ANWENDUNGSBERICHT BETON MIT FLUGASCHE ......alkalischen Bestandteilen des Betons. In Untersuchungen...

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Ohne Tunnelbauwerke ist der Ausbau des Verkehrswege- netzes nicht denkbar. Natürliche Hindernisse wie Flüsse oder Berge veranlassen zur unterirdischen Führung des Straßen- und Eisenbahnverkehrs. Anforderungen an den Lärmschutz in dichtbesiedelten Regionen Deutschlands oder der Umwelt- und Landschaftsschutz führen oft zu der Entscheidung, die gegenüber der oberirischen Ver- kehrsführung teurere Variante des Tunnelbaus zu wählen. Entsprechend der hohen Investitionskosten sollen Tunnel- bauwerke auch besonders dauerhaft sein. Oft wird eine Nutzungsdauer von über 100 Jahren gefordert. Auch aus Gründen des Brandschutzes werden Tunnelbauwerke heute fast immer aus Beton erstellt. Aus betrieblichen und wirt- schaftlichen Gründen verzichten die Betreiber dabei gerne Seite 1 von 11 www.win-ev.org auf Tunnelwandverkleidungen. Der Beton für die Tunnel- bauwerke muss daher Sichtbetonqualität aufweisen und oft extremen Beanspruchungen widerstehen. Nicht nur Tunnelbauwerke, die wie der Hamburger Elbtunnel große Flüsse unterqueren, müssen absolut wasserdicht sein. In vielen Bereichen wird der Beton dabei einem chemischen Angriff durch das Wasser ausgesetzt, besonders in den Be- reichen der Tunnelportale zusätzlich auch einer Frost- bzw. Frost-Taumittel-Beanspruchung. Betonzusammensetzun- gen mit Flugasche können hier einen wichtigen Beitrag zur Dauerhaftigkeit leisten. Im folgenden Beitrag wird be- schrieben, wie durch den Einsatz von Flugasche in Beton die für den Tunnelbau erforderlichen Frisch- und Festbeton- eigenschaften erreicht werden können. BETON MIT FLUGASCHE – NICHT NUR ÜBERIRDISCH GUT ANWENDUNGSBERICHT Bild 1: Portal des Bühltunnels bei Siegen. Foto: Straßen.NRW

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Ohne Tunnelbauwerke ist der Ausbau des Verkehrswege-netzes nicht denkbar. Natürliche Hindernisse wie Flüsse oder Berge veranlassen zur unterirdischen Führung des Straßen- und Eisenbahnverkehrs. Anforderungen an den Lärmschutz in dichtbesiedelten Regionen Deutschlands oder der Umwelt- und Landschaftsschutz führen oft zu der Entscheidung, die gegenüber der oberirischen Ver-kehrsführung teurere Variante des Tunnelbaus zu wählen. Entsprechend der hohen Investitionskosten sollen Tunnel-bauwerke auch besonders dauerhaft sein. Oft wird eine Nutzungsdauer von über 100 Jahren gefordert. Auch aus Gründen des Brandschutzes werden Tunnelbauwerke heute fast immer aus Beton erstellt. Aus betrieblichen und wirt-schaftlichen Gründen verzichten die Betreiber dabei gerne

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auf Tunnelwandverkleidungen. Der Beton für die Tunnel-bauwerke muss daher Sichtbetonqualität aufweisen und oft extremen Beanspruchungen widerstehen. Nicht nur Tunnelbauwerke, die wie der Hamburger Elbtunnel große Flüsse unterqueren, müssen absolut wasserdicht sein. In vielen Bereichen wird der Beton dabei einem chemischen Angriff durch das Wasser ausgesetzt, besonders in den Be-reichen der Tunnelportale zusätzlich auch einer Frost- bzw. Frost-Taumittel-Beanspruchung. Betonzusammensetzun-gen mit Flugasche können hier einen wichtigen Beitrag zur Dauerhaftigkeit leisten. Im folgenden Beitrag wird be-schrieben, wie durch den Einsatz von Flugasche in Beton die für den Tunnelbau erforderlichen Frisch- und Festbeton- eigenschaften erreicht werden können.

BETON MIT FLUGASCHE – NICHT NUR ÜBERIRDISCH GUT

ANWENDUNGSBERICHT

Bild 1: Portal des Bühltunnels bei Siegen. Foto: Straßen.NRW

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EIGENSCHAFTEN DES FRISCHBETONS UND DES JUNGEN BETONS

Je nach Erdüberdeckung des Tunnelbauwerks, angetrof-fenem Untergrund und Schutzwürdigkeit der Umgebung werden verschiedene Tunnelbauweisen eingesetzt, z. B. die offene Bauweise, der bergmännische Vortrieb im Voll-ausbau (Spritzbetonbauweise oder Neue Österreichische Tunnelbaumethode NÖT) und der Schildvortrieb. Aus dem Bauverfahren ergeben sich auch besondere Anforderungen an den Frischbeton. Dies sind vor allem die Forderungen nach einer leicht verarbeitbaren Konsistenz, einem guten Zusammenhaltevermögen des Betons (geringe Neigung zum Entmischen) und einer ausreichenden Festigkeit zum planmäßigen Ausschalzeitpunkt.

Die Steuerung der Verarbeitbarkeit des Frischbetons er-folgt meist über den Gehalt an „Leim“ im Frischbeton, der aus dem Mehlkorn, Wasser und ggf. Betonzusatzmittel besteht. Bei der Erhöhung des Leimgehalts über höhere Zementgehalte ist zu berücksichtigen, dass damit im All-gemeinen auch die Hydratationswärmeentwicklung und Schwindneigung des Betons steigen. Wird Flugasche zur Steuerung des Mehlkorngehalts eingesetzt, werden die-se negativen Effekte vermieden [1]. Flugasche verbessert zusätzlich die Verarbeitbarkeit: Wird bei einer Betonmi-schung ein Teil des Zements gegen Flugasche ausgetauscht, so verringert sich der Wasseranspruch zur Erzielung eines bestimmten Ausbreitmaßes, das als Maßstab für die Verar-beitbarkeit eines Frischbetons dient (Bild 2).

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Portalen aus über weite Strecken gefördert werden muss. Diese verflüssigende Wirkung wird häufig mit dem BegriffKugellagereffekt beschrieben, der aus der Kugelform der Flugaschepartikel abgeleitet wird (Bild 3).

Bild 2: Einfluss von Flugasche auf das Ausbreitmaß von Betonen mit konstantem Wassergehalt w = 170 l/m³ [1]

Bild 3: Ein Grund für das bessere Fließverhalten von Betonen mit Flugasche ist die Form der Flugaschepartikel und der damit verbundene Kugellagereffekt [1]

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und Feinheit Anforderungen an die Flugasche gestellt. Die verflüssigende Wirkung der Flugasche (Bild 4.1-1) kann dazu genutzt werden, den Wasserbindemittelwert w / (z + f) des Betons zu senken. Freimann [4-4] stellte aufgrund systematischer Untersuchungen zum Einfluss von Flugasche auf das rheologische Verhalten von Zementleimen und -mörteln fest, dass die Wirkung von Flugasche auf das System Frischbeton nicht nur von den Eigenschaften der Flugasche, sondern auch von der Mischungszusammensetzung und der Art der Ausgangsstoffe bestimmt wird. Dabei reduzieren Flugaschen in Abhängigkeit von ihrem Wasseranspruch bei den üblichen Mischungszusammensetzungen die Fließgrenze des Betons, was das Pumpen, Fördern und Verdichten erleichtert. Gleichzeitig wird die Viskosität des Bindemittelleims durch Flugasche erhöht. Dies verringert das Wasserabsondern und verbessert die Stabilität des Frischbetons.

Als Kenngröße für die Beschreibung der Wirksamkeit der Flugasche im Beton bezüg-lich Wasseranspruch ist das Verfahren nach Puntke [4-5] geeignet, wobei wegen der unterschiedlichen Kornrohdichten der Flugaschen aus verschiedenen Kraftwerken bei Vergleichen eine volumetrische Betrachtung zweckmäßig ist. Zur Durchführung der Prüfung wird auf [R 7] verwiesen.

Bei Versuchsbetonen mit konstantem Wassergehalt (w = 170 l/m³) und variiertem Zement- und Flugaschegehalt ergaben sich bei den Untersuchungen von Wierig und Freimann die in Bild 4.1-2 dargestellten Ergebnisse. Während mit zunehmendem Zementgehalt (bei konstantem Wassergehalt) das Ausbreitmaß geringer wurde (gestrichelte Linie), nahm bei zunehmendem Austausch von Zement durch Flugasche bei konstantem Bindemittelgehalt das Ausbreitmaß deutlich zu (z.B. bei z + f = 330 kg/m³ von 38 cm bei f = 0 kg/m3 auf 48 cm bei f = 90 kg/m3).

4.1.2 VerarbeitbarkeitUnabhängig von der möglichen Wassereinsparung führt der Einsatz von Flugasche bei vorgegebener Konsistenz in jedem Fall zu einer verbesserten Verarbeitbarkeit. Die

Aus

bre

itmaß

d10

[cm

]

30210

z+f [kg/m3]

Zement:Flugasche:Wassergehalt:

35

40

45

50

55

60

240 270 300 330 360 390

Versuche ohne FA

Zusatz von FA bei konstantem Zementgehalt

z[kg/m3]

240

270

300

330

Z 2FA 3w =170 l/m3

Bild 4.1-2:Einfluss von Flugasche auf das Ausbreitmaß von Betonen mit konstantem Wassergehalt w = 170 l/m3 [4-3]

Copyright by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf (www.verlagbt.de) Veröffentlichung und Verbreitung ohne Genehmigung des Verlags ist untersagt.

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Bei gleichem Ausbreitmaß von Betonen mit und ohne Flug-asche ist ersterer immer fließwilliger und leichter zu ver-dichten, da sein besseres Fließvermögen den Widerstand an den Schalungsoberflächen, der Bewehrung und den Einbauteilen verringert. Auch das Pumpen von Frischbeton wird so erleichtert, was besonders bei bergmännisch auf-gefahrenen Tunneln wichtig ist, da hier der Beton von den

Bei den weiten Förderstrecken von Beton auf Tunnelbau-stellen und bei größeren Fallhöhen in z. B. Tunnelschal-wagen stellt das Entmischen ein Problem dar. Die zuvor homogen verteilten Betonausgangsstoffe im Frischbeton entmischen sich und es können Fehlstellen im Beton ent-stehen, die die Festbetoneigenschaften beeinträchtigen. Diese Fehlstellen und eine erhöhte Porosität können die Dauerhaftigkeit des Festbetons in Frage stellen. Versuche haben ergeben, dass die Viskosität des Bindemittelleims durch Flugasche erhöht wird [1]. Dies verringert das Wasser- absondern und verbessert die Stabilität des Frischbetons.

Bei bergmännisch aufgefahrenen Tunneln führt die Spritz-betonbauweise (auch NÖT) zu einem zweischaligen Aufbau der Tunnelwand mit einer Außenschale aus Spritzbeton und einer Innenschale aus Ortbeton. Der Spritzbeton wird zur vorläufigen Sicherung des Gebirges sofort nach dem Aus-bruch aufgebracht. Die Innenschale aus Ortbeton dient der dauerhaften Sicherung des Tunnels und wird auf Tunnel-schalwagen betoniert. Die Innenschale weist in der Regel Dicken von 30 cm bis 60 cm auf, kann aber auch je nach Beanspruchung deutlich dicker werden. Bei solch massigen Bauteilen besteht besonders die Gefahr einer Rissbildung infolge der Hydratationswärmeentwicklung.

Bei der Hydratation von Zement wird Wärme freigesetzt. Bei dicken Betonbauteilen kann es dabei zu hohen Tempera- turunterschieden zwischen dem Kern und der Bauteil- oberfläche und entsprechenden Verformungen kommen. Werden diese Verformungen behindert, können die auf-tretenden Zwangsspannungen zu Rissen führen, welche die Wasserundurchlässigkeit und/oder die Dauerhaftigkeit des

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FESTBETONEIGENSCHAFTEN

SCHWINDENBetone mit Flugasche weisen im Allgemeinen ein gerin- geres Schwinden auf als Betone gleicher Festigkeit ohne Flug-asche, was im Wesentlichen auf die geringeren Ze-mentgehalte zurückführen ist. Dies führt zu einer Vermin-derung der Rissgefahr durch Behinderung der Schwind-verformung und damit zur Reduzierung der Gefahr von Undichtigkeiten [1].

FROST- UND FROST-TAUMITTEL-WIDERSTANDErfahrungen mit Beton für Tunnelinnenschalen zeigen, dass Betone mit Flugasche bei Anrechnung des Zusatzstoffs auf den Wasserzementwert einen ausreichenden Widerstand gegen Frost und Tausalz in der Expositionsklasse XF2 auf-weisen können [2]. Gemäß ZTVING - Teil 3 darf deswegen die Flugasche in der Expositionsklasse XF2 bei Betonen mit CEM I und CEM II/A-Zementen auf den Bindemittelgehalt angerechnet werden. Bei Verwendung anderer Zement- arten und in der Expositionsklasse XF4 bedarf es der Zustimmung des jeweiligen Auftraggebers.

EINDRINGWIDERSTAND GEGENÜBER CHLORIDDurch Tausalze können besonders in den Bereichen der Tunnelportale auch Chloride in den Beton eingetragen werden. Dies kann den passiven Korrosionsschutz der Be-wehrung in der Tunnelschale aufheben und zu Bewehrungs-korrosion führen. Bei Betonen mit Flugasche ist eine starke Zunahme des Eindringwiderstands gegen Chloride zu be-obachten, die im Wesentlichen auf den Gefügeänderungen durch die puzzolanische Reaktion der Flugasche beruht („pore-blocking effect“) [3].

HOHER WIDERSTANDS GEGEN SULFATANGRIFFDas Eindringen sulfathaltiger Wässer aus dem umgebenden Boden eines Tunnelbauwerks in den Beton kann zur Bildung

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Bauteils gefährden. Die Hydratationswärmeentwicklung muss daher so gering wie möglich gehalten werden. Durch den Austausch eines Teils des Zements gegen Flugasche kann die Hydratationswärmeentwicklung bezogen auf das Bindemittel (z + f) gezielt verringert werden (Bild 4).

Auch bei der Wahl der Betonzusammensetzung von Spritz-beton ist der Einsatz von Flugasche in nahezu allen Fällen technisch sinnvoll. Die geforderten Frühfestigkeiten kön-nen von Spritzbetonen mit Flugasche bei entsprechender Zusammensetzung eingehalten werden [1].

Bild 4: Hydratationswärmeentwicklung von Mörteln im Thermosflaschenversuch bei unterschiedlichen Flugaschegehalten [1]

Betontechnische Empfehlungen – 201624

- Flugasche muss während der Bauzeit vom selben Herkunftsort genommen werden (Produktzertifikat). Eine Ersatzflugasche ist zu benennen. Vor einem Wechsel sind in Abstimmung mit dem Auftraggeber neue Eignungsprüfungen durchzuführen.

3 Leistungsfähigkeit von Flugasche

Die Leistungsfähigkeit von Flugasche ermöglicht aufgrund der physikalischen, chemischen und mineralogischen Eigenschaften Anwendungs- und Nutzungsvorteile sowohl im Frisch- als auch im Festbeton. Neben einer Verbesserung der Verarbeitbarkeit ermöglicht Flugasche eine bessere Dauerhaftigkeit der damit hergestellten Betone.

3.1 Beton mit geringer Reißneigung

Um die Reißneigung des jungen Betons zu reduzieren, ist neben den Einbaubedingungen, der Schalung und der Nachbehandlung vor allem der Betonzusammensetzung Aufmerksamkeit zu schenken. Ungünstige Einflüsse aus Temperaturdifferenzen und Schwinden können durch Flugasche betontechnologisch gezielt minimiert werden [3.1-1].

3.1.1 Hydratationswärme

Um Temperaturdifferenzen zwischen Bauteilkern und Bauteilrandzone auf ein Mindestmaß zu reduzieren, ist die Bindemittelauswahl für den Beton hinsichtlich seiner Hydratationswär-meentwicklung von besonderer Bedeutung.

Einen wesentlichen Beitrag zur Verminderung der Hydratationswärme leistet dabei die Flugasche [3.1.1-1], [3.1.1-2], [3.1.1-3].

Die Minderung der Hydratationswärme verhält sich in etwa proportional zur ausgetauschten Zementmenge. Beim Austausch von ca. 40 M.-% CEM I 32,5 R gegen Flugasche wird die Hydratationswärme auch um ca. 40 % gesenkt.

0 24 48 72 96 120

350

300

250

200

150

100

50

0

Hyd

rata

tions

wär

me

[J/g

]

f/z0

0,37

1,0

1,52,0

CEM I 32,5 R(PZ 35 F)

Flugascheanteil0 M.-%

27 M.-%

50 M.-%

60 M.-%67 M.-%

Bild 3.1.1: Hydratationswär-meentwicklung von Mörteln im Thermosflaschenver-such bei unterschiedlichen Flugaschegehalten [3.1.1-4]

von Ettringit führen, das durch sein erhöhtes Kristallvolu-men zu Ettringittreiben und damit zur Zerstörung des Be-tons führen kann. Entscheidend für den Widerstand des Zementsteins gegen eine Sulfatangriff sind die chemische Sulfatempfindlichkeit der hydratisierten und noch nicht hy-dratisierten Bestandteile des Zements sowie die Fähigkeit des Zementsteins, die Diffusion der Sulfationen zu behin-dern. Dafür sind Betone hoher Dichtigkeit erforderlich. Der Einsatz von Flugasche im Beton erhöht deutlich und dau-erhaft dessen Widerstand gegen Sulfatangriff [3]. Gründe dafür sind: · Gefügeverdichtung durch die Produkte aus der puzzo-lanischen Reaktion der Flugasche

· Beteiligung des löslichen SO3 aus der Flugasche an den Reaktionen in der Frühphase

· Verringerung des C3A-haltigen Klinkeranteils und Re-duzierung des Ca(OH)2-Angebots durch den Austausch von Zement gegen die gleiche Menge Flugasche

Für Beton ab Expositionsklasse XA2 darf daher bei einem Sulfatgehalt des angreifenden Wassers bis 1.500 mg je Liter anstelle von SR-Zement eine Mischung von Zement und Flugasche verwendet werden.

HOHER WIDERSTAND GEGEN LÖSENDE ANGRIFFEBeton kann lösenden Angriffen ausgesetzt sein. Typisch für den Angriff durch Säuren ist dabei das Herauslösen von alkalischen Bestandteilen des Betons.

In Untersuchungen über einen Zeitraum von mehreren Jah-ren hat sich die Verwendung von Flugasche beim Angriff kalklösender Kohlensäure auf die Widerstandsfähigkeit der Bindemittelmatrix als positiv erwiesen. Mit zunehmender Menge der eingesetzten Flugasche steigt der Widerstand gegen den Angriff dieser kalklösenden Säure.

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BRANDSCHUTZ MIT MIKROFASERN AUS POLYPROPYLEN

Tunnelbrände mit katastrophalen Auswirkungen haben die besondere Bedeutung des Brandschutzes in Tunnel-bauwerken gezeigt. In längeren Tunnelbauwerken wer-den zwar in bestimmten Abständen Fluchtwege angelegt, dennoch muss die Konstruktion dafür sorgen, dass Men-schen ausreichend Zeit bleibt, diese Fluchtwege zu errei-chen. Beton als nichtbrennbarer Baustoff bietet dafür die besten Voraussetzungen. Nach nur 5–10 Minuten steigt bei Straßentunnelbränden die Temperatur an der Tunnel-decke auf 800–1.000° C, welches zu einer Gefahr von Betonabplatzungen führt.

Diese Betonabplatzungen werden dadurch verursacht, dass bei hohen Brandtemperaturen in den mit Wasser gesättigten Zonen des Betongefüges das vorhandene Wasser verdampft und die hohen Dampfdrücke die Betonoberfläche abspren-gen. Durch das Beimi-schen von Mikrofasern aus Polypropylen in den Beton kann dies behindert wer-den. Diese schmelzen im Brandfall bei Temperatu-ren von rd. 160° C [4] und bilden haarfeine Poren und Mikrorisse, die dem Dampf Raum zum Ausdehnen bie-ten und den Dampfdruck vermindern.

Diese Zugabe von Mikrofa-sern muss aber betontech-nologisch berücksichtigt werden, da dies eine deut-

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Die Widerstandsfähigkeit von Beton gegenüber einem lösenden Säureangriff lässt sich grundsätzlich durch einen abnehmenden Wasserzementwert und einer zunehmenden Substitution des Portlandzementklinkers im Zement durch puzzolanische Zusatzstoffe erhöhen. Beide Maßnahmen führen zu einem dichteren Betongefüge, da die Zusatz- stoffe die Porenradienverteilung in Richtung kleinerer Ra-dien verschieben. Die Zugabe puzzolanischer Zusatzstoffe, wie z. B. Flugasche, führen zu einer Verringerung des Cal-ciumhydroxidgehalts durch Umwandlung zu CSH-Phasen, wodurch die Menge des wesentlichen Reaktionspartners beim lösenden Angriff reduziert wird [1].

SICHTBETONDer Begriff Sichtbeton sagt zunächst nur, dass die entspre-chende Betonoberfläche sichtbar bleibt. In der Regel wer-den aber an diese Oberflächen besondere Anforderungen gestellt. So fordert die ZTV-ING Teil 5 für den Beton der Tunnelinnenschalen einen hellen Sichtbeton der Sichtbe-tonklasse SB2 (Sichtbeton mit normalen oder besonderen Anforderungen) nach DBV/VDZ-Merkblatt Sichtbeton.

Technologische Voraussetzung für guten Sichtbeton mit ei-ner porenarmen und lunkerfreien Sichtfläche ist ein stabi-ler (sedimentationsarmer) und in der Menge ausreichender Bindemittelleim. Flugasche stabilisiert den Bindemittelleim und macht ihn geschmeidiger und verformungswilliger [1].

liche Verringerung der Ausgangskonsistenz gegenüber einer faserlosen „Nullmischung“ bewirkt [4]. Die relativ große spezifische Oberfläche der PP-Fasern bindet einen Teil des Zugabewassers. Dieses gebundene Wasser kann im Zeitraum vom Mischende bis zur Erhärtung des Frisch-betons zu einem ausgeprägten Wasserabsondern (Bluten) führen. Auch die Verarbeitungseigenschaften und die Ver-dichtungswilligkeit des Betons mit PP-Fasern verändern sich. Zum Erreichen der erforderlichen Verarbeitbarkeit und einer geringen Neigung zum Wasserabsondern, kann eine Erhöhung des Bindemittelgehalts erforderlich wer-den [4]. Die Erhöhung des Zementgehalts birgt die Gefahr einer höheren Hydratationswärmeentwicklung und eines stärkeren Schwinden und Kriechens. Dies lässt sich durch die Zugabe von Flugasche vermeiden.

Foto: Ed. Züblin AG; PP-Faserbeton im Bühltunnel bei Siegen

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Auch beim Bau des Bühltunnels südwestlich der Stadt Siegen kam ein Beton mit Flugasche als Betonzusatzstoff zum Einsatz. Der sogenannte Gegenverkehrstunnel im Regelquerschnitt RQ 10,5 t führt die neugebaute Bundes-straße B 54 / B 62n auf einer Gesamtlänge von 525 m mit einer Bodenüberdeckung von 5–6 m unter einem Wohn-gebiet durch. Der Bahnverkehr im nahe gelegenen Eisen-bahntunnel der Siegtalbahn durfte durch die Baumaßnah-me nicht beeinträchtigt werden. Weitere Erschwernisse waren das Durchfahren von Störungszonen im östlichen und westlichen Bereich und ein kreuzender Stollen eines ehemaligen Erzbergwerks. Der Stollen wurde vor Beginn der Baumaßnahme mit Beton verfüllt [5].

Das Bauwerk konnte zum größten Teil (im mittelharten Tonschiefer) bergmännisch im Sprengvortrieb erstellt werden. Zunächst wurde nach dem Ausbruch eine Spritz-betonschale aufgebracht und mit Ankern gesichert. Das Betonieren der Innenschale erfolgt in einem Tunnelschal-wagen und entsprechenden Nachläufern, wobei der Beton über Stutzen von unten in die Schalung gedrückt wurde. Eine Kunststoffdichtungsbahn trennt Innenschale und Spritzbetonschale.

In den Störungszonen im westlichen Bereich kamen die offene Bauweise und die Deckelbauweise zum Einsatz.

Ausgeschrieben war für den Beton der Innenschale ein Be-ton C30/37 für die Expositionsklassen XC4, XD2, XF2 und XA2 mit einem maximalen w/z-Wert von 0,5 und einem Mindestzementgehalt von 320 kg/m³. In allen Bereichen war zur Verbesserung des Brand- und Abplatzverhaltens die Zugabe von bis zu 2 kg/m³ Mikrofasern aus Polypropy-len vorgesehen [5].

In der Ausschreibung waren auch erweiterte Erst- und Eignungsprüfungen gefordert, mit denen eine optimale Betonzusammensetzung entwickelt werden sollte unter Berücksichtigung: · einer homogenen Verteilung der Fasern, · des Einflusses der Fasern auf die Frischbeton- eigenschaften

· der Veränderungen der Frischbetoneigenschaften beim 45minütigen Transport

· der Hydratationswärmeentwicklung und · der Sedimentationsneigung (Entmischen/Wasser- absondern/Bluten)

Die in Tafel 1 aufgeführte Betonzusammensetzung mit Flugasche als Betonzusatzstoff erwies sich im Rahmen dieser Versuche als geeignet und kam für die Tunnelinnen-schale zum Einsatz. Für das Transportbetonwerk und für die Baustelle wurden entsprechende Qualitätssicherungs-pläne ausgearbeitet.

Entsprechend der Zugabemenge und Mischergröße wur-den die Fasern im Herstellwerk in Folien eingeschweißt, nummeriert und im Transportbetonwerk händisch über das Förderband der Gesteinskörnung dem Mischer zuge-führt. Das Ausbreitmaß vor und nach dem Transport im Fahrmischer unterschied sich im Mittel um 30 mm [4]. Ein Verklumpen beim Betonieren trat nicht auf. Obwohl beim Faserbeton eine gegenüber einem Normalbeton erhöhte Hydratationswärmeentwicklung erwartet worden war, wurden unkritische 50–60° C im Beton gemessen. Kies-nester waren im gesamten Tunnelgewölbe nur sehr verein- zelt zu sehen.

Bild 5: Einbau von Faserbeton im offenen Bereich des Bühltunnels. Foto: Straßen.NRW

Tafel 1: Betonzusammensetzung für die Innenschale des Bühltunnels bei Siegen [4]

Druckfestigkeitsklasse kg/m³ C30/37

ZementartZementgehalt kg/m³ CEM II/A-LL 42,5 N

350

Gehalt an Flugasche kg/m³ 130

(w/z)eq-Wert 0,49

Fließmittelgehalt M.-% v.z ca. 1,4

GesteinskörnungSieblinie AB 16 ge-brochenes Material; kalzitisch

Gehalt an Polypropylenfasern(l = 6 mm; d = 0,0154 mm) kg/m³ 1,4

PP-FASERBETON FÜR DEN BÜHLTUNNEL BEI SIEGEN

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Wurde beim Bühltunnel der Tunnelausbau in Spritzbeton und Ortbeton ausgeführt, kamen beim Boßlertunnel in der schwäbischen Alb Tübbinge mit einem PP-Faserbeton zum Einsatz. Auch hier war Flugasche ein wichtiger Be-standteil der gewählten Betonzusammensetzung.

Die Neubaustrecke Wendlingen—Ulm der Deutschen Bahn AG ist ein 60 km langes Teilprojekt der Schnellbahnstre-cke Stuttgart—Ulm, mit dem die schwäbische Alb über-quert wird, zur Hälfte in Tunnelbauwerken. Eines davon ist der 8.806 m lange Boßlertunnel, der durch eine Tun-nelvortriebsmaschine aufgefahren wurde. Der Ausbau er-folgte mit je sechs Tübbingsegmenten plus einem Schluss-stein, die in einer Feldfabrik nahe der Baustelle hergestellt wurden. Infolge der großen aufzunehmenden Belastun-gen waren Betone der Festigkeitsklassen C45 / 55 für die Tübbinge mit 45 cm Wanddicke und C50 / 60 für die Tübbinge mit 65 cm Wanddicke ausgeschrieben.

Brandschutzüberlegungen führten auch hier zu dem Ent-schluss, dem Beton Polypropylenfasern zuzugeben, um so Abplatzungen und Einsturzgefahr im Brandfall zu reduzie-ren. Aufgrund des negativen Einflusses der Fasern auf die Verarbeitbarkeit des Frischbetons stellte man bei diesem Projekt Brandversuche mit dem Ziel an, bei gleicher Wirk-samkeit unter der üblichen Zugabe von 2 kg Fasern pro m³ Beton zu bleiben. Im Ergebnis konnte der Fasergehalt auf 1,2 kg/m³ reduziert werden.

Bei der Fertigung der Tübbinge in einer Umlaufanlage mit Härtekammer war es das Ziel, möglichst kurze Taktzeiten zu erreichen. Die Betonierzeit pro Schalung betrug ca. 11 min. Die Einbaukonsistenz des Betons lag bei etwa 42 cm. Da nach dem Verlassen der Betonierkammer die obere Scha-lung der Tübbinge geöffnet und die Oberfläche händisch geglättet werden musste, war ein starkes Ansteifen inner-halb von 10 min gefordert. Außerdem war eine Abhebe- festigkeit von über 18 N / mm² nach 8 Stunden in der Härtekammer erforderlich.

Bild 6: Abheben der Tübbingsegmente für den Boßlertunnel mittels Vakuumplatte Foto: Schwenk Zement KG

Tafel 2: Zusammensetzung des Betons C50/60 für den Boßlertunnel [7]

Betondruckfestigkeitsklasse C50/60

Expositionsklassen XC4, XA2, XF1

Zementart

Zementgehalt kg / m³

CEM I 52,5 N (ft) Schwenk ALL320

Flugasche kg / m³ 80

GesteinskörnungSand 0/2Kies 2/8Kalksteinsplitt 8/16Kies 8/16

kg / m³kg / m³kg / m³kg / m³

640301471471

PP Fasern kg / m³ 1,20

Fließmittel M.-% v.z 1,0

w/z-Wert – 0,41

Druckfestigkeit8 h28 h

N / mm²N / mm²

> 1874

Chloriddiffusionskoeffizient m²/s 2,85 · 10-12

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PP-FASERBETON FÜR DIE TÜBBINGE DES BOSSLERTUNNELS

Aufgrund dieser Randbedingungen kam für den Beton der Festigkeitsklasse C50 / 60 die in Tafel 2 gezeigte Beton-zusammensetzung mit einem speziellen Fertigteilzement CEM I 52,5 N(ft) und Flugasche als Betonzusatzstoff zum Einsatz. So konnten die Anforderungen bei einer Frisch-betontemperatur von 20 °C und mehr die Anforderungen zielsicher erfüllt werden.

In [7] wird ausführlich über die Aufgabenstellung, Entwick-lung der Betonzusammensetzung und die Bauausführung berichtet.

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Vor besonderen Herausforderungen standen auch die Betontechnologen beim Betonentwurf für den Tunnel Jagdberg, Teil des dreistreifigen Aus- bzw. Neubaus der Bundesautobahn BAB 4 zwischen den Anschlussstellen Magdala im Westen und Jena / Göschwitz im Osten. Der Tunnel besteht aus zwei Röhren mit jeweils drei Rich-tungsfahrbahnen, wobei in den in geschlossener Bauweise erstellten Röhren eine zweischalige Gewölbekonstruktion mit einer Außenschale aus Spritzbeton und einer Innen-schale aus Stahlbeton zur Ausführung kam.

Die Tunnelröhren wurden überwiegend bergmännisch in Spritzbetonbauweise mit offener Sohle vorgetrieben. Lediglich in den Portalbereichen mit geringer Über- deckung kam die offene Bauweise zum Einsatz. Nur hier und in einer Störungszone des Gebirges musste ein Sohl-gewölbe betoniert werden. Die Baudurchführung und Betonzusammensetzung wurde ausführlich in [8] be-schrieben.

Die bewehrte Innenschale ist in den bergmännisch vorge-triebenen Tunnelbereichen mit offener Sohle 40 cm dick, in den anderen Bereichen 50–60 cm dick. Zum Einsatz kam für den Tunnelausbau ausschließlich ein Beton der Druckfestigkeitsklasse C35 / 45 mit Flugasche als Beton-zusatzstoff.

Die vor Ort angetroffenen Bedingungen und die Rege-lungen in der ZTV-ING ergaben für den Beton der Tunnel- innenschale folgende Einstufungen in Expositionsklassen: · Bankette und Sohlen in den Einfahrtsbereichen: XC4, XD2, XF2, XA2

· Gewölbe in den Einfahrtsbereichen: XC4, XD2, XF2

Die Baubeschreibung forderte gemäß ZTV-ING Teil 5 für den Beton der Tunnelinnenschalen einen hellen Sicht- beton der Sichtbetonklasse SB2 nach DBV/VDZ-Merk-blatt Sichtbeton.

In den bergmännisch vorge-triebenen Bereichen sollte ein schwindarmer Zement mit einer geringen Hydratations-wärmeentwicklung verwen-det werden. Entsprechend dieser Anforderungen sah der Betonhersteller zwei jahres-zeitabhängige Betonzusam-mensetzungen vor, wobei die „Sommerzusammensetzung“ einen höheren Gehalt an Tafel 3: Betonzusammensetzung der Betone für die Innenschale des Jagdbergtunnels (geschlossener Bauweise) [8]

Bild 7: Mit SVB hergestellter Anschlussbereich des Entrauchungsschachts an die beiden Tunnelinnenschalen im Tunnel Jagdberg; Foto: ARGE Tunnelbau

Tafel 4: Zusammensetzung des SVB für den Jagdbergtunnel [8]

SOMMER-ZUSAMMENSETZUNG

WINTER-ZUSAMMENSETZUNG

Zementart und -festigkeitsklasseZementgehalt kg/m³

CEM II/A-LL 42,5 R310

CEM II/A-LL 42,5 R330

Wasser kg/m³ 162 168

GesteinskörnungArtGehalt kg/m³

Sand/Kies Dmax = 16 mm1.773

Sand/Kies Dmax = 16 mm1.763

ZusatzstoffArtGehalt kg/m³

Flugasche50

Flugasche30

ZusatzmittelArtGehalt M.-% v. z

BV Dynamon SX0,9

BV Dynamon SX0,9

Betondruckfestigkeitsklasse C35/45

Besondere Eigenschaft SVB

Expositionsklassen XC4, XF2, XD2, XA2

Zementart u. -festigkeitskl.Zementgehalt kg / m³

CEM II/A-LL 42,5 R340

Wasser kg / m³ 180

GesteinskörnungSand 0/2Kies 2/8Kies 8/16

kg / m³kg / m³kg / m³

693367523

ZusatzstoffArtGehalt kg/m³

Flugasche200

ZusatzmittelArt

Gehalt M.-% v. z

BV Dynamon SX / Stabilisierer 72 (ST)6,1/0,3

SVB BEIM TUNNEL JAGDBERG

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ANWENDUNGSBERICHT – TUNNELBAU

TUNNEL SCHMÜCKE

Ein geringere Hydratationswärmeentwicklung war auch beim Bau des Tunnels Schmücke der Grund für den Einsatz eines Betons mit Flugasche als Betonzusatzstoff. In die-sem 1.725 m langen Tunnel unterquert die Autobahn BAB 71 zwischen den Anschlussstellen Heldrungen und Kölleda den Höhenzug Schmücke, einen bis 380,1 m ü. NHN hohen Höhenzug im Kyffhäuserkreis in Thüringen.

Die beiden richtungstrennenden Tunnelröhren mit je zwei Fahrstreifen wurden bergmännisch in Spritzbetonbauweise (Nassspritzbeton) aufgefahren und über fünf Querstollen miteinander verbunden. Im Bereich der Pannenbuchten sind diese Querstollen auch befahrbar.

Die hier anzutreffende Geologie mit verfalteten Gesteins-schichten stellten hohe Anforderungen an den Tunnelvor-trieb. Ein Vollausbruch wäre hier gebirgsmechanisch nicht beherrschbar gewesen. Die Tunnelbauer entschieden sich deshalb für den Kalotten- / Strossen-Sprengvortrieb bzw. Kalotten- / Strossen- / Sohlen-Sprengvortrieb: Zunächst wird oben eine halbrunde Kalotte freigelegt, dann schlies-sen sich nach unten die Freilegung von Strosse und zum Schluss der Sohle an.

Die viel Wasser führenden Schichten im Boden rund um die Schmücke erforderten eine sorgfältige Abdichtung des Tunnelgewölbes. Auf die Außenschale, die als sofortige Si-cherung des Gebirges im Nassspritzverfahren aus schnell erhärtendem Spritzbeton aufgebracht wurde, folgt ein Abdichtungsträger, der ebenfalls aus Spritzbeton besteht. Durch die verwendete Gesteinskörnung mit Korngrößen zu

Bild 8: Betonieren der Innenschale des Tunnels Schmücke; Foto: Putzmeister

80 % bis 4 mm und zu 20 % bis 8 mm erhielt man eine sehr glatte Oberfläche, auf die ein Vlies und Kunststoffdich-tungsbahnen aufgebracht werden konnten. Die Wanddi-cken dieser Außenschale liegen zwischen 20 und 30 cm [9].

Nach der Herstellung der Außenschale wurde die 40 cm bis 60 cm dicke Innenschale aus Ortbeton der Betondruck-festigkeitsklasse C30 / 37 in Blocks von 12 m Länge mittels Schalwagen betoniert, ein Block dabei innerhalb von acht Stunden [9].

Um die Hydratationswärmeentwicklung und damit Zwangsspannungen und Rissgefahr reduzieren zu können,

Flugasche und geringeren Zementgehalt vorsah als die „Winterzusammensetzung“ (Tafel 3).

In der Tunnelmitte befindet sich über einem Querstol-len zwischen den beiden Tunnelröhren ein 140 m hoher Entrauchungsschacht mit einem lichten Innendurchmes-ser von 6,70 m (Kreisprofil). Er dient dazu, im Brandfall die Verrauchung des gesamten Tunnels zu verhindern. Der Schachtausbau ist zweischalig. Besondere Anforderungen stellte der Anschlussbereich des Entrauchungsschachts an die beiden Tunnelinnenschalen mit Innenschalendicken von bis zu 1,0 m. Hier war die Verdichtung mit Schalungsrütt-lern nicht möglich. Aus diesem Grund forderte die bauaus-führende ARGE hier den Einsatz eines selbstverdichtenden Betons (SVB) nach SVB-Richtlinie.

Selbstverdichtender Beton soll ohne äußeres Zutun ledig-lich unter der Wirkung seines Eigengewichts eine beliebig

geformte Schalung hohlraumfrei ausfüllen, die Bewehrung satt umhüllen, sich selbst entlüften und ausnivellieren, ohne dabei zu sedimentieren [1]. Um diese Anforderungen zu er-füllen zu können, muss der Frischbeton sehr fließfähig sein und ein sehr hohes Zusammenhaltevermögen besitzen, da-mit der Zementleim noch in der Lage ist, das Absinken der grobe Gesteinskörnung zu verhindern und damit ein Sedi-mentieren zu vermeiden. Aus diesen Anforderungen heraus ergibt sich für den SVB des Mehlkorntyps, dass der Anteil an Mehlkorn zur Stabilisierung deutlich höher liegt als für Normalbeton. Das Mehlkorn enthält neben dem Zement in der Regel 40–60 Vol.-% Flugasche oder Gesteinsmehl [1].

Die Liefergemeinschaft Beton Jagdbergtunnel entwickelte hierfür in Zusammenarbeit mit der MFPA Weimar, AS Apol-da, eine entsprechende Betonzusammensetzung mit Flug-asche als Betonzusatzstoff (Tafel 4).

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ANWENDUNGSBERICHT – TUNNELBAU

Bei den Stollen für das Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance im Hochgebirge des schweizerischen Unterwallis waren aus hydraulischen Gründen glatte, nahezu luft- porenfreie und dichte Oberflächen erforderlich. Dies führte – neben anderen Argumenten – zum Einsatz eines Selbstverdichtenden Betons SVB mit Flugasche als Be-tonzusatzstoff.

Mit der Inbetriebnahme 2019 erzeugt das Pumpspeicher-kraftwerk mit einer Leistung von 900 MW jährlich rund 2,5 Milliarden kWh Strom und gehört so zu den leistungs-stärksten Europas. Für die Stromerzeugung über Turbinen wird das Gefälle zwischen den beiden schon vorher beste-henden Stauseen Emosson und Vieux Emosson genutzt.

Zum Schutz der alpinen Landschaft und der Umwelt wur-de die gesamte Anlage unterirdisch erstellt. Sogar für die beiden Betonmischanlagen wurde eine eigene Kaverne ausgebrochen. Für die insgesamt 17 km Stollen und die Kavernen mussten ca. 1,7 Mio. m³ Felsgestein ausgebro-chen werden.

Wesentliche Bauabschnitte des Pumpspeicherkraftwerks sind (Bild 9): · Hauptzugangsstollen mit 5.600 m Länge und 70 m² Querschnittsfläche

· Stollensystem Emosson mit 4.300 m Länge und 45–50 m² Querschnittsfläche

· Triebwasserwege mit 3.300 m Länge und 47 m² Querschnittsfläche

· Zwei 440 m hohe Fallschächte mit 38 m² Querschnitts-fläche

· Maschinen- und Transformatorenkavernen

Der Vortrieb des Zugangsstollens im harten Gneis über-nahm eine Tunnelbohrmaschine mit einem Durchmesser von 9,45 m. Zur Sicherung des Gebirges wurden bei Be-darf Stahlbögen und zwei je 10 cm dicke Lagen bewehrter Spritzbeton der Festigkeitsklasse C 30 / 37 eingebaut.

Die geforderten Betoneigenschaften der Innenschalen er-gaben sich aus Anforderungen des Bauherrn an die Sicht-betonqualität, die geplante Betonförderung über Pumpen,

Bild 9: Aus Gründen des Landschafts- und Umweltschutzes wurde das Pumpspeicher-kraftwerk Nant de Drance unterirdisch erstellt. Foto: Jürg Steiner/Implenia

das Einbringen in die Schalung und die Zahl der Einbaustel-len. Eine weitere betontechnologische Herausforderung war, dass etwa 20 % der ca. 1,7 Mio. m³ Ausbruchmaterial als Gesteinskörnung für den Ortbeton und Spritzbeton ver-wendet werden sollte.

SVB FÜR DIE STOLLEN DES PUMPSPEICHERKRAFTWERKS NANT DE DRANCE

wurde ein Teil des Zements durch Flugasche ersetzt. Zu beachten war dabei, dass der Beton nach einer Abbinde-zeit von zwölf Stunden eine für das Ausschalen erforder-lich Druckfestigkeit von mindestens 5 N / mm², besser 7 N / mm² aufweisen musste [9].

Der Bau des Tunnels Schmücke begann im Jahr 2005. Am 12. Dezember 2008 konnte das Bauwerk nach erfolgrei-cher Testphase dem Verkehr übergeben werden.

Die beauftragte Arbeitsgemeinschaft sah sich vor der Auf-gabe, dass sich die Wirkung der bei Tunnelschalungen ein-gesetzten Hochfrequenz-Vibratoren angesichts der vom Bauherrn geforderten Konsistenz (F4=490 bis 550 mm) auf eine Tiefe von 40–50 cm beschränkt. Der Einsatz von Niederfrequenz-Rüttlern mit größerer Amplitude als Al-ternative hätte negative Auswirkungen auf die Entlüftung der Betonrandzone gehabt. Die aus hydraulischen Gründen geforderten glatten Oberflächen waren aus Sicht der Ar-beitsgemeinschaft deshalb nur mit dem Einsatz von SVB zu erreichen. Das Unternehmen schlug daher den Einsatz von SVB nicht nur für die Verkleidung der Druckstollen sowie für die horizontalen und vertikalen Bauteile in den Kaver-nen vor, sondern auch in allen anderen Bereichen.

Dieser Vorschlag führte auch zu einer Reduzierung der Lärm- und Staubentwicklung unter Tage sowie geringerer physischer Belastung der Arbeiter. Die Vorteile wogen Nachteile wie z. B. höhere Betonherstellkosten durch hö-here Bindemittelgehalte auf.

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ANWENDUNGSBERICHT – TUNNELBAU

Die Betonzusammensetzung des SVB wurde dementspre-chend sowohl durch Labor- und Null-Mischungen auf der Betonmischanlage vor Ort, als auch in 1 zu 1-Feldversuchen entwickelt.

Die Betonzusammensetzungen der so entwickelten Betone OB 24-SVB und OB 27-SVB sind der Tafel 5 zu entnehmen.

Wie auch beim Tunnel Jagdberg wurde hier zum Erreichen des zur Stabilisierung des SVB notwendig höheren Mehl-korngehalts Flugasche eingesetzt.

Für die Hinterfüllung der Stahl-Panzerrohre und als „Zweit-beton“ für die Maschinenkaverne stand ein Beton OB 23/27-SVB als Beton nach Zusammensetzung zur Verfü-gung.

Der Beton OB 24-SVB (Tafel 4) diente wegen der hohen Anforderungen an den Sichtbeton zur Herstellung des Strukturbetons der Kavernen für Maschinen und Transfor-matoren und der Gewölbe der Triebwasserwege (Beton nach Eigenschaften).

Der Beton OB 27-SVB (Tafel 4) kam als Hinterfüllbeton der Stahlpanzerung und elektromechanischen Teile der Maschi-nenkaverne zum Einsatz (Beton nach Zusammensetzung).

Tafel 5: Betonzusammensetzungen des SVB für Nant de Drance

Beton OB24-SVB OB27-SVB

Druckfestigkeitsklasse C30/37 C25/30

Festigkeitsentwicklung gem. SN EN 206-1:2000 Tab.1

Mittel Langsam

Konsistenz (Zielwert) im Ausbreitmaß

mm 740 740

ZementartZementgehalt kg/m³

CEM II/B-M (S-T) 42,5 R320

CEM II/B-M (S-T) 42,5 R225

w/zeq 0,51 (bei k=0,4) 0,53 (bei k=0,6)

Flugaschegehalt kg/m³ 160 255

Wassergehalt kg/m³ 195 200

Gesteinskörnung gesamtSand 0/4Splitt 4/8Splitt 8/16

kg/m³kg/m³kg/m³kg/m³

1630929244456

1586904206476

PCE-Fließmittel kg/m³ 4,80 (1,5 M.-%) 3,83 (1,7 M.-%)

Bild 10: Stollensystem für das Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance. Abb.: Herrenknecht

An die Schalung wurden Ansprüche gemäß cemsuisse- Merkblatt MB 02 „Merkblatt für Sichtbetonbauten“ vom April 2012 Typ 4 bzw. 4.1 gestellt: · Einheitliche Flächenstruktur ohne Überzähne, Grate und poröse Stellen

· Durch Lufteinschlüsse verursachte Poren (Lunker) in mässiger Anzahl sind zulässig

· Möglichst gleichmässige Farbtönung · Tafelgröße konstant; Tafelstöße nicht vorgeschrieben · Fugen abgedichtet · Stöße versetzt · Tafelrichtung einheitlich und senkrecht zur größeren Abmessung der Schalungsfläche

· Strukturbild gemäß Detailplan der geschalten Fläche

In [11] wird ausführlich über die Aufgabenstellung, Entwick-lung der Betonzusammensetzung und die Bauausführung berichtet.

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ANWENDUNGSBERICHT – TUNNELBAU

LITERATURNACHWEISE

[1] Lutze, Dietmar; Berg, Wolfgang vom: Handbuch Flugasche im Beton. Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf 2009

[2] Brameshuber, Wolfgang; Pierkes, Roland; Tauscher, Franka; Friebel, Wolf-Dieter: Anrechnung von Flug-asche bei Betonen für Innenschalen von Straßen- tunneln. beton 55 (2005) H. 7+8, S. 348–353

[3] Schießl, Peter; Wiens, Udo; Schröder, Petra; Müller, Christoph: Neue Erkenntnisse über die Leistungs- fähigkeit von Beton mit Steinkohlenflugasche. beton 1 / 2001, S. 10–17

[4] Orgass, Marko; Eickmeier, Daniel; Tauscher, Franka; Dehn, Frank: Praxiserfahrungen bei der Verwendung von PP-Faserbeton im Straßentunnelbau. beton 11 / 2015, S. 536f

[5] Vortrag von Marcus Beier, Landesbetriebes Straßen- bau NRW „Bergmännischer Tunnel – B 62n, HTS, Bühltunnel Siegen, kunststoffmodifizierte Innen- schale“ beim VSVI-Seminar „Ausgewählte The-men aus dem KIB-Tunnelbau“ vom 20.01.2014 und 03.02.2014

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Anschrift Tannenstraße 2, 40476 DüsseldorfTelefon 0211 4578341E-Mail [email protected] www.win-ev.org

Hinweis: Diese Informationen sind mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen zusammengestellt, eine Haftung kann jedoch nicht übernommen werden.

[6] H. Mämpel, H.; Peter, C.; Steiner, B.; Beier, M.; Dehn, F.; Eickmeier, D.: Bühltunnel: Erfahrung aus dem Vortrieb und Festlegung der Betonrezeptur für die Innenschale aus PP-Faserbeton. Tunnel 1 / 2014, S. 33–40

[7] Rothenbacher, Werner; Trenkwalder, Anton: Tübbinge für den Boßlertunnel. In beton 7+8 / 2019, S. 268

[8] Sennhenn, Steffen: Betonier- und Überwachungskon-zept beim Ausbau des Jagdbergtunnels. Beton-Informationen 5 / 6-2014, S. 71

[9] Schmücketunnel in Thüringen - Viel Wasser und schwierige Geologie. beton 1+2 / 2007, S. 40

[10] Schmücketunnel: Vortrieb abgeschlossen. beton 9 / 2007

[11] Jürg Steiner: Selbstverdichtender Beton beim Pump- speicherkraftwerk Nant de Drance. beton 9 / 2016, S. 360