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1 “Ich wende mich an Sie im Na- men der Nation, die rund zehn Millionen Menschen durch den Holodomor, den Genozid, der an unserem Volk organisiert worden war, verloren hat. Es ist mein dringendes Anliegen, dass die Wahrheit über alle Verbrechen ge- gen die Menschlichkeit bekannt wird. Nur auf diese Weise können wir sicherstellen, dass Verbrecher nie wieder durch Gleichgültigkeit ermutigt werden”. Wiktor Juschtschenko Präsident der Ukraine Golodomor_German.ps - 7/25/2007 5:54 PM

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“Ich wende mich an Sie im Na-men der Nation, die rund zehnMillionen Menschen durch denHolodomor, den Genozid, der anunserem Volk organisiert wordenwar, verloren hat. Es ist meindringendes Anliegen, dass dieWahrheit über alle Verbrechen ge-gen die Menschlichkeit bekanntwird. Nur auf diese Weise könnenwir sicherstellen, dass Verbrechernie wieder durch Gleichgültigkeitermutigt werden”.

Wiktor JuschtschenkoPräsident der Ukraine

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ANFANG DER 30er JAHRE des20. Jahrhunderts wurde vomkommunistisch-stalinistischenRegime im Zentrum Europas, inder Ukraine, der Kornkammer derUdSSR, ein Genozid an Millionenvon Ukrainern verübt. EineNation von Landwirten wurdedem Hungerstod ausgesetzt, eineder skrupellosesten Formen von

* Zur Sicherstellung der Geheimhaltung des schrecklichen Verbrechens gegenüber der ukrainischen Bevölkerungwurden von dem kommunistischen Regime gegenüber der sowjetischen und internationalen Öffentlichkeit strik-te Kontrollen bei Reisen in die vom Hunger betroffenen Gebiete durchgeführt. Aus diesem Grund konnten inund von dieser schrecklichen Zeit nur wenige Photos aufgenommen werden.

Mindestens ein Drittel derTodesopfer des Holodomorwaren Kinder. Viele weitereKinder wurden zu Waisenoder zu Heimatlosen.

Hungerndes Mädchen auf einer Strasse in Charkiw, der damaligenHauptstadt der Sowjetukraine. Photo: Winnerberger, 1933*

HOLODOMORZusammengesetzt aus den beidenukrainischen Worten: HOLOD (Hun-ger, Hungern, Hungersnot) undMORYTY (Leid veranlassen, Tötung,Vernichtung), entspricht dem Tat-bestand des GENOZIDS gegen dieukrainische Bevölkerung, das vomkommunistischen Regime 1932-33begangen wurde.

WAS BEDEUTET HOLODOMOR

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Folter und Tod. Die Sowjet-regierung führte unerreichbarhohe Getreideabgabequoten ein,die in vielen Fällen bis zurKonfiszierung der letzten Samenführte. Die bewaffnete Isolierungder Sowjetukraine und der vor-wiegend von Ukrainern bewohn-ten Region Kuban im Nord-kaukasus (Sowjetrussland) ver-hinderte die Suche nach Lebens-mitteln in den benachbartenSowjetregionen. Diese Tat führte1932-33 zum Genozid an Ukrai-nern, im Lande selbst als Holo-domor bezeichnet.

“... die Sterblichkeit nahm soenorm große Ausmaße an, dasseinige Dorfräte aufhörten, dieVerstorbenen zu registrieren”.

Aus dem Brief von Kaznelson, Leiter desDepartements der OGPU von Charkiw

(Geheimpolizei) an den Leiter der OGPUder Ukraine, Wsewolod A. Balytskyj, vom

5. Juni 1933

Ukraine - Kornkammer der UdSSR(Daten aus den 1930er Jahren)

Fläche 452.000 qm2 (2% derFläche der UdSSR)

Bevölke- 31,1 Mio. (20% derrungszahl Bevölkerung der UdSSR)

Bruttoertrag 23,2 Mio. t (28% desan Getreide Bruttoertrages der UdSSR)

Gebiete derSowjetukraineund des Kubanlitten unterdem Holodo-mor

“Die große Hungersnot in den Jahren 1932-1933 in derUkraine, dem Holodomor, die das Leben von 7 bis 10 Millionenunschuldiger Menschen kostete, wurde zur nationalen Tragödiedes ukrainischen Volkes”.

Gemeinsame Erklärung von 65 UN-Mitgliedsstaaten, die auf der 58. Tagungder UN-Generalversammlung am 7. November 2003 verabschiedet wurde

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DAS BOLSCHEWISTISCHE REGIMEexperimentierte mit der Waffedes Hungers bereits in der Zeitvon 1921-1923, als eine Dürre-periode als Vorwand für dieHerbeiführung einer Hungersnotbenutzt wurde. Dadurch sollteder Widerstand der Ukrainergebrochen werden. Stalin ent-schied sich, die ukrainischenBauern durch eine Hungersnotzu besiegen. Auf diese Weisesollte das seit den 1920er Jah-ren wiederaufstrebende ukrai-nische Gedankengut, das sich instärker werdenden Ambitionenzur Gründung eines unabhängi-gen ukrainischen Staates wider-spiegelte, vernichtet werden.Stalin war immer der Auffas-sung, dass die nationale Frage

“Während des Hungers gab eskein einziges Haus, in dem nichtjemand verstorben war. DieTodesrate war entsetzlich”.

Augenzeuge des Holodomor -Jakiw Wiltschenko,

Gebiet Kiew

Opfer des Holodomor.Photo: Winnerberger, 1933

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“eigentlich eine Bauernfrage sei”,das sich aus dem “Bauerntum diegrundlegende Armee der natio-nalen Bewegung” zusammensetzt.

DIE HERBEIGEFÜHRTE HUNGERSNOTerreichte ihren Höhepunkt imWinter und Frühjahr 1933, alstäglich fast 25.000 Menschen durchHunger starben. Im Ergebnis führteder Holodomor in der Sowjetukrainezu einer Ausrottung von 20 bis 25 %der Gesamtbevölkerung.

DIE SCHRECKLICHE TAT des Holo-domor äußerte sich auch in deraußerordentlich hohen Kinder-sterblichkeit. In der Hoffnung dieeigenen Kinder zu retten, versuch-ten viele Bauern die vom NKWD(sowjetische Geheimpolizei) be-wachten Grenzen zu überwinden.Die Kinder sollten dann in Stadt-gebiete, die nicht so stark von derHungersnot betroffen waren, ge-bracht und ausgesetzt werden.Allein in der Umgebung von Kiew

wurden am Ende des Frühjahrs 1933fast 300.000 heimatlose Kinder re-gistriert. Nachdem Waisenhäuserund Unterkünfte für Kinder überfülltwaren, starben die meisten dieserKinder vor Hunger und an Krank-heiten. Im September 1933 wurdenrund zwei Drittel aller Schulkinderin den staatlich geführten Schulenals vermisst gemeldet.

DIESER GENOZID forderte Millio-nen Menschenopfer und ver-nichtete die Entwicklung derUkraine als Nation für vieleGenerationen.

“Meine Mutter hatte ihre Kinderselbst begraben. Als im Februar1933 mein Brüderchen starb,hatte er gebeten, irgendetwas zuessen zu bekommen. Der andereBruder starb im März, und meineSchwester im Mai 1933”.

Augenzeuge des Holodomor -Maria Katschur,

Gebiet Saporischja

Holodomor Opfer auf einerStrasse in Charkiw.

Photo: Winnerberger, 1933

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DER HOLODOMOR war Genozid:Diese Feststellung über das Ver-brechen des Holodomor entsprichtder Definition der UN in der “Kon-vention über die Verhütung undBestrafung des Völkermordes”. DasVorgehen des kommunistischenRegimes richtete sich gezielt gegenUkrainer, im Sinne einer bürgerlichenNation, der Sowjetukraine, und auchals ethnische Gruppe in Sowjetruss-land, vor allem auf dem überwiegendvon Ukrainern besiedelten Territo-rium des Kuban im Nordkaukasus.

WARUM ENTSPRICHT HOLODOMOR DEM GENOZID

“Gerade die sorgfältige Organisationder Zwangsvollstreckung und derExekutierungen gab dem ukrai-nichen Hungersterror den Charakterdes Genozids”.

Alain Besançon, Professor der Geschichte(Sorbonne, Frankreich)

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UKRAINISCHE BAUERN wurden dieLebensmittel nicht geraubt, um mitdiesen die kollektiv geführten land-wirtschaftlichen Betriebe zu stär-ken; der bolschewistische Kollekti-vierungsprozess war bereits fastvollständig im Sommer 1932 abge-schlossen. Der Genozid durch denHungerstod war gezielt und absicht-lich gegen die ukrainische Land-bevölkerung als Kern der UkrainischenNation gerichtet, die die Gründungeines unabhängigen Staates alserstrebenswert ansah. Das ukrai-nische Bauerntum war Träger vonuralten Traditionen der bäuerlichenEinzelwirtschaft und nationalenWerten, die der kommunistischenIdeologie der Kollektivierung undderen feindseligen Anführernwidersprachen. Stalin selbst unter-mauerte diesen Aspekt mit folgen-der Aussage: das “Bauerntummacht die grundlegende Streitmachtder nationalen Bewegung aus” unddass “es ohne diese Bauernarmeekeine mächtige nationale Bewegunggeben wird”.

DIE STALINISTISCHE Nationalitäten-politik wird in der Verordnung desZK der Kommunistischen Partei unddes Sowjets der Volkskommissareder UdSSR vom 14. Dezember 1932definiert. Das Dokument verbindet

DIE POLITIK DER UKRAINISIERUNG wareine lokale Variante der vom bolschewis-tischen Regime allgemein durchgeführtenPolitik der “indigenization”. Die in den1920er Jahren und zu Beginn der 1930erJahre umgesetzte Politik beabsichtigteeine gezielte Unterstützung des kommunis-tischen Regimes, mit dem Ziel dieSowjetmacht in der Ukraine zu stärken.Ukrainisch wurde in den Schulen, in derPresse, in der Regierungsadministrationund im kulturellen Leben zugelassen.Letztendlich entwickelte sich mitUnterstützung dieser Politik zunehmenddie ukrainische nationale Wiederbelebung.

Auf der Suche nachLebensmitteln verlassen

hungernde Bauern ihr Dorf.Photo: Winnerberger, 1933

die Probleme der staatlichenGetreidebeschaffung in der Sowjet-ukraine und im Gebiet Kuban un-mittelbar mit der “fehlerhaft durch-geführten” Politik der Ukraini-sierung. Das o.a. Dekret sollte dienationale Orientierung, die ‘Natio-nalisierung’ in der UkrSSR und imKuban, die zu Beginn der 1920er Jah-re begann, wieder rückgängig machen.

DAS WAHRE ZIEL des Genozids warsomit die Vernichtung der ukrai-nischen Nation.

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* Kolchosen (Abk. von kollektiven landwirtschaftlichen Betriebseinheiten) – in der Ukrainischen Sowjetrepublik dieOrganisationsform der landwirtschaftlichen Produktion, die unter starkem Druck durch die Sowjetregierung einge-führt wurde. In dieser Form befinden sich die notwendigen Produktionsmittel und Güter (Boden, Ausrüstung,Vieh, u.s.w.) in staatlichem Besitz. Die Kolchosen sollten die vollständige Sicherstellung der staatlichen Kontrolleüber die Landwirtschaftliche Produktion und die Ausbeutung der Ressourcen und des Potenzials für die Industrie-und Militarisierung der UdSSR sicherstellen.

• Am 7. August 1932 wurde das von Stalinpersönlich verfasste “Gesetz zum Schutzdes sozialistischen Eigentums” veröff-entlicht. Für Diebstahl des Kolchos-besitzes* sah das Gesetz die Erschie-ßung oder über 10 Jahre Haft als Strafevor. Das Gesetz führte zu massenhaftenVerhaftungen und Erschießungen. Nachdiesem Gesetz wurden auch Kinderverurteilt die Weizenähren auf denFeldern, die unlängst ihren Väterngehörten, sammelten. Dieses Gesetzwurde dann als “Gesetz der 5 Ähren”bezeichnet.

• Im Herbst 1932 führten die Behörden sogenannte “Natural-Strafen” gegenüberindividuellen landwirtschaftlichen Be-trieben und auch gesamten Dörfern ein.Bei Nichterfüllung der “inflationärerhöhten Getreideabgabenquote” kon-fiszierten die sowjetischen Behördenzusätzlich zum Getreide auch alleanderen Lebensmittel.

“Als gerichtliche Vergeltungsmaß-nahme gegen die Entwendung desKolchos- bzw. Genossenschaftseigen-tums ist das höchste Maß dersozialen Verteidigung – die Todes-strafe durch Erschießen mit völligerVermögensenteignung anzuwenden,bei Vorhandensein von milderndenUmständen – Freiheitsentzug für über10 Jahre mit völliger Vermögens-enteignung… Eine Amnestie für dieVerbrecher ist nicht anzuwenden”.

Beschluss des Zentralkomitees der Kommunis-tischen Partei und des Rates der Volkskommissare

der UdSSR “Über den Schutz des Besitzes derstaatlichen Betriebe, Kolchosen und Genossen-schaft und Festigung des gesellschaftlichen(sozialistischen) Eigentums” vom 7.August

1932 (bekannt als “Gesetz der 5 Ähren”)

Festzuhalten gilt, dass die Sowjetmacht vor Beginn des Holodomor Grundstücke samtHäuser und Inventar von ukrainischen Bauern konfiszierte (1929-32) und diese faktischzu Sklaven des kommunistischen Regimes machte.

ENTWICKLUNGSETAPPEN DER GENOZID-POLITIK

DIE KONFISZIERUNG von Getreide und Lebensmittel in ländlichenGebieten, inklusive aller Nahrungsvorräte in den Häusern

Fotokopie des mit StalinsUnterschrift versehenenVollstreckungsbefehl des sogenannten “Gesetzes der 5Ähren”. (Umschlag)

• Eine andere Form der Bestrafung für dieNichterfüllung der Getreideabgabe-quoten war ein im August 1932 einge-führtes Handelsverbot, das den Bauernden Kauf von Brot untersagte.

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“...es begann ein Exodus von Bauern,die auf der Suche „nach Brot"waren...ohne Zweifel, dass dieseAusreise der Bauern von Feinden derSowjetregierung organisiert wurde.[Die Exekutiv- und Strafbehörden derUkraine und des Nordkaukasus]..haben die massenhafte Ausreise derBauern zu verhindern... [Die Bauernaus der Ukraine und dem Nordkauka-sus], die nach Norden durchdrangen,sind zu verhaften und in ihreWohngegend zurückzubringen”.

Direktive des Zentralkomitees der Kommunisti-schen Partei und Rates der Volkskommissare derUdSSR “Bezüglich der massenhaften Ausreise von

Bauern aus der Ukraine” vom 22.Januar 1933

• Im Herbst 1932 führte die sowjetischeRegierung das System der “SchwarzenListen” ein. Der Handel mit Artikelnwie Kerosin, Streichhölzern und ande-ren notwendigen Gütern des täglichenBedarfs wurde den individuellenBauernhöfen und Gebieten, die dieGetreideabgabequoten nicht erfüllten,verboten und durfte nur an die kollek-tiven Betriebe geliefert werden.Nachdem von der Bevölkerung sämt-liche Lebensmittel und Vieh kon-fisziert wurde, sind die auf der“Schwarzen Liste” befindlichen Gebie-te isoliert und durch Einheiten desNKWD abgeriegelt worden.

• Zusätzlich zur Einführung der “Schwar-zen Listen” erschien im Januar 1933eine weitere Direktive Stalins. DieGrenzen der Ukrainischen Sowjet-republik und des Kuban wurden durchbewaffnete Einheiten des NKWD undMilizen abgeriegelt und dadurch solltedie Ausreise der Bauern in andereRegionen der Sowjetunion verhindertwerden. Binnen 6 Wochen nach derVeröffentlichung dieser Direktive sa-ßen bereits ca. 220.000 Personen inHaft. Mehr als 186.000 Personen wur-den von Einheiten des Strafkomman-dos in ihre Häuser und Dörfer zurück-gebracht, um dort an Hunger zu sterben.

DIE BEWUSSTE ISOLIERUNG der Bewohner der Sowjetukraine,des Kuban und von einzelnen Dörfern

Die Isolierung sollte hungernde Bauern daran hindern in die angrenzenden Nachbar-republiken Russlands und Weißrusslands, in denen günstigere Lebensbedingungenherrschten, zu fliehen. Diese Art der Isolierung wurde in keinem anderen Gebiet derSowjetunion praktiziert.

Photokopie der Leitlinie des ZK der KPdSU und desSowjets der Volkskommissare der UdSSR vom 22.

Januar 1933 über die “Ausreisebeschränkungen fürBauern aus der Ukraine und dem Verbot, an Bauern

Fahrkarten zu verkaufen” (Umschlag)

Durch diese Maßnahmen schuf das totalitäre Stalin-Regime den Ukrainernunerträgliche Lebensbedingungen: Die Lebensbedingungen entsprechensomit vollständig den in der UN-Konvention von 1948 über Genozid aufge-führten Charakteristiken.

• Der Verkauf von Eisenbahn- und Schiffs-karten an Bauern wurde ebenfalls ver-boten. Die Bauern wurden daran gehin-dert in Stadtgebiete vorzudringen undwurden sofort ausgewiesen, wenn sie esdoch taten.

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“Streng Geheim: In Nemyrowherrscht Aufstand, die Bauern erho-ben sich vor Hunger, umringten diestaatliche Spirituosenzentrale, ver-nichteten Wodka mit Parolen, siebräuchten Brot statt Spirituosen...”.

Schriftlicher Bericht des Sekretärs desParteikomitees des Distriktes Tultschyn

an das Regionale Parteikomitee Winnytsjavom 9.Mai 1932

DER HOLODOMOR von 1932-33 inder Ukraine wurde weder durcheine Missernte noch durch Dürreverursacht. Die Ernteerträge jenerZeit waren ausreichend – dieSowjetmacht verkaufte in großenMengen Getreide und andere land-wirtschaftliche Produkte insAusland. 1932 exportierte dieSowjetunion ca. 1,6 Mio. t und1933 sogar 2,1 Mio. t Getreide.

STAATLICHE SPIRITUOSEN-BETRIEBEarbeiteten auf Hochtouren, umden begehrten Weizen zu Wodkafür den Export zu verarbeiten.

Telegramm des Leiters des Sowjets der Volkskommissare der UkrSSR, W. Tschubar, über die Erfüllung des Planesfür Getreideexport in Höhe von 110 % (Dezember 1932)

UNABHÄNGIG davon hätten unterden bestehenden Bedingungenhungernde Ukrainer gerettet wer-den können: Die damaligen strate-gischen Weizenvorräte des Staatesbetrugen 1,5 Mio. Tonnen. Für denZeitraum eines Jahres werden fürdie Ernährung von 5-6 Mio.Menschen rd. 1 Mio. t Getreidebenötigt.

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“Welche Dürre? Die Hungersnotherrschte nur aufgrund von StalinsVerordnungen. Stalin haßte dieUkrainer und wollte sie alle ver-nichten. Seine Schergen kamen undbeschlagnahmten alles was sie nurmitnehmen konnten. Das warenStalins Hunde. Gnadenlose Verbre-cher nahmen der Bevölkerung alleLebensmittel weg”.

Augenzeuge des Holodomor - Mykola Melnyk,

Gebiet Dnipropetrowsk

DIE SOWJETREGIERUNG leugnetevor der Internationalen Staatenge-meinschaft auf jede erdenklicheArt und Weise die Tatsache einerHungersnot in der Ukraine undlehnte internationale Hilfsange-bote von Staaten und Organisa-tionen ab. Außerdem verurteiltedie Sowjetmacht diese Angeboteals antisowjetische Propaganda.

Auszug eines Briefs von GarethJones, ehemaliger Sekretär vonDavid Lloyd George (Premier-minister im Vereinigten König-reich von Großbritannien, 1916-1922) vom 27.März 1933, indembritische Politiker über die ver-heerende Hungersnot des durchukrainische Dörfer reisendenAugenzeugen Jones informiertwerden und auch seine Verwun-derung über die Begeisterungvon Lloyd George für Stalin zumAusdruck bringt. Jones war einerder wenigen Westeuropäer, derwahre und verbindliche Angabenüber den Holodomor in der west-lichen Presse veröffentlichte.

“Der Angriff auf die ukrainischeBauernschaft durch Hunger wurdedurch eine breit angelegte Zerstö-rung des kulturellen und religiösenukrainischen Lebens sowie der Ab-schlachtung der ukrainischen Intelli-genz begleitet. Stalin… sah in denBauern das Bollwerk des Nationalis-mus. Im allgemeinen Sinne erfordertes somit von uns die Betrachtungs-weise, dass der doppelte Schlaggegen die nationale ukrainische Ein-heit nicht als Zufall anzusehen ist”.

Robert Conquest,Holodomor Forscher, (USA)

PERSONEN, die sich während dergesamtsowjetischen Volkszählung1937 mit dem starken Rückgang derBevölkerungszahl in der Ukraini-schen Sowjetrepublik infolge derHungersnot beschäftigten, wurdenauf Anordnung von Stalin erschossen.

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“Wenn wir jetzt mit der Korrekturder Situation in der Ukraine nichtanfangen, können wir die Ukraineverlieren”.

Stalins Schreiben an Lazar Kaganowytschvom 11. August 1932, welches die Ent-schlossenheit belegt, wegen der stärker

werdenden Opposition seiner Politik desGenozids gegen die ukrainischen Bauernund in dessen Gefolge auch die Kommu-nistische Partei der Ukraine zu zerstören

WARUM WOLLTE STALIN AUSGERECHNET DAS UKRAINISCHE VOLK VERNICHTEN

DIE DURCH DIE UKRAINISCHEnationale Revolution von 1917-1921 erwachte Ukraine mit ihrerüber 1000jährigen Geschichte, reichan Kultur und Tradition, strebte nacheinem unabhängigen Staat. ImZeitraum von 1920 bis 1930 han-delten die ukrainischen Kommu-nisten zunehmend autonomer undgegen den politischen Willen Mos-kaus. In den späten 1920er Jahrenspürte Stalin, dass die Politik der

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“Um die volle Macht in denHänden Stalins zu zentralisieren,musste die zweitgrößte Sowjet-republik vernichtet, die ukrai-nische Bauernschaft, die ukrai-nische Intelligenz, die ukrainischeSprache und die ukrainischeGeschichte im Bewusstsein desVolkes ausgerottet, die Ukraineals solche vernichtet werden. DasKalkül war simpel und primitiv:ohne Volk gibt es kein Land unddaraus folgend gibt es auch keinProblem. Diese Politik bedeutetGenozid im klassischen Sinne desWortes”.

James Mace,Holodomor Forscher, (USA)

Ukrainisierung die vom Kremlgesetzten Grenzen überschritt undverlor dadurch für das Sowjet-regime zunehmend an Nutzen. DieUkraine stellte somit eine ernsteGefahr für das Sowjetimperium unddessen geopolitischen Absichtendar. Daraufhin leitete das Stalin-Regime Schritte zum offenen Krieggegen die Ukrainer als Nation ein.

DIE VON DEN BOLSCHEWIKENkünstlich organisierte Hungersnotverfolgte das Ziel, die nationalenEliten und deren soziale Basis zuvernichten. Anschließend solltendie Bauern, die den Holodomorübelebten, in folgsame Kolchos-mitglieder – faktisch in staatlich kon-trollierte Sklaven – verwandelt werden.

NACHDEM MILLIONEN von ukrai-nischen Bauern in ihren heimat-lichen Gebieten starben, wurden indie vom Holodomor betroffenenund entleerten ukrainischen Gebie-te zehntausende Familien aus Russ-land, Weißrussland sowie andererRegionen der damaligen UdSSRangesiedelt. Ende 1933 wurde derPlan der Umsiedlung in die ukrai-nischen Gebiete zu 105% erfüllt. Zujener Zeit wurden über 117.000Personen mitsamt Haushalten indie Ukraine umgesiedelt.

Hryhorij Schewtsow. Welchen Ernteertrag wird es geben?(T. Schewtschenko). Privatsammlung Morgan Williams

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“Als Konsequenz der gegenwärtigenNot in der Ukraine wird die russi-sche Kolonisierung dieses Landeszu einer Änderung des ethngraphi-schen Charakters führen. In Zukunft,sogar in sehr naher Zukunft, wirdkeiner mehr über die Ukraine oderüber das ukrainische Volk unddamit das ukrainische Problemreden. Die Ukraine wird de factoein Territorium mit überwiegendrussischer Bevölkerung sein”.

Schreiben des italienischen Konsuls inCharkiw, Sergio Gradenigo, an seinen

Botschafter in Moskau (1933)

“Beide Völker [Juden und Ukrainer]wurden wegen politischer Gründevernichtet und nur deswegen, weilsie jene waren, die sie waren”.

US-Kongressmitglied David Roth

DIE ZAHL DER VERHAFTETEN PERSONENIN DER UKRAINISCHEN SOWJETREPUBLIK in Tsd

Quelle: Staatliches Politdirektorat der Sowjetukraine

1929 1930 1931 1932 1933 1934

29.9 33.4

51.9

74.8

124.5

30.3

Die Jahre des Holodomor

GLEICHZEITIG ENTFALTETE das totalitäre kommunistische Stalin-Regimegegen die Ukrainer neben dem Holodomor auch schwere Repressionen. ImVergleich zu 1929 stieg 1932 die Zahl der Verhaftungen in der Ukraine umdas Zweieinhalbfache, 1933 sogar um mehr als das Vierfache und betrafrund 125.000 Ukrainer.

Auszug eines Telegramms –Bericht über die Abfertigung derersten Umsiedler (26.000 Perso-nen mitsamt Haushalten) vonRussland in die vom Holodomorverwüsteten und verlassenenGebiete der Ukraine(Dezember 1933)

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Josef Stalin, Generalsekretär derKommunistischen Partei der UdSSR,höchstrangiges Mitglied der kommunis-tischen Hierarchie und de facto Dikta-tor der UdSSR von Mitte der 1920erJahre bis zu seinem Tod im Jahr 1953.

Wjatscheslaw Molotow, Vorsitzenderdes Rates der Volkskommissare derUdSSR (sowjetische Regierung). Einerder engsten Verbündeten von Stalin.Molotow persönlich überwachte die Kon-fiszierung von Getreide in der Ukraine.

Lazar Kaganowytsch, Stalins loyalerScherge; von 1925-1928 Sekretär desZentralkomitees der KommunistischenPartei der Ukraine und von 1928-1939Sekretär der Kommunistischen Parteider UdSSR; Kaganowytsch war Sonder-beauftragter für die Getreideabgabe imNordkaukasus und inspizierte insbeson-dere im Gebiet Odessa die Getreide-beschaffung in der Ukraine.

Stanislaw Kosior, Von 1928-1938 –1. Sekretär der KommunistischenPartei der Ukraine, faktischer Leiter derUkrainischen Sowjetrepublik.

Mendel Chatajewytsch, Von 1932-33 -2. Sekretär der Kommunistischen Parteider Ukraine; ausgestattet mitSondervollmachten zur Überwachungder Konfiszierung von Getreide.

Pawlo Postyschew, 2. Sekretär desZentralkomitees der KommunistischenPartei der Ukraine. Im Januar 1933ausgestattet mit außergewöhnlichenMachtbefugnissen. Sein wichtigstervon Stalin erhaltener Auftrag war die“bedingungslose Erfüllung derGetreideabgabequoten”. Nach derPlanerfüllung wurde PostyschewHauptinitiator und unmittelbarer Leiterdes Terrors und der Repressalien gegendie kulturelle, soziale und politischeElite der Ukraine.

Stanislaw Redens, Leiter derGeheimpolizei der UkrainischenSowjetrepublik. Redens war derChefermittler in strafrechtlichenAnklagen, die gegen hungerndeukrainische Bauern initiiert wurden.

Wsewolod Balytskyj, Balytskyj warNachfolger von Redens als Leiter derGeheimpolizei der UkrainischenSowjetrepublik. Er initiierte die meis-ten Untersuchungen und Anklagengegen hungernde ukrainische Bauern,die aufgrund erfundener Anschul-digungen zum Tode verurteilt wurden.Balytskyj spielte die führende Rolle beider Ausrottung der ukrainischenIntelligenz während des Terrors vonMitte bis Ende der 1930er Jahre.

DIE HAUPTVERANTWORTLICHEN DES GENOZIDS IN DER UKRAINE

Opfer des Holodomor.Photo: Winnerberger, 1933

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IM HERBST 1932 wurde das sog.System der “Schwarzen Listen”eingeführt. Dörfer, die die aufer-legte Getreideabgabequote nichterfüllten, wurden in die “Schwar-zen Listen” aufgenommen undanschließend von Militäreinheitenumzingelt um damit sämtlicheLebensmittellieferungen zu unter-brechen. In den umzingelten Ge-bieten wurden daraufhin sämtlicheNahrungsmittel beschlagnahmt.

DIE GETREIDEBESCHAFFUNG ausden in der “Schwarzen Liste” einge-tragenen kollektiven Bauernhöfenund Dörfern wurde so lange fortge-setzt, bis alle Lebensmittel kon-

“In Bezug auf die in die “SchwarzeListe” aufgenommenen Kolchosen sindfolgende Maßnahmen zu ergreifen:a) Die sofortige Einstellung von

Warenlieferungen, völligeEinstellung des kooperativen undstaatlichen Handels vor Ort sowiedie vollständige Konfiszierungaller Waren aus den kooperati-ven und staatlichen Läden.

b) Die Durchsetzung eines völligenVerbotes des kollektiven land-wirtschaftlichen Handels, dasdabei ohne Rücksicht auf diekollektiven Betriebe sowohl fürkollektive als auch für privateBauern zu gelten hat”.

Dekret des Politbüros desZentralkomitees der KommunistischenPartei der Ukraine “Zur Intensivierung

der Getreidebeschaffung”vom 18. November 1932

Opfer des Holodomor.Photo: Winnerberger, 1933

DAS SYSTEM DER ‘SCHWARZEN LISTEN’ – STALINS ‘GHETTO DES HUNGERS’

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Kopie der Mitschrift einerBesprechung desGebietsexekutivkomitees derKommunistischen Partei in derRegion Wynnyzja im November1932 über die Erfassung undAufnahme von 6 Gebieten, 31Kolchosen und Einzelbauern in 38Dörfern in die “Schwarze Liste”

fisziert wurden. Bauern, die in denDörfern lebten die auf der “Schwar-zen Liste” standen, waren ver-dammt zu hungern. Dies kam prak-tisch einem Todesurteil gleich.

DIE ISOLIERUNG DER DÖRFERund die Konfiszierung allerNahrungsmittel zwangen diehungernde Bevölkerung Hunde,Katzen und Kadaver von anderenTieren zu verspeisen. Unter denBetroffenen die vor Hunger in denWahnsinn getrieben wurden, kames auch zu Fällen von Kannibalismus.

FAST DAS GESAMTE Territorium derSowjetukraine verwandelte sichsomit in ein “Ghetto des Hungers”.

“Sie nahmen alles weg. Wenn sieetwas Essbares fanden, folgte diesofortige Beschlagnahme. Das warder Beschluss der Partei und derRegierung. Wurden Lebensmittelversteckt, konnten sie dich dafürnach Sibirien schicken”.

Augenzeugin des Holodomor -Kateryna Pantschenko, Gebiet Charkiw

“Selbst wenn die Bevölkerung nurein paar Bohnen oder Erbsen ver-steckte, alles wurde konfisziert.Ich glaube der Holodomor von1933 war gut überlegt und geplant.Gott bewahre uns davor, so etwaswieder durchmachen zu müssen..”.

Augenzeugin des Holodomor -Ksenia Dazenko, Gebiet Tscherkassy

GEBIETE

EINZELNE BAUERN

KOLCHOSEN

Wird nicht in Vergessenheit geraten! Genozid in derUkraine. Titelseite des Programms zum Gedenken derOpfer des Holodomor. Pittsburgh, Pennsylvania, veröf-fentlicht vom Ukrainian Congress Committee of America.Privatsammlung Morgan Williams

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WARUM STREBT DIE UKRAINE DIE ANERKENNUNGDES HOLODOMOR ALS GENOZID DURCH DIE INTERNATIONALE

STAATENGEMEINSCHAFT AN

DIE INFORMATIONEN für die Internationale Öffentlichkeit über denHolodomor sollen die Millionen von unschuldigen Opfern ehren, dieVerbrechen des kommunistischen Stalin-Regimes verurteilen, dieWiederherstellung der historischen Gerechtigkeit und die Anerkennungdes in der Ukraine verübten Genozid durch die InternationaleStaatengemeinschaft sicherstellen.

DURCH DIE ANERKENNUNG des Holodomor als Genozid versucht dieUkraine darüber hinaus die Öffentlichkeit auf die Tatsache aufmerksamzu machen, dass Hungersnot auch in der Gegenwart noch als Waffe gegenMenschen und Völker eingesetzt wird. Das Bewusstsein über die vorhan-denen Missstände soll gestärkt und dieser widerlichen Erscheinung desTerrors vorgebeugt werden.

Bild der Holodomor Andacht,Kiew 2003

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“Da habe ich keine Bedenken –dabei beziehe ich mich nicht aufdie UNO-Definition, sondern aufdie Geschehnisse in meinemHeimatdorf: Dort gingen die Hälftealler Bewohner zugrunde. Ichbetrachte dies als Genozid”.

Aleksander Moros, Vorsitzender derWerchowna Rada (Parlament)

der Ukraine

“Der Holodomor ist ein tragischesKapitel in der Geschichte unseresVolkes, das im Herzen eines jedenUkrainers schmerzhaften Widerhallfindet. Die Verluste unseres Volkeswaren enorm – mindestens 7 Millio-nen Landsleute. Auf solche Weisewurde nicht nur genetisches Erbgutder Nation vernichtet, sondern dieExistenz der ukrainischen Nation inFrage gestellt”.

Wiktor Janukowitsch,Premierminister der Ukraine

“Der Holodomor wurde vom Stalin-Regime bewusst organisiert undmuss von der ukrainischenGesellschaft und der Internationa-len Staatengemeinschaft als einesder größten – nach Zahl der Opfer– Genoziddelikte in der Weltge-schichte verurteilt werden”.

Leonid Kutschma, Präsident derUkraine (1994-2004)

IN DEN JAHREN 2002-2003 ver-abschiedete das Parlament derUkraine, die Werchowna Rada,drei Resolutionen, in denen dieInternationale Staatengemein-schaft aufgerufen wurde den Holo-domor als Genozid anzuerkennen.

AM 28. NOVEMBER 2006 verab-schiedete die Werchowna Rada einGesetz, in dem Holodomor alsGenozid deklariert wird.

Bild der Holodomor Andacht,Kiew 2006

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Das Abgeordnetenhaus desNationalen Kongresses ARGEN-TINIENS gedachte am 23. Sep-tember 2003 der Opfer des Holo-domor der Jahre 1932-1933 inder Ukraine, “der vom totalitärenSowjetregime organisiert wurde”. Der Senat AUSTRALIENS defini-erte am 28. Oktober 2003 denHungertod in der Ukraine als“eines der schrecklichstenGenozid-Verbrechen in derGeschichte der Menschheit”. Das Parlament ESTLANDS verur-teilte am 20. Oktober 1993 die“kommunistische Genozid-Politikin der Ukraine”.Das Parlament GEORGIENS erklär-te am 20. Dezember 2005, dass“vom totalitären bolschewisti-schen Regime absichtlich derGenozid am ukrainischen Volkverübt wurde”.

Der Senat KANADAS rief am 19.Juni 2003 die kanadische Regie-rung dazu auf, den “Holodomor/Genozid in der Ukraine in denJahren 1932-1933 anzuerkennenund jegliche Versuche die his-torische Wahrheit zu leugnen,dass diese Tragödie kein Genozidwar, zu verurteilen”.Der Sejm der Republik LITAUENlegte am 24. November 2005 fest,dass “das kommunistische Stalin-Regime bewusst den sorgfältiggeplanten Genozid am ukrainischenVolk verübte”.Der Senat der Republik POLEN er-klärte am 16. März 2006, dass “derHolodomor vom despotisch bol-schewistischen Regime absichtlichhervorgerufen wurde” und bekun-dete die Solidarität “mit der Posi-tion der Ukraine über die Notwen-

“...Es handelt sich um ein schreck-liches Verbrechen, das mit kalt-blutigem Kalkül von den Machtha-bern jener Epoche verwirklicht wurde.Die Erinnerungen an diese Tragödiemüssen die Gefühle und Taten desukrainischen Volkes führen”.

Botschaft von Papst Johannes Paul II.anlässlich der 70. Jahrestages des

Holodomor am 23. November 2003

Bis heute haben legislative Organe von Australien, Estland, Georgi-en, Kanada, Litauen, Polen, Ungarn und den USA den Holodomor1932-1933 als Genozid am ukrainischen Volk anerkannt.

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digkeit den großen Hunger von1932-1933 als ein Genoziddelikt zudefinieren”. Der Sejm der RepublikPolen verurteilte am 6. Dezember2006 “das für den Genozid verant-wortliche totalitäre Regime”. Der AbgeordnetenkongressSPANIENS ehrte am 30. Mai 2007die Millionen unschuldiger Opferdes Holodomor und verurteilte die“Verbrechen gegen die Mensch-lichkeit und die Missachtung derMenschenrechte, die ein totalitä-res Regime charakterisiert – dasStalinistische und das Hitler-Regime”.Die Staatsversammlung UNGARNSgedachte am 26. November 2003“der schrecklichen Tragödie ge-gen die Menschlichkeit und der

Genozid-Opfer in der Ukraine” –“verübt von Stalins Sowjetregimedurch künstliche und zielgerich-tete Hungersnot”.Das Repräsentantenhaus des US-Kongresses bewertete am 20.Oktober 2003 den Holodomor alsGenozid. Es wurde dabei auf die1988 gebilligte Schlussfolgerungder Sonderkommission des US -Kongresses bei der Forschung überden Holodomor in der UkraineBezug genommen, in welchemhervorgehoben wird, dass “Stalinund seine Mitstreiter in den Jah-ren 1932-1933 am UkrainischenVolk einen Genozid verübten”.

Bilder der Holodomor Andacht,Kiew 2006

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DANKSAGUNG

Das Institut für Nationales Gedenken bedankt sich für dieUnterstützung und Hilfe bei: Iwan WASSIUNYK, WladislawWERSTIUK, Stanislaw KULTSCHYTSKYJ (alle Ukraine), MorganWILLAMS (USA), Stefan ROMANIW (Australien), DietmarSTÜDEMANN (Deutschland) und dem Internationalen Fonds“Ukraine 3000”.

Großer Dank gilt auch:

Olha Baschan (Ukraine)

Marta Kolomajets (USA)

Oleksij Kopetko (Ukraine)

Wasyl Marotschko (Ukraine)

Ruslan Pyrich (Ukraine)

Jurij Schapowal (Ukraine)

Olesia Stasiuk (Ukraine)

Iroida Wynnyzkzyj (Kanada)

Besonderer Dank für die Übersetzung und redaktionelleBearbeitung des Textes gebührt Dr. Michael Hamalij (Deutschland).

Ihor Juchnowskyj, Direktor des Ukrainischen Institutes fürNationales Gedenken

Oleksander Iwankiw, 1. stv. Direktor des UkrainischenInstitutes für Nationales Gedenken

Roman Krutsyk, stv. Direktor des Ukrainischen Institutes fürNationales Gedenken

DIE BROSCHÜRE verfassten: Anna Aleksejenko, Taras Byk, AleksanderWoroschylo, Wolodymyr Hryzutenko, MarkianDazyschyn, Lubomyr Myssiw

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LITERATURVERZEICHNIS

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Zentrales staatliches Archiv der gesellschaftlichen Organisationen der Ukraine.

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Die Broschüre dient als Informationsquelle für die Internationale Öffentlichkeit. Damit soll das Bewusstsein über den1932 – 1933 organisierten Genozid in der Ukraine – den Holodomor – gestärkt werden. Die Autoren haben bei der

Sammlung der Informationen die größte Sorgfalt walten lassen und die aktuellsten Informationen herangezogen. DieAufarbeitung dieses Themas dauert weiter an und wird fortgesetzt.

Umschlag: Plakatfragment “Kerzen des Andenkens” (Tatjana Malega),Zur Verfügung gestellt vom Fonds “Ukraine 3000”.

Die Fotokopie des Briefes von Gareth Jones an Lloyd George vom 27. März 1933 entstammt dem “The Gareth JonesArchives – www.garethjones.org” (Original Research, Content & Site Design von Nigel Linsan Colley).

Berichte und Aussagen der Zeitzeugen wurden der Internet-Seite “Lessons of History: the 1932-1933 Holodomor”(www.golodomor.org.ua) entnommen, die vom “Ukraine 3000” Fonds erstellt wurde.

Fotos aus der Zeit des Holodomor stellte das Institut für Geschichte der Ukraine der Nationalen Akademie derWissenschaften der Ukraine zur Verfügung. Fotos der Holodomor Andachten stammen vom Pressedienst des

Präsidenten der Ukraine.

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