon with Patients (Quelle: American Journal of Health Behavior 2007;31(Suppl 1):S85-S95)

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Was erwarten Patienten?

ZeitFreundlichkeit und NahbarkeitEmpathie, MenschlichkeitAufmerksamkeitInteresse an der PatientensichtKonkrete und umfassende Informationen

(Dierks 2002, Little et al. 2001, Klingenberg et al. 1997)

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Kommunikationsfähigkeiten können und müssen gelehrt und gelernt werden

� Kommunikation ist keine Persönlichkeitseigenschaft

� Kommunikationstheorien und –methoden kann man lernen

� Erforderlich ist eine patientenorientierte Grundhaltung

� Üben, feed-back, üben

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Kommunikationsfähigkeiten

Inhaltliche Fähigkeiten (content skills)„Was gesagt und vermittelt wird“

Prozessfähigkeiten (process skills)„Wie es gesagt wird“

Wahrnehmungsfähigkeiten (perception skills)„Was ich dabei fühle und denke“„Wie ich mein Gegenüber wahrnehme“

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Prozessfähigkeiten

EmpathieEmpathie

WertschätzungWertschätzung

StrukturStruktur

VerständlichkeitVerständlichkeit

� nonverbale / verbale Kommunikation

� Zuhören und aktives Zuhören

� Gesprächseröffnungen� Fragetechniken� Zusammenfassende

Gesprächsteile

� Nachfragen

� ………

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Calgary-Cambridge-Guide

Einführung in die aktuelle Konsultation

Sammeln von Informationen

• Vorbereitung

• Herstellen einer Beziehung zum Patienten

• Gründe für die aktuelle Konsultation

• Exploration der Beschwerden des Patienten - aus biomedizinischer Perspektive- aus Patientenperspektive- im Hinblick auf den Kontext des

Beschwerdeauftretens

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Calgary-Cambridge-Guide

Körperliche Untersuchung

Erklärung und weitere Planung

Abschluss der Konsultation

• Übermittlung korrekter Information in angemessener Menge

• Hilfestellungen für ein korrektes Erinnern und ein korrektes Verständnis geben

• Herstellen eines gemeinsamen Verständnisses

• Gemeinsame Planung therapeutischer Entscheidungen

• Finden eines sinnvollen Endpunkts der Konsultation

• Planung der folgenden Schritte

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Shared-Decision-Making

Mitteilen, dass eine Entscheidung anstehtGleichberechtigung der Partner formulierenÜber Wahlmöglichkeiten informierenInformationen über Vor- und Nachteile der Optionen gebenVerständnis, Gedanken und Erwartungen erfragenPräferenzen ermittelnAushandelnGemeinsame Entscheidungen herbeiführenVereinbarung zur Umsetzung der Entscheidung treffen

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Kurs: Kommunikation mit Ärzten

Schreiben Sie Ihre wichtigsten Fragen auf.

Nehmen Sie die Medikamente, die Sie zur Zeit nehmen, zu dem Termin mit (auch wenn Sie Medikamente einnehmen, die frei verkäuflich sind und die Ihnen nicht von einem Arzt verschrieben wurden).

Notieren Sie gegebenenfalls Ihre Beschwerden, wann diese genau angefangen haben, was Ihnen hilft etc.

Nehmen Sie gegebenenfalls eine Vertrauensperson zu dem Gespräch mit.

Vor dem Arztbesuch

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Kurs: Kommunikation mit Ärzten

Arbeiten sie Ihren Fragenzettel ab

Stellen Sie offene Fragen (wer, was wann, warum, wo, wie?).

Hören Sie zu.

Schreiben Sie mit.

Scheuen Sie sich nicht, nachzufragen.

Wenn Sie etwas nicht genau verstehen, fragen Sie nochmal.

Im Gespräch

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Kurs: Kommunikation mit Ärzten

Wissen Sie jetzt genau, was Sie tun sollen? –Wenn nicht, fragen Sie nach.

Kennen Sie alle Vor- und Nachteile einer vorgeschlagenen Diagnostik oder Therapie?

Bitten Sie um die Befunde.

Am Ende des Gesprächs

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www.patientenuniversitaet.de

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Patienten als Bewerter

Qualitätsberichte (Stat. Einrichtungen, Reha-Einrichtungen)

Transparenz und Information wirdvon Betroffenen sehr positiv aufgenommen (Studie zur Qualität derQualitätsberichte aus Nutzersicht, 2008).

Rankings von Krankenhäusern und Ärzten

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Nutzerbewertung QUSI-Bericht Reha

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Neue Rollen – sind die Patienten den Anforderungen gewachsen?

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Gesundheitskompetenz (Health Literacy)Kognitive Kompetenzen – Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten, um Informationen zu verstehen und umzusetzen Kommunikative Kompetenzen – um sich selbst mitzuteilen und erfolgreiche Gespräche zu führendie Fähigkeit, eigene Interessen zu artikulieren und gegebenenfalls durchzusetzenSelbstwirksamkeitserwartungen – das Vertrauen und den Glauben daran, mit Gesundheitsfragen umgehen zu könnenWissen bzw. die Fähigkeit, sich neues Wissen anzueignen - z.B. über den menschlichen Körper, Gesundheit, gesundheitsförderlichen Lebensstil, Informationsquellen, die Institutionen des Gesundheitswesens, Patientenrechte,Transferfähigkeit – Fähigkeit, Wissen in adäquates Handeln umzusetzen (mod. nach Ratzan & Parker 2002).

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� Funktionale Gesundheitskompetenz: Ausreichende Grundkompetenzen im Bereich Lesen und Schreiben;

� kommunikative, interaktive Gesundheitskompetenz: Grundlegende kognitive und soziale Kompetenzen, die es erlauben, aktiv am Alltag teilzunehmen, Informationen zu sammeln und in Interaktionen mit anderen Akteuren zu interpretieren sowie vorhandene Informationen in veränderten Bedingungen anzuwenden;

� kritische Gesundheitskompetenz: Fortgeschrittene kognitive und soziale Kompetenzen, die für die kritische Analyse von Informationen eingesetzt werden können, um eine größere Kontrolle in verschiedenen Lebenssituationen ausüben zu können.

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OECD-Daten LiteracyGemessen wurde ....

prose literacy Lesen und Verstehen von Texten –z.B. Zeitungstexte, Broschüren, Beipackzettel

document literacy Lesen und Verstehen von Verträgen, Fahrplänen, Tabellen

quantitative literacy Umgang mit Zahlen – z.B. Prozentrechnung im Umgang mit Trinkgeldern

Studie 1994/1996

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Einteilung der Niveaus und Beispiele für die Erfassung von prose literacy

Level V Informationen, die zwischen den Zeilen stehen, herausfinden und beschreiben.

Level IV Informationen kontrastieren und mit eigenen Worten darstellen: z.B. Unterschied zwischen einem Einzelinterview und einem Gruppeninterview.

Level III Drei Argumente aus einem längeren Schriftstück extrahieren.

Level II Information zum Umgang mit Pflanzen„Was passiert, wenn die Pflanze Temperaturen unter 14 Grad ausgesetzt ist?

Level I Z.B. aus einem Verpackungshinweis für ein Medikament die Frage beantworten „Wie lange sollten Sie dies Medikament längstens einnehmen?

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Anteil unter Level 3 (prose literacy)

Rang Staat Anteil Level 1 und 2 in %

1 Schweden 27,8 %

2 Norwegen 33,2 %

3 Finnland 36,7 %

4 Niederlande 40,6 %

11 Deutschland 48,6 %

12 Schweiz (frz.) 51,3 %

17 Schweiz (dt.) 54,3 %

18 Ungarn 76,5 %

21 Polen 77,1%

(Dieter Gnahs, DIE, Pisa für Erwachsene 2007http://www.die-bonn.de/doks/gnahs0701.pdf)

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Gesundheitskompetenz - Risikoabschätzung

� 1 von 100

� 1 von 1000

� 1 von 10 53.0 %

47.0 %

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Patientenschulung für Menschen mit chronischen Erkrankungen

Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten zum

selbstverantwortlichen Umgang mit der Erkrankung

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Komponenten der Patientenschulung

AufklärungAufbau einer angemessenen Einstellung zur Erkrankung und ihrer BewältigungSensibilisierung der KörperwahrnehmungVermittlung von Selbstmanagement-KompetenzenMaßnahmen zur SekundärpräventionAufbau einer gesundheitsförderlichen Lebensweise, Erwerb sozialer Kompetenzen und Mobilisierung sozialer Unterstützungsressourcen

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Patientenschulung in der Rehabilitation

durch die Verwendung positiv evaluierter, standardisierter und manualisierter Patientenschulungen, die Bereitstellung suffizienter struktureller und personeller Ressourcen, die Einbindung von Patientenschulungen in das Gesamtkonzept sowie in Aktivitäten des Qualitätsmanagements, z.B. durch die Einrichtung eines Beauftragten für Patientenschulung

(Bitzer et al 2009).

Die Reha-Einrichtungen haben es in der Hand, das Instrument Patientenschulung zu stärken:

Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009 Prof. Dr. Marie-Luise Dierks, Reha-Kolloquium Würzburg 2009

FazitPatienten fordern Souveränität, Entscheidungsbeteiligung und adäquate Informationen.

Das System hat sich noch nicht auf diese Forderungen eingestellt.

Die Rahmenbedingungen müssen an eine patientengerechte Versorgung einschließlich ausreichender Zeit für kommunikative Prozesse angepasst werden. Die Fähigkeit der Betroffenen, adäquat mit dem Gesundheitssystem und seinen Institutionen umzugehen, ist abhängig von ihrer Gesundheitskompetenz.Gesundheitskompetenz hat unterschiedliche Ebenen

Sie zu fördern ist Aufgabe aller Akteure im Gesundheitswesen, aber auch im Bildungswesen